Liebe Lehrerinnen und Lehrer,
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- Sofie Hafner
- vor 3 Jahren
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1 Liebe Lehrerinnen und Lehrer, die Phase der Schulschließungen hat Sie alle, das gesamte Kollegium, Ihre Schüler*innen und auch die Erziehungsberechtigten Ihrer Schüler*innen mehr oder weniger unvorbereitet getroffen und für einen Übergangszustand gesorgt, der von vielen Unsicherheiten geprägt war und ist. Nun stehen wir vor einem schrittweisen Neustart in einen veränderten Alltag. Als Schulpsychologie befinden wir uns an der Schnittstelle zwischen Schule und Elternhaus. Auch in der Zeit der Schulschließungen haben wir weiter Lehrkräfte, Eltern und Schüler*innen beraten und dadurch einige Einblicke in die Bedürfnislage der verschiedenen Akteure gewonnen. Wir möchten mit den folgenden Anregungen für die emotionale Lage sensibilisieren, in der sich derzeit viele Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern befinden, um zu einem guten Neustart beizutragen 1. Corona-Ferien? Eine plötzliche Schulschließung aufgrund einer Pandemie ist natürlich nicht gleichzusetzen mit fünfwöchigen Ferien, auch wenn einige Schülerinnen und Schüler zunächst freudig von Corona-Ferien sprachen. Auch diese Schüler*innen werden nach kurzer Zeit gemerkt haben: die Schulschließungen hatten einen anderen Charakter als Ferien. Den Schüler*innen wurde der Kontakt zu ihren Freunden und Verwandten verwehrt. Auf der Straße sollten sie Abstand zu anderen Menschen halten. Immer öfter sahen sie Menschen mit Atemschutzmasken und die Polizei war vielerorts präsent. Dies sind nur einige Beispiele für die umfassenden Veränderungen, die sehr plötzlich eintraten, und von denen niemand sagen konnte, wie lange sie anhalten werden. Manchen Kindern haben diese Veränderungen Angst gemacht. Manche hatten Schwierigkeiten, ihren Tag ohne den festen Ablauf des Schulbetriebs zu strukturieren. In einigen Familien kam es zu Stress und Konflikten. Mit diesen Erfahrungen werden Ihre Schüler*innen vor Ihnen stehen und sitzen, wenn sie wieder in die Schule kommen. Und sie werden durch neue Regelungen und veränderte Rahmenbedingungen merken: Es ist noch nicht vorbei. Viele Eltern gerieten unter Druck, von heute auf morgen ihre Arbeit neu zu organisieren und gleichzeitig Kinder in verschiedenem Alter mit unterschiedlichen Bedürfnissen zu 1 Auch wenn im Text im Besonderen Lehrerinnen und Lehrer angesprochen werden, richtet sich diese Handreichung genauso an alle anderen an Schule arbeitenden pädagogischen Fachkräfte. 1
2 beaufsichtigen und in schulischen Belangen anzuleiten und zu unterstützen. Sie werden auch in der nächsten Zeit viele Rollen unter einen Hut bringen müssen. Auch für Sie als Lehrer*in war es eine Zeit voller kurzfristiger Änderungen, in der Sie flexibel und kreativ reagieren mussten, immer die Bedürfnisse Ihrer Schüler*innen im Blick behaltend und gleichzeitig mit dem Druck des Lehrplans im Hinterkopf. Dieser Zustand wird ebenfalls noch anhalten. Bei der nun anstehenden schrittweisen Schulöffnung treffen Sie alle wieder aufeinander. Ihre letzten Wochen waren geprägt von Unsicherheit, Unplanbarkeit und Verzicht. Was nun alle verbindet, ist der Wunsch nach Stabilität und Normalität. Die Öffnung der Schulen ist jetzt ein erster Schritt in diese Richtung. Ein zuvor erarbeitetes schulisches Hygiene- und Schutzkonzept, das die Umsetzung der Vorgaben von Hygiene und Kontakteinschränkungen an der eigenen Schule regelt, stellt in der nächsten Zeit den verlässlichen Handlungsrahmen für alle Mitglieder der Schulgemeinschaft dar. Die damit verbundenen neuen Regeln und Rituale mögen zu Beginn ungewohnt wirken, bieten Lehrkräften sowie Schüler*innen aber gleichzeitig die nötige Sicherheit und Orientierung. Aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen, unter denen die Schüler*innen in der letzten Zeit gelernt haben, werden sicherlich mehr oder weniger große Wissensunterschiede deutlich werden. Dies ist ganz normal. Dennoch besteht die Gefahr, zu schnell wieder in alte Gewohnheiten zurückzufallen, Versäumtes möglichst zeitnah aufholen zu wollen und die Schüler*innen, die erschöpften Eltern und nicht zuletzt sich selbst als Lehrkraft in einer unüberschaubaren Lage zu überfordern. Wir möchten Sie daher ermutigen, sich Zeit zu nehmen, in Ruhe anzukommen und Schritt für Schritt in einen neuen Alltag zu finden. Wie kommen Ihre Schüler*innen wieder an? Folgende Bedürfnisse könnten viele Schüler*innen nach der Rückkehr in die Schule haben: Das eigene Erleben der letzten Wochen zu teilen und zu erfahren, wie es den Mitschüler*innen ergangen ist: o Wie war die Stimmung zu Hause? o Was habe ich erlebt? o Womit habe ich meine Zeit verbracht? Welche Freizeitbeschäftigungen habe ich für mich entdeckt? o Was war anders als sonst? o Ihre Sorgen im Hinblick auf schulisches Lernen auszudrücken: o Habe ich zu Hause genug gelernt? 2
