DIE EUROPÄISCHE NORM EN 343:2003 SCHUTZ GEGEN REGEN

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1 DIE EUROPÄISCHE NORM EN 343:2003 SCHUTZ GEGEN REGEN Herausgeber W. L. Gore & Associates Redaktionelle Unterstützung Petra Jackisch, Zentrum für Sicherheitstechnik, Erkrath, Deutschland

2 Geeigneter Schutz vor schlechten Witterungsbedingungen gehört zu den zentralen Funktionen von Schutzkleidung in der Arbeitswelt. Nicht zuletzt, weil ein erheblicher Teil der Beschäftigten teilweise oder überwiegend im Freien arbeitet. Doch vor dem Hintergrund europäischer Richtlinien, nationaler Gesetze und Verordnungen fällt es Arbeitgebern oftmals nicht leicht, die geeignete Schutzkleidung für ihre Beschäftigten auszuwählen. Die Ende 2003 veröffentlichte Europäische Norm EN 343:2003 "Schutz gegen Regen" bietet eine Möglichkeit, sich hier leichter zu orientieren. Diese Broschüre erläutert zunächst die Norm und gibt im zweiten Teil Hinweise zur Ausstattung der Beschäftigten mit Regenschutzkleidung.

3 Teil I DIE INHALTE DER EN 343:2003 Eine Europäische Norm ist eine technische Regel, die einheitlich festgelegte Standards für Produkte oder Materialien definiert. Eine harmonisierte Europäische Norm, die wie die EN 343:2003 im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht wurde, kann zum Nachweis der Einhaltung der in Gesetzen bzw. Verordnungen geforderten Anforderungen herangezogen werden. Sie ist damit ein in der Praxis häufig genutztes Hilfsmittel, um Produkte oder Materialien zu bewerten. Davon profitieren sowohl die Anbieter wie auch die Anwender. 1.Der Anbieter kann normgerechte Produkte oder Materialien leichter mit einer CE-Kennzeichnung versehen und in der EU vertreiben. 2.Der Anwender kann Produkte oder Materialien über die einheitlichen, normativen Anforderungen objektiv vergleichen. Zusätzlich zu der CE-Kennzeichnung informieren spezielle, in Normen festgeschriebene Kennzeichnungen über Merkmale und Leistungsklassen. 3

4 > > Die Sicherheit und der Gesundheitsschutz eines Arbeitnehmers nehmen in der Arbeitswelt in der EU eine bedeutende Stellung ein. Der Gesetzgeber in Deutschland beispielsweise hat hierzu das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) und das Arbeitsschutzgesetz sowie die entsprechenden Ausführungsbestimmungen erlassen. Während sich das GPSG auf die Beschaffenheit der Produkte bezieht, konzentrieren sich das Arbeitsschutzgesetz und die entsprechenden Verordnungen auf die Sicherheit des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz. Ist der Beschäftigte Regen oder schlechter Witterung ausgesetzt, wird eine angemessen schützende Bekleidung (PSA = Persönliche Schutzausrüstung) verlangt. Die Anforderungen, die Regenschutzkleidung erfüllen muss, sind über das Geräteund Produktsicherheitsgesetz festgelegt. DIE ZU PRÜFENDEN ANFORDERUNGEN Wasserdichtheit und Wasserdampfdurchlässigkeit sind die zentralen Anforderungen, auf die Materialien für Regenschutzkleidung geprüft werden. Im Mittelpunkt der EN 343:2003 stehen daher die entsprechenden Prüfverfahren: Die Wasserdichtheit bezieht sich auf den Durchtritt von Wasser von außen durch die Schutzkleidungsmaterialien (z.b. durch Regen, Nebel, Schnee). Die Wasserdampfdurchlässigkeit, im Sprachgebrauch zumeist "Atmungsaktivität" genannt, bezeichnet die physikalische Eigenschaft des Materials, Wasserdampf bzw. Schweiß von innen nach außen entweichen zu lassen. 4

5 > > Daneben gibt es in der EN 343:2003 Anforderungen an die Zugfestigkeit, Weiterreißfestigkeit, Nahtfestigkeit und Maßänderung des Materials: Die mechanischen Anforderungen der Zug-, Weiterreiß- und Nahtfestigkeit beziehen sich jeweils auf die außen gelegene Materialschicht der Schutzkleidung, bei Laminatverbindungen einschließlich der mit dem Außenmaterial fest verbundenen Schichten. Die Maßänderung wird für jede Materialschicht der Schutzkleidung einzeln überprüft, um zu verhindern, dass die Kleidung ihre Passfähigkeit verliert. DIE PRÜFVERFAHREN Die Schutzkleidungsmaterialien werden auf die zuvor genannten Anforderungen geprüft. Um dem Anwender eine Orientierung zu geben, wie wasserdicht bzw. wasserdampfdurchlässig (sprich: atmungsaktiv) Materialien für Regenschutzkleidung sind, werden in der EN 343:2003 für beide Eigenschaften jeweils drei Klassen definiert. Außerdem ist festgelegt, dass der Anwender über eine Kennzeichnung in der Regenschutzkleidung über die jeweilige Klasse des Materials informiert wird. EN 343 X X Klassenangabe zum Wasserdurchgangswiderstand (= Wasserdichtheit) Klassenangabe zum Wasserdampfdurchgangswiderstand (= Wasserdampfdurchlässigkeit) 5

