Ratinganalyse durch internationale Ratingagenturen
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- Katharina Stein
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1 Ratinganalyse durch internationale Ratingagenturen - Empirische Untersuchung für Deutschland, Österreich und die Schweiz - Dr. Christian Wappenschmidt, MBR Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung Ludwig-Maximilians-Universität München 01. Dezember 2008
2 Was sind Ratings und wozu dienen sie? Ratings stellen komprimierte Urteile spezialisierter Agenturen über das Bonitätsrisiko von Schuldnern oder von diesen emittierten Schuldtitel dar. Bonitätsrisiko ist das Risiko des Gläubigers, dass der Schuldner seine Verpflichtungen zu Zins- und Tilgungszahlungen nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Wichtige Gründe für Bedeutungszuwachs von Ratings: Globalisierung und Deregulierung der Kapitalmärkte sowie Disintermediation und Verbriefungen Ratingagentur kann Transaktions- und Agency-Kosten in Fremdfinanzierungsbeziehungen mindern, aber auch selber derartige Kosten verursachen Reputation der Ratingagentur als wichtigstes Glaubwürdigkeits- und Qualitätssiegel Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 2
3 Kernproblem und Ziel der Dissertation Große Bedeutung der Ratings internationaler Ratingagenturen für die Investoren, Emittenten und z.t. Regulierung an Fremdkapitalmärkten CCC Aber: Ratingprozesse stellen (...) für Unternehmensin- und externe weitgehend eine black box dar. Zwar legen Ratinggesellschaften wesentliche verwendete Kennzahlen ihrer Ratingsysteme offen; die exakten Bewertungsprozesse bleiben jedoch ihr Geschäftsgeheimnis. 1 Caa2 A+ AA- BBB Ba3 Baa1 Aa2 AAA Aaa BB+ A2 Problem: Qualitätskontrolle wegen Transparenzmangel kaum möglich! Große Macht der Agenturen und spektakuläre Fehleinschätzungen nähren Zweifel an Wirksamkeit des Reputationsmechanismus Ziel: Verbesserte Einblicke ins Zustandekommen von Ratings gewinnen! Das hilft - Investoren: bei Beurteilung Ratingqualität, -nutzen; Ratingprognosen - Emittenten: bei Beurteilung Ratingqualität; Beeinflussung Kapitalkosten - Regulierungsbehörden: bei Akkreditierung von Ratingagenturen 1 Pellens/Jödicke/Richard, DB 2005, S Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 3?
4 Informationen der Agenturen zum Zustandekommen von Ratings Geschäftsrisiko Länder- u. Branchenrisiko Länderrisiken Konjunktur; Wachstum Konkurrenzsituation Beschaffung; Rohstoffe Technologische Neuerungen Regulierung; Wirtschaftspolitik Wettbewerbsposition Marktposition Diversifikation Kosten; Produktivität Marketing; Absatz; Service Technologien; Innovationen Unt.-Größe; -Alter; -Standorte Managementqualität Planungen; Strategien Glaubwürdigkeit Organisation Intern. Info- u. Kontrollsystem Corporate Governance Finanzpolitik; Risikoneigung Rating Finanzrisiko Rechnungsleg. Abschlussprüfung Konsolidierung Aufwand; Ertrag Aktiva Passiva off-balance-sheet Hedging Kapitalstruktur Verbindl.; RST off-balance-sheet EK (u. Hybrid) Leverage Deckung, Liquigrade Bilanzstruktur Zeitwerte... Profitabilität Umsatz(rendite) (operat.) Ergebnis Kapitalrendite (Zins-)Deckung Wertorientierte Performance Cash Flow Cash Flows Kapitalbedarf dyn. Leverage Cash Flow- Deckung Working Capital Finanz-Flexib. Gesamtschau Finanzrisiken Liquiditätsquellen Zugang zu neuem Kapital Rechtsrisiken MU-TU-Bez. Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 4
