Swissness oder wie viel Schweiz muss sein?
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- Berthold Holst
- vor 8 Jahren
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1 Swissness oder wie viel Schweiz muss sein? Rechtsanwälte Notariat Steuerberatung Mediation Schweizer Produkte und Dienstleistungen haben international einen exzellenten Ruf. Mit der Bezeichnung swiss made werden die Werte Zuverlässigkeit, Präzision, Tradition und Qualität verbunden, was sich mitunter auf das Preisniveau auswirkt. Gemäss einer Studie der HSG aus dem letzten Jahr generiert der Swissness-Effekt rund 5.8 Mrd. Franken jährlich an Mehrwert (Feige Stephan, Fischer Peter M., Reinecke Sven, Swissness Worldwide 2010, St. Gallen 2010). Aufgrund dieses wirtschaftlichen Mehrwerts werden das Label Made in Switzerland und das Schweizerkreuz immer häufiger für (mehr oder weniger) Schweizer Produkte durch Unternehmen im In- und Ausland verwendet. Um Missbräuchen vorzubeugen und zur Sicherung des Mehrwertes Schweiz in der Werbung wurden im Jahr 2006 die Postulate Fetz und Hutter eingereicht. Diese bezwecken, durch Gesetzesrevisionen und begleitende Massnahmen das Schweizerkreuz und die Bezeichnung Schweiz zu schützen (BBl ; vgl. auch Homepage der Schweizerischen Eidgenossenschaft < html?lang=de&msg-id=26057>). 1. Unzureichender Schutz nach geltendem Recht Nach heutigem Recht werden Herkunftsangaben nur sehr allgemein geregelt. Ihre Verwendung ist grundsätzlich frei. Einzig der Gebrauch unzutreffender oder irreführender Herkunftsangaben ist unzulässig. Gemäss geltendem Art. 48 MSchG (Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben, SR ) bestimmt sich die Herkunft einer Ware nach dem Ort der Herstellung oder nach der Herkunft der verwendeten Ausgangsstoffe und Bestandteile. Bloss die swiss made -Verordnung für Uhren sieht weitergehende Vorschriften vor (vgl. Homepage des IGE < html#c7268>; BBl ). Dr. iur. Hanspeter Geissmann Lic. iur. Martin Kuhn Kuhn Fachanwalt SAV Familienrecht Lic. iur. Silvia Koch Rechtsanwältin Lic. iur. Stefan Semela LL.M. Lic. iur. Marcel Merz und Notar Dr. iur. Gesine Wirth-Schuhmacher Rechtsanwältin auch zugelassen in Deutschland Lic. iur. Raphael Weiss Lic. iur. Raphael Weiss Falken Lic. iur. Judith Rhein Mellingerstrasse Rechtsanwältin 2a Postfach Falken 2078 CH-5402 Mellingerstrasse Baden 2a Telefon Postfach (0) Fax CH-5402 Falken +41 (0)56 Baden Telefon Mellingerstrasse +41 (0)56 2a Fax Postfach +41 (0) CH-5402 Baden Eingetragen Telefon +41 im (0)56 Anwaltsregister Fax +41 (0) Eingetragen im Anwaltsregister Eingetragen im Anwaltsregister Im Gegensatz zur eher laschen Regelung der Herkunftsangabe ist die Verwendung des Schweizerkreuzes gemäss Art. 2 Abs. 1 Ziff. 1 WSchG (Bundesgesetz zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen, SR ) weitgehend untersagt. Somit darf zum heutigen Zeitpunkt kein Schweizerkreuz auf zum Vertrieb bestimmten Waren angebracht werden, um die Herkunft des Schweizer
2 Produktes zu bezeichnen (Schutz der Bezeichnung Schweiz und des Schweizerkreuzes, Bericht des Bundesrates vom 15. November 2006 in Erfüllung der Postulate Hutter ( Schutz der Marke Schweiz ) und Fetz ( Verstärkung der Marke Made in Switzerland ), S. 9). Dies unabhängig davon, ob die Produkte in der Schweiz hergestellt wurden oder nicht. Im Gegensatz zum Verwendungsverbot des Schweizerkreuzes auf Produkten ist die Verwendung für Dienstleistungen, auf Geschäftsschildern und Prospekten sowie die dekorative Verwendung des Schweizerkreuzes wie beispielsweise auf Gläsern, Löffeln, Postkarten und anderen Souvenirartikeln gestattet. (vgl. Homepage des IGE < html>). 2. Zureichender Schutz nach neuem Recht? Nachdem 2006 die Postulate Fetz und Hutter zur mangelnden Durchsetzung des Schweizer Markenschutzes eingereicht wurden, eröffnete der Bundesrat Ende 2007 das Vernehmlassungsverfahren zur Swissness-Vorlage. Dieses wurde 2009 erfolgreich abgeschlossen und während der anschliessenden Beratung durch die Kommission des Nationalrats nur geringfügig abgeändert. Derzeit liegt der Gesetzesentwurf den Räten zur Beratung vor. Nach neuem Recht sollen für die verschiedenen Wirtschaftsbranchen Kriterien definiert werden, welche darüber entscheiden, ob das Label swiss made auf Verpackungen und Produkten angebracht werden kann. Es wird zwischen Naturerzeugnissen, verarbeiteten Naturerzeugnissen und Industrieprodukten unterschieden. Bei Naturprodukten (z.b. Mineralwasser, Pflanzen, oder Fleisch) wird bei der Herkunftsbestimmung auf ein einziges Kriterium abgestellt, welches je nach Art des Produkts variiert. Bei pflanzlichen Erzeugnissen beispielsweise ist dies der Ort der Ernte, bei mineralischen Erzeugnissen, der Ort der Gewinnung (vgl. Homepage des IGE < html>). Für verarbeitete Naturerzeugnisse muss eine Mindestmenge von 80% des Gewichts der Rohstoffe aus der Schweiz stammen. Allerdings werden Rohstoffe, die in der Schweiz nicht vorkommen oder vorübergehend nicht erhältlich sind, nicht mit einberechnet. Dies führt dazu, dass eine in der Schweiz produzierte Milchschokolade aus Schweizermilch und ausländischen Kakaobohnen trotz- 2
