Von der Pflegestufe zum Pflegegrade: Versorgungsaufwände und Leistungen in der pflegerischen Versorgung
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- Maya Schuler
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1 Von der Pflegestufe zum Pflegegrade: Versorgungsaufwände und Leistungen in der pflegerischen Versorgung Deutscher Pflegetag 2015 am in Berlin Prof. Dr. Heinz Rothgang Zentrum für Sozialpolitik Universität Bremen
2 Projekt und Projektbeteiligte Evaluation des NBA: Erfassung von Versorgungsaufwände in stationären Einrichtungen (EVIS) Modellprojekt zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung gemäß 8 Abs. 3 SGB XI unterstützt vom GKV- Spitzenverband und vom Bundesministerium für Gesundheit Projektleitung: Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) der Universität Bremen Ostfalia Hochschule NBA-Erhebung: MDK-Gemeinschaft Softwareentwicklung: EVOCURA GmbH Datenmanagement: Kompetenzzentrum für Klinische Studien Bremen (KKSB) Prof. Dr. Heinz Rothgang 2
3 Übersicht I. Hintergrund und Fragestellung der Studie II. Methodisches Vorgehen III. Stichprobe IV. Zentrale Ergebnisse der Studie V. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff: Wunsch und Wirklichkeit Prof. Dr. Heinz Rothgang 3
4 Übersicht I. Hintergrund und Fragestellung der Studie II. Methodisches Vorgehen III. Stichprobe IV. Zentrale Ergebnisse der Studie V. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff: Wunsch und Wirklichkeit Prof. Dr. Heinz Rothgang 4
5 Hintergrund Bei Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs müssen die Leistungshöhen der neuen Pflegegrade festgelegt werden Der Expertenbeirat hat dazu Modellrechnungen vorgelegt, aber keine Empfehlungen abgegeben Gleichzeitig stellt der Expertenbeirat fest: In der stationären Versorgung (...) können mit empirischen Studien zum professionellen Pflegeaufwand Hinweise gewonnen werden, die die fachliche Begründung von Leistungshöhen und -spreizungen unterstützen können. (Bericht des Expertenbeirats, S. 9, Ziffer 11) Mit der Studie wird versucht, diesen Auftrag umzusetzen. Gleichzeitig wird eine Baseline geschaffen, die es ermöglicht, später die Effekte der Pflegereform zu ermitteln. Prof. Dr. Heinz Rothgang 5
6 Fragestellungen der Studie 1. Welche gesundheitlichen, betreuerischen und pflegerischen Leistungen werden bei den Bewohner(inne)n durchgeführt? Baseline-Zielsetzung 2. Welche Zeitaufwände liegen hierfür, differenziert nach den einzelnen Pflegegraden des NBA, vor und in welchem Verhältnis stehen die Zeitaufwände nach Pflegegraden 3. Sind die Zeitaufwände pro Pflegegrad für somatisch und kognitiv Beeinträchtigte gleich hoch? 4. Wie homogen oder heterogen sind die Pflegegrade hinsichtlich des Pflegeaufwands und wie stark überlappen sie? Prof. Dr. Heinz Rothgang 6
7 Übersicht I. Hintergrund und Fragestellung der Studie II. Methodisches Vorgehen III. Stichprobe IV. Zentrale Ergebnisse der Studie V. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff: Wunsch und Wirklichkeit Prof. Dr. Heinz Rothgang 7
8 Studiendesign und Studienverlauf * Bewohner 39 ** Einrichtungen 7 *** Bundesländer * MW = 44 Bew./Einrichtung MAX = 56 Bewohner MIN = 19 Bewohner ** 40 Eingeworben 4 kurzfristig abgesprungen 3 nachrekrutiert *** Mecklenburg- Vorpommern, Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Baden- Württemberg, Nordrhein- Westfalen, Saarland Prof. Dr. Heinz Rothgang 8
9 Studiendesign und Studienverlauf Pflegestufe Bestehende Pflegestufen der Heimbewohner Bewohner NBA Begutachtungen durch den MDK Erfassung der Pflegeinterventionen Ermittlung des Pflegegrades Prof. Dr. Heinz Rothgang 9
10 Studiendesign und Studienverlauf Pflegestufe Bestehende Pflegestufen der Heimbewohner Bewohner NBA Begutachtungen durch den MDK Erfassung der Pflegeinterventionen Ermittlung des Pflegegrades Prof. Dr. Heinz Rothgang 10
