FAQ SCHWANGERSCHAFTSABBRUCH (August 2011)
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- Helene Linden
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1 FAQ SCHWANGERSCHAFTSABBRUCH (August 2011) Der vorliegende Text gibt Antworten auf häufig gestellte Fragen zur gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs in den Niederlanden. Diese Publikation wird vom Ministerium für auswärtige Angelegenheiten in Zusammenarbeit mit dem Gesundheits- und dem Justizministerium herausgegeben. Ministerium für auswärtige Angelegenheiten Direktion Kommunikation, Abteilung Interne Kommunikation und Öffentlichkeitsdiplomatie Postbus EB Den Haag Niederlande 1
2 Inhalt FAQ SCHWANGERSCHAFTSABBRUCH 1. Wie sind Schwangerschaftsabbrüche in den Niederlanden rechtlich geregelt? 2. Wie kam das Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch zustande? 3. Welches Verfahren muss vor einem Schwangerschaftsabbruch durchlaufen werden? 4. Wie und wo werden Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt? 5. Warum ist die Abtreibungsrate in den Niederlanden so niedrig? 6. Inwiefern unterscheidet sich die niederländische Politik von der anderer Länder? ANHANG: Weitere Informationen und Quellenangaben 2
3 1. Wie sind Schwangerschaftsabbrüche in den Niederlanden rechtlich geregelt? In den Niederlanden kann eine Frau ihre Schwangerschaft abbrechen lassen, wenn sie ungewollt schwanger geworden ist. Die Einzelheiten des Schwangerschaftsabbruchs in der medizinischen Fachsprache als»induzierter Abort«bezeichnet, umgangssprachlich oft auch»abtreibung«genannt sind gesetzlich geregelt. Der Abbruch einer Schwangerschaft ist in den Niederlanden grundsätzlich eine Straftat. Ein Arzt, der einen solchen Abbruch vornimmt, macht sich dann nicht strafbar, wenn er den Eingriff gemäß den Vorschriften des Gesetzes über den Schwangerschaftsabbruch (Wet Afbreking Zwangerschap/WAZ) durchführt. Ein Schwangerschaftsabbruch gilt nicht als gewöhnlicher medizinischer Eingriff, sondern als ein Recht der Frau, von dem nur in Notsituationen Gebrauch gemacht werden darf. Im Gesetz heißt es hierzu:»wer eine Frau einer Behandlung unterzieht, obwohl er weiß oder davon ausgehen muss, dass dadurch die Schwangerschaft abgebrochen werden kann, wird mit Gefängnisstrafe bis zu vier Jahren und sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe der vierten Kategorie (bis zu Euro) bestraft. Die Handlung nach Absatz 1 ist nicht strafbar, wenn die Behandlung von einem Arzt in einem Krankenhaus oder einer Klinik durchgeführt worden ist, in dem beziehungsweise der eine solche Behandlung gemäß dem Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden darf.«(artikel 296 Strafgesetzbuch) Nach dem Strafgesetzbuch ist ein Abbruch bis zu dem Zeitpunkt zulässig, ab dem die Leibesfrucht außerhalb des Mutterleibs lebensfähig ist. Aufgrund des heutigen Erkenntnisstandes der Medizinwissenschaft wurde die Untergrenze der Lebensfähigkeit auf 24 Wochen festgesetzt. In der Praxis wird die Grenze für die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen jedoch meist bei 22 Wochen gezogen, da sich die Dauer der Schwangerschaft durch Ultraschall nicht eindeutig bestimmen lässt und die Ärzte sicher sein wollen, die gesetzliche Frist nicht zu überschreiten. Von dieser Frist kann in Ausnahmefällen abgewichen werden: Liegt eine medizinische Indikation vor, kann in Krankenhäusern ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 24. Woche, bei einigen wenigen, genau definierten medizinischen Sachverhalten auch noch zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen werden. Der Eingriff darf nur in Fachkliniken und Krankenhäusern durchgeführt werden, die über eine Genehmigung nach dem Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch verfügen, das im November 1984 in Kraft getreten ist. Die einschlägigen Daten werden seit 1985 von der Aufsichtsbehörde für das Gesundheitswesen