45. Kongress für Allgemein- und Familienmedizin der DEGAM

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1 45. Kongress für Allgemein- und Familienmedizin der DEGAM Salzburg, September 2011 Paris Lodron Universität Salzburg, Große Aula Polypharmakotherapie im Spannungsfeld zwischen Klinik und Hausarzt.

2 Inhaltsverzeichnis Programm und Organisation... 2 Grußwort... 3 Programmübersicht... 4 Abstracts Keynotes Symposien Workshops Poster-Präsentationen Nachgereicht Autorenindex Impressum: Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg - Privatstiftung, Strubergasse 21, A-5020 Salzburg, Telefon: +43 (0)662 / , Haftungsausschluss: Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität erklärt hiermit ausdrücklich, dass sie soweit auf der gms-website auf Inhalte Dritter verwiesen wird für die Inhalte der verlinkten Sites keine Verantwortung übernimmt. Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität erklärt ferner ausdrücklich, dass sie für die Richtigkeit sämtlicher Inhalte und Angaben in den veröffentlichten Abstracts keine Verantwortung übernimmt, da diese ausschließlich bei den Autorinnen und Autoren liegt. 1

3 Programm und Organisation Forum Medizin 21 Kongress der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Internet: Kongress für Allgemein- und Familienmedizin der DEGAM Deutsche Gesellschaft für Allgemeinund Familienmedizin (DEGAM) Internet: (Kooperationsveranstaltung) Kooperationspartner Deutsche Gesellschaft für Allgemeinund Familienmedizin (DEGAM) Österreichische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM) Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SÜGAM) Universität Salzburg Veranstalter Paracelsus Medizinische Privatuniversität Strubergasse Salzburg Österreich Tel.: +43 (0)662 / Internet: Entwicklungsgruppe Prof. Dr. Günther Bernatzky, Salzburg Dr. Reiner Brettenthaler, Salzburg Dr. Christoph Dachs, Salzburg Dr. Thomas Diller, Salzburg Prim. Dr. Reinhold Fartacek, Salzburg Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Iglseder, Salzburg Dr. Michael Nake, Salzburg Prof. Dr. Andreas Sönnichsen, Salzburg Wissenschaftliche Leitung / Tagungspräsident Univ.-Prof. Dr. Andreas Sönnichsen Vorstand des Instituts für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität andreas.soennichsen@pmu.ac.at Wissenschaftliches Programmkomitee 2011 Prof. Dr. Attila Altiner, Rostock (D) Prof. Dr. Antje Bergmann, Dresden (D) Prof. Dr. Günther Bernatzky, Salzburg (A) Dr. Christoph Dachs, Salzburg (A) Prof. Dr. Norbert Donner-Banzhoff, Marburg (D) Edmund Fröhlich, Frankfurt (D) Dr. Reinhold Glehr, Hartberg (A) Dr. Christian Haffner, Frankfurt (D) Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Iglseder, Salzburg (A) Dr. Simon Kostner, Bozen (I) Dr. Christiane Muth, Frankfurt (D) Dr. Giuliano Piccoliori, San Christina (I) Dr. Susanne Rabady, Windigsteig (A) Prof. Dr. Martin Scherer, Hamburg (D) Prof. Dr. Antonius Schneider, München (D) Dr. Jochen Schuler, Salzburg (A) Prof. Dr. Andreas Sönnichsen, Salzburg (A) Mag. Katharina Tschernutter, Salzburg (A) Organisatorische Leitung / Kongressmanagement Mag. Katharina Tschernutter Kongressbüro der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Mobil: +43 (0)699 / k.tschernutter@pmu.ac.at 2

4 Grußwort Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr herzlich begrüße ich Sie auf dem dritten Forum Medizin 21 der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg. Nachdem wir uns im vergangenen Jahr sehr allgemein mit evidenzbasierter Medizin beschäftigt haben, gehen wir in diesem Jahr einer ganz speziellen Fragestellung nach, bei der uns die Studienevidenz bisher meist im Stich lässt: Polypharmakotherapie. Wer kennt nicht jenen Arztbrief, auf dem die Medikation eine ganze Seite einnimmt - und die dazugehörige 82jährige Patientin, die uns - gerade aus dem Spital entlassen - mit der ängstlichen Frage konfrontiert: Herr Doktor, muss ich das wirklich alles nehmen? Die Patientin wird mit Ramipril, HCT und Amlodipin in den Blutdruck-Zielbereich therapiert, bekommt wegen ihres Stents nach Infarkt Clopidogrel, ASS, Metoprolol, Simvastatin und Ezetimib, ihr Diabetes mellitus Typ 2 wird mit Metformin, Glimepirid und Pioglitazon in seine Schranken verwiesen, nicht zu vergessen der Magenschutz mit Pantoprazol und die MCP-Tropfen gegen permanente Übelkeit. Zur Nacht benötigt sie Zolpidem, und Citalopram hellt ihre negative Grundstimmung auf. Als langjähriger Hausarzt kennt man die Patientin gut mit einem Gefühl von Unbehagen und Mitleid setzt man den Rotstift an. Aber was machen wir da eigentlich? Wo ist die Evidenz für unser Tun? Sind Studienergebnisse, die an meist jüngeren Patienten mit einer bestimmten Zielerkrankung gewonnen wurden, auf ältere, polymorbide Patienten übertragbar? Von welchem Medikament profitiert der Patient wirklich? Wo richtet die Kombination mehr Schaden als Nutzen an? Und dann die vielleicht schwierigste Frage: kann hier ein Konsens zwischen Klinikern und Hausärzten hergestellt werden? Diesen spannenden Fragen wollen wir auf dem diesjährigen Forum Medizin 21 in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM), der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM) und der Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SÜGAM) nachgehen, wobei unsere Tagung gleichzeitig der 45. Jahreskongress der DEGAM ist und wir uns freuen und stolz darauf sind, die Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland und Südtirol zu diesem wichtigen Thema in Salzburg begrüßen zu dürfen. Neben unserem Schwerpunktthema Polypharmakotherapie soll unsere Tagung auch ein Forum für das gesamte Spektrum allgemeinmedizinischer Tätigkeit und Forschung sein. Es erwarten Sie hochkarätige Vorträge, praxisnahe Workshops und spannende Symposien mit Beiträgen aus der allgemeinmedizinischen Lehre und Forschung im gesamten deutschsprachigen Raum. Wir möchten mit Ihnen ins Gespräch kommen und wünschen Ihnen spannende und Ihre berufliche Tätigkeit bereichernde Tage in Salzburg! Wir freuen uns auf diesen Kongress, wir freuen uns auf Sie! Herzlichst Ihr Univ.-Prof. Dr. Andreas Sönnichsen Vorstand des Instituts für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität 3

5 Programmübersicht Donnerstag, 22. September Zeit Ort Art der Veranstaltung Thema Vortragende/r 9:00-12:30 HS 7 PMU Pre-Conference JAMÖ, JADE Vorkonferenz M. Schimdt, J. Baumgartner DEGAM-Nachwuchsakademie A. Bergmann Forschung in und mit Hausarztpraxen ein Spagat zwischen 12:00-15:30 HS 103 angestellte und Mitarbeiter der universitären Allgemeinmedizin Pre-Conference wissenschaftlichem Gold Standard und Praxisalltag? Ein A. Namyst & C. Muth, Workshop a Preconference-Workshop für Hausärzte, Medizinische Fach- Frankfurt 12:00-13:30 HS 106 Pre-Conference Workshop b 13:30-14:00 Foyer PAUSE 12:00-13:45 HS 101 Pre-Conference Workshop c 14:00-15:30 HS :00-15:30 HS Wie können Hausarztpraxen zur Studienteilnahme gewonnen werden? Evidenz und Fallbeispiele erfolgreicher Rekrutierungsstrategien. Wie können Hausarztpraxen während laufender Forschungsprojekte (ein-)gebunden werden? Erfahrungsberichte zu Praxisbetreuung und Kommunikation. Wie kann allgemeinmedizinische Forschung verstetigt werden? Ein Ausblick anhand aktueller Initiativen und Konzepte für Forschungspraxisnetzwerke. Wie können sich unsere Patienten gesund entwickeln? Salutogene Kommunikation mit chronisch Kranken. Komplementäre Medizin, Praxis und Lehre - in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Naturheilkunde e.v. 1 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen Impulsreferate von J. Bleidorn, Hannover; M. Pentzek, Düsseldorf; Z. Albay, Frankfurt; Friederike Müller, Jena Impulsreferate von S. Korsatko, Graz; M. Leifermann, Frankfurt; H. Heiskel, Frankfurt; S. Bösner, Marburg Vorstellung von Konzepten und aktuellem Stand der Forschungsnetzwerke "FoPraNet" durch J. Hauswaldt, Hannover und "ForN" durch M. Beyer, Frankfurt T. D. Petzold, Bad Gandersheim D. Jobst, Bonn D. Jobst, J. Langhorst, Essen 2 Irritables Colon - ein komplementärmedizinisches Modull des Instituts für hausärztliche Fortbildung D. Jobst, Bonn 3 Lehre und Prüfungen in der Komplementärmedizin - Konzepte und erfahrungen aus Heidelberg S. Joos, Heidelberg 4 Komplementärmedizinische Lehre an der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg U. Daig, Magdeburg 5 Komplementärmedizinische Ansätze in der Schmerztherapie G. Bernatzky, Salzburg Pre-Conference Arbeitsgruppe Psychosomatik in der Allgemeinmedizin: I. Veit, Becker, Rüter, Workshop d Wir stellen vor, was wir tun. T.D. Petzold, Hermann 1 Was sind Ziele und die Arbeitsweise der Arbeitsgruppe Psychosomatik in der Allgemeinmedizin I. Veit,Herne / Becker 2 Lebenskunst in der Allgemeinmedizin wie erforschen wir G. Rüter, Benningen / T. D. das, was wir tun auf seine Wirksamkeit? Was sind wirksame Petzold, Bad Gandersheim Interventionen? Ein Denk- und möglicher Forschungsansatz Pre-Conference Workshop e Curriculäre Weiterbildung in der Allgemeinmedizin- wie kann die Beziehungs- gestaltung zwischen Arzt und Patient hinreichend Berücksichtigung finden? Brauchen wir eine fachbezogene Psychotherapie in der Allgemeinmedizin und wenn ja, was sind ihre Inhalte? Leitlinie funktionelle Störungen - Inhalte und unsere Position. Sollen Hausärzte im knappen Budget die Versorgung der funktionellen Störungen übernehmen? Arzneimitteltherapie in der Hausarztpraxis eine Herausforderung für die allgemeinmedizinische Lehre I. Veit, Herne M. Herrmann, Berlin Hermann, I. Veit H.-M. Schäfer, Frankfurt 4

6 14:00-15:30 HS 105 Pre-Conference Workshop f Der Hausarzt der Zukunft 14:00-15:30 HS 107 Pre-Conference Workshop g Manuelle Medizin bei akutem Rückenschmerz 15:30-16:00 Foyer PAUSE 16:00-17:30 HS 105 DEGAM-Sektionstreffen: Forschung HS 106 DEGAM-Sektionstreffen: Fortbildung HS 103 DEGAM-Sektionstreffen: Qualitätsförderung HS 104 DEGAM-Sektionstreffen: Studium und Hochschule HS 107 DEGAM-Sektionstreffen: Versorgungsaufgaben HS 122 DEGAM-Sektionstreffen: Weiterbildung 17:00-17:30 HS 101 Pressekonferenz 17:30-18:00 Foyer PAUSE 18:00-18:30 Große Aula Kongresseröffnung 18:30-20:00 Große Aula Podiumsdiskussion Eröffnung, Begrüßung, Grußworte Moderation: A. Sönnichsen Gesundheitspolitisches Forum: Wissenschaft trifft Politik - Zukunft der hausärztlichen Versorgung in Österreich und Deutschland Moderation: R. Schmid J. Baumgartner, Graz M. Hell, Axams A. Stöger (BM f. Gesundheit) O. Pjeta (Präs. Ref. d. ÖÄK) C. Klein (Gen.Dir.Stv. Hauptverband d. Ö. Soz.Vers.Tr.) H. Resch (Rektor PMU) F.M. Gerlach (Präs. DEGAM) R. Glehr (Präs. ÖGAM) S. Kostner (Präs. SÜGAM) A. Stöger (BM f. Gesundheit) C. Klein (HV) O. Pjeta (Präs. Ref. d. ÖÄK) F. Gerlach (Präs. DEGAM) R. Glehr (Präs. ÖGAM) U. Weigeldt (HÄV D) C. Euler (HÄV Ö) 5

7 Programmübersicht Freitag, 23. September vormittags Zeit Ort Veranstaltung Thema Vortragende/r Polypharmakotherapie in der allgemeinärztlichen Praxis CHAIR: R. Glehr, Hartberg & F.M. Gerlach, Frankfurt 08:30-09:15 Große Aula Keynote Customizing Drug Therapy for the Elderly - Combining Ethics, Evidence Based Medicine, and the Art of Medicine D. Garfinkel, Tel Aviv, Israel 09:15-09:20 Große Aula Ankündigung Progress-Test für Hausärzte - Ein medizindidaktisches Projekt Schuhmacher, Fischer, Witten 09:20-09:45 Foyer PAUSE 09:45-11:15 Große Aula Workshop I a Drugs to be Discontinued - D. Grafinkel, A. Sönnichsen, Why and How: the Garfinkel-Method C. Dachs, J. Schuler u.a. 09:45-11:15 HS 106 Workshop I g Ein neues Konzept für strukturierte, individualisierte Gesundheitsgespräche G. Schmiemann, Hannover 09:45-11:15 HS 105 Workshop I h Evidenzbasierte Bürokratie: Workshop zu Zielen und Fragestellungen U. Popert, Kassel 09:45-11:15 HS 101 Symposium I b Unangemessene Verordnungen und CHAIR: B. Panhofer, Ungenach & N. Enthaler, Salzburg unerwünschte Arzneimittelwirkungen 1 Wie häufig werden nicht-indizierte Protonenpumpeninhibitoren nach Krankenhausentlassung von Hausärzten weiterverordnet? D. Ahrens, Göttingen 2 PUMA- potentiell unangemessene Medikamente im Alter S. Kossow, Freiburg 3 Die PRISCUS-Liste Prävalenz von potentiell altersinadäquater Medikation in Alten- und Pflegeheimen K. Böhme, Freiburg 4 Potentiell inadäquate Medikation gemäß der Priscus-Liste bei älteren hausärztlichen Patienten mit Polypharmazie D. Koper, Salzburg 5 Unerwünschte Arzneimittelwirkungen in der Hausarztpraxis: Eine repräsentative Studie B. Weltermann, Essen 6 Polypharmazie und der Einsatz ungeeigneter medikamente in der hausärztlichen Versorgung - eine Sekundäranalyse T. Zimmermann, Hamburg der AgeCoDe-Studie 09:45-11:15 HS 107 Symposium I c Leitlinien CHAIR: S. Kostner, Bozen & H.C. Vollmar, Witten 1 Informationen zum Update der DEGAM-Leitlinie Nr. 7 Ohrenschmerzen M. Hänsel, Hamburg 2 Der normative Prozess der Leitlinienentwicklung am Beispiel der beiden interdisziplinären Leitlinien zu Fibromyalgie und M. Herrmann, Magdeburg Funktionellen Störungen 3 Leitlinienbasierte Entwicklung von Qualitätsindikatoren: eine systematische übersicht. T. Kötter, Hamburg 4 DEGAM-Leitlinien als App für Mobiltelefone Einsatz in der hausärztlichen Praxis und erstes Feedback U.-M. Waldmann, Ulm 5 Inwieweit wird die tägliche Praxis durch die vorhandenen Leitlinien informiert? Ergebnisse einer Querschnitts-Studie B. Pflanz, Heidelberg 6 Die medikamentöse Behandlung von Patienten mit arterieller Hypertonie in der Hausarztpraxis Ein Abgleich mit bestehenden Leitlinienempfehlungen Bösch, Freiburg 6

8 09:45-11:15 HS 103 Symposium I d Hausärztliche Diagnostik CHAIR: W. Spiegel, Wien & O. Hirsch, Marburg 1 Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Beinödemen eine qualitative Studie J. Diederich, Marburg 2 Diagnostische Treffsicherheit der Kombination eines Klinischen Scores (Wells) mit einem D-Dimer-Test zum Ausschluss einer tiefen Bein- L. El Tabei, Düsseldorf und Beckenvenenthrombose (TVT) in deutschen Hausarztpraxen 3 Brustschmerz und Koronare Herzkrankheit in der Primärversorgung: diagnostischer Nutzen des Marburger Herz-Score J. Haasenritter, Marburg 4 Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Kopfschmerz eine qualitative Studie S. Hartl, Marburg 5 KHK Ausschluss in der Primärversorgung: Validierung des Marburger Herz-Score S. Bösner, Marburg 6 Kann eine Streptokokkenangina klinisch diagnostiziert werden? T. Bachler, Innsbruck 09:45-11:15 HS 104 Symposium I e Geriatrie I: hausärztliche Konsultationen mit CHAIR: B. Iglseder, Salzburg älteren und hochbetagten Patienten & G. Piccoliori, San Christina Partizipative Behandlungsplanung mit älteren Patienten (PräfCheck): 1 Was bringt es, wenn sich Ärzte und Patienten partnerschaftlich über U. Junius-Walker, Hannover Gesundheits- und Behandlungsprioritäten austauschen? 2 Warum sprechen die Patienten nicht mit uns? Konsultationsverhalten und Erwartungen älterer Rückenschmerzpatienten J. Best, Marburg 3 Patientenverfügung auf neuen Wegen: Kontrollierte Studie zur Implementation des Advance Care Planning-Programms 'beizeiten begleiten' in Senioreneinrichtungen und kooperierenden J. In der Schmitten, Düsseldorf Versorgungsstrukturen einer Region 4 Betreuung von älteren Patienten mit Diabetes mellitus durch Hausärzte E. Mann, Rankweil 5 Versorgung am Lebensende aus Sicht von Patienten und Angehörigen: Realität, Anspruch und Visionen J. Bleidorn, Hannover 6 Die Bestimmung der Nierenfunktion und Konsequenzen für die Medikation bei hochbetagten Patienten M. Karsch-Völk, München 09:45-11:15 HS 122 Symposium I f Depressions- und Demenz-Behandlung CHAIR: J. Gensichen, Jena in der Primärversorgung & B. Fürthauer, Maishofen Behandlung depressiver Störungen in der Primärversorgung - 1 ein systematischer multi-treatment Review der randomisierten K. Linde, München Studien zu verfügbaren Behandlungen 2 Stellenwert von Johanniskraut-Extrakt in der Depressionstherapie eine nicht-interventionelle Studie in Hausarztpraxen B. Musselmann, Heidelberg 3 Selbstmanagementförderung bei Patienten mit Angst, Depression oder somatoformen Störungen in der hausärztlichen Versorgung E. Puschmann, Hamburg durch Kooperation zwischen Hausärzten und Pflegekräften 4 Die Verschreibung von Antidementiva im ersten Jahr nach der Demenzdiagnose Ein Vergleich des Verschreibungsverhaltens H. van den Bussche, Hamburg von Hausärzten und Nervenärzten 5 Kosteneffektivität eines praxisbasierten Case Managements für Patienten mit Depression J. Gensichen, Jena 6 Die Rolle von Depressivität in der Optimierung der Behandlung von Patienten mit Bluthochdruck A. Buchholz, Freiburg 11:15-11:30 Foyer PAUSE :30 Foyer Open Space Poster-Session 11:30-12:30 HS 101 Progress-Test für Hausärzte Schuhmacher / Fischer, Witten 12:30-13:30 HS 106 MITTAGSPAUSE Mittelbau-Treffen 12:30-13:30 HS 103 Sektionstreffen CAM 7

9 Programmübersicht Freitag, 23. September nachmittags Zeit Ort Veranstaltung Thema Vortragende/r Polypharmakotherapie und Patientensicherheit CHAIR: M. Lainer, Salzburg & M. Beyer, Frankfurt 13:30-14:15 Große Aula Keynote Patient Safty in Primary Care - the LINNEAUS initiative A. Esmail, Manchester 14:15-14:45 Große Aula Impulsreferat Polyphamakotherapie - das Dilemma der Leitlinien M. Gosch, Hochzirl 14:45-15:00 Große Aula Diskussion Polyphamacy and Patient Safety A. Esmail / M. Gosch 15:00-15:10 Große Aula Impulsreferat Die AG "WiForMFA" eine neu wachsende Arbeitsgruppe in der DEGAM stellt sich vor I. Schluckebier, Witten 15:10-15:30 Foyer PAUSE 14:30-17:30 HS 122 Workshop IIg Vorbereitung für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin M. Lohnstein, Augsburg 15:30-17:00 Große Aula Symposium II a Patientensicherheit CHAIR: M. Gosch,Hochzirl & C. Hofer-Dückelmann, Salzburg 1 Was wissen Patienten über ihre orale Antikoagulationstherapie? T. D. Hua, Göttingen 2 Dann nehme ich noch so was Pflanzliches Risiken der sogenannten sanften Medizin S. Brockmann, Bern 3 Verbessert der Einsatz der Frankfurter Patientensicherheitsmatrix die Sicherheitskultur in Hausarztpraxen? B. Müller, Frankfurt am Main 4 Patientensicht auf unerwünschte Ereignisse in der Primärversorgung: Eine systematische übersicht C. Heintze, Berlin 5 Führen computerunterstütze (IT) - Interventionen zur Verbesserung der Medikamentensicherheit in der Allgemeinmedizin-Praxis?: eine systematische Übersichtsarbeit M. Lainer, Salzburg von randomisiert kontrollierten Studien 6 Patientenpräferenzen bei der Darstellung von Informationen zu Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln: D. Simic, Witten Haben patientengerechte Broschüren einen Nutzen? 15:30-17:00 HS 104 Symposium II b CHAIR: M. van den Akker, Methodik pragmatischer Studien Maastricht und komplexer Interventionen & J. Rochon, Heidelberg 1 Entwicklung und Bewertung von komplexen Interventionen I. Mühlhauser, Hamburg 2 Gerinnungsmanagement im hausärztlichen Bereich A. Siebenhofer-Kroitzsch, Beispiel einer komplexen Intervention Frankfurt 3 Effekte eines KHK-Behandlungspfades auf L. Kramer, Marburg 4 die Lebensqualität von Patienten Untersuchung von Mediatoren des Interventionseffekts in kontrollierten Studien 15:30-17:00 HS 101 Symposium II c Allgemeinmedizinische Lehre 1 2 Lässt sich die kommunikative Kompetenz für die Bewältigung schwieriger Arzt-Patienten-Gespräche prüfen? Erfahrungsbericht über den Düsseldorfer CoMeD OSCE im 4. Studienjahr Seminarunterricht in der Allgemeinmedizin - Strukturierung durch Leitsymptome und Fallvignetten J. Rochon, Heidelberg CHAIR: H. Bachler, Innsbruck & A. Simmenroth, Göttingen A. Mortsiefer, Düsseldorf M. Tzschaschel, München 3 POL Polypharmakotherapie M. Ehrhardt, Hamburg 4 Wie effektiv ist der Einsatz von virtuellen Patienten in der Lehre im Fach Allgemeinmedizin? K. Weckbecker, Bonn 5 Praktisches Jahr Allgemeinmedizin Warum kommen Studierende in die Allgemeinmedizin und worin besteht ihr größter Lernbedarf? B. Huenges, Bochum 6 Die Kunst des Lehrens: Hochschuldidaktische Fortbildung für Lehrärzte ein vier Stunden Basismodul U. Schnell, Halle 8

10 15:30-17:00 HS 107 Symposium II d Versorgungsforschung und Epidemiologie Kinder und Jugendliche in der ambulanten hausärztlichen Versorgung in Sachsen. Ergebnisse der 4. Sächsischen Epidemiologischen Studie der Allgemeinmedizin (SESAM-4) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin Unterschiede in der Versorgung kardiovaskulärer Risikopatienten und Patienten mit koronarer Herzerkrankung (KHK) in europäischen Hausarztpraxen Inwiefern unterscheiden sich Menschen mit und ohne Demenz hinsichtlich Inanspruchnahmeraten und Dauer stationärer Versorgung? Epidemiologie von chronischen Krankheiten und Therapien in der Altersklasse über 70 Jahren Kasugraphie als Instrument zur Klassifizierung und Risikoabschätzung DFG-Nachwuchsakademie Versorgungsforschung - Konzept - Ablauf - Teilnehmerrückmeldungen 15:30-17:00 HS 103 Symposium II e Disease Management Programme :30-17:00 HS 106 Symposium II f Qualitative Forschung Hat sich die Versorgung von Patienten mit Asthma bronchiale in den bayerischen Hausarztpraxen seit der Einführung des Disease Management Programms Asthma verbessert? Nationale VersorgungsLeitlinie und Disease-Management- Programm Asthma Kommen die Inhalte bei den Patienten an? Eine Fragebogenstudie bei gesetzlich Versicherten in Deutschland Pharmakotherapie von DMP-Teilnehmern im Vergleich zu Nicht-Teilnehmern - Ergebnisse der ELSID-Studie Developing and Validating Disease Management Evaluation Methods for European Healthcare Systems (DISMEVAL): Auswirkungen der Anwendung verschiedener Matching-Methoden auf die Einschätzung von Effekten des DMP Diabetes Typ II Effektivität des österreichischen DMP Therapie Aktiv für Diabetes Typ 2 hinsichtlich Verbesserung der metabolischen Kontrolle, des Risikoprofils und der Leitlinienadhärenz - zwei Jahre Follow up Aktivtreff Diabetes Peer Support als neues Konzept im Diabetes Management Die Weiterverordnung von nicht-indizierten Protonenpumpenhemmern nach Krankenhausaufenthalt. Qualitative Interviews mit Hausärzten Einsatz von reinen und unreinen Placebos in der allgemeinmedizinischen Praxis Ergebnisse einer qualitativen Befragung Qualitätszirkel zur Modifikation von Verschreibungsgewohnheiten in der primärmedizinischen Versorgung eine qualitative Analyse Interkulturelle Medizin: Erwartungen und Erfahrungen chronisch kranker Patienten beim Hausarzt. Ergebnisse einer qualitativen Befragung von Patienten mit und ohne Migrationshintergrund Probleme und Lösungsansätze für einen rechtzeitigen bedarfsgerechten Zugang zu medizinischer Rehabilitation aus der ambulanten ärztlichen Versorgung Eine qualitative Studie Motivation und Sichtweisen von Ärzten, manuelle Medizin anzuwenden eine qualitative Studie CHAIR: M. Sprenger, Graz & K. Hoffmann, Wien K. Voigt, Dresden S. Ludt, Heidelberg M. Eisele, UKE - Hamburg G. Piccoliori, San Christina W. Fink, Straning M. Scherer, Hamburg CHAIR: G. Egidi, Bremen & C. Fürthauer, Pfarrwerfen A. Schneider, München B. Bücker, Witten A. Miksch, Heidelberg A. Erler, Frankfurt am Main M. Flamm, Salzburg H. Winkler, Salzburg CHAIR: K. Götz, Heidelberg & V. Bachmann, Marburg M. Wermeling, Göttingen K. Meissner, München W. Spiegel, Wien C. Bachmann, Hamburg S. Grundke, Halle-Wittenberg J. Steinhäuser, Heidelberg 9

11 15:30-17:00 HS 105 Workshop IIh Das hausärztliche Team in der Versorgungsforschung ein Workshop für Hausärzte, Medizinische Fachangestellte und wissenschaftliche Mitarbeiter der universitären Allgemeinmedizin 17:00-17:30 Foyer PAUSE 17:30-19:00 Große Aula Mitgliederversammlung der DEGAM 17:30-19:00 HS 103 Vorstandssitzung der OEGAM 17:30-19:00 Paracelsus Medizinische Privatuniversität 20:00-24:00 Festung Hohensalzburg, Rittersaal GESELLIGER ABEND Informelles Treffen: SAGAM - SÜGAM - Institut für Allgemeinmedizin der PMU A. Barzel, Hamburg & K. Mergenthal, Frankfurt am Main Programmübersicht Samstag, 24. September Zeit Ort Veranstaltung Thema Vortragende/r Polypharmakotherapie aus klinischer und hausärztlicher Sicht CHAIR: U.C. Hoppe, Salzburg & A. Sönnichsen, Salzburg 08:30-09:00 Große Aula Keynote [Multimorbidity and polypharmacy: concepts, challenges J. A. Knottnerus, in health care and the primary care research agenda] Maastricht 09:00-09:15 Große Aula Impulsreferat Strategies in pharmacotherapy of multimorbidity: M. van den Akker, is it always too many or sometimes too few? Maastricht 09:15-09:30 Große Aula Impulsreferat (Poly-)Pharmacotherapy of the Elderly: advantages B. Iglseder, and disadvantages of lists of inappropriate medication Salzburg 09:30-09:45 Große Aula Impulsreferat Less is More - The Triple win-win game of reducing polypharmacy D. Garfinkel, Tel Aviv 09:45-10:30 Große Aula Podiumsdiskussion Polypharmacy: what is actually known Knottnerus, van den Akker, and where are the current pitfalls? Garfinkel, Iglseder 10:30-11:00 Foyer PAUSE 11:00-12:15 HS 101 Symposium III b Aktuelle Polypharmakotherapie-Studien Die RIME Studie Eine clusterrandomisierte kontrollierte Studie zur Reduktion von potentiell inadäquater Medikation in der Hausarztpraxis Studienprotokoll Hausärztliche und Patientenperspektive zur Priorisierung und Optimierung der Schmerztherapie bei älteren, multimorbiden Patienten mit Multimedikation. Daten aus der PRIMUM- Pilotstudie (ISRCTN ) Hausärztliche Versorgung von Patienten mit Multimorbidität Entwicklung und Pilotierung einer Intervention PIL: Polyfarmacy Intervention Limburg. A randomized controlled trial evaluating a complex intervention to optimize medication prescription, using the stepped wedge design Polypharmacy: Reduction of Inappropriate Medication and Adverse Drug Events in Older Patients: a Randomized Controlled Trial - The PRIMA -Study CHAIR: J. Schuler, Salzburg & M. Flamm, Salzburg C. Müller, Hannover C. Muth, Frankfurt am Main H. Kaduszkiewicz, Hamburg M. van den Akker, Maastricht A. Sönnichsen, Salzburg 10

12 11:00-12:15 HS 103 Symposium III c Allgemeinmedizinische Lehre und Weiterbildung Analyse der Schulungstage des Programms Verbundweiterbildung plus Komplementärmedizin im Fokus der Medien Wie Medizinstudierende die kontroverse mediale Berichterstattung wahrnehmen STUDDY-Patenprogramm: Medizinstudierende unterstützen ältere Menschen in ihrer häuslichen Umgebung Ein Unterrichtskonzept für die Allgemeinmedizin Wie eine allgemeinmedizinische Station im Albertinen- Krankenhaus in Hamburg die Patientenversorgung verbessert und der hausärztlichen Nachwuchsförderung dient Entwicklung eines standardisierten Instruments zur Evaluation der Facharztweiterbildung Allgemeinmedizin während des stationären Weiterbildungsabschnitts 11:00-12:15 HS 104 Symposium III d Minderheitenprobleme in der hausärztlichen Praxis 11:00-12:15 HS 107 Symposium III e Hausärztliche Versorgung von Migranten: Kommunikationspräferenzen russisch-sprachiger Migranten vor dem Hintergrund in den Herkunftsländern erfahrener Sozialisation. Entwicklung und Evaluation einer Schulung zur Förderung der Selbstmanagementkompetenz von illiteraten türkischstämmigen Patienten - SITD Die Gesundheitsversorgung lesbischer Frauen ein Survey zu Inanspruchnahmeverhalten, Bedarf und Erwartungen Das Image des Hausarztes aus interkultureller Perspektive - eine qualitative Studie zur Sichtweise türkischer und deutscher Patienten Professionsentwicklung und Zukunftsperspektiven in der Allgemeinmedizin Klinische Studien in der Hausarztpraxis - Ergebnisse einer Befragung von Hausärzten zu Erfahrungen und Einstellungen Vergleich allgemeinmedizinischer Professionsentwicklung in Brasilien und Deutschland Die Rolle der kommunalen Ebene bei Strategien gegen den Hausärztemangel. Neuniederlassung im ländlichen Raum - Eine qualitative Analyse der individuellen Entscheidungshintergründe neuniedergelassener Hausärzte in Mecklenburg-Vorpommern 11:00-12:15 HS 122 Symposium III f Interprofessionalität und Praxisteam Medizinische Fachangestellte mit Migrationshintergrund in der Hausarztpraxis Erfahrungen von Hausärzten und Medizinischen Fachangestellten beim Zusammenschluss zum Schaafheimer Arzt- und Apothekenzentrum (SCHAAZ) Eine qualitative Evaluation Polypharmakotherapie: ein Einsatzgebiet für EVA? - Ergebnisse eines Pilotprojektes Salutogene Ressourcen im Berliner Gesundheitssystem: Eine Erhebung des Sense of coherence bei Fachärzten für Allgemeinmedizin, Fachärzten für Chirurgie und Medizinischen Fachangestellten CHAIR: M. Wendler, Graz & M. Ehrhard, Hamburg K. Jäckel, Heidelberg U. Daig, Magdeburg N. Holtz, Hamburg M. Groening, Hamburg A. Viniol, Marburg CHAIR: A. Altiner, Rostock & S. Kostner, Bozen V. Bachmann, Marburg C. Mews, Hamburg K. Löltgen, Marburg S. Uslu, Heidelberg CHAIR: S. Bösner, Marburg & J. Baumgartner, Graz F. Peters-Klimm, Heidelberg M. Herrmann, Magdeburg L. Scheidt, Heidelberg C. Löffler, Rostock CHAIR: A. Kalis, Salzburg & A. Ewers, Salzburg K. Mergenthal, Frankfurt l. Ulrich, Frankfurt am Main I. Schluckebier, Witten V. Braun, Berlin 11

13 11:00-12:15 HS 106 Symposium III g Freie Themen CHAIR: G. Kamenski, Angern & J. Haasenritter, Marburg 1 Implementierungsforschung und Wissenszirkulation - wichtig für die Allgemeinmedizin? H. C. Vollmar, Witten 2 Wiederfindung von 80 Krankheiten des Morbi-RSA in hausärztlichen Routinedaten - ICD-Kode oder Beratungsergebnis? J. Hauswaldt, Hannover 3 Veränderungen der bakteriellen Resistenzmuster von Escherichia coli im Primärversorgungsbereich in Österreich Wagner, Wien 4 Evidence-based Medicine Guidelines : Dissemination and Usage of an Online Compendium in four European Countries S. Rabady, Windigsteig 11:00-12:15 Große Aula Workshop III a Optimierung von Multimedikation in der Praxis - E. Mann, Rankweil Fallbeispiele für Hausärzte und Medizinische Fachangestellte S. Harder, H.-M. Schäfer 11:00-12:15 HS 105 Workshop III h Diagnosen-Kodierung in deutschen Praxen U. Popert, Kassel 12:15-13:00 Foyer PAUSE 13:00-14:30 Große Aula Symposium IV a Multimorbidität und Chronic Care CHAIR: B. Bücker, Witten & C. Muth, Frankfurt 1 Selbstwirksamkeitserwartung, Schmerzintensität und schmerzbedingte Beeinträchtigung bei multimorbiden S. Schulz, Jena Patienten mit Arthrose in der Primärversorgung 2 Hausarztpraxis-basiertes Case Management für chronisch kranke Patienten (PraCMan) Entwicklung, Prätest und T. Freund, Heidelberg Design einer cluster-randomisierten kontrollierten Studie 3 Diagnosenselektion für einen neuen medikationsbasierten Chronic Disease Score (BMBF-FZ: 01ET1004B) M. Freitag, Jena 4 Kosten-Nutzenbewertung der ACE-Hemmer-Therapie bei neu diagnostizierten Typ-2-Diabetikern in Deutschland A. Gandjour, Maastricht ein Markov-Modell 5 Validierung des deutschen Patient Assessment of Chronic Illness Care - Kurzform K. Götz, Heidelberg 6 Smooth - Strukturierte Langzeitnachsorge K. Schmidt, Jena 13:00-14:30 HS 101 Symposium IV b für Patienten nach Sepsis Systematische Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien Methodik systematischer Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien in der Primärversorgung Prävalenz und Ätiologie des Symptoms "Thpraxschmerz" in der hausärztlichen Praxis - eine systematische übersicht symptomevaluierender Studien Bauchschmerz als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit Müdigkeit als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit Kopfschmerzen in der Primärversorgung - häufig harmlos, aber wann gefährlich? Eine systematische Übersichtsarbeit CHAIR: N. Donner-Banzhoff & A. Becker, Marburg J. Haasenritter, Marburg T. Biroga, Marburg C. Keunecke, Marburg R. Stadje, Marburg K. Dornieden, Marburg 12

14 13:00-14:30 HS 103 Symposium IV c Geriatrie und Versorgung Pflegebedürftiger CHAIR: I. Schluckebier, Witten & A. Engel, Brixen 1 Möglichkeiten körperlicher Aktivität von W. J. Herrmann, Pflegeheimbewohnern aus der Bewohnerperspektive Berlin/Jena 2 Bewältigungsstrategien bei Multimorbidität - Eine qualitative Analyse über den Umgang älterer C. Löffler, Rostock Patienten mit multiplen chronischen Erkrankungen 3 Psychopharmaka-Polymedikation bei Patienten mit Demenz in Pflegeheimen - Sekundärdatenanalyse in S. Wilm, Witten-Herdecke Deutschland, Österreich und den Niederlanden 4 Hausärztliche Versorgung am Lebensende (HAVEL) die Rolle der Hausärzte in der palliativen Basisversorgung A. Lüthke, Göttingen 5 Evidenz basierte Empfehlungen für das Ernährungsmanagement in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen M. Schreier, Salzburg 6 Prospektive Studie zum Einfluss von Polypharmazie auf die Krankenhausaufnahme Berliner Studie zur Operationalisierung H. Knopf, Berlin von Multimorbidität und Autonomie im Höheren Alter (OMAHA) 13:00-14:30 HS 104 Workshop IV d Familienkreise zeichnen B. Panhofer, Ungenach 13:00-14:30 HS 107 Workshop IV e Evidenzbasierte Medizin versus Erfahrungsmedizin? J. Baumgartner, Graz 13:00-14:30 HS 122 Workshop IV f Rezertifizierung eine Alternative zum CME-Fortbildungs-System? G. Egidi, Bremen 13:00-14:30 HS 106 Workshop IV g Medikamentenrevision im niedergelassenen Bereich C. Hofer-Dückelmann, durch den Pharmazeuten: Ein Versuch zur Verbesserung A. Lasser der Patientensicherheit 14:30-15:00 Große Aula Verabschiedung Take-Home-Messages, Posterpreisverleihung und Farewell Resch, Gerlach, Glehr, Kostner, Sönnichsen 13

15 Abstracts Keynotes Polypharmakotherapie aus klinischer und hausärztlicher Sicht Polypharmakotherapie und Patientensicherheit Symposien Ib Unangemessene Verordnungen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen Ic Leitlinien Id Hausärztliche Diagnostik Ie Geriatrie I: Hausärztliche Konsultationen mit älteren und hochbetagten Patienten If Depressions- und Demenz-Behandlung in der Primärversorgung IIa Patientensicherheit IIb Methodik pragmatischer Studien und komplexer Interventionen IIc Allgemeinmedizinische Lehre IId Versorgungsforschung und Epidemiologie IIe Disease Management Programme IIf Qualitative Forschung IIIb Aktuelle Polypharmakotherapie-Studien IIIc Allgemeinmedizinische Lehre und Weiterbildung IIId Minderheitenprobleme in der hausärztlichen Praxis IIIe Professionsentwicklung und Zukunftsperspektiven in der Allgemeinmedizin IIIf Interprofessionalität und Praxisteam IIIg Freie Themen IVa Multimorbidität und Chronic Care IVb Systematische Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien IVc Geriatrie und Versorgung Pflegebedürftiger Workshops Preconference Workshops Workshops, Freitag, (Ig, Ih, IIg, IIh) Workshops, Samstag, (IIIh, IVd, IVe, IVf) Poster-Präsentationen 1 Freie Themen Polypharmakotherapie, Versorgungsqualität und Patientensicherheit I Polypharmakotherapie, Versorgungsqualität und Patientensicherheit II Patienteninformation, Patientenleitlinien, Patientenkompetenz und Shared Decision Making Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung, neue Versorgungskonzepte I Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung, neue Versorgungskonzepte II Weiter- und Fortbildungskonzepte sowie Forschung zur allgemeinmedizinischen Lehre I Weiter- und Fortbildungskonzepte sowie Forschung zur allgemeinmedizinischen Lehre II Epidemiologische und praxisepidemiologische Forschung I Epidemiologische und praxisepidemiologische Forschung II Freie Themen, Klinische Forschung, Leitlinien Nachgereicht Keynotes Workshops Autorenindex

16 Keynotes Polypharmakotherapie aus klinischer und hausärztlicher Sicht 001 (Poly-)Pharmakotherapie bei älteren Menschen: Vor- und Nachteile von PIM-Listen Bernhard Iglseder Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsgesellschaft mbh, Christian-Doppler-Klinik, Universitätsklinik für Geriatrie, Salzburg, Österreich Bei geriatrischen Patienten stellen inadäquate Medikamentenverordnungen einen wichtigen Risikofaktor für unerwünschte Arzneimittelereignisse (UAE) dar. Eine verzögerte renale Elimination und eine höhere Empfindlichkeit für anticholinerge und sedierende Effekte tragen zu einem erhöhten Risiko für alterstypische Komplikationen wie z.b. Stürze oder Verwirrtheitszustände bei. Aufgrund der im Alter meist vorherrschenden Multimorbidität sowie der veränderten Pharmakokinetik und Pharmakodynamik gelten viele Arzneimittel wegen ihrer pharmakologischen Wirkungen oder möglichen Nebenwirkungen als ungeeignet für ältere Menschen. Die Entwicklung Konsensus basierter Listen mit Medikamenten, die bei geriatrischen Patienten im Allgemeinen vermieden werden sollten, wird als eine mögliche Strategie angesehen, um die Qualität der medikamentösen Behandlung zu steigern. Für diese Listen hat sich der Begriff PIM, ein Akronym für potentiell inappropriate Medikation eingebürgert. Die erste solcher Listen wurde 1991 vom Geriater Mark H. Beers erstellt. Seither wurden international zahlreiche Medikationsempfehlungen für multimorbide ältere Patienten entwickelt, die sich aufgrund von Unterschieden bei Arzneimittelzulassungen, Verschreibungsverhalten sowie Therapieleitlinien sowohl formal als auch inhaltlich unterscheiden, nationale Kriterien sind daher grundsätzlich wünschenswert. Naturgemäß haben alle diese Listen Einschränkungen und sind nicht in prospektiven klinischen Studien überprüft. Die Frage des Nutzens von PIM-Listen ist derzeit nicht eindeutig zu beantworten. Mehrere retrospektive Studien fanden keinen Zusammenhang zwischen der Prävalenz von Beers- Kriterien PIM und UAE und stellen somit die Relevanz im Hinblick auf die Vermeidbarkeit von UAE in Frage. Dem gegenüber zeigte eine Analyse von epidemiologischen Studien vorwiegend aus den USA dass die Anwendung von Arzneimitteln der Beers-Liste liste sowohl bei Patienten aus dem ambulanten Bereich als auch aus Altenheimen mit einem erhöhten Hospitalisierungsrisiko verbunden ist, auch eine Assoziation mit einem erhöhten Sturzrisiko konnte demonstriert werden. Daneben wurde auch nachgewiesen, dass eine potentiell inadäquate Medikation über vermehrte Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte zu erhöhten Kosten führen kann. In einer rezenten Publikation konnte auch gezeigt werden, dass die STOPP-PIM-Kriterien nachhaltig eingesetzt werden können. Die Studie zeigte, dass die STOPP-Kriterien im Vergleich zur Beers-Liste eine wesentlich höhere Sensitivität für das Erfassen von potentiell schwerwiegenden UAE zeigen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Medikationsempfehlungen im Sinne von PIM Listen als Hilfestellung für verordnende Ärztinnen und Ärzte angesehen werden können. Naturgemäß können diese Listen nicht vollständig sein und sind im Einzelfall immer einer individuellen Beurteilung in Bezug auf Nutzen und Risiko zu unterwerfen. Eine kontinuierliche Wartung der Listen ist erforderlich, um auf Änderungen des Marktes und aktuelle Ergebnisse von Medikamentenstudien zeitnahe reagieren zu können. Einschränkend für alle PIM-Listen ist anzuführen, dass sie im Wesentlichen auf Expertenkonsensus beruhen. Somit hängt die Klassifikation eines Arzneimittels als PIM nicht nur vom Evidenzgrad des Risikos, sondern auch von der jeweiligen Einschätzung der beurteilenden Experten und der Verfügbarkeit von Alternativen ab. Man kann aber annehmen, dass das konsequente Anwenden solcher Listen zu einer vermehrten Sensibilität bezüglich des Problemfeldes der Fehlmedikation führt. Bitte zitieren als: Iglseder B. (Poly-)Pharmakotherapie bei älteren Menschen: Vor- und Nachteile von PIM-Listen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom001. DOI: /11fom001, URN: urn:nbn:de: fom Polypharmakotherapie und Patientensicherheit 002 Polypharmkotherapie das Dilemma der Leitlinien Markus Gosch Hochzirl, Österreich Die Multimorbidität ist eines der wichtigsten Merkmale älterer Patienten. Als unmittelbare Folge findet sich eine hohe Prävalenz der Polypharmazie. Laut einer deutschen Untersuchung nehmen ältere Patienten (>75 Jahre) durchschnittlich acht verschiedene Substanzen ein, ergänzt wird die ärztlich verordnete Medikation durch weitere drei bis vier over the counter -Medikamente. Die Zahl drugdrug-interactions steigt exponentiell mit der Zahl der verordneten Substanzen. Dies bestätigt auch eine Studie aus Frankreich. Erhoben wurden unerwünschte Wirkungen einer Pharmakotherapie bei älteren Patienten. Dabei zeigte sich, wenig überraschend, aber sehr eindrucksvoll, dass die Polypharmazie der entscheidende Risikofaktor für das Auftreten von unerwünschten Ereignissen war, noch vor der Verordnung von inadäquaten Substanzen. Guidelines bzw. Leitlinien stellen eine wesentliche Hilfe und Qualitätsverbesserung in der Behandlung für den Arzt und den Patienten dar. Vielfach werden sie jedoch auch von den Ärzten als Begründung für eine notwendige, nicht abwendbare Polypharmazie bei einer bestehenden Multimorbidität herangezogen. Guidelines beziehen ihre Informationen im Sinne einer Evidenz-basierten Medizin 15

17 überwiegend aus randomisierten kontrollierten Studien. Dies hat zur Konsequenz, dass der normale, alltägliche Patient, sprich alt, weiblich und multimorbid, in den Guidelines kaum oder nur als Randgruppe erfasst ist. Zwar wird dies in den Guidelines diskutiert, diese wesentliche Information geht jedoch vielfach auf dem Weg zum klinisch tätigen Arzt verloren. Nur in 25 % der deutschen Leitlinien werden Aussagen zu älteren Patienten getroffen. Der Aspekt der Multimorbidität war im Jahr 2008/2009 nur in 5 Leitlinien der AWMF Gegenstand einer therapeutischen Empfehlung. Im Kontext der Multimorbidität muss zwingend in jedem Fall geprüft werden, ob die aktuelle Leitlinien auf den zu behandelnden Patienten anzuwenden sind. In vielen Fällen wird man die Guidelines nur als Unterstützung im Entscheidungsprozess heranziehen können. Unrealistisch ist die Erwartung, dass Leitlinien alle Fragen beantworten, realistisch ist, dass Behandlungsziele formuliert, potentiell wirksame Therapien spezifiziert und die Variabilität der medizinischen Betreuung reduziert wird. Neben einer kritischen Bewertung von Leitlinien stellt die Priorisierung der Multimorbidität ein wichtiges Instrumentarium zur Vermeidung einer problematischen Polypharmazie dar. Nicht alles, was behandelbar ist, muss behandelt werden. Die Indikation zur Behandlung orientiert sich streng an den Bedürfnissen des Patienten. Keine Therapie ohne Behandlungsziel und Erfolgskontrolle. Bitte zitieren als: Gosch M. Polypharmkotherapie das Dilemma der Leitlinien. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom002. DOI: /11fom002, URN: urn:nbn:de: fom Symposien Ib Unangemessene Verordnungen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen 003 Wie häufig werden nicht-indizierte Protonenpumpeninhibitoren nach Krankenhausentlassung von Hausärzten weiterverordnet? Dirk Ahrens 1, Gesa Behrens 2, Wolfgang Himmel 2, Michael M. Kochen 2, Jean-François Chenot 2 1 Abteilung Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland 2 Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland Hintergrund: Der Umfang von Protonenpumpeninhibitor- (PPI-)Verschreibungen hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen, was nicht durch einen entsprechenden Anstieg säurebedingter Erkrankungen erklärbar ist. Aus anderen Ländern wurde von nicht leitliniengerechtem Einsatz von PPI in Kliniken und im ambulanten Sektor berichtet. Ziel dieser Studie war es, den Umfang von nicht-indizierten PPI-Empfehlungen in Krankenhausentlassungsbriefen und deren Einfluss auf die hausärztliche PPI- Verordnung zu untersuchen. Material und Methoden: In einer Querschnittsstudie in 35 Hausarztpraxen in Mecklenburg-Vorpommern analysierten wir die Krankenhausentlassungsbriefe aller AOK- Patienten, die zwischen dem und dem entlassen wurden und deren Entlassungsmedikation einen PPI umfasste. Die PPI-Empfehlung des Krankenhauses wurde nach vorliegender Evidenz als indiziert, nicht-indiziert oder unsicher indiziert klassifiziert. Zur Überprüfung der Vormedikation und Weiterverordnung wurde die hausärztliche Dokumentation ein halbes Jahr vor und nach Entlassung untersucht. Der Einfluss verschiedener Faktoren auf die hausärztliche Weiterverordnung wurde uni- und multivariat als Odds Ratio (OR) berechnet. Ergebnisse: Von den teilnehmenden 35 Praxen hatten 506 Patienten eine PPI-Empfehlung im Krankenhausentlassungsbrief. Für gut die Hälfte dieser Empfehlungen fehlte eine klare Indikation. Zwei Drittel dieser nichtindizierten PPI-Therapien wurden im Krankenhaus begonnen. Bei 57% der Patienten wurden diese Therapien länger als einen Monat und bei 24% länger als sechs Monate fortgeführt. Folgende Faktoren waren mit einer Weiterverordnung assoziiert: (PPI-Medikation vor Krankenhausaufnahme (OR 3,0 CI 1,7-5,2), low-dose-ass (OR 1,9 CI 1,1-3,3), Alter über 70 Jahre und Entlassung aus einem Krankenhaus der Grundversorgung. Auf der anderen Seite wurden 33% der indizierten PPI nach Entlassung vom Hausarzt nicht weitergeführt. Insbesondere bezüglich der Ulkusprophylaxe bei Aspirin- und NSAR-Risikopatienten wurden sowohl hohe Raten an Über- und Unterverordnung beobachtet. Schlussfolgerung/Implikation: Nicht-indizierte PPI- Empfehlungen in Krankenhausentlassungsbriefen sind häufig und haben einen großen Einfluss auf das hausärztliche Verschreibungsverhalten. Krankenhäuser sollten Ihre Empfehlungspraxis überprüfen und die Indikationen für eine PPI-Therapie im Entlassungsbrief klar dokumentieren. Hausärzte sollten PPI-Empfehlungen in Krankenhausentlassungsbriefen sorgfältig auf Ihre Notwendigkeit prüfen, um Über- und Unterverordnungen von PPI zu vermeiden. Bitte zitieren als: Ahrens D, Behrens G, Himmel W, Kochen MM, Chenot JF. Wie häufig werden nicht-indizierte Protonenpumpeninhibitoren nach Krankenhausentlassung von Hausärzten weiterverordnet. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom003. DOI: /11fom003, URN: urn:nbn:de: fom PUMA potentiell unangemessene Medikamente im Alter Stephanie Kossow, Wilhelm Niebling Lehrbereich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland Hintergrund: Menschen ab einem Alter von 65 Jahren haben aufgrund ihres veränderten Stoffwechsels und der möglicherweise vorhandenen Multimorbidität verbunden 16

18 mit Polypharmazie ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW). Vor allem bei Pflegeheimbewohnern ist gegenüber Nicht-Pflegeheimbewohnern eine erhöhte Mortalität und eine höhere Anzahl an Krankenhauseinweisungen zu beobachten [1]. Potentially inappropriate Medication (PIM) erhöht das Risiko von UAWs [2]. Über die Prävalenz der PIM bei Pflegeheimbewohnern sowie deren Prädiktoren gibt es in Deutschland bislang keine ausreichenden empirische Befunde. Ziel der Studie war daher, die Prävalenz von PIM bei Pflegeheimbewohnern (65 Jahre und älter) zu erheben und Prädiktoren dafür festzustellen. Material und Methoden: 26 Hausarztpraxen im südbadischen Raum lieferten 549 vollständige Datensätze mit aktuellen Diagnosen, Kreatinin, Gewicht, Geschlecht, Alter und dem Medikamentenverordnungsbogen aller ihrer sich in Pflegeheimen befindlichen Patienten. Die Medikation wurde mittels der Beers-Liste von 2003 sowie dem Arzneiverordungsreport 2008 (AVR, modifizierte Beers-Liste für den deutschen Markt) mittels T- Tests und logistischer Regression analysiert. Ergebnisse: Von den 549 in die Studie eingeschlossenen Patienten waren 425 weiblich (77%). Das Durchschnittsalter betrug 83,3 Jahre (SD=7,97). Jeder erhielt durchschnittlich 7,75 (SD=3,75) verschiedene Wirkstoffe und hatte 8,22 (SD=5,07) verschiedene Diagnosen. 79,3 % der Patienten erhielten 5 oder mehr Medikamente gleichzeitig. Frauen waren signifikant älter und nahmen mehr Medikamente ein. Nach Beers-Kriterien erhielten 44,4 % (n=244) PIM. Digoxin (5,8%), Promethazin (5,5%) und Oxazepam (5,1%) waren die häufigsten Dauermedikamente, Diazepam (3,1%), Lorazepam (2,9%) und Promethazin (2,7%) waren die häufigsten Bedarfsmedikamente. Vier Patienten erhielten 4 PIM gleichzeitig. Nach AVR-Kriterien erhielten 30,6 % aller Patienten (n=168) PIM. Die häufigsten waren Digoxin (5,8%), Amitriptylin (4,4%) sowie Doxepin (3,3%) in der Dauermedikation, sowie Bisacodyl (6,6%), Diazepam (3,1%) und Nifedipin (1,5%) in der Bedarfsmedikation. Der stärkste Prädiktor für das Auftreten von PIM war Polypharmazie (AVR: OR: 5,69; Beers: OR: 5,15). Auf Seiten der Ärzte trugen Gemeinschaftspraxen, städtisches Gebiet, häufige Besuche der Einrichtung und Betreuung vieler Einrichtungen zum PIM-Risiko bei. Abbildung 1 Schlussfolgerung/Implikation: PIM sind häufig und relevant. Eine Interventionsstudie zur Reduktion von PIM ist geplant. Daraufhin können prospektive Interventionsstudien den Effekt des Verzichtes auf PIM in Zukunft untersuchen. Verschreiberbezogene Faktoren sollten besser untersucht werden. Die Prävalenz vom PIM ist in der vorliegenden Studie als eher hoch einzuschätzen. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass es seit 2010 eine Liste gibt, die besser auf den deutschen Arzneimittelmarkt angepasst ist. Die vorhandenen Daten sollen mit dieser PRISCUS- Liste erneut untersucht werden. 1. Lau D, Kasper J, Potter D, Lyles A, Bennett R. Hospitalization and death associated with potentially inappropriate medication prescriptions among elderly nursing home residents. Archives of Internal Medicine. 2005;165(1): Klarin I, Wimo A, Fastbom J. The association of inappropriate drug use with hospitalisation and mortality: a population based study of the very old. Drugs and Aging. 2005;22(1): Fick D, Cooper J, Wade W, Waller J, Maclean J, Beers M. Updating the Beers Criteria for potentially inappropriate medication use in older adults. Arch of Int Med. 2003;163(8/22): Bitte zitieren als: Kossow S, Niebling W. PUMA potentiell unangemessene Medikamente im Alter. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom004. DOI: /11fom004, URN: urn:nbn:de: fom Die PRISCUS-Liste Prävalenz von potentiell altersinadäquater Medikation in Alten- und Pflegeheimen Klaus Böhme 1, Daniel Grandt 2, Stephanie Kossow 1, Wilhelm Niebling 1 1 Uniklinik Freiburg, Freiburg, Deutschland 2 Klinikum Saarbrücken, Saarbrücken, Deutschland Hintergrund: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) haben eine hohe klinische wie auch ökonomische Relevanz [1], [2]. Das Risiko einer UAW steigt mit der Zahl der verordneten Medikamente, insbesondere, wenn es sich dabei um eine Potentiell inadäquate Medikation (PIM) handelt. Besondere Bedeutung besitzt dieses Problem für ältere und multimorbide Alten- und Pflegeheimbewohner, bei denen gehäuft eine Polypharmakotherapie zu beobachten ist. Eigenen Untersuchungen zur Folge erhalten ca. 44% der Alten- und Pflegeheimbewohner nach Beers- Kriterien PIM [3]. Ziel dieser Arbeit ist es, eine Re-Analyse dieser Daten nach den Kriterien der seit August 2010 verfügbaren, an den deutschen Markt adaptierten PRIS- CUS-Liste [4] vorzunehmen. Material und Methoden: Für diese Arbeit wurden die im Rahmen der o.a. Untersuchungen erhobenen Daten von 549 Alten- und Pflegeheimbewohnern im südbadischen Raum mittels einer speziellen Software (RpDoc ) im Hinblick auf die PRISCUS-Kriterien analysiert und deskriptiv ausgewertet. Ergebnisse: 40,4% der Patienten des untersuchten Kollektivs erhielten mindestens ein Arzneimittel, welches für den Einsatz bei Patienten >65 Jahren als potentiell inadäquat 17

19 eingestuft wird. Betrachtet man die Geschlechtsverteilung dieser Patienten, so findet sich folgendes Ergebnis: Männer 22,1%, Frauen 74,3%, Geschlecht unbekannt 3,6%. Von den 40,4% der Patienten erhielt die Mehrzahl (75,2%) genau eine PIM als Dauer- oder Bedarfsmedikation, 19,8% erhielten zwei PIM und 5% drei oder mehr PIM gleichzeitig. Die am häufigsten verordneten PIM waren Acetyldigoxin, Amitriptylin, Diazepam, Doxepin, Temazepam, Trimipramin und Haloperidol (>2mg/d). Diese sieben waren für 48,8% aller PIM-Verordnungen verantwortlich, zeigten allerdings ein unterschiedliches Verteilungsmuster in ihrem Anteil an Dauer- bzw. Bedarfsmedikation. Wirkstoffe, deren PIM-Status sich auf ein bestimmtes Freisetzungsverhalten oder die Überschreitung einer definierten Tagesmaximaldosis bezieht sind z.b. Haloperidol, Lorazepam, Nifedipin, Zopiclon. Die Verordnungen dieser Substanzen erfüllten in 52,6% das Kriterium PIM. Schlussfolgerung/Implikation: Unter dem Gesichtspunkt einer Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Alten- und Pflegeheimen weist die Analyse der Verordnungsdaten nach Kriterien der PRISCUS-Liste ein deutliches Optimierungspotential aus. Unsererseits ist eine prospektive Studie geplant, die zeigen soll, dass eine Reduktion der PIM über eine wirksame Intervention auf der Ebene der Verordner geeignet ist, die Rate von UAWs zu reduzieren. 1. Konkaev C, Noyce PR, Ashcroft DM. Hospital admissions associated with adverse drug reactions: a systematic review of prospective observational studies. Ann Pharmacother. 2008;42: Pirmohamed M, James S, Meakin S, Green C, Scott AK, Walley TJ, et al. Adverse drug reactions as cause of admission to hospital: prospective analysis of patients. BMJ. 2004;329(7456): Niebling W, Kossow S, Loh A, Böhme K, Beck S. PUMApotentially inappropriate medication in the Elderly. An analysis of primary health care in Nursing home residents. Swiss Med Wkly. 2009;139(Suppl 175): Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA. Potentially inappropriate medication in the elderly PRISCUS list. Dtsch Arztebl Int. 2010;107: Bitte zitieren als: Böhme K, Grandt D, Kossow S, Niebling W. Die PRISCUS-Liste Prävalenz von potentiell altersinadäquater Medikation in Alten- und Pflegeheimen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom005. DOI: /11fom005, URN: urn:nbn:de: fom Potentiell inadäquate Medikation gemäß der Priscus-Liste bei älteren hausärztlichen Patienten mit Polypharmazie Dara Koper, Miriam Lainer, Eva Mann, Andreas Sönnichsen Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU), Salzburg, Österreich Hintergrund: Polypharmazie ist die regelmäßige, tägliche Einnahme von 5 oder mehr Medikamenten. Sie ist bei älteren Patienten/innen häufig. Über 60% der Über-65- Jährigen nehmen regelmäßig Arzneimittel ein. Über-75- Jährige nehmen im Schnitt täglich 7,5±3,8 Arzneimittel ein. Material und Methoden: Diese Pilotstudie untersucht die Durchführbarkeit einer geplanten großen Studie bei älteren hausärztlichen Patienten/innen mit Polypharmazie. Bislang wurden 38 Patienten/innen von 7 niedergelassenen Allgemeinärzten/Ärztinnen im Raum Salzburg analysiert. Die verschriebenen Arzneimittel wurden im Hinblick auf Interaktionen (Datenbank Lexi-Interact) und potentiell inadäquate Medikation bei Älteren (Priscus-Liste) beurteilt. Ergebnisse: Von den 38 Patienten/innen waren 16 männlich, 22 weiblich. Das Durchschnittsalter betrug 74,9 (50 89) Jahre. Die Patienten/innen nahmen im Schnitt 10,05 ärztlich verschriebene und 0,92 selbstverordnete Medikamente ein. Es wurden 43 potentiell gefährliche Interaktionen (Kategorie D, gemäß Lexi-Interact) bei 63% der Patienten/innen entdeckt. 33 von 38 Patienten/innen waren 65 Jahre oder älter. Bei ihnen wurde eine Suche nach potentiell inadäquater Medikation bei Älteren gemäß der Priscus-Liste durchgeführt. Acetyldigoxin war bei 2, Amitriptylin bei 1, Bromazepam bei 1, Doxazosin bei 1, Lorazepam (>2mg/d) bei 1, Nifedipin bei 2, Oxazepam bei 1, Oxybutynin bei 1, Pentoxifyllin bei 2 und Triazolam bei 5 Patienten/innen verschrieben. 16 von 350 bei den älteren 33 Patienten/innen verschriebenen Medikamenten (4,57%), 15 von 33 Patienten/innen (45,45%) und 6 von 7 Allgemeinärzten/Ärztinnen (85,71%) waren von den o.g. Verschreibungen betroffen. Schlussfolgerung/Implikation: Diese Ergebnisse legen nahe, dass institutionalisierte Programme zur regelmäßigen Unterstützung von Allgemeinärzten/ Ärztinnen bei älteren Patienten/innen mit Polypharmazie höchstwahrscheinlich a) die Anzahl von potentiell inadäquater Medikation, b) die Anzahl von Interaktionen und c) die Kosten dauerhaft senken werden. 1. Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA. Potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen: Die PRISCUS-Liste. Dtsch Arztebl. 2010;107(31-32): Schuler J, Dückelmann C, Beindl W, Prinz E, Michalski T, Pichler M. Polypharmacy and inappropriate prescribing in elderly internal-medicine patients in Austria. Wien Klin Wochenschr. 2008;120(23-24): Frazier SC. Health outcomes and polypharmacy in elderly individuals: an integrated literature review. J Gerontol Nurs. 2005;31(9): Willlams CM. Using medications appropriately in older adults. Am Fam Physician. 2002;66(10): Rathore SS, Mehta SS, Boyko WL Jr, Schulman KA. Prescription medication use in older Americans: a national report card on prescribing. Fam Med. 1998;30(10): Bitte zitieren als: Koper D, Lainer M, Mann E, Sönnichsen A. Potentiell inadäquate Medikation gemäß der Priscus-Liste bei älteren hausärztlichen Patienten mit Polypharmazie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom006. DOI: /11fom006, URN: urn:nbn:de: fom

20 007 Unerwünschte Arzneimittelwirkungen in der Hausarztpraxis: Eine repräsentative Studie Birgitta Weltermann, Sonja Reidegeld, Petra Kempis, Stefan Gesenhues Institut für Allgemeinmedizin, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland Hintergrund: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) sind ein häufiges Thema in der ärztlichen Beratung, doch gibt es nur wenige systematische Untersuchungen aus deutschen Hausarztpraxen. Ziel unserer praxisepidemiologischen Studie war die Erfassung der Häufigkeit von UAW und deren Charakterisierung. Material und Methoden: In einer akademischen Lehrarztpraxis mit drei Ärzten werden seit Jahren alle UAW systematisch in der Praxissoftware per ICD erfasst. Für diese retrospektive Analyse wurden alle UAW ausgewählt, die bei allen innerhalb eines Jahres behandelten Patienten bekannt oder neu aufgetreten waren. Die UAW wurden nach der MedDra-Klassifikation, die eine Zuordnung der Symptome zu den beteiligten Organsystemen erlaubt, erfasst. Außerdem wurden die verantwortlichen Wirkstoffe nach den ATC-Klassen ermittelt. Zusätzlich wurden Patientencharakteristika wie Geschlecht, Alter und Anzahl der UAW pro Patient erfasst. Ergebnisse: Bei 397 Patienten traten UAW neu auf oder waren vorbekannt: die Prävalenz in der Praxispopulation betrug 13.4%. UAW traten häufiger bei Frauen als bei Männern auf (66% versus 34%). Das Durchschnittsalter war 64 Jahre (Spanne: Jahre). 60% aller UAW traten bei Senioren auf ( 65 Jahre). Die 3 häufigsten Symptome waren Beinödeme, Husten und gastrointestinale Beschwerden. Die 3 häufigsten Wirkstoffklassen mit UAWs waren: ACE-Hemmer, Calciumkanalblocker und NSAR. Die häufigsten Wirkstoffe mit UAW waren: Lisinopril (7,9%), Amlodipin (7,1%), HCT (4,8%). Pro Patient waren 1 bis 8 UAW aufgetreten: 55% der Patienten hatten 1 UAW, 27% hatten 2 UAWs, 11% 3 UAWs. Schlussfolgerung/Implikation: Unsere Erhebung zeigt, dass UAW ein häufiges Problem in der hausärztlichen Versorgung sind, wobei weibliche Senioren am häufigsten betroffen sind. 1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Available from: Meldung/index.html Bitte zitieren als: Weltermann B, Reidegeld S, Kempis P, Gesenhues S. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen in der Hausarztpraxis: Eine repräsentative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom007. DOI: /11fom007, URN: urn:nbn:de: fom Polypharmazie und der Einsatz ungeeigneter Medikamente in der hausärztlichen Versorgung eine Sekundäranalyse der AgeCoDe-Studie Thomas Zimmermann 1, Martin Scherer 1, Hendrik van den Bussche 1, Birgitt Wiese 2, Hanna Kaduszkiewicz 1 1 Institut f. Allgemeinmedizin, UK Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2 Institut f. Biometrie, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland Hintergrund: Höheres Lebensalter geht mit erhöhter Morbidität und erhöhtem Medikamentenkonsum einher. Polypharmazie wiederum birgt gerade für ältere Menschen viele Risiken. Inzwischen existiert neben der Beers-Liste potenziell inadäquater Medikamente (PIM) für Ältere eine deutsche Adaptation, die PRISCUS-Liste. Im Rahmen der German Study on Ageing, Cognition and Dementia in primary care patients (AgeCoDe) analysieren wir den Langzeitverlauf des Medikamentkonsums und den Einsatz der Wirkstoffe anhand der genannten PIM-Listen: Wie entwickelt sich die eingenommene Menge an Medikamenten über einen Zeitraum von über vier Jahren? Welche Wirkstoffe der PIM-Listen kommen zum Einsatz? Material und Methoden: Hausarzt-Patient/innen ohne Demenz, zur Baseline zwischen 75 und 89 Jahre alt, wurden bei Hausbesuchen im Abstand von 18 Monaten detailliert nach den Medikamenten befragt, die sie regelmäßig und bei Bedarf einnehmen. Für Patienten liegen vollständige Medikamentenanamnesen zur Baseline und zum Follow-Up 3 vor, bei einer Beobachtungszeit von 4,5 Jahren. Wir beschreiben die Veränderungen in der Medikamenteinnahme und vergleichen die Entwicklung derjenigen, die zur Baseline mehr als 5 bzw. mehr als 7 sowie Medikamente aus den PIM-Listen eingenommen haben. Mittels multivariater Modelle ermitteln wir Faktoren für die Veränderung der Medikamenteneinnahme. Ergebnisse: Die mittlere Einnahme rezeptpflichtiger Medikamente erhöhte sich von durchschnittlich 3,3 auf 6,2 pro Patient. Anfänglich nahmen 91,1% der Patient/innen mindestens ein verschreibungspflichtiges Medikament, nach 4,5 Jahren stieg der Anteil auf 95,6%. Der Anteil derjenigen, die zur Baseline 5 und mehr Medikamente einnahmen, stieg von 25,8% der Population auf 66,5%. Der Anteil derer, die 7 und mehr Medikamente einnehmen, stieg über 4,5 Jahre von 9,4% auf 41,6%. Schlussfolgerung/Implikation: Für Hausärzte mit vielen Patienten im höheren Lebensalter bedeutet eine solche Entwicklung eine erhöhte Vorsorgenotwendigkeit, denn das Risiko für unerwünschte Wirkungen steigt mit jedem weiteren Medikament. Die Daten zur Beantwortung der Frage, inwieweit die Verordnung von PIM ebenso steigt wie die Medikation allgemein, liegen vor und werden gegenwärtig analysiert. Etwaige Risikofaktoren für die zunehmende Medikamenteneinnahme werden auf der DEGAM-Tagung vorgestellt. 19

21 Bitte zitieren als: Zimmermann T, Scherer M, van den Bussche H, Wiese B, Kaduszkiewicz H. Polypharmazie und der Einsatz ungeeigneter Medikamente in der hausärztlichen Versorgung eine Sekundäranalyse der AgeCoDe-Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom008. DOI: /11fom008, URN: urn:nbn:de: fom Ic Leitlinien 009 Informationen zum Update der DEGAM- Leitlinie Nr. 7 Ohrenschmerzen Michaela Hänsel 1, Martin Beyer 2, Hans-Michael Mühlenfeld 3, Fritz Meyer 4, Martin Scherer 1 1 UKE, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland 2 Johann Wolfgang Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt, Deutschland 3 Praxis, Bremen, Deutschland 4 Praxis, Oettingen, Deutschland Hintergrund: Die Gültigkeit der DEGAM-Leitlinie Nr. 7 zum Thema Ohrenschmerzen läuft im Jahre 2011 ab. Die Autoren stellten einen Überarbeitungsbedarf fest und teilten dies der Geschäftsstelle Leitlinien mit. Nach Beauftragung durch die SLK (Ständige Leitlinien-Kommission) und Anmeldung bei der AWMF erfolgt zurzeit die Aktualisierung der Leitlinie. Material und Methoden: Nach Durchsicht der derzeit gültigen Leitlinienversion priorisierten die Autoren Themenschwerpunkte zur Überarbeitung. Zu diesen Schwerpunkten erfolgte eine systematische recherche in EMBASE, MEDLINE und der Cochrane Library der Jahrgänge 2004 (Erscheinen der derzeitigen Leitlinienversion) bis Gegenstand der Recherche waren im Wesentlichen publizierte randomisierte kontrollierte Studien, Metaanalysen und systematische Reviews. Daneben wurde überprüft, ob neue nationale/internationale Leitlinien zum Thema erschienen sind. Nach Erstellung eines ersten Entwurfes wird dieser von Autoren und Leitlinienpaten kommentiert und entsprechend überarbeitet. Der auf diesem Wege bearbeitete Entwurf wird dann der SLK zur Einsicht vorgelegt und im Rahmen einer Konsensuskonferenz mit Fachgesellschaften und Berufsverbänden diskutiert werden. Die Erstellung eines Methoden- /Evidenzreports erfolgt simultan. Ergebnisse: Insbesondere zu den Themen Epidemiologie und Antibiotikatherapie bei Otitis media erschienen während der vergangenen fünf Jahre neuere Publikationen, so dass hier eine Neuformulierung der Leitlinienempfehlungen zu erwarten sein könnte. Relevante Aspekte betreffen z.b. die Frage nach klinischen Befunden oder Risikofaktoren, die bei Kindern >2 Jahre mit einer Otitis media eine Antibiotikatherapie nahelegen, oder die Mastoiditis als eine der wichtigsten Komplikationen der Otitis media. Änderungsvorschläge hinsichtlich weiterer Themen sowie Informationen zu Entwicklung und Struktur des Methodenreports werden ebenfalls dargestellt. Schlussfolgerung/Implikation: Die Aktualisierung der Leitlinienempfehlungen wird es (niedergelassenen) Allgemeinmedizinern ermöglichen, sich umfassend über aktuelle evidenzbasierte diagnostische und therapeutische Optionen zum Symptom Ohrenschmerzen in der Hausarztpraxis zu informieren. Bitte zitieren als: Hänsel M, Beyer M, Mühlenfeld HM, Meyer F, Scherer M. Informationen zum Update der DEGAM-Leitlinie Nr. 7 Ohrenschmerzen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom009. DOI: /11fom009, URN: urn:nbn:de: fom Der normative Prozess der Leitlinienentwicklung am Beispiel der beiden interdisziplinären Leitlinien zu Fibromyalgie und Funktionellen Störungen Markus Herrmann Institut für Allgemeinmedizin, Magdeburg, Deutschland Hintergrund: Soziologische, historische und kulturanalytische Arbeiten können durch die Rekonstruktion der Entstehung und Entwicklung medizinischen Wissens, einen wichtigen Beitrag leisten, neue Krankheitskonstruktionen und deren implizierten Folgen als unverrückbare Wahrheiten in Frage zu stellen. Denn aus dieser alltagsweltlichen Gewissheit heraus kann sich erst die Dringlichkeit bzw. Durchsetzungsfähigkeit des von dem Krankheitskonstrukt abgeleiteten medizinischen Handlungsbedarfs entwickeln. Die Relativierung medizinischen Wissens in der Ausgestaltung der gesundheitlichen Versorgung ermöglicht den Zugang für alternative Deutungen sowohl von den Krankheitsphänomenen selbst als auch deren Prävention und Behandlung. Damit aber eröffnen sich auch neue Argumente für die Debatte einer rationalen gesundheitlichen Versorgung, die derzeit stark von der Logik biomedizinischer und ökonomischer Rationalität geprägt ist. In der letzten Dekade haben vor allem fachbezogene und interdisziplinäre Leitlinien für die Disseminierung medizinischen Wissens an Bedeutung gewonnen. Material und Methoden: Untersuchungsgegenstand sind die beiden interdisziplinären Leitlinien zur Fibromyalgie und zu Funktionellen Störungen, die beide trotz unsicherer ätiologischer Konzepte häufige Beschwerdebilder Krankheitsentitäten generieren. Anhand der Entwicklung der beiden Leitlinien wird die von der Steuerungsgruppe vereinbarte Methodik im Vorgehen bei der Leitlinienentwicklung (Strukturqualität), der konsensuelle Gruppenprozess in der Bearbeitung und Gewichtung der vorhandenen hinsichtlich der Erarbeitung der Empfehlungen analysiert (Prozessqualität). Ebenfalls werden wichtige Teile der Leitlinienempfehlungen dargestellt und analysiert (Ergebnisqualität). Ergebnisse: Zusammensetzung der interdisziplinären Leitliniengruppe und gesetzte Rahmenbedingungen haben einen sehr starken Einfluss auf das Ergebnis, das sich in den Empfehlungen niederschlägt. Die Tatsache, dass es nur wenig evidenzbasiertes Wissen auf Studienbasis zum Thema gibt, bedeutete einen enormen Einfluss auf das Konsensusverfahren. Bei fehlender oder schwacher Evi- 20