11 Studiendesign und Studienverlauf Anwendung des NBA Durchführung erfolgte durch geschulte Gutachter der MDK in enger Abstimmung mit dem MDS Das NBA wurde in der Regel nach der Leistungserfassung innerhalb von 14 Tagen durchgeführt (je nach Absprache auch vor der Leistungserfassung) Alle erhobenen Daten wurden personenbezogen erhoben, werden aber pseudonymisiert ausgewertet MDK Prof. Dr. Heinz Rothgang 11
12 Studiendesign und Studienverlauf Pflegestufe Bestehende Pflegestufen der Heimbewohner Bewohner NBA Begutachtungen durch den MDK Erfassung der Pflegeinterventionen Ermittlung des Pflegegrades Prof. Dr. Heinz Rothgang 12
13 Studiendesign und Studienverlauf Ermittlung des Pflegeaufwands Erhebung des Pflegeaufwands erfolgt über eine mobile Datenerfassung mit hinterlegtem Leistungskatalog Es werden direkte und indirekte Leistungen erhoben: direkte Leistungen (am Bewohner); Gruppenleistungen indirekte Leistungen (bewohnerfern) Es wird nach Leistungsformen differenziert: vollständige Übernahme (VÜ) teilweise Übernahme (TÜ) Anleitung (A) Beaufsichtigung (B) Kombinationen (A/B; A/TÜ; B/TÜ; A/B/TÜ; VÜ) Prof. Dr. Heinz Rothgang 13
14 Studiendesign und Studienverlauf Ermittlung des Pflegeaufwands Eigene Entwicklung eines Leistungskatalogs Zentrales Kriterium bei der Entwicklung: Nähe zur gängigen Dokumentationspraxis in stationären Pflegeeinrichtungen Der Leistungskatalog gliedert sich nach Leistungsgruppen: Pflege: Leistungskomplexe und Einzelleistungen, abgeleitet aus der EVOCURA-Pflegedokumentation Betreuung: Pflegerichtlinie zu 87b, GKV-Schrift (Band 9) Physiotherapie*: KTL, Heilmittelkatalog (HK) Ergotherapie*: Indikationskatalog der DVE, KTL, HK Soziale Arbeit*: SozOPS-G, OPS-DVSG * Beschäftigte, die über den Personalschlüssel laufen Prof. Dr. Heinz Rothgang 14
15 Studiendesign und Studienverlauf Ablauf der Datenerhebung in einer Einrichtung Phase 1: Erstellung der Tagesstrukturpläne für die an der Studie teilnehmenden Bewohner Phase 2: Datenerhebung Phase 3: Abschluss der Datenerhebung Zeitraum: Parallele und kontinuierlich fortlaufende Datenerhebung 23. Juni bis 10. November 2014 Prof. Dr. Heinz Rothgang 15
16 Übersicht I. Hintergrund und Fragestellung II. Methodisches Vorgehen III. Stichprobe IV. Zentrale Ergebnisse der Studie V. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff: Wunsch und Wirklichkeit Prof. Dr. Heinz Rothgang 16
17 Anzahl der Bewohner Beschreibung der Stichprobe In die Stichprobe einbezogene Bewohner je Bundesland N = BW HB MV NI NW RP SL Bundesland Prof. Dr. Heinz Rothgang 17
18 Beschreibung der Stichprobe Erhobene Leistungen Aktivitäten Anzahl der Aktivitäten Prof. Dr. Heinz Rothgang 18
19 Repräsentativität der Stichprobe: Geschlecht Datenvergleich mit 90% Pflegestatistik 2011 (DESTATIS 2013) Daten der Sozialen Pflegeversicherung des BMG ( ) 80% 70% ZES SPV 75% 71% 74% 60% DESTATIS 50% 40% 30% 25% 29% 26% 20% 10% 0% männlich weiblich Prof. Dr. Heinz Rothgang 19
20 Repräsentativität der Stichprobe: Pflegestufen Datenvergleich mit 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% Pflegestatistik 2011 (DESTATIS 2013) Daten der Sozialen Pflegeversicherung des BMG ( ) 3% 0% 1% 41% 37% 37% 40% 38% 37% 23% 22% 20% ZES SPV DESTATIS 1% 0% 0% HF Prof. Dr. Heinz Rothgang 20
21 Repräsentativität der Stichprobe: Alter Datenvergleich mit 30% 25% 20% 15% 10% 5% Pflegestatistik 2011 (DESTATIS 2013) Daten der Sozialen Pflegeversicherung des BMG ( ) 11% ZES SPV DESTATIS 5% 3% 3% 4% 3% 2% 2% 3% 8% 7% 5% 14% 12% 12% 21% 20% 17% 27% 25% 26% 24% 23% 23% 0% und mehr Prof. Dr. Heinz Rothgang 21
22 Repräsentativität der Stichprobe: PEA-Anteile Datenvergleich mit Pflegestatistik 2011 (DESTATIS 2013) Daten der Sozialen Pflegeversicherung des BMG ( ) 120% 100% 80% 60% 40% ZeS BARMER GEK Brucker et al % 46% 47% 72% 69% 67% 95% 88% 86% 20% 0% PS I PS II PS III Prof. Dr. Heinz Rothgang 22