registriert und veröffentlicht. Das Gesetz will einerseits ungeborenes Leben schützen und andererseits Frauen helfen, die durch eine ungewollte Schwangerschaft in eine Notlage geraten sind. Jede Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch soll reiflich überlegt sein, und ein Abbruch soll nur dann erfolgen dürfen, wenn es für die Frau keinen anderen Ausweg aus ihrer Notlage gibt. In dem Gesetz werden keine Gründe oder Kriterien für einen Schwangerschaftsabbruch genannt. Der normative Charakter des Gesetzes kommt in Bedingungen zum Ausdruck, die gewährleisten sollen, dass jede Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch erst nach reiflicher Überlegung getroffen wird. Der Gesetzgeber hat sich seinerzeit bewusst für diesen Weg entschieden, weil bei der Entscheidung über die Beendigung einer Schwangerschaft die besonderen Umstände jedes Einzelfalls berücksichtigt werden müssen. 3
4 2. Wie kam das Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch zustande? In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre begann eine breite gesellschaftliche Diskussion über das Thema Schwangerschaftsabbruch. Durch orale Empfängnisverhütung (Pille) und Sterilisation war eine gezielte Familienplanung möglich geworden, die Auffassungen über Sexualität begannen sich zu wandeln und der Einfluss der Kirchen ging zurück. In Großbritannien wurde die Abtreibung legalisiert. Auch die Tatsache, dass sich im Gefolge des Wirtschaftswachstums die soziale Sicherheit und das Bildungsniveau der Bevölkerung erhöhten, förderte die öffentliche Debatte, die dazu beitrug, dass die Abtreibung 1984 schließlich auch in den Niederlanden legalisiert wurde. Als Mittel der Familienplanung war und ist sie nicht gedacht. Ab 1971 konnten Frauen wenn auch damals noch illegal in der Abtreibungsklinik der im Jahr zuvor gegründeten Stiftung Stimezo einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen. Ziel der Stiftung war es, die Hilfeleistung bei der Abtreibung zu verbessern und den Zugang zu Hilfseinrichtungen zu erleichtern. Da die meisten Ärzte in den Krankenhäusern nicht an einer Abtreibung mitwirken wollten und diejenigen, die dazu bereit waren, nur sehr begrenzt zur Verfügung standen, entstanden schon bald im ganzen Land weitere illegale Abtreibungskliniken. Auch in medizinischen Kreisen kam nun eine Diskussion über die Abtreibung in Gang. Es wurde eine neue, bessere Methode entwickelt: die Saugkürettage 1, die es ermöglichte, den Eingriff ambulant vorzunehmen. Angesichts dieser Entwicklungen und der wachsenden gesellschaftlichen Akzeptanz ergab sich die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung. Der Weg zur heutigen Abtreibungsregelung war mühsam. Bereits 1970 hatte die sozialdemokratische Partei der Arbeit (PvdA) einen Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht mit dem Ziel, die Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Die Christdemokraten dagegen plädierten in ihrem 1975 vorgelegten Gesetzentwurf dafür, dass die Abtreibung strafbar bleiben solle, es sei denn,»die Fortsetzung der Schwangerschaft würde die körperliche oder seelische Gesundheit der Frau ernstlich gefährden und diese Gefährdung kann nur durch den Abbruch der Schwangerschaft abgewendet werden«. Auch die liberalkonservative Volkpartei für Freiheit und Demokratie (VVD) legte 1976 einen Entwurf vor. Später wurde dann ein gemeinsamer Entwurf von VVD und PvdA beraten. Problematisch dabei war, dass dieser Entwurf zwar von der Mehrheit der Abgeordneten unterstützt wurde, dass aber zu diesem Zeitpunkt nicht beide Parteien in der Regierung vertreten waren. Im Dezember 1980 schließlich wurde nach einem Regierungswechsel eine gemeinsame Gesetzesvorlage von VVD und Christlich Demokratischem Appell (CDA) angenommen. Das Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch trat im November 1984 in Kraft, zusammen mit der zugehörigen Durchführungsverordnung. Vor dem Inkrafttreten wurden die bereits bestehenden Abtreibungskliniken toleriert. 1 Zum Verfahren siehe Frage 4. 4