22 denzen bekommt das Konsensusverfahren einen bedeuteten Einfluss bei der Empfehlungsstärke. Schlussfolgerung/Implikation: Durch die Rekonstruktion des Leitlinienprozess als ein im höchsten Maße normativen Prozess der am Leitlinienprozess beteiligten Akteure sollen die Auswirkungen auf künftiges hausärztliches Handeln durch die beiden S3-Leitlinien diskutiert werden in Hinblick auf mögliche Wahrnehmungs-, Deutungsprozesse und Handlungsstrategien, die durch die Umsetzung der beiden Leitlinien zu erwarten sind. Mögliche durch die Leitlinien geweckte Patientenerwartungen sollen in die Betrachtung einbezogen werden. 1. Eich W, Häuser W, Friedel E, Klement A, Herrmann M, Petzke F, Offenbächer M, Schiltenwolf M, Sommer C, Tölle T, Henningsen P. Definition, Klassifikation und Diagnose des Fibromyalgiesyndroms. Der Schmerz. 2008;22(3): Klement A, Häuser W, Brückle W, Eidmann U, Felde E, Herrmann M, Kühn-Becker H, Offenbächer M, Settan M, Schiltenwolf M, von Wachter M, Eich W. Allgemeine Behandlungsgrundsätze, Versorgungskoordination und Patientenschulung beim Fibromyalgiesyndrom und chronischen Schmerzen in mehreren Körperregionen. Der Schmerz. 2008;22(3): Herrmann M, Klement A. Grenzen der Umsetzbarkeit von Evidenz in Leitlinien Analyse am Beispiel der interdisziplinären S3-Leitlinie zum Fibromyalgie-Syndrom. Zeitschrift für Allgemeinmedizin. 2008;84: Bitte zitieren als: Herrmann M. Der normative Prozess der Leitlinienentwicklung am Beispiel der beiden interdisziplinären Leitlinien zu Fibromyalgie und Funktionellen Störungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom010. DOI: /11fom010, URN: urn:nbn:de: fom Leitlinienbasierte Entwicklung von Qualitätsindikatoren: eine systematische übersicht Thomas Kötter 1, Eva Blozik 2, Martin Scherer 1 1 Institut für Allgemeinmedizin / UKE, Hamburg, Deutschland 2 Institut für Sozialmedizin / UK S-H, Lübeck, Deutschland Hintergrund: Qualitätsindikatoren (QI) sind spezifische und messbare Elemente der Versorgung, die zur Bewertung dieser verwendet werden können [1]. Die Messung von Qualität mittels QI dient der Qualitätsförderung. QI können basierend auf Expertenmeinungen, auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Evidenz oder aus bzw. parallel zu Leitlinien entwickelt werden [2]. Leitlinien bieten sich dabei als Quelle für die effiziente Entwicklung qualitativ hochwertiger QI besonders an [3]. Bislang besteht ein Goldstandard im Sinne einer anerkannten und evidenzbasierte Entwicklungsmethode hierfür jedoch noch nicht [4]. Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit war die Identifikation und Gegenüberstellung verschiedener Methoden der leitlinienbasierten Entwicklung von QI als Basis für die Formulierung eines solchen Goldstandards. Material und Methoden: Mittels einer aus kontrolliertem Vokabular und Freitextbegriffen zusammengesetzten Suchstrategie haben wir Medline, Embase und Cinahl nach, in der Methoden zur leitlinienbasierten QI- Entwicklung beschrieben werden, durchsucht. Zusätzlich führten wir eine ausführliche Grauliteratursuche durch und kontaktierten Experten auf dem Gebiet der QI- Entwicklung. Daten zur Studienqualität und zu methodischen Variablen der Entwicklung von QI aus Leitlinien wurden aus relevanten Studien anhand eines vorab auf der Basis international anerkannter Standards entwickelten Formulars extrahiert. Die verschiedenen Methoden wurden gegenübergestellt, Stärken und Schwächen verschiedener Ansätze diskutiert. Ergebnisse: Aus Primärtreffern identifizierten wir 48 relevante Publikationen. Die Qualität der gefundenen war sehr heterogen. Zahlreiche Methoden der leitlinienbasierten Entwicklung von QI wurden beschrieben. Randomisierte kontrollierte Studien zum Vergleich unterschiedlicher Methoden im Hinblick auf die Fähigkeit, qualitativ hochwertige QI hervorzubringen, fanden wir jedoch nicht. Es fanden sich Gemeinsamkeiten, aber auch entscheidende Unterschiede hinsichtlich einzelner methodischer Bausteine, wie z. B. Auswahl der Leitlinien, Extraktion der potentiellen QI, Konsensusverfahren und Implementation. Die Entwicklung von QI aus Leitlinien wurde in der gefundenen im Vergleich zur Entwicklung aus anderen Quellen übereinstimmend als effiziente Methode auf dem Weg zu qualitativ hochwertigen QI beschrieben. Schlussfolgerung/Implikation: Als Vorbereitung der Formulierung eines Goldstandards für die Entwicklung von QI aus Leitlinien wurden erstmals die bisher beschriebenen Methoden nach systematischer Methodik gesammelt und analysiert. Es fanden sich viele unterschiedliche Vorgehensweisen. Das Fehlen von Studien, die unterschiedliche Methoden der leitlinienbasierten QI-Entwicklung hinsichtlich der Fähigkeit, qualitativ hochwertige QI hervorzubringen, vergleichen, erschwert die Bewertung dieser Methoden jedoch erheblich. Randomisierte kontrollierte Studien werden hier dringend benötigt. 1. McGlynn EA, Asch SM. Developing a clinical performance measure. Am J Prev Med. 1998;14: Campbell SM, Braspenning J, Hutchinson A, Marshall M. Research methods used in developing and applying quality indicators in primary care. Qual Saf Health Care. 2002;11: Kötter T, Schaefer F, Blozik E, Scherer M. Die Entwicklung von Qualitätsindikatoren - Hintergrund, Methoden und Probleme. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2011;105(1): Wollersheim H, Hermens R, Hulscher M, Braspenning J, Ouwens M, Schouten J, Marres H, Dijkstra R, Grol R. Clinical indicators: development and applications. Neth J Med. 2007;65(1): Bitte zitieren als: Kötter T, Blozik E, Scherer M. Leitlinienbasierte Entwicklung von Qualitätsindikatoren: eine systematische übersicht. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom011. DOI: /11fom011, URN: urn:nbn:de: fom

23 012 DEGAM-Leitlinien als App für Mobiltelefone Einsatz in der hausärztlichen Praxis und erstes Feedback Uta-Maria Waldmann 1, Klaus Weckbecker 2 1 Institut für Allgemeinmedizin, Uni Ulm, Ulm, Deutschland 2 Lehrbereich Allgemeinmedizin, Universität Bonn, Bonn, Deutschland Hintergrund: Evidenzbasierte relevante Informationen jederzeit verfügbar das ist jetzt durch die Aufbereitung und Umsetzung der aktuellen Kurzversionen der DEGAM- Leitlinien und die Kitteltaschenversion der NVL Kreuzschmerz als App für Mobiltelefone (für verschiedene Betriebssysteme) möglich. HausärztInnen testen die Anwendung und sollen den Einsatz, den Nutzen und einen etwaigen Einfluss auf konkrete Entscheidungssituation bewerten: Wofür, wann und wie nutzen sie die Anwendung? Wie schätzen sie den Nutzen für ihre praktische Tätigkeit ein? Material und Methoden: Bekanntmachung des Leitlinien- Apps über den -Verteiler Listserver Allgemeinmedizin Hausärzte diskutieren Fragen aus der Praxis sowie per an Lehrärzte verschiedener Universitäten: HausärztInnen können sich als Test-User registrieren, die Anwendung von der Seite downloaden und strukturiertes Feedback geben (Feedback-Funktion der Moodle- Plattform mit Likertskalen und Freitextkommentaren). Ergebnisse: Ergebnisse werden bis zum Kongress vorliegen. Kernfragen der aktuell durchgeführten Anwendungsevaluation sind: Bei welchen Gelegenheiten und wofür (Nachschlagen in Nischenzeiten, vor/während/nach Patientenkontakten, bei Fortbildungen,...) wird die Anwendung genutzt? Wie hilfreich wird sie empfunden? Wie wird der Mehrwert dieser Anwendung eingeschätzt ( Nice to have, Spielerei, )? Was ist gut, was weniger? Hat sie einen Einfluss auf die Behandlung? Anregungen für Optimierung für Einsatz in der Praxis. Schlussfolgerung/Implikation: Das Mobiltelefon haben Ärzte zu jeder Zeit dabei. Diese Anwendung stellt evidenzbasierte Informationen zeitnah zu Patientenkontakten übersichtlich bereit und kann in Nischenzeiten genutzt werden. Da das App sich automatisch auf die neueste Version aktualisiert, können Ärzte noch in Jahren auf aktuelle Infos in einer ihnen vertrauten Form bequem und schnell zugreifen. Ob es auch im Praxiseinsatz bestehen kann, soll diese Begleitevaluation zeigen. Bitte zitieren als: Waldmann UM, Weckbecker K. DEGAM-Leitlinien als App für Mobiltelefone Einsatz in der hausärztlichen Praxis und erstes Feedback. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom012. DOI: /11fom012, URN: urn:nbn:de: fom Inwieweit wird die tägliche Praxis durch die vorhandenen Leitlinien informiert? Ergebnisse einer Querschnitts-Studie Benedikt Pflanz 1, Frank Peters-Klimm 1, Hans-Dieter Klimm 2 1 Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 2 Akademische Lehrpraxis und Gemeinschaftspraxis Prof. Dr. H.-D. und Dr. S. Klimm, Kuppenheim, Deutschland Hintergrund: Leitlinien und deren Implementierung stehen in den letzten Jahren (wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß) im Zentrum des Interesses der Akteure im Gesundheitswesen. Nicht zuletzt wegen der Verankerung leitlinienorientierter Versorgung im SGB V im Jahr 2001 und dem Nachweis der Verbesserung der medizinischen Versorgung durch Leitlinienorientierung wächst das Angebot evidenzbasierter Leitlinien enorm. Erstellte Leitlinien werden durch die jeweiligen Fachgesellschaften, auch unter reger Beteiligung der DEGAM, auf der Seite der AWMF zugänglich gemacht. Ziel eines Pilot-Projektes war es, die vorhandenen Leitlinien mit den vorkommenden Krankheitsbildern der täglichen Praxis zu vergleichen. Material und Methoden: Die Studie wurde in 2 Gemeinschaftspraxen mit insgesamt 11 Ärzten durchgeführt. Man beschränkte sich aus Gründen der Validität auf extern bestätigte Diagnosen und aus Gründen der Machbarkeit auf eine zuvor spezifizierte Subgruppe: Im ersten Schritt wurden im ersten Quartal 2009 alle eingehenden Arztbriefe gesammelt, und aus denen von Fachärzten (und Spezialisten) der Inneren Medizin, Orthopädie und Urologie wurden alle gesicherten, aktuellen Diagnosen nach ICD-10-GM auf 5 Stellen codiert und qualitativ und quantitativ erfasst. Im zweiten Schritt wurden zu den entsprechenden Diagnosen (mittels der AWMF-Suchfunktion und Überprüfung der Internetseiten der jeweiligen Fachgesellschaften) aktuelle Leitlinien mit Therapievorschlägen gesucht und bewertet. Dem Resultat entsprechend wurde jeder ICD-10-Diagnose eines der Merkmale keine Leitlinie vorhanden, Leitlinie angemeldet, sowie S1-, S2- und S3-Leitlinie vorhanden zugeordnet und mit der Häufigkeit der Diagnosen gewichtet. Die Bewertung des Entwicklungsgrads der Leitlinie erfolgte gemäß der Einstufung der AWMF (Stand ). Ergebnisse: Im ersten Quartal 2009 wurden 6426 Patienten in den beiden Praxen behandelt, wovon 715 Patienten mit 880 Facharztbefunden aus Innerer Medizin, Urologie und Orthopädie (ca. 55% aller Facharztbefunde) in die Studie aufgenommen wurden. Zu diesen Patienten konnten 2108 Diagnosen ermittelt werden. Leitlinien existierten für 56,9% aller Diagnosen (13,5% S1-Leitlinien, 11,4% S2-Leitlinien und 32,0% S3-Leitlinien). Zu 35,8% der Diagnosen konnte keine Leitlinie gefunden werden, zu 7,3% waren Leitlinien angemeldet. Eine Subgruppenanalyse nach Diagnosen verschiedener Fachbereiche zeigte, dass Leitlinien zu 90,5% der kardiovaskulären Diagnosen (n=537) und zu 35,2% der den Bewegungsapparat betreffenden Diagnosen (n=425) existierten. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse dieser deskriptiven Pilot-Studie am Beispiel einer Subgruppe der überwiesenen Patienten zeigen, dass das existierende 22

24 Leitlinienangebot nur teilweise die tägliche Praxis informiert und dabei bestimmte Indikationen stärker als andere repräsentiert zu sein scheinen. Implikationen für die SLK der DEGAM und Folgeuntersuchungen können diskutiert werden. Bitte zitieren als: Pflanz B, Peters-Klimm F, Klimm HD. Inwieweit wird die tägliche Praxis durch die vorhandenen Leitlinien informiert? Ergebnisse einer Querschnitts-Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom013. DOI: /11fom013, URN: urn:nbn:de: fom Die medikamentöse Behandlung von Patienten mit arterieller Hypertonie in der Hausarztpraxis ein Abgleich mit bestehenden Leitlinienempfehlungen Michael Bösch 1, Iris Tinsel 1, Angela Buchholz 1, Thorsten Dürk 1, Karl-Georg Fischer 2, Wilhelm Niebling 1 1 Lehrbereich Allgemeinmedizin Universitätsklinikum, Freiburg, Deutschland 2 Abteilung IV Innere Medizin Universitätsklinikum, Freiburg, Deutschland Hintergrund: In Deutschland leidet ca. ein Viertel der Gesamtbevölkerung an Bluthochdruck, bei über 65jährigen liegt der Anteil sogar bei über 50% [1]. Die Rolle des Bluthochdrucks als Hauptrisikofaktor für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität ist hinreichend belegt [2]. Obwohl durch eine Senkung des Blutdrucks das kardiovaskuläre Risiko deutlich reduziert werden kann [3] und dies somit ein wichtiges Behandlungsziel darstellt, wird eine adäquate Blutdruckeinstellung bei vielen Patienten nicht erreicht [4]. Es existieren verschiedene nationale und internationale Leitlinien zur medikamentösen Therapie des Bluthochdrucks, in Deutschland gibt es momentan aber noch keine S3-Leitlinie. Zudem ist das Ausmaß der Leitlinienadhärenz unklar [5]. Ziel dieser Arbeit ist es daher zu untersuchen, (1.) welche übereinstimmenden Kernaussagen sich zur medikamentösen Therapie aus den Leitlinien ableiten lassen und (2.) in welchem Ausmaß Patienten mit arterieller Hypertonie in Übereinstimmung mit diesen Kernaussagen unter Berücksichtigung der Blutdruckeinstellung und des kardiovaskulären Risikos behandelt werden. Material und Methoden: Aus nationalen und internationalen Hypertonie-Leitlinien wurden übereinstimmende Kernaussagen abgeleitet. Zum Abgleich der Kernaussagen mit der Behandlung von Patienten mit Hypertonie wurden in 36 Hausarztpraxen medikamentös behandelte Patienten mit Hypertonie rekrutiert. Es wurden soziodemografische, klinische Daten und die antihypertensive Medikation erfasst sowie ein ambulantes Blutdruck-Monitoring (ABDM) durchgeführt. Das kardiovaskuläre Gesamtrisiko wurde mithilfe des Herz-Kreislaufrechners arriba berechnet. Ergebnisse: Es wurden 10 Kernaussagen aus 7 Leitlinien zusammengefasst. Von N=1.250 Patienten liegen vollständige Daten vor. Der Altersmedian beträgt 66 Jahre (18-92 Jahre), der Anteil an Frauen liegt bei 59%. Das mediane kardiovaskuläre 10-Jahres-Risiko liegt für Frauen bei 6,5% (0,11->50), für Männer bei 19,4% (0,15->50). Bei 69,9% der Patienten werden die empfohlenen Blutdruckwerte (MW Gesamt 130/80 mmhg, MW Tag 135/85 mmhg, MW Nacht 120/70 mmhg) nicht erreicht. Durchschnittlich werden 2,3 antihypertensive Substanzen pro Patient verordnet (1-7), das häufigste Therapieregime ist mit 33,6% eine Zweierkombination. Der ersten Kernaussage zufolge soll eine Kombination aus mehreren Substanzen verordnet werden, wenn mit der Monotherapie keine ausreichende Blutdrucksenkung erzielt werden kann. 28,9% der Studienteilnehmer erhalten nur ein Antihypertensivum, obwohl lediglich ein Drittel davon die Blutdruck-Zielwerte erreicht. Auf dem Kongress werden Ergebnisse zu weiteren Kernaussagen sowie Zusammenhänge zwischen Leitlinienumsetzung, Blutdruckeinstellung und kardiovaskulärem Risiko vorgestellt. Schlussfolgerung/Implikation: Der Abgleich von Kernaussagen aus Hypertonie-Leitlinien mit verordneten Medikamenten in der Hypertoniebehandlung zeigt in bestimmten Bereichen Verbesserungspotential hinsichtlich der Leitlinienadhärenz. Abbildung 1 Abbildung 2 1. Janhsen K, Strube H, Starker A. Hypertonie. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 43. Berlin: Robert-Koch-Institut; Lawes CM, Vander Hoorn S, Rodgers A. Global burden of blood-pressure-related disease, Lancet. 2008;371(9623): Law MR, Morris JK, Wald NJ. Use of blood pressure lowering drugs in the prevention of cardiovascular disease: meta-analysis of 147 randomised trials in the context of expectations from prospective epidemiological studies. BMJ (Clinical research ed.). 2009;338: b Wolf-Maier K, Cooper R, Kramer H, Banegas J, Giampaoli S, Joffres M, et al. Hypertension treatment and control in five Euro- 23

25 pean countries, Canada, and the United States. Hypertension. 2004;43(1): Frank W, Konta B; Deutsche Agentur für Health Technology Assessment (HTA) des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Bluthochdruckleitlinien und ihre Auswirkungen auf das Gesundheitssystem. Band Aufl. Köln; Bitte zitieren als: Bösch M, Tinsel I, Buchholz A, Dürk T, Fischer KG, Niebling W. Die medikamentöse Behandlung von Patienten mit arterieller Hypertonie in der Hausarztpraxis ein Abgleich mit bestehenden Leitlinienempfehlungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom014. DOI: /11fom014, URN: urn:nbn:de: fom Id Hausärztliche Diagnostik 015 Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Beinödemen eine qualitative Studie Judith Diederich, Simone Hartel, Erika Baum, Stefan Bösner Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Hintergrund: In der Primärversorgung sind Beinödeme ein häufiger Beratungsanlass mit vielfältigen, teilweise multifaktoriellen Ursachen. Sie sind als Symptom oft das erste klinische Zeichen für die zugrunde liegenden Krankheitsbilder. Die Differentialdiagnose von Patienten mit Beinödemen stellt den Hausarzt vor diagnostische Herausforderungen, gerade die Diagnose abwendbar gefährlicher Verläufe wie einer tiefen Beinvenenthromose. Hierbei sind Anamnese und klinische Untersuchung wichtigste diagnostische Mittel. Es gibt unseres Wissens bisher keine Untersuchungen, die das hausärztliche Vorgehen und Strategien in der Differentialdiagnostik bei Patienten mit Beinödemen thematisiert haben. Ziel der Studie war es, das differentialdiagnostische Vorgehen von Hausärzten bei Patienten mit Beinödemen zu analysieren. Material und Methoden: In semi-strukturierten Interviews wurden 15 Hausärzte aus städtischem sowie ländlichem Gebiet gebeten, ihre persönliche Vorgehensweise bezüglich der Diagnose bei dem Symptom Beinödem darzulegen. Dies erfolgte anhand von Beispielpatienten mit Beinödemen, die die Ärzte prospektiv gesammelt hatten. Die Interviews wurden aufgenommen, verbatim transkribiert und qualitativ von zwei unabhängigen Untersuchern nach Erstellen eines Kodierungsbaumes inhaltsanalytisch ausgewertet. Ergebnisse: Die teilnehmenden Ärzte nutzten ihre persönliche Erfahrung und Intuition, den ersten Eindruck und das Kennen der medizinischen Vorgeschichte des Patienten, um das Leitsymptom Beinödeme in verschiedene Kategorien einzuteilen (z.b.: ein- oder beidseitige Ödeme; kardiale, venostatische Beinödeme; Lymphödeme; Lipödeme; BÖ bei TVT oder durch Medikamentennebenwirkungen u.a.). Dabei nutzten die Hausärzte individuell unterschiedliche diagnostische Strategien, ganz nach den ihnen zur Verfügung stehenden diagnostischen Mitteln. Grundlegend basierte die gesamte weiterführende Differentialdiagnostik auf diagnostischen Hinweisen aus der Patientenanamnese bzw. den Befunden der durchgeführten klinischen Untersuchung. Zusätzlich entwickelten die Allgemeinmediziner im differentialdiagnostischen Prozess von Beinödemen persönliche Konzepte im Umgang mit Unsicherheiten. Schlussfolgerung/Implikation: Abgesehen vom klassischen Lehrbuchwissen nutzen Hausärzte individuelle Patienteninformationen aus dem Konsultationsprozess. Dabei spielte der erste Eindruck des Patienten, die Vorgeschichte, Informationen aus Anamnese und klinischer Untersuchung die entscheidende Rolle. In der weiteren Differenzierung verwendeten die teilnehmenden Hausärzte verschiedene diagnostische Strategien, die von abwartendem Offenhalten und einfachen Heuristiken bis zu dem Einsatz komplexer Entscheidungsregeln (Wells Score) reichten. Bitte zitieren als: Diederich J, Hartel S, Baum E, Bösner S. Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Beinödemen eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom015. DOI: /11fom015, URN: urn:nbn:de: fom Diagnostische Treffsicherheit der Kombination eines Klinischen Scores (Wells) mit einem D- Dimer-Test zum Ausschluss einer tiefen Beinund Beckenvenenthrombose (TVT) in deutschen Hausarztpraxen Lobna El Tabei 1, Gernot Holtz 2, Cornelia Schürer-Maly 1, Heinz- Harald Abholz 1 1 Uniklinik Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland 2 Unilklinik Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland Hintergrund: Die Inzidenz von Thrombose bzw. thromboembolischer Ereignisse beträgt etwa 0,1% in der Gesamtbevölkerung pro Jahr. Die TVT ist eine potentiell lebensgefährlich Erkrankung, bei der zudem ein Ausschluss der Erkrankung oft nicht zuverlässig ist. Dies führt zu vielen Überweisungen, bei denen zu 80 90% der überwiesenen Patienten dann keine TVT vorliegt. Zahlreiche Studien zur Nutzung von klinischen Beurteilungsscores oder auch zur Nutzung von D-Dimer-Tests sind bisher nur a) in Klinik/Spezialisten-Kollektiven bzw. b) in anderen Medizinkulturen mit anderen Nutzungsgewohnheiten der Praxen durch die Patienten durchgeführt worden. Fragestellung der Studie: Diagnostische Treffsicherheit des Wells-Scores kombiniert mit dem D-Dimer-Test in Hausarztpraxen. Material und Methoden: 38 Praxen (59 Ärzte) mit 395 Patienten nahmen über jeweils 18 Monate mit allen ihren Verdachtsfällen definiert als Es ist auch an eine Thrombose zu denken teil. Die Patienten wurden von den Ärzten mittels des oben genannten Wells-Scores einer Niedrig- bzw. Hochrisikogruppe zugeordnet. Danach war die weitere Diagnostik mittels D-Dimer-Test und Sonographie nach einem festen Schema vorgegeben. Die Hausärzte wurden zudem gebeten, ihr spontanes Urteil zum Vorliegen einer TVT vor Nutzung des Scores bzw. Durchführung des D-Dimer-Tests anzugeben. Ergebnisse: Von den 395 Verdachtsfällen erwiesen sich 59 als TVT, hinzu kommen 9 wahrscheinliche TVT. 24

26 Demgegenüber konnte in 310 Fällen eine TVT ausgeschlossen werden. Die diagnostische Treffsicherheit bezog sich auf die Gruppe der Niedrigrisikopatienten, da die der Hochrisikogruppe ja immer weiter diagnostiziert werden. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 dargestellt. Die negative prädiktive Wahrscheinlichkeit beträgt 99%, die positive prädiktive Wahrscheinlichkeit 25,6%. Im Vergleich dazu zeigt die abgefragte subjektive Einschätzung der Wahrscheinlichkeit zum Vorliegen einer TVT eine 93%ige negative prädiktive Wahrscheinlichkeit und eine 34,2%ige positive prädiktive Wahrscheinlichkeit. Schlussfolgerung/Implikation: Die Kombination von Wells-Score und D-Dimer-Test stellt eine zuverlässige Methode zum Ausschluss einer TVT auch im deutschen Hausarztbereich dar. Sie lässt unnötige Belastungen für Patient und Kassen vermeiden. Für den positiven Beleg einer TVT ist das Vorgehen nicht geeignet, aber auch nie gedacht gewesen. Tabelle 1: Diagnostische Treffsicherheit von Wells-Score in Kombination mit D-Dimer-Test (für die Gruppe der Niedrigrisikopatienten) Bitte zitieren als: El Tabei L, Holtz G, Schürer-Maly C, Abholz HH. Diagnostische Treffsicherheit der Kombination eines Klinischen Scores (Wells) mit einem D-Dimer-Test zum Ausschluss einer tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT) in deutschen Hausarztpraxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom016. DOI: /11fom016, URN: urn:nbn:de: fom Brustschmerz und Koronare Herzkrankheit in der Primärversorgung: diagnostischer Nutzen des Marburger Herz-Score Jörg Haasenritter, Stefan Bösner, Erika Baum, Norbert Donner- Banzhoff Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive- und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland Hintergrund: Klinische Scores wie der Marburger Herz- Score (MHS) sollen Ärzte in der klinischen Entscheidungsfindung unterstützen. Neben Robustheit und Generalisierbarkeit sollte sich aus der Anwendung auch ein Nutzen ergeben: entweder ist der Score bei gleicher diagnostischer Aussagekraft einfacher in der Anwendung als die etablierte Vorgehensweise oder die Aussagekraft ist höher. Ziel der Studie war es die diagnostische Aussagekraft des MHS, der klinischen Einschätzung des Hausarztes und einer Kombination aus beiden zu vergleichen. Material und Methoden: Sekundäranalyse einer diagnostische Querschnittsstudie. Über einen Zeitraum von drei Monaten schlossen 56 Prüfärzte jeden Patienten ein, der die Einschlusskriterien erfüllte: nicht-traumatischer Brustschmerz als primärer oder sekundärer Beratungsanlass, Beschwerdedauer < vier Wochen, Alter 35 Jahre, Einwilligung. Zum Konsultationszeitpunkt erfassten die Prüfärzte neben weiteren klinischen Variablen die Kriterien des MHS und schätzten die Wahrscheinlichkeit einer Koronaren Herzkrankheit als Ursache des Brustschmerzes mittels einer dreistufigen Skala ein. Unter den 56 Prüfärzten kannten 17 den MHS und berücksichtigten dessen Ergebnis in ihrer klinischen Einschätzung. Zusätzlich wurden Verlaufsdaten während einer sechsmonatigen Nachbeobachtungszeit erhoben. Ein unabhängiges Referenzkomitee analysierte im Anschluss alle klinischen Patientendaten und entschied über die Ursache des Brustschmerzes zum Zeitpunkt der Konsultation. Ergebnisse: Die Daten von 832 Patienten wurden in der Analyse berücksichtigt. Im direkten Vergleich mit der klinischen Einschätzung der Hausärzte zeigte der MHS eine höhere Sensitivität (91,4 versus 82,9%) und eine vergleichbare Spezifität (60,6 versus 61,0%). Das klinische Urteil von Hausärzten, die ihre Einschätzung mit den Ergebnissen des MHS verknüpften, zeigte im Vergleich zu dem ihren Kollegen, die den MHS nicht kannten, eine höhere Sensitivität (90,0 versus 82,9%) und Spezifität (66,8 versus 61,0%). Schlussfolgerung/Implikation: Die diagnostische Aussagekraft des MHS erwies sich als mindest so gut wie klinische Einschätzung der Hausärzte. Berücksichtigt man die Einfachheit des MHS, rechtfertigt dies bereits eine Empfehlung ihn der Praxis einzusetzen. Zudem könnte eine Kombination aus MHS und klinischer Einschätzung zu einer Steigerung von Sensitivität und Spezifität führen. Da es sich um eine Sekundäranalyse handelt und das Studiendesign nicht auf diese Fragestellung abgestimmt war, können die Ergebnisse jedoch nur als Hypothesengenerierend und nicht -testend gewertet werden. Bitte zitieren als: Haasenritter J, Bösner S, Baum E, Donner-Banzhoff N. Brustschmerz und Koronare Herzkrankheit in der Primärversorgung: diagnostischer Nutzen des Marburger Herz-Score. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom017. DOI: /11fom017, URN: urn:nbn:de: fom Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Kopfschmerz eine qualitative Studie Simone Hartel, Judith Diederich, Erika Baum, Stefan Bösner Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Hintergrund: Das Symptom Kopfschmerz ist ein häufiger Beratungsanlass in der Primärversorgung, dessen zugrunde liegende Ursachen eine große Spannbreite umfassen. Die Differentialdiagnose von Kopfschmerz Patienten stellt den Hausarzt vor diagnostische Herausforderungen. Hierbei sind gerade bei primären Kopfschmerzen Anam- 25

27 nese und klinische Untersuchung die wichtigsten diagnostischen Mittel. Ziel der Studie war es, das differentialdiagnostische Vorgehen von Hausärzten bei Patienten mit Kopfschmerzen zu analysieren. Material und Methoden: In semi-strukturierten Interviews wurden 15 Hausärzte aus städtischem sowie ländlichem Gebiet gebeten, ihre persönliche Vorgehensweise bezüglich der Diagnose bei dem Symptom Kopfschmerz darzulegen. Dies erfolgte anhand von Beispielpatienten mit neu aufgetretenem Kopfschmerz, die die Ärzte prospektiv gesammelt hatten. Die Interviews wurden aufgenommen, verbatim transkribiert und qualitativ von zwei unabhängigen Untersuchern nach Erstellen eines Kodierungsbaumes inhaltsanalytisch ausgewertet. Ergebnisse: Die teilnehmenden Allgemeinärzte besaßen diverse diagnostische Referenzbilder für das Symptom Kopfschmerz mit dem sie das jeweilige Bild eines individuellen Patienten mit Kopfschmerz abglichen. Eine diagnostische Grundrichtung wurde schon sehr früh durch bestimmte Schlüsselwörter und nonverbale Informationen des Patienten im anamnestischen Prozess festgelegt. Die Kategorisierung in verschiedene Referenzbilder stammte zum Großteil aus Lehrbüchern während sich die Zuordnung seitens des Arztes v.a. auf die eigene teilweise langjährige medizinische Erfahrung und eine gewachsene Arzt-Patienten-Beziehung stützte. Abweichungen im diagnostischen Schema entstanden, wenn die Schilderung des Patienten inklusive der nonverbalen Kommunikation mit keinem der klassischen Referenzbilder übereinstimmte. Dies veranlasste den Arzt zu weiterführender Diagnostik, meist in Form einer Überweisung zum jeweiligen Facharzt. Schlussfolgerung/Implikation: Als ein Schlüsselkriterium zur Diagnosefindung bei dem Symptom Kopfschmerz wurde die persönliche Erfahrung des jeweiligen Allgemeinarztes geäußert. Die Ärzte besaßen verschiedene Referenzbilder bestehend aus anamnestischen Schlüsselwörtern und nonverbaler Information, die mit dem Patienten abglichen wurden. Die körperliche Untersuchung spielte dabei oft nur eine untergeordnete Rolle. Bitte zitieren als: Hartel S, Diederich J, Baum E, Bösner S. Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Kopfschmerz eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom018. DOI: /11fom018, URN: urn:nbn:de: fom KHK Ausschluss in der Primärversorgung: Validierung des Marburger Herz-Score Stefan Bösner 1, Jörg Haasenritter 1, Paul Vaucher 2, Lilli Herzig 2, Erika Baum 1, Norbert Donner-Banzhoff 1 1 Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland 2 Universität Lausanne, Lausanne, Deutschland Hintergrund: Klinische Scores wie der Marburger Herz- Score (MHS) sollen Ärzte in der klinischen Entscheidungsfindung unterstützen. Bevor eine klinische Entscheidungsregel für den ärztlichen Alltag empfohlen werden kann, muss deren Aussagekraft auch für Patienten außerhalb der Ableitungsstichprobe generalisierbar sein. Ziel der Studie war es den MHS an einer neuen Stichprobe von Brustschmerzpatienten aus der Hausarztpraxis zu validieren. Material und Methoden: In einer diagnostischen Querschnittsstudie mit verzögertem Referenzstandard schlossen 56 Prüfärzte über einen Zeitraum von drei Monaten jeden Patienten ein, der folgende Einschlusskriterien erfüllte: nicht-traumatischer Brustschmerz als primärer oder sekundärer Beratungsanlass, Beschwerdedauer < vier Wochen, Alter 35 Jahre, Einwilligung. Zum Konsultationszeitpunkt erfassten die Prüfärzte neben weiteren klinischen Variablen die Kriterien des MHS. Zusätzlich wurden Verlaufsdaten während einer sechsmonatigen Nachbeobachtungszeit erhoben. Ein unabhängiges Referenz Komitee analysierte im Anschluss alle klinischen Patientendaten und entschied über die wahrscheinlichste Diagnose zum Zeitpunkt der Konsultation. Als Parameter der diagnostischen Aussagekraft berechneten wir Sensitivität, Spezifität, positive und negative prädiktive Werte und die AUC (Fläche unter der ROC). Ergebnisse: Die Daten von 844 Patienten wurden in der Analyse berücksichtigt. Die AUC betrug 0.84 (95% KI ). Bei einem cut-off von 3 Punkten zeigte der MHS eine Sensitivität von 89.1% (95% KI: %), eine Spezifität von 63.5% (95% KI: %), einen positiv prädiktiven Wert von 23.3% (95% KI: %) und einen negativ prädiktiven Wert von 97.9% (95% KI: %). Schlussfolgerung/Implikation: Auch in dieser zweiten Validierungsstichprobe zeigt der MHS eine gute diagnostische Aussagekraft zum Ausschluss einer KHK bei Brustschmerzpatienten in der Primärversorgung. Berücksichtigt man die Einfachheit des MHS, rechtfertigt dies eine Empfehlung zum Einsatz in der hausärztlichen Routineversorgung. Bitte zitieren als: Bösner S, Haasenritter J, Vaucher P, Herzig L, Baum E, Donner-Banzhoff N. KHK Ausschluss in der Primärversorgung: Validierung des Marburger Herz-Score. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom019. DOI: /11fom019, URN: urn:nbn:de: fom Kann eine Streptokokkenangina klinisch diagnostiziert werden? Herbert Bachler 1, Lisa Fischer 1, Peter Loidl 2, Christoph Fischer 1 1 TGAM, Innsbruck, Österreich 2 MUI, Innsbruck, Österreich Hintergrund: Halsschmerzen sind eine der häufigsten Konsultationsursachen in der AM-Praxis. Bei Kindern sind ca. 20% und bei Erwachsenen <5% ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A zu erwarten. 75% der Erwachsenen verlassen die Ordination aber mit einer Antibiotikaverordnung. Zu Unterscheidung viraler Erkrankungen von der Angina stehen unterschiedlich verwertbare klinische Risikoscores zu Verfügung, der für die Praxis brauchbarste scheint der mod. CENTOR-Score nach McIsaak zu sein. Dieser bewertet Lebensalter, Fieber, anguläre Lymphknoten, Fehlen von Husten und Beläge auf den Tonsillen. 26

28 Bisherige Arbeiten befassten sich ausschließlich mit Erwachsenen, oder wurden ohne Kontroll-gruppe durchgeführt. Die Angaben über die Zahl der asymptomatischen Streptokokkenträger sind in der sehr ungenau. Material und Methoden: Bei Patienten mit Konsultationsgrund Halsschmerzen wurden in der TGAM-Studie über einen Zeitraum von drei Jahren, in neun österreichischen Allgemeinmedizinpraxen Rachenabstriche abgenommen, auf CNA-Selektivnährböden inkubiert und das Ergebnis des kulturellen Erregernachweises standardisiert protokolliert. Ziel der Studie war die Evaluierung klinischer Beurteilungskriterien welche, ergänzend zum bestehenden Centorscore, mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Streptokokkeninfektion hinweisen und somit die klinische Beurteilung und bedside Diagnostik zu präzisieren. Ergebnisse: Erfahrene Allgemeinmediziner, die an dieser Studie teilnehmen, beurteilen intuitiv jeden 2. Halsschmerz als Angina oder Verdacht auf Angina, der positiv prädiktive Wert erreicht nur 18%, 20% der Anginen werden nicht erkannt. Unter Zuhilfenahme des Centor-Scores erreicht die klinische Beurteilung bei der Diagnose Angina einen positiv prädiktiven Wert von 71%, die falsch negativen Einschätzungen steigen aber auf 30 %. Ein zusätzlich bei hohem Centor-Score angewendeter immunologischer Schnelltest, hatte eine unzureichende Sensitivität von 70%. Schlussfolgerung/Implikation: Auch wenn alle typischen Symptome der Angina (Centor-Score 4-5) vorliegen, handelt es sich nur in 52% um eine Angina. Als diagnostischer Goldstandard kann nur die Streptokokkenkultur bezeichnet werden. Die TGAM-Studie zeigt, dass Beiimpfung, Bebrütung und Interpretation von Streptokokkennährböden in AM-Praxen problemlos durchführbar sind, die Resultate stehen in 16-24h zur Verfügung, Kosten und Zeitaufwand sind wesentlich geringer als beim ungenauen Schnelltest. Durch Erweiterung des mod. Centor-Scores um die Fragen: Kontakt mit Angina, Z. n. TE, Größe der Lymphknoten, und Differenzierung des Rachenbefundes könnte die Genauigkeit des klinischen Scores verbessert werden. 1. Wächtler H, Chenot J F. DGAM Leitlinie Nr. 14: Halsschmerz Available from: 2. McIsaac W J, White D, Tannenbaum D, Low D E. A clinical score to reduce unnecessary antibiotic use in patients with sore throat. Can Med Assoc. 1998;158: Informationsdienst für Ärzte und Apotheker. Antibiotische Behandlung der Streptokokkenangina. Arzneitelegramm. 2006;37: Reichhardt B, Pichlhöfer O, Zehetmayer, Maier M. Die zeitgemäße Diagnostik der akuten Pharyngitis. Wien Med Wochenschr. 2009;159(7 8): Rimoin AW, Hamza H S, Vince A. Evaluation of the WHO clinical decision rule for streptococcal pharyngitis. Arch Dis Child. 2005;90: Bitte zitieren als: Bachler H, Fischer L, Loidl P, Fischer C. Kann eine Streptokokkenangina klinisch diagnostiziert werden. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom020. DOI: /11fom020, URN: urn:nbn:de: fom Ie Geriatrie I: Hausärztliche Konsultationen mit älteren und hochbetagten Patienten 021 Partizipative Behandlungsplanung mit älteren Patienten (PräfCheck): Was bringt es, wenn sich Ärzte und Patienten partnerschaftlich über Gesundheits- und Behandlungsprioritäten austauschen? Ulrike Junius-Walker 1, Jennifer Wrede 2, Isabel Voigt 1, Heike Diederichs-Egidi 3, Werner Hofmann 4, Eva Hummers-Pradier 1, Marie-Luise Dierks 5 1 Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland 2 Institut für Allgemein- und Familienmedizin, Hannover, Deutschland 3 FÄ für Allgemeinmedizin, Bremen, Deutschland 4 WH-Sozialforschung, Hannover, Deutschland 5 Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland Hintergrund: Ältere Patienten haben viele Gesundheitsprobleme, sodass sie in der Regel nicht alle gleichzeitig behandelt werden können. Die gegenwärtige Sprechstundenstruktur fördert Behandlungen, die auf aktuelle Einzelanliegen reagieren, wodurch es bei Multimorbidität zu einer unverhältnismäßig großen Anzahl von Verordnungen kommen kann. Wünschenswert ist eine einvernehmliche arzt- und patientenseitige Priorisierung von Gesundheitsproblemen, um eine sinnvolle Reduktion der Behandlungen zu erreichen. Material und Methoden: 'PräfCheck steht für die Entwicklung und Testung einer partnerschaftlichen Behandlungsplanung, die auf patientenseitigen Gesundheitsprioritäten und arztseitigen Behandlungsprioritäten beruht. In dem cluster-randomisierten kontrollierten Interventionsstudienteil wurden 40 Hausärzte mit je ca. 8 Patienten per Blockrandomisierung der Interventions- oder Kontrollgruppe zugeordnet. Zunächst erhielten alle Patienten (ab 70 Jahre) das geriatrische STEP-Assessment, um Gesundheitsprobleme systematisch festzustellen. Arzt und Patient in beiden Gruppen bewerteten unabhängig voneinander, wie wichtig sie jedes einzelne Gesundheitsproblem fanden. Nur die Interventionsärzte wurden von den Patientenprioritäten in Kenntnis gesetzt und nahmen eine partizipative Behandlungsplanung vor, die Kontrollärzte eine übliche Besprechung und Planung. Überprüft wird derzeit, ob es signifikante und relevante Unterschiede in der Übereinstimmung der arzt- und patientenseitigen Wichtigkeitsbewertungen zwischen beiden Gruppen nach dem Arzt-Patient-Gespräch gegeben hat. Sekundäre Outcomes messen Patienteneinschätzungen zu Patientenzentrierung, Empowerment, Zufriedenheit, Art der Entscheidungsfindung und Behandlungsadhärenz bezogen auf das Arzt- Patient-Gespräch. Ergebnisse: Die 317 in die Studie eingeschlossenen Patienten (Ø 76 Jahre, 62% w) hatten im Median 11 Gesundheitsprobleme, insgesamt % aller Probleme waren den Patienten vor dem Arzt-Patient-Gespräch (t0) wichtig, 63% den Ärzten. Nach dem Gespräch (t2) bewer- 27

29 teten die Patienten mehr Probleme wichtig als zuvor (58%), die Ärzte verblieben bei 63%. Das Übereinstimmungsmaß Kappa (gewichtet) zur Wichtigkeitseinschätzung der Probleme zwischen Patient und Arzt lag zu t0 bei 0,063 und zu t2 bei 0,209. Gruppenspezifische Auswertungen zu dem primären und sekundären Outcomes werden derzeit vorgenommen Schlussfolgerung/Implikation: Ärzte und Patienten stimmten in ihren Gesundheits- und Behandlungsprioritäten vor dem Gespräch kaum überein. Die Übereinstimmung war auch nach dem Gespräch nicht wesentlich besser. Die weiteren Auswertungen werden ergeben, ob es gruppenspezifische Effekte in den Outcomes gibt. Bitte zitieren als: Junius-Walker U, Wrede J, Voigt I, Diederichs-Egidi H, Hofmann W, Hummers-Pradier E, Dierks ML. Partizipative Behandlungsplanung mit älteren Patienten (PräfCheck): Was bringt es, wenn sich Ärzte und Patienten partnerschaftlich über Gesundheits- und Behandlungsprioritäten austauschen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom021. DOI: /11fom021, URN: urn:nbn:de: fom Warum sprechen die Patienten nicht mit uns? Konsultationsverhalten und Erwartungen älterer Rückenschmerzpatienten Jens Best 1, Maria Geyer 1, Corinna Leonhardt 2, Annette Becker 1 1 Abteilung Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland 2 Institut für Medizinische Psychologie, Marburg, Deutschland Hintergrund: Trotz der hohen Prävalenz von Rückenschmerzen bei älteren Patienten zeigen Studien, dass ältere Menschen dem Arzt nicht spontan von ihren Beschwerden berichten ( underreporting ). Bislang liegen jedoch keine Erfahrungen vor, ob dieses Berichtsverhalten in Zusammenhang mit der Schmerzausprägung, Selbstwirksamkeit und den Erwartungen an den Arzt steht. Material und Methoden: Für eine Kohortenstudie wurden häusärztliche Patienten in drei Regionen Deutschlands rekrutiert. Es wurden Patienten >65 Jahre mit Rückenschmerzen in den letzten drei Monaten eingeschlossen. Anhand von Fragebogen, ggf. unterstützt durch Interview, wurden die Patienten zu ihren Schmerzcharakteristika, Komorbiditäten, Konsultationsverhalten, Medikamenteneinnahme, Selbstwirksamkeit und Erwartungen befragt. Ein Follow-up hinsichtlich der Ausprägung ihrer Schmerzen und der Erfüllung von Erwartungen erfolgte nach 6 und 12 Monaten. Ergebnisse: 115 Rückenschmerzpatienten aus 12 hausärztlichen Praxen (mittleres Alter: 73 Jahre (65 89), 67% Frauen) wurden eingeschlossen. 37% der Patienten wurden als Non-Reporter eingestuft (keine rückenschmerzbezogene Konsultation in drei Monaten). Diese Patienten hatten eine bessere schmerzbezogene Selbstwirksamkeit und empfanden die Beschwerden als weniger stark und weniger in Alltag und Freizeit einschränkend als die konsultierende Vergleichsgruppe. Für beide Patiententypen stehen die Verschreibung von Medikamenten, Tipps für Selbstmanagement und das Gespräch im Vordergrund ihrer Erwartungen an den Hausarzt. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse lassen vermuten, dass ältere Menschen im Sinne eines Defizitmodells Schmerzen akzeptieren und ihren Hausarzt nur dann konsultieren, wenn die Beschwerden zu Beeinträchtigungen im täglichen Leben führen. Inwiefern sich das unterschiedliche Berichtsverhalten auf die Prognose der Patienten auswirkt, wird auf dem Kongress vorgestellt werden. Bitte zitieren als: Best J, Geyer M, Leonhardt C, Becker A. Warum sprechen die Patienten nicht mit uns? Konsultationsverhalten und Erwartungen älterer Rückenschmerzpatienten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom022. DOI: /11fom022, URN: urn:nbn:de: fom Patientenverfügung auf neuen Wegen: Kontrollierte Studie zur Implementation des Advance Care Planning-Programms 'beizeiten begleiten' in Senioreneinrichtungen und kooperierenden Versorgungsstrukturen einer Region Jürgen in der Schmitten 1, Sonja Rothärmel 2, Stephan Rixen 3, Christine Mellert 1, Katharina Lex 1, Bernard Hammes 4, Linda Briggs 5, Karl Wegscheider 6, Georg Marckmann 7 1 Abteilung für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Deutschland 2 Institut für Bio-, Gesundheits- und Medizinrecht, Augsburg, Deutschland 3 Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sozialwirtschafts- und Gesundheitsrecht, Bayreuth, Deutschland 4 Institute of Medical Humanities, Gunderson Lutheran Medical Foundation, Wisconsin, Vereinigte Staaten 5 Institute of Medical Humanities, Gunderson Lutheran Medical Foundation, Wisconsin, Deutschland 6 Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Hamburg, Deutschland 7 Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, München, Deutschland Hintergrund: Advance Care Planning (ACP) ist ein innovatives Konzept zur systematischen Entwicklung und Beachtung von Patientenverfügungen (PV), das einen professionell begleiteten Gesprächsprozess auf individueller Ebene mit einer durchgreifenden strukturellen Veränderung im gesamten Netz der regionalen Gesundheitsversorgung verbindet. Wir haben untersucht, welche Effekte die Einführung eines ACP-Programms in einer Region hinsichtlich Vorkommen, Aussagekraft und Validität von PV in den beteiligten Senioreneinrichtungen bewirkt. Material und Methoden: Im Rahmen einer longitudinalen kontrollierten Studie verglichen wir 4 Altenheime der Interventionsregion (421 Plätze) mit 2x5 Altenheimen zweier Kontrollregionen (985 Plätze). Die Bewohnerrekrutierung erfolgte vom bis Primärer Endpunkt ist das Vorhandensein einer Patientenverfügung im Todesfall oder zum Sekundäre Endpunkte vergleichen Aussagekraft und Validität von PV sowie Prozessparameter und klinische Ereignisse. Die auf der Basis des US-amerikanischen ACP-Programms 'Respecting Choices ' entwickelte Intervention 'beizeiten begleiten ' umfasst 1. eine Schulung nicht-ärztlicher Einrichtungsmitarbeiter als professionelle Begleiter, 2. Fortbildungen für kooperierende Hausärzte, 3. die Entwicklung einheitlicher 28

30 Formulare einschließlich eines Notfallbogens und 4. Informationsveranstaltungen für das Personal der Senioreneinrichtungen, des Rettungsdienstes und des Krankenhauses. Ergebnisse: 180 Bewohner der Interventions- und 465 Bewohner der Kontrollregion nahmen an der Studie teil (41%); die Non-Responder-Analyse zeigt ein Überwiegen von Bewohnern mit Pflegestufe III im Studienkollektiv (25,6 vs. 14,9%), während Alter, Geschlecht und das Vorkommen von Patientenverfügungen (13,0 vs. 15,0%) nicht signifikant verschieden verteilt waren. Die Analyse der Studiendaten wird bis zum Sommer 2011 abgeschlossen sein. Schlussfolgerung/Implikation: Nach unserer Kenntnis handelt es sich um die erste inter-regional kontrollierte Studie zur Implementation eines ACP-Programms. Unser Programm 'beizeiten begleiten' hat wie seine internationalen Vorbilder eine Realisierung von gesundheitlicher Vorsorgeplanung ermöglicht, die den Rahmen herkömmlicher Patientenverfügungen weit überschreitet, und bewirkt bis heute tiefgreifende Veränderungen in mehreren beteiligten Institutionen der Interventionsregion. Offene Fragen sind die Auswirkung des Programms auf die tatsächliche Behandlung der Bewohner sowie die Bedingungen einer nachhaltigen Aufrechterhaltung solcher regionalen Programme. 1. Detering KM, et al. The impact of advance care planning on end of life care in elderly patients: randomised controlled trial. BMJ. 2010;340:c Hammes, BJ, Rooney BL, Gundrum JD. A comparative, retrospective, observational study of the prevalence, availability, and specificity of advance care plans in a county that implemented an advance care planning microsystem. J Am Geriatr Soc. 2010;58(7): in der Schmitten J, et al. A complex regional intervention to implement advance care planning in one town's nursing homes: Protocol of a controlled inter-regional study. BMC Health Serv Res. 2011;11(1):14. Bitte zitieren als: in der Schmitten J, Rothärmel S, Rixen S, Mellert C, Lex K, Hammes B, Briggs L, Wegscheider K, Marckmann G. Patientenverfügung auf neuen Wegen: Kontrollierte Studie zur Implementation des Advance Care Planning-Programms 'beizeiten begleiten' in Senioreneinrichtungen und kooperierenden Versorgungsstrukturen einer Region. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom023. DOI: /11fom023, URN: urn:nbn:de: fom Betreuung von älteren Patienten mit Diabetes mellitus durch Hausärzte Eva Mann 1, Alexander Vonbank 2, Christoph Säly 2, Heinz Drexel 2 1 Praxis für Allgemeinmedizin, Rankweil, Österreich 2 Akademisches Lehrkrankenhaus, Interne Abteilung, Feldkirch, Österreich Hintergrund: Die Prävalenz von Diabetes mellitus in der älteren Bevölkerung ist hoch wie auch die Prävalenz von makro- und mikrovaskulären Komplikationen sowie geriatrischen Syndromen. Ziel unserer Studie war die Analyse der Betreuung von älteren Patienten mit Diabetes mellitus in hausärztlichen Grundversorgung und der Vergleich der Resultate zwischen 70 bis 79 Jährigen und 80 Jahre alten Patienten. Material und Methoden: Ziel unserer Studie war die Analyse der Betreuung von älteren Patienten mit Diabetes mellitus in hausärztlichen Grundversorgung und der Vergleich der Resultate zwischen 70 bis 79 Jährigen und 80 Jahre alten Patienten. Von November 2008 bis März 2009 rekrutierten 23 Hausärzte und ein hausärztlich tätiger Facharzt für Innere Medizin konsekutiv insgesamt 203 unselektionierte Patienten im Alter von mindestens 70 Jahren. Erfasst wurden die Diabetes-relevante Anamnese, Medikation und glykämische, Lipid- und Nierenparameter. Ergebnisse: Von den 203 inkludierten Patienten waren 114 (56,2%) zwischen Jahre alt, 89 (43,8%) waren 80 Jahre und älter. Die Subgruppenanalyse zeigte einen Mittelwert des zuletzt gemessenen HbA1c von 7.1±0.9 bei Jährigen und 7.6±1.6 bei über 80- Jährige (p=0,080). Der innerhalb des letzten Jahres gemessene mittlere Wert von LDL lag in der Altersgruppe der Jährigen bei 122±40 und 114±35 (p=0,273) bei über 80-Jährigen. Im Vergleich zu den 70 bis 79 Jährigen zeigten Patienten in der höheren Altersgruppe signifikant niedrigere Werte für BMI (29.6±5.0 vs 27.5±5.0, p=0.010) und eine höhere Prävalenz von koronarer Herzkrankheit (37.1% vs 55.1%, p=0.011) und Demenz (6.1% vs 20%, p=0.001). Signifikant seltener als in der jüngeren wurden in der älteren Patientengruppe Kontrollen von LDL (80.7% vs 67.4%, p=0.001) und der Kreatininclearance (35.1% vs 30.3%, p=0.025) durchgeführt. Schlussfolgerung/Implikation: Erstmals werden österreichische Daten über die hausärztliche Versorgung von Patienten mit Diabetes, die älter als 70 Jahre alt sind, präsentiert. Die glykämische Kontrolle ist streng, deutliches Verbesserungspotential besteht in der Erreichung der Lipidziele und im Monitoring der Nierenfunktion. Es herrscht also immer noch ein glukozentrisches Weltbild in der Diabetes- Versorgung geriatrischer Patienten. Bitte zitieren als: Mann E, Vonbank A, Säly C, Drexel H. Betreuung von älteren Patienten mit Diabetes mellitus durch Hausärzte. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom024. DOI: /11fom024, URN: urn:nbn:de: fom Versorgung am Lebensende aus Sicht von Patienten und Angehörigen: Realität, Anspruch und Visionen Jutta Bleidorn 1, Katharina Klindtworth 2, Sandra Krenz 2, Helene Pahlow 2, Nils Schneider 2 1 Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland 2 Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland Hintergrund: Um die häusliche Versorgung Schwerstkranker und Sterbender zu optimieren, ist intensivierte Forschung zu den Perspektiven von Patienten und ihren Angehörigen zentral. Ziel dieser Untersuchung ist es, die 29

31 Sichtweisen von Betroffenen zu explorieren. Dabei wird sowohl das eigene Erleben der Versorgungssituation wie auch Vorschläge der Betroffenen zur Verbesserung der Versorgung berücksichtigt. Material und Methoden: Zwei leitfragengestützte Fokusgruppendiskussionen mit Patienten und ihren Angehörigen sowie Hinterbliebenen verstorbener Patienten (insgesamt: n=12 Teilnehmer). Digitale Aufzeichnung und Transkription der Gruppendiskussionen. Inhaltsanalytische Auswertung nach dem Ansatz qualitativer Deskription unter Verwendung des Softwareprogramms MAXQDA. Ergebnisse: Vier Kernkategorien wurden herausgearbeitet: 1. Koordination: Die Organisation von Hilfsmitteln und Verordnungen sowie die Koordination der Versorgung stellt häufig eine zusätzliche Belastung der pflegenden Angehörigen dar. An Schnittstellen, vor allem zwischen stationärem und ambulantem Bereich, können Probleme entstehen. Ein kompetenter Ansprechpartner, der als Lotse fungiert und Unterstützung bei allen organisatorischen Fragen bietet, wäre hilfreich. 2. Gespräche mit Ärzten: Gelungene Kommunikation sowohl mit Hausärzten, aber auch mit beteiligten Gebietsärzten als kompetenten und empathischen Gesprächspartnern wird von den Fokusgruppenteilnehmern als zentral erachtet. Vor allem sollte ausreichend Zeit für Aufklärung und Informationsvermittlung zur Verfügung stehen. 3. Entscheidungen: Ein wesentlicher Wunsch vieler Patienten ist, möglichst lange selbstständig und selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und Entscheidungen eigenständig treffen zu können. Ist das nicht mehr möglich, werden zunehmend Angehörige in die Entscheidungsfindung einbezogen. Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten werden dabei als hilfreich empfunden. 4. Schmerztherapie: Schmerzlinderung vor allem in der Sterbephase ist aus Sicht der Hinterbliebenen ein wichtiges Ziel. Mögliche unerwünschte Wirkungen, insbesondere Somnolenz und Einschränkungen in der Kommunikationsfähigkeit, sollten jedoch Berücksichtigung finden. Schlussfolgerung/Implikation: Unterstützung bei der Koordination, gelungene Kommunikation mit beteiligten Ärzten sowie die Beachtung individueller Bedürfnisse gerade auch im Hinblick auf Entscheidungsfindung sind wesentlich für eine patientenorientierte Versorgung am Lebensende. Die Stärkung sprechender Medizin auf unterschiedlichen Ebenen (Aus-, Fort- und Weiterbildung, Vergütungssystem) erscheint notwendig. Bitte zitieren als: Bleidorn J, Klindtworth K, Krenz S, Pahlow H, Schneider N. Versorgung am Lebensende aus Sicht von Patienten und Angehörigen: Realität, Anspruch und Visionen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom025. DOI: /11fom025, URN: urn:nbn:de: fom Die Bestimmung der Nierenfunktion und Konsequenzen für die Medikation bei hochbetagten Patienten Marlies Karsch-Völk, Elisa Schmid, Klaus Linde, Antonius Schneider Institut für Allgemeinmedizin, TU München, München, Deutschland Hintergrund: Bei vielen alten Patienten ist die Nierenfunktion eingeschränkt und limitiert die Medikamentenverordnung. Für die Dosisanpassung von Medikamenten bei alten Patienten haben sich der Serum-Kreatininwert, aber auch die häufig zur Berechnung einer egfr (estimated glomerular filtration rate) verwendete Modification of Diet in Renal Disease (MDRD)- Formel oder die Cockroft- Gault-Formel (CG) als nur eingeschränkt geeignet erwiesen. Serum-Cystatin C wurde in vielen Untersuchungen als ein dem Serum-Kreatinin überlegener Nierenparameter beschrieben, der vor allem bei alten Menschen weniger störanfällig ist. In unserer Studie soll untersucht werden, ob eine Berechnung der egfr mittels Cystatin C- basierten Formeln im Vergleich zur Berechnung mit Kreatinin-basierten Formeln zu einer so unterschiedlichen Einschätzung der Nierenfunktion bei über 80-Jährigen führt, dass sich auch unterschiedliche Konsequenzen für die Dosisanpassung der Medikation ergeben. Material und Methoden: Eingeschlossen wurden hausärztliche Patienten ab 80 Jahren, die einwilligungsfähig waren, eine normale Schilddüsenfunktion und keine akute maligne Erkrankung hatten. Bei allen Patienten wurden Serum-Kreatinin und Serum-Cystatin C bestimmt und die egfr mit den beiden Kreatinin-basierten Formeln MDRD und CG und drei Cystatin C-basierten Formeln (Grubb, Hoek, Perkins) berechnet. Zusätzlich wurde die Medikation aller Patienten erfasst. Zur Bewertung der Medikationskonsequenzen wurden drei Quellen herangezogen: The Renal Drug Handbook [1], und das Arzneimittel Pocket [2]. Ergebnisse: Insgesamt konnten 108 Patienten in die Auswertung aufgenommen werden. Das Durchschnittsalter lag bei 86 Jahren (SD 4,4 Jahre), der Frauenanteil bei 73%, die durchschnittliche Anzahl der eingenommenen Wirkstoffe bei 7,5 (SD 3,8) und die durchschnittliche Anzahl der eingenommenen Medikamente, bei denen eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz nötig werden kann, bei 2,5 (SD 1,4). Die Serum-Kreatininwerte lagen durchschnittlich bei 1,12 mg/dl (SD 0,46 mg/dl, Min 0,5 mg/dl, Max 3,2 mg/dl) und die Serum-Cystatin C-Werte bei 1,26 mg/l (SD 0,45 mg/l, Min 0,63 mg/l, Max 3,35 mg/l). Die egfr-werte lagen im Durchschnitt je nach Formel bei [ml/min/1,73m2] CG: 46,0; MDRD: 57,1; Grubb: 68,3; Hoek: 66,1; Perkins 87,6. Infolge des Renal Drug Handbook [1] müssen die wenigsten nierenfunktionsbedingten Medikationsänderungen durchgeführt werden und infolge des Arzneimittel Pocket [2] die meisten. Schlussfolgerung/Implikation: Generell schätzen die kreatininbasierten Formeln die egfr niedriger ein als die Cystatin C-basierten Formeln und führen daher auch zu mehr Konsequenzen bezüglich der Medikation. Dabei 30

32 werden mit der CG-Formel die niedrigsten egfr-werte ermittelt. Mehr als die Methode zur Bestimmung der Nierenfunktion jedoch beeinflusst die Auswahl der Referenzquelle, ob Konsequenzen bei der Medikation hoch Betagter gezogen werden müssen. 1. Ashley C, Currie A. The Renal Drug Handbook. 3rd ed. Oxford, New York: Radcliffe Publishing; Ruß A, Endres S. Arzneimittel Pocket. 7. Aufl. Grünwald: Börm Bruckmeier Verlag; Bitte zitieren als: Karsch-Völk M, Schmid E, Linde K, Schneider A. Die Bestimmung der Nierenfunktion und Konsequenzen für die Medikation bei hochbetagten Patienten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom026. DOI: /11fom026, URN: urn:nbn:de: fom If Depressions- und Demenz- Behandlung in der Primärversorgung 027 Behandlung depressiver Störungen in der Primärversorgung ein systematischer multitreatment Review der randomisierten Studien zu verfügbaren Behandlungen Klaus Linde 1, Isabelle Schumann 1, Karin Meissner 1, Susanne Jamil 1, Levente Kriston 2, Gerta Rücker 3, Gerd Antes 4, Antonius Schneider 1 1 TU München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland 2 Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland 3 Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland 4 Deutsches Cochrane Zentrum, Freiburg, Deutschland Hintergrund: Der überwiegende Teil der Patienten mit depressiven Störungen wird in Allgemeinarztpraxen bzw. in der Primärversorgung diagnostiziert und behandelt, die meisten Therapiestudien werden jedoch in Facharztpraxen und spezialisierten Zentren durchgeführt. Da die Übertragbarkeit der Ergebnisse aus solchen Settings unklar ist, wurden in näherer Vergangenheit vermehrt Meta-Analysen von Studien zu einzelnen Therapien durchgeführt, die ausschließlich hausärztliche Patienten untersuchten. Eine Gesamtschau dieser Studien liegt jedoch bisher nicht vor. Daher wird im Rahmen dieses systematischen multitreatment Reviews die Effektivität verfügbarer pharmakologischer, psychologischer und kombinierter Therapien zur Behandlung von Depression vergleichend untersucht. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Material und Methoden: Randomisierte Studien, in denen die Wirksamkeit pharmakologischer, psychologischer oder kombinierter Therapien bei Hausarzt-Patienten mit depressiven Störungen im Vergleich zu einer anderen Therapie, Placebo oder Nichtbehandlung untersucht wurden, werden über Datenbanksuchen und existierende Übersichtsarbeiten identifiziert. Zwei Reviewer extrahieren relevante Informationen und bewerten die Verzerrungsrisiken in den eingeschlossenen Studien mit Hilfe der von der Cochrane Collaboration empfohlenen Methode. Meta- Analysen (random effects Modell, inverse variance Gewichtung) werden für direkte Vergleiche einzelner Therapien bzw. einzelner Gruppen von Therapien (z.b. SSRIs vs. Trizyklika, SSRIs vs. Johanniskrautextrakte) durchgeführt. In einer sekundären Netzwerk-Analyse sollen Effektgrößen für die einzelnen Behandlungen unter Einbezug aller direkten und indirekten Vergleiche geschätzt werden. Ergebnisse: Das Projekt befindet sich derzeit (April 2011) in der Extraktionsphase. Bisher wurden 36 Studien eingeschlossen und extrahiert; es wird davon ausgegangen, dass in etwa noch mal eine ähnliche Zahl von Studien in den nächsten Wochen eingeschlossen wird. 22 der 36 bereits extrahierten Studien untersuchen medikamentöse Maßnahmen, 9 psychologische Interventionen und 5 Kombinationstherapien. Die Konzeption der meisten medikamentösen Studien (Vergleich mit Placebo oder anderen Medikamenten für 4-12 Wochen) unterscheidet sich deutlich von der der Mehrheit der psychologischen Studien (häufig Vergleich mit Routineversorgung und längere Beobachtungsdauer), was die Durchführung einer Netzwerk-Meta-Analyse deutlich erschweren wird. Aktuelle Ergebnisse werden vorgestellt. Schlussfolgerung/Implikation: Dieser systematische multitreatment Review wird einen umfassenden Überblick über die Evidenzlage zur Wirksamkeit verschiedener Therapien für hausärztliche Patienten mit depressiven Störungen erbringen. Es erscheint allerdings aufgrund der bisherigen Ergebnisse unwahrscheinlich, dass definitive Aussagen darüber getroffen werden können, ob einzelne Interventionen wirksamer sind als andere. Bitte zitieren als: Linde K, Schumann I, Meissner K, Jamil S, Kriston L, Rücker G, Antes G, Schneider A. Behandlung depressiver Störungen in der Primärversorgung ein systematischer multi-treatment Review der randomisierten Studien zu verfügbaren Behandlungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom027. DOI: /11fom027, URN: urn:nbn:de: fom Stellenwert von Johanniskraut-Extrakt in der Depressionstherapie eine nichtinterventionelle Studie in Hausarztpraxen Berthold Musselmann 1, Stefanie Joos 2, Martin Burkart 3 1 Akademische Lehrpraxis Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 2 Abt. Allgemeinmedizin Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 3 Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG, Karlsruhe-Durlach, Leitung Medizinische Wissenschaften, Karlsruhe, Deutschland Hintergrund: Patienten mit Depression werden in vielen Fällen vom Hausarzt betreut, häufig mit Johanniskraut. In einer einarmigen, nicht-interventionellen Studie wurde die Anwendung von Johanniskrautextrakt WS x600 mg/tag (Neuroplant ) im hausärztlichen Praxisalltag untersucht. Es wurden sowohl Sichtweisen der Patienten als auch der Ärzte erhoben. 31

33 Material und Methoden: Eingeschlossen wurden Patienten mit leichter bis mittelschwerer Depression, die seit mindestens 2 und längstens 6 Wochen bestand. Zur Schweregradbeurteilung wurde die Hamilton-Depressionsskala (HAMD) eingesetzt. In Anlehnung an internationale Studien wurde eine Verbesserung des HAMD-Gesamtscores um 50% als Therapieerfolg, ein Score <8 als Remission gewertet. Zur Abschätzung der Anwendungssicherheit wurden unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) erfasst. Die Beobachtungsdauer betrug 8 10 Wochen, dokumentiert wurden bis zu 3 Kontrollbesuche (nach 2, 4 6 und 8 10 Wochen). Erfahrungen und Einstellungen der Ärzte zur Depressionstherapie und Komplementärmedizin wurden anhand eines Fragenkatalogs erfasst. Ergebnisse: 408 Allgemeinmediziner dokumentierten Patienten (69% Frauen) mit leichter oder mittelschwerer Depression. Von diesen erfüllten 493 Patienten nicht alle Einschlusskriterien (z.b. Episodendauer zu lang/kurz n=344, Dokumentationszeitraum <8 Wochen n=87). Bei 640 Patienten (79%) wurde ein Therapieerfolg, bei 552 (68%) eine Remission erreicht (HAMD <8). 7 Patienten berichteten 9 leichte bis mittelschwere UAWs, kein UAW war schwerwiegend. Die Ärzte bewerteten die Verträglichkeit in 98% der Fälle als sehr gut bis gut. Von 408 Ärzten lagen 202 auswertbare Arztfragebögen vor. Die Ärzte waren im Mittel seit 18 Jahren niedergelassen, 31% besaßen die Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren. 85% schätzten das Vertrauen der Patienten in Komplementärmedizin hoch ein. Die Ärzte betrachteten Selbstheilung und Placebo-Effekte als wichtige Heilungsfaktoren, sprachen jedoch in 75% der Fälle dem Präparat mindestens die Hälfte der Therapiewirkung zu. Schlussfolgerung/Implikation: Diese Studie zeigt eine hohe Ansprech- und Remissionsrate für die Therapie mit Johanniskrautextrakt WS 5570 (1x600 mg/tag) im hausärztlichen Setting. Kausale Schlussfolgerungen lassen sich aufgrund des Studiendesigns nicht ziehen, der Vergleich mit einer randomisierten kontrollierten klinischen Studie zeigt jedoch ein vergleichbares Ansprechen. Die überwiegende Zahl der behandelnden Ärzte schreiben dem Johanniskrautextrakt über die Hälfte des Behandlungserfolges zu, darüber hinausgehende Effekte sind ebenso bedeutsam. Der hohe Stellenwert von Johanniskraut-Extrakt in der hausärztlichen Depressionstherapie wird bestätigt. Das Projekt zeigt, dass Studien in Hausarztpraxen in Kooperation mit Pharmaunternehmen erfolgreich durchführbar sind und dabei hausärztlicherseits das Design mitbestimmt werden kann. 1. Kasper S, Anghelescu I, Szegedi A, Dienel A, Kieser M. Superior efficacy of St. John's wort extract WS(R) 5570 compared to placebo in patients with major depression: a randomized, double-blind, placebo-controlled, multi-center trial. BMC Medicine. 2006;4: Kasper S, Volz HP, Möller HJ, Dienel A, Kieser M. Continuation and long-term maintenance treatment with Hypericum extract WS 5570 after recovery from an acute episode of moderate depression A double-blind, randomized, placebo controlled long-term trial. Eur Neuropsychpharmacol. 2008;18: Kirsch I, Sapirstein G. Listening to prozac but hearing placebo: a meta-analysis of antidepressant medication. Prevention & Treatment. 1998;1(2). DOI: / a 4. Linde K, Berner MM, Kriston L. St John's wort for major depression. Cochrane Database Syst Rev. 2008;4:CD Musselmann B, Szecsenyi J, Joos S. Komplementärmedizin in der Praxis der diagnostisch-therapeutische Prozess aus Sicht von Hausärzten (eine qualitative Studie). Forschende Komplementärmedizin. 2009;16(6):392-9 Bitte zitieren als: Musselmann B, Joos S, Burkart M. Stellenwert von Johanniskraut-Extrakt in der Depressionstherapie eine nichtinterventionelle Studie in Hausarztpraxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom028. DOI: /11fom028, URN: urn:nbn:de: fom Selbstmanagementförderung bei Patienten mit Angst, Depression oder somatoformen Störungen in der hausärztlichen Versorgung durch Kooperation zwischen Hausärzten und Pflegekräften Egina Puschmann 1, Thomas Zimmermann 2, Hendrik van den Bussche 2, Martin Scherer 2 1 Institut für Allgemeinmedizin, UKE, Hamburg, Deutschland 2 IfA, UKE, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Somatoformen Störungen, Angststörungen und Depression gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen, die initial überwiegend primärärztlich versorgt werden. Die Hausärzte übernehmen die weitere Steuerung der Patienten. Manchmal behandeln die Hausärzte selbst, manchmal überbrücken sie nur die Wartezeit auf einen Psychotherapieplatz. Aufgrund des hohen Bedarfs und der begrenzten Kapazitäten (sowohl haus- als auch spezialärztlich) erhalten viele dieser Patienten allerdings kein für den Fall optimiertes Angebot. Studiendesign: In dem hier vorgestellten Modellvorhaben wird die Mitarbeit einer Gesundheits- und Krankenpflegerin mit fachpsychiatrischer Weiterbildung in der hausärztlichen Praxis erprobt. Der Einschluss der Patienten erfolgt mittels PHQ Screening. Zur Verbesserung der Versorgung dieser Patienten sollen durch die Pflegekraft a) die Selbstmanagement-Fähigkeiten der Patienten im Umgang mit den Beschwerden gestärkt werden und b) Case- Management-Aufgaben übernommen werden, bspw. durch die Einbeziehung weiterer Spezialisten und Dienste. Eine Ist-Analyse mittels Fokusgruppen und Einzelinterviews liefert detaillierte Feldkenntnisse der Versorgungssituation von Patienten mit Symptomen aus dem somatoformen, ängstlichen und depressivem Spektrum. Die ermittelten Erfolgsfaktoren und Hindernisse der bisherigen hausärztli- 32