5 Informationen der Agenturen zum Zustandekommen von Ratings Geschäftsrisiko Finanzrisiko Länder- u. Branchenrisiko Länderrisiken Konjunktur; Wachstum Konkurrenzsituation Beschaffung; Rohstoffe Technologische Neuerungen Regulierung; Wirtschaftspolitik Rechnungsleg. Abschlussprüfung Konsolidierung Aufwand; Ertrag Aktiva Passiva off-balance-sheet Hedging Kapitalstruktur Verbindl.; RST off-balance-sheet EK (u. Hybrid) Leverage Deckung, Liquigrade Bilanzstruktur Zeitwerte... Wettbewerbsposition Marktposition Diversifikation Kosten; Produktivität Marketing; Absatz; Service Technologien; Innovationen Unt.-Größe; -Alter; -Standorte Rating Profitabilität Umsatz(rendite) (operat.) Ergebnis Kapitalrendite (Zins-)Deckung Wertorientierte Performance Cash Flow Managementqualität Planungen; Strategien Glaubwürdigkeit Organisation Intern. Info- u. Kontrollsystem Corporate Governance Finanzpolitik; Risikoneigung Cash Flows Kapitalbedarf dyn. Leverage Cash Flow- Deckung Working Capital Finanz-Flexib. Gesamtschau Finanzrisiken Liquiditätsquellen Zugang zu neuem Kapital Rechtsrisiken MU-TU-Bez. Zentrale Frage bleibt offen: Welche der Kriterien gehen mit welchem Gewicht ins Ratingein? Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 5
6 Empirische Untersuchungen zu Ratings Wichtige empirische Forschungsansätze zu Ratings Ausfallstudien und Studien zur Ratingmigration Studien z. Informationswert von Ratings im Marktzusammenhang Studien zu Ratingdeterminanten Erklärung Bonitätsrisikoprämie Verbindung zu anderen Risikomaßen Ereignisstudie Ratingreplikation/ -prognose Befragung Inhaltsanalyse von Ratingbegründungen Anleihen Aktien CDS Ratinganalysten Emittenten Investoren Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 6
7 Eigene empirische Untersuchung (I) - Überblick CCC A+ BBB Ba3 Baa1 Aa2 AAA Aaa BB+ A2 Inhaltsanalyse der Ratingbegründungen von S&P u. Moody s? Befragung von gerateten Emittenten per Fragebogen Eigenbild Fremdbild Ratingreplikation mittels ordinaler Regression Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 7
8 Eigene empirische Untersuchung (I) - Überblick CCC A+ BBB Ba3 Baa1 Aa2 AAA Aaa BB+ A2 Inhaltsanalyse der Ratingbegründungen von S&P u. Moody s? Befragung von gerateten Emittenten per Fragebogen Eigenbild Fremdbild Ratingreplikation mittels ordinaler Regression Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 8
9 Eigene empirische Untersuchung (II) Inhaltsanalyse Aufbau Inhaltsanalyse: Eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen, bei der Textteile in Kategorien einordnet werden, die Operationalisierungen der interessierenden Merkmale darstellen. Die Häufigkeiten in den einzelnen Kategorien geben Auskunft über die Merkmalsausprägungen des untersuchten Textes. Ausgehend von Informationen der Ratingagenturen (vgl. Folie 4) Entwicklung eines hierarchischen Kategorienschemas zu Ratingkriterien mit 100 Kategorien Abgeglichene Stichprobe von 124 Rating- und 84 Ratingänderungsbegründungen aus 2004/05 für 62 Unternehmen aus D/AT/CH mit Rating von S&P und Moody s Inhaltsanalyse in Form der Themenfrequenzanalyse Durchgeführte Untersuchungen v.a.: - Vergleich S&P vs. Moody s anhand statistischer Tests (χ²; Clusteranalyse) - Test 9 konkreter Untersuchungshypothesen - Sensitivitätsanalysen bezüglich Ratingklasse, Branche, Untersuchungszeitraum (Vergleichsstichprobe aus 2002/03) sowie Herkunftsland (Vergleichsstichprobe aus USA) Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 9
10 Eigene empirische Untersuchung (III) Inhaltsanalyse wichtige Ergebnisse (I) Hauptkategorienanteile an den Kodierungen S&P Moody s 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50% 55% 60% 65% 70% 75% 80% 85% 90% 95% 100% Länderrisiko Branchenrisiko Wettbew erbsposition Managementqualität Rechnungslegungsqualität Kapitalstruktur Profitabilität Cash Flow -Adäquanz Finanzielle Flexibilität Sonstiges Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 10