3 o Was ist, wenn ich etwas nicht verstanden habe? o Was passiert mit ausgefallenen Klassenarbeiten? o Wieviel haben die anderen gelernt? o Gelobt zu werden für das, was sie zu Hause geleistet haben. Zu erfahren, was in der nächsten Zeit auf sie zukommt. Freude, Spaß und Gemeinsamkeit mit den lange vermissten Klassenkameraden zu erleben. Die Schule wiederzuerkennen als einen Ort, der immer noch vertraut ist und Sicherheit gibt. Wieder gemeinsam zu lernen. Einige Kinder und Jugendliche werden darüber hinaus Sorgen haben, die sie nicht im Klassenverband ansprechen wollen. Wie kann der erste Schultag gestaltet werden? An den Bedürfnissen der Kinder orientiert könnte ein erster Schultag folgende Bausteine enthalten: Einen Erzählkreis, eventuell unter Einsatz von kreativen Methoden (z.b. Erstellen einer Collage zum Thema Unser Corona : eine Sammlung von Eindrücken, Sorgen, Bildern, auch Verrücktem, wie Klopapierrollen, um das Erleben aus dem Kopf auf das Bild zu übertragen. Diese könnte in den folgenden Wochen und Monaten immer wieder erweitert werden, denn Corona wird uns weiter begleiten.) Eine Fragerunde zum schulischen Lernen: o Wie lief das Lernen zu Hause? o Was war gut, was war schwierig? o Welche Gedanken macht ihr euch, wenn ihr jetzt an das Lernen in der Schule denkt? o... Einen Ausblick, wie die nächsten Wochen verlaufen werden, sofern Ihnen das bekannt ist: o Welche Sitzordnung ist geplant? o Welche Verhaltensregeln kommen auf die Schüler*innen zu? o In welcher Klassenkonstellation wird gearbeitet? o Wie wird die Benotung ablaufen? o... Eine Information, an wen Schüler*innen sich wenden können, wenn sie noch mehr Sorgen haben, die sie nicht in der Klasse äußern möchten. Gruppenaktivierende Methoden in Form von Spielen, Bewegung, Witze erzählen, 3
4 Eine erste Unterrichtseinheit und eine überschaubare Hausaufgabe, um die Schule als Ort des Lernens wieder ins Bewusstsein zu holen und damit den ersten Schritt zurück in Richtung Normalität zu gehen. Aus der Krise lernen In jeder Krise steckt auch eine Chance. In neuen Situationen lernen wir neue Seiten an uns kennen und entdecken Stärken in uns, die wir noch nicht kannten. Ein Gespräch darüber, wie sie die Situation der Schulschließung gut bewältigt haben, stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit bei den Schüler*innen und macht sie stolz und zuversichtlich. Hilfreiche Fragen, die Denkprozesse in diese Richtung anstoßen, könnten beispielsweise sein 2 : Wer war in der Zeit der Kontaktsperre für dich besonders wichtig? Wie hast du es geschafft, den Kontakt zu wichtigen Personen, die du nicht treffen durftest, aufrechtzuerhalten? Wer oder was hat dir geholfen, wenn du Sorgen hattest? Welche Freizeitbeschäftigungen haben dir gut getan? Wenn du einer anderen Person eine Handvoll Tipps (für jeden der fünf Finger einen) geben solltest, wie man eine Phase der Kontaktsperre gut bewältigen kann, welche wären das? Welche Tipps zum Lernen und zur Lernorganisation hast du nach dieser Phase für dich selbst und für andere? Welche Veränderungen durch die Corona-Phase möchtest du gerne beibehalten, wenn eines Tages die Corona-Phase ganz vorbei ist? 2 In Anlehnung an den Fragebogen Mein Erleben und Lernen in der Corona-Phase von Christa Becktepe, Gesamtschule Hennef-Meiersheide 4
5 Langsam einen neuen Alltag aufbauen In den ersten Tagen kann es noch sinnvoll sein, täglich einen Erzählkreis zu machen, um gemeinsam Unsicherheiten aus dem Weg zu räumen. Mit der Zeit sollte aber der Alltag einkehren. Schule kann jetzt wieder zu einem Ort werden, an dem die Dinge vorhersehbar sind, z.b. durch den Stundenplan, feste Pausenzeiten, gewohnte Rituale. Vielleicht braucht es auch neue Rituale, z.b. kontaktlose Begrüßungsrituale oder kontaktfreie Spielideen für die Pause. Auch bereits eingeführte Verfahrensabläufe könnten wiederholt und neue eingeübt werden (z.b. Händewaschen). Vielleicht haben auch Sie als Lehrkraft in der vergangenen Zeit Erkenntnisse und Ideen gewonnen, die Sie in die Gestaltung des Schulalltags einbringen möchten. Schüler*innen, die zusätzlichen Beratungsbedarf haben, sollten eher außerhalb des Klassenverbands die Gelegenheit bekommen, ihre Sorgen zu besprechen. Wir sind weiter für Sie da! Wir wünschen allen Lehrkräften, Eltern und ihren Kindern, dass sie gut und gesund durch diese herausfordernden Zeiten kommen. Bei Fragen rufen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne. Tel.: Diesen Leitfaden haben wir vorwiegend für die Klassen 1-7 erstellt, er kann von Ihnen aber auch für ältere Schüler*innen als Anregung genutzt werden. Umfangreiche weiterführende Informationen, Anregungen und Material für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler finden Sie unter Dort werden auch spezielle Informationen für die angehenden Abiturientinnen und Abiturienten zur Verfügung gestellt. 5
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