34 chen Behandlungs- und Empowerment-Strategien bilden die Basis der Interventionsplanung, die unter Einbeziehung von Hausärzten und Pflegekräften erfolgt. Im Rahmen einer Interventionsstudie (4 Praxen Intervention 4 Praxen Kontrollen) werden Ablauforganisation, Dokumentations- und Kooperationsinstrumente für die Zusammenarbeit von Hausarzt, Medizinischer Fachangestellten und der Pflegkraft entwickelt. Eine speziell für den Einsatz zugeschnittene Schulung der Pflegekräfte wird entworfen. Materialien zur Patientenberatung werden erstellt. Durch intensives Prozessmonitoring wird die Einbindung einer Pflegekraft im Setting einer ambulanten Praxis begleitet, die Pflegekräfte werden während ihres Einsatzes von 24 Monaten supervidiert. Evaluiert werden u. a. die Akzeptanz des neuen Versorgungsmodells und die Kosteneffektivität, d. h. der Nutzen für die Patienten (Veränderungen im PHQ), eine Verringerung der Inanspruchnahme des Gesundheitssystems und eine Reduktion der indirekten Kosten (z. B. AU-Tage). Ergebnisse: Die Ergebnisse aus den Fokusgruppen werden berichtet. Erwartungen: Es wird erwartet, dass sich die Versorgungssituation der Patienten unmittelbar verbessert und die Ressourcen des Gesundheitswesens optimaler genutzt werden, während indirekte Kosten sinken. Bei einer positiven Bewertung des Projektes ist geplant, das Konzept und die erstellten Materialien in andere Regionen zu übertragen. Derartige Versorgunsmodelle sind bislang nicht durchgeführt worden und stellt einen neuen Ansatz in der ambulanten Versorgungsstruktur dar. Die Diskussion soll genutzt werden, um über das vorgestellte Studiendesign zu reflektieren. Bitte zitieren als: Puschmann E, Zimmermann T, van den Bussche H, Scherer M. Selbstmanagementförderung bei Patienten mit Angst, Depression oder somatoformen Störungen in der hausärztlichen Versorgung durch Kooperation zwischen Hausärzten und Pflegekräften. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom029. DOI: /11fom029, URN: urn:nbn:de: fom Die Verschreibung von Antidementiva im ersten Jahr nach der Demenzdiagnose Ein Vergleich des Verschreibungsverhaltens von Hausärzten und Nervenärzten Hendrik van den Bussche 1, Hanna Kaduszkiewicz 1, Daniela Koller 2, Marion Eisele 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland 2 Zentrum für Sozialpolitik, Bremen, Deutschland Memantine in einer angemessenen Dosierung 2. Bei wie vielen Patienten bestehen Unterdosierungen und/oder Diskontinuität in der Verschreibung? 3. Wie unterscheiden sich Hausärzte und Nervenärzte diesbezüglich 4. Welche weiteren Faktoren sind mit der Verschreibung der beiden Medikamentengruppen in einer adäquaten Dosierung assoziiert? Material und Methoden: Die Studie basiert auf Routinedaten der Gmünder Ersatzkasse der Jahre Analysiert wurden die Verschreibungen von Antidementiva für 1848 Patienten mit inzidenter Demenz, die 65 Jahre und älter waren. Faktoren, die die Verschreibung von ChEI und/oder Memantine beeinflussten, wurden in einer multivariaten ordinalen logistischen Regression analysiert. Ergebnisse: Bei der großen Mehrheit der Patienten mit inzidenter Demenz wird keine sichere ätiologische Zuordnung der Demenz vorgenommen. 72,6% aller Patienten mit inzidenter Demenz wurden im ersten Jahr nach Diagnose keine Antidementiva verordnet. ChEI und/oder Memantine in einer angemessenen Dosierung erhielten 7,9% der Patienten, in einer inadäquaten Dosierung weitere 11,7% und 7,8% erhielten andere Antidementiva. Die Unterschiede im Verschreibungsverhalten zwischen Hausärzten und Nervenärzten waren gradueller, nicht grundsärztlicher Natur. Insbesondere im städtischen Bereich ist die Verschreibungsfu8nktion von Antidementiva bei Nervenärzten sehr wenig ausgeprägt. Schlussfolgerung/Implikation: Die Mehrheit aller untersuchten Patienten mit inzidenter Demenz erhielt keine demenzspezifische Medikation im ersten Jahr nach Diagnose, auch dann nicht, wenn ein Nervenarzt als (Mit)- Behandler tätig war. Weitere Studien sollten die Gründe für Nichtdiagnostik, Nichtverschreibung und Therapieabbruch untersuchen. In diesem Zusammenhang erfordern Fragen der Praktikabilität und Umsetzung von Leitlinien eine vermehrte Aufmerksamkeit. 1. van den Bussche H, Kaduszkiewicz H, Koller D, Eisele M, Steinmann S, Glaeske G, Wiese B. Anti-dementia drug prescription sources and patterns after the diagnosis of dementia in Germany: Results of a claims data based one year follow-up. Int Clin Psychopharmacol. 2011;26. DOI: /YIC.0b013e328344c600 Bitte zitieren als: van den Bussche H, Kaduszkiewicz H, Koller D, Eisele M. Die Verschreibung von Antidementiva im ersten Jahr nach der Demenzdiagnose Ein Vergleich des Verschreibungsverhaltens von Hausärzten und Nervenärzten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom030. DOI: /11fom030, URN: urn:nbn:de: fom Hintergrund: Internationale und nationale Leitlinien zur Behandlung von Patienten mit Demenz empfehlen bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer Demenz den Einsatz von Cholinesterasehemmern (ChEI) sowie bei mittelschwerer bis schwerer Form den Einsatz von Memantine. Eine Analyse der Verordnungsdaten auf der individuellen Patientenebene liegt allerdings bisher nicht vor. Hauptfragestellungen dieser Studie waren daher: 1. Wie viele Patienten mit inzidenter Demenz erhalten einen ChEI oder 33

35 031 Kosteneffektivität eines praxisbasierten Case Managements für Patienten mit Depression Jochen Gensichen 1,2, Juliana J. Petersen 2, Steffen Baron 2, Dirk Heider 3, Ferdinand M. Gerlach 2, Hans-Helmut König 3 1 Institut für Allgemeinmedizin Universitätsklinikum Jena, Friedrich- Schiller-Universität, Jena, Deutschland 2 Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland 3 Abteilung für Medizinische Soziologie und Gesundheitsökonomie, Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, Deutschland Hintergrund: Ein praxisbasiertes Case Management durch Medizinische Fachangestellte für Patienten mit Depression in der hausärztlichen Praxis verbessert die Symptome der Depression. Ist diese Intervention kosteneffektiv? Methode: Pragmatisch cluster-randomisierte Interventionsstudie ( ) in 74 deutschen Hausarztpraxen (Einbzw. Zweiarztpraxen). Eingeschlossen wurden Patienten zwischen 18 und 80 Jahren mit Major Depression / Depressive Episode (nach Patient Health Questionnaire: PHQ-9>9 und hausärztlichem ICD-10 Interview). Die Intervention bestand aus einem strukturierten Telefonmonitoring zu Symptomen und Medikamentenadherenz sowie Beratungen über 12 Monate. Die Zielgröße war depressionsfreie Tage (Depression-free Days DFD) basierend auf PHQ-9 Werten. Der Incremental Cost- Effectiveness Ratio (ICER) wurde auf Grundlage der Differenzen zwischen Interventions- und Kontrollgruppe bezüglich der Kosten und DFDs nach 24 Monaten berechnet. Ergebnisse: Von 626 in die Studie eingeschlossen Patienten wurden nach 24 Monaten 439 (71%) in dieser Auswertung berücksichtigt. Über 24 Monate wiesen die Interventionspatienten statistisch signifikant mehr DFDs als die der Kontrollgruppe auf (Mittelwert: 373 vs. 311 DFDs; P<0.01). Die mittleren Interventionskosten betrugen 276 pro Interventionsjahr und Patient. In der Interventionsgruppe waren die mittleren direkten Kosten höher (4495 vs ; P=0.16), aber die mittleren indirekten Kosten deutlich niedriger ($5238 vs. $7539 ; P=0.05) - ebenso die Gesamtkosten. Wenn Entscheidungsträger bereit wären 12.- pro DFD zur Verfügung zu stellen, können positive Effekte der Intervention erwartet werden. Schlussfolgerung: In deutschen Hausarztpraxen ist ein einjähriges Depressions-Case-Management kosteneffektiv in der Erhöhung depressionsfreierer Tage über zwei Jahre für betroffene Patienten gegenüber einer Routineversorgung. Bitte zitieren als: Gensichen J, Petersen JJ, Baron S, Heider D, Gerlach FM, König HH. Kosteneffektivität eines praxisbasierten Case Managements für Patienten mit Depression. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom031. DOI: /11fom031, URN: urn:nbn:de: fom Die Rolle von Depressivität in der Optimierung der Behandlung von Patienten mit Bluthochdruck Angela Buchholz 1, Stephanie Spiegler 1, Iris Tinsel 1, Karl-Georg Fischer 2, Wilhelm Niebling 1 1 Lehrbereich Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland 2 Medizin IV, Abt. Nephrologie, Universitätsklinik Freiburg, Freiburg, Deutschland Hintergrund: Es gibt Hinweise darauf, dass das Vorliegen depressiver Symptome bei Patienten mit chronischen Erkrankungen die Behandlung erschweren kann. Einführung und Verbesserung gesundheitsförderlicher Verhaltensweisen (Lebensstiländerung) sind seltener zu beobachten [1] und die Arzt-Patient Beziehung kann beeinträchtigt sein, was unter Umständen zu einer verminderten Adhärenz beitragen kann [2]. Ziel dieser Studie ist es, zu untersuchen, wie häufig und mit welchem Schweregrad bei hausärztlich betreuten Patienten mit Hypertonie depressive Symptome auftreten und ob das Vorliegen depressiver Symptome mit einer schlechteren Blutdruckeinstellung, geringerer Adhärenz oder geringerer wahrgenommenen Partizipation der Patienten einhergeht. Material und Methoden: Im Rahmen des Projektes Optimierung der Blutdruckeinstellung bei Patienten mit Hypertonie durch die Implementierung von partizipativer Entscheidungsfindung (PEF) in Hausarztpraxen in Südbaden werden Patienten, die wegen einer Hypertonie in Behandlung sind über vier Messzeitpunkte beobachtet. Die aktuelle Auswertung bezieht sich auf den zweiten Messzeitpunkt. Neben der Erfassung des Blutdrucks (24-Stunden Blutdruckmonitoring) sowie weiteren klinischen und soziodemographischen Daten bearbeiteten die Patienten nach dem Arztgespräch einen Fragebogen. Dieser enthielt den Brief Patient Health Questionnaire (PHQ9), den Fragebogen zur partizipativen Entscheidungsfindung (PEF-FB9), die Medical Adherence Rating Scale (MARS), sowie Fragen zu Behandlungsentscheidungen im Hinblick auf den Bluthochdruck. Ergebnisse: Für 746 Patienten (52,9 % weiblich, mittleres Alter 65,6, SD=11,4) liegen ausreichend vollständige Angaben (<2 fehlende Werte) für den PHQ-9 vor. Im Mittel geben die Patienten einen PHQ-Wert von 3,5 an (SD=3,3). 118 Patienten (15,8%) geben leichte depressive Beschwerden an (PHQ zwischen 5 und 10), bei 28 Patienten (3,8%) liegt der PHQ-Wert über 10, was als Hinweis auf eine aktuelle depressive Episode gesehen werden kann. Die Blutdruckwerte der Patienten liegen im Mittel bei 127,6/77,6 (SD=12,2/8,9). Es zeigte sich, dass die Gruppe der Patienten mit Hinweis auf eine depressive Episode einen niedrigeren systolischen Blutdruck haben (124,7), jedoch ergeben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Zusammenhänge zu anderen erfassten Konstrukten werden beim Kongress präsentiert. Schlussfolgerung/Implikation: Der Großteil der Stichprobe berichtet aktuell nicht von depressiven Beschwerden, dennoch ist bei einem Fünftel der Patienten von depressiven Symptomen auszugehen. Es zeigt sich kein Zusammenhang zur aktuellen Blutdruckeinstellung, somit scheint zunächst das Vorliegen depressiver Symptome in dieser 34

36 Stichprobe keinen hindernden Effekt auf die Blutdruckeinstellung zu haben. 1. Hibbard JH, Mahoney ER, Stock R, Tusler M. Do increases in patient activation result in improved self-management behaviors? Health services research. 2007;42(4): Gabriel H, Ambros O. Psychosomatische Aspekte bei PatientInnen mit arterieller Hypertonie. J Kardiol. 2010;17:30-4. Bitte zitieren als: Buchholz A, Spiegler S, Tinsel I, Fischer KG, Niebling W. Die Rolle von Depressivität in der Optimierung der Behandlung von Patienten mit Bluthochdruck. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom032. DOI: /11fom032, URN: urn:nbn:de: fom IIa Patientensicherheit 033 Was wissen Patienten über ihre orale Antikoagulationstherapie? Thanh Duc Hua 1, Stefan Viktor Vormfelde 2, Manar Abu Abed 2, Petra Sobotta 1, Hannelore Schneider-Rudt 1, Jean-François Chenot 1 1 Abteilung Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland 2 Klinische Pharmakologie, Göttingen, Deutschland Hintergrund: In Deutschland nehmen über eine Million Patienten täglich Phenprocoumon ein. Die Sicherheit und die optimale Einstellung der Therapie erfordern Adhärenz und Wissen des Patienten über die Risiken der Therapie, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, Ernährungsempfehlungen und Verhaltensregeln unter oraler Antikoagulation (OAT). Ziel unserer Studie ist es, die Selbsteinschätzung und das Basiswissen über die OAT ungeschulter Patienten zu evaluieren. Material und Methoden: Im Rahmen einer clusterrandomisierten Interventionsstudie in 22 Hausarztpraxen wurden bei 353 Patienten (48% Frauen; Durchschnittsalter aller Patienten lag bei 74 Jahre SD±11) mit OAT eine Eingangserhebung durchgeführt. Mit einem selbstentwickelten Fragebogen wurden demographischen Daten, subjektive Sicherheitsempfinden der Patienten sowie ihr Wissen zu Risiken, Wechselwirkungen, Ernährungsempfehlungen und Verhaltensregeln unter OAT erfasst. Ergebnisse: Die meisten Befragten (57%) schätzen ihr Wissen über die OAT gut bis sehr gut ein. Allerdings gaben ca. 52% Angst vor Komplikationen an. 28% der Befragten wussten nicht, wie lange sie Gerinnungshemmer einnehmen müssen und ca. 43% der Befragten kannten ihren individuellen Zielwert nicht. 46% hatten keine Kenntnisse darüber, wie sie sich unter der Therapie mit Gerinnungshemmer ernähren sollen. 85% der Befragten wussten über die Einflussfaktoren auf die OAT, wie freiverkäufliche Medikamente oder akute Erkrankungen nicht Bescheid. Die Symptome einer Über- und Unterdosierung, die ein rasches Handeln erfordern, wie Paresen beim Schlaganfall oder Teerstuhl bei Darmblutungen wurden von ca. 62% der Befragten nicht als dringender Notfall eingestuft. Schlussfolgerung/Implikation: Obwohl die Mehrheit der Patienten ihr Wissen über die OAT als gut einschätzt, bestehen in vielen sicherheitsrelevanten Themen zur OAT große Wissenslücken. Dies ist potentiell gefährlich, da das Risiko für Komplikationen mit den Wissenslücken über die OAT korreliert. Es besteht ein Bedarf an einer effektiven strukturierten Schulung, um die Sicherheit der Therapie mit oralen Antikoagulantien zu erhöhen. In Deutschland gibt es derzeit noch keine standardisierte Schulung für Patienten, die keine Selbstmessung durchführen, die aber den großen Anteil der Patienten mit OAT ausmachen. Die effizienteste Form einer Schulung zur Therapie mit oralen Antikoagulantien muss noch gefunden werden. Ob eine videogestützte und persönliche Schulung durch eine Medizinische Fachangestellte das Wissen über die OAT beim Patienten im Vergleich zu einer üblichen Patienteninformation nachhaltig verbessert, wird im nächsten Schritt unserer Studie evaluiert. 1. Hua TD, Vormfelde SV, Abed MA, Schneider-Rudt H, Sobotta P, Friede T, Chenot JF. Practice nursed-based, individual and video-assisted patient education in oral anticoagulation. Protocol of a cluster-randomized controlled trial. BMC Family Practice. 2011;12:17. Bitte zitieren als: Hua TD, Vormfelde SV, Abu Abed M, Sobotta P, Schneider-Rudt H, Chenot JF. Was wissen Patienten über ihre orale Antikoagulationstherapie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom033. DOI: /11fom033, URN: urn:nbn:de: fom Dann nehme ich noch so was Pflanzliches Risiken der sogenannten sanften Medizin Silke Brockmann Swissmedic - Schweizerisches Heilmittelinstitut, Bern, Schweiz Hintergrund: Bei der Erhebung der Medikamentenanamnese oder Festlegung einer medikamentösen Therapie in Praxis oder Klinik wird oft nicht bedacht, dass Patienten nebenher Präparate einnehmen, die ihnen zur Verbesserung ihres Wohlbefindens angepriesen werden. Dazu gehören pflanzliche oder komplementärmedizinische Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel oder Tees. Aufgrund ihres Rufes, natürlich und sanft zu wirken, werden diese Präparate bezüglich ihrer Risiken von den Anwendern und den Ärzten oft unterschätzt. Hinzu kommt eine unzureichende Meldedisziplin von unerwünschten Wirkungen (Adverse Drug Reactions, ADR) oder Ereignissen (Adverse Events, AE) gerade bei diesen Mitteln. Material und Methoden: Fälle von ADR und AE aus Datenbanken und sowie Interaktionsdaten werden aufbereitet und die Auswirkungen auf Gesundheit oder Leben der Patienten dargestellt. Ergebnisse: Zwei zentrale Probleme können identifiziert werden: 1. Untersuchungen zur Metabolisierung von z.b. Phytoarzneimitteln zeigen häufiger als angenommen ein (theoretisches oder klinisch bestätigtes) Potential zu Inter- 35

37 aktionen mit lebenswichtigen bzw. dauerhaft einzunehmenden Arzneimitteln. 2. Das Problem der Fehl- oder Unterversorgung von Erkrankten aufgrund einer verzögerten Diagnosestellung oder Verhinderung einer adäquaten Behandlung durch die Anwendung sanfter Präparate wird zur Zeit unzureichend erfasst und allenfalls anekdotisch darüber berichtet. Schlussfolgerung/Implikation: Wechselwirkungen und Fehlanwendungen können für Patienten gefährlich werden. Ärzte sollten jeden Verdachtsfall eines AE bzw. einer ADR melden oder kasuistisch publizieren, wenn sie den Zusammenhang zu einem Präparat vermuten. Nur anhand gemeldeter oder publizierter Ereignisse können die Pharmafirmen zur Anpassung der Fach- und Gebrauchsinformationen verpflichtet werden. Zur Erfassung von Folgen einer Fehlanwendung oder einer Behandlung mit unzureichend wirksamen Präparaten bedarf es auch neuer Meldemethoden und -systeme. 1. Barnes J. Quality, efficacy and safety of complementary medicines: fashions, facts and the future. Part II: Efficacy and safety. Br J Clin Pharmacolog. 2003;55: De Smet P. Clinical risk management of herb-drug interactions. Br J Clin Pharmacol. 2006;63(3): Fattinger K, Meier-Abt A. Interaktionen zwischen Phytopharmaka und Arzneimitteln. Schweiz Med Forum. 2003;29/30: Lim A, Cranswick N, South M. Adverse events associated with the use of complementary and alternative medicine in children. Arch Dis Child DOI: /adc Bitte zitieren als: Brockmann S. Dann nehme ich noch so was Pflanzliches Risiken der sogenannten sanften Medizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom034. DOI: /11fom034, URN: urn:nbn:de: fom Verbessert der Einsatz der Frankfurter Patientensicherheitsmatrix die Sicherheitskultur in Hausarztpraxen? Beate Müller 1, Barbara Hoffmann 1, Vera Müller 1, Zeycan Albay 1, Katrin Weppler 1, Carolin Mießner 1, Jakob Schröber 1, Gesine Hofinger 2, Justine Rochon 3, Ferdinand Gerlach 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland 2 Hofinger Forschung Beratung Training, Remseck, Deutschland 3 Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Instrumente zur Messung oder Selbsteinschätzung von Sicherheitskultur werden zunehmend in Kliniken und Praxen eingesetzt. Die Frankfurter Patientensicherheitsmatrix (FraTrix) ist ein Selbsteinschätzungsinstrument für Teams in Hausarztpraxen, das zur gemeinsamen Reflektion über Patientensicherheit und Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheitskultur anregen soll. In einer randomisiert-kontrollierten Studie wurde es auf seine Effekte hinsichtlich der Sicherheitskultur untersucht. Material und Methoden: Alle vertragsärztlichen Hausarztpraxen in Südhessen wurden angeschrieben. Einschlusskriterium war eine Teamgröße von drei Personen, Ausschlusskriterium kinderärztliche Praxen. 60 Praxen sollten rekrutiert und zufällig der Intervention (drei Teamsitzungen verteilt über neun Monate, in denen unter externer Moderation mit FraTrix gearbeitet wird) oder Kontrolle (Teilnahme an einer Fortbildung über Fehlermanagement) zugeteilt werden. Vor der Randomisierung und nach Ablauf eines Jahres wurden per Fragebogen Daten zum Sicherheitsklima und durch Praxisvisitation zu sicherheitsrelevanten Routineprozessen (12 Sicherheitsindikatoren) und zum dokumentierten Fehlermanagement erhoben. Ergebnisse: Nach erfolgter Randomisierung nahmen 28 Praxen am Interventionsarm teil, 32 am Kontrollarm. Eine Praxis aus der Interventions- und zwei Praxen aus der Kontrollgruppe schieden im Verlauf aus. Zu Beginn der Studie (initiale Datenerhebung) erreichten die Praxen bei den Indikatoren zwischen 0,43 bis 0,75 Punkten (maximal erreichbar 1, Abbildung 1), allerdings hatten 0 bis 34 Praxen alle Kriterien eines Indikators erfüllt (schlechtester Wert: Therapie mit Antikoagulantien; bester Wert: Dokumentation von Medikamentenallergien, Abbildung 2). In zehn Praxen waren aktuell (zwischen einem und neun) kritische Ereignisse dokumentiert worden. In der schriftlichen Befragung aller Mitglieder des Praxisteams zeigt sich insgesamt die Wahrnehmung eines positiven Patientensicherheitsklimas (Mittelwerte zwischen 3,98 und 4,59 auf einer fünfstufigen Likert-Skala). Die Intervention wurde in 27 Praxen wie geplant durchgeführt, in 14 der Interventionspraxen wurden zwischen einer und 18 Maßnahmen zur Erhöhung der Patientensicherheit und Verbesserung der Sicherheitskultur beschlossen und dokumentiert. Schlussfolgerung/Implikation: Die Studie wurde Ende 2010 abgeschlossen, derzeit werden die Daten ausgewertet. Die Ergebnisse sollen auf dem Kongress vorgestellt werden. 1. Halligan M, Zekevic A. Safety culture in healthcare: a review of concepts, dimensions, measures and progress. BMJ Qual Saf. 2011;20: DOI: /bmjqs Hoffmann B, Müller V. Sicherheitskultur in der Arztpraxis Interprofessionelle Reflexion als Mittel zur Veränderung der Sicherheitskultur. In: Mistele P, Bargstedt U, Hrsg. Sicheres Handeln lernen Kompetenzen und Kultur entwickeln. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft;

38 0,8 0,31 0,7 0,6 0,33 0,19 0,28 0,25 0,20 0,31 0,15 0,5 0,22 0,25 0,17 0,21 0,4 0,3 0,2 0,1 0 Abbildung 1: Mittelwerte und Standardabweichungen der standardisierten Indikatoren (60 Praxen) Abbildung 2: Erfüllungsgrad der Patientensicherheitsindikatoren (60 Praxen) Bitte zitieren als: Müller B, Hoffmann B, Müller V, Albay Z, Weppler K, Mießner C, Schröber J, Hofinger G, Rochon J, Gerlach F. Verbessert der Einsatz der Frankfurter Patientensicherheitsmatrix die Sicherheitskultur in Hausarztpraxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom035. DOI: /11fom035, URN: urn:nbn:de: fom

39 036 Patientensicht auf unerwünschte Ereignisse in der Primärversorgung: Eine systematische übersicht Christoph Heintze 1, Sarah Lang 1, Vittoria Braun 1, Marcial Velasco Garrido 2 1 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland 2 Zentralinstitut für Arbeitsmedizin, Hamburg, Deutschland Hintergrund: In den letzten 20 Jahren hat sich eine breite Diskussion um die Bedeutung systematischer Fehleranalysen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen entwickelt. Bisherige Ansätze zur Erfassung unerwünschter Ereignisse beziehen sich überwiegend auf Ärzte und andere im Gesundheitswesen tätige Akteure. Erst in den letzten wird die Bedeutung der Patientenperspektive erkannt. Ziel dieser Arbeit war, anhand einer systematischen übersicht unerwünschte Ereignisse in der Primärversorgung aus Patientensicht darzustellen. Material und Methoden: Es wurden systematisch deutschund englischsprachige Publikationen in den Datenbanken MEDLINE, PubMed, CINAHL und der Cochrane Library durchsucht (Oktober 2010). Unerwünschte Ereignisse umfassen ärztliche Behandlungsfehler, potentielle Fehler verursacht durch Patienten, Ereignisse mit möglicher und tatsächlicher Schädigung, unerwünschte Arzneimittelschäden und Medikationsfehler (Suchbegriffe: medical error, harm, adverse events, adverse drug event, adverse drug reaction, safety incident, patient experiences, patients perspective u.a.). Es wurden ausschließlich Originalarbeiten des ambulanten Sektors berücksichtigt. Ergebnisse: Von Artikeln wurden 18 Originalarbeiten in die Analyse aufgenommen. Der Hauptteil der Studien (17 von 18) wurde ab dem Jahr 2004 veröffentlicht. Die untersuchten Originalarbeiten weisen heterogene Fragestellungen auf, die qualitative und quantitative Forschungsarbeiten einschließen. Die unerwünschten Ereignisse aus Patientensicht können in fünf Kategorien eingeteilt werden, die sich auf Fehlertypen, Ursachen, Schadensausmaß, Präventionsstrategien und Reaktionen der Betroffenen beziehen. Die meisten Studien thematisieren Fehlertypen und beziehen sich insbesondere auf Praxisabläufe, aber auch unerwünschte Arzneimittelereignisse, versäumte Diagnostik und Therapien. Defizite in der Arzt-Patienten- Kommunikation werden in der Kategorie Reaktionen der Betroffenen als wichtiger Aspekt durch Patienten aufgegriffen. Schlussfolgerung/Implikation: Die Studien dieser systematischen Übersichtsarbeit weisen eine große Heterogenität hinsichtlich der Zielsetzung, Methodik und der Ergebnisse auf. Erwartungsgemäß werden unmittelbare unerwünschte medizinische Ereignisse von befragten Personen oder Patienten nur begrenzt beschrieben, während Probleme der Struktur- und Prozessqualität in der Versorgung umfassender wahrgenommen werden. Deutlich wird, dass die Bedeutung der Qualitätssicherung aus Patientensicht weiter entwickelt werden muss und die sachgerechte Kommunikation der Ärzten im Kontext kritischer Ereignisse mehr Aufmerksamkeit erfahren sollte. Bitte zitieren als: Heintze C, Lang S, Braun V, Velasco Garrido M. Patientensicht auf unerwünschte Ereignisse in der Primärversorgung: Eine systematische übersicht. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom036. DOI: /11fom036, URN: urn:nbn:de: fom Führen computerunterstütze (IT)-Interventionen zur Verbesserung der Medikamentensicherheit in der Allgemeinmedizin-Praxis?: eine systematische Übersichtsarbeit von randomisiert kontrollierten Studien Miriam Lainer, Eva Mann, Andreas Sönnichsen PMU, Salzburg, Österreich Hintergrund: Seit Jahrzehnten wird an Computer unterstützen (IT)-Interventionen wie CPOE (Computer Order Entry System), CDS (Computerised decision support) gearbeitet, um Medikamentenfehler wie Kontraindikationen, Allergien, Überdosierungen und Doppelverschreibungen zu reduzieren. Bislang fand die Forschung überwiegend im Spitalsbereich statt, Medikamentenverordnungen gehören aber vorwiegend zu den wichtigsten therapeutischen Interventionen in der Allgemeinpraxis und ihre Anwendungsfehler stellen eine der häufigsten Ursachen von Komplikationen in unserem Gesundheitssystem dar. Diese Arbeit bietet eine systematische Übersicht über die bisher durchgeführten randomisiert kontrollierten Studien (RCTs), die unterschiedliche IT-Interventionen untersucht haben, um deren Effektivität zur Verbesserung der Medikamentensicherheit in der Allgemeinmedizin darzustellen. Material und Methoden: Mit einem erweiterten Suchbegriff auf der Basis von IT-Intervention, Primary Care, Adverse Drug Events wird in den Datenbanken MEDLINE, EMBASE und DARE nach relevanten Studien gesucht und es werden Artikel gefunden. Titel und Abstracts werden von 2 unabhängigen Prüfern durchgesehen und die Ergebnisse verglichen. Nach einer zusätzlichen Handsuche wurden zunächst 83 Studien als einschließbar identifiziert. Nach der Volltextanalyse und Überprüfung der Einschlusskriterien wurden 72 Studien ausgeschlossen und 11 RCTs in die Datenextraktion inkludiert. Die Daten wurden anschließend von zwei unabhängigen Wissenschaftern diskutiert und konsentiert. Ergebnisse: Von den 11 RCTs untersuchten 6 ein CDS (Computerised decision support) System, 1 ein Computer generiertes Feedback, 1 ein Webprogramm, 1 eine Medication Pregnancy Intervention, 1 ein Pharmacy Information Management System (PIMS) und 1 ein Telemedizinsystem. Zwar ergibt sich in einer Studie eine signifikante Reduktion der Verschreibung von für ältere Menschen unpassenden Medikamenten [1] und in einer Weiteren führt eine computerunterstützte Intervention von Pharmazeuten zu einer Reduktion der Fehlverschreibungen bei Patienten mit Vorerkrankungen [2]. Dennoch wurde eine Studie wegen Störungen im Computerprogramm vorzeitig abgebrochen und einige Studien zeigen keinen signifikanten Unterschied in der Medikamentensicherheit im Allgemeinen gegenüber der bisherigen Verschreibungspraxis. 38

40 Schlussfolgerung/Implikation: In den analysierten 11 RCTs wurden unterschiedliche IT-Interventionen als Computer unterstützende Maßnahmen zur Verbesserung der Behandlung mit Medikamenten getestet. Es kommt zwar in einigen Studien zu nachweisbaren Verbesserungen, aber die Ergebnisse sind trotz der Weiterentwicklung in der Informationstechnologie noch nicht überzeugend. Offenbar führt vor allem ein multidisziplinäres Einbeziehen von Arzt, Pharmazeut und Patient in dessen Behandlung und Krankheit zu einer Schärfung des Sicherheitsbewußtseins. Computersysteme können hier unterstützend wirken, so dass eine Weiterentwicklung und Erforschung solcher Systeme wünschenswert ist. 1. Terrell KM, Perkins AJ, Dexter PR, Hui SL, Callahan CM, Miller DK. Computerized decision support to reduce potentially inappropriate prescribing to older emergency department patients: a randomized, controlled trial. J Am Geriatr Soc. 2009;57(8): Avery AJ, Rodgers S, Cantrill JA, Armstrong S, Elliott R, Howard R, Kendrick D, Morris CJ, Murray SA, Prescott RJ, Cresswell K, Sheikh A. Protocol for the PINCER trial: a cluster randomised trial comparing the effectiveness of a pharmacist-led IT-based intervention with simple feedback in reducing rates of clinically important errors in medicines management in general practices. Trials. 2009;10:28. Erratum in: Trials. 2010;11:23. Bitte zitieren als: Lainer M, Mann E, Sönnichsen A. Führen computerunterstütze (IT)-Interventionen zur Verbesserung der Medikamentensicherheit in der Allgemeinmedizin-Praxis?: eine systematische Übersichtsarbeit von randomisiert kontrollierten Studien. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom037. DOI: /11fom037, URN: urn:nbn:de: fom Patientenpräferenzen bei der Darstellung von Informationen zu Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln: Haben patientengerechte Broschüren einen Nutzen? Dusan Simic 1, Verena Mülders 2, David Schwappach 3, Petra Thürmann 4, Stefan Wilm 1 1 Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland 2 Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland 3 Stiftung für Patientensicherheit, Zürich, Schweiz 4 Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Universität Witten/Herdecke; Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Helios Klinikum Wuppertal, Witten, Deutschland Hintergrund: Die Darstellung des Nutzens sowie potenzieller Risiken von Arzneimitteln ist eine wesentliche Voraussetzung für die informierte Entscheidungsfindung der Patienten zur Therapie. Neben der mündlichen Aufklärung durch den Arzt dient hierzu die Packungsbeilage von Medikamenten. Diese wird jedoch von vielen Patienten als zu lang und unverständlich empfunden. Bisher gibt es in Deutschland nur wenige Untersuchungen darüber, welche Informationen Patienten zu ihren Medikamenten wünschen und welche Art der Darstellung dieser Information sie präferieren. Material und Methoden: In 6 Fokusgruppen mit Patienten aus Hausarztpraxen, die an Diabetes mellitus, Hypertonie und/oder Hypercholesterinämie erkrankt sind, wurden zunächst deren Wünsche in Bezug auf eine schriftliche Arzneimittelinformation erfasst. Die aus den Interviews gewonnenen Attribute sowie deren Ausprägungen wurden in einem zweiten Schritt in einer quantitativen Präferenzmessung an Personen über 50 Jahre in einer Straßenbefragung überprüft. Die als wichtig bzw. patientenfreundlich erkannten Merkmale von Patienteninformationen wurden als Basis zur Erstellung von 10 ergänzenden Medikamentenbeilagen verwendet (Broschüren für die Arzneistoffe Amlodipin, Bisoprolol, Candesartan, Enalapril, Glibenclamid, Glimepirid, Metformin, Metoprolol, Ramipril und Simvastatin). Diese werden prospektiv randomisiert bei Patienten aus Hausarztpraxen evaluiert. Dabei erhielten die Probanden der Interventionsgruppe Broschüren zu ihren Medikamenten, während der Kontrollgruppe eine Broschüre zu der Aufgabe von Forschungspraxen ausgehändigt wurde. Im Anschluss an die Rekrutierung erfolgten vier telefonische Befragungen der Patienten (1 Woche, 1, 3 und 6 Monate nach Rekrutierung). Der primäre Zielparameter Patientenwissen wird einen Monat nach Erhalt der Information überprüft; daneben werden u.a. Zufriedenheit und Adhärenz erfasst. Die Datenerhebung wird im Sommer 2011 abgeschlossen. Ergebnisse: Für den RCT konnten insgesamt 462 Patienten aus 26 Hausarztpraxen rekrutiert werden. Über beide Gruppen hinweg konnten die meisten richtigen Antworten zum langfristigen Nutzen des Medikamentes beim Wirkstoff Bisoprolol (23,2%) gemessen werden. Die wenigsten richtigen Antworten zur gleichen Frage wurden bei den Wirkstoffen Glibenclamid und Glimepirid gegeben (0%). Bei dieser Fragestellung ist besonders auffällig, dass viele Probanden zwar wissen, gegen welche Erkrankung dieses Medikament eingenommen wird, jedoch den langfristigen Nutzen nicht benennen können. Bei der Abfrage von wichtigen Nebenwirkungen wurden die meisten richtigen Antworten bei Metoprolol (>20%) genannt, die wenigsten zu Candesartan (0%). Zwischen der Interventions- und der Kontrollgruppe können signifikante Unterschiede festgestellt werden. Schlussfolgerung/Implikation: Ergänzende Medikamentenbeilagen können zu einer Verbesserung des Patientenwissens zu den eingenommenen Medikamenten beitragen. Bei der Darstellung des langfristigen Nutzens von Medikamenten ist jedoch erheblicher Beratungsbedarf durch den Hausarzt von Nöten. Bitte zitieren als: Simic D, Mülders V, Schwappach D, Thürmann P, Wilm S. Patientenpräferenzen bei der Darstellung von Informationen zu Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln: Haben patientengerechte Broschüren einen Nutzen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom038. DOI: /11fom038, URN: urn:nbn:de: fom

41 IIb Methodik pragmatischer Studien und komplexer Interventionen 039 Entwicklung und Bewertung von komplexen Interventionen Ingrid Mühlhauser Universität Hamburg, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland Ein Arzneimittel lässt sich als singuläre Komponente definieren. Mit der Zulassung durch die Arzneimittelbehörde sind die Entwicklungs- und Prüfphasen I bis III abgeschlossen. Viele medizinische Maßnahmen sind jedoch komplexe Interventionen. Sie bestehen aus mehreren Einzelkomponenten, die sich wechselseitig bedingen und ihrerseits in komplexe Kontexte implementiert werden. Beispiele sind Stroke Units, Disease Management Programme oder Projekte zur Verbesserung der Krankenhaushygiene. Ähnliche Interventionen gibt es in assoziierten Berufs- und Handlungsfeldern. Zum Beispiel, Sturz- und Dekubitusprävention in der Pflege, Ernährungs- und Sportprogramme in Schulen, Prävention posttraumatischer Störungen, Früherkennung von Kindesmisshandlung und - verwahrlosung, Verringerung von Jugendkriminalität, Prävention von Unfällen im Straßenverkehr oder Webbasiertem Lernen. Einzelmaßnahmen wie die Behandlung mit einem Medikament lassen sich vergleichsweise einfach in randomisiert-kontrollierten Studien überprüfen und Ergebnisse aus mehreren Studien in Meta-Analysen zusammenführen. Der Nutzen und Schaden von komplexen Interventionen ist hingegen sehr viel schwerer zu erschließen. Der Beitrag der Einzelkomponenten zum Gesamtergebnis und die Interaktionen im Setting bleiben häufig unklar. Seit einigen Jahren wird zur Entwicklung, Bewertung und Synthese von komplexen Interventionen eine Differenzierung der methodischen Verfahren gefordert. In diesem Beitrag soll am Beispiel der strukturierten Patienten-Behandlungs- und Schulungsprogramme für Patienten mit Diabetes der Unterschied zwischen Arzneimittelinterventionen und komplexen Interventionen deutlich gemacht werden. Das vom britischen Medical Research Council (MRC) vorgeschlagene Konzept zur Entwicklung und Evaluation von komplexen Interventionen wird zur Diskussion gestellt. Bitte zitieren als: Mühlhauser I. Entwicklung und Bewertung von komplexen Interventionen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom039. DOI: /11fom039, URN: urn:nbn:de: fom Gerinnungsmanagement im hausärztlichen Bereich Beispiel einer komplexen Intervention Andreas Siebenhofer-Kroitzsch Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Deutschland In der PICANT (Primary Care Management for Optimized Antithrombotic management) Studie werden Optimierungsstrategien des Gerinnungsmanagements im hausärztlichen Bereich in einem cluster-randomisierten Design untersucht. Hierbei handelt es sich um eine komplexe Intervention mit verschiedenen Einzelkomponenten, welche mehr oder weniger interagieren. Gerade im Gerinnungsmanagement, wo ein Nebeneinander an Unter-, Über- und Fehlversorgung existiert und bei einer großen Zahl an Patientinnen und Patienten mit Langzeitindikation für eine Gerinnungshemmung schwere thromboembolische Ereignisse verhindert aber auch unerwünschte Komplikationen wie Blutungen provoziert werden können, besteht ein Bedarf an Versorgungsoptimierung. Im derzeitigen Stadium der detaillierten Studienkonzeption für PICANT ist es besonders wichtig, sich hinsichtlich der erwünschten Aussagekraft der Ergebnisse (der kombinierte primäre Endpunkt inkludiert thromboembolische Ereignisse mit der Erfordernis eines stationären Aufenthalts und schwere Blutungskomplikationen) im Studienprotokoll auch Gedanken zu begleitender qualitativer und quantitativer Forschung zu machen. Am Beispiel einer Teilkomponente des Interventionspaketes in der PICANT Studie, dem Selbstmanagement für die orale Antikoagulation werden im ersten Teil der Präsentation die Evaluierungsschritte erläutert und die aufeinander aufbauende Evidenz mittels des Medical Research Council (MRC) Frameworks dargestellt. Im zweiten Teil wird demonstriert, in wie weit und ob in der jetzt geplanten PICANT Studie, welche wir als eine kontrollierte Evaluationsstudie nach den Empfehlungen des MRCs einstufen, durch die Zusammenstellung neuer Interventionskomponenten weitere Evaluationsschritte erforderlich sind, um die aus unserer Sicht relevanten/aktiven Einzelkomponenten für die clusterrandomisierte Studie zu identifizieren und ihren Anteil am Gesamtergebnis messen zu können. Bitte zitieren als: Siebenhofer-Kroitzsch A. Gerinnungsmanagement im hausärztlichen Bereich Beispiel einer komplexen Intervention. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom040. DOI: /11fom040, URN: urn:nbn:de: fom

42 041 Effekte der im Rahmen eines KHK- Behandlungspfades empfohlenen Basismedikation auf die Lebensqualität von Patienten Lena Kramer, Oliver Hirsch, K. Schlößler, Susanne Träger, E. Baum, Norbert Donner-Banzhoff Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, Marburg, Deutschland Hintergrund: Vor dem Hintergrund der gemeinsamen Betreuung chronisch kranker Patienten durch Haus- und Facharzt wurde am Beispiel der koronaren Herzkrankheit (KHK) ein lokaler Behandlungspfad für den ambulanten Bereich entwickelt. Ziel der vorliegenden Studie war es, zu untersuchen, inwieweit sich die Umsetzung der Pfadempfehlungen durch den Hausarzt bezüglich der empfohlenen Basismedikation auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten unter Berücksichtigung von soziodemographischen Variablen und Gruppenzugehörigkeit auswirkt. Material und Methoden: Die Studie wurde in einem dreiarmigen Design (Entwicklergruppe, Anwendergruppe, Kontrollgruppe) an einer Gesamtstichprobe von 290 KHK-Patienten zu drei Messzeitpunkten durchgeführt. Die Umsetzung der Pfadempfehlungen wurde anhand der (Nicht-) Anwendung der vorgeschlagenen Basismedikation operationalisiert. Die gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Patienten wurde mit Hilfe eines standardisierten Fragebogeninstruments (EQ-5D) erfasst. Die statistische Auswertung mit SPSS erfolgte auf quer- wie längsschnittlicher Ebene anhand von Mehrebenen- und Clusteranalysen. Ergebnisse: Zu allen Messzeitpunkten wurde die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten durch verschiedene soziodemographische Variablen beeinflusst. Die Längsschnittanalyse zeigte für die Entwicklergruppe die höchsten Lebensqualitätswerte zu allen Messzeitpunkten. Eine Drei-Cluster-Lösung ohne Berücksichtigung der Gruppenzugehörigkeit erbrachte, dass Patienten, die die komplette, in dem Behandlungspfad vorgeschlagene Basismedikation erhielten, die höchsten Werte in der Lebensqualität erzielten. Schlussfolgerung/Implikation: Aufgrund der Ergebnisse, nach denen Patienten, die die komplette Basistherapie erhielten, signifikant höhere Werte in der Lebensqualität erzielten, sollte in weiteren Forschungsarbeiten der Frage nachgegangen werden, inwiefern und auf welche Weise die Adhärenz der Ärzte, sich behandlungspfadkonform zu verhalten und die empfohlene Basismedikation zu verschreiben, gesteigert werden kann. Bitte zitieren als: Kramer L, Hirsch O, Schlößler K, Träger S, Baum E, Donner-Banzhoff N. Effekte der im Rahmen eines KHK-Behandlungspfades empfohlenen Basismedikation auf die Lebensqualität von Patienten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom041. DOI: /11fom041, URN: urn:nbn:de: fom Untersuchung von Mediatoren des Interventionseffekts in kontrollierten Studien Justine Rochon Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Universität Heidelberg, Deutschland Die Leitlinie des Medical Research Council zur Entwicklung und Evaluation komplexer Interventionen betont zwei zentrale Aspekte der Untersuchung komplexer Interventionen. Demnach sollen Studien zu komplexen Interventionen nicht nur pragmatische Fragen ( Does it work? ) beantworten und damit den Intention-to-treat Effekt bestimmen. Mindestens genauso wichtig sind explanatorische Fragen ( How does it work? ): Welche Bestandteile der Intervention sind wirksam und für welche Effekte verantwortlich? Lassen sich Faktoren identifizieren, die den Interventionseffekt moderieren bzw. vermitteln (Mediatoren)? Diese Fragen können durch die Schätzung direkter und indirekter Effekte der Intervention beantwortet werden. Die Evaluation der zugrundeliegenden Mechanismen soll helfen, effektivere Interventionen zu entwickeln und deren Umsetzung in die Praxis zu verbessern. In diesem Beitrag sollen zwei Ansätze zur Untersuchung von Mediator- und Moderatoreffekten vorgestellt werden: Der traditionelle Structural Equation Modelling (SEM) Ansatz, der auf Baron und Kenny (1986) [1] zurückgeht und der alternative Causal Inference (CI) Ansatz, der kürzlich von Emsley, Dunn und White (2010) [2] präsentiert wurde. Basierend auf dem SEM-Ansatz soll zunächst erklärt werden, wie direkte und indirekte Effekte der Intervention mit Hilfe von Regressionsanalysen geschätzt werden können und mit welchen Problemen bei der Interpretation der Ergebnisse zu rechnen ist, wenn unbeobachtete Störeinflüsse nicht ausgeschlossen werden können. Anschließend soll die Verwendung von Instrumentalvariablen als Teil des CI-Ansatzes in kontrollierten Studien erläutert werden. Anhand einer Beispielstudie zur Evaluation einer komplexen Intervention werden die verschiedenen Effekte geschätzt und diskutiert. 1. Baron RM, Kenny DA. The moderator-mediator variable distinction in social psychological research: conceptual, strategic, and statistical considerations. J Pers Soc Psychol. 1986;51(6): Emsley R, Dunn G, White IR. Mediation and moderation of treatment effects in randomised controlled trials of complex interventions. Stat Methods Med Res. 2010;19(3): Bitte zitieren als: Rochon J. Untersuchung von Mediatoren des Interventionseffekts in kontrollierten Studien. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom042. DOI: /11fom042, URN: urn:nbn:de: fom

43 IIc Allgemeinmedizinische Lehre 043 Lässt sich die kommunikative Kompetenz für die Bewältigung schwieriger Arzt-Patienten- Gespräche prüfen? Erfahrungsbericht über den Düsseldorfer CoMeD-OSCE im 4. Studienjahr Achim Mortsiefer 1, Janine Immecke 1, Berit Ortmanns 1, Regine Schmelzer 2, Jürgen in der Schmitten 1, André Karger 2, Thomas Rotthoff 3, Michael Pentzek 1 1 Abteilung für Allgemeinmedizin, Heinrich-Heine-Universität und Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland 2 Klinisches Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Heinrich-Heine-Universität und Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland 3 Studiendekanat der Medizinischen Fakultät, Heinrich-Heine- Universität und Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland Hintergrund: An vielen Standorten beteiligt sich die allgemeinmedizinische Lehre am Aufbau eines kommunikativen Längsschnittcurriculums. Entwicklungsbedarf besteht vor allem für das 4. bis 6. Studienjahr, wo die Medizinstudierenden mit zunehmend anspruchsvolleren Gesprächsaufgaben konfrontiert und hinsichtlich ihres Lernfortschritts überprüft werden sollen. Im Rahmen des Projekts CoMeD (Communication in Medical Education Düsseldorf) wurde im vierten Studienjahr ein Kommunikationstraining in den klinischen Unterricht integriert sowie ein verpflichtender OSCE (objective structured clinical examination) eingeführt. Dieser Beitrag berichtet über die Erfahrungen mit der OSCE-Prüfung auf der Basis einer Analyse von Prüfungsleistungen, Reliabilität und Akzeptanz. Material und Methoden: Der CoMeD-OSCE umfasste zwei allgemeinmedizinische Stationen Überbringen einer schlechten Nachricht und Partizipative Entscheidungsfindung sowie zwei psychosomatische Stationen Schuld und Scham und Aggressiver Patient. Das Rating der kommunikativen Kompetenz erfolgte mit dem aus vier Items bestehenden globalen Beurteilungsinstrument BGR (Berliner Global Rating). Zusätzlich wurden die Prüfer und an den beiden allgemeinmedizinischen Stationen auch die Schauspielpatienten (SP) gebeten, die kommunikative Leistung auf einer dreistufigen Likertskala zu bewerten. Die studentische Evaluation erfolgte auf einer sechsstufigen Likertskala. Ergebnisse: 144 Studierenden erreichten im Schnitt 57 von 80 Punkten im BGR. Der Durchschnitt der im zusätzlichen 3-stufigen Rating als grenzwertig beurteilten Studierenden lag bei 50,2 Punkten im BGR (62,8% der Maximalpunktzahl). Die daraus resultierende Bestehensquote lag bei 83,9%. Die interne Konsistenz der OSCE- Bewertung (Cronbachs α) betrug 0,74. Die Interrater- Reliabilität (Rater und SP) war für beide Stationen mittelgradig ausgeprägt (gewichtetes Kappa = 0,64 und 0,60). Im Gesamturteil der Studierenden (N=102) wurde die Prüfung von 84,3% mit gut oder sehr gut" bewertet. Schlussfolgerung/Implikation: Die OSCE-Prüfung der kommunikativen Kompetenz für die Bewältigung schwieriger Arzt-Patienten-Gespräche erwies sich als umsetzbar und erzielte eine hohe Akzeptanz bei den Studierenden. Das Ratinginstrument BGR erwies sich als praktikabel. Sowohl die interne Konsistenz als auch die Interrater- Reliabilität lagen im akzeptablen Bereich. Eine Verbesserung der Prüfungsqualität könnte zukünftig durch die Weiterentwicklung der OSCE-Stationen sowie die Intensivierung der Raterschulung erreicht werden. Weiterhin soll im Rahmen des Projekts CoMeD evaluiert werden, inwieweit es sinnvoll ist, neben der kommunikativen Kompetenz zugleich auch fachspezifische allgemeinmedizinische Lerninhalte zu prüfen. 1. Scheffer S. Validierung des Berliner Global Rating (BGR), Ein Instrument zur Prüfung kommunikativer Kompetenzen Medizinstudierender im Rahmen klinisch-praktischer Prüfungen (OS- CE) [Dissertation]. Berlin; Bitte zitieren als: Mortsiefer A, Immecke J, Ortmanns B, Schmelzer R, in der Schmitten J, Karger A, Rotthoff T, Pentzek M. Lässt sich die kommunikative Kompetenz für die Bewältigung schwieriger Arzt-Patienten-Gespräche prüfen? Erfahrungsbericht über den Düsseldorfer CoMeD-OSCE im 4. Studienjahr. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom043. DOI: /11fom043, URN: urn:nbn:de: fom Seminarunterricht in der Allgemeinmedizin Strukturierung durch Leitsymptome und Fallvignetten Marie Tzschaschel 1, Sophie Niedermaier 2, Christine Strohmeyer 1, Orsolya Genzel-Boroviczeny 3, Jörg Schelling 1 1 Lehrbereich Allgemeinmedizin der LMU, München, Deutschland 2 Medizinisches Curriculum, München, Deutschland 3 Kinderklinik der LMU, Neonatologie, München, Deutschland Hintergrund: Die Einbindung der Allgemeinmedizin in medizinische Curricula ist für die Ausbildung von Medizinstudierenden essenziell. Seit 2003 ist das Blockpraktikum Allgemeinmedizin verpflichtender Bestandteil des klinischen Studienabschnitts. An der LMU wurde zusätzlich ein von Hausärzten betreutes Seminar zur didaktischen Vernetzung von Universität und hausärztlichem Bereich eingeführt. Hier sollten die Studierenden bisher Patienten aus ihrer Praxishospitation vorstellen und diskutieren. Mit der vorgestellten Studie sollte überprüft werden, ob die Einführung einer strukturierteren Seminarform mit vorgegebenen Leitsymptomen aus der täglichen Praxis und Fallvignetten zu einer höheren Akzeptanz der Studierenden führt und einen deutlicheren Bezug zur Allgemeinmedizin herstellt. Material und Methoden: Die Studierenden des 2. und 3. klinischen Semesters wurden in zwei randomisierte Gruppen unterteilt. Eine Gruppe wurde in der bisherigen Unterrichtsform der freien Fallvorstellung unterrichtet, die zweite Gruppe in der neuen strukturierteren Unterrichtsform mit Fallvignetten unterrichtet. Im Anschluss wurden beide Gruppen mit einem Fragebogen zur Selbsteinschätzung bezüglich der Fähigkeit zur Findung von Differenzialdiagnosen, Zufriedenheit und Bezug des Seminars zur Allgemeinmedizin befragt. Ergebnisse: In beiden Gruppen gaben 96% der Studierenden an durch das Seminar die Findung von Differenzialdiagnosen erlernt zu haben. 98% der neuen Seminar- 42

44 form und 87% der bisherigen Seminarform erkannten einen Bezug zur Allgemeinmedizin. Den Lernerfolg der neuen Seminarform schätzten 86% der Befragten als sehr gut oder gut ein gegenüber 43% der alten Seminarform. 89% der Seminarleiter waren der Meinung, dass die Fallvignetten sich auf typische Fragestellungen aus der Praxis bezogen. Schlussfolgerung/Implikation: Trotz der stärkeren Strukturierung der Seminare mit Hilfe von Leitsymptomen und Fallvignetten sehen die Studierenden den Bezug zur Allgemeinmedizin und profitieren von den niedergelassenen Seminarleitern bei subjektiv empfunden höherem Lernzuwachs. Bitte zitieren als: Tzschaschel M, Niedermaier S, Strohmeyer C, Genzel- Boroviczeny O, Schelling J. Seminarunterricht in der Allgemeinmedizin Strukturierung durch Leitsymptome und Fallvignetten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom044. DOI: /11fom044, URN: urn:nbn:de: fom POL Polypharmakotherapie Maren Ehrhardt 1, Silke Roschlaub 1, Annette Strauss 1, Julia Schreiner 2, Martin Scherer 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinkum Hamburg- Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2 Prodekanat für Lehre, Universitätsklinkum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Durch die Zunahme des Anteils multimorbider Patienten und der damit häufig verbundenen Polypharmakotherapie, ist auch der Umgang damit ein wichtiges, wenn auch komplexes Lernziel in der Medizinerausbildung. Neben den offensichtlichen Problemen wie Arzneimittelinteraktionen und Zunahme der UAW stehen auch die Definition von Therapiezielen, die Frage der Adherence und die Grundlagen einer rationalen Arzneimitteltherapie im Mittelpunkt. Auf Grund der nahezu unendlich vielen möglichen Varianten von Multimorbidität und Polypharmakotherapie müssen neben dem reinen Faktenwissen Strategien zur Problemerkennung und Problemlösung Lernziele sein. Es wird untersucht, in wieweit eine lernerzentrierte, interaktive Unterrichtsform wie POL (Problemorientiertes Lernen) aus Sicht der Studierenden geeignet ist, um komplexe Themen wie Polypharmakotherapie zu bearbeiten. POL wird seit 2004 in Hamburg im klinischen Studienabschnitt des Curriculums eingesetzt. Alle Studierenden bearbeiten innerhalb der sechs Themenblöcke von jeweils 12 Wochen Dauer 10 POL Fälle. Im Rahmen des Themenblocks Psychosoziale Medizin werden u.a. vier POL Fälle mit allgemeinmedizinischer Beteiligung und ein allgemeinmedizinischer Fall zum Thema Polypharmakotherapie Viel hilft viel bearbeitet. Material und Methoden: Pro Jahr absolvieren rund 360 Studierende den Themenblock Psychosoziale Medizin. Pro Trimester gibt es 12 POL-Gruppen mit 8 bis 11 Teilnehmern. Die POL Tutoren kommen aus der Allgemeinmedizin, Arbeitsmedizin, Psychiatrie, Psychosomatik und Sozialmedizin und haben alle an einer fakultätsinternen Didaktikschulung teilgenommen. Nach Abschluss eines Trimesters wird durch das Dekanat der Unterricht kontinuierlich elektronisch evaluiert. Hierbei werden folgende Items zum POL Unterricht auf einer sechsteiligen Lickertskala erhoben: Eignung der POL Fälle, Erfüllung der Aufgabe durch den POL Tutor, Lernprozess, Lernzuwachs, Gesamtzufriedenheit. Zusätzlich wird seit Anfang des Studienjahres 2010/11 der POL Fall Viel hilft viel schriftlich evaluiert. Neben den soziodemographischen Daten und der Anzahl und Art der bereits absolvierten Themenblöcke werden die Studierenden um eine Einschätzung der Eignung des POL Falles, des Schwierigkeitsgrades, Möglichkeiten Lernziele zu erstellen, Diskussionsanreiz, Lernzuwachs, Gesamtzufriedenheit gebeten. Freitextkommentare sind bei beiden Evaluationen möglich. Die Rücklaufquote liegt aktuell bei rund 98%. Ergebnisse: Erste Auswertungen zeigen, dass die Beurteilung des POL Falles Viel hilft viel sich nicht deutlich von der Gesamtbeurteilung unterscheiden. Die endgültigen Ergebnisse werden zum Kongress vorliegen. Folgende Fragen sollen u.a. beantwortet werden: Ist nach Einschätzung der Studierenden POL geeignet um komplexe Themen wie Polypharmakotherapie zu erarbeiten? Unterscheidet sich die Evaluationsergebnisse zum POL Fall Polypharmakotherapie von den Evaluationsergebnissen zu POL allgemein? Ist die Beurteilung des POL Falls vom Vorwissen der Studierenden abhängig? Bitte zitieren als: Ehrhardt M, Roschlaub S, Strauss A, Schreiner J, Scherer M. POL Polypharmakotherapie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom045. DOI: /11fom045, URN: urn:nbn:de: fom Wie effektiv ist der Einsatz von virtuellen Patienten in der Lehre im Fach Allgemeinmedizin? Klaus Weckbecker 1, Johannes Zeller 1, Uta-Maria Waldmann 2 1 Lehrbereich Allgemeinmedizin der Universität Bonn, Bonn, Deutschland 2 Institut für Allgemeinmedizin der Universität Ulm, Ulm, Deutschland Hintergrund: Ein Ziel der Lehre der Allgemeinmedizin ist die Vermittlung des klinischen Denkens in allgemeinmedizinischen Behandlungssituationen. Neben der reinen Wissensvermittlung sollen die Studierenden auch in die Lage versetzt werden, klinische Entscheidungen zu treffen. Die Fähigkeit der Studierenden dieses sogenannte clinical reasoning anzuwenden, kann durch entsprechende Prüfungsfragen objektiv eingeschätzt werden. Material und Methoden: In der vorgestellte Studie wurden allgemeinmedizinische Beratungsanlässe auf Grundlage allgemeinmedizinischer Leitlinien in sieben Kleingruppe im Seminar besprochen. In den Tagen nach dem Seminar erhielten die Studierenden der Interventionsgruppe die Möglichkeit, von zu Hause aus auf einer Internetplatform insgesamt zwölf virtuelle Patienten mit dem gelehrten 43

45 Beratungsanlass zu behandeln. Durch das Arbeiten mit den virtuellen Patienten sollte das Wissen vertieft werden. Der Kontrollgruppe wurden nur die Seminarunterlagen mit der entsprechenden Leitlinie und den verwendeten Präsentationen zur Verfügung gestellt. In einer nicht notenrelevanten Zwischenklausur wurde die Fähigkeit der klinischen Entscheidungsfindung geprüft, bevor allen Studierenden der Zugang zu den zwölf Fällen freigeschaltet wurde. In der notenrelevanten Abschlussklausur wurden erneut Fragen zur klinischen Entscheidungsfindung gestellt. Die Fragen zur klinischen Entscheidungsfindung wurden von einem Key-Feature Komitee erstellt. Zusätzlich zu dieser objektiven Überprüfung des Lernerfolgs wurden Fragebögen zur subjektiven Einschätzung der Methode der virtuellen Patienten eingesetzt. Ergebnisse: Erstmals konnte im Fach Allgemeinmedizin der Effekt des Einsatzes von virtuellen Patienten zur Vermittlung der klinischen Entscheidungsfindung untersucht werden. Sowohl in der Selbsteinschätzung als auch in der objektiven Überprüfung waren die Studierenden der Interventionsgruppe signifikant besser als die Studierenden der Kontrollgruppe. Schlussfolgerung/Implikation: Der Einsatz von virtuellen Patienten ist eine sinnvolle Ergänzung im Seminar Allgemeinmedizin. Der signifikante, positive Effekt läßt sich in dieser Interventionsstudie sowohl durch objektive Prüfungsfargen als auch durch die Selbsteinschätzung der Studierenden belegen. Bitte zitieren als: Weckbecker K, Zeller J, Waldmann UM. Wie effektiv ist der Einsatz von virtuellen Patienten in der Lehre im Fach Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom046. DOI: /11fom046, URN: urn:nbn:de: fom Praktisches Jahr Allgemeinmedizin Warum kommen Studierende in die Allgemeinmedizin und worin besteht ihr größter Lernbedarf? Bert Huenges, Norbert Weismann, Christiane Dunker-Schmidt, Dorothea Osenberg, Herbert Rusche Abteilung für Allgemeinmedizin, Bochum, Deutschland Hintergrund: Im PJ Allgemeinmedizin bietet sich ein breites Spektrum unterschiedlicher Inhalte. Didaktisch ergeben sich Möglichkeiten durch eine intensive 1:1 Betreuung, ein strukturiertes Portfolio, Begleitseminare und einem Mentorensystem. Formale Gründe für die Allgemeinmedizin liegen in der Bereitschaft der KVWL zu einem monatlichen Stipendium über 600 und der Anrechnung der PJ- Zeit auf die Weiterbildung. Im vergangenen Turnus haben elf Studierende ihr PJ in der Allgemeinmedizin an der Ruhr-Universität Bochum absolviert. Warum haben sich die PJler für die Allgemeinmedizin entschieden? Überwiegen inhaltliche, didaktische und formalen Argumente? In welchen Inhaltsbereichen haben sie zu Beginn des PJ besonderen Lernbedarf und werden wir diesem gerecht? Material und Methoden: Zur Klärung dieser Frage haben wir unsere Studierenden nach den Motiven für die Wahl des PJ-Faches Allgemeinmedizin gefragt. Des Weiteren wurden die Studierenden um eine Einschätzung ihrer Kompetenz in 47 ausgewählten Kerngebieten aus unterschiedlichen Bereichen gebeten. Ergebnisse: Häufig genannte Gründe für das PJ Allgemeinmedizin waren Interesse an der Breite des Faches (N=9), 1:1 Betreuung (8); die Überlegung, später in die Allgemeinmedizin zu gehen (8), Interesse am Menschen (7), Positive Erfahrungen im Blockpraktikum (7) und Praxisnähe (5). Die Anerkennung für die Weiterbbildung wurde bei 4; das Stipendium bei 3 von 11 Studierenden benannt. Aus der Kompetenzeinstufung ergibt sich besonders großer Bedarf vor dem PJ in den Techniken rektale Untersuchung, Untersuchung Bewegungsapparat Lungenfunktion, psychometrische Tests, selbstständige Organisation einer Patientenversorgung, Therapieplan erstellen und Lösungen zu Patientenproblemen nach den Prinzipien der EBM finden, den Beratungsanlässen Sucht, häufige Frakturen & Verletzungen, COPD, Schwindel und Kopfschmerzen und den allgemeinmedizinischen Themen Aufgaben & Rolle der Ärztekammer und Aufgaben & Rolle der KV. Schlussfolgerung/Implikation: Bei der Wahl des PJ Faches Allgemeinmedizin dominieren inhaltliche vor didaktischen und vor formalen Kriterien. Aus der Bedarfsanalyse lassen sich Rückschlüsse über die Gestaltung des PJ ziehen. Im Vorher-Nachher Vergleich kann der Effekt des PJ auf die Selbsteinstufung der Kompetenz ermittelt werden. Dadurch kann evaluiert werden, in wie weit es uns gelungen ist im PJ auf zentrale Lernbedürfnisse der Studierenden einzugehen. Die Selbsteinstufung der Kompetenz korreliert bekanntermaßen zwar nur schwach mit Prüfungsergebnissen, sagt aber viel darüber aus, wo Studierende derzeit ihren größten Lernbedarf sehen, dem wir in der Gestaltung des Unterrichts begegnen müssen. Bitte zitieren als: Huenges B, Weismann N, Dunker-Schmidt C, Osenberg D, Rusche H. Praktisches Jahr Allgemeinmedizin Warum kommen Studierende in die Allgemeinmedizin und worin besteht ihr größter Lernbedarf. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom047. DOI: /11fom047, URN: urn:nbn:de: fom Die Kunst des Lehrens: Hochschuldidaktische Fortbildung für Lehrärzte ein vier Stunden Basismodul Ute Schnell Sektion Allgemeinmedizin, Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland Hintergrund: Im Rahmen des vorlesungsbegleitenden Praktikum für Allgemeinmedizin vermitteln in Halle 20 Lehrärzte in insgesamt 80 doppelstündigen Seminaren (4 Doppelstunden pro Seminargruppe) den Studierenden anhand von Praxisfällen Grundkenntnisse zu den vier hausärztlichen Funktionen nach DEGAM-Fachdefinition. Die studentische Evaluation dieses Lehrangebots ergab im Vorjahr erhebliche Kritik an uneinheitlichen und unscharfen Lehrinhalten sowie mangelnder didaktischer Vorbereitung. Auf Grundlage der Evaluationsergebnisse wurde ein Fortbildungskonzept für Lehrärzte entwickelt. Im Februar 2011 fand in Halle eine erste hochschuldidaktische Fortbildung als vierstündiges Basismodul statt. 44

46 Material und Methoden: Das Fortbildungskonzept beruht auf dem Kompetenzmodell Professionelle Lehre (1). Das Basismodul vermittelt hochschuldidaktische Kompetenzen zur Planung und Durchführung von Seminaren: Auswahl von Lehrinhalten, Lehrzielen und Lehrmethoden. Durch modular aufgebaute Workshopanteile wird in Kleingruppen die Konzeption (individueller) Lehrarztseminare in einer Atmosphäre des kollegialen Austauschs ermöglicht. Die quantitativen Evaluationsergebnisse und Freitexteingaben werden nach Abschluss des laufenden Semesters mit denen des Vorjahres verglichen. Ergebnisse: Wir erwarten, dass die zielgerichtete methodisch-didaktische Planung der Seminare die Lerneffekte bei Studierenden verbessert, der Theorie-/Praxistransfer besser gelingt und Erfahrungsräume gestaltet werden, in denen die Studierenden für unterschiedliche Perspektiven der hausärztlichen Fallbetrachtungen sensibilisiert werden (pädagogische Kasuistik). Schlussfolgerung/Implikation: Um den (erwarteten) Lehrerfolg langfristig zu sichern sind zielgruppenspezifische Vertiefungsmodule geplant. Maßgeblich für die inhaltliche Schwerpunktsetzung des zweiten Fortbildungsmoduls sind die Evaluationsergebnisse der laufenden Lehrveranstaltungen. Perspektivisch ermöglicht ein kontinuierlicher Rhythmus zwischen summativer Semesterevaluation und darauf abgestimmter Fortbildungsmodule eine nachhaltige Qualitätssicherung und in der Lehre. Chancen und Risiken der Durchführung von Seminaren durch Lehrärzte sollen dargestellt und Möglichkeiten des individuellen konstruktiven Feedback an Lehrärzte diskutiert werden. Bitte zitieren als: Schnell U. Die Kunst des Lehrens: Hochschuldidaktische Fortbildung für Lehrärzte ein vier Stunden Basismodul. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom048. DOI: /11fom048, URN: urn:nbn:de: fom IId Versorgungsforschung und Epidemiologie 049 Kinder und Jugendliche in der ambulanten hausärztlichen Versorgung in Sachsen Ergebnisse der 4. Sächsischen Epidemiologischen Studie der Allgemeinmedizin (SESAM-4) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin Karen Voigt 1, Roger Voigt 2, Henna Riemenschneider 3, Antje Bergmann 1 1 Bereich Allgemeinmedizin/MK3, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden/Sächsische Gesellschaft für Allgemeinmedizin, Dresden, Deutschland 2 Sächsische Gesellschaft für Allgemeinmedizin, Oderwitz, Deutschland 3 Bereich Allgemeinmedizin/MK3, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, Dresden, Deutschland Hintergrund: Die medizinische Primärversorgung von Kindern und Jugendlichen (KuJ) wird in Deutschland sowohl durch Kinder- und Jugendmediziner, als auch durch Hausärzte abgesichert. Sowohl der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) als auch die sächsische KinSa-Studie ergaben, dass etwa 1/3 der KuJ einen Hausarzt aufsuchten [1], [2]. Vor diesem Hintergrund stellte sich für eine Detailauswertung der SESAM-4 die Frage, mit welchen Beratungsanlässen (BA) und Komorbiditäten sächsische KuJ einen Allgemeinmediziner aufsuchten. Material und Methoden: Jeweils der 10. Arzt-Patienten- Kontakt an einem vorgegebenem Erfassungstag im Zeitraum bis wurde mittels konsultationsbezogenem Fragebogen dokumentiert. 73 von 253 in der SGAM organisierten Allgemeinärzten beteiligten sich und dokumentierten insgesamt Sprechstundenkontakte. Ergebnisse: In 5% (n=124) aller Arzt-Patienten-Kontakte wurde die Behandlung von KuJ (0-17 Jahre) dokumentiert. Männliche Patienten waren häufiger (60%) anzutreffen. Differenziert nach Altersgruppen der KIGGS waren 50% dem frühen Kindesalter (0-6 Jahre), 19% dem Schulkindalter (7-10 Jahre) und 31% den Jugendlichen (11-17 Jahre) zuzuordnen. Für 19% der KuJ wurde eine, für 17% mind. 2 bekannte Vordiagnosen dokumentiert. Die Art der Diagnosen variierte je nach Altersgruppe. Bei den Jährigen wurden atopisches Ekzem und das Muskel- Skelett-System betreffende Fehlbildungen/Deformitäten häufiger dokumentiert. Bei Jugendlichen wurden häufiger allergische Rhinopathien und auch das Muskel-Skelett- System betreffende Fehlbildungen/Deformitäten angegeben. Bei 48% der KuJ lagen ein BA, bei 34% mind. zwei BA vor. Die Art der BA variierte in Abhängigkeit vom Alter. 30% der 0-6-Jährigen suchten den Allgemeinarzt wegen präventiven Maßnahmen (Impfungen, Medikation) oder Vorsorgeuntersuchungen auf. In ca. 9 % der Fälle stellten jeweils Husten, Fieber und/oder unspezifische Atemwegsinfekte den BA. Bei den Schulkindern rangierten neben Fieber und Rachenbeschwerden (12-16%), Husten und Erbrechen aber auch Kopflausbefall und Hautrötungen unter den häufigeren BA. Bei den Jugendlichen dominierten Durchfall und/oder Erbrechen (je 13%) gefolgt von BA, die Erkrankung der Atemwege betreffend (jeweils 8%). Schlussfolgerung/Implikation: KuJ machten im Rahmen der SESAM-4 einen geringen Anteil der Gesamtkontakte aus. Im Vergleich zur KiGGS [1] wie auch generell zur sächsischen Bevölkerungsverteilung [3] waren die KuJ in der SESAM-4 unterrepräsentiert, was methodisch bedingt sein könnte. Dennoch, es war ein breites Altersspektrum vom Säugling über Klein-/Schulkind bis zum Jugendlichen anzutreffen, auf das sich der behandelnde Hausarzt einstellen muss. Neben den in allen Altersgruppen häufig anzutreffenden BA (z.b. Symptome grippaler Infekte), mussten sich die behandelnden Ärzte auf alterstypische BA einstellen. Darüber hinaus war bei ca. 1/3 der KuJ mind. eine bereits diagnostizierte akute oder chronische Erkrankung in der Handlungsplanung zu berücksichtigen. 45

47 1. Kamtsiuris P, Bergmann E, Rattay P, Schlaud M. Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS). Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz. 2007;50: Schumacher B. Die Inanspruchnahme hausärztlicher Versorgung durch Jugendliche in Sachsen. Ein Stadt-Land-Vergleich. Magisterarbeit 2010, Lehrstuhl Gesundheitswissenschaften/Public Health, TU Dresden 3. A/A_I_3j09.pdf, S. 38 Bitte zitieren als: Voigt K, Voigt R, Riemenschneider H, Bergmann A. Kinder und Jugendliche in der ambulanten hausärztlichen Versorgung in Sachsen Ergebnisse der 4. Sächsischen Epidemiologischen Studie der Allgemeinmedizin (SESAM-4) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom049. DOI: /11fom049, URN: urn:nbn:de: fom Unterschiede in der Versorgung kardiovaskulärer Risikopatienten und Patienten mit koronarer Herzerkrankung (KHK) in europäischen Hausarztpraxen Sabine Ludt 1, Michel Wensing 2, Joachim Szecsenyi 1 1 Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland 2 Universität Nijmegen, St. Radboud Medical Centre, Nijmegen, Niederlande Hintergrund: Die Versorgung chronisch kranker Patienten stand in letzten 10 Jahren im Fokus von Forschung [1] und Gesundheitspolitik, wodurch entscheidende qualitätsverbessernde Maßnahmen, wie z.b. Disease- Management-Programme, entwickelt und implementiert werden konnten. Im Gegensatz dazu waren die Anstrengungen im Hinblick auf eine bessere Versorgung kardiovaskulärer Risikopatienten weniger eindringlich, obwohl in dieser Risikogruppe ein höheres präventives Potenzial besteht [2]. Evidenzbasierte Maßnahmen zur Identifikation, Beratung und Behandlung von Risikopatienten sind beschrieben [3], werden aber in der Praxis nur teilweise umgesetzt [4]. Material und Methoden: In der einer internationalen Beobachtungsstudie (EPA Cardio) wurden in Hausarztpraxen Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren und solche mit bereits bestehender KHK identifiziert und davon 30 Patienten zufällig für die Studienteilnahme ausgewählt. Von teilnahmewilligen Patienten wurden Behandlungsdaten aus der Patientenakte abstrahiert und weitere Daten mittels eines Fragebogens erhoben. Ergebnisse: Es wurden Patienten mit KHK und Risikopatienten aus 214 Hausarztpraxen aus 8 europäischen Ländern in die Analyse eingeschlossen. Die Risikogruppe zeigte im Vergleich zur Gruppe der Patienten mit koronarer Herzerkrankung einen höheren Anteil unkontrollierter Risikofaktoren, eine geringere Therapietreue, suchte seltener den Hausarzt auf und übte zu einem geringeren Anteil regelmäßige körperliche Aktivität aus. Schlussfolgerung/Implikation: Die durchgeführte Untersuchung weist auf ein hohes Verbesserungspotenzial für die hausärztliche Versorgung kardiovaskulärer Risikopatienten hin. Die Fokussierung auf die Behandlung chronisch kranker Patienten hat europaweit möglicherweise zur Vernachlässigung kardiovaskulärer Risikopatienten ohne manifeste Erkrankung geführt. Gesundheitspolitische Maßnahmen zur Unterstutzung der hausärztlichen Versorgung dieser Patientengruppe wären wünschenswert. 1. Bodenheimer T, Wagner EH, Grumbach K. Improving primary care for patients with chronic illness. JAMA. 2002;288(14): Gemmell I, Heller RF, Payne K, Edwards R, Roland M, Durrington P. Potential population impact of the UK government strategy for reducing the burden of coronary heart disease in England: comparing primary and secondary prevention strategies. Qual Saf Health Care. 2006;15(5): Ferket BS, Colkesen EB, Visser JJ, Spronk S, Kraaijenhagen RA, Steyerberg EW, et al. Systematic review of guidelines on cardiovascular risk assessment: Which recommendations should clinicians follow for a cardiovascular health check? Arch Intern Med. 2010;170(1): Mosca L, Linfante AH, Benjamin EJ, Berra K, Hayes SN, Walsh BW, et al. National Study of Physician Awareness and Adherence to Cardiovascular Disease Prevention Guidelines. Circulation. 2005;111(4): Bitte zitieren als: Ludt S, Wensing M, Szecsenyi J. Unterschiede in der Versorgung kardiovaskulärer Risikopatienten und Patienten mit koronarer Herzerkrankung (KHK) in europäischen Hausarztpraxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom050. DOI: /11fom050, URN: urn:nbn:de: fom Inwiefern unterscheiden sich Menschen mit und ohne Demenz hinsichtlich Inanspruchnahmeraten und Dauer stationärer Versorgung? Marion Eisele 1, Hendrik van den Bussche 1, Daniela Koller 2, Birgitt Wiese 3, Hanna Kaduszkiewicz 4, Karl Wegscheider 1, Gerd Gläske 2, Martin Scherer 1, Gerhard Schön 1 1 Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2 Universität Bremen, Bremen, Deutschland 3 Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland 4 Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Die Anzahl von Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind, wird sich in Deutschland Schätzungen zufolge von aktuell 1 Mio. auf 2,5 Mio. im Jahr 2050 erhöhen [1], [2]. Der Versorgungsbedarf dieser Patientengruppe muss in der Planung des Gesundheitssystems berücksichtigt werden. Bisher ist es jedoch unklar, inwiefern sich eine Demenzerkrankung auf die stationäre Versorgung auswirkt. Ziel dieser Studie ist die Darstellung von Hospitalisierungsraten und Dauer stationärer Aufenthalte von Menschen mit Demenz im Vergleich zu einer nichtdementen Kontrollgruppe. Material und Methoden: Die Krankenkassendaten von Menschen mit Demenz und einer nicht-dementen Kontrollgruppe (1:4 Matching nach Alter, Geschlecht, Anzahl der ambulanten Arztkontakte und Anzahl der ambulant aufgesuchten Ärzte im ersten Quartal des Be- 46