5 3. Welches Verfahren muss vor einem Schwangerschaftsabbruch durchlaufen werden? Wenn eine Frau ungewollt schwanger ist und die Schwangerschaft abbrechen lassen will, geht sie im Normalfall zunächst zu ihrem Hausarzt. Der Hausarzt überweist sie an eine (Fach-)Klinik, die über eine entsprechende Genehmigung nach dem Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch verfügt. Es ist aber auch möglich, sich ohne Überweisung durch den Hausarzt direkt an eine Abtreibungsklinik zu wenden. Dort wird sie über alternative Auswege aus ihrer Notlage informiert. Ein Arzt darf die Behandlung nur dann vornehmen, wenn er sich davon überzeugt hat, dass die Frau ihre Entscheidung nach reiflicher Überlegung und aus freien Stücken getroffen hat. Darum muss zwischen dem ersten Gespräch mit dem Arzt dies kann auch der Hausarzt sein und dem Eingriff eine Bedenkzeit von mindestens fünf Tagen liegen. Der Arzt und die Frau sind gemeinsam für die Entscheidungsfindung verantwortlich. Letztlich wird die Entscheidung von der Frau allein getroffen; sie ist nicht gesetzlich verpflichtet, weitere Personen, beispielsweise den Vater des Kindes oder ihre Eltern, hinzuzuziehen. Abgetrieben werden darf nur, solange die Leibesfrucht außerhalb des Mutterleibs noch nicht lebensfähig ist. Die gesetzliche Frist, die kürzlich erneut bestätigt wurde, beträgt 24 Wochen. In der Praxis liegt die Frist jedoch meist bei knapp über 22 Wochen (siehe Frage 1). Die Dauer der Schwangerschaft wird durch Ultraschall festgestellt. Innerhalb einer Frist von 16 Tagen nach dem Ausbleiben der Menstruation kann eine Behandlung durchgeführt werden, die die Einnistung des Embryos in die Gebärmutter verhindert. Solche nidationshemmenden Behandlungen dürfen, ebenso wie Schwangerschaftsabbrüche in einem späteren Stadium, nur von Fachkliniken oder Krankenhäusern durchgeführt werden, die über eine Genehmigung nach dem Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch verfügen. Die fünftägige Bedenkzeit braucht bei nidationshemmenden Behandlungen nicht eingehalten zu werden. 5
6 4. Wie und wo werden Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt? Dies hängt von der Dauer der Schwangerschaft ab. Im Zeitraum von 12 bis 16 Tagen nach Ausbleiben der Menstruation kann die Frau die Schwangerschaft durch eine nidationshemmende Behandlung beenden lassen. Die gesetzliche Bedenkzeit braucht in diesem Fall nicht eingehalten zu werden. Im Vorfeld müssen allerdings eine Voruntersuchung (Ultraschall) sowie ein Beratungsgespräch durchgeführt werden. Während des ersten Trimesters kann die Schwangerschaft durch eine Saugkürettage abgebrochen werden, die unter örtlicher Betäubung oder leichter Vollnarkose durchgeführt wird. Seit 2000 ist in den Niederlanden unter dem Handelsnamen Mifegyne auch die Abtreibungspille (Wirkstoff: Mifepriston) erhältlich. Diese Pille darf zum Zweck des Schwangerschaftsabbruchs bis zur 7. Schwangerschaftswoche verabreicht werden. Sofern es sich nicht um eine nidationshemmende Behandlung handelt, also bis zum 16. Tag nach Ausbleiben der Menstruation, fällt die Anwendung der Abtreibungspille uneingeschränkt unter das Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch. Die Abtreibungspille kann auch von Hausärzten verschrieben werden, sofern deren Praxis registriert ist und die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Eine Schwangerschaft im zweiten Trimester (nach 13 Wochen Schwangerschaft) kann unter örtlicher Betäubung oder Vollnarkose in verschiedenen Abtreibungskliniken beendet werden. Das Gesundheitsministerium erteilt eine Genehmigung nur dann, wenn feststeht, dass die betreffende Einrichtung die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. So muss zum Beispiel die Qualität der Behandlung gewährleistet sein. Kriterien