6 WASSERDICHTHEIT Die Wasserdichtheit des Materials wird über den Wasserdurchgangswiderstand (Wp) geprüft. Dabei wird der hydrostatische Druck einer Wassersäule (in Pascal) gemessen, den das Material ohne Wasserdurchtritt aushält. Erreicht das Material ohne Vorbehandlung einen Wert von mindestens Pa, gehört es in Klasse 1. Wird es vor seiner Wasserdichtheitsprüfung definierten Vorbehandlungen ausgesetzt und erreicht einen Wert von bzw Pa, fällt es in Klasse 2 oder 3 je nach Höhe des gemessenen Drucks. Bei der Vorbehandlung wird das Material definierten Beanspruchungen ausgesetzt: Waschen und/oder Chemisch Reinigen, Scheuern, Knicken und Verunreinigen mit Kraftstoff und Öl. Bei jeder Vorbehandlungsart wird eine neue Materialprobe verwendet. Nähte werden im Neuzustand geprüft. KLASSE 1 KLASSE 2 KLASSE 3 <130 cm 130 cm 80 cm 80 cm Wp Pa Wp Pa Wp Pa ohne Vorbehandlung mit Vorbehandlung 1000 Pa = 10 cm Wassersäule = 0,01 bar 6

7 WASSERDAMPFDURCHLÄSSIGKEIT Die Prüfung der Wasserdampfdurchlässigkeit erfolgt über die Messung des Wasserdampfdurchgangswiderstands, der als R et bezeichnet wird. Je niedriger der R et Wert, desto höher ist die Wasserdampfdurchlässigkeit Atmungsaktivität des Materials und somit seine physiologische Eignung KLASSE 1 R et (m 2 Pa/W) KLASSE 2 KLASSE 3 Wesentliche Änderungen der EN 343:2003 gegenüber der bisher geltenden ENV 343:1998 < > > > WASSERDICHTHEIT Klasse 2 und 3: Auch Materialien, die auf der Außenseite beschichtet sind, werden vor der Prüfung auf Wasserdichtheit durch Scheuern vorbehandelt. WASSERDAMPFDURCHLÄSSIGKEIT Klasse 1: Schutzkleidung, deren Material einen Wasserdampfdurchgangswiderstand von mehr als R et 40 aufweist, muss mit einem Warnvermerk für begrenzte Tragezeiten versehen sein. Klasse 2: Der untere Grenzwert für den Wasserdampfdurchgangswiderstand von Materialien dieser Klasse wurde von R et 150 auf R et 40 geändert. 7

8 TRAGEZEITEMPFEHLUNG Da die Wasserdampfdurchlässigkeit des Materials von großer Bedeutung für die physiologischen Trageeigenschaften der Bekleidung ist, enthält die Norm eine Übersicht mit empfohlenen maximalen Tragezeiten für die einzelnen Leistungsklassen. Dabei werden vier verschiedene Umgebungstemperaturen bei einer konstanten körperlichen Anstrengung des Trägers angenommen. Zu beachten ist jedoch, dass eine veränderte körperliche Anstrengung des Trägers die empfohlenen Tragezeiten der jeweiligen Leistungsklasse beeinflußt. Für Regenschutzkleidung der Klasse 1 fordert die Norm den verbindlichen Abdruck der Übersicht in der Informationsbroschüre des Herstellers, so dass der Anwender auf mögliche Tragezeitbeschränkungen hingewiesen wird. Außerdem muss die Kennzeichnung in der Bekleidung den Warnhinweis auf Tragezeitbegrenzung enthalten. Zeit [h] Empfohlene maximale kontinuierliche Tragedauer nach EN 343: KLASSE 3 R et 20 KLASSE 2 20 < R et 40 KLASSE 1 40 < R et Temperatur [ C] Übersicht gilt für mittelschwere körperliche Anstrengung (150 W/m 2 ), Standard-Mann, bei 50% relativer Feuchte und einer Windgeschwindigkeit von v a =0,5m/s 8