48 obachtungszeitraums) wurden im Hinblick auf Anzahl und Gründe stationärer Aufnahmen, Diagnosen, Liegezeiten und Entlassungsgründe innerhalb des Jahres vor und nach Erstdiagnose einer Demenz verglichen. Mittels multivariater logistischer Regression wurde untersucht, welche Faktoren mit einer Notfallaufnahme assoziiert sind. Ergebnisse: Während 38,9% der Menschen, die eine Demenz entwickelten, im Jahr vor Diagnosestellung mindestens einen stationären Aufenthalt vorwiesen, belief sich der Anteil der Kontrollpatienten mit mindestens einem stationären Aufenthalt auf 25,6%. Im ersten Jahr nach Diagnosestellung vergrößerte sich dieser Unterschied weiter auf 44,2% versus 26,4%. Die durchschnittliche Anzahl von Leistungstagen pro Aufenthalt war bei der Demenzgruppe um 3,6 Tage vor und 1,8 Tage nach Inzidenz gegenüber der Kontrollgruppe erhöht, während der Anteil der Notfallaufnahmen sowohl im Jahr vor als auch im Jahr nach Erstdiagnose einer Demenz um 10% erhöht war. Im Regressionsmodell waren neben der Diagnose, das Alter (OR=1,03 pro Lebensjahr; p <0,001) und Geschlecht (OR=1,16 für Frauen; p=0,048) sowie die urbane Umgebung (OR=1,18; p=0,048) signifikant mit der Notfallaufnahme assoziiert. Unter Kontrolle dieser Einflussgrößen wies die Demenzgruppe ein gegenüber der Kontrollgruppe um 26% erhöhtes Risiko (OR=1,26; p<0,01) auf, als Notfall aufgenommen zu werden. Schlussfolgerung/Implikation: Die Anzahl stationärer Aufenthalte und deren Dauer sind bei Menschen mit Demenz gegenüber einer nicht-dementen Kontrollgruppe deutlich erhöht. Die häufigeren und längeren Aufenthalte von Menschen mit Demenz wurden auch in anderen europäischen Ländern gefunden. Ihre häufigeren Aufnahmen als Notfall können nur teilweise durch unterschiedliche Diagnosen in den beiden Gruppen erklärt werden. Diskussionswürdig erscheint die erhöhte Notfallrate in urbanen gegenüber ländlichen Regionen. 1. Saß A, Wurm S, Ziese T. Alter = Krankheit? Gesundheitszustand und Gesundheitsentwicklung. In: Böhm K, Tesch-Römer C, Ziese T, eds. Gesundheit und Krankheit im Alter. Berlin: Robert- Koch-Inst.; Weyerer S. Altersdemenz. Gesundheitsberichtserstattung des Bundes. Heft 28. Berlin: Robert-Koch-Institut; Bitte zitieren als: Eisele M, van den Bussche H, Koller D, Wiese B, Kaduszkiewicz H, Wegscheider K, Gläske G, Scherer M, Schön G. Inwiefern unterscheiden sich Menschen mit und ohne Demenz hinsichtlich Inanspruchnahmeraten und Dauer stationärer Versorgung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom051. DOI: /11fom051, URN: urn:nbn:de: fom Epidemiologie von chronischen Krankheiten und Therapien in der Altersklasse über 70 Jahren Giuliano Piccoliori 1, Elena Gerolimon 1, Adolf Engl 1, Heinz Harald Abholz 2 1 Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin, Bozen, Italien 2 Abteilung für Allgemeinmedizin Universitätsklinikum, Düsseldorf, Deutschland Hintergrund: Alte Menschen leiden bekanntlich meist an mehreren Krankheiten zugleich und nehmen oft viele Medikamenten ein; dies mit der Gefahr von teilweise gefährlichen Interaktionen. Sowohl zu der Multimorbidität der sehr Alten als auch zu deren Medikamenteneinnahme ist jedoch nicht viel bekannt. In Südtirol muss jeder Bürger bei einem Hausarzt eingetragen sein so dass das Patientengut der Hausärzte weitgehend der allgemeinen Bevölkerung entspricht. Fragestellung: Welches Maß an Multimorbidität und Multi-Pharmakotherapie findet sich in einer Altersgruppe von Patienten beim Hausarzt, die über 70 Jahre alt sind. Material und Methoden: Jeder teilnehmende Hausarzt sollte 30 randomisiert ausgewählten Patienten, die über 70 Jahre sein mussten, mittels eines international genutzten Fragebogens für das multidimensionale Assessment des älteren Menschen das so genannte STEP befragen. Zudem waren zu jedem Patienten die chronischen Pathologien und die Dauermedikation zu dokumentieren. Ergebnisse: An der Studie nahmen 45 Hausärzte teil, die insgesamt 894 Patienten (Altersdurchschnitt 77, 61% Frauen) dokumentierten. Die Patienten hatten im Durchschnitt 3 Dauer-Pathologien (SD 1,7), 55% mehr als 2 (Abbildung 1). Die häufigsten Pathologie waren: arterielle Hypertonie (50%), Arthrose (27%), KHK (16%), Herzrhythmusstörungen (12%), Depression (12%) und Diabetes (12%). Man fand signifikante Verteilungsunterschiede zwischen Frauen und Männern. Z.B. kam Depression 4 mal häufiger bei Frauen vor (Tabelle 1). Die mittlere Medikamentenanzahl betrug fast 3 (SD 2,05, Min 1 Max 14), 33% nahmen mindestens 4 verschiedene Medikamente ein (Abbildung 2). Ace-Hemmer (29%), Antiaggregantien (27%), Diuretika (18%) und Calciumantagonisten (18%), Statine (14,5%), Betablocker (13%), Tranquillizer (13%), Antidepressiva (12,5%), Sartane (12%), NSAR (10,4%) waren die häufigsten Medikamentenklassen (Tabelle 2). Die häufigste Medikamentengruppe war die der Antihypertensiva mit 35% aller chronischen Medikationen. Schlussfolgerung/Implikation: Menschen über 69 Jahre zeigten eine hohe Komobidität und eine sehr hohe Polytherapie. Beide Zustände erhöhen die Gefahr unerwünschter Arzneimittelwirkungen und -wechselwirkungen. In weiteren Studien sollte die Möglichkeit der Reduktion der Polypharmazie durch gezielte edukative Interventionen untersucht werden. 47

49 1. Piccoliori G, Gerolimon E, Abholz HH. Geriatric Assessment in der Hausarztpraxis eine Studie der Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin. Zeitschr Allg Med. 2005;81: Junius U, Fischer G. Geriatrisches Assessment für die hausärztliche Praxis. Zeitschr Gerontol Geriat. 2002;35: Geriatric assessment in general practice using a screening instrument: is it worth the effort? Results of a South Tyrol Study. Age Ageing. 2008;37(6): Abbildung 2: Medikamentenanzahl pro Patient Abbildung 1: Anzahl chronischer Krankheiten pro Patient Tabelle 1: Häufigkeit chronischer Erkrankungen in Bezug auf Geschlecht 48

50 Material und Methoden: 100 Fallschilderungen aus Qualitätszirkeln, Zeitschriften, Schadensgutachten, und persönlichen Mitteilungen wurden im Laufe der letzten 10 Jahre gesammelt und dienten als Datengrundlage unserer Evaluierung. Als Einschlusskriterien galten: a) eine verzögerte oder versäumte Diagnosestellung; b) der Allgemeinarzt spielte eine wichtige Rolle bei der Erstberatung, und c) es mussten genügend Detailinformationen angegeben sein Tabelle 2: Häufigkeit der Medikamentenklassen Bitte zitieren als: Piccoliori G, Gerolimon E, Engl A, Abholz HH. Epidemiologie von chronischen Krankheiten und Therapien in der Altersklasse über 70 Jahren. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom052. DOI: /11fom052, URN: urn:nbn:de: fom Kasugraphie als Instrument zur Klassifizierung und Risikoabschätzung Waltraud Fink 1, Gustav Kamenski 2, Martin Konitzer 3 1 Allgemeinpraxis, Karl Landsteiner-Institut, Straning, Österreich 2 Allgemeinpraxis, Karl Landsteiner-Institut, Angern/March, Österreich 3 Lehrpraxis der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland Hintergrund: Primär als selbstlimitierend-harmlos in Erscheinung tretende Beschwerdebilder können Anzeichen einer schweren Erkrankung im Sinne eines abwendbar gefährlichen Verlaufs (AGV) sein. Obwohl in der hausärztlichen Praxis die Inzidenz solcher Fälle niedrig ist, muss der Arzt/die Ärztin immer trachten, Schaden vom Patienten abzuwenden, und zwar auf systematischer Grundlage. Brauns Kasugraphie ist eine Systematik, die angesichts der 300, in der Allgemeinpraxis am häufigsten gesehenen Krankheitsbilder Entscheidungshilfen für die Differenzierung allfällig selbstlimitierender Erkrankungen von einem abwendbar gefährlichen Verlauf bereithält. Unsere retrospektive Studie versucht die Eignung der Systematik Brauns für Krankheitsklassifikation und Risikoeinschätzung zu evaluieren. Ergebnisse: Kasugraphische Begriffe konnten zu allen geschilderten Beschwerden in Beziehung gesetzt werden. In knapp der Hälfte der Fälle fand sich die schließlich diagnostizierte Krankheit bereits in der Liste der Abwendbar gefährlichen Verläufe. Bei einem Viertel der Fälle kann angenommen werden, dass eine in der Kasugraphie vorgeschlagene Checkliste, d.h. eine programmierte Diagnostik, einen Hinweis auf die Diagnose gegeben hätte. Beziehungsweise es hätte die Betrachtungsweise der Patientenbeschwerden anhand der Kasugraphie die Führung der Patienten optimiert im Sinne der Erwägung einer früheren Wiederbestellung, von weiteren Untersuchungen oder einer früheren Zuweisung zu Spezialisten oder ins Krankenhaus. Bei einem Viertel der Fälle schließlich war der Verlauf als schicksalhaft einzustufen, wo jedes diagnostische Bemühen scheitern musste. Im Hinblick auf eine Optimierung der Kasugraphie lassen zehn Fallschilderungen es angezeigt erscheinen, bei einzelnen Begriffen in der Kasugraphie eine bestimmte Krankheit in der Liste der Abwendbar gefährlichen Verläufe zusätzlich anzuführen. Schlussfolgerung/Implikation: Die retrospektive Analyse der Fallschilderungen zeigt, dass es lohnt diese Art der strukturierten Klassifizierung von Gesundheitsstörungen an der ersten ärztlichen Linie einzusetzen um das Risiko eines unerkannten Abwendbar gefährlichen Verlaufs zu mindern. 1. Braun RN. Kasugraphie: (K)ein Fall wie der andere... Benennung und Klassifikation der regelmäßig häufigen Gesundheitsstörungen in der primärärztlichen Versorgung. 3. Aufl. Horn/Österreich: Verlag Berger; Braun RN, Mader FH. Programmierte Diagnostik in der Allgemeinmedizin. 82 Checklisten für Anamnese und Untersuchung. 5. Aufl. Berlin Heidelberg New York: Springer; Bitte zitieren als: Fink W, Kamenski G, Konitzer M. Kasugraphie als Instrument zur Klassifizierung und Risikoabschätzung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom053. DOI: /11fom053, URN: urn:nbn:de: fom

51 054 DFG-Nachwuchsakademie Versorgungsforschung Konzept Ablauf Teilnehmerrückmeldungen Martin Scherer 1, Dagmar Lühmann 2, Hanna Kaduszkiewicz 3, Bettina Villmann 2, Meike Thiele 1, Heiner Raspe 4 1 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2 Institut für Sozialmedizin, Universität Lübeck, Lübeck, Deutschland 3 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf, Hambrug, Deutschland 4 Seniorprofessur für Bevölkerungsmedizin, Universität Lübeck, Lübeck, Deutschland Hintergrund: Trotz einer nennenswerten Förderung können relevante Fragestellungen der Versorgungsforschung nicht bearbeitet werden, weil es an qualifizierten jüngeren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern fehlt. Material und Methoden: Anfang Dezember 2010 fand die erste Phase der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) neu eingerichteten Nachwuchsakademie Versorgungsforschung in den Instituten für Sozialmedizin und Krebsepidemiologie der Universität zu Lübeck statt. Durch sie sollen interessierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, die sich mit Fragen der Versorgungsforschung beschäftigen, in einem frühen Stadium ihrer Karriere gefördert werden, indem sie frühzeitig eigene Forschungsfragen formulieren und an die erste eigene Drittmitteleinwerbung herangeführt werden. Auf dem Kongress möchten wir über Hintergrund, Konzept, Umsetzung und Zukunft des Projekts berichten. Ergebnisse: Interessenten mussten sich mit einer Projektskizze bewerben und entweder promoviert bzw. kurz vor Abgabe ihrer Dissertation sein. Nach breiter Ausschreibung gingen 120 Bewerbungen ein, von denen 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einem aufwändigen Begutachtungsprozess ausgewählt wurden. Die vorgeschlagenen Projektthemen wiesen ein breites Spektrum auf und umfassten u. a. Fragestellungen zum Versorgungszugang und Schnittstellen bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, zur Qualitätsförderung in Praxen (z.b. Evaluation von Disease-Management-Programmen) oder zu Zielvereinbarungen in der Rehabilitation. Ein besonderes versorgungswissenschaftliches Interesse galt Personen mit Migrationshintergrund. Die fünftägige Nachwuchsakademie hatte zwei Arbeitsschwerpunkte: Zum Einen hatten die Teilnehmer Gelegenheit, ihre Projektskizzen vorzustellen, mit Experten zu diskutieren und in interaktiver Kleingruppenarbeit weiter zu entwickeln. Zum Anderen gaben renommierte Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland in Vorträgen und Diskussionen Einblick in aktuelle konzeptionelle und methodische Entwicklungen der Versorgungsforschung. Das unmittelbar nach der Veranstaltung eingeholte Feedback der Teilnehmer signalisierte, dass insbesondere die supervidierte Arbeit an der eigenen Projektskizze als hilfreich empfunden wurde. Schlussfolgerung/Implikation: Im Nachgang zur Veranstaltung haben die Teilnehmer nun Gelegenheit, ihren Forschungsantrag zu finalisieren und als Sachbeihilfeantrag bei der DFG einzureichen. In einem Jahr werden die Kandidatinnen und Kandidaten zu einem Alumni-Treffen eingeladen. Anfang 2012 soll eine zweite DFG- Nachwuchsakademie stattfinden. Bitte zitieren als: Scherer M, Lühmann D, Kaduszkiewicz H, Villmann B, Thiele M, Raspe H. DFG-Nachwuchsakademie Versorgungsforschung Konzept Ablauf Teilnehmerrückmeldungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom054. DOI: /11fom054, URN: urn:nbn:de: fom IIe Disease Management Programme 055 Hat sich die Versorgung von Patienten mit Asthma bronchiale in den bayerischen Hausarztpraxen seit der Einführung des Disease Management Programms Asthma verbessert? Antonius Schneider 1, Robert Mutschler 1, Ewan-Reid Donnachie 2, Michael Mehring 1, Frank Hofmann 2 1 Institut für Allgemeinmedizin/TU München, München, Deutschland 2 KV Bayerns, München, Deutschland Hintergrund: Das Disease Management Programm (DMP) Asthma bronchiale wurde 2006 in Bayern eingeführt. Mittlerweile sind über Patienten in das Programm eingeschrieben. Ziel der vorliegenden Untersuchung war die Ermittlung, ob durch das DMP Asthma eine Verbesserung der Versorgung zu ermitteln ist. Material und Methoden: Analyse der elektronischen Dokumentation des DMP Asthma mit Darstellung des Verlaufs von medikamentöser Therapie, wahrgenommenen Patientenschulungen, Anwendung von individuellen Selbstmanagement-Plänen, Notfallbehandlungen und Krankenhausaufnahmen. Ergebnisse: Die orientierende Auswertung zeigt eine Zunahme der Leitlinienadhärenz, Zunahme von Schulungen und Abnahme von Hospitalisierung. Eine genaue Auswertung liegt bis zur Präsentation vor. Schlussfolgerung/Implikation: Wie bei vielen deutschlandweit breitflächigen Implementierungsmaßnahmen liegt keine Kontrollgruppe vor, so dass Behandlungseffekte nur schwierig auf die DMP-Implementierung alleine zurückgeführt werden können. Einige Effekte, wie z.b. Zunahme von durchgeführten Schulungen, sind jedoch in sich konsistent, so dass eine Verbesserung der Versorgung durch das DMP Asthma plausibel erscheint. Bitte zitieren als: Schneider A, Mutschler R, Donnachie ER, Mehring M, Hofmann F. Hat sich die Versorgung von Patienten mit Asthma bronchiale in den bayerischen Hausarztpraxen seit der Einführung des Disease Management Programms Asthma verbessert. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom055. DOI: /11fom055, URN: urn:nbn:de: fom

52 056 Nationale VersorgungsLeitlinie und Disease- Management-Programm Asthma Kommen die Inhalte bei den Patienten an? Eine Fragebogenstudie bei gesetzlich Versicherten in Deutschland Bettina Bücker 1, Susanne Löscher 1, Cornelia Schürer 2, Katharina Schaper 3, Frank Krummenauer 3, Michael Pentzek 2, Antje Krieger 1, Nik Koneczny 1, H.-Harald Abholz 2, Stefan Wilm 1 1 Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland 2 Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland 3 Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie (IMBE), Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland Hintergrund: Die Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma, die u.a. als evidenzbasierte Entscheidungshilfe für die Ausgestaltung des Disease-Management-Programms (DMP) Asthma gedacht ist, wurde 2005 erstmalig veröffentlicht. Zwischen 2006 und 2008 führten alle Kassenärztlichen Vereinigungen das DMP Asthma ein. Zum Effekt dieses DMP in Deutschland existieren derzeit nur wenige Untersuchungen. Die Befragung sollte Auskunft über das selbstberichtete Handeln gesetzlich versicherter Patienten im Hinblick auf den (leitliniengerechten) Umgang mit ihrer Asthmaerkrankung geben und darüber, inwieweit sich DMP-Asthma- Teilnehmer in ihren Aussagen von Nichtteilnehmern unterscheiden. Primäre Hypothese war, dass zwischen diesen Gruppen ein Unterschied besteht in Bezug auf den Grad der Asthmakontrolle (unkontrolliert vs (teilweise) kontrolliert) und die Notwendigkeit zur Anwendung des Notfallsprays (nie/höchstens 2x pro Woche vs mehr als 2x pro Woche/täglich). Sekundäre Hypothesen bezogen sich u.a. auf Schulungsteilnahme, Einsatz des Peak-Flow-Meters (PFM), Besitz eines Notfallplans und Einnahme eines inhalativen Kortikoids. Material und Methoden: Postalische Befragung von zufällig ausgewählten, asthmakranken Versicherten (je DMP-Teilnehmer und Nichtteilnehmer) einer gesetzlichen Krankenversicherung. Die deskriptive Auswertung der kategorialen Items erfolgte mittels Kreuztabellen und entsprechenden Prozentzahlen. Mittels des exakten Fisher-Tests zum multiplen Niveau 5% wurden Asthmakontrolle und Notfallsprayanwendung zwischen den beiden Gruppen verglichen. Die sekundären Hypothesen wurden mittels Fisher- bzw. Chiquadrat-Test geprüft. Ergebnisse: Rücklaufquote 32,3% (2586 FB). Zur primären Hypothese (Grad der Asthmakontrolle bzw. Notfallsprayanwendung) zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen DMP-Teilnehmern und Nichteilnehmern (p(f)=0.251 bzw. p(f)=0.080). Alters- und Geschlechtsadjustierungen veränderten die Ergebnisse nicht. Die DMP-Teilnehmer haben häufiger an einer Asthma-Schulung teilgenommen (50,6% vs 32,3%, p(f)=0.000), verwendeten häufiger ein PFM (49,3% vs 25,3%, p(f)=0.000), waren häufiger im Besitz eines Notfallplans (21,7% vs 11,0%, p(f)=0.000) und nahmen häufiger täglich ein kortisonhaltiges Spray (61,9% vs 45,5%, p(chi²)=0.000). Schlussfolgerung/Implikation: Ergebnisparameter unterschieden sich zwischen den Gruppen nicht. Relevante Prozessparameter waren bei den DMP-Teilnehmern häufiger leitlinienkonform als bei den Nichtteilnehmern. Unklar bleibt, ob diese Unterschiede Folge des DMP sind. Möglicherweise spielen auch Selektionseffekte eine Rolle in dem Sinne, dass gesündere und motiviertere Patienten eher ins DMP eingeschlossen wurden als Patienten mit einem höheren Risiko für Komplikationen. Auch gilt zu bedenken, dass die DMP-Laufzeit bei Studienbeginn maximal 4 Jahre betrug. Es ist denkbar, dass Prozessverbesserungen im Sinne eines Langzeitnutzens zu zukünftigen Outcome-Verbesserungen führen. Diese Aspekte sollten in weiteren Studien untersucht werden. Bitte zitieren als: Bücker B, Löscher S, Schürer C, Schaper K, Krummenauer F, Pentzek M, Krieger A, Koneczny N, Abholz HH, Wilm S. Nationale VersorgungsLeitlinie und Disease-Management-Programm Asthma Kommen die Inhalte bei den Patienten an? Eine Fragebogenstudie bei gesetzlich Versicherten in Deutschland. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom056. DOI: /11fom056, URN: urn:nbn:de: fom Pharmakotherapie von DMP-Teilnehmern im Vergleich zu Nicht-Teilnehmern Ergebnisse der ELSID-Studie Antje Miksch, Stefanie Joos, Dominik Ose, Joachim Szecsenyi Universitätsklinikum, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Die Effektivität und die weitere Ausgestaltung der Disease Management Programme (DMP) für Diabetes mellitus Typ 2 werden in Deutschland und international kontrovers diskutiert. Angesichts der flächendeckenden bundesweiten Implementierung der Programme im Jahr 2003 war in Deutschland eine dem Goldstandard entsprechende randomisiert-kontrollierte Studie nicht durchführbar. Das hat dazu geführt, dass bis zum heutigen Zeitpunkt mehrere Studien mit teilweise unterschiedlichen methodischen Herangehensweisen durchgeführt wurden [1], [2], [3], [4], [5]. Im Rahmen der ELSID-Studie wurden in einem mehrdimensionalen Ansatz der Versorgungsforschung unterschiedliche Elemente des DMP untersucht. Dabei wurden u.a. anhand einer Auswertung von Routine-Daten ein Vergleich zwischen DMP-Teilnehmern und Nicht- Teilnehmern hinsichtlich Pharmakotherapie und Hospitalisationsraten durchgeführt. Die Ergebnisse dieses Vergleiches sind Gegenstand der vorliegenden Analyse. Material und Methoden: Zum Vergleich von DMP- Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern wurden Routinedaten der AOK aus Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz herangezogen. Dafür wurden zwei Halbjahre verglichen (2. Halbjahr 2005 und 2. Halbjahr 2007). Zur Bildung einer Vergleichsgruppe wurde ein propensity score matching durchgeführt. Ergebnisse: Die untersuchte Stichprobe beinhaltete die Daten von Patienten, davon waren DMP- Teilnehmer. Durch das Propensity Score Matching konnte für jeden DMP Teilnehmer ein Matching-Partner gefunden 51

53 werden, so dass in der folgenden Analyse Patienten berücksichtigt wurden (2.300 DMP-Teilnehmer und Nicht-Teilnehmer). Die Verordnungsraten für Antihypertensiva waren 87.0% (DMP) und 83.3% (Nicht-DMP) im Baseline-Halbjahr 2005 (p<0.001) und 88.8% / 83.8% zum Zeitpunkt des Follow-up (p<0.001). Verordnungsraten für Lipidsenker waren 31.5 % / 22.4% (Baseline, p<0.001) and 35.3 % / 28.1 % (Follow-up, p<0.001). 14.3% (DMP) bzw. 14.8% (Nicht-DMP) wurden im 2. Halbjahr 2005 mindestens einmal hospitalisiert (p=0.654), im Vergleichszeitraum 2007 waren dies 18.5% (DMP) und 16.1% (Nicht-DMP) (p<0.05). Schlussfolgerung/Implikation: Diese Analyse zeigt Unterschiede bezüglich der Pharmakotherapie zwischen DMP- Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern, die allerdings vor dem Hintergrund des großen Studiensamples und unter Berücksichtigung möglicher Selektionseffekte vorsichtig interpretiert werden müssen. Die DMP haben zur Verankerung einer strukturierten Versorgung im Praxisalltag beigetragen, inwiefern die Programme zu einer langfristigen und nachhaltigen Verbesserung patientenrelevanter Endpunkte geführt haben, muss auf Basis der Ergebnisse der vorliegenden, methodisch heterogenen DMP-Studien kritisch diskutiert werden. 1. Stock S, Drabik A, Büscher G, Graf C, Ullrich W, Gerber A, Lauterbach KW, Lüngen M. German Diabetes Management Programs improve quality of care and curb costs. Health Affairs. 2010;12: Sönnichsen AC, Winkler H, Flamm M, Panisch S, Kowatsch P, Klima G, Fürthauer B, Weitgasser R. The effectiveness of the Austrian disease management programme for type 2 diabetes: a cluster-randomised trial. BMC Fam Pract. 2010;11: Linder R, Ahrens S, Köppel D, Heilmann T, Verheyen F. The benefit and efficiency of the disease management program for type 2 diabetes. Dtsch Arztebl Int. 2011;108: Schaefer I, Küver C, Gedrose B, von Leitner EC, Treszl A, Wegscheider K, van den Bussche H, Kaduszkievicz H. Selection effects may account for better outcomes of the German Disease management Program for type 2 diabetes. BMC Health Services Research. 2010;10: Miksch A, Laux G, Ose D, Joos S, Campbell S, Riens B, Szecsenyi J. Is there a survival benefit within a german primary care-based disease management program? Am J Manag Care. 2010;16: Bitte zitieren als: Miksch A, Joos S, Ose D, Szecsenyi J. Pharmakotherapie von DMP-Teilnehmern im Vergleich zu Nicht-Teilnehmern Ergebnisse der ELSID-Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom057. DOI: /11fom057, URN: urn:nbn:de: fom Developing and validating disease management evaluation methids for European healthcare systems (DISMEVAL): Auswirkungen der Anwendung verschiedener Matching- Methoden auf die Einschätzung von Effekten des DMP Diabetes Typ II Antje Erler 1, Birgit Fullerton 1, Boris Poehlmann 2, Robert Krohn 2, Petra Kaufmann-Kolle 2, Martin Beyer 1, Ferdinand M. Gerlach 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt/Main, Deutschland 2 AQUA-Institut, Goettingen, Deutschland Hintergrund: Disease Management-Programme (DMP) sollen die Qualität der Versorgung chronisch Kranker verbessern und dadurch Folgeerkrankungen und Krankheitskosten reduzieren. Ziele und Inhalte von DMP sind in verschiedenen Ländern unterschiedlich und ihr Erfolg wird international kontrovers diskutiert. Das EU-Projekt DISME- VAL untersucht Versorgungsmodelle für chronisch Kranke wie DMP und ihre Evaluation in verschiedenen europäischen Ländern. Anhand von DMP-Daten aus sechs europäischen Ländern werden unterschiedliche Evaluationsmethoden getestet und validiert. Auf der Basis der Ergebnisse sollen Empfehlungen für eine wissenschaftlich fundierte und praktikable Evaluation von DMP entwickelt werden. In Deutschland ist die Teilnahme an DMP freiwillig, Baseline- Daten für Patienten stehen nicht zur Verfügung, und der Vergleich mit einer Kontrollgruppe von Nicht-Teilnehmern ist nicht möglich. Daraus ergeben sich besondere Schwierigkeiten, valide Evaluationsergebnisse zu erhalten und die Programmeffekte korrekt zu interpretieren. Material und Methoden: Auf der Basis von Routinedaten und DMP-Dokumentationen von Patienten der Techniker Krankenkasse aus den Jahren werden die Auswirkungen der Anwendung verschiedener Matching- Methoden (z.b. Propensity Score- und Propensity Weight- Matching) auf den Vergleich von Teilnehmern und Nicht- Teilnehmern bezüglich der Effekte des DMP Diabetes Typ II analysiert. Als Maß für die Güte des Matchings wird die mittlere standardisierte Differenz (mean standardized difference) verwendet. Ergebnisse: Vor dem Matching zeigten Teilnehmer und Nicht-Teilnehmer deutliche Unterschiede in soziodemographischen, klinischen und Inanspruchnahmeparametern. Mittels verschiedener Matchingverfahren konnten diese Unterschiede mehr oder weniger ausgeglichen werden. Dabei fand sich keine eindeutige Überlegenheit einer Methode. Schlussfolgerung/Implikation: Selektionsbias ist ein wichtiger Faktor, der bei der Interpretation von Evaluationsergebnissen des DMP Diabetes Typ II zu berücksichtigen ist. Bei der Verwendung von Routinedaten können verschiedene Matchingmethoden genutzt werden, um Unterschiede in DMP-Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern einzubeziehen und für einen Selektionsbias zu kontrollieren. 52

54 Bitte zitieren als: Erler A, Fullerton B, Poehlmann B, Krohn R, Kaufmann- Kolle P, Beyer M, Gerlach FM. Developing and validating disease management evaluation methids for European healthcare systems (DISMEVAL): Auswirkungen der Anwendung verschiedener Matching- Methoden auf die Einschätzung von Effekten des DMP Diabetes Typ II. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom058. DOI: /11fom058, URN: urn:nbn:de: fom Aktivtreff Diabetes Peer Support als neues Konzept im Diabetes Management Henrike Winkler 1, Tim Johansson 1, Sigrid Panisch 1, Raimund Weitgasser 2, Andreas Sönnichsen 1 1 Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich 2 Diakonissen-Krankenhaus Salzburg, Salzburg, Österreich Hintergrund: Disease Management Programme (DMPs) wie das österreichische Therapie aktiv führen zu einer deutlichen Optimierung der Prozessqualität, hinsichtlich Verbesserung der Stoffwechselkontrolle bleiben die Effekte aber gering. Selbstmanagement und Peer Support gelten als vielversprechende, neue Konzepte in der Versorgung chronisch Kranker, um den ureigensten Patientenwunsch nach Gesundheit in den Vordergrund zu stellen. Bisher gibt es nur wenig Studienliteratur zur Effektivität dieser Vorgehensweise. Unsere Arbeitsgruppe hat als Zusatzmodul des DMP Therapie aktiv das Peer Support Programm (PSP) Aktivtreff Diabetes entwickelt, dessen Effektivität nun im Rahmen einer randomisiertkontrollierten Studie überprüft wird. Material und Methoden: 90 Allgemeinmedizinischen bzw. Internistischen Praxen im Bundesland Salzburg wurde das Programm angeboten, ins Therapie aktiv eingeschriebene Patienten sind teilnahmeberechtigt. Angemeldete Diabetiker werden Aktivtreffgruppen zugeordnet, die nach Randomisierung entweder das PSP durchführen (Intervention) oder Usual Care erhalten (Kontrolle). Je Interventionsgruppe werden zwei Peer Supporter vom Arzt vorgeschlagen und nach standardisiertem Programm geschult. Die Gruppen treffen sich einmal in der Woche zur sportlichen Betätigung wie Nordic Walking o.ä. und werden regelmäßig durch Sportinstruktoren betreut. Zusätzlich werden einmal pro Monat Gesprächsrunden angeboten, um diabetesbezogene Probleme zu diskutieren. Die Gruppen werden regelmäßig durch Diabetesberater, Diätologen, Psychologen, Sportinstruktoren und Ärzte professionell unterstützt. Als Basisdaten werden Laborwerte, anthropometrische Daten, der DMP-Dokumentationsbogen, Fragebögen zu Lebensqualität und Bewegungsverhalten herangezogen. Nach zwei Jahren erfolgen die Abschlussuntersuchungen. Primäres Zielkriterium ist eine HbA1c- Senkung. Weitere Zielkriterien: Verbessertes Diabetes-Selbstmanagement, höhere Lebensqualität, Reduktion kardiovaskulärer Risikofaktoren, Gewichtsreduktion, Raucherentwöhnung, Kostensenkung in der Interventionsgruppe. Ergebnisse: 415 Diabetiker meldeten sich für das PSP an, 20 Gruppen haben im Frühjahr 2011 gestartet. Die Basisdaten der Interventions (I)- und Kontrollgruppe (K) sind gut vergleichbar: Mittleres Alter 65,5 (I) vs. 65,2 (K), mittlerer BMI 30,3 (I) vs. 30,4 (K) kg/m², mittlerer HbA1c 7,0 (I) vs. 7,1 (K) %. Schlussfolgerung/Implikation: Trotz steigender Kosten und Versorgungsdefiziten in der Diabetesbehandlung wurde bisher wenig in Selbsthilfeprojekte und Bewegungsprogramme für Diabetiker investiert. Das vorgeschlagene PSP verspricht effizient zur Verbesserung der Versorgung von Diabetikern und damit auch zur Kostenreduktion beizutragen. Ziel ist es, Gruppen zu initiieren, die nach Ablauf der Studie weiter bestehen bleiben. Die Studienergebnisse sollen dazu beitragen, PSPs als Standardkomponenten der Diabetikerbetreuung in Österreich zu etablieren. Bitte zitieren als: Winkler H, Johansson T, Panisch S, Weitgasser R, Sönnichsen A. Aktivtreff Diabetes Peer Support als neues Konzept im Diabetes Management. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom059. DOI: /11fom059, URN: urn:nbn:de: fom Effektivität des österreichischen DMP Therapie Aktiv für Diabetes Typ 2 hinsichtlich Verbesserung der metabolischen Kontrolle, des Risikoprofils und der Leitlinienadhärenz zwei Jahre Follow up Maria Flamm, Sigrid Panisch, Henrike Winkler, Tim Johansson, Andreas Sönnichsen Paracelsus Medizinische Privatuniversität; Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich Hintergrund: Diabetes mellitus Typ 2 stellt weltweit eine wachsende Herausforderung für Gesundheitssysteme dar. In Österreich leiden rund 4,2-4,6% der erwachsenen Bevölkerung an Diabetes [1] und die Prävalenz der diabetischen Komplikationen ist hoch [2]. Zur Verbesserung der Versorgung von Diabetikern in Österreich wurde das Disease Management Programm (DMP) Therapie Aktiv von der gesetzlichen Sozialversicherung entwickelt und implementiert. Im Bundesland Salzburg erfolgte die Einführung 2007 im Rahmen einer randomisiert kontrollierten Studie (RCT) mit eingeschlossenen Patienten über einen Beobachtungszeitraum von einem Jahr. Die Ergebnisse wurden kürzlich publiziert [3]. Nach Abschluss des RCT wurde das Programm zur Ermittlung der Langzeiteffektivität als offene Beobachtungsstudie weitergeführt. Material und Methoden: Die Studie wurde allen Allgemeinmedizinern und Internisten mit Kassenvertrag in Salzburg angeboten. Es sollten alle Patienten mit Diabetes Typ 2 nach den WHO/ADA Kriterien eingeschlossen werden. Nach Abschluss des RCT und Öffnung der Studie wurde den Patienten der Kontrollgruppe der Eintritt in das DMP angeboten. In dieser Auswertung beobachteten wir alle Patienten, die über den gesamten Zeitraum von 2 Jahren (mindestens 600 Tage) in der Studie waren. Die Studienteilnehmer wurden in 3 Gruppen unterteilt: Gruppe 1: ehemalige Interventionspatienten, die im DMP blieben; Gruppe 2: ehemalige Kontrollen, die in das DMP eintraten; Gruppe 3: ehemalige Kontrollen, die als Kontrollen in der Studie blieben. Zu Studienbeginn, nach einem und nach zwei Jahren wurden anthropometrische 53

55 Daten, diverse Laborparameter (primärer Endpunkt HbA1c) und Parameter der Prozessqualität (regelmäßige Kontrolluntersuchungen und Schulung) erfasst und ausgewertet. Ergebnisse: Insgesamt wurden von 55 Ärzten 801 Patienten eingeschlossen, deren Daten über einen Zeitraum von 2 Jahren ausgewertet werden konnten. Gruppe 1: n=355 (53,0% männlich); Gruppe 2: n=335 (51,3% männlich); Gruppe 3: n=111 (56,8% männlich). Hinsichtlich des primären Endpunktes HbA1c fand sich zwischen den Gruppen über die Zeit kein signifikanter Unterschied (Mittelwert HbA1c ± STD zu Studienbeginn, nach 1Jahr, nach 2 Jahren: Gruppe 1: 7,40±1,48; 6,95±1,14; 7,03±1,19; Gruppe 2: 7,32±1,37; 6,95±1,05; 6.95±1.05; Gruppe 3: 7,14±1,11; 7,02±1,00; 7.12±1.10; p=0,789). Hinsichtlich der Prozessqualität fanden sich signifikant mehr geschulte Patienten unter den DMP Patienten (p<0,001). Nach Übertritt in das DMP im zweiten Jahr zeigte sich eine deutliche Zunahme an regelmäßigen Augen- und Fußuntersuchungen. Schlussfolgerung/Implikation: Es finden sich nach 2 Jahren keine Unterschiede hinsichtlich metabolischer Kontrolle zwischen den Gruppen, jedoch führt das DMP Therapie Aktiv zu einer deutlichen Verbesserung der Prozessqualität. 1. Dorner T, Rathmanner T, Lechleitner M, Schlogel R, Roden M, Lawrence K, et al. Public health aspects of diabetes mellitus-- epidemiology, prevention strategies, policy implications: the first Austrian diabetes report. Wien Klin Wochenschr ;118(17-18): Rakovac I, Plank J, Jeitler K, Beck P, Seereiner S, Mrak P, et al. Health status of type 2 diabetics in Austria - perspective of a quality improvement initiative. Wien Med Wochenschr. 2009;159(5-6): Sonnichsen AC, Winkler H, Flamm M, Panisch S, Kowatsch P, Klima G, et al. The Effectiveness of the Austrian Disease Management Programme for Type 2 Diabetes: a Cluster-Randomised Controlled Trial. BMC Fam Pract. 2010;11(1):86. Bitte zitieren als: Flamm M, Panisch S, Winkler H, Johansson T, Sönnichsen A. Effektivität des österreichischen DMP Therapie Aktiv für Diabetes Typ 2 hinsichtlich Verbesserung der metabolischen Kontrolle, des Risikoprofils und der Leitlinienadhärenz zwei Jahre Follow up. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom060. DOI: /11fom060, URN: urn:nbn:de: fom IIf Qualitative Forschung 061 Die Weiterverordnung von nicht-indizierten Protonenpumpenhemmern nach Krankenhausaufenthalt qualitative Interviews mit Hausärzten Matthias Wermeling, Dirk Ahrens, Wolfgang Himmel Universität Göttingen, Abteilung Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland Hintergrund: Verordnungen von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) haben in den letzten 10 Jahren um mehr als das Sechsfache zugenommen. Über den nichtindikationsgerechten Einsatz von PPI im Krankenhaus und der Primärversorgung wurde vielfach berichtet. Für über die Hälfte der PPI-Empfehlungen in den Entlassungsbriefen aus dem Krankenhaus gibt es keine adäquate Indikation, wie wir zeigen konnten ([1]). Nach Entlassung aus dem Krankenhaus wurde von den Hausärzten wiederum mehr als die Hälfte der nicht-indizierten Empfehlungen fortgeführt mit großer Variationsbreite unter den Ärzten. Eine qualitative Studie sollte klären, aus welchen Gründen Hausärzte nicht-indizierte Empfehlungen von PPI nach Krankenhausentlassung weiterführen oder absetzen. Material und Methoden: Nach den Regeln des gezielten Samplings wählten wir 5 Hausärzte, die nicht-indizierte Verordnungen von PPI überwiegend weiterführten, und 5 Hausärzte, die solche Verordnungen überwiegend absetzten, aus. Mit diesen 10 Hausärzten führten wir leitfadengestützte Interviews zu ihren Einstellungen bezüglich PPI und ihrem Verordnungsverhalten mit besonderer Berücksichtigung der Schnittstelle zwischen Krankenhaus und Hausarzt. Die Auswertung erfolgte mit der qualitativen framework -Methode. Ergebnisse: Neben dem Wissen über Indikationen und der allgemeinen Einstellung zu Medikamenten, speziell PPI, beeinflusste das Verhältnis zum Krankenhaus die Entscheidung, ein nicht-leitlinienkonform verordnetes Medikament weiterzuführen oder abzusetzen. Hausärzte, die nicht-leitliniengerechte Verordnungen von PPI häufig weiterführten, bescheinigten ihren Kollegen im Krankenhaus eine große Kompetenz bei der Verordnung des Präparates. Dagegen äußerte sich die Vergleichsgruppe häufig kritisch zu den Pauschalverordnungen und der im Krankenhaus oft praktizierten prophylaktischen Gabe von PPI als Begleitmedikation zur Medikation mit NSAR. Hausärzte, für die Kostenüberlegungen eine große Rolle spielten, waren eher dazu bereit, Krankenhausverordnungen abzusetzen. Schlussfolgerung/Implikation: Die häufig nichtleitliniengerechte Entlassungsmedikation erfordert die kritische Überprüfung und ggf. Veränderung. Wissensdefizite sind ein Hindernis in diesem Prozess. Aber auch eine positive Grundeinstellung gegenüber dem Krankenhaus und die Akzeptanz der oft automatischen Koppelung von PPI und NSAR erschweren den kritischen Blick auf die vom Krankenhaus empfohlene Medikation. 54

56 1. Ahrens D et al. Appropriateness of treatment recommendations for PPI in hospital discharge letters. Eur J Clin Pharmacol. 2010;66(12): Bitte zitieren als: Wermeling M, Ahrens D, Himmel W. Die Weiterverordnung von nicht-indizierten Protonenpumpenhemmern nach Krankenhausaufenthalt qualitative Interviews mit Hausärzten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom061. DOI: /11fom061, URN: urn:nbn:de: fom Einsatz von reinen und unreinen Placebos in der allgemeinmedizinischen Praxis Ergebnisse einer qualitativen Befragung Karin Meissner 1, Lisa Höfner 1, Isabelle Schumann 2, Klaus Linde 2 1 Institut für Medizinische Psychologie, München, Deutschland 2 Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland Hintergrund: Eine von unserer Arbeitsgruppe kürzlich durchgeführte Fragebogenuntersuchung ergab, dass viele Hausärzte ab und zu reine Placebos (z.b. Zuckertabletten, Kochsalzinjektionen) und häufiger unreine Placebos (Therapien, bei denen eine intrinsische Wirkung auf die behandelte Erkrankung unwahrscheinlich ist) einsetzen. Um die komplexen Gründe für die Verwendung von Placebos in der allgemeinmedizinischen Praxis besser zu verstehen, führten wir nun auch eine qualitative Befragung durch. Material und Methoden: Zehn niedergelassene Hausärzte in Bayern (4 Männer, 6 Frauen) wurden mit strukturierten Leitfadeninterviews zum Einsatz von Placebos in der Praxis befragt. Alle Interviews wurden aufgezeichnet und transkribiert. Die Auswertung erfolgte mit Methoden der Inhaltsanalyse. Jede Aussage wurde von mindestens 2 Autoren kodiert. Ergebnisse: Unter den Befragten waren 5 Anwender reiner Placebos und 6 Anwender unreiner Placebos. Als Formen unreiner Placebos wurden vor allem Phytotherapeutika, Homöopathika und Akupunktur, aber auch Klangschalen und Handauflegen genannt. Der häufigste Grund für die Gabe von Placebos war der ausdrückliche Wunsch des Patienten nach Therapie, auch wenn im konkreten Fall keine spezifische Therapie zur Verfügung stand. Bei unreinen Placebos spielte häufig auch die Hoffnung auf eine ungezielte, wissenschaftlich aber nicht belegte Wirkung der Therapie eine Rolle. Andere Ärzte lehnten unreine Placebos ab, weil sie nur Therapien einsetzen wollten, von denen sie überzeugt seien. Der häufigste Grund gegen den Einsatz reiner Placebos war die Täuschung des Patienten. Anwender von reinen Placebos führten vor allem das Argument des Nicht-Schadens an, zusammen mit dem potentiellen Nutzen und den niedrigen Kosten für das Gesundheitssystem. Eine Wirksamkeit von Placebos wurde in erster Linie für psychosomatische Beschwerden postuliert, und fast jeder Befragte konnte ein konkretes Beispiel für einen Placeboeffekt anführen. Für einige Ärzte waren Gespräch und Zuwendung ebenso wichtig wie das Placebo, welches dann als zusätzliche Form der Zuwendung beschrieben wurde, auf die der Patient im Alltag problemlos zurückgreifen könne. Schlussfolgerung/Implikation: Die Meinungen der befragten Hausärzte bezüglich reiner und unreiner Placebos gingen stark auseinander. Für den Umgang mit reinen Placebos spielte vor allem die persönliche Einstellung des Arztes zur Täuschung des Patienten eine Rolle, während der Einsatz von unreinen Placebos eher an die Einstellung geknüpft war, ob ein Arzt auch Therapien ausprobieren wollte, deren Nutzen nicht wissenschaftlich erwiesen ist. Der individuelle Umgang mit Placebos hing also eng mit dem beruflichen Selbstverständnis der befragten Ärzte zusammen. An der Wirksamkeit von Placebos zweifelte hingegen kaum ein Arzt. Bitte zitieren als: Meissner K, Höfner L, Schumann I, Linde K. Einsatz von reinen und unreinen Placebos in der allgemeinmedizinischen Praxis Ergebnisse einer qualitativen Befragung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom062. DOI: /11fom062, URN: urn:nbn:de: fom Ressourcenorientierte Ansätze in der Hausarztpraxis eine qualitative Studie Franziska Prüfer, Stefanie Joos, Antje Miksch Universitätsklinikum, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Der Arbeitsauftrag der Allgemeinmedizin beinhaltet eine Gesundheitsbildungsfunktion, insbesondere die Gesundheitsberatung und Gesundheitsförderung für den einzelnen Patienten [1]. Bei der Gesundheitsförderung steht die Stärkung patienteneigener Ressourcen im Mittelpunkt (salutogenetischer Ansatz). Darüber inwieweit ressourcenorientierte Ansätze in der hausärztlichen Versorgung nutzbar sind bzw. bereits zur Anwendung kommen, ist bislang nur wenig bekannt. In der vorliegenden Studie wird darum untersucht, welche Erfahrungen Hausärzte mit dem Einsatz/der Nutzbarkeit salutogener Ressourcen ihrer Patienten gemacht haben. Material und Methoden: Mit Hausärzten, die mit ressourcenorientierten Ansätzen bereits vertraut sind, werden semi-strukturierte telefonische Interviews anhand eines vorab entwickelten Interviewleitfadens geführt. Diese werden digital aufgezeichnet, im Volltext transkribiert und anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring und mit dem Softwareprogramm Atlas.ti ausgewertet. Die Aspekte Erfahrungen, Schlüsselerlebnisse, Chancen und Barrieren im Zusammenhang mit ressourcenorientierten Ansätzen stehen dabei im Mittelpunkt. Ergebnisse: Auf dem Kongress werden die Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse präsentiert. Schlussfolgerung/Implikation: Die aus Sicht der Hausärzte betrachtete Nutzbarkeit von ressourcenorientierten Ansätzen für die hausärztliche Versorgung soll vor dem Hintergrund der Anforderungen an die Versorgung einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung diskutiert werden. Dabei sollen auch mögliche Konsequenzen für eine bessere Verankerung der Salutogenese im Studium bzw. in der ärztlichen Weiterbildung erörtert werden. 55

57 1. Sturm E, Bahrs O, Dieckhoff D, Göpel E, Sturm M. Hausärztliche Patientenversorgung: Konzepte - Methoden - Fertigkeiten. Vol.1. Stuttgart: Georg Thieme; Bitte zitieren als: Prüfer F, Joos S, Miksch A. Ressourcenorientierte Ansätze in der Hausarztpraxis eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom063. DOI: /11fom063, URN: urn:nbn:de: fom Interkulturelle Medizin: Erwartungen und Erfahrungen chronisch kranker Patienten beim Hausarzt. Ergebnisse einer qualitativen Befragung von Patienten mit und ohne Migrationshintergrund Viktoria Bachmann, Michael Völkner, Stefan Bösner, Erika Baum, Norbert Donner-Banzhoff Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, Marburg, Deutschland Hintergrund: Im Rahmen der Studie Chronisch kranke Patienten mit russisch-sprachigem Migrationshintergrund beim Hausarzt wurden Migranten aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion über ihre Erfahrungen und Erwartungen beim Hausarzt interviewt. Die Interviewpartner berichteten über vielfältige von ihnen in der Interaktion mit dem Hausarzt erlebten Schwierigkeiten sowie ihren Umgang mit diesen. Viele formulierten ihre Erwartungen an bzw. Vorstellungen über einen idealen Hausarzt. Wir gingen der Frage nach, inwiefern sich die gemachten Erfahrungen und Erwartungen von Patienten mit Migrationshintergrund von denen von einheimischen Patienten unterscheiden. Material und Methoden: Als Ergänzung zu den Interviews mit Patienten mit russisch-sprachigem Migrationshintergrund sowie zu den Ärzte-Interviews, wurden chronisch kranke Patienten ohne Migrationshintergrund über ihre Erwartungen und Erfahrungen bei Hausarzt interviewt. Um den Vergleich zu ermöglichen, wurde der gleiche Interviewleitfaden verwendet wie bei den Migranten, allerdings gekürzt um die Migrationsgeschichte sowie Erfahrungen im Herkunftsland. Es wurde ein Vergleich mit den Interviews von Patienten mit russisch-sprachigem Migrationshintergrund, die von einheimischen Ärzten behandelt werden, unternommen. Interviews von Patienten, deren Ärzte selbst russisch-sprachigen Migrationshintergrund haben, wurden von der Auswertung ausgenommen. Die Interviews wurden transkribiert, mit MAXQDA codiert und analysiert. Ergebnisse: Es fanden 24 Patienten-Interviews statt. Diese sowie 28 Migranten-Interviews wurden nach dem gleichen Code-Baum mit Hilfe von MAXQDA codiert und inhaltlich analysiert. Nach den ersten Analysen unterscheiden sich die beiden Patienten-Gruppen bezüglich der Anzahl der erlebten Schwierigkeiten im Kontakt mit dem Hausarzt, ihrer Zufriedenheit mit der Behandlung und Interaktion sowie der Hausarzttreue. Die Daten befinden sich aktuell in der Auswertung. Abschließende Ergebnisse sollen auf dem Kongress präsentiert werden. Bitte zitieren als: Bachmann V, Völkner M, Bösner S, Baum E, Donner- Banzhoff N. Interkulturelle Medizin: Erwartungen und Erfahrungen chronisch kranker Patienten beim Hausarzt. Ergebnisse einer qualitativen Befragung von Patienten mit und ohne Migrationshintergrund. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom064. DOI: /11fom064, URN: urn:nbn:de: fom Probleme und Lösungsansätze für einen rechtzeitigen bedarfsgerechten Zugang zu medizinischer Rehabilitation aus der ambulanten ärztlichen Versorgung Eine qualitative Studie. Susanne Grundke 1, Katrin Parthier 2, Michael Schubert 2, Katharina Fiala 3, Wilfried Mau 3, Andreas Klement 1 1 Sektion Allgemeinmedizin, Martin-Luther-Universität, Halle- Wittenberg, Deutschland 2 Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Martin-Luther- Universität, Halle-Wittenberg, Deutschland 3 Institut für Rehabilitationsmedizin, Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg, Deutschland Hintergrund: Bei einer zunehmend älter werdenden Arbeitnehmerschaft gilt der Erhalt der Erwerbsfähigkeit als wesentliches Ziel von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation [1], [2]. Am Beispiel der rheumatischen Erkrankungen wurde deutlich, dass das Risiko der Erwerbsminderungsverrentung in den neuen gegenüber den alten Bundesländern erheblich erhöht ist [3]. Zur Vermeidung von Fehlversorgung und zur Weiterentwicklung eines bedarfsgerechten Zugangs zu rehabilitativen Versorgungsangeboten ist daher die Zusammenführung und Kontrastierung der unterschiedlichen Perspektiven von niedergelassenen Allgemeinärzten, Rheumatologen und sozialmedizinischen Gutachtern der Deutschen Rentenversicherung von großem Interesse. Material und Methoden: Empirische Grundlage der qualitativen Studie sind fallvignettengestützte Experteninterviews [4] mit Allgemeinärzten (n=30) und Rheumatologen (n=15) aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie mit sozialmedizinischen Gutachtern (n=5). Die Auswertung erfolgt inhaltsanalytisch. Ergebnisse: Von den niedergelassenen Rheumatologen und Allgemeinärzten werden vor allem der bürokratische Aufwand der Beantragung sowie ein intransparentes Bewilligungsverfahren als entmutigend geschildert. Vorwiegend Allgemeinärzte erleben das Bewilligungsverfahren als nicht patientenorientiert: Ein zentrales Problem aus hausärztlicher Sicht ist, dass der psychosozialen Situation des Patienten zu wenig Gewicht beigemessen wird. Im Interesse einer bedarfsgerechten und rechtzeitigen Zuweisung fordern Allgemeinärzte mehr Einflussmöglichkeiten in der Zugangssteuerung. Befragungsergebnisse sozialmedizinischer Gutachter werden nach der laufenden Erhebung hierzu in Beziehung gesetzt. Schlussfolgerung/Implikation: Um die Prozesse eines bedarfsgerechten Reha-Zugangs zu optimieren, sind Handlungsansätze auf folgenden Ebenen sinnvoll: a) Verbesserung der interdisziplinären Kommunikation, b) Prüfung bürokratischer Anforderungen des Antragsverfah- 56

58 rens, c) Transparenz des Bewilligungsverfahrens sowie d) Wissenstransfer. Vorschläge zur Verbesserung der Reha- Zugangssteuerung für den fachärztlichen und hausärztlichen Kontext werden zum Kongress vorgestellt. 1. Deck R, Träder JM, Raspe H. Identifikation von potentiellem Reha-Bedarf in der Hausarztpraxis: Idee und Wirklichkeit. Rehabilitation. 2009;48: Dunkelberg S, van den Bussche H. Bedarf an und Nutzen medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen aus hausärztlicher Sicht. Rehabilitation. 2004;43: Mau W, Listing J, Huscher D, Zeidler H, Zink A. Employment across chronic inflammatory rheumatic diseases and comparison with the general population. J Rheumatol. 2005;32(4): Meuser M, Nagel U. Das Experteninterview konzeptionelle Grundlagen und empirische Anlage. In: Pickel S, Pickel G, Lauth HJ, Jahn D, Hrsg. Methoden der vergleichenden Politik- und Sozialwissenschaft. Wiesbaden: VS Verlag; S Bitte zitieren als: Grundke S, Parthier K, Schubert M, Fiala K, Mau W, Klement A. Probleme und Lösungsansätze für einen rechtzeitigen bedarfsgerechten Zugang zu medizinischer Rehabilitation aus der ambulanten ärztlichen Versorgung Eine qualitative Studie.. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom065. DOI: /11fom065, URN: urn:nbn:de: fom Motivation und Sichtweisen von Ärzten Manueller Medizin anzuwenden eine qualitative Studie Jost Steinhäuser, Anne Knüpfer, Stefanie Joos Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Manuelle Medizin (MM) ist die Zusatzbezeichnung in Deutschland, die am häufigsten geführt wird und sich großer Beliebtheit in der täglichen, allgemeinmedizinischen Praxis erfreut [1], [2]. Trotz dieser weiten Verbreitung ist MM in Studien anderen, etablierten Therapien nicht überlegen [3]. Ziel dieser Studie war es, ein Verständnis über die Motivation und Sichtweise von Ärzten MM in der täglichen Praxis anzuwenden, zu erlangen. Material und Methoden: Die Rekrutierung erfolgte überwiegend durch ein Anschreiben an alle auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin mit E- Mailadresse verzeichnete Ärzte. Es wurden 21 semistrukturierte, telefonische Einzelinterviews mit Ärzten, welche die Zusatzqualifikation MM führen durchgeführt, aufgezeichnet und transkribiert. Die Auswertung der Interviews erfolgte mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring und dem Softwareprogramm Atlas.ti. Ergebnisse: Positiv werden im Zusammenhang mit einer MM Therapie der verbesserte Zugang zum Patienten und damit eine bessere Arzt-Patienten-Beziehung gesehen. Als weitere positive Punkte werden schnelle Behandlungserfolge, geringe Nebenwirkungen, die relative Einfachheit der Methode, die Unabhängigkeit von räumlichen oder apparativen Gegebenheiten und damit verbundene niedrige Kosten dargestellt. Negativ werden der Zeitaufwand sowie die Banalität von selbstlimitierenden Krankheiten, die der MM Therapie zugänglich sind, sowie die Gefahr schwerwiegender Nebenwirkungen empfunden. Einige der interviewten Ärzte bemerken eine iatrogene Fixierung des Patienten durch MM und erleben dies als negativ. Andere empfinden gerade das Ich als das ohne Distanz des Rezeptblocks unmittelbar schmerzlindernde Agens als Bereicherung des Praxisalltags. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse dieser Studie zeigt eine große Bandbreite von zumeist positiven Sichtweisen und Erfahrungen von Ärzten beim Anwenden von MM. Eine Sehnsucht nach dem unmittelbar heilenden Handeln scheint eine willkommene Abwechslung zur als distanziert wahrgenommenen Berufsausübung zu sein. Zukünftige Studien sollten ergänzend die Sichtweisen und Erfahrungen von Patienten mit MM erheben. 1. Steinhäuser J, Oser A, Götz K, Joos S. Manuelle Medizin in Deutschland. Eine deskriptive Analyse. Orthopäde. 2011;40: Joos S, Musselmann B, Szecsenyi J. Integration of complementary and alternative medicine into family practices in Germany: results of a national survey. Evid Based Complement Alternat Med [Epub ahead of print]. 3. Walker BF, French SD, Grant W, Green S. Combined chiropractic interventions for low-back pain. Cochrane Database Syst Rev. 2010;(4):CD Bitte zitieren als: Steinhäuser J, Knüpfer A, Joos S. Motivation und Sichtweisen von Ärzten Manueller Medizin anzuwenden eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom066. DOI: /11fom066, URN: urn:nbn:de: fom IIIb Aktuelle Polypharmakotherapie- Studien 067 Die RIME Studie eine clusterrandomisierte kontrollierte Studie zur Reduktion von potentiell inadäquater Medikation in der Hausarztpraxis Studienprotokoll Christiane A. Müller 1, Stefan Wilm 2, Petra A. Thürmann 3, Stefanie Holt 3, Ulrich Thiem 4, Eva Hummers-Pradier 5, Gudrun Theile 6 1 Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland 2 Institut für Allgemein- udn Familienmedizin, Witten-Herdecke, Deutschland 3 Klinische Pharmakologie, Witten-Herdecke, Deutschland 4 Abteilung für Medizinische Informatik,, Bochum, Deutschland 5 Institut für Allgemeinmedizin. Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland 6 Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland Hintergrund: Unangemessene Arzneimittelverordnungen, Arzneimittelnebenwirkungen und Medikamentwechselwirkungen sind bei älteren, multimorbiden Patienten relativ häufig vorzufinden. Die RIME Studie testet, ob die Implementierung einer verkürzten PRISCUS-Liste (Liste inadäquater Medikamente für Senioren in Deutschland) 57

59 den Anteil unangemessener Medikation bei älteren Patienten reduzieren kann verglichen mit einer Kontrollintervention, die nur allgemeine Empfehlungen enthält. Material und Methoden: Die allgemeinmedizinischen Abteilungen in Hannover und Witten/Herdecke erarbeiten zunächst eine praktikable Kurzform (MAGIC) des umfassenden geriatrischen STEP-Assessments. Grundlage dazu bilden die Ergebnisse und Erfahrungen mit der Anwendung von STEP in Hausarztpraxen in der Priscus I Studie. Das kurze MAGIC-Assessment wird relevante Gesundheitsprobleme und Parameter erfassen, deren Kenntnis Basis für eine rationale Pharmakotherapie im Alter darstellt. Die bestehende PRISCUS-Liste [1] wird unter Federführung des pharmakologischen Kooperationspartners zu einer PRISCUS-Shortlist für den alltäglichen Praxisgebrauch kondensiert. Die allgemeinmedizinischen Partner entwickeln mit qualitativen Methoden (Fokusgruppen, Expertenworkshops) ein Schulungsprogramm, das die erfolgreiche Implementierung der PRISCUS-Shortlist in den Praxen der Interventionsgruppe sicher stellen soll. Für die Feldphase werden 140 Hausarztpraxen mit insgesamt multimorbiden Patienten eingeschlossen. Die Studie ist dreiarmig: in Arm 1 werden nur die Hausärzte geschult, in Arm 2 Hausärzte und Praxispersonal; demgegenüber werden in Arm 3 lediglich allgemeine Empfehlungen ausgesprochen (Scheinintervention). Nach einem follow up von 12 Monaten werden die Anzahl verordneter unangemessener Arzneimittel sowie u.a. eingetretenen Nebenwirkungen, Sterblichkeit, Anzahl von Krankenhausaufnahmen, Lebensqualität, Behandlungszufriedenheit und Kosten ausgewertet. Ergebnisse: Liegen nicht vor, da die Studie erst im Frühjahr 2011 begonnen hat. Schlussfolgerung/Implikation: Wir erwarten eine Reduktion von potentiell inadäquater Medikation in den Interventionsgruppen. Ziel der Studie ist es, die Medikationsqualität bei älteren Patienten in der hausärztlichen Versorgung zu verbessern. 1. Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA. Potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen: Die PRISCUS-Liste. Dtsch Arztebl Int. 2010;107(31-32): Bitte zitieren als: Müller CA, Wilm S, Thürmann PA, Holt S, Thiem U, Hummers-Pradier E, Theile G. Die RIME Studie eine clusterrandomisierte kontrollierte Studie zur Reduktion von potentiell inadäquater Medikation in der Hausarztpraxis Studienprotokoll. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom067. DOI: /11fom067, URN: urn:nbn:de: fom Hausärztliche und Patientenperspektive zur Priorisierung und Optimierung der Schmerztherapie bei älteren, multimorbiden Patienten mit Multimedikation. Daten aus der PRIMUM-Pilotstudie (ISRCTN ) Christiane Muth 1, Anne Namyst 1, Anja Paesel 1, Birgit Fullerton 1, Sebastian Harder 2, Walter Emil Haefeli 3, Justine Rochon 4, Corina Güthlin 1, Antje Erler 1, Ferdinand M Gerlach 1, Marjan van den Akker 5, Martin Beyer 1 1 Institut für Allgemeinmedizin/Johann Wolfgang Goethe- Universität, Frankfurt am Main, Deutschland 2 Institut für Klinische Pharmakologie/ZAFES Klinikum der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland 3 Medizische Klinik, Abt. Innnere Medizin VI, Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 4 Institut für Medizinische Biometrie und Informatik (IMBI), Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 5 Caphri: School for Public Health and Primary Care, Department of General Practice, Maastricht University, Maastricht, Niederlande Hintergrund: Multimorbidität ist bei älteren Patienten in der Hausarztpraxis eher die Regel, als die Ausnahme [1], ist häufig mit Multimedikation assoziiert, aber auch mit Untertherapie [2], [3]. Potentiell unterversorgt sind chronische o. persistierende Schmerzen: sie sind bei älteren Patienten häufig (methodenabhängig variierende Prävalenzen von 25 90%), werden oft unterbewertet und unzureichend therapiert [4]. Daher sollen qualitative und quantitative schmerzbezogene Daten der BMBFgeförderten PRIMUM-Pilotstudie (BMBF-Fkz: 01GK0702), in der eine komplexe Intervention (siehe Abbildung 1) zur PRIorisierung und Optimierung von MUltimedikation bei Multimorbidität getestet wurde, untersucht werden, um die hausärztliche und Patientenperspektive zur Priorisierung und Optimierung der Schmerztherapie darzustellen. Ziel ist es, eine Prozessevaluation der derzeit erfolgenden Hauptstudie vorzubereiten. Material und Methoden: Population/Setting: N=100 Patienten ( 65 Jahre, MMSE 26, 3 Dauerdiagnosen, 5 Dauermedikamente) aus 20 Hausarztpraxen; Design: 2-armig, pragmatisch, cluster-randomisiert; Intervention: Experimentelle (komplexe Intervention bei empf. Standard [5]) vs. Kontrollintervention (Regelversorgung bei empf. Standard [5]); sek. Outcome: Änderung der Schmerzintensität nach 6 (T1-T0) und 12 (T2-T0) Wo. in Visueller AnalogSkala (Patienten-Fragebogen); Medikationsdaten aus hausärztlicher Dokumentation (CRF) und Telefoninterviews mit Patienten, hausärztliche Bewertung des Schmerzproblems und der Wichtigkeit verordneter Medikamente im CRF an T0-T2. Interventionsdaten aus Medi- MoL und AiD (n=50): Schmerzlokalisation, -intensität, Therapiepräferenzen, prioritäres Therapieziel, Medikationsdaten zum Interventionszeitpunkt (3 Mediboxes in AiD). Qualitative Daten aus leitfadengestützten Interviews mit Hausärzten (Interventionsgruppe, n=10) sowie aus AiD-unterstützter Bearbeitung einer Fallvignette (idealtyp. 83-j. Patientin mit Multimorbidität, Multimedikation, Schmerzproblem; AiD-Warnmeldungen u.a. bei Interaktionen, notw. Dosisadaptation bei Nierenfunktionseinschränkung). Die Auswertung aller Daten erfolgt deskriptiv. 58

60 Ergebnisse: Nach vorläufiger Auswertung der Daten äußerten multimorbide, ältere Patienten mit Multimedikation häufig den Wunsch nach verbesserter Schmerztherapie, in relevantem Anteil sogar als wichtigstes Therapieziel. Von Hausärzten wurde dieses Anliegen unterschiedlich wahrgenommen und umgesetzt und führte nur selten zu einer Änderung der analgetischen Therapie. Nur in Einzelfällen nutzten Hausärzte die Möglichkeit, Analgetikaverordnungen in AiD zu simulieren. Die Studie wurde erfolgreich abgeschlossen, alle Auswertungen liegen bis Kongressbeginn vollständig vor. Schlussfolgerung/Implikation: Die Zusammenführung qualitativer und quantitativer Daten unter Berücksichtigung von hausärztlicher und Patientenperspektive erlaubt eine Prozessanalyse zur Priorisierung und Optimierung der Schmerztherapie bei multimorbiden, älteren Patienten mit Multimedikation im Rahmen einer komplexen Intervention. Abbildung 1 1. van den Akker M, Buntinx F, Metsemakers JF, Roos S, Knottnerus JA. Multimorbidity in general practice: prevalence, incidence, and determinants of co-occurring chronic and recurrent diseases. J Clin Epidemiol. 1998;51(5): Fialova D, Topinkova E, Gambassi G, Finne-Soveri H, Jonsson PV, Carpenter I, et al. Potentially inappropriate medication use among elderly home care patients in Europe. JAMA. 2005;293(11): Kuijpers MA, van Marum RJ, Egberts AC, Jansen PA. Relationship between polypharmacy and underprescribing. Br J Clin Pharmacol. 2008;65(1): Hadjistavropoulos T, Herr K, Turk DC, Fine PG, Dworkin RH, Helme R, et al. An interdisciplinary expert consensus statement on assessment of pain in older persons. Clin J Pain. 2007;23(1 Suppl):S Bergert FW, Braun M, Clarius H, Ehrenthal K, Feßler J, Gross J, et al. Hausärztliche Leitlinie Geriatrie Teil 1, Allgemeine Geriatrie, Teil 2, Spezielle Geriatrie. Leitliniengruppe Hessen [cited: 2009]. Available from: atrie2_ll.pdforschungsgruppe.de/pdf/03_publikationen/geriatrie1_ll. pdf; geriatrie2_ll.pdf Bitte zitieren als: Muth C, Namyst A, Paesel A, Fullerton B, Harder S, Haefeli WE, Rochon J, Güthlin C, Erler A, Gerlach FM, van den Akker M, Beyer M. Hausärztliche und Patientenperspektive zur Priorisierung und Optimierung der Schmerztherapie bei älteren, multimorbiden Patienten mit Multimedikation. Daten aus der PRIMUM-Pilotstudie (ISRCTN ). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom068. DOI: /11fom068, URN: urn:nbn:de: fom Hausärztliche Versorgung von Patienten mit Multimorbidität Entwicklung und Pilotierung einer Intervention Hanna Kaduszkiewicz 1, Christin Löffler 2, Carl-Otto Stolzenbach 1, Waldemar Streich 3, Angela Fuchs 4, Birgitt Wiese 5, Susanne Steinmann 5, Ingmar Schäfer 1, Martin Scherer 1, Heinz-Harald Abholz 4, Hendrik van den Bussche 1, Attila Altiner 2 1 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2 Institut für Allgemeinmedizin, Universität Rostock, Rostock, Deutschland 3 Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit des Landes Nordrhein- Westfalen, Düsseldorf, Deutschland 4 Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland 5 Institut für Biometrie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland Hintergrund: Das Chronic Care Model (CCM) von Wagner et al. [1] definiert vier Elemente einer optimalen Behandlung von chronisch kranken Patienten auf der direkten Arzt-Patient-Ebene: Dies sind 1. gemeinsame Definition von Problemen durch Patient und Hausarzt, 2. Verhandlung, Planung und Zielsetzung, 3. Kontinuum von Selbstmanagementtraining und externer Unterstützung und 4. aktives und kontinuierliches Follow-up. Wie diese Elemente in die hausärztliche Versorgungspraxis einzubringen sind, ist bisher allerdings nicht entschieden. Auch ist unklar, wie diese Elemente bei Patienten mit Multimorbidität (MM) umgesetzt werden sollen. Im Rahmen dieser Studie wurde basierend auf dem CCM sowie dem Konzept der narrativen Medizin eine Intervention entwickelt und pilotiert. Material und Methoden: Die Intervention besteht aus einer regelmäßigen MM-Sprechstunde von mindestens 30 Minuten Dauer pro Patient. Diese Sprechstunde erfolgt im Verlauf eines Jahres 1 x pro Quartal. Inhalte sind: 1. Das Perspektivengespräch: es dient der Überprüfung des hausärztlichen Behandlungsauftrags. Die gemeinsame Reflexion wird vom Patienten gesteuert. 2. Ein Medikamentencheck, zu dem der Patient alle Medikamente von Zuhause mitbringt und sie zusammen mit dem Hausarzt durchgeht. 3. Eine inhaltlich offene Sprechstunde. 4. Das Perspektivengespräch 2: dieses dient der Re- Evaluation des zurückgelegten Weges, des Erreichten und der gemeinsamen Aktualisierung der Zielsetzung. Alle Sprechstunden basieren auf dem Konzept der narrativen Medizin d.h. der Patient erzählt, der Arzt hört vorrangig zu. Zur Entlastung wurde den Hausärzten für in die Studie eingeschlossene Patienten die Unterstützung durch einen ambulanten Sozialdienst angeboten. Ergebnisse: 20 Hausärzte in Hamburg und Düsseldorf wurden in die Studie eingeschlossen. Rund ¾ der Hausärzte und Patienten erlebten die Perspektivengespräche positiv. Wichtigste Ergebnisse des 1. Perspektivengespräches waren aus Hausarztsicht die Vergewisserung, dass der Patient zufrieden sei (23%) und der Erhalt wichtiger Informationen über die Persönlichkeit des Patienten (20%), über Symptome/Erkrankungen (17%) sowie die Familie bzw. soziale Situation (15%). Im Medikamenten- 59