sind sowohl das medizinische Fachwissen der Mitarbeiter und die Ausstattung der Einrichtung als auch die psychologische Betreuung der Frauen waren in den Niederlanden 92 Krankenhäuser und 15 Fachkliniken befugt, Abtreibungen vorzunehmen. Die Leitung des Krankenhauses bzw. der Fachklinik ist verpflichtet, der Aufsichtsbehörde für das Gesundheitswesen vierteljährlich unter anderem über die Zahl der durchgeführten Behandlungen Bericht zu erstatten. Die Aufsichtsbehörde veröffentlicht die Angaben in ihrem Jahresbericht. Die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche, die in den Niederlanden wohnhafte Frauen in einer anerkannten Fachklinik vornehmen lassen, werden aufgrund des Allgemeinen Gesetzes über besondere Krankheitskosten (Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten/AWBZ) erstattet. Wird die Behandlung in einem Krankenhaus durchgeführt, übernimmt die Krankenversicherung die Kosten. Frauen, die im Ausland wohnen und in den Niederlanden eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen lassen, müssen die Kosten selbst tragen. Für Frauen, die sich illegal in den Niederlanden aufhalten, gelten besondere Regelungen. 6
7 5. Warum ist die Abtreibungsrate in den Niederlanden so niedrig? Obwohl nicht in allen Ländern offizielle Zahlen zur Abtreibungsrate vorliegen und in einigen Ländern viele Schwangerschaften noch immer illegal beendet werden, lässt sich feststellen, dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in den Niederlanden verglichen mit anderen Ländern gering ist. Schon vor der Legalisierung war die Abtreibungsrate, die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im Verhältnis zur Zahl der Geburten, in den Niederlanden geringer als in anderen Ländern. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Diese Tatsache hängt unter anderem eng mit dem liberalen Umgang mit Verhütungsmitteln zusammen. Bis in die sechziger Jahre hinein war Familienplanung in der niederländischen Gesellschaft ein Tabuthema. Es verwundert daher nicht, dass die Niederlande bis 1965 eine der höchsten Geburtenraten Europas hatten. Zwischen 1965 und 1975 änderte sich die Situation im Zuge der sozialen, kulturellen und politischen Entwicklungen dann grundlegend (siehe Frage 2). Die Einführung moderner Verhütungsmittel ging mit einer neuen Sexualmoral einher, und Familienplanung wurde endlich akzeptiert. Es stellt sich die Frage, warum die Zahl der Abtreibungen nicht zunahm, als Familienplanung populär wurde. Hierfür gibt es vier Gründe. 1. Die gesellschaftliche und politische Diskussion über Familienplanung in den Niederlanden war aus der Angst vor Überbevölkerung entstanden. Die Niederlande waren in den sechziger Jahren der am dichtesten bevölkerte Flächenstaat der Welt, und die Prognosen über den Bevölkerungszuwachs waren alarmierend. 2. Es gab eine einflussreiche Pressure-Group, die Niederländische Vereinigung für die Sexualreform (NVSH), die sich für eine Gesetzesänderung im Bereich der Familienplanung stark machte. Mitte der sechziger Jahre zählte die Vereinigung bereits über Mitglieder. In ihrer Haager Zentrale waren 100 Personen beschäftigt. Auch die Frauenbewegung setzte sich für die Familienplanung ein. Diese beiden Initiativen trugen zur Förderung der gesellschaftlichen Debatte bei. 3. Der niederländische Hausärzteverband NHG erkannte Ende der sechziger Jahre die Beratung bei der Familienplanung als wichtigen Teil der Aufgaben eines Hausarztes an. Schon bald gehörte deshalb in den Praxen eine solche Beratung zum Alltag. Dies war ein wichtiger Faktor, denn so wurde die Familienplanung in vertrauter Umgebung besprochen und nicht, wie in anderen Ländern, in Fachkliniken oder beim Gynäkologen. Empfängnisverhütung wurde so innerhalb kürzester Zeit zu einem festen Bestandteil der Gesundheitsversorgung wurde das Verkaufsverbot für Verhütungsmittel aufgehoben, ab 1971 wurden deren Kosten von der