9 DIE WESENTLICHEN ANFORDERUNGEN DER EN 343:2003 AUF EINEN BLICK Anwendungsbereich Prüfumfang Geprüfte Bestandteile der Schutzkleidung Klasseneinteilung zur Wasserdichtheit Vorbehandlung zur Prüfung der Wasserdichtheit Klasseneinteilung zur Wasserdampfdurchlässigkeit Tragezeitangaben Kennzeichnung Regenschutz Bewertung der Materialien, nicht der konfektionierten Kleidung Keine Prüfung der Wärmeisolierung und keine Kennzeichnung für ein herausnehmbares Thermofutter Klasse 1: Material ohne Vorbehandlung u. Nähte Pa Klasse 2: Material mit Vorbehandlung u. Nähte Pa Klasse 3: Material mit Vorbehandlung u. Nähte Pa Nähte werden nicht vorbehandelt Waschen / Chemisch Reinigen (5 Zyklen) Abrieb (für alle Materialien) (1.000 Zyklen) Knicken (9.000 Zyklen) Verunreinigung durch Kraftstoff und Öl Neue Klasseneinteilung: Klasse 1: R et > 40 Klasse 2: 20 < R et 40 Klasse 3: R et 20 Beispielhafte Empfehlungen zur Tragezeitbegrenzung bezogen auf die neue Klasseneinteilung der Wasserdampfdurchlässigkeit Piktogramm mit Klasseneinteilung; zusätzlich für Regenschutzkleidung mit Wasserdampfdurchlässigkeit der Klasse 1 Warnhinweis auf Tragezeitbegrenzung 9

10 Teil II HINWEISE ZUR AUSSTATTUNG DER BESCHÄFTIGTEN MIT REGENSCHUTZKLEIDUNG Die folgenden Fragen und Antworten sind vor allem für Arbeitgeber und Sicherheitsfachkräfte gedacht, die sich über die EN 343:2003 informieren möchten. 1.Wer ist für Europäische Normen zuständig? Für die Erarbeitung europäischer Normen (EN) ist das europäische Normungskomitee (CEN) zuständig. Mitglieder von CEN sind die nationalen Normungsinstitute, z.b. aus den Mitgliedstaaten der EU (DIN in Deutschland). In den Normungsgremien arbeiten Fachleute von z.b. Herstellern, Anwendern und Prüfinstituten aus verschiedenen europäischen Ländern gemeinsam an der Erstellung von Normen, welche die Produktanforderungen europaweit vereinheitlichen sollen. 2.Gehört Regenschutzkleidung zur persönlichen Schutzausrüstung (PSA)? Regenschutzkleidung für die Arbeitswelt fällt unter den Anwendungsbereich der EU-Richtlinie für Persönliche Schutzausrüstungen (PSA). Diese soll sicherstellen, dass PSA geeignet ist, den Träger vor Unfall- oder Gesundheitsgefahren zu schützen. In Deutschland unterliegt die Beschaffenheit von PSA dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz. Auf der PSA ist eine CE- Kennzeichnung angebracht, die zeigt, dass das Produkt den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen entspricht. 3.Muss die bisher genutzte Regenschutzkleidung nun durch Schutzkleidung nach EN 343:2003 ersetzt werden? Eine neue Norm erfordert nicht automatisch die Beschaffung neuer Schutzkleidung. 10

11 Nach der PSA-Benutzungsverordnung muss Persönliche Schutzausrüstung, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird, den Anforderungen des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes entsprechen. In Gebrauch befindliche Schutzkleidung, die bislang als richtlinienkonform eingeschätzt wurde, kann grundsätzlich weiterhin genutzt werden. Bei der Benutzung von Regenschutzkleidung sollte jedoch darauf geachtet werden, welche Leistungsmerkmale sie mitbringt. Die Kennzeichnung der Schutzkleidung und die Informationsbroschüre des Herstellers geben Aufschluss darüber, welche Prüfgrundlage bei der Herstellung der Regenschutzkleidung herangezogen wurde. 4.Muss neue Regenschutzkleidung die EN 343:2003 erfüllen? Für die Produktbeschaffenheit sind nicht Normen ausschlaggebend, sondern die gesetzlichen Vorgaben, d.h. die EU-Richtlinie bzw. das GPSG. Die EN wird allerdings in den meisten Fällen als Hilfsmittel zur Bewertung des Produktes herangezogen. Sie erleichtert den Produktvergleich und damit die Auswahl. 5. Woran erkennt man die "richtige" Regenschutzkleidung? Die "richtige" Regenschutzkleidung kann immer nur mit Blick auf den vorgesehenen Einsatz bestimmt werden. Wenn aus der Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz abgeleitet wird, dass Regenschutzkleidung erforderlich ist, sind entsprechend den Arbeitsbedingungen unter Berücksichtigung z. B. der genauen Tätigkeit, der Arbeitsdauer, etc. die erforderlichen Leistungsmerkmale festzulegen. Auf dieser Grundlage erfolgt dann die Auswahl einer geeigneten Regenschutzkleidung. 11

12 Die Norm EN 343:2003 ist erhältlich beim Beuth-Verlag des Deutschen Instituts für Normung ( Weitergehende Informationen zu den Inhalten der Norm, den in der Norm beschriebenen Leistungsanforderungen und Prüfverfahren der Regenschutzkleidung sowie Hinweise zu bestimmten Schutzkleidungsklassen können Prüfinstitute, Fachhandel oder Hersteller liefern. Sollten Sie detaillierte Fragen zu der Auswahl einer geeigneten Regenschutzkleidung haben, wenden Sie sich an Ihren zuständigen Unfallversicherungsträger oder an den Fachausschuss Persönliche Schutzausrüstungen. W. L. Gore & Associates GmbH Tel.: W. L. Gore & Associates GmbH. D 851. TEGT3267L02.