61 check präsentierten die 128 Patienten insgesamt 1305 Medikamente (9,2±5,2/Patient). 27% der präsentierten Medikamente waren auffällig: bei 13% wusste der Hausarzt nichts von der Einnahme, in 6% der Fälle nahm der Patient das verschriebene Medikament nicht, 8% sonstige Auffälligkeiten (z.b. Nebenwirkungen). Bei 17% aller betrachteten Medikamente wurde eine Änderung mit dem Patienten vereinbart. Die 3. Sprechstunde erwies sich als verzichtbar. Der ambulante Sozialdienst wurde von den Hausärzten nicht in Anspruch genommen. Schlussfolgerung/Implikation: Die Intervention ist durchführbar und wurde von Patienten und Hausärzten bis auf den Sozialdienst gut angenommen startet eine cluster-randomisierte, kontrollierte Studie, um Effekte der Intervention auf Patienten zu untersuchen. 1. Wagner E, Austin B, von Korff M. Organizing care for patients with chronic illness. Milb Quart. 1996;74: Bitte zitieren als: Kaduszkiewicz H, Löffler C, Stolzenbach CO, Streich W, Fuchs A, Wiese B, Steinmann S, Schäfer I, Scherer M, Abholz HH, van den Bussche H, Altiner A. Hausärztliche Versorgung von Patienten mit Multimorbidität Entwicklung und Pilotierung einer Intervention. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom069. DOI: /11fom069, URN: urn:nbn:de: fom PIL: Polyfarmacy Intervention Limburg. A randomized controlled trial evaluating a complex intervention to optimize medication prescription, using the stepped wedge design Marjan van den Akker 1, Jelle Stoffers 2, Donna Lenders 2, Rico van Scheijen 2, Hugo van der Kuy 3, André Knottnerus 2 1 Maastricht University/Katholieke Universiteit Leuven, Maastricht, Netherlands 2 Maastricht University, Maastricht, Netherlands 3 Orbis Medical Centre, Sittard, Netherlands Background: Polypharmacy (the use of 5 or more drugs) is a relevant health problem among elder people. The proportion of people with polypharmacy is rising due to the prevalence of chronic diseases and aging of the population. Polypharmacy increases the risk of side-effects and problems with patient compliance. At the same time it may induce suboptimal treatment because the probability of underprescription increases with the number of drugs used, thus increasing the chance of inappropriate prescription. A significant part of chronic medication is prescribed within a specific medical specialism, often lacking an integrated view of indications, treatment goals and medication. The GP should play a pivotal role in the improvement of this process, with the availability of comprehensive data from his own practice, from the patient, the pharmacist and from other medical specialist. Furthermore, the GP is in a good position to discuss possibilities to change medication with the patient. The ultimate goal is to increase quality of life through optimization of the medication use of people with polypharmacy and to assure appropriate prescription, not to decrease the number of medications per se. Material/Methods: This study uses the stepped wedge design, a special type of randomized controlled trial. Using this design all participating practices are offered the intervention at different moments in time. Participating practices are randomized into three groups: to start the intervention at T0, to start at T=3 months and to start at T=6 months. All patients must be included at T0, resulting in the collection of sufficient control time from the practices that have the intervention at T3 and T6. The intervention consists of an integral medication control and monitoring system. Data from the pharmacist are added to medical data from general practices (health problems, lab results and prescriptions) and information gathered through home visits by the nurse practitioner (actual use of medication). The general practitioner and pharmacist together make a medication advice, ask approval from involved hospital specialists and implement it in consultation with the patient. Results: 21 general practices are participating in PIL, varying from single-handed practices to health care centres. Those practices have included around 800 patients. Part of those were included after T0. Conclusions: For studies concerning highly actual topics, such as polypharmacy, it can be difficult to keep practices in the study when they are randomized in the control arm. The major advantage of a stepped wedge design is that all participating practices are guaranteed to have the intervention before the end of the project. It proved to be a problem to include all patients at T0, maybe due to the unfamiliarity of the participating practices with the design. Also for patients it appears to be difficult to contribute to data collection, before receiving the intervention. References 1. Denneboom W, Dautzenberg M, et al. Comparison of two methods for performing treatment reviews by pharmacists and general practitioners for home-dwelling elderly people. J Evaluation Clin Practice. 2008;14: Hussey M, Hughes J. Design and analysis of stepped wedge cluster randomized trials. Contemp Clin Trials. 2007;28(2): Smith S, Soubhi H, et al. Interventions to improve outcomes in patients with multimorbidity in primary care and community settings (protocol). Cochrane Library. 2008;3:1-8. Please cite as: van den Akker M, Stoffers J, Lenders D, van Scheijen R, van der Kuy H, Knottnerus A. PIL: Polyfarmacy Intervention Limburg. A randomized controlled trial evaluating a complex intervention to optimize medication prescription, using the stepped wedge design. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom070. DOI: /11fom070, URN: urn:nbn:de: fom0706 Freely available from: 60

62 071 Polypharmacy: Reduction of Inappropriate Medication and Adverse Drug Events in older patients: a Randomized Controlled Trial Study Protocol of the PRIMA-Study Andreas Sönnichsen, E. Mann, M. Flamm, D. Koper, C. Hofer- Dückelmann, J. Schuler Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg, Österreich Hintergrund: Polypharmakotherapie stellt ein wachsendes Problem in der Versorgung chronisch Kranker dar und gefährdet die Patientensicherheit. Sie führt zur Zunahme von potentiell gefährlichen Medikamenteninteraktionen, unerwünschten Arzneimittelwirkungen, Hospitalisierung und Kosten im Gesundheitswesen. Zahlreiche Medikamente von Patienten mit Polypharmakotherapie werden ohne Evidenzbasis verordnet. In einer Pilotstudie fanden wir mindestens ein Medikament ohne Evidenzbasis in >70% und mindestens eine gefährliche Medikamenteninteraktion in >80% der von uns untersuchten Patienten mit Polypharmakotherapie. Erste Daten aus nicht randomisierten Studien weisen darauf hin, dass die Reduktion von Polypharmakotherapie zu einer Abnahme von Hospitalisierung und einer Zunahme von Lebensqualität führt. Mit der vorliegenden Studie möchten wir zeigen, dass eine komplexe Intervention aus einer konsensus-basierten Empfehlung zum Absetzen nicht evidenzbasierter und unangemessener Arzneimittel zusammen mit individuellem Feedback und Fortbildung der behandelnden Ärzte zu einer Abnahme der Über- und Einweisungsrate in Notaufnahmen und Krankenhäuser und zu einer Reduktion unerwünschter Arzneiwirkungen führt während Lebensqualität und kognitive Funktionen gebessert werden. Material und Methoden: Studien-Design: Cluster-randomisierte kontrollierte Studie, Dauer drei Jahre, Ordinationen von Allgemeinärzten als Randomisierungs-Cluster. Setting: 60 allgemeinmedizinische Ordinationen mit Kassenvertrag im Land Salzburg. Patienten: 10 konsekutive Patienten im Alter von über 74 Jahren mit Polypharmakotherapie (>5 Substanzen) pro Ordination = 600 Patienten. Intervention: Empfehlung zum Absetzen von Medikamenten durch Konsensus eines Experten-Komitees, dem auch der behandelnde Arzt angehört. Medikamente ohne Evidenzbasis oder mit ungünstigem Nutzen/Risiko-Verhältnis nach dem Garfinkel-Algorithmus und den EbM- Guidelines für Klinik und Praxis, sowie unangemessene Medikamente nach der PRISCUS-Liste und den STOPP- Kriterien werden abgesetzt. Die Umsetzung der Empfehlung wird durch Erinnerungen und Fortbildung der Ärzte gefördert. Kontrolle: Übliche Behandlung. Endpunkte: Primärer Endpunkt ist die Überweisungs- bzw. Einweisungsrate in eine Notaufnahme oder ein Krankenhaus. Sekundäre Endpunkte sind Hospitalisierung, unerwünschte Arzneiwirkungen, Mortalität und Gesundheitsausgaben sowie eine Verbesserung in Mini Mental Status Test und Lebensqualität (EQ5D). Ergebnisse: Relevanz: Eine Abnahme der Über- und Einweisungsrate sowie Steigerung von Lebensqualität durch gezieltes Absetzen von Medikamenten sind Zeichen einer Verbesserung der medizinischen Versorgung und einer Senkung der Kosten im Gesundheitswesen. Ethische Aspekte: Die Studie wird der Ethikkommission des Landes Salzburg zur Begutachtung vorgelegt. Studienregistrierung: Die Studie wird bei Current Controlled Trials Ltd. registriert. Bitte zitieren als: Sönnichsen A, Mann E, Flamm M, Koper D, Hofer- Dückelmann C, Schuler J. Polypharmacy: Reduction of Inappropriate Medication and Adverse Drug Events in older patients: a Randomized Controlled Trial Study Protocol of the PRIMA-Study. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom071. DOI: /11fom071, URN: urn:nbn:de: fom IIIc Allgemeinmedizinische Lehre und Weiterbildung 072 Analyse der Schulungstage des Programms Verbundweiterbildung plus Kristina Jäkel, Stefanie Joos, Thomas Ledig, Joachim Szecsenyi, Jost Steinhäuser Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Zu dem Programm Verbundweiterbildung plus in Baden-Württemberg gehören für die Ärzte und Ärztinnen in Weiterbildung zum Allgemeinarzt (ÄiW) sechs ganztägige, pharmaunabhängige und kostenlose Schulungsveranstaltungen pro Jahr [1]. Themen für diese Veranstaltungen wurden aus Bedarfsabfragen während der Schulungstage und Prävalenzanalysen von Beratungsanlässen vor dem Rahmen der CanMED Rollen identifiziert [2]. In die Schulungstage der Verbundweiterbildung plus wurden bisher 140 ÄiW, aufgeteilt in vier Kohorten, aufgenommen. In der vorliegenden Analyse werden die Themenwünsche der ÄiW sowie die daraufhin durchgeführten Schulungsveranstaltungen, die von Beginn der Verbundweiterbildung plus an bis April 2011 durchgeführt wurden, ausgewertet. Material und Methoden: Alle ÄiW bekommen am Ende eines jeden Schulungstages einen Evaluationsbogen ausgeteilt. Die Teilnahme an der Evaluation ist freiwillig. Erhoben wird jeweils mittels einer 6er Likert-Skala von sehr zufrieden bis sehr unzufrieden der Informationsgehalt, der Praxisbezug, die Didaktik des Lehrenden, die Arbeitsatmosphäre und die Beteiligungsmöglichkeit von jedem Modul innerhalb eines Schulungstages. Themenwünsche werden mittels Freitext erfragt. Ergebnisse: In die Analyse sind 803 Evaluationen von 48 Modulen aus 19 Schulungstagen eingeflossen. Die Gesamtnote der Schulungstage liegt bei 1,5, der Mittelwert über die Kriterien aller Module bei 1,6. Von den Teilneh- 61

63 mern wurden insgesamt 474 Themenwünsche angegeben. Themen zu Beratungsanlässen der Haut, zum Praxismanagement sowie dem Bewegungsapparat wurden am häufigsten nachgefragt. Detaillierte Ergebnisse werden auf dem Kongress präsentiert. Schlussfolgerung/Implikation: Die Analyse der Themenwünsche sowie die Evaluation der durchgeführten Schulungstage liefern relevante Hinweise für die weitere Entwicklung des Programms Verbundweiterbildung plus und können darüber hinaus einen Beitrag leisten für die Erarbeitung eines die Weiterbildung begleitenden Curriculums. 1. Steinhäuser J, Roos M, Haberer K, Ledig Th, Peters-Klimm F, Szecsenyi J, Joos S. Das Programm Verbundweiterbildung plus des Kompetenzzentrums Allgemeinmedizin Baden Württemberg Entwicklung, Umsetzung und Perspektiven. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwesen. 2011;105(2): Roos M, Steinhäuser J, Laux G, Joos S, Szecsenyi J. Weiterbildung mit Inhalt Bedarfsanalyse zur Konzeption eines überregionalen Schulungsprogramm in der Verbundweiterbildung plus. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwesen. 2011;105(2): Bitte zitieren als: Jäkel K, Joos S, Ledig T, Szecsenyi J, Steinhäuser J. Analyse der Schulungstage des Programms Verbundweiterbildung plus. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom072. DOI: /11fom072, URN: urn:nbn:de: fom Komplementärmedizin im Fokus der Medien Wie Medizinstudierende die kontroverse mediale Berichterstattung wahrnehmen Ute Daig 1, Bianca Lehmann 1, Enno Swart 2, Markus Herrmann 1 1 Institut für Allgemeinmedizin Medizinische Fakultät Otto-von- Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland 2 Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie Medizinische Fakultät Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland Hintergrund: Letztes Jahr rückte die Komplementärmedizin zunehmend in den Fokus der Medien. Es entfachte sich eine hitzige Diskussion über Nutzennachweis, Wissenschaftlichkeit und Kostenerstattung im Rahmen der GKV. Die Berichterstattung reichte von Reflexion eines gewünschten Pluralismus in der Medizin bis hin zu Aussagen über eine sich stärker etablierende Paramedizin, die zunehmend auch Einzug in die Lehrcurricula an deutschen Universitäten hält. Material und Methoden: Es sollte untersucht werden, wie Medizinstudierende die kontroverse Diskussion über Komplementärmedizin wahrgenommen haben und ob vorbestehende Behandlungserfahrung mit Komplementärmedizin die Einstellung gegenüber bestimmten Kernaussagen der medialen Berichterstattung beeinflusst. Es wurde eine Fragebogenevaluation unter den Medizinstudierenden des 5. Studienjahres der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg durchgeführt. Neben Fragen zur Wahrnehmungsform der Berichterstattung wurden neun Kernaussagen vier unterschiedlicher deutschsprachiger Printmedien zur persönlichen Bewertung über eine Likert-Skala vorgegeben. Die statistische Analyse wurde durch einfaktorielle Varianzanalyse und Häufigkeitsverteilung gemessen. Die Reliabilitätsanalyse ergab Cronbachs alpha von 0,67. Ergebnisse: 145 Fragebögen (Rücklaufquote 78,8%) wurden ausgewertet. 46,2% der Studierenden haben die kontroverse Diskussion in den Medien wahrgenommen, 71,7% hatten Erfahrungen mit Komplementärmedizin. 74% bewerteten die Behandlungsergebnisse als gut bis sehr gut. 42,1% sind der Meinung, es gibt keinen Nutzennachweis für die Homöopathie, 31% lehnen diese Aussage ab. 41,4% sind nicht der Auffassung, dass an deutschen Hochschulen Paramedizin gelehrt wird, 19,3% waren unentschieden. 51% sagen, dass die Universitätsmedizin TCM nicht ignorieren sollte, wenn jeder zweite Patient nach chinesischer Medizin fragt. Es zeigte sich zwar ein signifikanter Zusammenhang zwischen den positiven Behandlungsergebnissen mit CAM und der Bewertungstendenz der Berichterstattung in den Medien (p=0,001), eine deutliche Zustimmung bei den positiven Aussagen gegenüber CAM konnte nicht gezeigt werden. Hier fand sich lediglich der Trend zur Unentschlossenheit. Die Studierenden bewerteten das Medieninteresse überwiegend als diskussionsanregend und die Entscheidungsfreiheit fördernd. Schlussfolgerung/Implikation: Überraschend war, dass sich die Studierenden mit guter komplementärmedizinischer Behandlungserfahrung nicht eindeutig den positiven Medienberichten anschließen. Die Gründe für diese fehlende Positionierung sind unklar. Es könnte möglich sein, dass ein wissenschaftlicher Wirksamkeitsnachweis den Studierenden dennoch wichtiger ist als die positive Eigenerfahrung. Warum die eigene Biographie für die Beurteilung eher zweitrangig zu sein scheint, bleibt in dieser quantitativen Erhebung unklar. Für eine weitere vertiefende Untersuchung würden sich hier eher qualitative Messinstrumente eignen. Bitte zitieren als: Daig U, Lehmann B, Swart E, Herrmann M. Komplementärmedizin im Fokus der Medien Wie Medizinstudierende die kontroverse mediale Berichterstattung wahrnehmen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom073. DOI: /11fom073, URN: urn:nbn:de: fom STUDDY-Patenprogramm: Medizinstudierende unterstützen ältere Menschen in ihrer häuslichen Umgebung Ein Unterrichtskonzept für die Allgemeinmedizin Nicolette Holtz 1, Kirsten Prehm 2, Silke Roschlaub 1, Cadja Bachmann 1, Martin Scherer 1, Maren Ehrhardt 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2 Diakonie-Hilfswerk Hamburg, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Ärzte künftiger Generationen werden in zunehmendem Maße mit der medizinischen Versorgung älterer Menschen beauftragt sein. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, müssen spezifische Anforderungen für die Versorgung älterer Menschen in der medizinischen Ausbildung berücksichtigt werden. Wichtige Aspekte der ambulanten und Langzeit-Betreuung, wie Unterstützung in der häuslichen Umgebung, Prävention von Hospitalisie- 62

64 rung und Pflegebedürftigkeit, Umgang mit Angehörigen oder interdisziplinäre Zusammenarbeit, sind im Curriculum bisher unterrepräsentiert. Im STUDDY- Patenprogramm (STUDent + BudDY) ein neues Unterrichtsangebot des Instituts für Allgemeinmedizin mit SeniorPartner Diakonie Hamburg begleiten Medizinstudierende Senioren in der häuslichen Umgebung. Ziel ist es, dass die Studierenden während des Freiwilligen- Engagements mit Begleitseminar die Lebenswelt älterer Menschen, ihre Probleme und Herausforderungen kennenlernen und praxisnah erfahren, welche Ressourcen und Strategien zu deren Bewältigung notwendig sind und wie diese eingesetzt werden. Im aktuellen Sommersemester 2011 wird das Programm in der Vorklinik erprobt. Material und Methoden: Ein Semester lang besuchen die Studierenden ihren Senioren für zwei Stunden pro Woche und unterstützen ihn durch Gespräche, Vorlesen, Spaziergänge etc. Begleitend findet ein Teamteaching- Seminar (Allgemeinmedizinerin, leitende Pflegefachkraft der Diakonie) statt. Im Mittelpunkt stehen Fallbesprechungen, zusätzlich werden Themen wie häufige Gesundheitsstörungen im Alter oder Kommunikation systematisch aufbereitet. Die Studierenden dokumentieren ihre Besuche und berücksichtigen dabei Fragen zur Reflexion des Erlebten. Benotet wird eine Fallpräsentation. Ergebnisse: Neun Studierende (2. FS) nehmen am Pilotprojekt teil. Studierende wie Senioren haben das neue Angebot mit Interesse angenommen. Bei der Vermittlung der Senioren konnten Wünsche der Studierenden (z.b. Wohnortnähe, Krankheitsbilder) berücksichtigt und ein breites Spektrum verschiedener Lebenssituationen älterer Menschen abgedeckt werden. In den Fallbesprechungen zeigt sich, dass die Studierenden intensive Erfahrungen sammeln und von den Erfahrungsberichten der Kommilitonen profitieren. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Diakonie ist sehr bereichernd und verläuft reibungslos. Schlussfolgerung/Implikation: Im Anschluss an das Pilotprojekt erfolgt eine Auswertung mit qualitativer Befragung der Studierenden, Senioren, Angehörigen und Pflegefachkräfte. Die bisherigen Erkenntnisse weisen darauf hin, dass das Unterrichtskonzept sehr gut geeignet ist, Inhalte der ambulanten medizinischen Betreuung älterer Menschen zu vermitteln. Damit stünde ein attraktives und praktikables Konzept zur Verfügung, um relevante allgemeinmedizinische Versorgungsaspekte in die derzeit auf Krankenhausmedizin fokussierende Ausbildung zu implementieren. Bitte zitieren als: Holtz N, Prehm K, Roschlaub S, Bachmann C, Scherer M, Ehrhardt M. STUDDY-Patenprogramm: Medizinstudierende unterstützen ältere Menschen in ihrer häuslichen Umgebung Ein Unterrichtskonzept für die Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom074. DOI: /11fom074, URN: urn:nbn:de: fom Entwicklung eines standardisierten Instruments zur Evaluation der Facharztweiterbildung Allgemeinmedizin während des stationären Weiterbildungsabschnitts Annika Viniol, Martina Lommler-Thamer, Erika Baum, Norbert Donner-Banzhoff Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Hintergrund: Zur Qualitätskontrolle und -sicherung der Weiterbildung Allgemeinmedizin ist eine systematische Evaluationsmöglichkeit über die Lehrqualität der Weiterbilder durch Ärzte in Weiterbildung nötig. So können Schwächen der Weiterbildung aufgedeckt und gezielt verbessert werden. Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Fragebogens der den stationären Weiterbildungsabschnitt Allgemeinmedizin evaluiert. Material und Methoden: Eine Zusammenstellung von 116 Bewertungskriterien, generiert aus und Expertenbefragungen, wurden Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung Allgemeinmedizin zur Beurteilung vorgelegt. Jedes Bewertungskriterium sollte inhaltlich bewertet sowie bezüglich seiner Wichtigkeit eingeschätzt werden. Die Erhebung erfolgte mittels Online-Fragebogen. Neben einer deskriptiven Analyse der Ergebnisse soll eine Verkürzung des Fragenbogens auf ca. 40 Items mit Hilfe der Importance Quality Score Methode [1] erfolgen. Es erfolgt die Messung der Intraobserver-Reliabilität und die Validierung des Fragebogens. Einschlusskriterium: Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung zur Allgemeinmedizin, die sich im stationären Abschnitt befinden oder befunden haben; Fachärzte/ Fachärztinnen, deren Facharztprüfung nicht länger als 5 Jahre zurückliegt. Die Rekrutierung erfolgte über verteiler entsprechender Berufsorganisationen. Ergebnisse: Von den 154 Teilnehmern waren 65% weiblich. Die Mehrheit (63%) befanden sich in der Altergruppe Jahre. Als besonders relevant wurden Fragen der Kategorien Arbeitsbedingungen und Lerninhalte bewertet. Der Fragebogen wird im Detail vorgestellt. Schlussfolgerung/Implikation: Der entwickelte Fragebogen soll ein Mittel zur persönlichen Rückmeldung der Ärzte in Weiterbildung an den Weiterbilder sein. Weiterbildern ist es dadurch möglich Arbeits- und Lernbedingungen im Sinne zukünftiger Allgemeinärzte zu verbessern. 1. Guyatt GH, Bombardier C, Tugwell PX. Measuring diseasespecific quality of life in clinical trails. Current review. CMAJ. 1986;134: Bitte zitieren als: Viniol A, Lommler-Thamer M, Baum E, Donner-Banzhoff N. Entwicklung eines standardisierten Instruments zur Evaluation der Facharztweiterbildung Allgemeinmedizin während des stationären Weiterbildungsabschnitts. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom075. DOI: /11fom075, URN: urn:nbn:de: fom

65 IIId Minderheitenprobleme in der hausärztlichen Praxis 076 Hausärztliche Versorgung von Migranten: Kommunikationspräferenzen russischsprachiger Migranten vor dem Hintergrund in den Herkunftsländern erfahrener Sozialisation Viktoria Bachmann, Katharina Teigeler, Oliver Hirsch, Stefan Bösner, Erika Baum, Norbert Donner-Banzhoff Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, Marburg, Deutschland Hintergrund: Etwa 19% der Bewohner Deutschlands haben einen Migrationshintergrund. Die medizinische Versorgung von Migranten wird überwiegend im Bezug auf die möglichen Versorgungsfehler diskutiert. Diese können unter anderem durch die sprachlichen Probleme und damit verbundenen Diagnose- und Behandlungsfehlentscheidungen oder abweichenden Krankheitskonzepte bedingt sein. Ziel unserer Studie ist, den Einfluss der Sozialisation in den Herkunftsländern auf die Arzt-Patient- Beziehung und hiermit auf die Zufriedenheit der Migranten mit der hausärztlichen Versorgung zu untersuchen. Zielgruppe der Untersuchung sind Migranten mit russischsprachigem Hintergrund, die aus den Regionen der ehemaligen Sowjetunion immigriert sind. Ziel der Studie ist, die Besonderheiten dieser Patientengruppe zu erfassen, die eine Auswirkung auf den Behandlungsverlauf und langfristige Compliance im Rahmen der hausärztlichen Versorgung haben könnten. Material und Methoden: Es wurde eine mixed-methods Studie konzipiert, die die Erwartungen und Erfahrungen der Patienten mit dem russisch-sprachigen Hintergrund aber auch der Ärzte, die mit dieser Patientengruppe arbeiten, qualitativ exploriert. Die Interviews wurden ins Deutsche übersetzt, transkribiert, mit MAXQDA codiert und analysiert. Gestützt auf die ersten Ergebnisse der Interviews startete im April 2010 eine Online- und Briefumfrage, die unter anderem den bevorzugten Kommunikationsstil während der Konsultationen unter autochtonen Deutschen, russisch-sprachigen Migranten sowie autochthonen Russen erfasste, der mit Einsatz des Fragebogens zu den Kommunikationspräferenzen von PatientInnen (KOPRA, Farin et al., 2009) erhoben wurde. Der Fragebogen wurde mit SPSS 17 ausgewertet. Ergebnisse: Es fanden 45 Patienten- und 20 Ärzte- Interviews statt. Die quantitative Online- und Briefumfrage wurde im November 2010 abgeschlossen, 348 Fragebögen wurden in die Auswertungen eingeschlossen. Die qualitativen und quantitaven Daten werden ausgewertet und im Sinne der Triangulierung gegenüber gestellt. Nach den ersten Analysen unterscheiden sich die untersuchten Gruppen im Bezug auf die bevorzugten Kommunikation mit dem Hausarzt in Abhängigkeit von ihrer Sozialisation Die Daten befinden sich aktuell in der Auswertung. Abschließende Ergebnisse sollen auf dem Kongress präsentiert werden. Bitte zitieren als: Bachmann V, Teigeler K, Hirsch O, Bösner S, Baum E, Donner-Banzhoff N. Hausärztliche Versorgung von Migranten: Kommunikationspräferenzen russisch-sprachiger Migranten vor dem Hintergrund in den Herkunftsländern erfahrener Sozialisation. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom076. DOI: /11fom076, URN: urn:nbn:de: fom Entwicklung und Evaluation einer Schulung zur Förderung der Selbstmanagementkompetenz von illiteraten türkischstämmigen Patienten SITD Claudia Mews, Marion Eisele, Martin Scherer Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Hamburg, Deutschland Hintergrund: In Deutschland liegt die Prävalenz des Diabetes mellitus Typ 2 (DM2) bei ca. 7%. Es existieren wenige Untersuchungen zur DM2-Prävalenz bei türkischstämmigen Patienten, die aber eine mindestens doppelt so hohe Prävalenz zeigen. Da wichtige DM2-Risikofaktoren wie Fehlernährung und Bewegungsarmut mit sozioökonomischen Faktoren korrelieren, sind viele türkischstämmige Menschen einem überdurchschnittlich hohen DM2- Risiko ausgesetzt. Die vorliegenden Schulungsprogramme sind für sie wenig effektiv, da oft die Voraussetzungen zum Verständnis (z.b. Lese- und Schreibvermögen) fehlen. Ziel des hier vorgestellten Studiendesigns ist die Entwicklung, Erprobung und Evaluierung eines kultursensiblen, DMPkompatiblen Schulungsprogramms, das die Aspekte im Umgang mit DM2 anschaulich vermitteln und eine höhere Motivation zu einem adäquaten Lebensstil bewirken kann. Material und Methoden: Nach einer recherche findet ein Workshop mit Experten statt. Die Module der Schulung werden festgelegt und in Folgetreffen inhaltlich und didaktisch ausgestaltet. Nach Testung der Module werden die finalen Schulungs- und Evaluationsmaterialien erstellt. Die kooperierenden Diabetesberaterinnen werden geschult, in die Evaluationsmaterialien eingearbeitet und führen die Schulungen durch. Es wird eine Stichprobengröße von N=70 bildungsfernen türkischstämmigen Diabetikern beiderlei Geschlechts angestrebt. Mit den Teilnehmern wird eine Untersuchung in Hinblick auf Diabeteswissen, und Verhaltensbeobachtung durchgeführt, sie werden zu Akzeptanz und Verständlichkeit befragt. Nach Auswertung der Evaluationsmaterialien werden die Erfahrungen in Fokusgruppen besprochen und analysiert, das Schulungskonzept wird überarbeitet. Ergebnisse: Es wird ein evaluiertes, einsatzbereites Schulungsprogramm vorliegen, das Praxen zur Verfügung gestellt werden kann. Es wird an die noch zu eruierenden Bedürfnisse der Zielgruppe angepasst sein und einen Fokus auf die Verwendung nicht schriftlicher Materialien legen. Die Techniken der Blutzuckermessung und ggf. der Insulininjektion werden vermittelt, das Verständnis der Patienten für den Einfluss von Ernährung und Bewegung auf ihre Stoffwechselsituation wird kulturadaptiert gefördert. So wird die Fähigkeit verbessert, die Ergebnisse der Messungen kompetent zu interpretieren und sinnvoll zu reagieren. Die Selbstmanagementkompetenz im Umgang 64

66 mit der Erkrankung wird gesteigert, eine Senkung der Blutzuckerwerte und eine Verbesserung der gesundheitlichen Gesamtsituation werden möglich. Die diabetesbezogenen Kosten werden sinken. Schlussfolgerung/Implikation: Die Identifikation der Bedürfnisse von illiteraten türkischstämmigen Patienten wird verbesserte Schulungen möglich machen und die weitere Verbesserung und Konkretisierung der medizinischen Angebote für die Zielgruppe, und darüber hinaus für illiterate Patienten jeglicher Herkunft, auch in anderen Bereichen ermöglichen. Die Ergebnisse werden Basisdaten für weitere Forschungen liefern. Langfristig wird eine Anerkennung der Schulung für die Nutzung im DMP angestrebt. 1. Laube H, Bayraktar H, Gökce Y, Akinci A, Erkal Z, Bödeker RH, Bilgin Y. Zur Diabeteshäufigkeit unter türkischen Migranten in Deutschland. Diabetes und Stoffwechsel. 2001;10:51 ff. 2. Kalvelage B, Kofahl C. Therapie von Migranten mit Diabetes mellitus Kreativität und Geduld sind die Schlüssel zum Erfolg. Info Diabetologie. 2010;4:40-3. Bitte zitieren als: Mews C, Eisele M, Scherer M. Entwicklung und Evaluation einer Schulung zur Förderung der Selbstmanagementkompetenz von illiteraten türkischstämmigen Patienten SITD. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom077. DOI: /11fom077, URN: urn:nbn:de: fom Die Gesundheitsversorgung lesbischer Frauen ein Survey zu Inanspruchnahmeverhalten, Bedarf und Erwartungen. Karina Löltgen, Annika Viniol, Annette Becker Abteilung Allgemeinmedizin, präventive und rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland Hintergrund: Lesbische Frauen leiden häufiger unter psychiatrischen Krankheiten sowie Herz-Kreislauf- und verschiedenen Krebserkrankungen als heterosexuelle Frauen. Gleichzeitig nehmen sie weniger Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch. In einer bevölkerungsbezogenen Querschnittsuntersuchung soll der Stellenwert des Hausarztes für die gesundheitliche Versorgung, Determinanten der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und Wünsche der Frauen hinsichtlich ihrer Gesundheitsversorgung erfasst werden. Material und Methoden: Eingeschlossen werden Frauen >18 Jahre mit gelegentlich bis ausschließlich homosexuellen Kontakten, die sich selbst als lesbische Frauen definieren. Die Rekrutierung erfolgt über Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen, Stammtische, Mailerlisten, Internet und Schneeballsystem. Es werden schriftlich Fragen gestellt zur Soziodemographie, sexuellen Orientierung, Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und Bedeutung des Hausarztes, bisherigen Erfahrungen im Gesundheitssystem sowie dem psychosomatischen und psychiatrischen Gesundheitsstatus (PHQ-D). Ergebnisse: Bislang liegen die Ergebnisse von 18 Teilnehmerinnen der Pilotstudie (80% ausschließlich homosexuell) vor. Für 75% der Frauen ist der Hausarzt der erste medizinische Ansprechpartner, bei 40% der Frauen weiß er nichts von ihrer sexuellen Orientierung, obwohl es 60% der Frauen als wichtig ansehen. Im Screening zeigen 45% der Frauen Hinweise auf depressive Verstimmungen, 30% auf Angststörungen. Jede fünfte Frau berichtet von negativen Erfahrungen mit Leistungserbringern im Gesundheitssystem in Form unangebrachter Kommentare, 40% fühlen sich benachteiligt. Jede zweite Frau wünscht sich Informationen zur Reproduktionsmedizin. Schlussfolgerung/Implikation: Der Hausarzt hat eine Schlüsselfunktion für den Zugang lesbischer Frauen zur Gesundheitsversorgung. Trotzdem scheinen viele Ärzte über die sexuelle Orientierung ihrer Patientinnen nicht informiert und seitens der Patientinnen besteht ein unerfülltes Informationsbedürfnis. Basierend auf den Ergebnisse der Hauptstudie werden auf dem Kongress Determinanten eines optimalen Gesundheitszugangs diskutiert. Bitte zitieren als: Löltgen K, Viniol A, Becker A. Die Gesundheitsversorgung lesbischer Frauen ein Survey zu Inanspruchnahmeverhalten, Bedarf und Erwartungen.. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom078. DOI: /11fom078, URN: urn:nbn:de: fom Das Image des Hausarztes aus interkultureller Perspektive eine qualitative Studie zur Sichtweise türkischer und deutscher Patienten Sema Uslu, Jessica Bungartz, Stefanie Joos Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Um die medizinische Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern, gilt es kulturelle Besonderheiten im Medizinverständnis zu berücksichtigen. In Deutschland leben ca. 16 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund, davon 2,5 Mio. mit türkischem Migrationshintergrund (ca. 16%). Die vorliegende Studie untersuchte das Image des Hausarztes aus Sicht türkischer im Vergleich zu deutschen Patienten. Material und Methoden: In einem qualitativen Forschungsansatz wurden fünf Fokusgruppendiskussionen mit insgesamt 28 Teilnehmern in deutscher Sprache durchgeführt. Dabei wurde neben einem Leitfragenkatalog die Collage-Technik (Imagery) angewendet, um das Image des Hausarztes an Hand von Bildern zu explorieren. Nach der Transkription der Fokusgruppendiskussionen erfolgte eine inhaltsanalytische Auswertung nach Mayring, softwaregestützt mittels ATLAS.ti. Ergebnisse: Als Hauptkategorien fanden sich Wichtige Eigenschaften des Hausarztes, Image des Hausarztes früher und heute, bezüglich der türkischen Teilnehmer Glaubensrichtung des Hausarztes und Image des Hausarztes in der Türkei. Aus Sicht der deutschen Patienten waren Menschlichkeit und (fachliche) Kompetenz vorrangige positive Eigenschaften des Hausarztes. Türkische Patienten stellten besonders die Freundlichkeit und eine gute medizinische Untersuchung heraus. Die Glaubensrichtung des Hausarztes war für die türkischen Teilnehmer von nachrangiger Bedeutung. Bezüglich eines Imagewandels der Hausärzte im Laufe der Zeit wurde der 65

67 Arzt früher als unerreichbar und unnahbar angesehen als Gott in weiß. Aus heutiger Sicht habe dies auf ein Normalmaß abgenommen. Das Image von Hausärzten in der Türkei wurde im Vergleich zu Deutschland als eher negativ eingestuft. Auch in den Collagen zeigte sich das Bild der Hausärzte insgesamt als positiv (Abbildung 1, Abbildung 2). Es traten jedoch auch einige negative Aspekte zutage: Bei den deutschen Teilnehmern war die zunehmende Orientierung des Arztes an IGeL-Leistungen sowie das Klagen auf hohem Niveau ein Thema. Bei den türkischen Teilnehmern wurde die Bevorzugung von Privatpatienten sowie eine mögliche Käuflichkeit durch Pharmafirmen dargestellt. Abbildung 2: Collage türkisch Schlussfolgerung/Implikation: Das Image des Hausarztes zeigte sich aus Sicht der Fokusgruppenteilnehmer insgesamt als positiv. Mittels der Collagetechnik kamen einige negative Aspekte zum Vorschein, die das Image des Hausarztes negativ beeinflussen könnten. Alles in allem waren nur partiell Unterschiede in der Sichtweise türkischer und deutscher Patienten zu erkennen. Inwieweit diese Deckungsgleichheit auf die Auswahl sprachkompetenter Teilnehmer zurückzuführen ist, sollte in weiterführenden Studien untersucht werden. Abbildung 1: Collage deutsch 1. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und Bundesministerium des Inneren, Hrsg. Migrationsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung. Berlin; Bitte zitieren als: Uslu S, Bungartz J, Joos S. Das Image des Hausarztes aus interkultureller Perspektive eine qualitative Studie zur Sichtweise türkischer und deutscher Patienten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom079. DOI: /11fom079, URN: urn:nbn:de: fom

68 IIIe Professionsentwicklung und Zukunftsperspektiven in der Allgemeinmedizin 080 Klinische Studien in der Hausarztpraxis Ergebnisse einer Befragung von Hausärzten zu Erfahrungen und Einstellungen Frank Peters-Klimm 1, Ildikó Gágyor 2, Jörg Haasenritter 3, Jutta Bleidorn 4, Netzwerk klinische Studien in der Allgemeinmedizin 1 Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 2 Abteilung Allgemeinmedizin Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland 3 Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland 4 Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland Hintergrund: Klinische Studien gelten aufgrund hoher Anforderungen an Qualität und Patientensicherheit als aufwändig und stellen in der Allgemeinmedizin in Deutschland bislang die Ausnahme dar. Notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung ist eine ausreichende Anzahl von qualifizierten Prüfärzten, welche u.a. eine Schulung gemäß den Leitlinien der guten klinischen Praxis (ICH/GCP) impliziert. Ziel dieser Untersuchung war die Erfassung der Vorerfahrungen und Einstellungen von Hausärzten hinsichtlich klinischer Studien in der Primärversorgung. Dabei waren Motivationsfaktoren für eine Studienteilnahme und Aspekte der ICH-/GCPkonformen Prüfarztschulungen von besonderem Interesse. Material und Methoden: Es wurden Teilnehmer regionaler hausärztlicher Fortbildungsveranstaltungen (vorwiegend Tag der Allgemeinmedizin ) mittels eines selbstentwickelten, standardisierten Fragebogens befragt. Zusätzlich zu durchgeführter deskriptiver folgen vertiefte explorative Analysen. Ergebnisse: Von 14 kontaktierten Veranstaltern aus ganz Deutschland nahmen 11 teil. Von insgesamt 804 eingeladenen Hausärzten beteiligten sich 408 von 804 (50,7%) Hausärzte an der Befragung (51±9 Jahre, 35% weiblich, 62% Lehrpraxis; 76% Allgemeinmediziner, 12% Internisten). Während ihrer Zeit als niedergelassener Hausarzt hatten 38% der Befragten an einer Arzneimittel- Wirksamkeitsstudie, 23% an einer nichtpharmakologischen Wirksamkeitsstudie und 53% an einer Anwendungsbeobachtung mindestens einmal teilgenommen. Eine Teilnahme an Klinischen Studien mit allgemeinmedizinischen Fragestellungen konnten sich 69% der Teilnehmer zukünftig vorstellen (15% weiß nicht, 12% nein ). Als motivierend für eine Studienteilnahme nannten die Befragten praxisrelevante Fragestellungen, persönliche Lerneffekte, neue Herausforderungen/Abwechslung vom Alltag und ein Honorar entsprechend tatsächlichem Aufwand (88%, 87%, 61% und 61%). Nur 6% der Teilnehmer hatten bislang an einer GCP-konformen Prüfarztschulung teilgenommen. 58% gaben grundsätzliche Teilnahmebereitschaft an einer derartigen Schulung an, bei 32% bestand keine Bereitschaft (10% fehlende Angabe). Die Teilnehmer präferierten eine kurze Nachmittagsveranstaltung, gegebenenfalls mit web-basierten Lösungen ohne Präsenzpflicht. Nur 7% waren bereit, die Hälfte der bzw. die tatsächlichen Kosten von ,- für eine Prüfarzt-Schulung zu übernehmen. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse geben Hinweise für die erfolgreiche Planung und Durchführung von Klinischen Studien in der Allgemeinmedizin. Elementar für die Motivation von Praxen zur Studienteilnahme scheinen die Relevanz der Fragestellung und persönliche Aspekte (wie beispielsweise Lerneffekte) zu sein. Zu geringe Aufwandsentschädigungen, zu aufwändige und nicht finanzierte Prüfarztschulungen stellen möglicherweise Barrieren dar, die es abzubauen gilt. Bitte zitieren als: Peters-Klimm F, Gágyor I, Haasenritter J, Bleidorn J, Netzwerk klinische Studien in der Allgemeinmedizin. Klinische Studien in der Hausarztpraxis Ergebnisse einer Befragung von Hausärzten zu Erfahrungen und Einstellungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom080. DOI: /11fom080, URN: urn:nbn:de: fom Vergleich allgemeinmedizinischer Professionsentwicklung in Brasilien und Deutschland Markus Herrmann 1, Ligia Giovanella 2 1 Institut für Allgemeinmedizin, Magdeburg, Deutschland 2 Escola Nacional de Saúde Pública/Fundação Oswaldo Cruz, Rio de Janeiro RJ, Brasilien Hintergrund: Seit 1994 hat die brasilianische Regierung eine Primärversorgung zur Förderung der Familiengesundheit aufgebaut, die besonders die sozial benachteiligte Bevölkerung erreichen soll. Das Modell der sozialversicherungspflichtigen Gesundheitsversorgung der Renteninstitute wurde zugunsten einer einheitlichen, dezentral organisierten Primärversorgung abgelöst, so dass gewährleistet werden kann, dass alle Menschen Zugang erhalten. Es wurden Familiengesundheitsteams gebildet, die für 900 Familien in einem Stadtteil verantwortlich sein sollen. Diese Teams setzen sich zusammen aus einem Allgemeinmediziner, einer Krankenschwester, einem Zahnarzt, zwei Krankenpflegehelfern und fünf Gesundheitsarbeitern aus der Gemeinde. Mittlerweile sind 94% der städtischen und 48% der ländlichen Bevölkerung erreicht. Seit 2001 hat auch im Medizinstudium die Bedeutung der Familiengesundheit Eingang gefunden und eine entsprechende Weiterbildung in Familiengesundheit wurde etabliert. Material und Methoden: Im Rahmen eines Forschungsaufenthaltes in Brasilien unterstützt durch die beiden Institutionen DAAD und Capes wird die akademische Professionsentwicklung der Allgemeinmedizin in Brasilien während des letzten Jahrzehnts mit der in Deutschland verglichen. Es wird eine analyse vorgenommen sowie ein Forschungsaufenthalt von Juni bis Juli 2011 durchgeführt. Neben einer Kongressteilnahme, teilnehmender Beobachtung in Gesundheitszentren sind vertiefende Interviews mit Ärzten Lehrenden und Studierenden in 4 verschiedenen Regionen geplant. Ergebnisse: Durch die analyse zeichnet sich ab, dass sich in Brasilien im Unterschied zur deutschen Entwicklung die Professionsentwicklung zum einen stärker 67

69 interprofessionell entwickelt unter stärkerer Prämisse von Gesundheitsförderung und Prävention, aufsuchender Dienste und einer stärkeren Gemeindeorientiertheit. Schlussfolgerung/Implikation: Vor dem Hintergrund des wachsenden Hausärztemangels in ländlichen Regionen und den demographischen Wandel soll diskutiert werden, inwieweit Anregungen aus der brasilianischen Professionsentwicklung der Allgemeinmedizin für Deutschland zu ziehen sind. 1. Capistrano Filho D. O Programa de Saúde da Família em São Paulo: Estudos Avançados. 1999;13(35): Demarzo MM, Gusso GD, Anderson MI, de Almeida RC, Belaciano MI. Academic family medicine: new perspectives in Brazil. Fam Med. 2010;42(7): Giovanella L, de Mendonça MH, de Almeida PF, Escorel S, Senna Mde C, Fausto MC, Delgado MM, de Andrade CL, da Cunha MS, Martins MI, Teixeira CP. Family health: limits and possibilities for an integral primary care approach to health care in Brazil. Cien Saude Colet. 2009;14(3): Herrmann M, et al. Stärkung der hausärztlichen Versorgung durch ein Primärarztsystem. In: Gerlinger T, Lenhardt U, Simon M, Hrsg. Jahrbuch für Kritische Medizin und Gesundheitswissenschaften. Bd. 32. Hamburg: Argument Verlag; S Herrmann M, Lichte T, von Unger H, Gulich M, Wächtler H, Donner-Banzhoff N, Wilm S. Faculty development in general practice in Germany experiences, evaluations, perspectives. Med Teach. 2007;29(2-3): Bitte zitieren als: Herrmann M, Giovanella L. Vergleich allgemeinmedizinischer Professionsentwicklung in Brasilien und Deutschland. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom081. DOI: /11fom081, URN: urn:nbn:de: fom Die Rolle der kommunalen Ebene bei Strategien gegen den Hausärztemangel Lea Scheidt, Stefanie Joos, Joachim Szecsenyi, Jost Steinhäuser Abteilung Allgemeinmedizin & Versorgungsforschung Heidelberg, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Eine wohnortnahe, hausärztliche Versorgung der Bevölkerung ist zukünftig nicht mehr in allen Regionen Deutschlands sicher gestellt. Insbesondere in ländlichen Regionen ist der Nachwuchsmangel an Hausärzten groß. Durch Studien mit Ärzten in Weiterbildung zum Allgemeinarzt ist bekannt, dass eine Entscheidung für oder gegen eine Tätigkeit an einem bestimmten Ort vor allem aufgrund nichtmedizinischer, oft die Gemeinde betreffender Faktoren gefällt wird [1]. Ziel dieser Studie ist es, gängige Konzepte gegen den Hausärztemangel durch Bürgermeister in Baden- Württemberg bewerten zu lassen, sowie neue Ansätze, die auf kommunaler Ebene ansetzen, zu explorieren. Material und Methoden: Allen Bürgermeistern in Baden-Württemberg wird ein auf einer umfassenden recherche basierender, pilotierter Fragebogen zugesandt. Neben soziodemographischen Daten sind Fragen zur aktuellen hausärztlichen Versorgung der Gemeinde, Einschätzung zu deren zukünftiger Entwicklung, der Gemeindestrukturen und der Gemeindepolitik in Gesundheitsfragen enthalten. Bis Ende Mai 2011 zurückgesendete Fragebögen werden in die Auswertung eingeschlossen. Ergebnisse: Die Ergebnisse werden auf dem Kongress präsentiert werden. Schlussfolgerung/Implikation: Es wird erwartet, dass die Ergebnisse Hinweise darauf liefern, welche Konzepte aus Sicht von Bürgermeistern auf kommunaler Ebene für umsetzbar und zielführend gehalten werden, um Hausärzte für die Niederlassung in einer Gemeinde gewinnen zu können. Darüber hinaus sollen die hier gewonnenen Ergebnisse mit den Erwartungen und Vorstellungen von Ärzten in Weiterbildung für Allgemeinmedizin verglichen werden, um nachhaltige Konzepte gegen den Ärztemangel zu entwickeln. 1. Steinhäuser J, Annan N, Roos M, Szecsenyi J, Joos S. Lösungsansätze gegen den Allgemeinarztmangel auf dem Land - Ergebnisse einer online Befragung unter Ärzten in Weiterbildung. Deutsche Medizinische Wochenschrift, accepted. Bitte zitieren als: Scheidt L, Joos S, Szecsenyi J, Steinhäuser J. Die Rolle der kommunalen Ebene bei Strategien gegen den Hausärztemangel. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom082. DOI: /11fom082, URN: urn:nbn:de: fom Neuniederlassung im ländlichen Raum eine qualitative Analyse der individuellen Entscheidungshintergründe neuniedergelassener Hausärzte in Mecklenburg-Vorpommern Christin Löffler, Barbara Kreiser, Anja Wollny, Attila Altiner Institut für Allgemeinmedizin, Universität Rostock, Rostock, Deutschland Hintergrund: Studien zeigen, dass ländliche, strukturschwache Regionen v.a. im Osten Deutschlands bereits heute, aber v.a. in Zukunft Probleme haben werden, eine adäquate medizinische Primärversorgung zu gewährleisten. Obwohl sich viele internationale Studien mit der hausärztlichen Niederlassung im ländlichen Raum befassen, existiert in Deutschland relativ wenig Forschung zu dieser Thematik. Fraglich ist auch, ob sich internationale Studienergebnisse aus Ländern mit anderen Gesundheitssystemen und deutlich anderen geographischen Verhältnissen auf strukturschwache Regionen in Deutschland übertragen lassen. Vor diesem Hintergrund interessieren wir uns für die individuellen Beweggründe und Motivationen von Hausärzten für die Niederlassung in ländlichen, strukturschwachen Regionen. Dabei betrachten wir v.a. subjektive und objektive motivationale Faktoren auf Makro- und Mikroebene, familiäre und biographische Faktoren. Im Mittelpunkt unserer Studie steht die Rekonstruktion des individuellen Entscheidungsprozesses zugunsten einer Neuniederlassung in ländlichen Gebieten. Faktoren, die die Neuniederlassung im ländlichen, strukturschwachen 68

70 Raum begünstigen, werden dabei genauso betrachtet, wie Faktoren, die sie erschweren. Material und Methoden: Derzeit führen wir mit Hausärzten in ländlichen, strukturschwachen Regionen Mecklenburg- Vorpommerns narrative Interviews durch. Wir konzentrieren uns dabei auf Hausärzte, die ihre Praxis in den letzten fünf Jahren eröffnet haben. Alle 118 Hausärzte in MV, die im Dezember 2010 diesen Kriterien entsprachen, wurden eingeladen, an der Studie teilzunehmen. Von allen 52 initial zur Studienteilnahme bereiten Ärzten sendeten 43 einen detaillierten Fragebogen zum bisherigen beruflichen Werdegang und biographisch-familiären Hintergründen zurück. Die Auswahl der Interviewpartner erfolgt auf Basis des theoretical sampling. Die Interviews werden tonaufgezeichnet, vollständig transkribiert und auf Grundlage der Grounded Theory kodiert und analysiert. Ergebnisse: Ziel der Studie ist es, hausärztliche Beweggründe für die Niederlassung im ländlichen, strukturschwachen Raum Mecklenburg-Vorpommerns induktiv zu ermitteln. Insbesondere soll analysiert werden, ob bestimmte Muster existieren oder ob letztendlich unvorhersehbare und unbeeinflussbare Faktoren zur Neuniederlassung im ländlichen Raum führen. In einem zweiten Schritt werden diese Ergebnisse zur Entwicklung eines entsprechenden Fragebogens dienen. Schlussfolgerung/Implikation: Die so gewonnenen Einsichten und Ergebnisse sollen genutzt werden, um den Stellenwert und die Wirkungsweise verschiedener, von (gesundheits-) politischen und institutionellen Entscheidungsträgern schon eingesetzter oder z.z. diskutierter Maßnahmen zur Vermeidung eines Hausärztemangels zu bewerten. Zudem sollen neue Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, die dem bereits existierenden und prognostizierten Hausärztemangel der Region entgegen wirken können. Bitte zitieren als: Löffler C, Kreiser B, Wollny A, Altiner A. Neuniederlassung im ländlichen Raum eine qualitative Analyse der individuellen Entscheidungshintergründe neuniedergelassener Hausärzte in Mecklenburg-Vorpommern. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom083. DOI: /11fom083, URN: urn:nbn:de: fom IIIf Interprofessionalität und Praxisteam 084 Medizinische Fachangestellte mit Migrationshintergrund in der Hausarztpraxis Karola Mergenthal, Gerlach Ferdinand M., Güthlin Corina Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland Hintergrund: In Deutschland leben 15,7 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund (MH). Demgegenüber steht eine kleine Zahl von ausländischen Ärzten/innen: von aller 2009 in Deutschland niedergelassenen Ärzten/innen waren 2,8 % (3.556) Ausländer/innen. Im Vergleich dazu ist die Zahl der ausländischen Medizinischen Fachangestellten (MFA)/ Arzthelferinnen (AH) hoch. Am Beispiel Hessen kann gezeigt werden, dass zwischen 2005 und 2007 der jährliche Anteil der Ausländer/innen bei durchschnittlich 15,6 % lag. Dabei wurde die Frage, wie und ob Fachkräfte mit MH spezifische Potentiale in den Berufsalltag einbringen, in Deutschland bisher kaum untersucht. Eine qualitative Studie mit 10 AH zeigt, dass diese ihre Erstsprache im Praxisalltag einsetzen und in Anwesenheit des Arztes zeitweise die Verantwortung für das Gelingen des Gesprächs übernehmen. Außerdem setzten sie ihr kulturspezifisches Wissen ein. In der vorgestellten Studie wurden daher folgende Fragestellungen untersucht: Wie erleben MFA mit MH ihren Praxisalltag in deutschen Hausarztpraxen? Setzen MFA mit MH ihre kulturellen Kompetenzen ein? Sind sie sich ihrer Rolle bewusst? Empfinden sie dies als Bereicherung oder Belastung? Material und Methoden: In dieser qualitativen Pilotstudie wurde ein convenience sample von 6 MFA aus 6 Hausarztpraxen in Hessen untersucht, die bereits in Forschung und Lehre mit dem Institut für Allgemeinmedizin (IfA) zusammen arbeiten. Das Interview erfolgte mit Hilfe eines halbstandardisierten Leitfadens und wurde von einer Mitarbeiterin des IfA mit MFA-Hintergrund durchgeführt. Die Auswertung der vollständig transkribierten Interviews erfolgte mit der inhaltsanalytischen Methode nach Mayring in einem Team aus einer Psychologin, einer Doktorandin der Medizin und der Interviewerin. Ergebnisse: Die Interviewlänge betrug ca. 25 Minuten. Befragt wurden je 2 MFA mit türkischem MH, 2 mit marokkanischem MH, 1 mit italienischem und 1 mit serbischem MH. Erste Ergebnisse zeigen, dass bei Aufnahme einer neuen Tätigkeit in den Praxen zunächst Befürchtungen von Seiten des Teams (ohne MH) als auch von Seiten der Patienten bestanden. Nach einer gewissen Anlaufzeit ergab sich jedoch eine gute Akzeptanz und Etablierung der Rolle der MFA/ AH mit MH, sodass die MFA ihre volle Integration in das Praxisteam betonten. Zusätzlich übernahmen sie Aufgaben wie Übersetzungen oder Erklärungen von kulturellen Besonderheiten. Zum Zeitpunkt der Konferenz wird eine vollständige Auswertung der Daten vorliegen. Schlussfolgerung/Implikation: Bei den interviewten MFA mit MH handelte es sich um Personen, die gut in der hausärztlichen Praxis integriert waren, sodass auf den ersten Blick kein Unterschied zu den MFA ohne MH thematisiert wurde. Im Gegenteil wurde eher die Problemlosigkeit der Integration betont. Es zeigte sich, dass die MFA v.a. auf Zuruf Übersetzungsaufgaben sprachlicher und kultureller Art übernahmen. Bitte zitieren als: Mergenthal K, Ferdinand M. G, Corina G. Medizinische Fachangestellte mit Migrationshintergrund in der Hausarztpraxis. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom084. DOI: /11fom084, URN: urn:nbn:de: fom

71 085 Erfahrungen von Hausärzten und Medizinischen Fachangestellten beim Zusammenschluss zum Schaafheimer Arzt- und Apothekenzentrum (SCHAAZ) Eine qualitative Evaluation Lisa Ulrich, Martin Beyer, Ferdinand M. Gerlach, Antje Erler Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt/Main, Deutschland Hintergrund: Die drohende hausärztliche Unterversorgung bei gleichzeitig erhöhten Versorgungsbedürfnissen einer alternden Bevölkerung erfordert neue primärärztliche Versorgungskonzepte. Mit dem Zusammenschluss von sechs Hausärzten zum Schaafheimer Arzt- und Apothekenzentrum (SCHAAZ) wird seit Juli 2009 ein hausärztliches Versorgungsmodell im ländlichen Raum erprobt, das bereits einige Elemente einer Primärversorgungspraxis (PVP) enthält, wie sie vom Sachverständigenrat für die Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen im Gutachten 2009 vorgeschlagen wurde. Im Rahmen einer qualitativen Studie wurden Probleme, Erfolgsfaktoren, positive und negative Folgen des Zusammenschlusses aus Sicht der beteiligten Hausärzte und Medizinischen Fachangestellten (MFA) analysiert. Material und Methoden: Hausärzte (n=6/6) und MFA (n=11/15) wurden mittels leitfadengestützter Interviews befragt. Die aufgezeichneten Interviews wurden transkribiert und nach der Methode des framework approach auf der Basis eines theoretischen Modells zur Organisationsentwicklung in Hausarztpraxen ausgewertet. Ergebnisse: Erweiterte Ressourcen bezüglich Räumlichkeiten und Personal ermöglichen eine strukturiertere und effizientere Organisation der Arbeitsprozesse, was durch eine Verdichtung der Arbeit Freiräume für Fortbildungen und mehr Freizeit schafft. Aus Sicht der MFA wird dadurch jedoch der persönliche Austausch erschwert und die frühere familiärere Arbeitsatmosphäre verändert. Hausärzte entlastet die Möglichkeit, Verantwortung für Entscheidungen mit Kollegen teilen und durch Personalentwicklung vermehrt Aufgaben an qualifizierte MFA delegieren zu können. Eine weitere wichtige Maßnahme war die Durchführung häufigerer Teamsitzungen, in denen Vorschläge aller Teammitglieder gleichberechtigt erörtert und Konflikte offen angesprochen wurden. Schlussfolgerung/Implikation: Der Zusammenschluss zu einem größeren Team erfordert eine stärkere Strukturierung und Formalisierung von Arbeitsprozessen. Durch eine effizientere Arbeitsorganisation wird eine Verdichtung [s.o] der Arbeit erreicht, die einerseits eine Entlastung der Beteiligten ermöglicht, andererseits weniger Raum für persönlichen Austausch lässt. Bitte zitieren als: Ulrich L, Beyer M, Gerlach FM, Erler A. Erfahrungen von Hausärzten und Medizinischen Fachangestellten beim Zusammenschluss zum Schaafheimer Arzt- und Apothekenzentrum (SCHAAZ) Eine qualitative Evaluation. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom085. DOI: /11fom085, URN: urn:nbn:de: fom Polypharmakotherapie: ein Einsatzgebiet für EVA? Ergebnisse eines Pilotprojektes Iris Schluckebier, Marcus Redaèlli, Paul Jansen, Stefan Wilm Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland Hintergrund: Die Polypharmakotherapie stellt im hausärztlichen Alltag eine große Herausforderung dar. Häufig bleibt jedoch den Hausärzten wenig Zeit das optimale Management bzw. bedeutende Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen der Medikamente den Patienten zu erklären. Hinzu kommt, dass Patienten von der Einnahme von frei verkäuflichen Medikamenten, Nahrungsergänzungen oder Vitaminpräparaten, die die Medikamente in ihrer Wirkung beeinflussen, oft nicht spontan berichten. Untersucht werden soll, in welchem Ausmaß und unter welchen Bedingungen eine Entlastende Versorgungs- Assistentin (EVA) eine unterstützende Rolle bei polypharmakotherapeutisch versorgten Patienten einnehmen kann. Material und Methoden: Im Rahmen eines Pilotprojektes führt eine Medizinische Fachangestellte (MFA) mit der Qualifikation als EVA eine Analyse des Patientenkollektivs in ihrer Hausarztpraxis im Hinblick auf eine polypharmakotherapeutische Versorgung (>5 Wirkstoffe) durch. Dies geschieht mittels einer handelsüblichen Praxissoftware. Die identifizierten Patienten werden dann anhand einer Checkliste, die aus der PRISCUS-Liste abgeleitet ist, auf ihr Gefährdungspotenzial hin katalogisiert. Diejenigen Patienten, die im Rahmen von Hausbesuchen betreut werden, werden in Routinebesuchen von der EVA mitversorgt und mittels einer Checkliste (Symptome von möglichen Unerwünschten Arzneimittelwirkungen = UAW) regelmäßig befragt. Ergebnisse: Im Rahmen des Pilotprojektes hat es sich gezeigt, dass die EVA mit Hilfe der Checkliste einen wichtigen Beitrag in der polypharmakotherapeutischen Betreuung von Patienten liefern kann. Allerdings ist festzustellen, dass zeitlich begrenzte Ressourcen die Kapazität auf max. 20 Patienten/ Monat beschränken. Alternative Vorschläge zu Präparaten bei Feststellung von UAW kann eine EVA dem Hausarzt vorlegen. Auffällig ist die Lernkurve, die im Hinblick auf Zeit und Wissen zu Alternativwirkstoffen sowie auf UAWs exponentiell verläuft. Schlussfolgerung/Implikation: International finden Hausärzte in der pharmakotherapeutischen Versorgung unterschiedliche personelle Unterstützungen vor. Diese reichen von direkter Anbindung an Apotheker bis hin zu spezialisierten Fachpflegekräften für Pharmazie. Bei entsprechender Aus- und Weiterbildung und ggf. weiterer Qualifizierung, könnten die MFA in Deutschland entsprechende Entlastungen für die Hausärzte erreichen. Dazu sind entsprechende Anpassungen in den Curricula der Ausbildung und der Qualifizierung zur nicht-ärztlichen Praxisassistentin erforderlich. Seinen patientenseitigen Nutzen muss dieser Einsatz noch in RCTs erweisen. Bitte zitieren als: Schluckebier I, Redaèlli M, Jansen P, Wilm S. Polypharmakotherapie: ein Einsatzgebiet für EVA? Ergebnisse eines Pilotprojektes. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom086. DOI: /11fom086, URN: urn:nbn:de: fom

72 087 Salutogene Ressourcen im Berliner Gesundheitssystem: Eine Erhebung des Sense of coherence bei Fachärzten für Allgemeinmedizin, Fachärzten für Chirurgie und Medizinischen Fachangestellten Vittoria Braun, Ingolf Hintner, Lorena Dini Charité, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland Hintergrund: Bei Ärzten besteht in der Regel höherer Stress als bei der Normalpopulation. Lange Arbeitstage, hohe Verantwortung, überbordende Bürokratie, Medienschelte, Reglementierung durch Politik, Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen und materielle Verluste durch Budgetierungen und Regresse führen bei einem Teil der Kollegen zu Desillusionierung, Demotivation und Burn-Out-Syndromen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie Ärzte gesund bleiben können, welche Möglichkeiten sie besitzen, trotz vielfältiger Stressoren nicht krank zu werden, sondern vielmehr zufrieden zu sein. Hierzu werden die salutogenen Ressourcen von Ärztinnen und Ärzten und Medizinischen Fachangestellten (MFA) erfragt. Als Messgröße dient der von Aaron Antonovsky entwickelte Score zur Erfassung des Kohärenzempfindens, dem Sense of coherence (SOC) [1]. Ziel der Studie war es, erstmalig den SOC dreier Gruppen im Berliner Gesundheitssystem zu erheben und diesen mit einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe Deutschlands sowie untereinander zu vergleichen. In der vorgelegten Form ist es die erste Untersuchung in Deutschland, die in großem Umfang den SOC der Berufsgruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin erhebt und einen Vergleich mit stationär tätigen Chirurgen und MFA aus allgemeinmedizinischen Praxen herstellt. Material und Methoden: Die quantitative, anonyme Erhebung des SOC fand mittels postalisch versandten standardisierten Fragebogens der Leipziger Kurzskala mittels 9 Items mit einer Range von 1-7 statt. Neben der deskriptiven Analyse erfolgte der Gruppenvergleich mittels t-test und Varianzanalyse (ANOVA). Ergebnisse: Unter den Respondern (n=872) befinden sich 32% Männer und 68% Frauen, Fachärzte für Allgemeinmedizin/Praktische Ärzte (n=430), stationär-chirurgisch tätige Ärzte (n=175) und Medizinische Fachangestellte (n=267). Die Antwortrate beträgt insgesamt 23%. Der SOC der Befragten ist im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt signifikant höher, wobei dies besonders bei der Gruppe der Frauen auffällt. Alle Befragten weisen ab dem 40. Lebensjahr einen höheren SOC als der Bevölkerungsdurchschnitt auf. Innerhalb der Berliner Untersuchungsgruppe zeigen Allgemeinmediziner/-innen und MFA mit einer Partnerschaft einen signifikant höheren SOC, bei den Chirurginnen und Chirurgen konnte dies nicht beobachtet werden. Keine signifikanten Unterschiede des SOC ergeben sich hinsichtlich Profession, Geschlecht, Herkunft (Ost-, Westdeutschland, Ausland) oder Ort der beruflichen Tätigkeit (Stadtbezirk) der befragten Subpopulation des Berliner Gesundheitssystems. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse weisen auf die besondere Bedeutung der Entwicklung salutogener Ressourcen zu einem frühen Zeitpunkt im Berufsleben hin. 1. Antonovsky A, Franke A. Salutogenese: zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: Dgvt-Verl; Schumacher J, GunzelmannT, Brähler E. Deutsche Normierung der Sense of Coherence Scale von Antonovsky. Diagnostica. 2000;46(4). Bitte zitieren als: Braun V, Hintner I, Dini L. Salutogene Ressourcen im Berliner Gesundheitssystem: Eine Erhebung des Sense of coherence bei Fachärzten für Allgemeinmedizin, Fachärzten für Chirurgie und Medizinischen Fachangestellten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom087. DOI: /11fom087, URN: urn:nbn:de: fom IIIg Freie Themen 088 Implementierungsforschung und Wissenszirkulation wichtig für die Allgemeinmedizin? Horst Christian Vollmar 1, Christine Riesner 1, Tina Quasdorf 1, Stefan Wilm 2, Silke Kuske 1, Ines Buscher 1 1 DZNE Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Witten, Deutschland 2 Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin der Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland Hintergrund: Wissen und daraus resultierende Handlungen zählen zu den wichtigsten Ressourcen für die Gesundheitsversorgung. Allerdings gelangt evidenzbasiertes Wissen in etlichen Fällen nicht oder nur schleppend in die Versorgung. Zur Beschreibung und Überwindung dieses Zustandes existiert eine Vielzahl von Konzepten. Ziel war, die wichtigsten zu identifizieren und für den deutschen Versorgungskontext zu adaptieren. Material und Methoden: Es erfolgte eine selektive Auswertung von Übersichtsartikeln aus MEDLINE, Cochrane, Scopus, Gerolit, CINAHL, DigiBIB, ERIC und Google Scholar sowie Berichte von Forschungs- und politischen Institutionen. Die Suche wurde ohne zeitliche Beschränkung durchgeführt und auf die Sprachen Deutsch, Englisch und Niederländisch eingegrenzt. Ergebnisse: Für Maßnahmen und Forschungsbemühungen, die sich eine Verkleinerung der Wissens-Praxis-Lücke zum Ziel gesetzt haben, existieren rund 70 verschiedene Begriffe. Implementierungsforschung und Wissenszirkulation/-translation scheinen die geläufigsten zu sein zu sein, wobei sich die Begriffe weniger inhaltlich sondern eher geografisch abgrenzen. Der in Europa bekanntere Begriff der Implementierungsforschung beschreibt die wissenschaftliche Untersuchung von Methoden, die systematisch die Übertragung aktueller Forschungsergebnisse und evidenzbasierter Praktiken in die Versorgung unterstützen und das Ziel verfolgen, die Qualität und Effektivität des Gesundheitssystems zu verbessern. Aus dieser Definition wird bereits die Nähe zur Versorgungsforschung deutlich, die durch Beispiele verdeutlicht werden soll. Schlussfolgerung/Implikation: Implementierungsforschung und Wissenszirkulation sind ähnliche Forschungskonzepte, 71

73 die versuchen auf Mikro-, Meso- und Makroebene Strategien zu entwickeln, um Wissen in die Praxis zu bringen und auf diesem Wege die Qualität der Versorgung zu verbessern. Hieraus ergeben sich vielfältige und meist komplexe Forschungsfragen auch für die Allgemeinmedizin. Bitte zitieren als: Vollmar HC, Riesner C, Quasdorf T, Wilm S, Kuske S, Buscher I. Implementierungsforschung und Wissenszirkulation wichtig für die Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom088. DOI: /11fom088, URN: urn:nbn:de: fom Wiederfindung von 80 Krankheiten des Morbi- RSA in hausärztlichen Routinedaten ICD- Kode oder Beratungsergebnis? Johannes Hauswaldt, Markus Kersting, Eva Hummers-Pradier Institut für Allgemeinmedizin der MHH, Hannover, Deutschland Hintergrund: 80 ausgewählte Krankheiten als Grundlage des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) wurden mit anzeigenden ICD-Kodes erstmals für das Ausgleichsjahr 2009 angewandt. In der Ambulanten Versorgung wird beobachtete Morbidität der Versicherten fortlaufend pflichtig von allen Vertragsärzten, darunter Hausärzten, ICD-kodiert. Die Untersuchung identifiziert in hausärztlichen Routinedaten ICD-Kodes, die Morbi-RSA-Krankheiten anzeigen, und differenziert anschließend ihre quartalsweise Häufigkeit und Verteilung nach Patienten- und Praxiseigenschaften. Die Abgrenzung Chronische Krankheit des Morbi-RSA wird problematisiert, ebenso die Kodierung hausärztlicher Beratungsergebnisse. Material und Methoden: 3,9 Mio. ICD-Kodes in Betreuungs- und Leistungsdaten von GKV-Patienten zwischen 1996 und 2006, aus Arztpraxisinformationssystemen (AIS) von 145 Hausarztpraxen über die BDT- Schnittstelle gewonnen, [1] werden quartalsweise als anzeigend für 80 Morbi-RSA-Krankheiten sowie für das M2Q -Kriterium (mindestens zwei Quartale im Jahr) gekennzeichnet und mit Eigenschaften der Patienten (Alter, Geschlecht, Häufignutzerstatus, Multimorbidität) und Praxen (Einzel-/Gemeinschaftspraxis, Lage, Größe) verknüpft (Multivariate logistische Regression, 99% Konfidenzintervall). Jährliche Häufigkeiten angezeigter Morbi-RSA- Krankheiten, ihre relative Häufigkeit (Ränge) untereinander und deren Veränderung zwischen 1996 bis 2006 werden dargestellt. Chronische Krankheit (M2Q-Kriterium) wird dem Begriff des Chronisch Kranken (Gemeinsamer Bundesausschuss) anhand dieser Routinedaten gegenübergestellt. Ergebnisse: 17,9 % der quartalsweisen ICD-Kode- Nennungen ( von ) in hausärztlichen Routinedaten zeigen eine der 80 Morbi-RSA-Krankheiten an. Alle der 80 Morbi-RSA-Krankheiten werden von Hausärzten solcherart angezeigt, ihre Häufigkeiten und Ränge unterscheiden sich jedoch beträchtlich von den Grundlagendaten 2005/2006 des Bundesversicherungsamtes. Unter den führenden finden sich gleichbleibend (Hypertonie, Ischaemische Herzkrankheit, Diabetes mellitus), abnehmend (Herz-, Niereninsuffizienz) und zunehmend (Depression, Asthma bronchiale, Gastro-ösophageale Refluxkrankheit) häufige Krankheiten. Eine Morbi-RSA-Krankheit wird von chronisch nach dem M2Q-Kriterium mit steigendem Patientenalter stark zunehmend prädiziert, nicht jedoch von anderen Patientenoder Praxiseigenschaften. Abbildung 1: Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich (mrsa) 72

74 Abbildung 2: Rangsummen und Rangdifferenzen aus 1996 bis 2006 Tabelle 1 Schlussfolgerung/Implikation: Hausärzte, etwa die Hälfte der ambulanten Versorger, sehen und kodieren einen spezifischen Ausschnitt der Versichertenmorbidität. Die Abbildung hausärztlicher Beratungsergebnisse in ICD- Kodes ist problematisch, damit auch deren alleinige Zugrundelegung für einen morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich. Um chronisch Kranke zu identifizieren, ist das M2Q- Kriterium möglicherweise weniger geeignet als die Abgrenzung nach der Chroniker-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses, weil es das Patientenalter als hidden confounder enthält. 1. Kersting M, Gierschmann A, Hauswaldt J, Hummers-Pradier E. Routinedaten aus hausärztlichen Arztinformationssystemen - Export, Analyse und Aufbereitung für die Versorgungsforschung. Gesundheitswesen. 2010;72: Bitte zitieren als: Hauswaldt J, Kersting M, Hummers-Pradier E. Wiederfindung von 80 Krankheiten des Morbi-RSA in hausärztlichen Routinedaten ICD-Kode oder Beratungsergebnis. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom089. DOI: /11fom089, URN: urn:nbn:de: fom

75 090 Veränderungen der bakteriellen Resistenzmuster von Escherichia coli im Primärversorgungsbereich in Österreich Gustav Kamenski, Gernot Wagner, Kathryn Hoffmann Medizinische Universität Wien Abteilung f. Allgemeinmedizin, Wien, Österreich Hintergrund: Unkomplizierte Harnwegsinfektionen sind bei niedergelassenen AllgemeinmedizinerInnen ein häufiger Grund für Konsultationen. Zur Vermeidung von Therapieversagen und Resistenzinduktion sollte eine antibiotische Therapie auf aktuellen lokalen Resistenzdaten basieren. Österreichweit gibt es einen Mangel an vergleichbaren Resistenzdaten aus dem niedergelassenen Bereich. Aus diesem Grund ist es das Ziel dieser Studie, welche im Rahmen der internationalen, multizentrischen ECO SENS II Studie durchgeführt wurde, einen Beitrag zur Behebung dieses Mangels zu leisten. Darüber hinaus sollen auch Entwicklungen der Resistenzmuster für E. coli im Vergleich zur ECO SENS Studie aus den Jahren 1999/2000 dargestellt werden. Material und Methoden: An dieser Studie beteiligten sich im Zeitraum von Juli 2007 bis November AllgemeinmedizinerInnen aus ganz Österreich. Unter Berücksichtigung der definierten Einschluss- und Ausschlusskriterien wurden Patientinnen mit Symptomen eines unkomplizierten Harnwegsinfektes im Alter von Jahren eingeschlossen. Neben der Anamnese und Bewertung mittels Symptomen-Score wurde ein Mittelstahlharn gewonnen. Im Zentrallabor wurden die bei einer signifikanten Bakteriurie im Mittelstrahlharn nachgewiesenen E. coli-isolate auf ihre Empfindlichkeit hinsichtlich 14 antibiotischer Substanzen getestet. Für die Beschreibung der Prävalenzen wurden deskriptive statistische Methoden angewendet. Zur Vergleichsanalyse wurden der Chi- Square Test sowie der t-test herangezogen. Ergebnisse: Bei 313 eingeschlossenen Patientinnen wurden insgesamt 147 E. coli Isolate (47%) nachgewiesen und getestet. Dabei zeigten sich folgende Resistenzraten: Mecillinam (0,0%), Nitrofurantoin (0,68%), Fosfomycin Trometamol (0,68%) und Gentamycin (1,37%), Cefotaxim (2,74%), Ceftazidime (2,74%), Cefadroxil (4,11%) und Ciprofloxacin (4,11%). Höhere Resistenzraten wurden beschrieben für: Amoxicillin/ Clavulansäure (8,90%), Nalidixinsäure (9,59%), Trimethoprim/Sulfamethoxazol (14,38%), Trimethoprim (15,75%), Sulfamethoxazol (21,23%) und Ampicillin (28,77%). Darüber hinaus wurde ESBL in zwei E. coli Isolaten nachgewiesen. Im Vergleich zu den Ergebnissen aus der ECO-SENS Studie konnte ein signifikanter Resistenz-Anstieg bei Ampicillin, Amoxicillin/Clavulansäure, Nalidixinsäure und Ciprofloxacin nachgewiesen werden. Schlussfolgerung/Implikation: Es konnte gezeigt werden, dass sich die Resistenzen zwischen den Erhebungsperioden 1999/2000 und 2007/2008 erhöht haben, obwohl berücksichtigt werden muss, dass es sich hierbei um zwei Querschnitterhebungen handelt. Allerdings ist es der einzige Vergleich für Österreich von Daten aus Studien mit gleicher Methodik. Gerade der signifikante Anstieg bei Ampicillin, Amoxicillin/ Clavulansäure, Ciprofloxacin sollte bei der Antibiotika-Verschreibung im niedergelassenen Bereich berücksichtigt werden. 1. Fink W, Haidinger G. Prevalence of health problems in a family practice observed over 10 years. Z Allg Med. 2007;83: Butler CC, Hillier S, Roberts Z, Dunstan F, Howard A, Palmer S. Antibiotic-resistant infections in primary care are symptomatic for longer and increase workload: outcomes for patients with E. coli UTIs. Br J Gen Pract. 2006;56(530): Sundqvist M, Kahlmeter G. Pre-emptive culturing will improve the chance of getting it right when empirical therapy of urinary tract infections fails. J Antimicrob Chemother. 2009;64(2): Bitte zitieren als: Kamenski G, Wagner G, Hoffmann K. Veränderungen der bakteriellen Resistenzmuster von Escherichia coli im Primärversorgungsbereich in Österreich. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom090. DOI: /11fom090, URN: urn:nbn:de: fom "Evidence-based Medicine Guidelines": Dissemination and usage of an online compendium in four European countries Susanne Rabady 1, Ilkka Kunnamo 2, Andreas Sönnichsen 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg, Österreich 2 Duodecim Medical Publications, Helsinki, Finnland Ziele: Die Evidence-based Medicine Guidelines wurden als Point of Care Tool in Finnland entwickelt, um vor allem Allgemeinärzten eine rasch und im Praxisalltag verfügbare Entscheidungshilfe an die Hand zu geben. Die erste Adaptierung der Empfehlungen an ein anderes Gesundheitssystem wurde in Österreich fertiggestellt und auch in Deutschland und der Schweiz verbreitet. Wir untersuchten Unterschiede in Disseminierung und Anwendung zwischen Finnland und den deutschsprachigen Ländern, um Erkenntnisse über mögliche Implementierungshürden zu gewinnen. Methoden: Realtime Statistiken der Online Versionen wurden hinsichtlich Zahl der Anwender und Häufigkeit der Suchen im Jahr 2010 wurden verglichen und brachten die Daten mit den jeweiligen Implementierungsmaßnahmen in Verbindung. Ergebnisse: Im Jahr 2010 verwendeten 98% der finnischen Allgemeinärzte die Guidelines regelmäßig. In den deutschsprachigen Ländern hatten im gleichen Zeitraum nur eine Minderheit der Allgemeinärzte einen Zugang zum Online Kompendium (Österreich 30%, Schweiz 23%, Deutschland 2.1%). In Finnland öffnete jeder Allgemeinarzt 167 Artikel pro Jahr, österreichische und Schweizer Hausärzte 8, und deutsche Allgemeinärzte weniger als 1. Der Unterschied zwischen Finnland und den deutschsprachigen Ländern wird jedoch deutlich geringer, wenn die Zahl der geöffneten Artikel mit der Zahl der Anwender korreliert wird. In allen vier Ländern findet sich ein klarer Login-Gipfel während der Kernarbeitszeiten. Diskussion und Schlussfolgerungen: In Finnland besteht freier Zugang zu den EbM-Guidelines für jeden im öffentlichen Gesundheitssystem tätigen Arzt. Die Akzeptanz von Leitlinien ist insgesamt gut, es gibt wenig Ängste hinsicht- 74