11 Eigene empirische Untersuchung (IV) Inhaltsanalyse wichtige Ergebnisse (II) Geschäfts- u. Finanzrisiko-Kategorien ca. gleich häufig hohe Bedeutung qualitativer Faktoren Auf 10 häufigsten Kategorien entfallen bei S&P (Moody s) 39% (44%) aller Kodierungen; darunter für beide Agenturen übereinstimmender Kern an Kategorien: Wettbewerbssituation, Marktposition, Diversifikation, Absatz, Finanzpolitik, Cash Flows, externe Liquiditätsquellen Jedoch auch signifikante Unterschiede: v.a. Kategorien in Hauptkategorien Branchenrisiko, Rechnungslegungsqualität, Kapitalstruktur bei S&P und Managementqualität bei Moody s stärker gewichtet Verteilungen der Kategorienhäufigkeiten insgesamt bei S&P und Moody s signifikant unterschiedlich Sensitivitätsanalysen ergaben: - gewisse Einflüsse von Branche, Ratingklasse und Herkunftsland sowohl auf die Ergebnisse für die jeweilige Agentur als auch den Vergleich zwischen beiden; aber wesentliche Befunde bleiben durchweg erhalten - Zeitstabilität der Befunde - Keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Agenturen bei US-Vergleichs-Unt. Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 11
12 Eigene empirische Untersuchung (V) Statistische Ratingreplikation Aufbau: Ordinale Logit-Regression mit Rating als erklärter Variable (4 mögl. Ausprägungen) Erklärungsvariablen: Schlüsselkennzahlen (3-Jahres-Ø) der Agenturen (1. aus Ratingbegründungen entnommen; 2. aus Abschlussdaten selbst errechnet) sowie Unt.-Größe Datenbasis: 241 (180) Firmenjahre für S&P (Moody s) im Zeitraum Wichtige Ergebnisse: Bei S&P 6 von 8 Erklärungsvariablen signifikant, bei Moody s hingegen nur 3 von 7; bei beiden v.a. Unt.-Größe und dyn. Leverage Klassifikationsleistung (in sample) ca. 70 %; Lücke zeigt u.a. hohe Bedeutung qualitativer Ratingdeterminanten Sehr gute Trennung von investment grade- und speculative grade-ratings möglich Deutliche Branchenunterschiede (Industrie vs. Nicht-Industrie) erkennbar Bei Schlüsselkennzahlen aus Abschlussdaten gleiche Erklärungsvariablen signifikant, aber merklich geringere Klassifikationsleistung und Modellgüte Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 12
13 Eigene empirische Untersuchung (VI) Befragung Aufbau: Fragen zu (i) Motiven für Rating, (ii) Informationsaustausch mit Agenturen, (iii) Wichtigkeit von Ratingkriterien, (iv) Einfluss IFRS-Umstellung und (v) Ratingqualität u. Regulierung (Orientierung an Inhaltsanalyse und Vorgängerstudien!) Antwortmöglichkeiten i.d.r. auf Skala von 1 (niedrigste Zustimmung o. Wichtigkeit) bis 5 (höchste Zustimmung o. Wichtigkeit) Versand an CFO aller 106 von S&P und/oder Moody s gerateten Unt. in D/AT/CH; Rücklauf: 39 Fragebögen (37%), davon 29 von Unt. mit S&P- und Moody s-rating Wichtige Ergebnisse: (keine wesentlichen Unterschiede für S&P und Moody s!) Transparenz nur befriedigend, aber i.d.r. zumindest Einblick in Ratingbegründung Ratingqualität dennoch überwiegend sehr positiv, Ratingergebnis aber tendenziell als etwas zu schlecht beurteilt Mit Inhaltsanalyse weitgehend kompatible Einschätzungen zu wichtigsten Ratingdeterminanten, aber keine Unterschiede nach Ratingklasse oder Branche Kaum Unterschiede zu früheren Befragungen vor Regulierungsdebatte; überwiegend Zufriedenheit mit gegenwärtigem Stand d. Regulierung Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 13
14 Fazit Einige neuartige interessante Einsichten zum Zustandekommen von Ratings für Wissenschaft und Praxis Ergebnisse sind aber stets unter Beachtung der getroffenen Annahmen und diverser Grenzen der Untersuchung zu interpretieren Durch weiter steigende Zahl von Ratings in Kontinentaleuropa künftig weitere empirische Analysemöglichkeiten Durch die Marktteilnehmer und Regulierungsbehörden mittlerweile deutlich stärkerer Druck auf Ratingagenturen zu mehr Transparenz und Sicherung der Ratingqualität (u.a. IOSCO-Verhaltenskodex) Durch Subprime- und Finanzmarkt-Krise erneut hitzige Regulierungsdebatte Aber: Ratingzustandekommen kann v.a. aufgrund notwendiger subjektiver Komponenten, evtl. Insiderinfos sowie schützenswerter Geheimhaltungsinteressen der Ratingagenturen von Externen nicht vollständig aufgedeckt werden Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 14
15 Ende Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Münchner Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung, , Dr. Christian Wappenschmidt, MBR 15
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