23 Übersicht I. Hintergrund und Fragestellung der Studie II. Methodisches Vorgehen III. Stichprobe IV. Zentrale Ergebnisse der Studie V. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff: Wunsch und Wirklichkeit Prof. Dr. Heinz Rothgang 23
24 Versorgungsaufwand der Pflegegrade Die Mittelwerte der Versorgungsaufwände steigen mit den Pflegegraden, dabei ist die Steigerung ist in den Pflegegraden 1-4 annähernd linear Von Pflegegrad 4 zu Pflegegrad 5 steigen die Versorgungsaufwände in geringerem Umfang Die Aufwände für Grundpflege steigen, aber Die Aufwände für Soziale Betreuung sinken Das NBA funktioniert : Höhere Versorgungsaufwände korrespondieren mit höheren Pflegegraden Die resultierenden Aufwandsrelationen bieten wichtige Hinweise zur Gestaltung des Leistungsrechts Prof. Dr. Heinz Rothgang 24
25 Versorgungsaufwand nach EA PEA weisen in gleicher Pflegestufe erheblich höherer Aufwände auf als Personen ohne EA EA wird in alter Begutachtung unzureichend gewürdigt PEA weisen in gleichem Pflegegrade etwas höhere Versorgungsaufwände auf als Personen ohne eingeschränkte Alltagskompetenz Werden Personen mit kognitiven und somatischen Einschränkungen nach NBA miteinander verglichen verschwindet der Effekt aber Das NBA ist in der Lage, kognitive und somatische Einschränkungen angemessen und vergleichbar zu erfassen Prof. Dr. Heinz Rothgang 25
26 Homogenität der Versorgungsaufwände Die Versorgungsaufwände innerhalb der Pflegestufen sind sehr heterogen Innerhalb der Pflegegrade sind die Versorgungsaufwände ähnlich heterogen Das NBA trägt nicht dazu bei, die Heterogenität innerhalb der gleichen Einstufung von Pflegebedürftigkeit zu reduzieren Prof. Dr. Heinz Rothgang 26
27 Übersicht I. Hintergrund und Fragestellung der Studie II. Methodisches Vorgehen III. Stichprobe IV. Zentrale Ergebnisse der Studie V. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff: Wunsch und Wirklichkeit Prof. Dr. Heinz Rothgang 27
28 Wunsch und Wirklichkeit I Mythos I: Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff erhalten Menschen mit Demenz erstmals angemessene Pflegeversicherungsleistungen Realität: 2006 war tatsächlich eine eklatante Benachteiligung von Menschen mit Demenz zu beobachten Durch die Leistungsausweitungen für PEA im PfWG und im PNG ist diese Ungleichbehandlung zu erheblichen Teilen aufgehoben Bsp: PS 0 + PEA: 208 ( 45b) ( 123) = 433 PS I : 468 ( 36) Gefahr: Das PSG II bringt für MmD nur noch begrenzte Leistungsverbesserungen Enttäuschung ist vorprogrammiert Prof. Dr. Heinz Rothgang 28
29 Wunsch und Wirklichkeit II Mythos II: Der neue Pflegebedürftigkeit führt zur Abschaffung der Minutenpflege Realität: Minutenpflege im Sinne von Akkordpflege wird durch das Leistungserbringungsrecht, durch die Vergütung, geschaffen. Diese wird durch das NBA nicht berührt. Das NBA schafft Minutenwerte lediglich im Leistungsrecht ab. Die Minutenpflege muss an einer anderen Stelle bekämpft werden Prof. Dr. Heinz Rothgang 29
30 Wunsch und Wirklichkeit III Mythos III: Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff führt automatisch zu einem neuen Pflegeverständnis Realität: Das NBA ist lediglich ein Instrument zur Feststellung von Leistungsansprüchen. Das Leistungserbringungsrecht ist nicht betroffen. Auch derzeit muss Pflege auf dem allgemein anerkannten Stand der medizinisch-pflegerischen Erkenntnisse erfolgen unabhängig vom Verfahren zur Ermittlung der Leistungsansprüche Nach Einführung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs ändert sich bei der Leistungserbringung daher zunächst nichts Soll das erweiterte Pflegeverständnis, dass das NBA prägt, in den Pflegealltag einziehen, muss dies von den Vertragspartnern festgelegt werden (z.b. 75 SGB XI) Prof. Dr. Heinz Rothgang 30
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