76 lich Datensicherheit, und finnische Ärzte sind seit Jahren gewöhnt, online zu arbeiten.in den deutschsprachigen Ländern stehen möglicherweise die individualisierte Arbeitsweise in den Praxen mit vergleichsweise niedriger Akzeptanz von Standards, geringe Dichte von Internetzugänge im Praxiscomputer und auch die Kosten für einen Onlinezugang einer besseren Verbreitung im Wege. Bitte zitieren als: Rabady S, Kunnamo I, Sönnichsen A. "Evidence-based Medicine Guidelines": Dissemination and usage of an online compendium in four European countries. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom091. DOI: /11fom091, URN: urn:nbn:de: fom Wie eine allgemeinmedizinische Station im Albertinen-Krankenhaus in Hamburg die Patientenversorgung verbessert und der hausärztlichen Nachwuchsförderung dient Michael Groening Albertinen-Krankenhaus, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Die stationäre Akutversorgung steht vor einer Herausforderung: die Menschen werden älter, die Zahl der Notfallzuführungen steigt [1], Betten werden reduziert und die Fachabteilungen immer spezialisierter. Generalisten gibt es nicht mehr [2]. Damit stellt sich immer häufiger die Frage, wohin mit der wachsenden Anzahl überwiegend älterer Patienten, die keiner Fachabteilung eindeutig zuzuordnen sind und keiner hochtechnischen, aber dennoch einer stationären Behandlung von 2 3 Tagen bedürfen? In den Fachabteilungen sind diese Patienten ohne Diagnostik Fehlbelegungen (DRG) und mit Diagnostik überdiagnostiziert [3]. So werden sie oft gar nicht aufgenommen, zum Ärger der Patienten, Angehörigen und der Einweiser. Vor diesem Dilemma stand auch die allgemeinmedizinisch geleitete interdisziplinäre Notaufnahme des Albertinen-Krankenhaus in Hamburg. Deshalb wurde dort 2010 die allgemeinmedizinisch konzipierte und geleitete interdisziplinäre Notfall und Kurzlieger Aufnahmestation INKA gegründet. Ergebnisse: In der INKA ist die Berücksichtigung des Lebenskontext des Patienten und die frühzeitig im Konsens getroffene Behandlungsplanung die wesentliche Säule des Konzept. Das Abwägen des individuellen Behandlungspfades mit allen Beteiligten (Patient, Angehörige, Hausarzt, ggf. Pflegedienste) ist sehr aufwändig, zeitintensiv und setzt eine Kenntnis der Verhältnisse in der ambulanten hausärztlichen Versorgung voraus. Das kann ein Allgemeinmediziner, der selbst in der Praxis war, am besten. Nach anfänglicher Skepsis der anderen Fachabteilungen hat die INKA inzwischen deren volle Akzeptanz. Die INKA nimmt niemandem Patienten weg, sondern entlastet die Fachabteilungen und steigert die Gesamtfallzahl des Hauses. Das Konzept dient der besseren Patientenversorgung und ist wirtschaftlich, da die INKA keine Funktionsabteilung hat und mit niedrigem CMI kalkuliert. Unerwartet zeigte sich ein positiver Effekt in der Nachwuchsförderung: Der Leitende Arzt der INKA/ZNA ist Allgemeinmediziner und verfügt über eine Weiterbildungsermächtigung von 12 Monaten für den speziellen Teil der Weiterbildung. Die Präsens eines Allgemeinarztes in leitender Krankenhausfunktion führte dazu, dass zahlreiche Assistenzärzte aus verschiedenen Bereichen der Klinik erstmals eine Weiterbildung zum Allgemeinmediziner erwägen und tatsächlich auch einschlagen. Die ersten haben bereits die Facharztprüfung abgelegt. Es braucht in den Kliniken Allgemeinärzte als Vorbilder, um junge Kollegen zur Weiterbildung zum Allgemeinarzt zu ermutigen. Die INKA (und die ZNA) ermöglicht den Kollegen, als Allgemeinärzte in der Klinik tätig zu sein. Viele scheuen nach der Facharztprüfung die frühzeitige Niederlassung und entscheiden sich daher gegen den Allgemeinarzt. Schlussfolgerung/Implikation: Eine Allgemeinmedizinische stationäre Versorgungseinheit verbessert die Patientenversorgung, spart Resourcen, erhöht die Fallzahl der Kliniken und dient der allgemeinmedizinischen Nachwuchsförderung. Sie erfüllt damit mehrere erklärte Ziele der Gesundheitspolitik [4], [5]. 1. Schöpke T. DGINA Mitgliederbefragung 2010: Strukturparameter, Prozesse und Kennzahlen Zentraler Notaufnahmen an 43 Krankenhäusern Deutschlands im Jahr Deutsche Gesellschaft Interdisziplinäre Notfallaufnahme, Hrsg. Hamburg; Available from: 2. Siegmund-Schultze N. Interview mit Prof. Dr. med. Hendrik Lehnert, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Dtsch Arztebl. 2011;108(18):A-1004, B-828, C Korzilius H. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin: Hausarzt dringend gesucht. Dtsch Arztebl. 2010;107(40):A-1889, B-1661, C Stumpf S, Raspe H. Lübecker Bürgerkonferenz: Über Priorisierung sprechen insbesondere mit den Betroffenen. Dtsch Arztebl. 2011;108(7):A-316, B-260, C Hibbeler B. Ärztliche Versorgung alter Menschen: Reale Probleme und viel Polemik. Dtsch Arztebl. 2011;PP 10(Heft 2):68. Bitte zitieren als: Groening M. Wie eine allgemeinmedizinische Station im Albertinen-Krankenhaus in Hamburg die Patientenversorgung verbessert und der hausärztlichen Nachwuchsförderung dient. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom092. DOI: /11fom092, URN: urn:nbn:de: fom IVa Multimorbidität und Chronic Care 093 Selbstwirksamkeitserwartung, Schmerzintensität und schmerzbedingte Beeinträchtigung bei multimorbiden Patienten mit Arthrose in der Primärversorgung Sven Schulz, Michael Freitag, Anne Kratz, Katja Brenk-Franz, Jochen Gensichen Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland Für die MultiCare Study Group. Gefördert von BMBF, Förderkennzeichen: 01 ET

77 Hintergrund: Chronischer Schmerz führt bei älteren Menschen mit Arthrose zu schmerzbedingter Beeinträchtigung. Die Selbstwirksamkeitserwartung ist eine Persönlichkeitsdimension, die die subjektive Überzeugung zum Ausdruck bringt, schwierige Anforderungen bewältigen zu können. In dieser Untersuchung soll der Mediatoreffekt der Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) auf den Zusammenhang zwischen Schmerzintensität und schmerzbedingter Beeinträchtigung untersucht werden. Unsere Hypothese lautet, dass Patienten mit einer höheren SWE eine niedrigere schmerzbedingte Beeinträchtigung aufweisen als Patienten mit einer niedrigeren SWE. Material und Methoden: In der multizentrischen prospektiven Kohortenstudie MultiCare wurden von Juli 2008 bis Oktober 2009 insgesamt Patienten mit mindestens drei chronischen Erkrankungen rekrutiert. Diese werden in regelmäßigen Abständen mit standardisierten Fragebögen interviewt. Für unsere Analyse wurden alle Patienten der Baselinebefragung ausgewählt, die an einer symptomatischen also schmerzhaften Arthrose (ICD-10 M15-M19) litten. Als Erhebungsinstrumente wurden die Graded Chronic Pain Scale (Schmerzintensität und schmerzbedingte Beeinträchtigung) und die Skala zur Allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung eingesetzt. Es erfolgt eine deskriptive Analyse sowie die Bestimmung der Korrelationskoeffizienten nach Spearman für die Variablen SWE, Schmerzintensität und schmerzbedingte Beeinträchtigung und weitere mögliche Einflussfaktoren. Zur Prüfung der Hypothesen wird eine Mediatoranalyse mit Hilfe einer multiplen Regression durchgeführt. Alter, Geschlecht, Familienstand und höchster allgemeinbildender Bildungsabschluss werden als mögliche Störgrößen untersucht. Ergebnisse: Zum Kongress können die Auswertungen dieser Analyse präsentiert werden. Es ist zu erwarten, dass Patienten mit einer höheren SWE eine niedrigere schmerzbedingte Beeinträchtigung aufweisen als Patienten mit einer niedrigeren SWE. Des Weiteren könnte die SWE als Mediator zwischen der Schmerzintensität und der schmerzbedingten Beeinträchtigung imponieren. Patienten mit einer hohen Schmerzintensität könnten zudem eine niedrigere SWE und eine höhere schmerzbedingte Beeinträchtigung aufweisen. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse dieser Analyse werden zum Verständnis der Implikationen von chronischem Schmerz und der Bedeutung der Selbstwirksamkeitserwartung bei multimorbiden Patienten mit Arthrose beitragen. Bitte zitieren als: Schulz S, Freitag M, Kratz A, Brenk-Franz K, Gensichen J. Selbstwirksamkeitserwartung, Schmerzintensität und schmerzbedingte Beeinträchtigung bei multimorbiden Patienten mit Arthrose in der Primärversorgung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom093. DOI: /11fom093, URN: urn:nbn:de: fom Hausarztpraxis-basiertes Case Management für chronisch kranke Patienten (PraCMan) Entwicklung, Prätest und Design einer clusterrandomisierten kontrollierten Studie Tobias Freund 1, Frank Peters-Klimm 1, Justine Rochon 2, Cornelia Mahler 1, Jochen Gensichen 3, Antje Erler 4, Martin Beyer 5, Annika Baldauf 1, Ferdinand Gerlach 4, Joachim Szecsenyi 1 1 Universitätsklinikum Heidelberg Abt. Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland 2 Universität Heidelberg Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Heidelberg, Deutschland 3 Friedrich Schiller Universität Jena Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland 4 Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt a.m., Deutschland 5 Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M., Deutschland Hintergrund: Angesichts der demografischen Entwicklung stehen wir vor der Herausforderung der Versorgung einer zunehmenden Zahl chronisch kranker Patienten. Insbesondere mehrfach chronisch erkrankte Patienten weisen eine erhöhte Zahl potentiell vermeidbarer Krankenhausaufenthalte auf. Diese werden von Patienten oft als belastend erlebt. Zudem haben vermeidbare Krankenhausaufenthalte eine erhebliche gesundheitsökonomische Relevanz. Case Management verstanden als intensivierte Einzelfallbetreuung unter Einbeziehung nicht-ärztlicher Mitarbeiter hat das Potential, vermeidbare Krankenhausaufenthalte bei chronisch kranken Patienten zu reduzieren. Basierend auf Erfahrungen aus Vorgängerstudien wurde daher durch die beteiligten allgemeinmedizinischen Abteilungen ein indikationsübergreifendes Hausarztpraxisbasiertes Case Management entwickelt, welches nun im Rahmen einer groß angelegten klinischen Studie evaluiert wird. Material und Methoden: Im Rahmen einer Pilotstudie wurde gemeinsam mit hausärztlichen Praxisteams aus 10 Praxen in der Region Nordbaden ein komplexes medizinisches Case Management für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2, chronisch obstruktiver Bronchitis oder Herzinsuffizienz und hohem Risiko für eine zukünftige Krankenhauseinweisung entwickelt. Anschließend wurden die entwickelten Case Management-Instrumente (Assessmentbogen, Telefonmonitoringlisten) in einem Prätest in 2 Praxen auf ihre Anwendbarkeit im Praxisalltag hin überprüft. In 115 Hausarztpraxen in Baden-Württemberg wurden insgesamt mehr als Patienten für die Teilnahme an einer cluster-randomisierten Evaluationsstudie gewonnen. Das primäre Studienziel ist eine Reduktion der Rate an Krankenhauseinweisungen in 12 Monaten. Verglichen werden Hausarztpraxis-basiertes Case Management und Regelversorgung im Rahmen der Hausarztzentrierten Versorgung der AOK Baden-Württemberg. Ergebnisse: Insgesamt bewiesen die geplanten Dokumentations- und Interventionselemente im Rahmen des Prätests ihre technische Umsetzbarkeit. Als kritisch erwiesen sich einzelne Fragebögen der Studiendokumentation (z.b. Fragebogen zur Selbstwirksamkeit) sowie der zu erwartende Zeitaufwand für die Intervention (Assessment ca min, Telefonmonitoring ca. 15min). Intervention und Studiendokumentation wurden daraufhin angepasst. Die Studiendokumentation zum Start der Evaluationsstudie ist 76

78 abgeschlossen. Bis zum Kongress werden erste Auswertungen zu Morbidität und Versorgungssituation vor Beginn der Intervention vorliegen. Schlussfolgerung/Implikation: Hausarztpraxis-basiertes Case Management bietet das Potential, im Rahmen von alternativen Versorgungs- und Vergütungskonzepten eine intensivierte und individualisierte Betreuung chronisch kranker Patienten anzubieten. Für den Fall, dass sich die entwickelte Intervention im Rahmen der umfangreichen, kontrollierten Evaluationsstudie als effektiv und machbar erweist, könnte sie künftig eine wichtige Ergänzung bestehender Chronikerprogramme darstellen. Bitte zitieren als: Freund T, Peters-Klimm F, Rochon J, Mahler C, Gensichen J, Erler A, Beyer M, Baldauf A, Gerlach F, Szecsenyi J. Hausarztpraxis-basiertes Case Management für chronisch kranke Patienten (PraCMan) Entwicklung, Prätest und Design einer cluster-randomisierten kontrollierten Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom094. DOI: /11fom094, URN: urn:nbn:de: fom Diagnosenselektion für einen neuen medikationsbasierten Chronic Disease Score (BMBF-FZ: 01ET1004B) Michael Freitag 1, Renate Quinzler 2, Martin Beyer 3, Anne Dahlhaus 3, Angela Döring 4, Tobias Freund 5, Margit Heier 6, Stefanie Holt 7, Hildtraud Knopf 8, Melanie Luppa 9, Jana Prokrein 10, Steffi Riedel-Heller 9, Ingmar Schäfer 11, Christa Scheidt-Nave 8, Joachim Szecsenyi 5, Petra Thürmann 7, Hendrik van den Bussche 11, Birgitt Wiese 10, Jochen Gensichen 1, Walter Haefeli 2 1 Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland 2 Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Heidelberg, Deutschland 3 Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt, Deutschland 4 Institute of Epidemiology I, Helmholtz Zentrum München, Neuherberg, Deutschland 5 Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin u. Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland 6 Institute of Epidemiology II, Helmholtz Zentrum München, Neuherberg, Deutschland 7 Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Department für Humanmedizin, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten/Herdecke, Deutschland 8 Robert Koch-Institut, Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung, Berlin, Deutschland 9 Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health der Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland 10 Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Biometrie, Hannover, Deutschland 11 Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Die existierenden Scores zur Erfassung von Multimorbidität weisen eine erhebliche Heterogenität und Intransparenz bezüglich der Einbindung und Gewichtung von Diagnosen auf [1]. Bislang gibt es keine etablierten Kriterien für die Auswahl von chronischen Krankheiten für Multimorbiditätsscores. Mit dem medikationsbasierten Chronic Disease Score (med-cds) soll ein Instrument zur Erfassung der Multimorbidität von älteren Patienten erstellt werden, um Patientengruppen vergleichen und anhand von Medikationen gesundheitsrelevante Endpunkte (Mortalität, Hospitalisationsrate) vorhersagen zu können. Im Rahmen der Entwicklung des med-cds soll eine rationale und transparente Auswahl von Diagnosen erfolgen, denen dann in einem zweiten Schritt entsprechende Medikationen zugeordnet werden können. Material und Methoden: In dem verbundübergreifenden Projekt des BMBF-Forschungsverbundes Gesundheit im Alter werden für die Entwicklung des med-cds zunächst in einem Konsensusverfahren Kriterien für die Auswahl von Diagnosen und Diagnosegruppen erarbeitet und deren Umsetzbarkeit in den zur Verfügung stehenden Kohorten und Sekundärdaten geprüft. Die Diagnosen werden daraufhin mit krankheitsspezifischer Medikation in Beziehung gesetzt (Leitlinien, Arzneimittelinformation). Anhand dieser Zusammenhänge sollen die eingebundenen Kohorten bzgl. der vorliegenden Multimorbidität miteinander verglichen werden. Diese Zusammenhänge bilden die Grundlage für die Entwicklung des med-cds, der hinsichtlich seiner Prädiktivität für relevante Endpunkte validiert wird. Im Gegensatz zu den bislang vorliegenden Scores wird der med-cds in mehreren Patientenpopulationen getestet und validiert. Ergebnisse: Es wird die Vorgehensweise zur Zusammenstellung der Diagnosen vorgestellt. Zentrale Einschlusskriterien für die Auswahl der Diagnosen sind die Chronizität der Erkrankungen, die Prävalenz von >1% im Sekundärdatensatz der Gmünder Ersatzkasse sowie in einer bevölkerungsrepräsentativen Querschnittsuntersuchung des RKI (Bundesgesundheitssurvey 1998) und eine Medikation, die der Erkrankung zugeordnet werden kann. Die Liste der Diagnosen sowie Diagnosegruppen werden präsentiert und Unterschiede zu den existierenden Scores aufgezeigt. Insbesondere die Heterogenität der zugrunde liegenden Populationen sowie die Erfassung der Daten stellen dabei eine Herausforderung für die Validierung dar. Schlussfolgerung/Implikation: Die Verwendung von prospektiv definierten Kriterien für die Diagnosenselektion, die interdisziplinäre Zusammensetzung der Arbeitsgruppe und die unterschiedlichen herangezogenen Kohorten lassen erwarten, dass eine höhere Validität des entstehenden Multimorbidätsscores erreicht werden kann. Dies ermöglicht seine Anwendung für die Risikoprädiktion und den Vergleich von Patientenpopulationen. 1. Diederichs C, Berger K, Bartels DB. The Measurement of Multiple Chronic Diseases A Systematic Review on Existing Multimorbidity Indices. Journal of Gerontology. 2011;66A: Bitte zitieren als: Freitag M, Quinzler R, Beyer M, Dahlhaus A, Döring A, Freund T, Heier M, Holt S, Knopf H, Luppa M, Prokrein J, Riedel-Heller S, Schäfer I, Scheidt-Nave C, Szecsenyi J, Thürmann P, van den Bussche H, Wiese B, Gensichen J, Haefeli W. Diagnosenselektion für einen neuen medikationsbasierten Chronic Disease Score (BMBF-FZ: 01ET1004B). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom095. DOI: /11fom095, URN: urn:nbn:de: fom

79 096 Kosten-Nutzenbewertung der ACE-Hemmer- Therapie bei neu diagnostizierten Typ-2- Diabetikern in Deutschland ein Markov- Modell Charles Christian Adarkwah 1, Afschin Gandjour 2 1 Department of Health Organisation, Policy and Economics, Maastricht University, Maastricht, Niederlande 2 Pennington Biomedical Research Center, Louisiana State University, Baton Rouge, Vereinigte Staaten Hintergrund: Der Typ-2-Diabetes mellitus ist eine Volkskrankheit, deren Prävalenz seit Jahren kontinuierlich ansteigt [1]. Daher stellt diese Erkrankung eine große Belastung und Herausforderung für das deutsche Gesundheitssystem dar. Die diabetische Nephropathie als Folgeerkrankung ist ebenfalls von großer Relevanz, da es sich hierbei um die Hauptursache für das Auftreten einer terminalen Niereninsuffizienz in Europa und den USA handelt [2], [3]. Die Inzidenz der Niereninsuffizienz bei Typ 2 Diabetikern ist in den letzten Jahren ebenfalls kontinuierlich angestiegen [2], [4]. ACE-Hemmer wirken nephroprotektiv, da sie die Progression der Nephropathie unabhängig von ihrer blutdrucksenkenden Wirkung verlangsamen. Vor dem Hintergrund, dass die Behandlung eines nierenersatztherapiepflichtigen Patienten in Deutschland jährlich circa [2], [5] kostet, kommt der Prävention auch aus ökonomischer Sicht eine enorme Bedeutung zu. Unser Ziel war es ein Kosten-Nutzen-Modell zu erstellen, welches den besten Zeitpunkt für die Einleitung einer ACE- Hemmer-Therapie bei neu diagnostizierten Typ-2- Diabetikern in Deutschland zeigt. Material und Methoden: Es wurden drei Strategien miteinander verglichen: 1. Behandlung aller Patienten ab dem Zeitpunkt der Erstdiagnose eines Typ-2-Diabetes 2. Behandlung erst nach positivem Mikroalbuminurie- Nachweis 3. Behandlung erst nach positivem Makroalbuminurie- Nachweis Ein Markov-Modell über die Lebenszeit wurde erstellt, in das eine Kohorte 50-jähriger, erstdiagnostizierter Typ-2- Diabetiker eingegangen ist (Abbildung 1). Unter der Zuhilfenahme verfügbarer Daten zu Kosten und Nutzen (Health Outcomes) wurde die Progression durch die verschiedenen Stadien der Niereninsuffizienz simuliert. Hierbei wurde die Perspektive der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eingenommen, die annähernd 90% der deutschen Bevölkerung erfasst Ergebnisse: In der Base-Case-Analyse ist die Strategie alle Patienten direkt zu behandeln mit den niedrigsten Kosten und dem größten Nutzen verbunden und dominiert daher die beiden Alternativen. Die multivariate Sensitivitätsanalyse zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit der Einsparungen bei ca. 89% liegt. Schlussfolgerung/Implikation: Bei Patienten mit einem neu diagnostizierten Typ-2-Diabetes mellitus sollte daher unmittelbar nach Diagnosestellung eine ACE-Hemmer- Therapie eingeleitet werden, wenn sie keine Kontraindikationen aufweisen. Patienten, die darunter einen trockenen Husten entwickeln, sollten einen Angiotensin-Rezeptor- Antagonisten erhalten. Das Potential für Einsparungen wäre sogar noch größer, wenn die durch die Medikation bedingte Verhinderung kardiovaskulärer Ereignisse Berücksichtigung finden würde. 1. Mokdad AH, Ford ES, Bowman BA, Dietz WH, Vinicor F, Bales VS, Marks JS. Prevalence of obesity, diabetes, and obesityrelated health risk factors, JAMA. 2003;289: Frei U, Schober-Halstenberg HJ. Nierenersatztherapie in Deutschland. Bericht über Dialysebehandlung und Nierentransplantation in Deutschland 2005/2006. Berlin: Quasi-Niere; U.S. Rena Data System. USRDS 2001 annual data report: atlas of ESRD in the United States. Bethesda, MD: National Institutes of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases; Ritz E, Rychlik I, Locatelli F, Halimi S. End-stage renal failure in type 2 diabetes: A medical catastrophe of worldwide dimensions. 5. Nebel M. Costs of renal replacement therapies in Germany in Nieren- und Hochdruckkrankheiten. 2002;3:

80 Bitte zitieren als: Adarkwah CC, Gandjour A. Kosten-Nutzenbewertung der ACE-Hemmer-Therapie bei neu diagnostizierten Typ-2-Diabetikern in Deutschland ein Markov-Modell. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom096. DOI: /11fom096, URN: urn:nbn:de: fom Validierung des deutschen Patient Assessment of Chronic Illness Care Kurzform Katja Götz 1, Tobias Freund 1, Joachim Szecsenyi 1, Jochen Gensichen 2, Jost Steinhäuser 1 1 Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 2 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland Hintergrund: Das 20 Items umfassende Patient Assessment of Chronic Illness Care (PACIC) Instrument wird weltweit in Studien eingesetzt, um die Zufriedenheit von chronisch kranken Patienten mit ihrer Versorgung zu erheben [1]. Eine validierte, deutschsprachige Version des PACIC liegt seit 2007 vor [2] wurde eine Kurzform mit sehr guten psychometrischen Eigenschaften, die aus 11 Items besteht, für den englischsprachigen Raum entwickelt [3]. Ziel der hier vorliegenden Studie war die Übersetzung, kulturelle Adaptation und externe Validierung der PACIC Kurzform für den deutschsprachigen Raum. Material und Methoden: Die englischsprachige PACIC Kurzform wurde von zwei unabhängigen Übersetzern auf Deutsch übersetzt. In einem Konsensusmeeting wurde aus diesen beiden Versionen eine, für den deutschsprachigen Raum kulturell adaptierte Version erstellt. Das Instrument besteht aus 11 Items. Die Einstufung der Antworten reicht von 0=0% bis 10=100%. Es wurden insgesamt 11 Praxen aus dem Raum Heidelberg und Jena rekrutiert. Pro Praxis wurden 50 Patientenfragebögen mit der Langversion sowie der zu validierenden Kurzversion an chronisch kranke Patienten konsekutiv innerhalb von vier Wochen ausgegeben. Neben der internen Konsistenz, gemessen mit Cronbachs alpha, wurde mittels der Berechnung der Pearsonschen Korrelation der beiden Summenscores evaluiert, inwiefern sich die Ergebnisse der Langform in der Kurzform abbilden. Ergebnisse: Bisher sind 171 Fragebögen eingetroffen. Das mittlere Alter der 78 (45,6%) weiblichen und 89 (52%) männlichen Teilnehmer liegt bei 67 Jahren. Die interne Konsistenz der PACIC Kurzform beträgt 0,873. Der Korrelationskoeffizient nach Pearsons liegt für die Summenscores bei 0,784 (p<0,001). Die endgültigen Ergebnisse werden auf dem Kongress präsentiert. Schlussfolgerung/Implikation: Die deutsche Version der PACIC Kurzform kann als reliables Instrument für die Bewertung von chronisch kranken Patienten mit ihrer Behandlung empfohlen werden. Des Weiteren spiegelt die Korrelation der beiden Summenscores, der PACIC Langform und Kurzform, die gute Abbildung der durch die Langform erfassten Aspekte in der Kurzform wider. 1. Glasgow RE, Wagner EH, Schaefer J, Mahoney LD, Reid RJ, Greene SM. Development and validation of the Patient Assessment of Chronic Illness Care (PACIC). Med Care. 2005;43: Rosemann T, Laux G, Droesemeyer S, Gensichen J, Szecsenyi J. Evaluation of a culturally adapted German version of the Patient Assessment of Chronic Illness Care (PACIC 5A) questionnaire in a sample of osteoarthritis patients. J Eva Clin Pract. 2007;13: Gugiu PC, Coryn C, Clark R, Kuehn A. Development and evaluation of the short version of the Patient Assessment of Chronic Illness Care instrument. Chronic Illn. 2009;5: Bitte zitieren als: Götz K, Freund T, Szecsenyi J, Gensichen J, Steinhäuser J. Validierung des deutschen Patient Assessment of Chronic Illness Care Kurzform. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom097. DOI: /11fom097, URN: urn:nbn:de: fom Smooth Strukturierte Langzeitnachsorge für Patienten nach Sepsis Konrad Schmidt 1, Friederike Müller 1, Paul Thiel 1, Frank Brunkhorst 2, Dimitry S. Davydow 3, Christoph Engel 4, Christoph Heintze 5, Jochen Gensichen 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland 2 Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland 3 Department of Psychiatry and Behavioral Sciences University of Washington at Harborview Medical Center, Seattle, Vereinigte Staaten 4 Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland 5 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland Hintergrund: Durch älter werdende Bevölkerung und steigende Invasivität der modernen Hochleistungsmedizin nimmt die Anzahl überlebender Sepsispatienten in Deutschland kontinuierlich zu. Etwa Menschen überstehen hierzulande jährlich die schwere Infektion [1] und leiden über Jahre unter Komplikationen wie Neuropathien, posttraumatischer Belastungsstörung, Depressionen oder chronischem Schmerz. Diese Langzeitverläufe sind bislang wenig erforscht, dazu existieren kaum Einrichtungen, Programme oder Leitlinien für eine effektive Nachbetreuung. Der Großteil dieser oft multimorbiden Patienten wird in Hausarztpraxen versorgt. Ziel der Smooth-Studie ist es, die Effekte eines poststationären Nachsorgeprogramms für Sepsispatienten mit dem Schwerpunkt im hausärztlichen Bereich zu untersuchen. Material und Methoden: Nach einer überlebten Sepsis sollen die Patienten in Zusammenarbeit mit den behandelnden Hausärzten aktiv und strukturiert über insgesamt ein Jahr begleitet werden. Der Struktur eines Disease Management Programms (DMP) entsprechend gliedert sich die Intervention in drei Bereiche (Abbildung1): Entlassungsmanagement mit strukturiertem Informationsfluß angelehnt an das transitional-care-konzept nach Coleman [2] 79

81 Schulung von Hausärzten und Patienten zu sepsisbezogenen Krankheitsbildern mit leitliniengerechten Therapieoptionen und regelmäßiges Monitoring der Patienten durch speziell entwickelte Telefoninterviews zu den Hauptkomplikationen der Sepsis. Studiendesign: zwei-armige Interventionsstudie, prospektiv, offen, multizentrisch, randomisiert. Studienbeginn: Februar 2011 Projektlaufzeit: bis Juli 2015 Die SMOOTH Studie ist Teil des integrierten Forschungsund Behandlungszentrums für Sepsis und Sepsisfolgen (IFB/CSCC: Center for Sepsis Control and Care) am Universitätsklinikum Jena und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (Förderkennzeichen 01 E0 1002). Die Ergebnisse einer ersten Zwischenauswertung können auf dem Kongress im September 2011 in die Präsentation einfließen. 1. Engel C, Brunkhorst FM, Bone HG, Brunkhorst R, Gerlach H, Grond S, et al. Epidemiology of sepsis in Germany: results from a national prospective multicenter study. Intensive Care Med. 2007;33(4): Coleman EA, Berenson RA. Lost in transition: challenges and opportunities for improving the quality of transitional care. Ann Intern Med. 2004;141(7): Bitte zitieren als: Schmidt K, Müller F, Thiel P, Brunkhorst F, Davydow DS, Engel C, Heintze C, Gensichen J. Smooth Strukturierte Langzeitnachsorge für Patienten nach Sepsis. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom098. DOI: /11fom098, URN: urn:nbn:de: fom Abbildung 1: Ablaufplan SMOOTH Zentraler Akteur der Intervention ist als Patientenbegleiter der so genannte Case Manager. Als Ansprechpartner für den Hausarzt steht darüber hinaus als innovatives Element eines Versorgungssystems ein Liaisonarzt zur Verfügung. Dieser führt die Arztschulungen durch und bewertet die Ergebnisse des Monitorings (Abbildung 2). Abbildung 2: Akteure/Intervention Ergebnisse: Zielgrößen: Als primäre Zielvariable wird nach 6 Monaten die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten mit dem Fragenbogen SF 36 erhoben. Sekundäre Zielvariablen sind unter anderem die Erfassung von physischer Aktivität, Schmerzniveau, Depressionssymptomen, kognitiven Defiziten, neuropathischen Symptomen, Ernährungszustand, Zeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung und stationären Aufenthalten. Die Erhebung erfolgt mit etablierten Messinstrumenten jeweils 6, 12 und 24 Monate nach Entlassung von der Intensivstation. Studienpopulation: Überlebende Patienten nach einer schweren Sepsis oder einem septischen Schock (ICD-10: A41) IVb Systematische Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien 099 Methodik systematischer Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien in der Primärversorgung Jörg Haasenritter, Norbert Donner-Banzhoff, Katharina Dornieden, Rebekka Stadje, Tobias Biroga, Christian Keunecke, Stefan Bösner, Annette Becker, Annika Viniol Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Hintergrund: Symptomevaluierende Studien beantworten folgende Fragestellungen: Wie häufig tritt ein Symptom als Beratungsanlass auf? Wie ist die Prognose der betroffenen Patienten? Was sind die relevanten Differentialdiagnosen? Diese Kenngrößen sind unter anderem für die diagnostische Entscheidungsfindung von großer Bedeutung. Zudem spiegelt diese symptomorientierte Sichtweise die hausärztliche Denkweise wider. Wie auch bei anderen Studientypen und Forschungsfragen haben systematische Übersichtsarbeiten den höchsten Evidenzgrad. Während sich die grundlegende methodische Vorgehensweise systematischer übersichten symptomevaluierender Studien nicht von der zu anderen Studientypen unterscheidet, gibt es Besonderheiten im Detail. Material und Methoden: Am Beispiel von systematischen Übersichtsarbeiten zu vier Symptomen (Brustschmerz, 80

82 Bauchschmerz, Kopfschmerz und Müdigkeit) wurden methodische Besonderheiten herausgearbeitet und dargestellt. Ergebnisse: Besonderheiten ergaben sich vor allem bei der Wahl einer geeigneten Suchstrategie (Syntax in Embase und Medline) und hinsichtlich der Kriterien zur Beurteilung der methodischen Qualität der Primärstudien. Diese werden im Detail vorgestellt. Schlussfolgerung/Implikation: Die Erfahrungen aus diesem Projekt können genutzt werden um einen Publikationsstandard für symptomevaluierende Studien und eine Leitlinie zur methodischen Vorgehensweise von systematischen Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien zu erarbeiten. Bitte zitieren als: Haasenritter J, Donner-Banzhoff N, Dornieden K, Stadje R, Biroga T, Keunecke C, Bösner S, Becker A, Viniol A. Methodik systematischer Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien in der Primärversorgung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom099. DOI: /11fom099, URN: urn:nbn:de: fom Prävalenz und Ätiologie des Symptoms Thoraxschmerz in der hausärztlichen Praxis eine systematische übersicht symptomevaluierender Studien Tobias Biroga, Christian Keunecke, Katharina Dornieden, Rebekka Stadje, Norbert Donner-Banzhoff, Annette Becker, Annika Viniol, Jörg Haasenritter, Stefan Bösner Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Hintergrund: In der Allgemeinmedizin steht die symptomorientierte Arbeitsweise im Vordergrund. Hierzu ist es wichtig, Prävalenz und Ätiologien einzelner Symptome zu kennen. Wir präsentieren eine systematische Übersicht zu Häufigkeit und Ätiologie des Symptoms Brustschmerz als Beratungsanlass in der Hausarztpraxis. Material und Methoden: Systematische übersicht. Suchstrategie: Suche in zwei elektronische Datenbanken (Pubmed, Embase), Handsuche in den Kongressregistern des European General Practice Research Network und der North American Primary Care Research Group und im verzeichnis. Berücksichtigt werden Studien, die Angaben zur Häufigkeit des Thoraxschmerzes als Beratungsanlass und zu den zugrundeliegenden Ursachen bei nicht-selektierten Patienten in der Primärversorgung machen. Zwei Beurteiler bewerten unabhängig voneinander Einschlägigkeit unnd Studienqualität. Extrahiert werden Daten zu Merkmalen der Studienpopulation, zur Studienqualität, Studienmethodik und zur Prävalenz und Ätiologie des Bauchschmerzes. Ergebnisse: Die Suche in Pubmed erbrachte einschlägige 26 Publikationen, die die Ergebnisse von 11 Studien berichten. Die Häufigkeit des Symptoms Thoraxschmerz lag zwischen 0,7 und 2,7%. Als Ursache dominieren prognostisch günstige Erkrankungen wie das Brustwandsyndrom. Der Anteil des kardial bedingten Brustschmerzes lag je nach Studie zwischen 8,5% und 16. Schlussfolgerung/Implikation: Die vorläufigen Ergebnisse zeigen bereits eine hohe Heterogenität zwischen den einzelnen Studien, die eine quantitative Zusammenfassung erschweren. Weitere Ergebnisse werden auf dem Kongress berichtet. Anmerkung: Dieser Beitrag steht in Zusammenhang mit den Beiträgen zu Kopfschmerz, Bauchschmerz, Brustschmerz, Müdigkeit und Methodik. Er ist geeignet für eine Session zum Thema Methodik und Beispiele symptomevaluierende Übersichtsarbeiten für die Allgemeinmedizin. Bitte zitieren als: Biroga T, Keunecke C, Dornieden K, Stadje R, Donner- Banzhoff N, Becker A, Viniol A, Haasenritter J, Bösner S. Prävalenz und Ätiologie des Symptoms Thoraxschmerz in der hausärztlichen Praxis eine systematische übersicht symptomevaluierender Studien. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom100. DOI: /11fom100, URN: urn:nbn:de: fom Bauchschmerz als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit Christian Keunecke, Tobias Biroga, Rebekka Stadje, Katharina Dornieden, Annette Becker, Norbert Donner-Banzhoff, Stefan Bösner, Jörg Haasenritter, Annika Viniol Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Hintergrund: Symptomevaluierende Studien untersuchen die Prävalenz, Ätiologien und die Prognose von Symptomen in definierten Versorgungs-Settings. Wir präsentieren eine systematische Übersicht solcher Studien zum Beratungsanlass Bauchschmerz in der Primärversorgung. Material und Methoden: Systematische übersicht. Nach Entwicklung einer speziellen Suchsyntax wurden die elektronischen Datenbanken PubMed und Embase systematisch nach geeigneter durchsucht. Weiterhin erfolgte eine Handsuche in Kongressbänden (European General Practice Research Network, North American Primary Care Research Group) sowie eine Suche in den verzeichnissen einschlägiger Studien. Ziel war die Identifizierung von Studien bei denen konsekutiv alle Patienten mit Bauchschmerzen als Beratungsanlass in Hausarztpraxen unselektiert eingeschlossen wurden. Die Auswahl der Artikel erfolgte anhand definierter Filterkriterien durch zwei unabhängige Beurteiler. Extrahiert werden Daten zu Merkmalen der Studienpopulation, zur Studienmethodik, zur Prävalenz und Ätiologie des Bauchschmerzes. Ergebnisse: Die PubMed-Suche ergab 716 Publikationen. Davon wurden 57 Abstracts als potentiell relevant eingestuft. Nach Beurteilung dieser 57 Studien im Volltext wurden 17 Publikationen als einschlägig relevant bewertet. Die Embase-Suche ergab 1815 Publikationen. Die endgültigen Ergebnis-Kenngrößen werden noch ausgewertet. Schlussfolgerung/Implikation: Symptomevaluierende Studien stellen einen Kernbereich allgemeinärztlichen Handelns dar; systematische Übersichten dazu sind bisher 81

83 nicht publiziert worden. Die Ergebnisse der Arbeit werden auf dem Kongress präsentiert werden. Bitte zitieren als: Keunecke C, Biroga T, Stadje R, Dornieden K, Becker A, Donner-Banzhoff N, Bösner S, Haasenritter J, Viniol A. Bauchschmerz als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom101. DOI: /11fom101, URN: urn:nbn:de: fom Müdigkeit als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit Rebekka Stadje, Katharina Dornieden, Tobias Biroga, Christian Keunecke, Annika Viniol, Stefan Bösner, Jörg Haasenritter, Annette Becker, Norbert Donner-Banzhoff Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Hintergrund: Symptomevaluierende Studien untersuchen die Prävalenz, Ätiologien und die Prognose von Symptomen in definierten Versorgungs-Settings. Wir präsentieren eine systematische Übersicht solcher Studien zum Beratungsanlass Müdigkeit in der Primärversorgung. Material und Methoden: Nach Festlegung einer detaillierten Suchsyntax werden in den Datenbanken Medline und Embase die einschlägigen Publikationen anhand von präzisen Einschlusskriterien herausgefiltert. Zwei unabhängige Beurteiler prüfen die Arbeiten auf Einschlägigkeit, extrahieren methodische und Ergebnisdaten und stellen diese in einer Datenbank zusammen. Ergebnisse: Aus der Medline-Recherche werden ca. 100 Studien in die Übersicht aufgenommen. Aus ihnen ergibt sich, dass Müdigkeit eine weit verbreitete Gesundheitsbeschwerde darstellt. Besonders hohe Prävalenzen zeigen sich bei systematischer Befragung und bei Mitberücksichtigung des Symptoms als sekundärem Beratungsanlass. Studien, die nur Patienten mit Müdigkeit als Hauptkonsultationsgrund berücksichtigen, gelangen zu niedrigeren Häufigkeitsangaben. Müdigkeit ist oft mit psychischen Erkrankungen, besonders Depression und Angststörungen, assoziiert; gravierende somatische Ursachen treten selten auf. Der methodische Standard der eingeschlossenen Studien ist niedrig. Zu allen genannten Ergebnissen werden genaue quantitative Angaben im Vortrag vorgestellt. Schlussfolgerung/Implikation: Diese Übersichtsarbeit steht im Zusammenhang mit der Überarbeitung der DEGAM- Leitlinie Müdigkeit ; die Arbeit unterstützt die Empfehlungen der Leitlinie in wesentlichen Punkten. Symptomevaluierende Studien stellen einen Kernbereich allgemeinärztlichen Handelns dar; systematische Übersichten dazu sind bisher nicht publiziert worden. Bitte zitieren als: Stadje R, Dornieden K, Biroga T, Keunecke C, Viniol A, Bösner S, Haasenritter J, Becker A, Donner-Banzhoff N. Müdigkeit als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom102. DOI: /11fom102, URN: urn:nbn:de: fom Kopfschmerzen in der Primärversorgung häufig harmlos, aber wann gefährlich? Eine systematische Übersichtsarbeit Katharina Dornieden, Rebekka Stadje, Christian Keunecke, Tobias Biroga, Stefan Bösner, Jörg Haasenritter, Annika Viniol, Norbert Donner-Banzhoff, Annette Becker Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Hintergrund: Patienten mit Kopfschmerzen gehören zum täglich Brot der hausärztlichen Versorgung. Trotzdem gibt es bislang keine Zusammenfassung zur Prävalenz, Ätiologie und der Prognose von Patienten im hausärztlichen Setting. Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine systematische Übersicht symptomevaluierender Studien zum Thema Kopfschmerz als Beratungsanlass in der Hausarztpraxis. Material und Methoden: Nach festgelegter Suchsyntax werden in den Datenbanken Medline und Embase alle relevanten Publikationen anhand von vorher definierten Ein- und Ausschlusskriterien herausgefiltert. Zwei unabhängige Beurteiler prüfen die Arbeiten auf Einschlägigkeit, führen eine qualitative Bewertung der Studien durch und sichten die Ergebnisse hinsichtlich der oben genannten Fragestellungen. Ergebnisse: Es konnten Abstracts in Medline und Abstracts in Embase zum Thema identifiziert werden.67 Studien der Medlinesuche wurden bislang als einschlägig beurteilt, da sie Kopfschmerzen als Hauptoder Nebenberatungsanlass zum Thema hatten, die Daten in der Primärversorgung erhoben wurden und keine offenkundige Vorab-Selektion der Patienten stattfand. Mit Ausnahme von qualitativen Arbeiten wurden alle Studientypen einbezogen und hinsichtlich der Prävalenzdaten, der Ätiologie des Kopfschmerzes und der Prognose bezgoen auf patientenrelevante Zielkriterien untersucht. Schlussfolgerung/Implikation: Symptomevaluierende Studien stellen einen Kernbereich allgemeinärztlichen Handelns dar; systematische Übersichten dazu sind bisher nicht publiziert worden. Die Ergebnisse der Arbeit werden auf dem Kongress präsentiert werden. Bitte zitieren als: Dornieden K, Stadje R, Keunecke C, Biroga T, Bösner S, Haasenritter J, Viniol A, Donner-Banzhoff N, Becker A. Kopfschmerzen in der Primärversorgung häufig harmlos, aber wann gefährlich? Eine systematische Übersichtsarbeit. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom103. DOI: /11fom103, URN: urn:nbn:de: fom

84 IVc Geriatrie und Versorgung Pflegebedürftiger 104 Möglichkeiten körperlicher Aktivität von Pflegeheimbewohnern aus der Bewohnerperspektive Wolfram J Herrmann 1,2, Sonja Kalinowski 1, Dagmar Dräger 1, Uwe Flick 3 1 Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland 2 Friedrich-Schiller-Universität Jena, Jena, Deutschland 3 Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Deutschland Hintergrund: Körperliche Aktivität nimmt eine Schlüsselstellung in der Gesundheitsförderung und Prävention älterer Menschen ein. Bei Pflegeheimbewohnern ist die körperliche Aktivität aufgrund von Multimorbidität und funktionellen Beeinträchtigungen besonders eingeschränkt. Daher sollten Hausärzte Pflegeheimbewohner zu körperlicher Aktivität motivieren. Für eine erfolgreiche Motivation zu körperlicher Aktivität ist jedoch die Sichtweise der Betroffenen entscheidend. Ziel dieser Studie ist es daher die Möglichkeiten körperlicher Aktivität aus Sicht der Pflegeheimbewohner zu erforschen. Material und Methoden: Wir führten eine Sekundäranalyse einer qualitativen und einer quantitativen Studie mit Pflegeheimbewohnern durch und triangulierten die Ergebnisse. In der qualitativen Studie wurden 30 Pflegeheimbewohner mit episodischen Interviews zu Schlaf und Schlafstörungen befragt. Ein wichtiges Thema in den Interviews war körperliche Aktivität. Alle Aussagen zur körperlichen Aktivität haben wir sekundäranalytisch ausgewertet. In der quantitativen Studie wurden 217 Pflegeheimbewohner zur körperlichern Aktivität befragt und ihre körperliche Funktionalität u.a. anhand des Timed Up & Go -Testes erfasst. Die Selbstwirksamkeitserwartung wurde anhand einer Kurzform der Self-Efficacy Scale von Schwarzer gemessen. Für die Auswertung wurden die Ergebnisse der beiden Studien einander gegenübergestellt und Schritt für Schritt aufeinander bezogen analysiert. Ergebnisse: Von den 217 in der quantitativen Studie befragten Pflegeheimbewohnern waren 135 gehfähig und 75 sitzfähig. Die Pflegeheimbewohner zeigten ein großes Interesse daran körperlich aktiv zu sein. Signifikant mehr gehfähige als sitzfähige Bewohner taten selbständig etwas zum Erhalt ihrer Bewegungsfähigkeit (p=0,027) und äußerten auch mehr Wünsche im Hinblick auf ihre persönliche Bewegungsförderung (p=0,014) als die sitzfähigen Bewohner. In der qualitativen Studie zeigte sich, dass Pflegeheimbewohner meist über keine Strategien verfügen wie sie selbst körperlich aktiv sein können. Insbesondere in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkte Bewohner sahen für sich selbst kaum andere Möglichkeiten körperlich aktiv zu sein. Dies führte zu der Frage, ob Pflegeheimbewohner insgesamt eine eingeschränkte Selbstwirksamkeit haben. Im Vergleich der Selbstwirksamkeitserwartung mit einer Normpopulation zeigten die Pflegeheimbewohner jedoch keine verringerte Selbstwirksamkeit (3,03 vs. 2,96). Schlussfolgerung/Implikation: Der Mangel an Strategien der Pflegeheimbewohner bei gleichzeitig normaler Selbstwirksamkeitserwartung weist auf einen Mangel an Wissen über Möglichkeiten körperlicher Aktivität von Pflegeheimbewohnern hin, insbesondere bei Bewohnern, die nicht mehr laufen können. Daher sollten Hausärzte die von ihnen betreuten Pflegeheimbewohner motivieren körperlich aktiv zu sein und ihnen dazu konkrete Möglichkeiten körperlicher Aktivität aufzeigen. Bitte zitieren als: Herrmann WJ, Kalinowski S, Dräger D, Flick U. Möglichkeiten körperlicher Aktivität von Pflegeheimbewohnern aus der Bewohnerperspektive. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom104. DOI: /11fom104, URN: urn:nbn:de: fom Bewältigungsstrategien bei Multimorbidität eine qualitative Analyse über den Umgang älterer Patienten mit multiplen chronischen Erkrankungen Christin Löffler 1, Hanna Kaduszkiewicz 2, Friederike Stolper 1, Carl- Otto Stolzenbach 2, Waldemar Streich 3, Angela Fuchs 3, Hendrik van den Bussche 2, Attila Altiner 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Universität Rostock, Rostock, Deutschland 2 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf, Hamburg, Deutschland 3 Abteilung für Allgemeinmedizin, Heinrich Heine Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland Hintergrund: Die demografische Entwicklung unserer Gesellschaft führt bereits heute dazu, dass neben dem Anteil alter und sehr alter Menschen, auch die Zahl derer, die unter chronischen Erkrankungen und Multimorbidität leiden, stetig steigt. Die bisherige Forschung setzt sich jedoch vorrangig mit solitären chronischen Erkrankungen auseinander. Nur wenige Studien beschäftigen sich mit Multimorbidität. Dabei stellt Multimorbidität nicht nur für Hausärzte, sondern auch für Patienten eine besondere Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund stellen wir die Frage, welchen Einfluss Multimorbidität auf das Leben von älteren Patienten hat, wie sie mit den Konsequenzen von Multimorbidität umgehen und welche Bewältigungsstrategien sie verfolgen. Material und Methoden: 2008/9 wurden mit neun Hausärzten in Hamburg und Düsseldorf sowie jeweils zwei ihrer multimorbiden Patienten narrative Interviews geführt. Dabei hatten die Interviewpartner Gelegenheit, alle bedeutsamen Aspekte ihrer Gesundheit und Erkrankungen zu thematisieren. Von den 19 Patienten waren 13 weiblich und 6 männlich. Das durchschnittliche Alter betrug 75 Jahre. Typische Erkrankungen der Patienten waren Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus Typ 2, COPD, Arthrose und Depression. Die interviewten Patienten waren zu diesem Zeitpunkt zwischen 5 und 20 Jahre bei ihrem Hausarzt in Behandlung. Die Interviews wurden ton-aufgezeichnet, vollständig transkribiert und auf Grundlage der Grounded Theory kodiert und analysiert. Ergebnisse: Die Ergebnisse der qualitativen Analyse zeigen, dass sich der Umgang mit Multimorbidität bei den befragten Patienten auf drei Ebenen abspielt. Auf der sozialen Ebene versuchen die Betroffenen ein sinnstiftendes Leben zu führen und aufrecht zu erhalten. Dies äußert sich v.a. in einem can-do approach to life : Patienten 83

85 versuchen ihre Autonomie und damit verbunden ihre soziale Rolle zu bewahren. Dabei nehmen sie sich selbst nicht zwangsläufig als multimorbid wahr. Auf der emotionalen Ebene erleben die Befragten ein Wechselspiel aus Angst, Verzweiflung und Trauer, aber auch aus Kraft und Euphorie. Die Lebensqualität der Betroffenen wird dabei stark von der emotionalen Verarbeitung der Erkrankungen beeinflusst. Auf einer praktischen Ebene des Umgangs mit ihren Erkrankungen zeigt sich, dass sich viele Patienten sehr aktiv mit ihrer Behandlung und ihrer Medikation auseinandersetzen, dabei aber teilweise auch vergeblich versuchen, ihre Erkrankungen unter Kontrolle zu halten. Insgesamt zeigen die interviewten Patienten eine sehr viel weniger paternalistische Erwartungshaltung an ihre Hausärzte, als man es von dieser Altersgruppe erwarten würde. Schlussfolgerung/Implikation: Der Wunsch multimorbider Patienten nach Autonomie kann durch den Hausarzt möglicherweise stärker als bisher positiv unterstützt werden. Allerdings brauchen diese Patienten dazu Raum, ihre vielfältigen Emotionen zu äußern und der Hausarzt ein Konzept, die sehr unterschiedlichen Ressourcen der Patienten zu identifizieren. Bitte zitieren als: Löffler C, Kaduszkiewicz H, Stolper F, Stolzenbach CO, Streich W, Fuchs A, van den Bussche H, Altiner A. Bewältigungsstrategien bei Multimorbidität eine qualitative Analyse über den Umgang älterer Patienten mit multiplen chronischen Erkrankungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom105. DOI: /11fom105, URN: urn:nbn:de: fom Psychopharmaka-Polymedikation bei Patienten mit Demenz in Pflegeheimen Sekundärdatenanalyse in Deutschland, Österreich und den Niederlanden Stefan Wilm, Gertrud Bureick, Christiane B. Pierl, Horst C. Vollmar, Susanne Löscher Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland Hintergrund: Die Zahl der Menschen, die an Demenz erkrankt sind, wird vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung von derzeit Betroffenen in Deutschland weiter steigen. Bisher gibt es keine effektiven medikamentösen oder nicht-medikamentösen Behandlungskonzepte im Sinne einer Heilung oder Besserung. Aus diesem Grund kommt Konzepten der Versorgung mit dem Ziel einer Verbesserung des Wohlbefindens, der Lebensqualität und Gewährleistung der Würde der Demenzkranken ein besonders hoher Stellenwert zu. Herausfordernde Verhaltensweisen von Pflegeheimbewohnern (z.b. Herumwandern, Schreien, Aggressivität) werden von den betreuenden Ärzten häufig mit Psychopharmaka, insbesondere Neuroleptika behandelt. Sie sind wirksam, allerdings sind die Effekte begrenzt, und die Einnahme von Neuroleptika ist mit einer erhöhten Sterblichkeit dementer Bewohner assoziiert. Darüber hinaus kommen sedierende Antidepressiva sowie Tranquilizer zum Einsatz. Über die Verordnungsmuster von Psychopharmaka bei Demenzkranken in der stationären Altenpflege liegen bislang kaum Untersuchungen vor. Material und Methoden: Sekundärdatenanalyse von Querschnittserhebungen in der stationären Altenpflege in Deutschland, Österreich und den Niederlanden bei rund Bewohnern mit Demenz. Durchschnittsalter der erfassten Bewohner um 85 Jahre, 3/4 4/5 davon weiblich. Ergebnisse: 55 77% der Pflegeheimbewohner mit Demenz bekommen Psychopharmaka; 37 60% der Bewohner werden Neuroleptika verabreicht. 6 18% der Demenzkranken erhalten drei oder mehr verschiedene Psychopharmaka, z.t. mehrere Neuroleptika nebeneinander. Die höchsten Verordnungszahlen finden sich sowohl in einzelnen deutschen als auch österreichischen Heimen. Bei den Antidepressiva ist Citalopram das am meisten eingesetzte, bei den Tranquilizern Lorazepam. In deutschen Pflegeheimen werden bei den Neuroleptika (in absteigender Häufigkeit) Melperon, Risperidon und Pipamperon bevorzugt, während es in Österreich Prothipendyl, Risperidon und Haloperidol sind. Schlussfolgerung/Implikation: Trotz zunehmenden Wissens um begrenzten Nutzen und ausgeprägte Neben- und Wechselwirkungen von Psychopharmaka bei alten Menschen werden Bewohner mit Demenz in Pflegeheimen in den untersuchten Ländern in großem Umfang mit Neuroleptika, aber auch mit Antidepressiva und Tranquilizern behandelt. Dies dürfte Ausdruck fehlender anderer Strategien zum Umgang mit herausforderndem Verhalten oder mangelnder Bereitschaft zum Einsatz solcher Strategien sein. Effektive Ansätze zur Reduktion der Psychopharmaka-Polymedikation bei Patienten mit Demenz sind in deren Interesse dringend geboten. Bitte zitieren als: Wilm S, Bureick G, Pierl CB, Vollmar HC, Löscher S. Psychopharmaka-Polymedikation bei Patienten mit Demenz in Pflegeheimen Sekundärdatenanalyse in Deutschland, Österreich und den Niederlanden. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom106. DOI: /11fom106, URN: urn:nbn:de: fom Hausärztliche Versorgung am Lebensende (HAVEL) die Rolle der Hausärzte in der palliativen Basisversorgung Andrea Lüthke, Jean-François Chenot, Ildiko Gagyor Abteilung Allgemeinmedizin Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland Hintergrund: Die Betreuung von Patienten am Lebensende gehört zu den hausärztlichen Kernaufgaben. Die zunehmende Verfügbarkeit spezialisierter Versorgungsstrukturen erfordert eine bessere Kenntnis der hausärztlichen Betreuung von Patienten am Lebensende, um eine effektive Zusammenarbeit beider Versorgungsebenen zu erreichen. Ziel der Studie ist es, die Versorgungssituation von Patienten in der letzten Lebensphase aus Sicht der Hausärzte zu untersuchen. Material und Methoden: In einer retrospektiven Studie wurden aus 30 Hausarztpraxen Daten von Patienten, die in den letzten 12 Monaten verstorben sind, mit einem selbstentwickelten Fragebogen erhoben. Neben Soziodemographie (z.b. Alter, Geschlecht), wurden Daten zur 84

86 Versorgungssituation (z.b. ärztliche und pflegerische Betreuung), zur Morbidität (z.b. Erkrankungen, Karnofsky- Index) und zur Sterbesituation des Patienten (Sterbeort, Leitsymptome, therapeutische Maßnahmen) erhoben. Ergebnisse: Das mittlere Sterbealter der 453 Verstorbenen (55% Frauen) lag bei 81 Jahren (IQR 71-88). Eine Patientenverfügung lag bei 27%, eine andere Form der Willensäußerung bei 48% vor. Von den im Mittel seit 8 Jahren (IQR 3-14) hausärztlich betreuten Patienten wurden 49% von Angehörigen, 29% von ambulanten Pflegedienst und 32% im Pflegeheim gepflegt; 13% hatten keine Pflege. Der Karnofsky-Index der Patienten nahm in den letzten 3 Lebensmonaten von durchschnittlich 40% auf 20% bis 10% ab. Parallel dazu nahm die durchschnittliche Konsultationsrate von 1x/Monat (43%) auf mindestens 1x/Woche (55%) zu. Das Spektrum der Erkrankungen bildeten überwiegend chronische Erkrankungen wie Herzinsuffizienz (41%), Demenz (30%), Hirngefäß- (29%), Lungen- (25%) und Nierenerkrankungen (23%). Tumorerkrankungen lagen bei 36% der Verstorbenen vor. Zu den häufigsten Symptomen in den letzten 48h vor dem Tod gehörten Luftnot (24%) und Schmerzen (18%). Zur Symptomkontrolle wurden vor allem Opiate (51%) und Anxiolytika (35%) eingesetzt. Der Opiateinsatz erhöhte sich in den letzten Monaten um 18%. 40% der Patienten verstarben zu in der Klinik, sodass keine Angabe zu den Symptomen in den letzten 48h möglich war. 50% verstarben zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung und 5% im Hospiz. Bei 10% der Patienten erfolgte eine spezialisierte ärztliche palliativmedizinische Mitbetreuung. Schlussfolgerung/Implikation: Die Studie zeigt in den Leistungen der Basisversorgung deutliche Unterschiede im Vergleich zur spezialisierten Palliativversorgung. Im hausärztlichen Setting sind sowohl Krankheitsspektrum (chronische, nicht-onkologische Erkrankungen) als auch Versorgungsformen unterschiedlich. Die Zunahme der Betreuungsintensität in den letzten Lebenswochen zeigt, dass Hausärzte in der Betreuung von Sterbenden aktiv involviert sind, auch wenn 40% der Patienten in der Klinik versterben. Inhalte und Formen dieser Versorgungsebene sollten daher weiter erforscht werden, um potentiellen Förderbedarf zu erkennen und Weiter- und Fortbildung dem Versorgungsbedarf anzupassen. Bitte zitieren als: Lüthke A, Chenot JF, Gagyor I. Hausärztliche Versorgung am Lebensende (HAVEL) die Rolle der Hausärzte in der palliativen Basisversorgung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom107. DOI: /11fom107, URN: urn:nbn:de: fom Evidenz basierte Empfehlungen für das Ernährungsmanagement in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen Maria Magdalena Schreier Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg, Österreich Qualität in der Gesundheitsversorgung und Qualitätsentwicklung in der Pflege darf nicht nur auf Patientensicherheit ausgerichtet sein, sondern muss weit darüber hinausgehen und alle Themen in der Gesundheitsversorgung einschließen also auch die Ernährungssituation kranker und pflegebedürftiger Menschen. Mangelernährung bei kranken und pflegebedürftigen Menschen ist ein ernstzunehmendes Problem. Mit den demographischen Veränderungen und einer älter werdenden Bevölkerung steigt auch der Anteil der für Mangelernährung gefährdeten bzw. der bereits mangelernährten Menschen in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung und Pflege. Die Notwendigkeit für Evidenz basierte Empfehlungen zur Sicherstellung der Ernährungsversorgung kranker und pflegebedürftiger Menschen ist gegeben. In diesem Beitrag werden Entwicklung und Inhalte von zwei sich ergänzenden Instrumenten zur Sicherstellung der Qualität in Pflege und Gesundheitsversorgung vorgestellt. Es handelt sich um den monodisziplinären Expertenstandard Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege und um das multiprofessionelle Qualitätsniveau II: Orale Nahrungs- und Flüssigkeitsversorgung von Menschen in Einrichtungen der Pflege und Betreuung. Beide Instrumente sind dem Wesen von Guidelines bzw. Leitlinien zuzuordnen. Bitte zitieren als: Schreier MM. Evidenz basierte Empfehlungen für das Ernährungsmanagement in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom108. DOI: /11fom108, URN: urn:nbn:de: fom Prospektive Studie zum Einfluss von Polypharmazie auf die Krankenhausaufnahme Berliner Studie zur Operationalisierung von Multimorbidität und Autonomie im Höheren Alter (OMAHA) Hildtraud Knopf 1, Beate Gaertner 2, Judith Fuchs 1, Martin Holzhausen 2, Markus Busch 1, Peter Martus 2, Christa Scheidt- Nave 1 1 Robert Koch-Institut, Abt. Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung, Berlin, Deutschland 2 Charite - Universitätsmedizin Berlin, Institut für Biometrie und Klinische Epidemiologie, Berlin, Deutschland Hintergrund: Polypharmazie erhöht das Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen und vermeidbare Krankenhausaufnahmen. Bevölkerungsbezogene prospektive Daten zur Stärke dieses Zusammenhangs sind bislang kaum vorhanden. Auf der Grundlage einer Einwohnermeldeamtsstichprobe der Bevölkerung ab 65 Jahren in Berlin-Mitte quantifizierten wir den relativen Einfluss von Polypharmazie auf die stationäre Aufnahme innerhalb von 18 Monaten nach Eingangsuntersuchung. Material und Methoden: Die OMAHA Studie wurde von durchgeführt. An eine ausführliche Eingangsuntersuchung schlossen sich halbjährliche telefonische Follow-up-Befragungen und eine 12-Monats-Follow-up- Untersuchung an. Von insgesamt angeschrieben Personen beteiligten sich N=299 (Response 22,9%). Insgesamt 231 Personen konnten über 18 Monate weiter beobachtet werden. Die Erstuntersuchung umfasste ein 85

87 standardisiertes computer-gestütztes ärztliches Interview u. a. zu Erkrankungen und aktueller Medikation (letzte 7 Tage). Soziodemographische Parameter wie Alter, Geschlecht und Bildung wurden über einen Selbstausfüllfragebogen erhoben. Als Polypharmazie war die Anwendung von 4 und mehr ärztlich verordneten Arzneimitteln definiert. Angaben zu Krankenhausaufnahmen wurden über 18 Monate erfasst. Zur Beschreibung von Polypharmazie wurden Häufigkeiten und deren 95% Konfidenzintervalle (95% KI) sowie p-werte herangezogen. Der Einfluss auf Hospitalisierung wurde in multipler logistischer Regressionsanalyse unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Bildung und subjektivem Gesundheitszustand mittels Odds Ratios (OR) und 95% KI quantifiziert. Ergebnisse: Die Prävalenz von Polypharmazie betrug 58,9% (95% KI 52,0-64,6). Zwischen Frauen und Männern (61,5% vs. 55,7%, p=0,425) und in Abhängigkeit vom Bildungsstand (niedrig: 62,6%, mittel: 57,0%, hoch: 58,7%, p=0,705) unterschieden sich die Raten nicht signifikant. Über 70Jährige (65,9%) wiesen signifikant (p=0,001) höhere Häufigkeiten auf als unter 70Jährige (36,2%). Ebenso fanden sich statistisch signifikante (p<0,001) Gruppenunterschiede in Abhängigkeit vom subjektiv beurteilten Gesundheitszustand (sehr gut/gut: 45,8%, zufriedenstellend: 67,4%, schlecht/ sehrschlecht: 94,4%). Insgesamt hatten 83 Personen mindestens einen Krankenhausaufenthalt. Bei Personen mit Polypharmazie betrug die Hospitalisierungsrate 45,2% (95% KI 37,1-53,6), in der Vergleichsgruppe 22,9% (95% KI 15,6-32,4). Im multivariaten Modell erwiesen sich Alter (OR: 1,05, 95%KI 1,00-1,10), schlechte subjektive Gesundheit (OR: 3, 95% KI 1,15-10,58) und Polypharmazie (OR: 2,11, 95% KI 1,13-3,94) als unabhängige Einflussgrößen für nachfolgende Hospitalisierung. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse belegen den Zusammenhang zwischen ärztlich verordneter Polypharmazie und nachfolgendem Krankenhausaufenthalt. Vertiefende Analysen zum Grund der Hospitalisierung sollen klären, in welchem Ausmaß Polypharmazie als ursächlich dafür anzusehen ist. 1. Holzhausen, et al. Operationalizing multimorbidity and autonomy for health services research in aging populations - the OMAHA study. BMC Health Services Research. 2011;11:47. DOI: / Scheidt-Nave C, Richter S, Fuchs J, Kuhlmey A. Herausforderungen an die Gesundheitsforschung für eine alternde Gesellschaft am Beispiel Multimorbidität. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz. 2010;53: Bitte zitieren als: Knopf H, Gaertner B, Fuchs J, Holzhausen M, Busch M, Martus P, Scheidt-Nave C. Prospektive Studie zum Einfluss von Polypharmazie auf die Krankenhausaufnahme Berliner Studie zur Operationalisierung von Multimorbidität und Autonomie im Höheren Alter (OMAHA). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom109. DOI: /11fom109, URN: urn:nbn:de: fom Workshops Preconference Workshops 110 Wie können sich unsere Patienten gesund entwickeln? Salutogene Kommunikation mit chronisch Kranken Theodor Dierk Petzold Dachverband Salutogenese, Bad Gandersheim, Deutschland Hintergrund: Die Grundfrage ärztlichen Handelns ist die salutogenetische Frage. Wenn wir bei Patienten mit chronischen Erkrankungen nur auf die Behandlung der Krankheit fokussiert sind, auf die Einstellung des Blutdrucks, der Blutfette, des Gewichts, des Blutzuckers, der Schmerzen usw., kommen wir zwangsläufig zur Verschreibung von immer mehr Medikamenten. Dies kann häufig zu mehr Schaden als Nutzen führen. Eine salutogenetische Orientierung kann unsere Arzt-Patient-Kommunikation verändern und neue Ansätze zur Behandlung chronisch kranker Menschen ermöglichen. Hilfreich als Grundlage ist dabei ein Modell kommunikativer Selbstregulation [1], [2]. Eine Grundlage dieser Erkenntnisse sind u.a. die umfangreichen Forschungen von Grossarth-Maticek [3], [4] zur Prävention durch Gespräche ( Autonomietraining ). Auf der Grundlage dieses Autonomietrainings wurde die Salutogene Kommunikation entwickelt, die in der ärztlichen Sprechstunde sowie vielen anderen therapeutischen und beraterischen Settings zur Anwendung kommt. Der Salutogenen Kommunikation liegt ein systemisches evolutionäres Menschenbild zugrunde [1], [2]. Material und Methoden: In der Salutogenen Kommunikation SalKom richten wir unseren Fokus auf die gesunde Entwicklung des Patienten, auf seine attraktiven Gesundheitsziele und Ressourcen. Wir stellen dann mehr Fragen nach seinen Wünschen, Idealen und Bedürfnissen sowie nach seinen auch positiven Erfahrungen und den Fähigkeiten zur Gestaltung seines Lebens, wozu auch der Umgang mit seinen Symptomen gehört [5], [2]. Zur Salutogenen Kommunikation gehört auch eine bewusste Gestaltung der Arzt-Patient-Beziehung, insbesondere eine Veränderung der Opfer-Retter-Beziehung und damit ein Aussteigen aus dem sog. Drama-Dreieck von Täter- Opfer-Retter [1]. Ergebnisse: Schon durch die neuen Fragen an unsere Patienten ändert sich unsere Beziehung zu ihnen in Richtung Akzeptanz und geteilter und gemeinsamer Entscheidungsfindung und Verantwortung. Der Patient wird ggf. auch angeregt, aus der Opferrolle auszusteigen und mehr Autonomie zu entfalten. Durch diese neue Kommunikation wird der Patient in seiner psychophysischen Selbstregulation, seiner eigenverantwortlichen Aktivität angeregt und zu mehr Gestaltungskompetenz seines Lebens ermächtigt. Dadurch erhöht sich die Chance auf ein längeres Gesundsein um bis zu 30% [3], [4]. Schlussfolgerung/Implikation: Der Fokus unseres allgemeinärztlichen Denkens und Handelns soll auf gesunde Entwicklung ausgerichtet werden. Dieser Fokus impliziert 86

88 und ermöglicht in seiner Konsequenz eine neue Kommunikation mit Patienten. Auch ein spezielles Gesprächssetting mit chronisch Erkrankten erscheint sinnvoll. Dadurch erhöht sich die Chance auf einen nachhaltigen präventiven wie kurativen Beratungserfolg um ca. 30%. 1. Petzold TD. Praxisbuch Salutogenese Warum Gesundheit ansteckend ist. München: Südwest-Verlag; Petzold TD, Lehmann N, Hrsg. Kommunikation mit Zukunft. Salutogenese und Resonanz. Bad Gandersheim: Verlag Gesunde Entwicklung; Grossarth-Maticek R. Systemische Epidemiologie und präventive Verhaltensmedizin chronischer Erkrankungen. Berlin, New York: de Gruyter; Grossarth-Maticek R. Synergetische Präventivmedizin. Forschungsstrategien für Gesundheit. Heidelberg: Springer; Petzold TD, Lehmann N. Salutogene Kommunikation zur Annäherung an attraktive Gesundheitsziele. Bad Gandersheim: Verlag Gesunde Entwicklung [Brosch.]; Bitte zitieren als: Petzold TD. Wie können sich unsere Patienten gesund entwickeln? Salutogene Kommunikation mit chronisch Kranken. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom110. DOI: /11fom110, URN: urn:nbn:de: fom Lehre und Prüfungen in der Komplementärmedizin Konzepte und Erfahrungen aus Heidelberg Stefanie Joos 1, Berthold Musselmann 1,2, Jost Steinhäuser 1, Christiane Weinschenk 3, Christiane Eicher 1,4 1 Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 2 Praxis für Allgemeinmedizin, Akademische Lehrpraxis der Universität Heidelberg, Wiesloch, Deutschland 3 Praxis für Frauenheilkunde und Naturheilverfahren, Karlsruhe, Deutschland 4 Praxis für Allgemeinmedizin, Akademische Lehrpraxis der Universität Heidelberg, Eppelheim, Deutschland Hintergrund: Mit der 9. Revision der Ärztlichen Approbationsordnung (ÄAppO) wurde 2003 der Querschnittsbereich Rehabilitation, Physikalische Medizin, Naturheilverfahren (QB 12) als verbindlicher Bestandteil der Lehre in das Medizinstudium eingeführt. Sowohl den Inhalt als auch den zeitlichen Umfang sind die für den QB 12 entwickelten Curricula, Lernziele und Lehrveranstaltungen an den einzelnen medizinischen Fakultäten bis zum jetzigen Zeitpunkt sehr heterogen. Häufig sind Dozenten aus der Allgemeinmedizin in die Lehre des QB 12 eingebunden. Methodik: An der medizinischen Fakultät Heidelberg wurde für den Teil Naturheilverfahren des QB12 von Dozenten aus verschiedenen Fachgebieten (überwiegend Allgemeinmedizin) und mit Expertise in unterschiedlichen komplementärmedizinischen Bereichen ein Curriculum entwickelt, welches die klassischen Naturheilverfahren, Akupunktur, Neuraltherapie und Manuelle Medizin umfasst. Über drei Tage werden Vorlesungen und Praktika zu diesen Methoden angeboten. Zum Abschluss des Querschnitts erfolgt eine Multiple-Choice-Klausur. Die Evaluation der Lehrveranstaltungen wird mit dem Heidelberger Inventar zur Lehrveranstaltungsevaluation (HILVE-I) durchgeführt, mit dem auch die anderen Lehrveranstaltungen des Reformstudiengangs evaluiert werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit von Freitextkommentaren in der Evaluation. Ergebnisse: Auf dem Kongress werden die Gesamtstruktur des QB 12/Teil Naturheilverfahren der medizinischen Fakultät Heidelberg sowie exemplarisch einzelne Lehrveranstaltungen und deren Evaluationsergebnisse vorgestellt werden. In diesem Kontext wird auch auf die Thematik geeigneter Prüfungsformen im Bereich Naturheilverfahren eingegangen werden. Hauptaugenmerk soll jedoch auf die Freitextkommentare der Studierenden gelegt werden, die häufig sehr polarisierend sind und von sehr starkem Interesse bis deutlicher Ablehnung gegenüber dem Bereich Komplementärmedizin zeugen. Anhand dieser Freitextkommentare sollen die Chancen, aber auch Barrieren, die mit der studentischen Lehre im Bereich Komplementärmedizin verbunden sind, diskutiert werden. Bitte zitieren als: Joos S, Musselmann B, Steinhäuser J, Weinschenk C, Eicher C. Lehre und Prüfungen in der Komplementärmedizin Konzepte und Erfahrungen aus Heidelberg. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom111. DOI: /11fom111, URN: urn:nbn:de: fom Komplementärmedizinische Lehre an der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg Ute Daig, Gernot Heusinger von Waldegg, Bianca Lehmann, Markus Herrmann Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Fakultät der Otto-von- Guericke-Universität Magdeburg, Deutschland Seit 2005 wird im Rahmen des Querschnittsbereichs 12 der Teilbereich Naturheilverfahren durch das Institut für Allgemeinmedizin gelehrt. Die semesterbegleitende Veranstaltung besteht neben einer Einführung in das Fach aus einer jeweils zweistündigen Vorlesung in anthroposophischer Medizin, klassischer Homöopathie, Klassischer Naturheilverfahren und Traditioneller Chinesischer Medizin. Ergänzt wird diese Vorlesung durch eine für das 5. Studienjahr verpflichtende Seminarveranstaltung von zwei Stunden, bestehend aus Falldiskussionen anhand von Papercases und naturheilkundlichen, evidenzbasierten Therapiemöglichkeiten. Seit dem WS 2008/2009 werden ergänzend dazu am Institut für Allgemeinmedizin die komplementärmedizinischen Bereiche Homöopathie und Akupunktur/Traditionelle Chinesische Medizin als klinische Wahlpflichtfächer mit je vier Semesterwochenstunden einmal jährlich angeboten. Die Verknüpfung von Wissenschaft und praktischer Fallbesprechung wurde durch die Studierenden positiv bewertet. Die Wahlfächer Homöopathie und Akupunktur/TCM konnten sich nach Einführung gut etablieren und erfahren regen studentischen Zuspruch. In den Seminaren wird die aktuelle Studienlage im wissenschaftlichen Diskurs mit den Studierenden erörtert und neben theoriebasierter Einführung Wert auf praktische Selbsterfahrungen wie Arzneimittelprüfung und gegenseitige Akupunktur gelegt. Insgesamt bieten komplementärmedizinische Wahlfächer eingebettet in den Fach- 87