Krankenversicherung erstattet wurden dann auch Sterilisationen erstattet. Darüber hinaus wurden die von der Rutger-Stiftung unterhaltenen Fachkliniken für Familienplanung öffentlich bezuschusst. Diese Maßnahmen entlasteten die Benutzer von Verhütungsmitteln finanziell und förderten zudem die moralische Akzeptanz. Familienplanung war jetzt nicht mehr nur ein privates Problem, sondern auch eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse. Empfängnisverhütung war in den Niederlanden also bereits vor der Legalisierung der Abtreibung, ja sogar bevor die Frage überhaupt auf politischer Ebene diskutiert wurde, allgemein akzeptiert. Die Verwendung von Verhütungsmitteln hatte sich auf der Grundlage demographischer, gesellschaftlicher, psychologischer und finanzieller Faktoren schnell durchgesetzt darin liegt eine der wichtigsten Ursachen für die niedrige Abtreibungsrate. Die Niederlande entwickelten sich innerhalb kurzer Zeit vom europäischen Spitzenreiter bei der Geburtenrate zu einem Vorreiter im Bereich der Schwangerschaftsverhütung. 7
8 6. Inwiefern unterscheidet sich die niederländische Politik von der anderer Länder? Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war der Abbruch einer Schwangerschaft weltweit verboten. Die ersten Länder begannen in den sechziger Jahren mit der Legalisierung. Bis 1986 hatten die meisten europäischen Länder gesetzliche Regelungen für den Schwangerschaftsabbruch geschaffen. Bis heute gibt es aber von Land zu Land große Unterschiede. In Irland, Spanien und Portugal ist Abtreibung bis auf wenige Ausnahmen noch immer illegal. Irische Frauen haben aber die Möglichkeit, den Eingriff in Großbritannien durchführen zu lassen, wenn das Leben der Mutter gefährdet ist. In Portugal und Spanien dürfen Frauen nur nach einer Vergewaltigung, bei Missbildung der Frucht oder bei Lebensgefahr für die Schwangere abtreiben. In den meisten Ländern, in denen der Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, darunter Belgien und Deutschland, gilt eine Frist von 12 Wochen. In Schweden ist der Eingriff bis zur 18., in Großbritannien (außer Nordirland) bis zur 24. Schwangerschaftswoche erlaubt. In den Niederlanden gilt ebenfalls eine Frist von 24 Wochen. Wenn die Schwangerschaft das Leben der Frau gefährdet oder wenn das Ungeborene schwere Missbildungen aufweist, erlauben die meisten Länder den Abbruch auch nach diesen Fristen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die niederländische Politik dem Selbstbestimmungsrecht der Frau im europäischen Vergleich einen hohen Stellenwert einräumt, damit aber keine Ausnahme darstellt. 8
9 ANHANG: Quellenangaben und weiterführende Informationen STATISTIKEN Aktueller Jahresbericht der Aufsichtsbehörde für das Gesundheitswesen (IGZ) Übersicht der Vereinten Nationen über die Regelungen für den Schwangerschaftsabbruch je Land (nicht aktuell) UN-Bericht über die niederländische Regelung: RECHTLICHE INFORMATIONEN Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch (Wet afbreking zwangerschap/waz) Durchführungsverordnung zum Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch (Besluit afbreking zwangerschap) Strafgesetzbuch (Wetboek van Strafrecht) Artikel 296 Strafgesetzbuch Artikel 82a Strafgesetzbuch Allgemeines Gesetz über besondere Krankheitskosten (Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten/AWBZ) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) 9
10 ORGANISATIONEN Aufsichtsbehörde für das Gesundheitswesen (IGZ) Kliniken Niederländischer Hausärzteverband (NHG) StiSAN ALLGEMEINES Koalitionsvertrag (Deutsche Übersetzung: Evaluierungsbericht zum Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch Niederländische Vereinigung für die Sexualreform (Nederlandse Vereniging voor Seksuele Hervorming/NVSH) Rutger-Stiftung Informationen über die niederländische Frauenbewegung (»Dolle Mina s«) 10
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