3 dem als Schweizer Produkt gilt, nicht jedoch ein in der Schweiz produzierter Käse, der aus 100% ausländischer Milch besteht (BBl ; BBl ). Bei Industrieprodukten wird verlangt, dass mindestens 60% der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen müssen (allerdings dürfen auch Kosten für Forschung und Entwicklung mit einberechnet werden). Auch hier gilt, dass in der Schweiz nicht vorkommende oder vorübergehend nicht erhältliche Produktionsteile, nicht in die Berechnung der Herstellungskosten einbezogen werden (BBl f.). Ausserdem wird verlangt, dass sowohl bei verarbeiteten Naturprodukten wie auch bei Industrieprodukten die Tätigkeit, welche dem Produkt seine wesentlichen Eigenschaften verleiht, in der Schweiz stattfindet. In der Botschaft des Bundesrates werden die Beispiele der Verarbeitung von Milch zu Käse und das Zusammensetzen einer Uhr erwähnt (BBl ). Damit Dienstleistungsunternehmen die Marke Schweiz verwenden dürfen, wird verlangt, dass ihr Sitz sowie ein tatsächliches Verwaltungszentrum der Unternehmung in der Schweiz liegen (vgl. Homepage des IGE < wissness_hintergrund.pdf>). Das heutige Verwendungsverbot des Schweizerkreuzes soll unter dem neuen Recht gelockert werden. Neu soll die Verwendung des Schweizerkreuzes auf Verpackungen von Lebensmitteln und anderen Produkten zulässig sein, falls die obgenannten Mindestvorschriften für die Kennzeichnung als Schweizer Produkt erfüllt sind. Die Firma Valser AG dürfte beispielsweise ihre Wasserflaschen nur mit dem Schweizerkreuz kennzeichnen, wenn das in ihnen enthaltene Mineralwasser auch in der Schweiz entsprungen ist (BBl ). Einzig die Verwendung des Schweizerwappens (Schweizerkreuz in einem Wappenschild) wird weiterhin der Eidgenossenschaft vorbehalten sein. Doch auch hierfür sieht das neue Recht eine Ausnahme vor für Unternehmen wie beispielsweise Victorinox, die seit Jahrzehnten das Schweizerwappen als Firmenlogo verwenden. Für die Weiternutzung ist eine Antragsmöglichkeit innert Zweijahresfrist beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement vorgesehen (vgl. Homepage des IGE < gesetzgebungsprojekt-swissness/a-schweizerkreuz-und-schweizerwappen.html #c15055>). 3
4 3. Kontroverse um Swissness Obwohl die Swissness-Vorlage in ihrem Grundtenor breite Unterstützung findet, wird über die Details gestritten. Das Eidgenössische Institut für geistiges Eigentum preist die Vorzüge der Vorlage. So würden die Konsumentenerwartungen erfüllt, der schweizerische Arbeitsmarkt gestärkt und Landwirtschaft und Exportunternehmen würden von der Vorlage profitieren (vgl. Homepage des IGE < Gemäss Studie der HSG wünschen sich die Konsumenten im Gegensatz zu den in der Vorlage verlangten 80% Schweizer Rohstoffen eine 100%ige Schweizer Herkunft auch bei verarbeiteten Naturprodukten. Der Schweizerische Bauernverband hingegen unterstützt die 80%-Regel der Gesetzesvorlage. Auch die Uhrenindustrie ist gespalten. Die international tätigen Luxusuhrenhersteller sowie der Uhrenverband FH unterstützen die Vorlage. Ronnie Bernheim, Mitbegründer der IG Swiss Made und Mitinhaber der Uhrengruppe Mondaine, spricht indessen für die kleineren und mittelgrossen Uhrenunternehmen, wenn er sagt: Mit diesem Gesetz wird die Branche in zwei geschnitten. Unser Teil fällt weg. Den kleineren und mittleren Uhrenunternehmen sei es nicht möglich, weiterhin qualitativ gleichwertige und gleich günstige Produkte wie bisher auf den Markt zu bringen, wenn 60% der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen müssten (NZZ online vom , Kleine Uhrenproduzenten gegen Swissness-Vorlage). Auch economiesuisse hält die beiden Schwellenwerte von 60% respektive 80% für zu hoch und bemängelt den derzeitigen Gesetzesentwurf als zu unflexibel und überarbeitungsbedürftig (vgl. Positionspapier der economiesuisse, abrufbar unter < aspx>). 4. Zusammenfassung/Ausblick Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Grundgedanke der Swissness- Vorlage in die richtige Richtung zielt. Ein Schutz der Marke und des Wirtschaftsstandorts Schweiz wird von allen Parteien begrüsst, ebenso die Lockerung bezüglich Verwendung des Schweizerkreuzes auf Verpackungen und Produkten, welche längst der wirtschaftlichen Realität entspricht. Einzig die genaue Fest- und Umsetzung der Schwellenwerte in Bezug auf die Herkunfts- 4
5 bezeichnung Schweiz erhitzt die Gemüter. Ob der Nationalrat die Vorlage allerdings in ihrer derzeitigen Ausgestaltung annimmt, wird sich diese Woche zeigen. 12. März 2012 Katja Furrer, MLaw 5
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