89 bereich Allgemeinmedizin eine weitere Möglichkeit zur Förderung eines pluralistischen Ansatzes in der Medizin. Bitte zitieren als: Daig U, Heusinger von Waldegg G, Lehmann B, Herrmann M. Komplementärmedizinische Lehre an der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom112. DOI: /11fom112, URN: urn:nbn:de: fom Arzneimitteltherapie in der Hausarztpraxis eine Herausforderung für die allgemeinmedizinische Lehre Hans-Michael Schäfer 1, Martin Schaper 1, Sebastian Harder 2, Ferdinand Gerlach 1 1 Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt, Frankfurt, Deutschland 2 Institut für klinische Pharmakologie, Frankfurt, Deutschland Studierenden im Blockpraktikum Allgemeinmedizin erscheint die Multimedikation von Patienten in den Lehrpraxen häufig problematisch und wenig transparent. Sie sehen sich überfordert, die zahlreichen, nach Leitlinien verschiedener Fachgesellschaften indizierten Medikamente zu priorisieren und deren mögliche Interaktionen zu berücksichtigen. Eine besondere Herausforderung besteht darin, eine bei Krankenhausentlassung empfohlene Medikation in eine laufende Dauermedikation zu überführen. Im Workshop wird ein Seminarkonzept vorgestellt und anhand konkreter Lehrmaterialien praktisch erprobt, das in Zusammenarbeit mit einem klinischen Pharmakologen konzipiert wurde. Es wird in Frankfurt regelmäßig und erfolgreich als Begleitseminar im Rahmen des Blockpraktikums Allgemeinmedizin eingesetzt. Bitte zitieren als: Schäfer HM, Schaper M, Harder S, Gerlach F. Arzneimitteltherapie in der Hausarztpraxis eine Herausforderung für die allgemeinmedizinische Lehre. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom113. DOI: /11fom113, URN: urn:nbn:de: fom Der Hausarzt der Zukunft Julia Baumgartner 1, Marcus Schmidt 2 1 JAMÖ, Graz, Österreich 2 JADe, Bad Homburg, Deutschland Hintergrund: Immer weniger Jungärzte können sich unter den derzeitigen Bedingungen vorstellen, später als Hausarzt mit Kassenvertrag zu arbeiten. Gründe hierfür sind unter anderem die große wirtschaftliche Verantwortung, die nicht adäquate Entlohnung der Leistungen sowie Wochenend- und Nachtdienste. Material und Methoden: In Kleingruppen sollen durch Diskussionen zwischen jungen und erfahrenen Allgemeinmedizinern aus Deutschland, Österreich und Südtirol die Kernprobleme aufgezeigt und bearbeitet werden. Ergebnisse: Durch den länderübergreifenden Vergleich und den Erfahrungsaustausch verschiedener Generationen von Allgemeinmedizinern, sollen die Freuden und Pflichten des Hausarztberufes näher beleuchtet werden, sowie die Vor und Nachteile der verschiedenen Weiterbildungs- und Arbeitsbedingungen erarbeitet werden. Schlussfolgerung/Implikation: Als Ziel dieses Workshops sollen ein oder mehrere Zukunftsmodelle für den Hausarztberuf erarbeitet werden, welche sowohl die gute Versorgung der Patienten als auch die Zufriedenheit der Ärzte gewährleisten. Bitte zitieren als: Baumgartner J, Schmidt M. Der Hausarzt der Zukunft. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom114. DOI: /11fom114, URN: urn:nbn:de: fom Manuelle Medizin bei akutem Rückenschmerz Markus Hell ÄMM, Axams, Österreich Hintergrund: Die zeiteffektive manuelle Untersuchung und Behandlung bei akuten Rückenschmerzen in der Allgemeinmedizinischen Praxis. Erkennen von Hinweisen für eine Schmerzchronifizierung und Verhinderung von Rezidiven. Von der orientierenden Untersuchung zum Befund. Erweiterung des differentialdiagnostischen Spektrums durch Erkennen von Muskel- und Gelenksfunktionsstörungen. Material und Methoden: Workshop Zeit 2-3 UE a 45min. Untersuchungsliegen Für effizienten Unterricht wären Liegen notwendig. 3 Teilnehmer pro Liege, somit sollte maximale Teilnehmerzahl ein Vielfaches von 3 sein. Maximal Teilnehmer zum Unterrichten sinnvoll. Kosten 25 pro Teilnehmer. 1. Schildt-Rudloff K, Sachse J. Wirbelsäule. Manuelle Untersuchung und Mobilisationsbehandlung für Ärzte und Physiotherapeuten. 5. Auflage. München: Sachse J. Extremitätengelenke. Manuelle Untersuchung und Mobilisationsbehandlung für Ärzte und Physiotherapeuten. 7. Auflage. München: Bitte zitieren als: Hell M. Manuelle Medizin bei akutem Rückenschmerz. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom115. DOI: /11fom115, URN: urn:nbn:de: fom

90 Workshops, Freitag, (Ig, Ih, IIg, IIh) 116 Ein neues Konzept für strukturierte, individualisierte Gesundheitsgespräche Guido Schmiemann 1, Jürgen Biesewig-Siebenmorgen 2, Günther Egidi 2 1 Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland 2 Gemeinschaftspraxis, Bremen, Deutschland Hintergrund: Die Vorsorgeuntersuchung gehört zu den häufig genutzten Angeboten der hausärztlichen Praxis. Die Ausgestaltung des Angebotes variiert zwischen einzelnen Praxen erheblich der gesetzlich vorgeschriebene Rahmen wird häufig um unterschiedliche Angebote erweitert. Die Evidenz für das Konzept regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen ist widersprüchlich, Versicherte und Krankenkassen wünschen eine Ausweitung präventiver Angebote. Im Workshop wollen wir uns mit der Frage auseinandersetzen, in welcher Form veränderte, strukturierte Vorsorgeuntersuchungen im Spannungsfeld zwischen Public Health und Orientiertung am einzelnen Patienten in der hausärztlichen Praxis sinnvoll einsetzbar sind. Beispielhaft soll das Bremer Modell einer altersadaptierten, prioritätsgesteuerten und risikoadaptierten Vorsorgeuntersuchung diskutiert werden Material und Methoden: Eingangsstatement (Pro und Contra Screening in der Hausarztpraxis) Gruppenarbeit zu den Zielen und Intentionen der Gesundheitsuntersuchung in der hausärztlichen Praxis Zusammenfassung (moderierte Diskussion) Vorstellung der Instrumente (Fragebogen/Werkzeugkasten) der Bremer Vorsorgeuntersuchung. Ergebnisse: Erarbeitung von Möglichkeiten der strukturierten Individualisierung der Vorsorgeuntersuchung im Rahmen der hausärztlichen Versorgung. Möglichkeiten der Evaluation neuer Vorsorgekonzepte. Schlussfolgerung/Implikation: Ein aus der alltäglichen Praxis geborener voluntaristischer Versuch, die Gesundheitsuntersuchung zu strukturieren und an die tatsächlichen Erfordernisse und Bedürfnisse der Patienten anzupassen, bedarf selbst einer Evaluation. Entsprechende Ansätze sollen im Workshop exemplarisch reflektiert werden. Bitte zitieren als: Schmiemann G, Biesewig-Siebenmorgen J, Egidi G. Ein neues Konzept für strukturierte, individualisierte Gesundheitsgespräche. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom116. DOI: /11fom116, URN: urn:nbn:de: fom Evidenzbasierte Bürokratie: Workshop zu Zielen und Fragestellungen Uwe Popert 1, Günther Egidi 2, Christoph Claus 3 1 Abteilung für Allgemeinmedizin Univ. Göttingen, Kassel, Deutschland 2 Abteilung Allgemeinmedizin Univ. Göttingen, Bremen, Deutschland 3 Abt. Allgemeinmedizin Univ. Marburg, Kassel, Deutschland Hintergrund: Bei zu erwartender steigender Morbidität und voraussichtlich gleichbleibenden finanziellen personellen und finanziellen Ressourcen steht das Gesundheitswesen vor neuen Herausforderungen. Rationalisierung und Priorisierung werden als Auswege benannt, bisher werden aber bisher kaum konkrete Ansatzpunkte diskutiert oder gar untersucht. Material und Methoden: Von der kassenärztlichen Bundesvereinigung Deutschland wird eine Erprobung und Kosten/Nutzen-Evaluation vor Einführung neuer bürokratischer Prozeduren mit anschließender Einpreisung vorgeschlagen. Welche der schon bestehenden bürokratischen Prozeduren sind aus der Sicht der Praxis überflüssig, übertrieben oder optimierbar? Bisherige Vorschläge umfassen z.b.: Abrechnung: Fixgehalt bzw. Einschreibepauschale, Arbeitsunfähigkeit: Verlängerung der AU-Frist auf 7 Tage, Heilmittel: Abschaffung der bisherigen Regelungen und gesonderten Formulare, Praxisgebühr : Praxisgebühren nur für Sekundärversorgung ohne Überweisungsschein, Medikamentenverordnung: einheitliche Positivliste statt zahlloser Rabattverträge, Kodierung: ICPC-2 statt ICD-10; Episodenstruktur mit Zeitangabe statt Umkodierung, Abschaffung von Kuren als Kassenleistung, Vorsorgevollmacht/Patiententestament für jeden Altenheimbewohner, Prävention: altersadaptierte Gesundheitsuntersuchung. Ergebnisse: Die Grundlagen für ein Positionspapier der DEGAM-Sektion-Versorgung sollen gemeinsam erarbeitet werden. Bitte zitieren als: Popert U, Egidi G, Claus C. Evidenzbasierte Bürokratie: Workshop zu Zielen und Fragestellungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom117. DOI: /11fom117, URN: urn:nbn:de: fom Vorbereitung für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin Manfred Lohnstein Praxis, Augsubrg, Deutschland Hintergrund: Die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin ist in Deutschland von vielen Zufällen ab- 89

91 hängig. Fortbildungsverbünde bestehen nur vereinzelt. Der Bedarf für Hilfestellungen in der Vorbereitung zur Facharztprüfung ist vorhanden. Der Workshop richtet sich an Allgemeinärzre in der Weiterbildung. Material und Methoden: Basierend auf der Auswertung von 89 Allgemeinarztprüfungen der Landesärztekammer Bayern, sowie der Auswertung von Prüfungsprotokollen der Landesärztekammer Niedersachsen, werden die thematischen Schwerpunkte der Facharztprüfung benannt. An ausgewählten Fallbeispielen wird die Situation des Prüfungsgespräches in Kleingruppen geübt mit nachfolgender Vorstellung in der Gesamtgruppe. Für das umfangreiche Fachgebiet der Allgemeinmedizin werden vorschläge besprochen und wichtige Internetadressen, wie z.b. sonographiebilder.de vorgestellt. Der Workshop wird interaktiv gestaltet, deshalb ist die Teilnehmerzahl auf 20 Personen beschränkt. Schlussfolgerung/Implikation: Eine der Schwerpunktsetzungen der DEGAM ist die Förderung des Nachwuchses in der Allgemeinmedizin. Der Workshop zur Prüfungsvorbereitung unterstützt dieses Ziel. Der Kurs findet statt in Absprache mit der Sektion "Weiterbildung" der DEGAM. Bitte zitieren als: Lohnstein M. Vorbereitung für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom118. DOI: /11fom118, URN: urn:nbn:de: fom Das hausärztliche Team in der Versorgungsforschung ein Workshop für Hausärzte, Medizinische Fachangestellte und wissenschaftliche Mitarbeiter der universitären Allgemeinmedizin Anne Barzel 1, Karola Mergenthal 2, Martin Scherer 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2 Institut für Allgemeinmedizin, Universität Frankfurt, Frankfurt, Deutschland Im Mittelpunkt der Versorgungsforschung im primärärztlichen Bereich steht die Hausarztpraxis. Auch wenn Fragestellungen und Studienkonzepte vorwiegend in den akademischen allgemeinmedizinischen Einrichtungen generiert werden, ist der Studienort in der Regel die Praxis. Hier trifft man auf ein im Praxisalltag gut eingespieltes Team aus Hausärzten und Medizinischen Fachangestellten (MFAs), das in der primärärztlichen Versorgungsforschung eine wichtige Rolle übernimmt. Das Spektrum der Forschungs-Beteiligung reicht von der Rekrutierung der Patienten bis hin zu Interventionen, wie z.b. das hausarztpraxis-basierte Case Management unter Einbindung der Medizinischen Fachangestellten. Unklar ist aber die Aufgabenverteilung im Rahmen der Forschungsarbeit. So fehlt bislang ein Diskurs von Hausärzten, MFAs und wissenschaftlichen Mitarbeitern der universitären Allgemeinmedizin über die Zusammenarbeit, Rollenverteilung und Kompetenzen im Bereich der Forschung in Hausarztpraxen. Dass die Diskussion an anderer Stelle bereits läuft, zeigen eine Studie zur Arbeitsteilung in der Allgemeinarztpraxis (Universität Jena), die Gründung der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaft und Forschung für Medizinische Fachangestellte ( WiForMFA ) im Rahmen der DEGAM und eine Expertinnentagung der MFAs ( Die MFA in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft ). Ziel dieses interprofessionellen Workshops ist es, anhand konkreter Beispiele Anforderungen, Rahmenbedingungen und Möglichkeiten der Umsetzung von Forschungsarbeit in der hausärztlichen Praxis zu erarbeiten. Bei der geplanten Veranstaltung handelt es sich um einen moderierten, interprofessionellen Workshop auf der Basis von Leitfragen am Beispiel konkreter Studien aus der Versorgungsforschung. Dabei werden sowohl das Spektrum der Versorgungsforschung (interventionelle Studien, qualitative Studien, Fallkonferenzen) als auch organisatorische Themen (Zeiteinteilung, Fragebogen, Delegation, Incentives, Belastung) erörtert. Weiterhin sollen Umsetzungsstrategien für eigene Forschungsideen entwickelt werden. Der Workshop bietet die Chance, die Forschungsarbeit in der hausärztlichen Praxis weiter zu entwickeln und leistet damit einen Beitrag zur Verbesserung der primärärztlichen Versorgungsforschung. Die Ergebnisse der Workshops werden dokumentiert, zusammengefasst und unter Beteiligung der Teilnehmer ggf. veröffentlicht. Bitte zitieren als: Barzel A, Mergenthal K, Scherer M. Das hausärztliche Team in der Versorgungsforschung ein Workshop für Hausärzte, Medizinische Fachangestellte und wissenschaftliche Mitarbeiter der universitären Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom119. DOI: /11fom119, URN: urn:nbn:de: fom Workshops, Samstag, (IIIh, IVd, IVe, IVf) 120 Diagnosen-Kodierung in deutschen Praxen: Workshop Uwe Popert 1, Christoph Claus 2 1 Abt. Allgemeinmedizin Univ. Göttingen, Kassel, Deutschland 2 Abt. Allgemeinmedizin Univ. Marburg, Kassel, Deutschland Hintergrund: Seit dem gilt in Deutschland die Allgemeine Kodierrichtlinie (AKR), die eine Diagnosen- Kodierung nach ICD-10 präzisiert und welche die Grundlagen für eine morbiditätsgewichtete Steuerung des Gesundheitswesens verbessern soll. Bei Implementierungsversuchen zeigten sich erhebliche Umsetzungsprobleme; insbesondere bezüglich Zeitaufwand und Datenschutz. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung Deutschland hat darauf hin eine Vereinfachung der Kodierung insbesondere für die hausärztliche Ebene projektiert; dabei soll u.a. die ICPC-2 Systematik innerhalb der ICD-10 verwendbar gemacht werden. 90

92 Material und Methoden: In einem Workshop sollen Wege und Möglichkeiten zu einer zukünftigen hausärztlichen Kodierweise zusammengetragen und erarbeitet werden. Dazu werden erste Studienergebnisse zur Umsetzbarkeit der bisherigen deutschen AKR und die Systematik der ICPC-2 bzw. deren geplante Umsetzung in die ICD-10 GM vorgestellt. Ergebnisse: Die Ergebnisse sollen Eingang finden in ein Positionspapier der DEGAM-Sektion-Versorgung zur hausärztlichen Diagnosen-Kodierung. Bitte zitieren als: Popert U, Claus C. Diagnosen-Kodierung in deutschen Praxen: Workshop. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom120. DOI: /11fom120, URN: urn:nbn:de: fom Familienkreise zeichnen Bernhard Panhofer ÖGAM, Ungenach, Österreich Hintergrund: Das Zeichnen von Familienkreisen gehört zu den Familiendiagnose-Techniken, hat jedoch auch eine therapeutische Auswirkung. Systemische Familiendiagnose wird in der Psychotherapie und Psychiatrie häufig benutzt, ist jedoch in der Allgemeinmedizin wenig bekannt. Meist benötigt man viel Zeit und die Anwesenheit der ganzen Familie, was jedoch bei der Familienkreismethode (fortan FKM genannt) nicht der Fall ist. Material und Methoden: 1. Indikation: Wann immer die Ärztin auf die Idee kommt, dass die Krankheit des Patienten mit seiner Familie oder Umwelt zu tun hat oder wenn die Beratungsursache unklar ist, lädt sie den Patienten ein, einen Familienkreis zu zeichnen. Nützliche Wörter: überraschend, neu, einfach, klar Der Arzt zeichnet einen Kreis auf ein Blatt Papier und zeigt wie es geht. 3. Der Patient wird gebeten, sich selbst und seine Familienmitglieder als Kreise innerhalb (oder auch außerhalb) des großen Kreises einzuzeichnen. Auch Freunde, Feinde, die Arbeit, Gott, Hobbys, Haustiere, etc. können platziert werden (was immer die Patientin für wichtig erachtet). Das Zeichnen sollte nur wenige Minuten dauern. Manche Patienten wollen kurz allein gelassen werden. 4. Die Kreise werden bezeichnet, um sie später zu identifizieren. 5. Die Patienten werden ermutigt, ihre Interpretation der Zeichnung zu beschreiben und über Gefühle und Bedeutungen zu besprechen. 6. Nützliche reflektive Fragen: Mögen Sie das Bild? Ist da etwas für Sie Überraschendes? Wollen Sie etwas ändern? Was brauchen Sie für die Veränderung? Akzeptieren Sie alle Erklärungen des Patienten, auch wenn sie skurill erscheinen. Vermeiden Sie gutgemeinte Ratschläge. Die Patientin ist die Expertin für ihre Umwelt. 7. Der Patient und die Ärztin sprechen über die Ressourcen und Ideen des Patienten, z.b. darüber, ob es für ihn einen anderen, besseren Platz im Kreis geben könnte, Das kann dann in einer andern Farbe eingezeichnet werden. Ein Prozess beginnt. Ergebnisse: FKM ist schnell, weil die Methode leicht zu erklären ist. FKM ist semiotisch begründet, weil der Patient Zeichen benützt und die Familie auf einer nonverbalen Ebene zuerst beschreibt. FKM ist narrativ, weil der Patient seine Geschichte erzählt, und seiner Zeichnung Bedeutung gibt. FKM basiert auf Empathie, weil der Arzt in der Welt der Patientin spazieren geht. FKM ist systemisch, weil sie Beziehungen beschreibt. FKM ist konstruktivistisch, weil der Patient seine Wahrheit erzählt wie er sie sieht. FKM ist prozessorientiert, weil sie eine Aussicht für Veränderung bietet. FKM könnte evidence-based sein, wenn sie als Werkzeug in unserem Hausarzt-Alltag evaluiert würde. Schlussfolgerung/Implikation: Familienkreise zeichnen ist wie ein systemischer Schnappschuss. Es ist als ob der Arzt und die Patientin gemeinsam wie Adler mit scharfen Augen über der Familiensituation der Patientin kreisen. Nichts ist falsch oder schlecht. Der Patient ist Experte für sich selbst. 1. Hegemann Asen T. Familienmedizin für die Praxis. Stuttgart - New York: Schattauer-Verlag; Cierpka M, et al. Handbuch der Familiendiagnostik. Berlin Heidelberg New York: Springer-Verlag; Iseli C, et al. Identität-Begegnung-Kooperation. Köln: GwG- Verlag; Bitte zitieren als: Panhofer B. Familienkreise zeichnen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom121. DOI: /11fom121, URN: urn:nbn:de: fom Evidenzbasierte Medizin versus Erfahrungsmedizin? Julia Baumgartner 1, Marcus Schmidt 2 1 JAMÖ, Graz, Österreich 2 JADe, Bad Homburg, Deutschland Hintergrund: Viele Hausärzte haben im Laufe der Jahre einige Behandlungsstrategien entwickelt, die außerhalb der Evidenzbasierten Medizin (EBM) liegen. Spritzen bei Schmerzzuständen, homöopathische Tropfen bei Erkältung, Osteopathie die Liste der eingesetzten Therapien ist lang und ihre Akzeptanz durch die Wissenschaft oft antiproportional zur Nachfrage durch die Patienten. 91

93 Material und Methoden: Im Workshop sollen in Kleingruppen Beispiele nicht evidenzbasierter Behandlungsverfahren aus Österreich, Deutschland und Südtirol gesammelt werden. Jeweils eine Kleingruppe soll sich mit den Beratungsanlässen Lumbago, grippaler Infekt und Allergie auseinandersetzen. Einige Therapiebeispiele sollen anschließend gemeinsam vor dem Hintergrund der EBM beleuchtet und Alternativen aufgezeigt werden. Auch auf Behandlungskosten und juristische Aspekte des Abweichens von Leitlinien soll eingegangen werden. Ergebnisse: Ziel des Workshops ist es zunächst, eine Bestandsaufnahme verwendeter Therapieformen vorzunehmen. Die Diskussion soll zu gegenseitigem Verständnis der Anwender und zur Versachlichung des oft emotional geführten Diskurses führen. Schlussfolgerung/Implikation: Es soll bei diesem Workshop erarbeitet werden, in wie weit Ärzte auch mit dem Placebo Effekt arbeiten dürfen und Anhaltspunkte gefunden werden, wann eine Therapie außerhalb der Leitlinien den Patienten mehr Schaden als Nutzen bringt. Bitte zitieren als: Baumgartner J, Schmidt M. Evidenzbasierte Medizin versus Erfahrungsmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom122. DOI: /11fom122, URN: urn:nbn:de: fom Sanktionen bei Nichterreichung der Vorgaben soll fokussiert werden. Ergebnisse: Im Workshop sollen Barrieren gegenüber einer Implementierung auch in Deutschland identifiziert und mögliche Strategien zu ihrer Überwindung erarbeitet werden. Schlussfolgerung/Implikation: Das CME-Fortbildungs- System in Deutschland steht zunehmend in der Kritik. Der Workshop könnte den Grundstein legen zu einer längerfristigen Initiative zu einer Ablösung des CME-Systems durch vermehrt auf Peer Assessments basierte und sich nicht auf kognitiv abprüfbare Wissenstests beschränkende Rezertifizierungs-Programme. 1. Klemperer D. Er fahrungen mit Methoden der systematischen Kompetenzdarlegung und Rezertifizierung in der Medizin in Kanada - Chancen für Deutschland. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch -Gesundheitsschutz. 2006;49: Bitte zitieren als: Egidi G, Chenot JF, Sonntag B, Klemperer D. Rezertifizierung eine Alternative zum CME-Fortbildungs-System. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom123. DOI: /11fom123, URN: urn:nbn:de: fom Rezertifizierung eine Alternative zum CME- Fortbildungs-System? Günther Egidi 1, Jean-François Chenot 2, Burkhardt Sonntag 3, David Klemperer 4 1 DEGAM-Sektion Fortbildung, Bremen, Deutschland 2 Allgemeinmedizin Uni Göttingen, Göttingen, Deutschland 3 NN, NN, Deutschland 4 Universität Regensburg, Regensburg, Deutschland Hintergrund: Die Medizin entwickelt sich immer schneller weiter. Eine einmalige Facharztprüfung kann den lebenslangen Nachweis ärztlicher Kompetenz nicht gewährleisten. Im Jahr 2004 wurde in Deutschland die bis dahin ohne Kontrollen bestehende Fortbildungs-Pflicht bei den Ärztekammern nachweispflichtig. Wiederholt kritisierte die DEGAM die rein quantitative Ausrichtung des CME- Fortbildungswesens, die mögliche Beschränkung auf die hausärztliche Wirklichkeit nur ungenügend abbildende Themenspektren, die immanente Einengung auf kognitiven Wissenserwerb sowie mögliche die Lernmotivation negativ beeinflussenden Anreizsysteme. In Großbritannien wurde das CME-System durch ein auf Mentoring basierendes Fortbildungs-Konzept abgelöst, als es in Deutschland eingeführt wurde. In einigen kanadischen Provinzen ist schon länger ein weitgehend auf Sanktionen verzichtendes System der Rezertifizierung unter Einbezug kollegialer und interprofessioneller Peer Reviews etabliert. Material und Methoden: In einem Podiums-Gespräch werden Erfahrungen aus Großbritannien, Kanada und den USA mit validation bzw. Rezertifizierung vorgestellt. Gemeinsam mit den Teilnehmenden sollen Unterschiede hinsichtlich von Wissen und Fertigkeiten von Hausärzten in den verschiedenen Gesundheitssystemen herausgearbeitet werden. Insbesondere auf die Frage möglicher Poster-Präsentationen 1 Freie Themen 124 Berufs- und Lebenszufriedenheit von Allgemeinmedizinern in Mecklenburg- Vorpommern eine qualitative Studie Christin Löffler, Juliane Riedel, Silke Völker, Attila Altiner, Eva Drewelow, Anja Wollny Institut für Allgemeinmedizin, Universität Rostock, Rostock, Deutschland Hintergrund: Schon seit einiger Zeit wird v.a. im angloamerikanischen Raum die Frage diskutiert, wie zufrieden Ärzte mit ihrem Beruf und ihrer Berufsausübung sind. Besonders der Zusammenhang zwischen Berufszufriedenheit und Arbeitsleistung steht dabei im Mittelpunkt des Interesses. Internationale Studien belegen, dass unzufriedene Mediziner weniger produktiv und effizient arbeiten; häufiger krankheitsbedingt ausfallen; eher andere Berufe ergreifen oder eine Frühverrentung in Betracht ziehen; unnötige Medikamente und Untersuchungen verordnen; weniger Zeit für ihre Patienten aufwenden; betroffene Patienten unzufrieden sind und dadurch eine geringere Adhärenz aufweisen. Insgesamt führt eine niedrige Berufszufriedenheit von Ärzten also zu einer verringerten Qualität medizinischer Versorgung. Auf der anderen Seite kann eine hohe Berufszufriedenheit dazu beitragen, die Effizienz des Gesundheitssystems in relevantem Maß zu steigern. In unserer Studie konzentrieren wir uns auf die Berufszufrie- 92

94 denheit von Allgemeinmedizinern in Mecklenburg- Vorpommern. Schon heute leidet diese Region, v.a. in ländlichen und strukturschwachen Gebieten, unter einem Mangel an Hausärzten. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurden in der Vergangenheit eine Reihe von strukturellen Anreizen diskutiert und teilweise umgesetzt. Nicht diskutiert wurde bisher der Einfluss der Berufszufriedenheit auf die Niederlassung als Hausarzt. Das hier vorgestellte Projekt zielt darauf ab, Antworten auf diese wichtige Frage zu geben. Material und Methoden: Derzeit führen wir mit Hausärzten in Mecklenburg-Vorpommern narrative Interviews durch. Die Auswahl der Interviewpartner erfolgt auf Basis des theoretical sampling d.h. wann immer sich in den Interviews herausstellt, dass ein bestimmtes Merkmal Einfluss auf die Berufszufriedenheit hat (z.b. das Arbeiten in einer Gemeinschaftspraxis, die Lage der Praxis, der Familienstand etc.) wird das Sample so erweitert, dass eine weitergehende Analyse in Bezug auf dieses Merkmals erfolgen kann. Für die Interviews steht ein Pool von ca. 40 Ärzten zur Verfügung, die sich zu einem Interview bereit erklärt haben. Die Interviews werden ton-aufgezeichnet, vollständig transkribiert und auf Grundlage der Grounded Theory kodiert und analysiert. Ergebnisse: Unsere Studie zielt darauf ab, zu ergründen, wovon die wahrscheinlich durch komplexe Faktoren bedingte Berufs- und Lebenszufriedenheit von Allgemeinmedizinern in Mecklenburg-Vorpommern letztendlich bestimmt wird. Vorrangiges Ziel der Studie ist es, diesbezügliche Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen und damit zu einer qualitativ besseren Versorgung von Patienten in Mecklenburg-Vorpommern beizutragen. Schlussfolgerung/Implikation: Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu dienen, entsprechende Handlungsempfehlungen abzuleiten, die dem prognostizieren Ärztemangel v. a. in strukturschwachen Regionen Mecklenburg- Vorpommerns entgegenwirken. Bitte zitieren als: Löffler C, Riedel J, Völker S, Altiner A, Drewelow E, Wollny A. Berufs- und Lebenszufriedenheit von Allgemeinmedizinern in Mecklenburg-Vorpommern eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom124. DOI: /11fom124, URN: urn:nbn:de: fom Operation wird der Patient eingehend untersucht, um das operative Risiko abzuschätzen und zu minimieren. Neben der Anamneseerhebung und körperlichen Untersuchung haben sich eine Reihe diagnostischer Maßnahmen etabliert, die häufig routinemäßig durchgeführt werden. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine aktuelle systematische Übersicht über die vorhandene Studienevidenz zur Effektivität präoperativer Diagnostik bei erwachsenen Patienten vor selektiven, nicht-herzchirurgischen Eingriffen zu erarbeiten. Folgende präoperativen Untersuchungen wurden in dieser Arbeit evaluiert: Spirometrie, Thorax- Röntgenaufnahme, Blutgase, Hämoglobin, Hämatokrit, Leukozytenzahl, C-reaktives Protein, Gerinnungstests (aktivierte partielle Thromboplastinzeit [aptt], Prothrombinzeit [PT], Thrombozytenzahl), Nierenfunktionsparameter (Kreatinin, Harnstoff, glumeruläre Filtrationsrate [GFR]), Urinanalyse, Leberfunktionstests (AST [GOT], ALT [GPT], AP, Gesamtbilirubin), Elektrolyte (Na+, K+), Blutzucker, HbA1c, und Schwangerschaftstest. Material und Methoden: Folgende Datenbanken wurden für den Zeitraum von 01/2001 bis 02/2011 durchsucht: Medline via Ovid, Embase, Cochrane Central Register of Controlled Trials und NHS-CRD-HTA (INAHTA). Zusätzlich wurde eine Handsuche der verzeichnisse aufgefundener Arbeiten durchgeführt. Ergebnisse: Durch die Datenbanksuche wurden Arbeiten identifiziert. Nach der Vorselektion wurden 447 Arbeiten der Volltextanalyse zugeführt. Nach Überprüfung auf Ein- und Ausschlusskriterien wurden 141 Studien inkludiert (Tabelle 1). Zu den einzelnen Untersuchungen wurden keine kontrollierten Studien identifiziert, sodass lediglich Kohorten-Studien, Fall-Kontroll-Studien und Fallserien inkludiert werden konnten. Vier randomisierte kontrollierte Studien untersuchten die Durchführung einer vorgegebenen oder nach Indikation ausgewählten Kombination von Untersuchungen (Test-grid) mit der Nicht- Durchführung dieser Diagnostik im Hinblick auf das periund postoperative Outcome. Es zeigte sich kein Unterschied zwischen Untersuchten und Nicht-Untersuchten. Aussagen zu den einzelnen Untersuchungen lassen sich aus diesen Studien nicht ableiten. Aus den nichtinterventionellen Studien ließ sich im groben Überblich das Ergebnis ableiten, dass ein Screening mittels der untersuchten Parameter ohne aus Anamnese oder körperlicher Untersuchung ableitbarer Indikation nicht notwendig ist. 125 Evidenz für die Effektivität präoperativer Untersuchungen hinsichtlich der Vorhersage und Verhinderung peri- und postoperativer Komplikationen Ein Systematic Review Tim Johansson 1, Maria Flamm 1, Bernhard Hansbauer 1, Nora Bachofner 1, Eva Mann 1, Matthias Bock 2, Gerhard Fritsch 1, Andreas Sönnichsen 1 1 Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg, Österreich 2 Dienst für Anästhesie und Intensivmedizin, Zentralkrankenhaus Bozen, Bozen, Italien Hintergrund: In Österreich werden im Jahr etwa 1,2 Millionen stationäre operative Eingriffe durchgeführt. Vor jeder 93

95 Tabelle 1: Identifizierte und inkludierte Studien nach Test Schlussfolgerung/Implikation: Bei Patienten ohne entsprechende anamnestische Hinweise, Risikofaktoren oder Erkrankungen kann sich die präoperative Diagnostik nach der derzeitigen Studienlage auf die sorgfältige Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung beschränken. Bitte zitieren als: Johansson T, Flamm M, Hansbauer B, Bachofner N, Mann E, Bock M, Fritsch G, Sönnichsen A. Evidenz für die Effektivität präoperativer Untersuchungen hinsichtlich der Vorhersage und Verhinderung peri- und postoperativer Komplikationen Ein Systematic Review. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom125. DOI: /11fom125, URN: urn:nbn:de: fom Identifikation protektiver Faktoren für die psychosoziale Entwicklung von Medizinstudierenen Luebeck Medical Students Trial [LUST]. Vorstellung des Studienprotokolls Thomas Kötter 1, Yannick Tautphäus 1, Edgar Voltmer 2, Martin Scherer 3 1 Institut für Sozialmedizin/UK S-H, Lübeck, Deutschland 2 Theologische Hochschule Friedensau, Friedensau, Deutschland 3 Institut für Allgemeinmedizin/UKE, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Das Medizinstudium sollte die Gesundheit der Studierenden nicht gefährden. Es ist jedoch durch psychosoziale Stressbelastung infolge hohen Lernaufwandes, Prüfungs- und Leistungsdruckes gekennzeichnet. Daher sind Medizinstudierende eine Risikogruppe für die Entwicklung von Depressionen, Ängsten, Burn-out und anderen stressbedingten Erkrankungen, wie Beobachtungsstudien belegen (beispielhaft: [1], [2]). Bestimmte protektive Faktoren begünstigen die Erhaltung und Förderung der Gesundheit während des Medizinstudiums [3]. Noch ist jedoch unklar, welche Faktoren sich im Einzelnen protektiv auf die Entwicklung der psychosozialen Gesundheit im Medizinstudium auswirken können. Ziel dieser Studie ist die Identifikation solcher Faktoren als Grundlage für die Entwicklung von Interventionen, die die Gesundheit von Medizinstudierenden verbessern. Dies dient langfristig auch der Bekämpfung des Nachwuchsmangels im (haus-)ärztlichen Bereich, der u.a. durch Abbruch des Medizinstudiums und das Abwandern aus der direkten Patientenversorgung bedingt ist. Material und Methoden: Initiiert wird zu Beginn des WS 2011/12 eine longitudinale Beobachtungsstudie, im Rahmen derer zwei vollständige Jahrgänge von Medizinstudierenden vom ersten Semester bis nach Abschluss ihres Studiums jährlich befragt werden. Die psychoziale Gesundheit wird mit etablierten Instrumenten wie dem HADS-D- und dem AVEM-Fragebogen, protektive Faktoren mit dem FSozU-Fragebogen und der "Ways of Coping Checklist" sowie selbstentwickelten Items identifiziert. Wir werden eine deutsche Übersetzung des "Perceived Medical School Stress"-Instrumentes verwenden und einige weitere soziodemographische Items abfragen. Um die Gefahr eines Selektionsbias zu minimieren, werden wir Non-Responder-Analysen durchführen. Die Analyse der Daten erfolgt mittels SPSS. Es werden Clusteranalysen auf der Ebene der berichteten Levels der Lebenszufriedenheit durchgeführt. Wir werden t-tests zum Vergleich der Mittelwerte für Lebenszufriedenheit zwischen den und innerhalb der so identifizierten Subgruppen verwenden. Zum Vergleich der Subgruppen im Hinblick auf protektive Faktoren verwenden wir logistisch bzw. multiple lineare Regressionsanalysen. Ergebnisse: Als Ergebnis der Studie erwarten wir die Identifikation bestimmter protektiver Faktoren auf unterschiedlichen Ebenen (beispielsweise Kommunikationsfähigkeit und soziale Kompetenz, soziale Unterstützung in Form von Familie und Freundeskreis, Faktoren der Freizeitgestaltung [sportliche/musische Betätigung, ehrenamtliches Engagement], Wohn- und Lernumgebung). Diese könnten Ansatzpunkte für eine Modifikation des Curriculums auf dem Weg zu einem gesundheitsfördernden Medizinstudium darstellen. 94

96 Schlussfolgerung/Implikation: Im Rahmen des FORUM MEDIZIN 21 in Salzburg möchten wir das Studienprotokoll inklusive des entwickelten Fragebogens vorstellen und - vor allem im Hinblick auf die Relevanz des Themas für die hausärztliche Versorgung mit den Kongressteilnehmern diskutieren. 1. Guthrie E, Black D, Bagalkote H, Shaw C, Campbell M, Creed F. Psychological stress and burnout in medical students: a five-year prospective longitudinal study. J R Soc Med. 1998;91: Voltmer E, Kieschke U, Spahn C. Psychosocial behaviour and subjective experience specific to the course of study of medical students in their first and fifth years of study. Gesundheitswesen. 2008;70: Kjeldstadli K, Tyssen R, Finset A, Hem E, Gude T, Gronvold NT et al. Life satisfaction and resilience in medical school a six-year longitudinal, nationwide and comparative study. BMC Med Educ. 2006;6:48. Bitte zitieren als: Kötter T, Tautphäus Y, Voltmer E, Scherer M. Identifikation protektiver Faktoren für die psychosoziale Entwicklung von Medizinstudierenen Luebeck Medical Students Trial [LUST]. Vorstellung des Studienprotokolls. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom126. DOI: /11fom126, URN: urn:nbn:de: fom Inanspruchnahme des Hausarztes von türkischen und deutschen Patienten eine qualitative Studie Jessica Bungartz, Sema Uslu, Iris Natanzon, Stefanie Joos Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Menschen mit Migrationshintergrund machen einen wachsenden Teil der Bevölkerung in Deutschland aus. Derzeit leben ca. 16 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund in der Bundesrepublik, den größten Anteil unter ihnen stellen mit 2,5 Mio. Menschen türkischer Herkunft (ca. 16%) [1]. Bislang gibt es nur spärliche und teils widersprüchliche Angaben zum Inanspruchnahmeverhalten des Hausarztes aus der Sicht türkischer Patienten [2], [3]. Material und Methoden: In einem qualitativen Forschungsansatz wurden insgesamt fünf leitfadenstützte Fokusgruppendiskussionen getrennt nach deutschen (n=11) und türkischen (n=17) Teilnehmern unter Verwendung des gleichen Fragenkatalogs in deutscher Sprache durchgeführt. Dies geschah, um sprachlich und kulturell bedingte Unschärfen bei der Übersetzung vom Türkischen ins Deutsche zu vermeiden. Es erfolgte eine inhaltsanalytische Auswertung nach Mayring, softwaregestützt mittels ATLAS.ti. Ergebnisse: Die gefundenen Hauptkategorien waren Nutzung des Hausarztes, Faktoren für die Hausarztwahl und bezüglich der türkischen Teilenehmer Interaktion zwischen Arzt und Patient. Es zeigten sich grundsätzlich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede im Nutzungsverhalten des Hausarztes von deutschen und türkischen Teilnehmern. Nur 2 der 17 türkischen Teilnehmer suchten einen Hausarzt türkischer Herkunft auf. Leichte Unterschiede in der Inanspruchnahme zeigten sich lediglich bezüglich des Geschlechts des Hausarztes. Kein deutscher, aber zwei türkische Teilnehmer empfanden die Konsultation andersgeschlechtlicher Hausärzte als unangenehm. Vorurteilsbehaftetes und ausgrenzendes Verhalten von Seiten eines deutschen Hausarztes wurde nur von einer türkischen Teilnehmerin berichtet. Insgesamt zeichneten die türkischen Teilnehmer ein positives Bild ihrer Erfahrungen mit deutschen Hausärzten. Schlussfolgerung/Implikation: Patienten türkischer Herkunft, die über gute deutsche Sprachkompetenzen verfügen, zeigten im Vergleich zu deutschen Teilnehmern ein sehr ähnliches Inanspruchnahmeverhalten des Hausarztes. Die Durchführung der Fokusgruppen in deutscher Sprache lässt jedoch eine Selektion der Teilnehmer dahingehend vermuten, dass sprachlich kompetente Teilnehmer türkischer Herkunft auch über gute Systemkenntnisse des deutschen Gesundheitswesens verfügen. In zukünftigen Forschungsarbeiten sollte deshalb untersucht werden, inwieweit mangelnde Sprachkenntnisse einen Einfluss auf das Inanspruchnahmeverhalten von Hausärzten haben. 1. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und Bundesministerium des Inneren. Migrationsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung. Berlin; Razum O, Zeeb H, Meesmann U et al. Migration und Gesundheit. Schwerpunktbericht der Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Berlin: Robert Koch-Institut; Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Gesundheitliche Versorgung von Personen mit Migrationshintergrund. Dokumentation des Expertenworkshops im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Berlin; Bitte zitieren als: Bungartz J, Uslu S, Natanzon I, Joos S. Inanspruchnahme des Hausarztes von türkischen und deutschen Patienten eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom127. DOI: /11fom127, URN: urn:nbn:de: fom Lebensstilanalyse bei Studierenden G. Lirk, C. Schnabl, U. Fötschl, R. Springmann, R. Falk, B Bamberger, P. Wilhelmi, C. Boissl Fakultät für Informatik, Kommunikation und Medien, FH Oberösterreich, Hagenberg, Österreich Hintergrund: Die zunehmende Prävalenz von Zivilisationskrankheiten führt zur Suche nach verschiedenen begünstigenden / auslösenden Faktoren, bzw. nach geeigneter Präventionen und gesundheitsfördernden Interventionen. So ist z.b. Adipositas ein ernstes und zunehmendes Problem der öffentlichen Gesundheit v.a. in den entwickelten Ländern. Es gibt nur geringe Evidenz, dass die Ursachen der gegenwärtigen Adipositas-Epidemie genetischen Ursprungs sind. So können einerseits Umweltfaktoren einen Einfluss auf die Entstehung dieser Krankheiten haben, andererseits kann die entscheidende Rolle des erlernten Verhaltens in dieser Thematik nicht ignoriert werden. Es sind unsere Ernährung, mangelnde körperliche Aktivität und sitzenden Verhaltensweisen, welche stark die Entwicklung der Symptome beeinflussen. Ein besseres 95

97 Verständnis für spezifische Verhaltensweisen, welche die Ätiologie beeinflussen, kann hilfreich sein, die Prävention zu verbessern [1], [2]. Diese Studie beschreibt verschiedene gesundheitsrelevante Faktoren in einer österreichischen tertiären Bildungseinrichtung mit dem Ziel die allgemeine Gesundheitseinstellung der Studierenden zu erheben. Dabei wird speziell der Unterschied zwischen verschiedenen Studienrichtungen sowie die Einstellungsänderung im Verlauf des Studiums untersucht. Material/Methoden: Zwei Typen von Daten wurden erhoben. Ein Fragebogen in Papierform erhob die allgemeine gesundheitsbezogene Lebensweise der ProbandInnen. Andererseits wurden damit Blutwerte aus dem Labor in Relation gesetzt. Diese Daten mussten technisch validiert und der Befund freigegeben werden. Die Datenerfassung erfolgt in MS Excel, die statistische Auswertung mit SPSS. Ergebnisse: In Summe wurden im ersten Jahr 230 Studierende untersucht, davon studierten 43% im Bereich Gesundheitswissenschaften. Etwa 58% der ProbandInnen waren weiblich, wobei es eine starke Differenz der Geschlechterverteilung zwischen gesundheitswissenschaftlichen und anderen (v.a. technischen) Studienrichtungen gibt: mehr Frauen studieren Gesundheitswissenschaften. In der ersten Gruppe wird z.b. weniger geraucht (14 statt 28%), weniger Alkohol getrunken (8 statt 30%), statt dessen mehr Obst, Gemüse und Süßigkeiten gegessen. Bei der Einstellung zur Gesundheit gibt es keine Unterschiede, die Cholesterinwerte sind bei den Studierenden der Gesundheitswissenschaften erhöht. Schlussfolgerung/Implikation: Die erste Datenerhebung in diesem Projekt zeigt auf den ersten Blick klare Unterschiede im Lebensstil zwischen den Studienrichtungen. Eine Normalisierung der Werte nach dem Geschlecht eliminiert jedoch diese Unterschiede zum großen Teil. Ob sich im Laufe des Studiums die Lebensweise oder Einstellung zur Gesundheit je nach Studienrichtung ändert, soll in weiteren Phasen des Projekts erhoben werden. 1. Crawford D, Ball K. Behavioural determinants of the obesity epidemic. Asia Pacific J Clin Nutr. 2002; 11(Suppl): S Pérusse-Lachance E, Tremblay A,Drape V. Lifestyle factors and other health measures in a Canadian university community. Applied Physiology, Nutrition, and Metabolism. 2010; 35: Bitte zitieren als: Lirk G, Schnabl C, Fötschl U, Springmann R, Falk R, Bamberger B, Wilhelmi P, Boissl C. Lebensstilanalyse bei Studierenden. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom128. DOI: /11fom128, URN: urn:nbn:de: fom Körperliche Misshandlungen bei älteren Menschen? Know-How für den Hausarzt Albrecht Stein 1, Jörg Schelling 1, Andreas Klement 2, Alexandra Ried 3, Albert Standl 1 1 LMU München, München, Deutschland 2 Uni Halle, Halle, Deutschland 3 FH Hamburg, München, Deutschland Problematik der Aufdeckung bei ca. 350Tsd Taten jhr.: Tabuisierungstendenzen Kommunikationseinschränkung, Gewalt i. d. R. nicht die Folge einer kriminellen Idee Umkehr der Familiendominanz Angst der Geschädigten vor Alternativen (Alleinsein, Heim) => Wahrscheinlichkeit der Aufdeckung der Misshandlungen gering Rechtlicher Aspekt Vorsätzliche Körperverletzung ( 223 ff. StGB), Definition: jede unangemessene Behandlung, die entweder das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Bei einer körperlichen Misshandlung Tatbestände einfache ( 223 StGB), gefährliche ( 224 StGB), schwere ( 226 StGB) Körperverletzung bis hin zur Körperverletzung mit Todesfolge ( 227 StGB). Zusätzlich 225 StGB (Misshandlung von Schutzbefohlenen). Formen der Gewalt körperliche Misshandlung (tätliche Angriffe mit körperlicher Gewalt aber auch Medikamentenmissbrauch) sexuelle Gewalt (Nötigung, Missbrauch, Vergewaltigung, Missachtung der Schamgrenzen bzw. sexuellen Bedürfnisse) Vernachlässigung (Ignorierung von Lebensbedürfnissen, Flüssigkeitsmangel, Unterernährung sowie Dekubitalulcera) psychische Misshandlung (Demütigungen, Quälen, Manipulation etc.), soziale (Isolation), rechtliche (unnötige und unverhältnismässige Einschränkung der Grundrechte), ökonomische (finanzielle Ausbeutung) Kritierien Unfall Misshandlung siehe Tabelle 1. Entscheidung: ambulante oder stationäre Behandlung; diagnostische und therapeutische Gründe, Gewährleistung des Patientenschutzes (Trennung Opfer/mutmaßlicher Täter, weitere Interventionen durch Dritte. Bei mangelnder Kooperation der Angehörigen sowie bei drohender Gefährdung: Einschaltung der Polizei. Cave: Schweigepflicht ( 203 StGB), Rechtfertigender Notstand ( 34 StGB). Güterabwägung ist ärztliche Aufgabe. Pflicht zur Anzeige nur bei Kenntnis einer bevorstehenden schweren Straftat. Fazit: Man kann nie genau genug hinsehen. 96

98 Tabelle 1: Kritierien Unfall Misshandlung Bitte zitieren als: Stein A, Schelling J, Klement A, Ried A, Standl A. Körperliche Misshandlungen bei älteren Menschen? Know-How für den Hausarzt. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom129. DOI: /11fom129, URN: urn:nbn:de: fom Pflegeheimbewohner sozial isoliert? Ergebnisse einer Querschnittsstudie Christine Mellert 1, Katharina Lex 1, Sonja Rothärmel 2, Georg Marckmann 3, Karl Wegscheider 4, Jürgen in der Schmitten 1 1 Abteilung für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Deutschland 2 Juristische Fakultät, Augsburg, Deutschland 3 Institut für Geschichte der Medizin, München, Deutschland 4 Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Hamburg, Deutschland Hintergrund: In Deutschland waren Ende ,34 Millionen Menschen pflegebedürftig. 31% davon lebten in vollstationären Pflegeeinrichtungen. Diese Personengruppe ist häufig multimorbide und wird regelmäßig von ihren Hausärzten besucht. Informationen über Pflegeheimbewohner und ihre Lebensumstände, die für eine ganzheitliche hausärztliche Behandlung wichtig sein könnten, sind teils schwer zugänglich, teils nicht bekannt. Wir haben Soziodemographie und soziale Einbindung bzw. Isolation von Pflegeheimbewohnern untersucht. Material und Methoden: In der Interventionsstudie RES- PEKT wurden 2009 Daten von Pflegeheimbewohnern aus insgesamt 10 Pflegeheimen in drei mittelgroßen Städten Nordrhein-Westfalens erhoben. Dazu wurden in einer Querschnittserhebung zu Beginn der Studie die Bewohner und ihre Pflegekräfte befragt sowie die Akten eingesehen. Neben soziodemographischen Angaben wurden u.a. Gebrechlichkeit (Pflegestufe, Barthel-Index) und (nichtprofessionelle) Sozialkontakte erfasst. Ergebnisse: Insgesamt haben 617 Bewohner an der Studie teilgenommen. Die Auswertung wird im Sommer 2011 abgeschlossen sein. Nach vorläufigen Analysen sind die Heimbewohner im Durchschnitt 84 Jahre alt (Median 86 Jahre) und zu 74% weiblich. Der Anteil der Frauen steigt mit zunehmendem Alter an, so sind bei den über 90- jährigen 93% weiblich. 3% der Bewohner besitzen keine Pflegestufe, 31% Pflegestufe I, 39% Pflegestufe II und 27% Pflegestufe III. 64,7% der Bewohner haben einen gesetzlich bestellten Betreuer. Die Betreuer sind dabei in 50% der Fälle Berufsbetreuer und in 34% die eigenen Kinder. Als wichtigste Bezugspersonen geben die Bewohner ihre eigenen Kinder (44,2%) an, gefolgt von Geschwistern (9,5%), Partnern (7,9%), Pflegekräften (6,3%) und Enkeln (5,7%). Sie berichten, im Mittel von drei (Median: zwei) Personen besucht zu werden. 56% der Bewohner geben an, mindestens einmal die Woche besucht zu werden, 23%, seltener als einmal im Monat Besuch zu erhalten. Die Bewohner, welche nach eigener Angabe selten oder nie Besuch erhalten, haben gegenüber der Gesamtstichprobe etwas häufiger keine Pflegestufe (5,6%), sind überproportional häufig Männer (37,5%) und haben eher häufiger eine gesetzliche Betreuung (81,3%). Hiervon sind besonders die Bewohner mit Berufsbetreuer betroffen: 52,9% von ihnen gibt an, (fast) keinen Besuch zu erhalten. Schlussfolgerung/Implikation: Der durchschnittliche Heimbewohner ist hochbetagt, erheblich pflegebedürftig und in drei von vier Fällen weiblich. Knapp über die Hälfte der Bewohner gibt regelmäßige soziale Kontakte an. Dem steht mit ca. 25% der Bewohner eine nicht unbedeutende Gruppe gegenüber, die nach eigener Angabe fast oder nie Besuch bekommt und somit möglicherweise von sozialer Isolation betroffen und dementsprechend spezifisch bedürftig ist. Diese häufig männlichen, tendenziell weniger pflegebedürftigen und beruflich betreuten Bewohner sollten u.a. von Hausärzten identifiziert und ihre Bedürfnisse mit Hilfe qualitativer Forschung näher analysiert werden. Bitte zitieren als: Mellert C, Lex K, Rothärmel S, Marckmann G, Wegscheider K, in der Schmitten J. Pflegeheimbewohner sozial isoliert? Ergebnisse einer Querschnittsstudie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom130. DOI: /11fom130, URN: urn:nbn:de: fom Polypharmakotherapie, Versorgungsqualität und Patientensicherheit I 131 Assoziationen von Hausärztinnen und Hausärzten zu "muslimischen Patientinnen und Patienten" Andrea Kronenthaler 1, Manfred Eissler 1, Christoph Meisner 2, Katja Weimer 3, Elisabeth Simoes 4 1 Universitätsklinikum Tübingen, LB Allgemeinmedizin, Tübingen, Deutschland 2 Universitätsklinikum Tübingen, Abt. Medizinische Biometrie, Tübingen, Deutschland 3 Universitätsklinikum Tübingen, Innere Medizin VI, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland 4 Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Tübingen, Deutschland Hintergrund: In Deutschland leben ca. 4,5 Millionen Muslime. Insgesamt ist die Gruppe nicht homogen [1]. Immer häufiger haben Ärzte/-innen mit Patienten/-innen 97

99 dieses Kultur- bzw. Religionskreises zu tun. Deshalb wollten wir einen Eindruck über die Vorstellungen erhalten, die deutsche Hausärzte/-innen zu muslimischen Patientinnen und Patienten haben. Ziel war die Gewinnung eines ersten Eindruckes zu Erfahrungen, Haltungen und möglicher Stereotypenbildung. So soll eine Basis für weitere Evaluation, auch quantitativer Art geschaffen werden, um darauf aufbauend Zusammenhänge transparent zu machen und gegebenenfalls Handlungsbedarfe arzt- und patientenseitig aufzuzeigen. Material und Methoden: Am Tübinger Tag der Allgemeinmedizin wurde mit 65 Hausärzten und 25 Hausärztinnen (N=90), die alle auch Lehrärzte/-innen sind, ein Brainwriting durchgeführt. Die Anwesenden erhielten ein vorbereitetes Papier mit der Überschrift Stichwort- und Gedankensammlung: Muslimischer Patient/muslimische Patientin was fällt Ihnen dazu ein? und wurden aufgefordert, ihre Gedanken und Erfahrungen zu dieser Patient/-innen-Gruppe zu notieren. Die notierten Stichworte wurden transkribiert und mit MaxQda ausgewertet. Ergebnisse: Die Antworten (n=90) reichten von einem Stichwort (3) bis hin zu ausführlichen Beschreibungen. Die Hälfte (48) gab an häufigen Kontakt mit muslimischen Patienten/-innen zu haben (selten=42, nie=0). Ärzte äußerten sich doppelt so häufig wie Ärztinnen zu den Begleitpersonen und 3mal häufiger zum Kopftuch, zur Untersuchungssituation und zur mangelnden Autonomie der Patientinnen. Nur Ärztinnen äußerten sich über eigene Unsicherheiten und ein Empfinden von Missachtung gegenüber ihrer eigenen Person beim Umgang mit männlichen Patienten. Mangelnde Deutschkenntnisse, vor allem bei Patientinnen, wurden von allen genannt. Ca. 20mal wurde unabhängig vom Geschlecht des Arztes bei männlichen Patienten eine starke Dominanz attestiert. Ärzte erwähnten meist zusätzlich noch eine Suchtproblematik. Ein andersartiges Krankheitserleben/-verständnis wurde meist im Zusammenhang mit psychosomatischen Erkrankungen erwähnt. Die Compliance beschrieben 15 Ärzte/- innen beispielsweise mit folgenden Begriffen: fast unterwürfig, teils zwanghaft, schwankend, schlecht, wenig, nicht vorhanden. Schlussfolgerung/Implikation: Eigene kulturell geprägte Wertvorstellungen aufseiten der Ärzt/-innen beeinflussen die Einschätzung des Gegenübers sowie das eigene Empfinden in der Arzt-Patienten-Situation. Unterschiedlichkeiten prägen sowohl die Untersuchungssituation, - kommunikation als auch Erwartungshaltungen an Behandlungsinhalte und Medikation (psychosomatische Erkrankungen, eng verbunden mit einer patientseitigen Pharmagläubigkeit ). Dies kann bei der Compliance, vor dem Hintergrund eines anderen Gesundheits- und Krankheitsverständnisses, zu Reibungspunkten führen. Weitere Klärung sollen Interviews zur Situation von Hausärzte/-innen mit muslimischen Patienten bringen. 1. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Muslimisches Leben in Deutschland. Juni Bitte zitieren als: Kronenthaler A, Eissler M, Meisner C, Weimer K, Simoes E. Assoziationen von Hausärztinnen und Hausärzten zu "muslimischen Patientinnen und Patienten". In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom131. DOI: /11fom131, URN: urn:nbn:de: fom Die Sicherheit von Metamizol mit Schwerpunkt Agranulozytose eine systematische übersicht, gefördert durch das BMBF. Vorstellung von ersten Ergebnissen Thomas Kötter 1, Eva Blozik 2, Margrit Fässler 3, Klaus Linde 3, Eveline Nüesch 4, Stephan Reichenbach 4, Peter Jüni 4, Martin Scherer 1 1 Institut für Allgemeinmedizin / UKE, Hamburg, Deutschland 2 Institut für Sozialmedizin / UK S-H, Lübeck, Deutschland 3 Institut für Allgemeinmedizin / TUM, München, Deutschland 4 Institut für Sozial- und Präventivmedizin / UB, Bern, Schweiz Hintergrund: Metamizol wurde bereits 1922 als Analgetikum und Antipyretikum eingeführt. Es ist in vielen Ländern erhältlich, zum Teil sogar frei verkäuflich. In Deutschland ist die Anwendung weit verbreitet. In einigen Ländern (u.a. USA, Großbritannien, Schweden, Japan) ist es wegen des Risikos schwerer Nebenwirkungen (insbes. Agranulozytose) nicht zugelassen. Bislang existieren nur wenige Studien zur Inzidenz von Agranulozytose infolge Metamizol- Einnahme. Diese kommen zu stark heterogenen Einschätzungen des Agranulozytoserisikos [1], [2]. Mehrere Cochrane-Reviews zu verschiedenen Indikationen von Metamizol berichten keine schweren Nebenwirkungen [3], [4]. Eine genauere Einschätzung der Sicherheit von Metamizol, vor allem im Hinblick auf Agranulozytose, ist äußerst relevant. Material und Methoden: Mittels einer hochsensitiven Suchstrategie (eine Suchwortsäule mit allen Synonymen und Handelsnamen für Metamizol) haben wir in Medline, Embase, Cinahl und Central relevante (RCTs, Kohortenstudien, Fall-Kontroll-Studien und andere Interventions- und Beobachtungsstudien, welche sich Sicherheitsaspekten von Metamizol befassen) gesucht und in einem mehrstufigen Screeningverfahren ausgewählt. Zudem haben wir systematisch nach Fallberichten gesucht und Pharmakovigilanzregister kontaktiert. Wir werden eine ausführliche Grauliteratursuche durchführen und ausgewiesene Experten persönlich kontaktieren. Aus relevanten Publikationen werden wir mittels eines auf der Basis international anerkannter Standards entwickelten Formulars einen umfangreichen Datensatz, u.a. Daten zum Nebenwirkungsrisiko, zur Applikationsform, Dosierung und zur Qualität der Studien, extrahieren. Wenn möglich, werden wir diese Daten einer Metaanalyse unterziehen. Ergebnisse: Aus Primärtreffern wurden bislang ungefähr 200 relevante Publikationen ausgewählt. Davon waren ca. 100 Studien RCTs, ca. 15 Kohortenstudien, ca. 20 Fall-Kontroll-Studien und ca. 65 Studien ohne eindeutige Zuordenbarkeit des Studientypes. Mittels einer Kurzcharaktisierung im Rahmen des Volltextscreenings werden die Studien u.a. auf das Auftreten von Agranulozytosen 98

100 geprüft. Keiner der bislang untersuchten RCTs berichtete eine Agranulozytose. Die Kurzcharakterisierung der Fall- Kontroll- und Kohortenstudien, die ein Risikomaß für Agranulozytose infolge Metamizoleinnahme angeben, ergab ein ähnlich heterogenes Bild der Einschätzung des Risikos wie die Vorabrecherche im Rahmen der Konzeption dieser Übersichtsarbeit. Die Qualität der Studien ist sowohl methodisch als auch im Hinblick auf die Berichterstattung äußerst heterogen. Schlussfolgerung/Implikation: Es existieren zahlreiche Primärstudien, in denen Sicherheitsaspekte von Metamizol berichtet werden. Die Heterogenität des Primärstudienmaterials und das Fehlen von Agranuloytose-Ereignissen in den kontrollierten Studien machen eine besondere methodische Herangehensweise erforderlich. Wir möchten im Rahmen des FORUM MEDIZIN 21 in Salzburg erste Ergebnisse aus der Arbeit vorstellen und mit den Teilnehmern diskutieren. 1. Hedenmalm K, Spigset O. Agranulocytosis and other blood dyscrasias associated with dipyrone (metamizole). European Journal of Clinical Pharmacology. 2002;58: Kramer MS, Lane DA, Hutchinson TA. The International Agranulocytosis and Aplastic Anemia Study (IAAAS). Journal of Clinical Epidemiology. 1988;41: Edwards JE, Meseguer F, Faura C, Moore RA, McQuay HJ. Single dose dipyrone for acute renal colic pain. Cochrane database of systematic reviews (Online). 2002:CD Edwards JE, Meseguer F, Faura CC, Moore RA, McQuay HJ. Single-dose dipyrone for acute postoperative pain. Cochrane database of systematic reviews (Online). 2001:CD Bitte zitieren als: Kötter T, Blozik E, Fässler M, Linde K, Nüesch E, Reichenbach S, Jüni P, Scherer M. Die Sicherheit von Metamizol mit Schwerpunkt Agranulozytose eine systematische übersicht, gefördert durch das BMBF. Vorstellung von ersten Ergebnissen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom132. DOI: /11fom132, URN: urn:nbn:de: fom Einfluss von Patienten-Protokollen auf Diagnose und Therapie anlässlich 475 automatischen Blutdruckmessungen Philine Olbrich 1, Thomas Mengden 2, Thomas Ostermann 3, Detmar Jobst 4 1 PJ-Krankenhaus, Heidelberg, Deutschland 2 Klinikleitung, Bad Nauheim, Deutschland 3 Univ. Witten-Herdecke, Witten-Herdecke, Deutschland 4 Lehrbereich Allgemeinmedizin, Bonn, Deutschland Hintergrund: Die ambulante Blutdruckmessung (ABDM) mit elektronischen Messgeräten ist ein reliables nichtinvasives Verfahren zur Diagnosestellung und zur Therapiekontrolle der arteriellen Hypertonie. Begleitend sollen Patienten häufig schriftliche Protokolle über ihre Tätigkeiten und ihre Medikamenteneinnahme führen. Wie sinnvoll sind solche Patientenprotokolle? Welchen Einfluss haben sie auf Diagnosestellung und Therapie? Material und Methoden: Dreizehn Lehrärzte der Bonner Universität konnten im Rahmen einer Dissertationsarbeit rekrutiert und deren 475 kompletten ABDM-Ergebnisse aus dem Jahr 2009 retrospektiv ausgewertet werden, die ein Patientenprotokoll (PP) hatten und mindestens eine Hypertonie Grad 1 belegten. Ärztliche Hypertoniediagnosen und antihypertensive Medikation vor und nach ABDM wurden erfasst, Peaks und Dips im Blutdruckverlauf wurden mit den PP verglichen. Den Studienärzte wurden zur ABDM zehn strukturierte Fragen gestellt. Ergebnisse: Patienten dokumentierten ihre Tätigkeiten in 60% vollständig (v), in 28% nicht ausführlich (na) und in 12% unvollständig (un); in 53% wurden keine Medikamente aufgeführt. Die Vollständigkeit der PP- Aufzeichnungen hatte keine signifikanten Auswirkungen (Chi-Q-Test): Ärztlicherseits wurden Änderungen nach ABDM in der Diagnosestellung in 20,4 (v), 23,3 (na) und 24,1(un) Prozent und in der Therapie in 45,3 (v), 48,9 (na) 48,3 (un) Prozent der Fälle vorgenommen. Die von Patienten angegebenen Tätigkeiten korrelierten teils unplausibel mit Peaks und Dips. Anstrengende körperliche Tätigkeiten wurden vermieden, Stressoren sehr selten vermerkt. Elf Studienärzte(85%) fühlten ohne PP keine oder eine nur gering verminderte diagnostische Sicherheit. Sechs Studienärzte (46%) befanden die PP gleichwohl als sehr wertvoll. Schlussfolgerung/Implikation: Es konnte kein Einfluss durch PP auf Diagnose und Therapie der Hypertonie und kein entscheidender weiterer Nutzen dargestellt werden. Hingegen gab es Hinweise auf größeren Nutzen durch bessere ärztliche Dokumentation und gründlichere Patientenanleitung zum ABDM-Messvorgang. Bitte zitieren als: Olbrich P, Mengden T, Ostermann T, Jobst D. Einfluss von Patienten-Protokollen auf Diagnose und Therapie anlässlich 475 automatischen Blutdruckmessungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom133. DOI: /11fom133, URN: urn:nbn:de: fom Einstellungen von Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohner zu Schlafmedikamenten Wolfram J. Herrmann 1, Uwe Flick 2 1 Charité-Universitätsmedizin Berlin/Friedrich-Schiller-Universität Jena, Berlin/Jena, Deutschland 2 Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Deutschland Hintergrund: Pflegeheimbewohner leiden häufig unter Schlafstörungen. Schlafmedikamente sind jedoch aufgrund der Polypharmazie von Pflegeheimbewohnern, unerwünschter Arzneimittelwirkungen und mangelhafter Wirksamkeit eher nicht indiziert. Trotzdem erhalten viele Pflegeheimbewohner Schlafmedikamente. Möglicherweise sind die Forderungen und Wünsche von Pflegeheimbewohnern nach Schlafmedikation der Grund für die häufige Behandlung von Schlafstörungen mit Schlafmedikamenten bei Pflegeheimbewohnern. Ziel dieser Teilstudie war es daher die Einstellungen von Pflegeheimbewohnern zu Schlafmedikamenten zu explorieren Material und Methoden: Zur Exploration der subjektiven Konzepte von Pflegeheimbewohnern zu Schlaf und Schlafstörungen führten wir mit 30 Pflegeheimbewohnern (min. 99

101 64 Jahre alt, orientiert zu Ort und Person) episodische Interviews. Episodische Interviews enthalten Erzählungen stimulierende Fragen und abstrakte und konkrete Fragen. Das Interviewmaterial analysierten wir mittels thematischem Kodieren. Dabei werden Textsegmenten aus dem Material entwickelte Codes zugewiesen und in thematische Kategorien organisiert. Aus den Codes und dazugehörigen Textsegmenten zur Thematik Schlafmedikamente konstruierten wir eine Typologie der Pflegeheimbewohner hinsichtlich ihrer Einstellung zu Schlafmedikamenten. Ergebnisse: Wir konnten vier Typen von Pflegeheimbewohnern konstruieren. Pflegeheimbewohner von Typ A lehnen Schlafmedikamente strikt ab. Pflegeheimbewohner von Typ B sehen natürliche Schlafmedikamente, wie z.b. Baldrian, als harmlos und wirksam zur Beruhigung an. Pflegeheimbewohner von Typ C finden Schlafmedikamente in akuten Belastungssituationen vorübergehend für angebracht. Für Pflegeheimbewohner von Typ D sind Schlafmedikamente ein "Muss" um schlafen zu können; sie sind von Schlafmedikamenten abhängig. Meist wurden Pflegeheimbewohnern des Typs D noch im ambulanten Setting Schlafmedikamente in einer akuten Belastungssituation verordnet und die Einnahme dann nicht mehr beendet. Schlussfolgerung/Implikation: Die kurzfristig gedachte Verordnung von Schlafmedikamenten in akuten Belastungssituationen bietet die Gefahr einer langfristigen Einnahme mit Abhängigkeit von Schlafmedikamenten. Die Langzeitverläufe solcher Verordnungen sollten erforscht und die kurzfristige Verordnung von Schlafmedikamenten kritisch hinterfragt werden. Pflegeheimbewohner, die noch keine Schlafmedikamente nehmen, erwarten in dieser Studie auch nicht Schlafmedikamente verordnet zu bekommen. Insbesondere Pflegeheimbewohner von Typ B erwarten Hilfe dabei sich geistig beruhigen zu können, beispielsweise mit Hilfe pflanzlicher Mittel. Möglicherweise wäre auch die Verordnung von Entspannungstechniken für diese Pflegeheimbewohner eine Alternative. Bitte zitieren als: Herrmann WJ, Flick U. Einstellungen von Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohner zu Schlafmedikamenten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom134. DOI: /11fom134, URN: urn:nbn:de: fom Hausärztliche Fehler und Beinahe-Fehler beim Impfmanagement: Eine repräsentative Online- Umfrage Birgitta Weltermann 1, Marta Sikora 1, Ute Schnell 2, Martin Hermann 1, Stefan Gesenhues 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland 2 Sektion Allgemeinmedizin, Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg, Wittenberg, Deutschland Hintergrund: Auf der Webseite berichten Hausärzte auch von Fehlern und Beinahefehlern beim Impfen. In dieser repräsentativen Querschnittstudie von Hausärzten der KV Nordrhein und KV Westfalen-Lippe sowie allen Lehrärzten von zwei Instituten für Allgemeinmedizin wurden Hausärzte zu ihrem Impfmanagement sowie Fehlern und Beinahe-Fehlern befragt. Material und Methoden: Aus den Hausarztregistern der beiden Kassenärztlichen Vereinigungen wurde jeweils eine Zufallsstichprobe von 10% gezogen. Zusätzlich wurden alle Lehrärzte von zwei universitären Instituten für Allgemeinmedizin befragt. Beide Zielgruppen wurden per E- Mail bzw. per Brief um Teilnahme an der Online- Befragung gebeten. Mit Hilfe der Lime -Software wurde ein Befragungsmodul zu hausärztlichem Impfmanagement entwickelt, das auch Fragen zu Fehlern und Beinahe- Fehlern umfasste. Ergänzend wurden Charakteristika der Teilnehmer und der Praxen erhoben. Ergebnisse: Die repräsentative Stichprobe der Vertragsärzte umfasste 954 Hausärzte, von denen 120 (13%) teilnahmen. An den teilnehmenden Instituten beteiligten sich 127 von 211 (60%) bzw. 31 von 91 Lehrärzten (34%). Die meisten Teilnehmer waren Männer (70%); das Durchschnittsalter betrug 51 Jahre. Von mindestens einem Fehler berichteten 58% der Ärzte, mindestens einen Beinahefehler berichteten 42 %. Die drei häufigsten Fehler waren: doppelte Impfung aufgrund fehlender Dokumentation (42%), intramuskuläre Impfung eines Marcumarpatienten (40%) und Impfung trotz fehlender Indikation (36%). Die häufigsten Beinahefehler waren: Impfung trotz akuter Krankheit des Patienten (13%), Impfung eines abgelaufenen Impfstoffes (13%) und intramuskuläre Impfung eines Marcumarpatienten (12%). Im Jahr vor der Befragung nahm etwas mehr als die Hälfte der Ärzte (51%) an einer Impffortbildung teil und 65% hatten selbst eine Impfung erhalten. Schlussfolgerung/Implikation: Unsere repräsentative Umfrage unter Haus- und Lehrärzten zeigt, dass Hausärzte ein Problembewusstsein für Fehler und Beinahefehler auch aufgrund eigener Erfahrungen haben. Zur Fehlervermeidung ist ein aktives Impfmanagement sinnvoll. 1. Robert-Koch-Institut. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Available from: nn_195852/de/content/infekt/impfen/impfempfehlungen/ Impfempfehlungen node.html? nnn=true 2. Jacobson VJ, Szilagyi P. Patient reminder and patient recall systems to improve immunization rates (Review). The Cochrane Collaboration 2008 Bitte zitieren als: Weltermann B, Sikora M, Schnell U, Hermann M, Gesenhues S. Hausärztliche Fehler und Beinahe-Fehler beim Impfmanagement: Eine repräsentative Online-Umfrage. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom135. DOI: /11fom135, URN: urn:nbn:de: fom

102 136 Möglichkeiten eines Netzwerkes niedergelassener anthroposophischer Ärzte für Versorgungsforschung und Pharmakovigilanz Manuela Tabali 1, Kirsten Heckenbach 1, Elke Jeschke 1, Thomas Ostermann 2, Harald Matthes 1 1 Forschungsinstitut Havelhöhe, Berlin, Deutschland 2 Lehrstuhl für Medizintheorie, Integrative und Anthroposophische Medizin, Herdecke, Deutschland Hintergrund: Obgleich die anthroposophische Medizin (AM) seit über 80 Jahren angewendet wird und das Interesse an Komplementärmedizin weltweit steigt, gibt es noch keine umfassende Beschreibung zu Verordnungshäufigkeiten, den behandelten Indikationen und Pharmakovigilanz der AM in der täglichen hausärztlichen Praxis. Ziel war die Gewinnung von Erkenntnissen zum Arzneimittelgebrauch sowie die Beurteilung von Unbedenklichkeit und Wirksamkeit anthroposophischer Arzneimittel. Material und Methoden: Seit 2004 findet eine prospektive mulizentrische Beobachtungsstudie bei 40 niedergelassenen anthroposophisch orientierten Ärzten mit verschiedenen Praxisschwerpunkten in ganz Deutschland statt. Es werden alle Verordnungen, relevanten Indikationen und auftretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) erfasst. Eine Subgruppe von 7 Ärzten dokumentierte zusätzlich zu den schwerwiegenden, alle leichten UAWs. Die Datenerhebung erfolgt auf elektronische Fragebögen (Studiensoftware QuaDoSta (Qualitätssicherung, Dokumentation & Statistik). Routinedaten aus den Praxissoftwaresystemen werden durch speziell entwickelte Schnittstellen ausgelesen. In standardisierten Web-Interfaces nehmen Ärzte ergänzend eine Verknüpfung von Medikamenten und Diagnosen, vor um Indikationen zu ermitteln. Auswertungen erfolgen deskriptiv unter verschiedensten Aspekten: a) Behandlungsspektrum allgemein und in verschiedene Altersklassen b) Verordnungsverhalten im Bezug zu Erkrankungen c) Sicherheit von Medikamenten. Ergebnisse: a) Das Behandlungsspektrum bei Kindern (<11 Jahre) zeigte keinen Unterschied zu konventionellen Netzwerken und anderen Ländern, in dem Erkrankungen des Respirationstraktes am häufigsten behandelt wurden. Nur 4% der Verschreibungen wurden für Antibiotika dokumentiert. AM wurden am häufigsten für akute Infekte der oberen Atemwege (URTI) verschrieben [1]. Die häufigsten Behandlungsdiagnosen bei den <60 jährigen waren Hypertonie, Brustkrebs und Herzinsuffizienz, wie auch in konventionellen Netzwerken. Am häufigsten wurden bei Krebs und Demenz AM verordnet [2]. b) Das Verordnungsverhalten für Patienten wurde analysiert. Diese erhielten Verordnungen (41,8% für AM). Die Wahrscheinlichkeit, ein AM zu erhalten, war besonders hoch bei Krebs (Odds Ratio [OR]: 4,5; 95% CI: 4,2 4,8) [3]. c) Die Sicherheit von Medikamenten wurde durch die Evaluation von UAW ermittelt. Eine Analyse bei Patienten, welche Korbblütler erhielten zeigte, dass die Behandlung mit Korbblütlern nicht mit einem erhöhten Risiko eine UAW zu entwickeln assoziiert ist [4]. Insgesamt wurden im Netzwerk in 5,5 Jahren 412 UAW gemeldet. Die häufigsten UAWs traten in Verbindung mit Cefadroxil auf (2,15%). Schlussfolgerung/Implikation: Durch die Aufbereitung und Ergänzung ärztlicher Routinedaten konnte der Verschreibungsalltag anthroposophischer Hausärzte abgebildet und ein Beitrag zur Versorgungsrealität und Pharmakovigilanz geleitet werden. Eine Ausweitung des Netzwerkes in Richtung Phytotherapie ist mit dem Projekt Ephraim geplant. 1. Jeschke E, Ostermann T, Tabali M, Kröz M, Bockelbrink A, Witt C, Willich SN, Matthes H. Anthroposophic medicine in paediatric primary care A prospectibe, multicentre observational study on prescribing patterns. in press Jeschke E, Ostermann T, Tabali M, Vollmar HC, Kröz M, Bockelbrink A, Witt CM, Willich SN, Matthes H. Pharmacotherapy of elderly patients in everyday anthroposophic medical practice: a prospective, multicenter observational study. BMC Geriatr. 2010;10: Jeschke E, Ostermann T, Tabali M, Bockelbrink A, Witt CM, Willich SN, Matthes H. Diagnostic profiles and prescribing patterns in everyday anthroposophic medical practice--a prospective multi-centre study. Forsch Komplementmed. 2009;16(5): Jeschke E, Ostermann T, Luke C, Tabali M, Kroz M, Bockelbrink A, Witt CM, Willich SN, Matthes H. Remedies containing Asteraceae extracts: a prospective observational study of prescribing patterns and adverse drug reactions in German primary care. Drug Saf. 2009;32(8): Bitte zitieren als: Tabali M, Heckenbach K, Jeschke E, Ostermann T, Matthes H. Möglichkeiten eines Netzwerkes niedergelassener anthroposophischer Ärzte für Versorgungsforschung und Pharmakovigilanz. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom136. DOI: /11fom136, URN: urn:nbn:de: fom Off-Label-Use Kräfteviereck Arzt-Patient- Hersteller-GKV Albrecht Stein 1, Jörg Schelling 1, Andreas Klement 2, Alexandra Ried 3 1 LMU München, München, Deutschland 2 Uni Halle, Halle, Deutschland 3 FH Hamburg, Hamburg, Deutschland 1. Pflichten für den Arzt aus rechtlicher Sicht Off-Label-Use im Rahmen der Therapiefreiheit grundsätzlich möglich. Ärztliche Prüfkriterien: wissenschaftlich legitimiert, Aufklärung über Risiken, Nebenwirkungen, Erfolgsaussichten, Kostenübernahme. 101

103 Bei Unterlassung: Vorwurf der KV, unterlassene Hilfeleistung, Körperverletzung (evtl. sogar vorsätzlich), Vertragsverletzung Behandlungsvertrag - Patienten 2. Patientenanspruch Kinder, Schwangere, Krebskranke, alte Menschen oft auf Off-Label -Verordnungen angewiesen. Info Selbsthilfegruppen, Medienberichte, Erfahrungsaustausch, Arztkontakt. Anstieg des Risikos von Nebenwirkungen bzw. von Unwirksamkeit. Fazit: Verzicht auf Therapie oder Inkaufnahme möglicher Risiken und Kosten für den Patienten. 3. Absichten des Arzneimittelhersteller Hersteller stellt Antrag auf die Zulassung des Arzneimittels. Kriterien: Marktbreite, Patentlaufzeit, Generikaregelungen und Re-Import-Praktiken => bei marktengen Produkten, Arzneimittelhersteller fördern Umsatz durch steigenden Off-Label-Use, (keine Investitionen, keine Haftungsprobleme für Produzenten). 4. Leistungspflicht Gesetzliche Krankenkassen Leistung gemäß SGB V definiert am allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, dem medizinischen Fortschritt, der Wirksamkeit und der Wirtschaftlichkeit, oft Streitigkeiten. Zukunftsvisionen: Negative Anreize (fraglich, da Gefahr der weiteren Überreglementierung ): 1. maximale Transparenz über Off-Label-Use-Fälle, z. B. durch Vergleich von Zahlen von Arzneimittelumsatz von Hersteller und Zahlen von On-Label- Verordnungen. 2. Verpflichtung der Pharmaunternehmen zum Antrag auf Neuzulassung bzw. zur Indikationserweiterung, wenn die Anzahl der Off-Label-Verordnungen den der On-Label erreicht. 3. Obligatorische Berichterstattung zu klinischen Studien zu Off-Label-Use z. B. durch die Pflicht zur Vorabregistrierung. Positive Anreize (bevorzugt): 1. Ermöglichung eines vereinfachten Verfahren zur Zulassungserweiterung bzw. zur Neuzulassung bei einem bestimmten anteiligen Off-Label-Use-Niveau eines Arzneimittels. 2. Förderung von klinischen Arzneimittelstudien (Zulassungserweiterung bzw. Neuzulassung durch Änderung der Rahmenbedingungen mit begünstigenden Regelungen von Patentlaufzeiten, Schutzfristen, Vermarktungsrechten etc.) 3. Gründung eines gemeinsames Fonds der Pharmaunternehmen zur Arnzeimittelforschung 4. Erleichterung der beschleunigten (Fast-Treck) Zulassung bei Arzneimitteln für bestimmte Bereiche und Erkrankungen (z. B. Onkologie, Multiple Sklerose) 5. Förderung der Forschung/klinische Tests in Nischenbereichen (orphan drugs, bestimmte Patientengruppen). Aktuelles: Bis wurde für zehn Arzneimittel die Anwendung in einer Off-Label-Use-Indikation bewertet und deren Verordnungs- bzw. Nichtverordnungsfähigkeit in der Arzneimittelrichtlinie verankert. Für Arzneimittel, für die es noch keine Entscheidungen gibt, gelten die BSG-Ausnahmeregelung (schwerwiegende Erkrankung, keine andere verfügbare Therapie, Aussicht auf Behandlungserfolg). Bitte zitieren als: Stein A, Schelling J, Klement A, Ried A. Off-Label-Use Kräfteviereck Arzt-Patient-Hersteller-GKV. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom137. DOI: /11fom137, URN: urn:nbn:de: fom Off-Label-Use Rechtliche Voraussetzungen Bedingungen für die Leistungspflicht der Krankenkassen Albrecht Stein 1, Jörg Schelling 1, Andreas Klement 2, Alexandra Ried 3 1 LMU München, München, Deutschland 2 Uni Halle, Halle, Deutschland 3 FH Hamburg, Hamburg, Deutschland Off-Label-Use ist nicht Arzneimittelfehlgebrauch oder Arzneimittelmissbrauch. Definition: ein Gebrauch/Einsatz außerhalb des gebrauchs- und fachinformativen Textes; d.h. Einsatz eines zugelassenen Fertigarzneimittel außerhalb dem von nationalen Behörden (BfArM oder PEI) oder von europäischen Zulassungsbehörde (EMEA) genehmigten Gebrauch zur Krankenbehandlung; d.h. ohne Zustimmung der Zulassungsbehörde 29 Abs. 2a f. Die Voraussetzungen eines Off-Label-Use: 1. Fertigarzneimittel 2. bestehende Zulassung 3. fehlende Genehmigung für den verordneten Gebrauch 4. Anwendung zur Krankenbehandlung Beispiele allgemein: a) Anwendungsgebiet/Indikation (z. B. Zytostatikum bei e.a. als dem zugelassenen Tumorstadium) b) Darreichungsform (z. B. inhalative statt i.v.) c) Dosierung (Unter- und Überschreitung) d) Art der Anwendung (z. B. lokale statt systemische) e) Dauer der Anwendung (z. B. orale Kontrazeptiva im Langzyklus) f) Eigenschaften des Patientenkreises (z. B. Alter, Geschlecht) g) Einschränkung der Kontraindikationen und Wechselwirkungen. Konkrete Beispiele für Off-Label-Use: Gabapentin bei chronischen Schmerzpatienten Loperamid bei Kinder unter 2 Jahren, Antitussivum Dihydrocodein unter 4 Jahren trotz Kontraindikation 102

104 Die häufigsten Anwendungsgebiete: Pädiatrie, Onkologie, Gynäkologie, Neurologie und Geriatrie. Abgrenzungen nach dem Kriterium Zeitpunkt der Zulassung : d. h. Arzneimittelanwendung vor jeglicher Zulassung (sog. Compassionate-Use). Es handelt sich dabei um Patientengruppen mit chronischen, schweren oder gar lebensbedrohenden Erkrankungen, mit fehlender bzw. passender Therapie mit zugelassenen Arzneimitteln. Antrag auf Phase I bis III. die Arzneimittel ohne Zulassung (Unlicensed-use) die Anwendung von Arzneimitteln, die in Deutschland keine Zulassung haben und für die diese auch nicht beantragt ist (z. B. Prüfpräparate außerhalb klinischer Studien oder aus USA importierte und nur dort zugelassene Arzneimittel) Gründe für den Off-label-Use: die medizinische Erkenntnisse über Erkrankungen und ihren Therapiemöglichkeiten entwickeln sich rasant weiter es entstehen laufend neue Erkrankungen (z. B. durch das HIV hervorgerufen) Therapiepotentiale und Anwendungsgebiete von Medikamenten werden durch die gesetzliche Zulassung oft nicht oder nicht vollständig abgedeckt die Zulassungsverfahren der Arzneimittel sind zu zeitintensiv, z. B. bei onkologischen Behandlungen, die Schwerstkranken brauchen oft eine kurzfristige Therapie zu hohe Kosten bei zu wenig Ertrag Aufnahme in den LK der Krankenkassen: Die Aufnahme in den Leistungskatalog der Krankenkassen (Leistungspflicht) erfolgt bei: positiver Empfehlung der Expertengruppe (6 Gruppen vorhanden) Anerkennung dieses Off-Label-Use als bestimmungsgemäßen Gebrauch durch den Hersteller Aufnahme des Arzneimittel und der Off-Label- Indikation in Teil A der Anlage zur Arzneimittel- Richtlinie durch den G-BA. Bitte zitieren als: Stein A, Schelling J, Klement A, Ried A. Off-Label-Use Rechtliche Voraussetzungen Bedingungen für die Leistungspflicht der Krankenkassen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom138. DOI: /11fom138, URN: urn:nbn:de: fom Polypharmakotherapie, Versorgungsqualität und Patientensicherheit II 139 Optimiertes Gerinnungsmanagement in der Hausarztpraxis: Primary Care Management for Optimized Antithrombotic Treatment (PICANT) Studienprotokoll Andrea Siebenhofer 1, Martin Beyer 1, Corina Güthlin 1, Juliana J. Peterson 1, Andrea Berghold 2, Sebastian Harder 3, Anne Dahlhaus 1, Ferdinand M. Gerlach 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität, Frankfurt, Deutschland 2 Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich 3 Institut für klinische Pharmakologie/ZAFES, Goethe-Universität, Frankfurt, Deutschland Hintergrund: Die orale Antikoagulation reduziert thromboembolische Ereignisse [1], [2]. Bei schlechter Gerinnungseinstellung drohen jedoch schwere, zum Teil lebensbedrohliche Nebenwirkungen in Form von Blutungen oder Thrombembolien. Die therapeutische Optimierung der oralen Antikoagulation ist somit unerlässlich, um den therapeutisch gewünschten Effekt zu erzielen. Die Qualität der Gerinnungseinstellung ist bisher bei jenen PatientInnen, welche in spezialisierten Kliniken betreut werden bzw. bei jenen, welche ein Selbstmanagement der oralen Antikoagulation durchführen höher als bei hausärztlich versorgten PatientInnen [3]. Material und Methoden: Im Rahmen der clusterrandomisierten, BMBF-geförderten Studie PICANT soll mittels eines Best Practice-Modells mit HausärztInnen, Medizinischen FachangestelltInnen und PatientInnen mit einer Langzeitindikation für die Gerinnungshemmung die hausärztliche Versorgung verbessert und gerinnungsassoziierte Komplikationen reduziert werden. Eingeschlossen werden erwachsene PatientInnen mit erforderlicher Langzeittherapie mit Kumarinen, Thrombozytenaggregationshemmern sowie den neuen gerinnungshemmenden Substanzen Rivaroxaban und Dabigatran, sofern diese bis zum Beginn der Studie zugelassen sind. Aufgrund der Fallzahlberechnung ist der Einschluss von 50 Praxen mit jeweils 15 Patienten vorgesehen. Die Beobachtungsdauer beträgt 24 Monate. HausärztInnen und das Praxisteam in der Interventionsgruppe erhalten Case Management-Schulungen, PatientInnen in der Interventionsgruppe werden im Sinne einer informierten Entscheidung aufgeklärt und zum Selbstmanagement motiviert. PatientInnen in der Kontrollgruppe bekommen die übliche hausärztliche Versorgung. Der kombinierte primäre Endpunkt inkludiert thromboembolische Ereignisse mit der Erfordernis eines stationären Aufenthalts und schwere Blutungskomplikationen. Sekundäre Endpunkte sind Mortalität, Häufigkeit/Dauer von Hospitalisierung, unerwünschte Ereignisse, Qualität der Gerinnungseinstellung, gesundheitsökonomische Aspekte und Lebensqualität. In semi-strukturierten Interviews werden die Erfahrungen der StudienteilnehmerInnen (Hausarztteam, PatientInnen) erfasst. Neben dem generellen Gerinnungsmanagement wird die Auswirkung der Neueinführung der (teureren) 103

105 Substanzen Rivaroxaban und Dabigatran auf das hausärztliche Verschreibungsverhalten und die therapeutische Effektivität evaluiert. Schlussfolgerung/Implikation: Aufgrund der guten Evidenzlage für die jeweiligen Einzelkomponenten (erwiesener Nutzen von Gerinnungshemmung [1], [2], Case Management im niedergelassenen Bereich [4] und Selbstmanagement für PatientInnen [5] wird für diese komplexe Intervention im Sinne eines Best Practice-Modells eine deutliche Reduktion der schweren gerinnungsassoziierten Komplikationen (Thrombembolien/ Blutungen) erwartet. 1. Aguilar MI, Hart R. Oral anticoagulants for preventing stroke in patients with non-valvular atrial fibrillation and no previous history of stroke or transient ischemic attacks. Cochrane Database Syst Rev. 2005;3:CD Saxena R, Koudstaal PJ. Anticoagulants for preventing stroke in patients with nonrheumatic atrial fibrillation and a history of stroke or transient ischaemic attack. Cochrane Database Syst Rev. 2004;2:CD Gadisseur AP, et al. Comparison of the quality of oral anticoagulant therapy through patient self-management and management by specialized anticoagulation clinics in the Netherlands: a randomized clinical trial. Arch Intern Med. 2003;163(21): Gensichen J, von Korff M, Peitz M, Muth C, Beyer M, Guthlin C, Torge M, Petersen JJ, Rosemann T, Konig J, Gerlach FM. Case management for depression by health care assistants in small primary care practices: a cluster randomized trial. Ann Intern Med. 2009;151(6): Siebenhofer A, Rakovac I, Kleespies C, Piso B, Didjurgeit U. Self-management of oral anticoagulation reduces major outcomes in the elderly. A randomized controlled trial. Thromb Haemost. 2008;100(6): Bitte zitieren als: Siebenhofer A, Beyer M, Güthlin C, Peterson JJ, Berghold A, Harder S, Dahlhaus A, Gerlach FM. Optimiertes Gerinnungsmanagement in der Hausarztpraxis: Primary Care Management for Optimized Antithrombotic Treatment (PICANT) Studienprotokoll. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom139. DOI: /11fom139, URN: urn:nbn:de: fom Polypharmazie aus hausärztlich-praktischer Sicht Ergebnisse aus Gruppendiskussionen mit Allgemeinärzten Katrin Püsche 1, Gabriella Marx 2, Wolfgang Himmel 2 1 Allgemeinmeidzin, Göttingen, Deutschland 2 Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland Hintergrund: Aufgrund des zunehmenden Alters und der damit zunehmenden Multimorbidität nimmt die Polypharmazie zu. Ursachen, Probleme und Folgen sind gut beschrieben. Im ersten Teil dieses Projektes wurden bereits die Arzt-Patienten-Kommunikation, sorgfältiges Medikamentenmanagement und die Publikation krankheitsübergreifender Leitlinien als relevante Kategorien deutlich. Doch in welchen Spannungsfeldern befinden sich Allgemeinärzte im Rahmen ihrer klinisch-praktischen Tätigkeit? Material und Methoden: Nach Auswertung der Gruppendiskussionen des XIII. Forschungskurses der DEGAM hoben sich die überwiegend klinisch-praktisch tätigen Hausärzte hervor. Daher erfolgte zur Differenzierung in einem zweiten Schritt die Durchführung von zwei weiteren Gruppen mit unterschiedlich langer Berufserfahrung. Die Diskussionen wurden nondirektiv durch zwei Moderatorinnen geleitet und inhaltsorientiert als MindMaps sowie interpretativ mittels der Dokumentarischen Methode nach Bohnsack ausgewertet. Ergebnisse: Erfahrenere Hausärzte zeigen eine deutliche Tendenz, die Medikation situativ anzupassen und nehmen aufgrund ihrer Selbstsicherheit die Polypharmazie nicht als problematisch wahr. Die jüngeren Ärzte hingegen sehen die Polypharmazie und ihre Entscheidungen darüber im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichen Wünschen, politischen Forderungen und eigener Ideologie. Eine Lösung wird von ihnen nicht gesehen. Schlussfolgerung/Implikation: Die im Zusammenhang mit der Polypharmazie formulierten Kommunikationsstrategien scheinen von eher wissenschaftlichem denn praktischem Interesse zu sein. Bei den älteren rein hausärztlich Tätigen Hausärzten ist die Erfahrung für den Umgang mit der Medikation entscheidend, wobei von den Jüngeren Unterstützung durch Wissenschaft, Politik und die Gesellschaft gewünscht wird. Bitte zitieren als: Püsche K, Marx G, Himmel W. Polypharmazie aus hausärztlich-praktischer Sicht Ergebnisse aus Gruppendiskussionen mit Allgemeinärzten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom140. DOI: /11fom140, URN: urn:nbn:de: fom Polypharmazie, Arzneimittel-bezogene Probleme und potenziell inadäquate Medikation in einer Kohorte älterer Patienten aus der PRISCUS-Studie Stefanie Holt 1, Renate Klaaßen-Mielke 2, Gudrun Theile 3, Christiane A. Müller 3, Ulrich Thiem 2, Petra A. Thürmann 1 1 Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Department für Medizin, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Helios Klinikum Wuppertal, Wuppertal, Deutschland 2 Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland 3 Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland Hintergrund: Bestimmte Arzneimittel gelten aufgrund pharmakologischer Effekte und eines erhöhten Risikos für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) als potenziell inadäquat für ältere Patienten. Die an den deutschen Arzneimittelmarkt und Verordnungsgewohnheiten angepasste PRISCUS-Liste beinhaltet 83 potenziell inadäquate Medikamente (PIM) für ältere Menschen [1]. Medikationsempfehlungen wie Monitoring-Parameter und Dosierungsanpassungen, falls der PIM-Gebrauch nicht vermeidbar ist sowie Therapiealternativen sind zusätzlich aufgeführt. Mit Hilfe der PRISCUS-Liste sollte die PIM- Nutzung bei älteren Patienten, die Studienteilnehmer des hannoverschen Teilprojektes des PRISCUS-Verbundes (STEP-Studie) waren [2], analysiert werden. 104

106 Material und Methoden: Demographische Daten, Erkrankungen, aktuelle Medikation und selbst-berichtete UAW wurden von 737 Patienten der Interventions- und Kontrollgruppe der STEP-Studie (78±4 Jahre, 60% Frauen) in zwei Interviews im Abstand von drei Monaten erfasst. Der Medikamentengebrauch wurde im Hinblick auf Polypharmazie ( 5 Arzneimittel), Häufigkeit potenziell inadäquater Medikamente nach PRISCUS-Liste und ihr Zusammenhang mit selbstberichteten Beschwerden und UAW untersucht. Die univariate und multivariate logistische Regressionsanalyse u.a. mit den Einflussfaktoren Geschlecht, Altersgruppen und Polypharmazie erfolgte mittels SAS (Version 9.1). Ergebnisse: Die Patienten der STEP-Studie nahmen zu beiden Interviewzeitpunkten im Mittel 6±3 Arzneimittel. 61% der Patienten erhielten 5 Medikamente. Bei 18% der Patienten konnte der Gebrauch von PIM gemäß PRISCUS-Liste ermittelt werden. Die häufigsten PIM waren Acetyldigoxin, Amitriptylin, Sotalol und Bromazepam. Die häufigsten potenziell inadäquaten Arzneistoffklassen waren Psychoanaleptika (N06), Psycholeptika (N05) und Herztherapeutika (C01). Der PIM-Gebrauch steht statistisch signifikant mit Polypharmazie und häufigen Arztbesuchen in Zusammenhang. Ein statistisch signifikant höherer PIM-Gebrauch bei Frauen konnten nur in der univariaten Analyse ermittelt werden (OR 1.7, KI ). Patienten mit PIM-Nutzung gaben häufiger Beschwerden wie Schlafstörungen (OR 1.7, KI ), Übelkeit (OR 3.2, KI ) und Obstipation (OR 2, KI ) an als Patienten ohne PIM. Die Längsschnittuntersuchung zeigte keine großen Veränderungen des PIM-Gebrauchs. 84.8% der PIM-Patienten nutzen zu beiden Interviewzeitpunkten potenziell inadäquate Medikamente nach PRISCUS-Liste. Schlussfolgerung/Implikation: 61% der untersuchten Kohorte sind von Polypharmazie betroffen, 18% wenden ein PIM an. Die ermittelte PIM-Prävalenz ist vergleichbar zu Daten anderer nationaler und internationaler Erhebungen [3], [4]. Im Unterschied zu internationalen Studien [5] wurde kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen der PIM-Nutzung und höherem Alter festgestellt. Eine randomisierte kontrollierte Studie zum PIM-Gebrauch und dessen Vermeidung startet im Frühjahr 2011 (RIME Studie). Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, Förder-Nr. 01ET0721, 01ET Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA. Potentially inappropriate medication in the elderly - PRISCUS list. Dtsch Arztebl Int. 2010;107: Müller CA, Klaaßen-Mielke R, Penner E, Junius-Walker U, Hummers-Pradier E, Theile G. Disclosure of new health problems and intervention planning using a geriatric assessment in a primary care setting. Croat Med J. 2010;51: Fialová D, Topinková E, Gambassi G, Finne-Soveri H, Jónsson PV, Carpenter I, Schroll M, Onder G, Wergeland Sørbye L, Wagner C, Reissigová J, Bernabei R for the AdHOC Project Research Group. Potentially inappropriate medication use among elderly home care patients in Europe. JAMA. 2005;293: Holt S, Thiem U, Diederichs C, Berger K, Szymanski J, Thürmann PA. Potentially inappropriate medication in two German elderly cohorts. 17. Jahrestagung der Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie. Osnabrück, Düsseldorf: GMS German Medical Science Publishing House; Doc10gaa22 DOI: /10gaa22 5. Bongue B, Naudin F, Laroche ML, Galteau MM, Guy C, Guéguen R, Convers JP, Colvez A, Maarouf N. Trends of the potentially inappropriate medication consumption over 10 years in older adults in the East of France. Pharmacoepidemiol Drug Saf. 2009;18: Bitte zitieren als: Holt S, Klaaßen-Mielke R, Theile G, Müller CA, Thiem U, Thürmann PA. Polypharmazie, Arzneimittel-bezogene Probleme und potenziell inadäquate Medikation in einer Kohorte älterer Patienten aus der PRISCUS-Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom141. DOI: /11fom141, URN: urn:nbn:de: fom Priorisierung in der Arzneimitteltherapie älterer multimorbider Patienten eine Frage des Geschlechts? Bianca Lehmann, Miriam Kip, Gernot Heusinger von Waldegg, Sophie Krößner, Markus Herrmann Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland Hintergrund: Die im Zuge des demographischen Wandels veränderte Alters- und Morbiditätsstruktur stellt HausärztInnen vor große Herausforderungen hinsichtlich der Arzneimitteltherapie älterer multimorbider PatientInnen. Ziel der Analyse war, geschlechtsspezifische Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei HausärztInnen hinsichtlich der Kriterien bei der Arzneimitteltherapie älterer multimorbider PatientInnen herauszuarbeiten. Material und Methoden: Grundlage bildeten die multimethodisch gewonnenen Daten des Projektes Priorisierung von Arzneimitteln in der hausärztlichen Versorgung von Patienten über 60 Jahre mit Multimorbidität im Übergang von stationärer zu ambulanter Versorgung (Setting: HausärztInnen in Sachsen-Anhalt). Die Transkripte von 4 Fokusgruppen wurde mittels Qualitativer Inhaltsanalyse [1] analysiert; die Daten der schriftlichen Befragung von 43 HausärztInnen (14 Männer, 29 Frauen) wurden deskriptiv ausgewertet (Tabelle 1). 105

107 Tabelle 1: Soziodemografische Daten der befragten Hausärzte und Hausärztinnen Ergebnisse: Die in der qualitativen Befragung herausgearbeiteten Kriterien bildeten die Grundlage für die Fragebogenerhebung. Patientenbezogene Faktoren sind für beide Geschlechter als Kriterium für die Arzneimitteltherapie am bedeutsamsten (Männer: Lebensqualität; Frauen: Patientensicherheit), ökonomische Faktoren haben die geringste Relevanz. Signifikante Unterschiede gibt es bzgl. der Bedeutung der Compliance: Mehr als die Hälfte der Hausärztinnen (55,2%), aber nur gut ein Fünftel der Männer (21,4%) zählt diese zu den 5 wichtigsten Kriterien. Eine deutliche Mehrheit der HausärztInnen gibt an, eine bestimmte Anzahl an Medikamenten in der Behandlung multimorbider Älterer nicht überschreiten zu wollen (Frauen: 6; Männer: 7). Die höhere Bedeutung der Compliance (und damit verbunden des Patientenwillens) für die Hausärztinnen zeigt sich auch in der qualitativen Analyse. Entgegen der Ergebnisse der quantitativen Befragung thematisieren Hausärzte in den Diskussionen stärker die Lebensdauer als die Lebensqualität, während ihre Kolleginnen der Lebensqualität v.a. auch in Abgrenzung zur Lebensdauer eine hohe Relevanz aussprechen. Hausärztinnen verbinden in den Diskussionen häufig das eigene ärztliche Handeln mit den für sie relevanten Kriterien (z.b. Sicherstellung der medizinischen Versorgung im häuslichen Umfeld, Berücksichtigung des Patientenwillens). Schlussfolgerung/Implikation: Hausärztinnen und Hausärzte nutzen bei der Priorisierung in der Arzneimitteltherapie älterer multimorbider Patienten bis auf wenige Ausnahmen die gleichen Kriterien mit ähnlicher Gewichtung. Unterhalb dieser vergleichbaren Relevanz der Kriterien zeigen sich geschlechtsspezifische Unterschiede in der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung dieser und der Verknüpfung zwischen einzelnen Kriterien. 1. Mayring P. Qualitative Inhaltsanalyse, Grundlagen und Techniken. 5. Aufl. Weinheim und Basel: Beltz Verlag; Bitte zitieren als: Lehmann B, Kip M, Heusinger von Waldegg G, Krößner S, Herrmann M. Priorisierung in der Arzneimitteltherapie älterer multimorbider Patienten eine Frage des Geschlechts. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom142. DOI: /11fom142, URN: urn:nbn:de: fom Sichtweise von Hausärzten und Apothekern über die Auswirkungen der Medikamenten- Rabattverträge Dagmar Gröber-Grätz, Markus Gulich Institut für Allgemeinmedizin, Ulm, Deutschland Hintergrund: Mit dem seit 1. April 2007 eingeführten GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz ist der Apotheker dazu verpflichtet, dasjenige Medikament abzugeben, mit dessen Hersteller die Krankenkasse des Versicherten einen Rabattvertrag hat, sollte auf dem Rezept bei aut-idem kein Kreuz gesetzt sein. Ziel dieser Studie war es zu untersuchen, welche Auswirkungen dies für Ärzte und Apotheken hat. Material und Methoden: Befragung von Hausärzten und Apothekern zu Auswirkungen der Rabattverträge auf die Patientenversorgung mittels standardisierter Fragebögen und Gegenüberstellung der Ergebnisse. Ergebnisse: An der Studie nahmen 95 Ärzte und 804 Apotheker/Innen und Apothekenangestellte teil. 54,8 % der Ärzte kreuzen auf dem Rezept nicht oder eher nicht aut-idem an. 69% der Apotheker geben an, dass sie Rezepte erhalten, die eine Substitution zulassen. 53,7% der Ärzte berichten, dass Patienten Ihnen gegenüber auf ihr Medikament bestehen und 96,9% der Apotheker stehen verärgerten Kunden gegenüber. 94,7% der Ärzte und 97% der Apotheker führen an, dass die Patienten in der Medikamenteneinnahme irritiert sind. Durch Änderungen in der Medikation geben 73,4% der Ärzte Medikationsfehler und 90,5% einen erhöhten Beratungsbedarf seitens der Patienten an. 60,1% der Apotheker sind Medikamentenverwechslungen von Kunden bekannt und 99,1% berichten über einen erhöhten Beratungsaufwand. Schlussfolgerung/Implikation: Alle Studienteilnehmer haben eine insgesamt ablehnende Haltung gegenüber Rabattverträgen. Die Erfahrungen von Ärzten und Apothekern zeigen gleichermaßen auf, dass Patienten/Kunden verärgert und in der Medikamenteneinnahme verunsichert sind. Das Arzneimittel wird fremdbestimmt durch die Krankenkassen vorgeschrieben, welche in diesem Moment direkt aktiv in die Therapie eingreifen. Die Untersuchung bietet Hinweise darauf, dass der Medikamentenaustausch auf dem Umweg über Verunsicherung und Ablehnung die Sicherheit der medikamentösen Therapie/Versorgung beeinträchtigen könnte. Bitte zitieren als: Gröber-Grätz D, Gulich M. Sichtweise von Hausärzten und Apothekern über die Auswirkungen der Medikamenten-Rabattverträge. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom143. DOI: /11fom143, URN: urn:nbn:de: fom Spezifische, nicht- spezifische medikamentöse Therapie und Komorbidität von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in der Hausarztpraxis Giuliano Piccoliori 1, Adolf Engl 1, Emiliano Sessa 2, Harald Abholz 2 1 SAkAM, Bozen, Italien 2 SaKAM, Bozen, Italien Hintergrund: Die chronische Herzinsuffizienz stellt ein in den Industriestaaten ständig steigendes Problem der öffentlichen Gesundheit dar. Deren Behandlung ist durch Studien gut abgesichert und in Leitlinien dargelegt. Nur wenige Studien haben aber die Behandlungsrealität im Hausarztbereich untersucht. Fragestellung: Wie werden Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in der Hausarztpraxis behandelt und welche Rolle spielen dabei chronische Begleiterkrankungen und deren Therapie. 106

108 Material und Methoden: 39 Hausärzte aus ganz Südtirol, die insgesamt eine Population von Bürgern betreuten, dokumentierten über 12 Wochen alle Patienten mit bekannter chronischer Herzinsuffizienz in Bezug auf spezifische Therapie, Komorbidität und nicht spezifische pharmakologische Behandlung. Die Ergebnisse wurden zu Leitlinienvorgaben verglichen. Ergebnisse: Es wurden 693 Patienten mit überwiegend (83%) NYHA II und III unter der Behandlung ein. Das Durchschnittliche Alter der Patienten betrug 75,1 Jahre. Die Patienten waren mehrheitlich multimorbide mit im Durchschnitt fast 3 weiteren chronischen Krankheiten. Die 3 häufigsten Komorbiditäten waren Hypertonie (66%), Vorhofflimmern (46%) und KHK (35%). Jeder Patient nahm im Durchschnitt 2,6 für die Herzinsuffizienz spezifische Medikamente (SD: 1) im engeren Sinne ein. ACE- Hemmer oder ATI-Antagonisten wurden von 81 % eingenommen, Diuretika von 77%, Betablocker von 51%, Sartane von 29%, Digitalis von 25,5, Antialdosteronika von 14%. Man fand dabei geschlechts-, alters- und komorbiditätsspezifische Unterschiede: Acehemmer wurden häufiger von Männern als von Frauen eingenommen, Betablocker häufiger von jüngeren Patienten und seltener bei COPD, Digitalis häufiger bei Vorhofflimmern. Die am häufigsten eingesetzten Moleküle bei den Ace-Hemmer waren Ramipril und Lisinopril, unter den Betablockern Bisoprolol und Carvedilol. Die Targetdosierung der Acehemmer wurde bei 46% und der Betablocker bei nur 17% der Patienten erreicht. Die Medianen der Tagesdosis betrugen bei Ramipril 5 mg und bei Lisinopril 20 mg, bei Bisoprolol 2,5 mg und bei Carvedilol 25 mg, bei Furosemid 25 mg und bei Spironolactone 37,5 mg. Unter den nicht spezifischen Medikamenten fand man die Vit.K- Antagonisten mit 38,5%, ASS mit 34,4% und Calcium- Antagonisten mit 25%. Statine wurden von 24%, Antidepressiva sowie orale Antidiabetika und Nitrate von mehr als 14% des Kollektivs eingenommen. Schlussfolgerung/Implikation: Der hohe Anteil an Patienten, die Ace-Hemmer oder AT1-Blocker (81%), Diuretika (79%) und vor allem Betablocker (51%) einnahmen, liefert uns das Bild einer zufriedenstellenden Adhärenz der laufenden Therapien an den Empfehlungen der Leitlinien. Nur eine Minderheit der Patienten erreichte aber die täglichen Targetdosierungen für Ace-Hemmer und Betablocker. Das höhere Alter und die hohe Komorbidität schränkten Auswahl der Medikamente und Dosierungen stark ein. Es stellt sich die Frage, ob bei solchen hochbetagten und polymorbiden Patienten die strikte Anwendung der Targetdosierungen wirklich vom Nutzen sein kann. Tabelle 1: Häufigkeit für die Herzinsuffizienz spezifischer Medikamente Tabelle 2: Komorbidität bei herzinsuffizienter Patienten 107

109 Tabelle 3: Dosierungen der häufigsten Moleküle 1. Dini L, Heintze C, Welke J et al. Leitliniengerechte Pharmakotherapie bei herzinsuffizienten Patienten Gibt es Unterschiede der Behandlung durch Hausärzte in Einzelpraxen und in Medizinischen Versorgungszentren? Z. Evid Fortbild Qual Gesundhwesen (ZEFQ). 2010; 104: Cleland JG, Cohen-Solal A, Aguilar JC. Management of heart failure in primary care (the IMPROVEMENT of Heart Failure Programme): An international survey. Lancet 2002; 112: ; 360: Ulf Dahlström. Frequent non-cardiac comorbidities in patients with chronic heart failure. The European Journal of Heart Failure. 2005;7: Bitte zitieren als: Piccoliori G, Engl A, Sessa E, Abholz H. Spezifische, nicht- spezifische medikamentöse Therapie und Komorbidität von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in der Hausarztpraxis. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom144. DOI: /11fom144, URN: urn:nbn:de: fom Welche Angaben können Patienten über ihre verordneten Medikamente machen? Ariane Chaudhuri 1, Elisabeth Hey 1, Martin Scherer 2, Jean- François Chenot 1 1 Abteilung Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland 2 Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Viele Menschen müssen auf Grund von Erkrankungen regelmäßig Medikamente einnehmen. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass ein besseres Verständnis und Wissen über die einzunehmenden Medikamente die Zufriedenheit der Patienten und die Adhärenz der verordneten Medikation erhöhen. Ziel der Studie ist es, zu untersuchen, welche Angaben Patienten über ihre ärztlich verordneten Medikamente machen können. Material und Methoden: In einer Querschnittstudie in zehn Hausarztpraxen wurden erwachsene Patienten, die mindestens ein Medikament einnahmen, über ihre aktuelle Medikation befragt. Die Datenerhebung wurde auf drei verschiedene Arten durchgeführt: postalisch, telefonisch und mündlich/interview. Die gewonnenen Patientendaten wurden mit den hausärztlich dokumentierten Medikamentenverordnungen (EDV-Patienten-Dokumentation) verglichen. Ergebnisse: Insgesamt wurden 1108 Patienten angesprochen und 637 Patienten (57% weiblich, Durchschnittsalter 67±13) befragt. 64% hatten einen Einnahmeplan, davon waren 73% vom Hausarzt ausgestellt worden, 30% erhielten zusätzlich Medikamentenverordnungen von anderen Ärzten. Die Patienten machten Angaben über 2862 Verordnungen (Durchschnitt 4,5±2,5 Medikamente/Person). In jeweils ca. 10% war die Medikation nur in der Dokumentation des Hausarztes oder nur vom Patienten angegeben. In 85% konnten die Patienten die Indikation korrekt angeben. Nur 15% Patienten konnten keine Medikamentendosis korrekt angeben. Mit zunehmender Medikamentenzahl sank der Anteil der korrekt angegebenen Dosierung stark ab. Schlussfolgerung/Implikation: Die befragten Patienten konnten über die von Ihnen eingenommenen verordneten Medikamente in Bezug auf Dosis, Einnahmeschema und Indikation gut Auskunft geben. Dies kann als Ausdruck einer guten Versorgungsqualität im Sinne der Patientenaufklärung und -anleitung bei der Pharmakotherapie interpretiert werden. Dabei ist neben einem anzunehmenden Selektionsbias zu berücksichtigen, dass ein hoher Anteil einen Einnahmeplan vom Hausarzt zur Verfügung hatte, den die Patienten pragmatisch bei der Befragung nutzen durften. Bei Patienten, die mehr als 5 Medikamente einnehmen, sollte eine regelmäßige Kontrolle des Einnahmeplans und Besprechung der Medikation erfolgen. Bitte zitieren als: Chaudhuri A, Hey E, Scherer M, Chenot JF. Welche Angaben können Patienten über ihre verordneten Medikamente machen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom145. DOI: /11fom145, URN: urn:nbn:de: fom

110 146 Qualitätszirkel zur Modifikation von Verschreibungsgewohnheiten in der primärmedizinischen Versorgung eine qualitative Analyse Wolfgang Spiegel 1,2, Marie-Theres Mlczoch-Czerny 3, Rolf Jens 4, Christopher Dowrick 5 1 Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie (RESTORE-Projekt- Team), Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, AKH Wien, Österreich 2 Abteilung für Allgemeinmedizin, Zentrum für Public Health, Medizinische Universität Wien, Österreich 3 Wilhelminen-Spital, Wien, Österreich 4 Zentrum für Allgemeinmedizin, Ärztekammer für Wien, Österreich 5 School of Population, Community & Behavioural Sciences, University of Liverpool, England Einleitung: In Ergänzung der bekannten Methoden zur Erhöhung des Generika-Anteils bei den Medikamentenverordnungen [1] wurden im Jahr 2004 in Wien in Modifikation der in Deutschland 1996 entwickelten "speziellen Qualitätszirkel" [2] die "Therapiezirkel" (TZs) eingeführt. Peer-Review-Gruppen [3] und Qualitätszirkel haben sich in mehreren Europäischen Ländern als wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung in der Grundversorgung etabliert [4]. Diese qualitative Studie exploriert die Wahrnehmung der TZ-Teilnehmer in Hinblick auf diese Methode und identifiziert die in den TZ prävalenten Hauptthemen. Methode: Die in den ersten beiden Jahren nach Einführung der TZs (2004 u. 2005) von den TZ-Leitern angefertigten Protokolle wurden von den Autoren dieser Studie systematisch analysiert. Die Diskussionsbeiträge der Teilnehmer und die Mitteilungen an die sogenannte "Steuerungsgruppe" der TZ wurden nach den identifizierten, vorherrschenden Themen geordnet und hinsichtlich Relevanz für unsere Studienfragestellungen ausgewertet. Ergebnisse: Von den 821 in Wien mit Kassenverträgen niedergelassenen ÄrztInnen für Allgemeinmedizin (ÄFAs) haben 445 in den Jahren 2004 und 2005 mindestens einmal teilgenommen. Die mittlere Teilnahmeanzahl pro Teilnehmer lag bei 1,55/Jahr. Sieben Hauptthemen wurden identifiziert: (1.) Qualitätszirkel-Arbeit und deren Bedeutung für ÄFAs; (2.) Meinungen u. Erfahrungen von ÄFAs betreffs Generika und zu deren Verschreibung; (3.) Wahrnehmung von Problemen bezüglich des Verkaufes von Generika; (4.) Arzt-Patient-Kommunikation und Patientenschulung; (5.) Compliance und Therapie-Adhärenz; (6.) Koordination der Betreuung; (7.) Kompetenz und medizinische Weiter- und Fortbildung. Im Jahr 2003 betrug der Anteil der Generikaverschreibungen (im 4. Quartal) bezogen auf alle von in Wien niedergelassenen ÄFAs 33,91%, ,97%, ,31% und ,88%. Abbildung 1. Abbildung 1: Änderungen des Generika-Anteils aller Vertragsärzte (inkl. ÄFAs) für die neun Österreichischen Bundesländer von 2003 bis 2006 Schlussfolgerungen/Hypothesen: Die Qualitätszirkel zur Pharmakotherapie unterstützen neben der angestrebten Qualitätssicherung den Austausch von Erfahrungen und erleichtern die Umsetzung von Maßnahmen. Die in den TZ prävalenten Themen geben Einblicke in wichtige Aspekte des primärmedizinischen Patientenmanagements bei der Pharmakotherapie. 109

111 1. Andersson K, Bergström G, Petzold MG, Carlsten A. Impact of a generic substitution reform on patients' and society's expenditure for pharmaceuticals. Health Policy. 2007;81(2-3): Wensing M, Broge B, Kaufmann-Kolle P, Andres E, Szecsenyi J. Quality circles to improve prescribing patterns in primary medical care: what is their actual impact? J Eval Clin Pract Aug;10(3): Grol R. Quality improvement by peer review in primary care: a practical guide. Qual Health Care. 1994;3(3): Beyer M, Gerlach FM, Flies U, Grol R, Król Z, Munck A, Olesen F, O'Riordan M, Seuntjens L, Szecsenyi J. The development of quality circles/peer review groups as a method of quality improvement in Europe. Results of a survey in 26 European countries. Fam Pract. 2003;20(4): Bitte zitieren als: Spiegel W, Mlczoch-Czerny MT, Jens R, Dowrick C. Qualitätszirkel zur Modifikation von Verschreibungsgewohnheiten in der primärmedizinischen Versorgung eine qualitative Analyse. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom146. DOI: /11fom146, URN: urn:nbn:de: fom Patienteninformation, Patientenleitlinien, Patientenkompetenz und Shared Decision Making 147 Die Berücksichtigung der Patientenperspektive in der Entwicklung von Qualitätsindikatoren eine systematische übersicht Thomas Kötter 1, Friederike Schaefer 2, Eva Blozik 2, Martin Scherer 1 1 Institut für Allgemeinmedizin/UKE, Hamburg, Deutschland 2 Institut für Sozialmedizin/UK S-H, Lübeck, Deutschland Hintergrund: Qualitätsindikatoren (QI) werden in vielen Bereichen der Gesundheitsversorgung verwendet, um Qualität zu messen, vergleichen und zu verbessern. Für die effiziente Entwicklung von qualitativ hochwertigen QI sind anerkannte und evidenzbasierte Entwicklungsmethoden die Vorraussetzung [1]. Die Vorstellung von Qualität variiert jedoch zwischen Leistungserbringern, Patienten und anderen Interessengruppen [2]. Die Berücksichtigung der Patientenperspektive bei der Entwicklung von QI wird daher gefordert, bisher werden Patienten jedoch selten und auf uneinheitliche Art und Weise beteiligt [3]. Diese systematische Übersichsarbeit zielt darauf ab, bisher beschriebene Methoden zur Einbeziehung der Patientenperspektive in die Entwicklung und von QI zu sammeln und gegenüberzustellen. Material und Methoden: Wir haben Medline, Embase und Cinahl mit einer aus kontrolliertem Vokabular und Freitextbegriffen zusammengestellten Suchstrategie nach Studien, in denen Methoden zum Einbezug der Patientenperspektive in die Entwicklung von QI beschrieben werden, durchsucht. Zusätzlich haben wir nach Grauliteratur gesucht und Experten auf dem Gebiet der QI-Entwicklung kontaktiert. In einem dreistufigen Screeningverfahren identifizierten wir relevante. Im Anschluss führten wir eine Referenzlistensuche zur Vervollständigung der recherche durch. Wir extrahierten aus relevanten Publikationen anhand eines vorab entwickelten Extraktionsformulares diverse methodische Variablen, technische Informationen sowie Daten zur Qualitätsbeurteilung. Die Methoden wurden gegenübergestellt, Stärken und Schwächen verschiedener Ansätze analysiert und diskutiert. Ergebnisse: Aus ingesamt Primärtreffern identifizierten wir zehn relevante Publikation. Die Studien zeigten sich heterogen hinsichtlich Qualität und methodischem Ansatz. Drei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze wurden identifiziert: Fragebögen, Fokusgruppeninterviews und individuelle Interviews. Zusätzlich lassen sich die Ansätze nach Art und Anzahl der Personen, die einbezogen werden (bspw. Patienten, Patientenvertreter oder Angehörige), sowie nach dem Zeitpunkt ihres Einbezugs (z.b. Auswahl potentieller QI, Bewertung dieser i. R. e. Panelverfahrens oder Bewertung bestehender QI), weiter differenzieren. Die meisten der relevanten Publikationen beschreiben die Entwicklung von QI für die Versorgung von Krebspatienten, einem Gebiet, in dem die Berücksichtigung der Patientenperspektive als besonders weit verbreitet erscheint. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse unserer systematischen Übersichtsarbeit zeigen, dass zwar insbesondere im Bereich der Versorgung von Krebspatienten Aktivitäten hinsichtlich der Berücksichtigung der Patientenperspektive in der Entwicklung von QI vorhanden sind. Diese müssen jedoch in Zukunft noch deutlich ausgebaut und von einer systematischen Evaluation begleitet werden. Denn noch ist unklar, auf welche Art die Patientenperspektive in der Entwicklung von QI am besten berücksichtigt werden kann. 1. Wollersheim H, Hermens R, Hulscher M, Braspenning J, Ouwens M, Schouten J, Marres H, Dijkstra R, Grol R. Clinical indicators: development and application. Netherlands Journal of Medicine. 2007;65: Gagliardi A, Lemieux-Charles L, Brown A, Sullivan T, Goel V. Stakeholder preferences for cancer care performance indicators. International Journal of Health Care Quality Assurance. 2008;21: Ouwens MM, Marres HA, Hermens RR, Hulscher MM, van den Hoogen FJ, Grol RP, Wollersheim HC. Quality of integrated care for patients with head and neck cancer: Development and measurement of clinical indicators. Head & Neck. 2007;29: Bitte zitieren als: Kötter T, Schaefer F, Blozik E, Scherer M. Die Berücksichtigung der Patientenperspektive in der Entwicklung von Qualitätsindikatoren eine systematische übersicht. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom147. DOI: /11fom147, URN: urn:nbn:de: fom

112 148 Gesundheitsprobleme älterer Patienten in der Hausarztpraxis: zur Wichtigkeit und zum Besprechungsbedarf vorliegender Gesundheitsprobleme aus Sicht gesünderer und kränkerer Patienten (Ergebnisse aus der PräfCheck-Studie: DRKS ) Ulrike Junius-Walker 1, Jennifer Wrede 1, Isabel Voigt 1, Werner Hofmann 2, Marie-Luise Dierks 3 1 Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland 2 WH-Sozialforschung, Hannover, Deutschland 3 Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland Hintergrund: Um eine patientenzentrierte und ganzheitliche Behandlungsplanung mit älteren multimorbiden Patienten vornehmen zu können, benötigt der Hausarzt nähere Erkenntnisse zur patientenseitigen Wichtigkeit vorliegender Probleme und zum problembezogenen Informationsbedarf. Ziel dieser Untersuchung ist es darzustellen, welche Gesundheitsprobleme ältere Patienten wirklich wichtig finden und welchen Besprechungsbedarf sie zu ihren Problemen haben. Dabei werden gesündere mit kränkeren Patienten verglichen, um zu explorieren, ob es unterschiedliche Bedürfnisse dieser beiden Gruppen gibt. Material und Methoden: 317 Patienten (Ø 76 Jahre, 62% w) erhielten in 40 Hausarztpraxen ein geriatrisches Assessment (STEP). Es resultierte in einer individuellen Gesundheitsproblemliste. Die Patienten gaben auf dieser Liste zu jedem Problem Wichtigkeit und Besprechungsbedarf an. Zur Auswertung wurden die im STEP vorgegebenen 46 Gesundheitsprobleme zehn übergeordneten Gesundheitsbereichen zugeordnet, wobei nach Vorerfahrungen der Autoren fünf Bereiche eher für Probleme stehen, die eine hohe Alltagsrelevanz haben und fünf Bereiche eher medizinische Relevanz aufweisen. Die Patientenprobleme mit ihren Wichtigkeitsbeurteilungen und Besprechungsbedarfen wurden den zehn Gesundheitsbereichen zugeordnet bzw. nach Problemart (medizinische versus Alltagsrelevanz) stratifiziert. Ebenso wurden die zwei Patientengruppen mit weniger (bis 10 Problemen) bzw. mehr Gesundheitsproblemen (ab 11 Problemen) dieser Stratifizierung unterzogen. Auf Problemebene wurden die Prävalenzen zur Wichtigkeit und zum Besprechungsbedarf der Probleme je nach Fragestellung errechnet. Ergebnisse: Die 317 Patienten wiesen insgesamt Gesundheitsprobleme auf, im Median 11 pro Patient. 53% aller Probleme schätzten die älteren Patienten als wichtig ein. Alltagsbezogene Gesundheitsprobleme waren ihnen wichtiger als Probleme mit eher medizinischer Relevanz (57% versus 52%). Dazu zählten insbesondere Einschränkungen in der sozialen Partizipation, der Alltagsfunktionen und der Stimmung. Die gesündere Untergruppe der Patienten (bis 10 Probleme), fand Probleme mit Alltags- und medizinischer Relevanz nicht unterschiedlich wichtig (43% bzw. 44%). Dafür aber ergab sich ein signifikanter Unterschied in der kränkeren Gruppe (11 und mehr Probleme): wichtig waren ihnen 62% der Probleme mit Alltags- und 55% mit medizinischer Relevanz. Ein Besprechungsbedarf lag insgesamt für 27% aller Probleme vor, vermehrt bei solchen mit medizinischer Relevanz. Schlussfolgerung/Implikation: Gesundheitsprobleme mit Alltagsrelevanz sind besonders kränkeren alten Patienten wichtig. Der aktuelle Besprechungsbedarf ist insgesamt recht gering, jedoch größer bei Problemen mit medizinischer Relevanz. Bitte zitieren als: Junius-Walker U, Wrede J, Voigt I, Hofmann W, Dierks ML. Gesundheitsprobleme älterer Patienten in der Hausarztpraxis: zur Wichtigkeit und zum Besprechungsbedarf vorliegender Gesundheitsprobleme aus Sicht gesünderer und kränkerer Patienten (Ergebnisse aus der PräfCheck-Studie: DRKS ). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom148. DOI: /11fom148, URN: urn:nbn:de: fom Partizipative Entscheidungsfindung bei ärztlichen Beratungsgesprächen zur Patientenverfügung: eine qualitative Untersuchung Thorsten Dürk, Johanna Komp, Anna Kathrina Promberger, Angela Buchholz, Iris Tinsel, Klaus Böhme, Wilhelm Niebling Universitätsklinik Freiburg, LB Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland Hintergrund: Menschen wünschen sich Mitbestimmung bei medizinischen Entscheidungen, dies gilt auch für das Lebensende. Entscheidungen für und am Lebensende sind schwierig. Die Patientenverfügung gilt als Instrument zur Sicherung der Autonomie am Lebensende [1]. Jedoch bleibt nach Einführung des Patientenverfügungsgesetzes bei vielen Patienten die Unsicherheit im Umgang mit Patientenverfügungen bestehen. Auch wenn gesetzlich nicht vorgeschrieben, wird die ärztliche Beratung bei der Erstellung einer Patientenverfügung empfohlen [2], [3]. Hier könnte das Kommunikationsmodell der Partizipativen Entscheidungsfindung (PEF, [4]) ein geeignetes und von Patienten auch gewünschtes Instrument zur erfolgreichen Einbeziehung in die Entscheidungsprozesse bei der Erstellung einer Patientenverfügung sein [5]. Die genauen Abläufe und Inhalte von ärztlichen Beratungsgesprächen, insbesondere die kommunikativen Inhalte für die erfolgreiche Einbeziehung der Patienten in die Entscheidungsprozesse bei der Erstellung einer Patientenverfügung sind nicht erforscht. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist der Einsatz der PEF in ärztlichen Beratungsgesprächen zur Patientenverfügung. Dabei wurde untersucht, welche PEF-spezifischen Elemente im Beratungsgespräch zur Patientenverfügung angewendet werden, um die Beteiligung der Patienten bei der Entscheidungsfindung zu ermöglichen und zu fördern. Material und Methoden: Diese Untersuchung wurde im Rahmen des vom BMBF-geförderten Projektes Umsetzung des Modells der Partizipativen Entscheidungsfindung in der hausärztlichen Praxis am Beispiel der Patientenverfügung durchgeführt. Im Zeitraum von Dezember 2008 bis September 2009 wurden 32 Beratungsgespräche mit Patienten zur Patientenverfügung von zwei Ärztinnen und zwei Ärzten des Lehrbereichs Allgemeinmedizin, die in Partizipativer Entscheidungsfindung geschult worden waren, durchgeführt. Nach wörtlicher Transkription erfolgte die Auswertung der Gespräche durch die qualitative 111

113 Inhaltsanalyse nach Mayring unter Verwendung der Software ATLAS.ti. Ergebnisse: In den untersuchten Beratungsgesprächen wendeten die Ärztinnen und Ärzte größtenteils die in der beschriebenen PEF-spezifischen Elemente zur Einbeziehung der Patienten in die Entscheidungsprozesse an. Die Analyse der Arztaussagen ergab Inhalte und Abläufe, aus denen ein Prozessmodell entwickelt werden konnte. Schlussfolgerung/Implikation: Die gefundenen Ergebnisse bestätigen die Anwendbarkeit der PEF in ärztlichen Beratungsgesprächen zur Erstellung von Patientenverfügungen. Die hier abgeleiteten Aussagen der beratenden Ärzte geben Aufschluss über Ablauf und Inhalt dieser Beratungsgespräche und wurden erfolgreich als Bestandteil einer Ärzteschulung um Rahmen einer clusterrandomisierten klinischen Studie verwendet. Die Erkenntnisse können zukünftig Ärztinnen und Ärzten als Leitfaden für die Vorbereitung auf Beratungsgespräche zur Erstellung von Patientenverfügungen dienen. 1. Simon A, Meran JG, Fangerau H. Patientenverfügungen als Instrument der Patientenselbstbestimmung. Hautarzt. 2004;55(8). 2. Borasio GD, Heßler HJ, Wiesing U. Patientenverfügungsgesetz: Umsetzung in der klinischen Praxis. Deutsches Ärzteblatt. 2009;106(40):A Bundesärztekammer, Hrsg. Empfehlungen der Bundesärztekammer und der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in der ärztlichen Praxis. Deutsches Ärzteblatt. 2010;107(18):A Härter M. Partizipative Entscheidungsfindung (Shared Decision Making) ein von Patienten, Ärzten und der Gesundheitspolitik geforderter Ansatz setzt sich durch. Z Arztl Fortbild Qualitatssich. 2004;98(2): van Oorschot B. Zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Patienten und Arzten in der letzten Lebensphase Erste Ergebnisse und Perspektiven eines Modellvorhabens. Z Arztl Fortbild Qualitatssich. 2004;98(2): Bitte zitieren als: Dürk T, Komp J, Promberger AK, Buchholz A, Tinsel I, Böhme K, Niebling W. Partizipative Entscheidungsfindung bei ärztlichen Beratungsgesprächen zur Patientenverfügung: eine qualitative Untersuchung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom149. DOI: /11fom149, URN: urn:nbn:de: fom Partizipative Entscheidungsfindung bei der hausärztlichen Beratung zur Patientenverfügung Gewünschte und realisierte Beteiligung im Vergleich aus Patienten- und Arztperspektive Thorsten Dürk, Heidi Frey, Juliane Kracht, Angela Buchholz, Iris Tinsel, Klaus Böhme, Wilhelm Niebling Universitätsklinik Freiburg, LB Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland Hintergrund: Auch nach Inkrafttreten des Patientenverfügungsgesetzes im September 2009 in Deutschland besteht Unterstützungsbedarf hinsichtlich der schwierigen Entscheidungen bei der Erstellung einer Patientenverfügung (PV). Dabei könnte das Kommunikationsmodell der partizipativen Entscheidungsfindung (PEF, [1]) einen geeigneten und von Patienten auch gewünschten Ansatz darstellen [2]. Ziel dieser Studie ist es, eine neu entwickelte Ärzteschulung zum Einsatz von PEF in der Beratung zur PV in der hausärztlichen Praxis zu überprüfen. Hierbei sollen die Beteiligungspräferenzen von Patienten sowie Zusammenhänge zwischen wahrgenommener Beteiligung in Beratungsgesprächen zur PV aus Patienten- und Arztperspektive erfasst werden. Material und Methoden: In dieser Pilotstudie des vom BMBF-geförderten Projektes Umsetzung des Modells der Partizipativen Entscheidungsfindung in der hausärztlichen Praxis am Beispiel der Patientenverfügung wurden im Zeitraum von Juni 2009 bis Februar 2010 in 2 Hausarztpraxen in Baden-Württemberg insgesamt 100 Beratungen zur PV durchgeführt. Die Ärzte wurden zuvor zu PEF und anderen relevanten Inhalten bei der Beratung zur PV geschult. Im Anschluss an die Beratung bearbeiteten Ärzte und Patienten einen Fragebogen. Inhalt des Patientenfragebogens war neben soziodemographischen Angaben die Control Preferences Scale [3] und die Man-Son-Hing Skala [4]. Die Ärzte bearbeiteten eine Ärzteversion der MSH Skala. Die Auswertung erfolgte deskriptiv. Ergebnisse: Von den 100 eingeschlossenen Patienten liegen für 90 vollständige Daten vor. Die teilnehmenden Patienten waren im Durchschnitt 70,5 Jahre alt (SD=10,8), 62 der Patienten waren weiblich (68,9%). In Bezug auf die Beteiligungspräferenz gaben 28 der Patienten (31%) an, dass sie medizinische Entscheidungen eher dem Arzt überlassen möchten, die restlichen Patienten wünschten sich eher eine gemeinschaftliche oder autonome Rolle. Im Beratungsgespräch selbst gab lediglich 1 Patient an, dass die Entscheidung eher vom Arzt getroffen wurde, der überwiegende Teil (n=89; 99%) nahm die Entscheidungsfindung als eine autonome oder gemeinschaftliche wahr. Die Ärzte nahmen ebenfalls in der Mehrzahl der Gespräche eine autonome oder gemeinschaftliche Rolle der Patienten im Entscheidungsprozess wahr (n=84; 93%). Eine Übereinstimmung der allgemeinen Beteiligungspräferenz und der wahrgenommenen Beteiligung im Gespräch ergab sich bei 37 Patienten (41,1%). Schlussfolgerung/Implikation: Die wahrgenommene Beteiligung bei Entscheidungsprozessen im Rahmen der Erstellung einer PV ist sehr hoch, die Übereinstimmung zwischen Arzt und Patient auch. Hinsichtlich der allgemeinen Beteiligungspräferenz bei medizinischen Entscheidungen und der wahrgenommenen Beteiligung bei Erstellung der PV zeigt sich, dass auch diejenigen Patienten, die bei allgemeinen medizinischen Entscheidungen einen eher paternalistischen Stil bevorzugen, bei der Erstellung einer PV eine gemeinschaftliche bis autonome Entscheidungsfindung wahrnehmen. 112

114 1. Härter M. Partizipative Entscheidungsfindung (Shared Decision Making) ein von Patienten, Ärzten und der Gesundheitspolitik geforderter Ansatz setzt sich durch. Z Arztl Fortbild Qualitatssich. 2004;98(2): van Oorschot B. Zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Patienten und Arzten in der letzten Lebensphase Erste Ergebnisse und Perspektiven eines Modellvorhabens. Z Arztl Fortbild Qualitatssich. 2004;98(2): Degner LF, Sloan JA, Venkatesh P. The Control Preferences Scale. Can J Nurs Res. 1997;29(3): Man-Son-Hing M, Laupacis A, O'Connor AM, Biggs J, Drake E, Yetisir E, Hart RG. A patient decision aid regarding antithrombotic therapy for stroke prevention in atrial fibrillation: a randomized controlled trial. JAMA. 1999;282(8): Bitte zitieren als: Dürk T, Frey H, Kracht J, Buchholz A, Tinsel I, Böhme K, Niebling W. Partizipative Entscheidungsfindung bei der hausärztlichen Beratung zur Patientenverfügung Gewünschte und realisierte Beteiligung im Vergleich aus Patienten- und Arztperspektive. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom150. DOI: /11fom150, URN: urn:nbn:de: fom Patientenverfügungen in der hausärztlichen Praxis: Eine qualitative Analyse von Patientenaussagen in ärztlichen Konsultationen zur Patientenverfügung Thorsten Dürk, Anna Kathrina Promberger, Johanna Komp, Angela Buchholz, Iris Tinsel, Klaus Böhme, Wilhelm Niebling Universitätsklinik Freiburg, LB Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland Hintergrund: Patientenverfügungen werden in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion als Instrument bewertet, Selbstbestimmung am Lebensende auch im Zuge einer zunehmend technisierten Medizin zu gewährleisten [1]. Immer mehr Menschen in Deutschland interessieren sich für diese Vorsorgemöglichkeit. Soll eine Patientenverfügung in einer Situation der Einwilligungsunfähigkeit wirksam sein, muss sie sich auf konkrete Krankheitssituationen sowie konkrete medizinische Maßnahmen beziehen. Die hierfür erforderlichen Entscheidungen sind anspruchsvoll und können weitreichende Folgen haben. Daher wird für die Erstellung einer Patientenverfügung eine ärztliche Beratung empfohlen [2], [3]. Hierbei kommt Hausärzten eine besondere Stellung zu [4]. Es gibt allerdings nur wenige Studien, die gezielt ärztliche Beratungsgespräche zur Patientenverfügung untersuchen [5]. Daher sind auch Faktoren, die Patienten in der tatsächlichen Beratungssituation bei den Entscheidungen im Rahmen der Erstellung einer Patientenverfügung beeinflussen, weitgehend unbekannt. Ziel dieser Untersuchung ist es, diese Einflussfaktoren zu identifizieren. Der Schwerpunkt wird hierbei auf motivationale Faktoren, Barrieren und Förderfaktoren gelegt. Material und Methoden: Diese Untersuchung wurde im Rahmen des vom BMBF-geförderten Projektes Beratung zur Patientenverfügung in der hausärztlichen Praxis durchgeführt. Im Zeitraum von Dezember 2008 bis September 2009 wurden 32 Beratungsgespräche mit 17 Patientinnen und 15 Patienten von 2 Ärztinnen und 2 Ärzten des Lehrbereichs Allgemeinmedizin durchgeführt. Wörtliche Transkripte dieser Gespräche wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring unter Verwendung von Atlas.ti ausgewertet. Ergebnisse: Es ließ sich eine Vielzahl von Faktoren identifizieren, die die Entscheidungen von Patienten innerhalb eines Beratungsgesprächs zur Erstellung einer Patientenverfügung beeinflussen. Als motivationale Faktoren erwiesen sich eigene Vulnerabilität, Lebensqualität, Selbstbestimmung, Entlastung Nahestehender, Patientenverfügung als Kommunikationshilfe und die erwartete Wirksamkeit der Patientenverfügung. In Bezug auf Förderfaktoren und Barrieren ergaben sich Themenbereiche, die je nach Ausprägung fördernd oder hindernd wirken können wie Wissen, Beratung, eigenes Umfeld, Form der Patientenverfügung, erwartete Umsetzung und Folgen der Patientenverfügung. Diese Einflussfaktoren wurden in einem konzeptionellen Modell zusammengefasst. Schlussfolgerung/Implikation: Die Faktoren, die die Entscheidungen von Patienten im Rahmen der Erstellung einer Patientenverfügung beeinflussen, sind komplex und unterstreichen die elementare Bedeutung fachkundiger Beratung. Das entwickelte Modell wurde erfolgreich als Bestandteil einer Ärzteschulung im Rahmen einer clusterrandomisierten klinischen Studie verwendet und soll zukünftig beratenden Ärztinnen und Ärzten eine Hilfe sein, auf die Bedürfnisse von Patienten in Beratungsgesprächen zur Patientenverfügung einzugehen. 1. Simon A, Meran JG, Fangerau H. Patientenverfügungen als Instrument der Patientenselbstbestimmung. Hautarzt. 2004;55(8). 2. Borasio GD, Heßler HJ, Wiesing U. Patientenverfügungsgesetz: Umsetzung in der klinischen Praxis. Deutsches Ärzteblatt. 2009;106(40):A Bundesärztekammer, Hrsg. Empfehlungen der Bundesärztekammer und der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in der ärztlichen Praxis Crane MK, Wittink M, Doukas DJ. Respecting end-of-life treatment preferences. Am Fam Physician. 2005;72(7): Tulsky JA, Fischer GS, Rose MR, Arnold RM. Opening the black box: how do physicians communicate about advance directives? Ann Intern Med. 1998;129(6): Bitte zitieren als: Dürk T, Promberger AK, Komp J, Buchholz A, Tinsel I, Böhme K, Niebling W. Patientenverfügungen in der hausärztlichen Praxis: Eine qualitative Analyse von Patientenaussagen in ärztlichen Konsultationen zur Patientenverfügung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom151. DOI: /11fom151, URN: urn:nbn:de: fom Shared-Decision-Making in der Allgemeinmedizin Anika Döll 1, Angela Buchholz 2, Andreas Loh 2, Thorsten Dürk 2, Wilhelm Niebling 2 1 Lehrbereich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland 2 Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland Hintergrund: Das Modell des Shared Decision Making (SDM, deutsch: Partizipative Entscheidungsfindung) beschreibt die Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen in der Arzt Patienten Interaktion. Die 113

115 Bedeutung des SDM nimmt sowohl in der gesundheitspolitischen Bewertung als auch in der hausärztlichen Versorgung zu. In der sind zwar im Bereich der Allgemeinmedizin und zum Thema SDM zahlreiche wissenschaftliche Studien verfügbar, doch ein zusammenfassender Überblick über den internationalen Forschungsstand steht bislang aus. Material und Methoden: Methodische Grundlage war eine Medline-Recherche für den Zeitraum 1950 Februar 2009 (Begriffe Shared Decision Making und Primary Care oder Family Practice oder Family Medicine ). Eingeschlossen wurden empirische quantitative abgeschlossene Primärdatenerhebungen in englisch oder deutsch, die keine Duplikate waren und sich auf SDM und dessen Umsetzung in der medizinischen Grundversorgung beziehen Ergebnisse: Die Medline-Recherche ergab unter Berücksichtigung der Einschlusskriterien 31 Treffer. In 18 Studien wurde die Effektivität von SDM gemessen. In sechs Studien wurden die Entscheidungspräferenzen und in drei Studien die Umsetzung von SDM untersucht. In vier Studien wurde sowohl die Umsetzung als auch die Entscheidungspräferenzen gemessen. Es zeigte sich eine höhere Präferenz für SDM bei Patienten mit höherem Bildungsgrad, jüngerem Alter, geringerer Zufriedenheit mit der Behandlung, internaler Kontrollüberzeugung und geringerem Schweregrad der Erkrankung. Außerdem zeigte sich, dass eine Behandlung durch einen SDM geschulten Arzt mit einer Entscheidungspräferenz beim Patienten für das SDM Modell korrelierte. Die Umsetzung von SDM wurde durch jüngere Ärzte und Patienten und durch eine Präferenz der Ärzte für SDM gefördert. In zehn Studien wurden Ärzte geschult. In zwei Studien wurden Patienten geschult. In sechs Studien wurden Decision Aids als Interventionen angewandt, welche sich an die Patienten richteten. Es zeigten sich mehrheitlich positive Effekte durch SDM Interventionen auf die Zufriedenheit der Patienten, die Adhärenz und die Selbstwirksamkeit bzw. das Selbstmanagement. Kein Effekt konnte für die Patientenbeteiligung/das SDM Ausmaß, den Schweregrad der Erkrankung und das Wissen der Patienten nachgewiesen werden. Schlussfolgerung/Implikation: Es existieren zwar viele Veröffentlichungen zum Thema SDM, jedoch nur ein kleiner Anteil der Studien entstammt dem Bereich der Allgemeinmedizin. SDM wurde in der Allgemeinmedizin vor allem im Zusammenhang mit chronischen Erkrankungen untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass neben Rollenpräferenzen von Arzt und Patienten und der Umsetzung von SDM vor allem die erzielten Effekte Untersuchungsgegenstand der derzeitigen Forschung sind. Wie genau SDM wirkt und welche Elemente im Einzelnen wirken, sollte in weiteren Studien untersucht werden. Bitte zitieren als: Döll A, Buchholz A, Loh A, Dürk T, Niebling W. Shared- Decision-Making in der Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom152. DOI: /11fom152, URN: urn:nbn:de: fom Zusammenhänge zur wahrgenommenen Patientenpartizipation bei medizinischen Entscheidungen in der hausärztlichen Behandlung von Patienten mit Bluthochdruck in Südbaden Iris Tinsel 1, Wilhelm Niebling 1, Karl-Georg Fischer 2, Thorsten Dürk 1, Angela Buchholz 1 1 Lehrbereich Allgemeinmedizin Universitätsklinik Freiburg, Freiburg, Deutschland 2 Medizin IV, Abt. Nephrologie, Universitätsklinik Freiburg, Freiburg, Deutschland Hintergrund: Die hohe Prävalenz von Bluthochdruck in Deutschland und dessen Folgen für Morbidität und Mortalität [1], [2] sowie die ethische Notwendigkeit, Patienten verstärkt in ihre Behandlung einzubeziehen [3], [4], machen ein Umdenken v. a. in der Behandlung chronisch kranker Patienten notwendig. Partizipative Entscheidungsfindung ist ein Ansatz, der hinsichtlich Patientenwissen, Adhärenz, Kosten-Effektivität der Behandlung und Partizipation positive Ergebnisse erzielt hat [3]. Gesicherte Ergebnisse in Bezug auf den Zusammenhang der wahrgenommenen Partizipation mit klinischen Faktoren wie Schweregrad der arteriellen Hypertonie und dem kardiovaskulären Risiko existieren bisher nicht. Ziel dieser Untersuchung ist es, Zusammenhänge zur wahrgenommenen Patientenpartizipation in der hausärztlichen Hypertoniebehandlung zu ermitteln. Material und Methoden: In 36 Hausarztpraxen wurden Patienten mit medikamentös behandelter Hypertonie rekrutiert Patienten, die die Zielblutdruckwerte im 24h-Blutdruckmonitoring (ABDM) überschreiten und/oder eine Zusatzdiagnose mit zusätzlich kardiovaskulärem Risiko haben, verblieben in der Studie. Durch die Arztpraxen wurden die klinischen Daten, wie ABDM, Cholesterin, HbA1c und Nebendiagnosen übermittelt. Das kardiovaskuläre Risiko wurde mittels Algorithmus des arriba-herz-kreislauf-rechners bestimmt. In Patientenfragebögen wurden neben soziodemografischen Daten das Gesundheitsverhalten, Vertrauen in den Arzt, Autonomiepräferenz und Wissen über die Erkrankung sowie das Ausmaß der wahrgenommenen Partizipation erhoben. Die Auswertungen erfolgen mittels Korrelations- und Regressionsanalysen. Soziodemographische Eigenschaften der behandelnden Ärzte werden berücksichtigt. Ergebnisse: Daten von 869 Patienten fließen in die Berechnungen ein. Daten von 253 Patienten waren unvollständig und wurden ausgeschlossen. 47% (n=409) der Patienten in der Analysestichprobe sind männlich, der Altersmedian beträgt 65 Jahre (18 91). Der Median hinsichtlich des 10-Jahres Risikos für das Eintreten eines kardiovaskulären Ereignisses liegt bei 14% (range 0,15 50,1). Auf Skalen von 0 bis 100 liegt das Patientenwissen über Bluthochdruck im mittleren Bereich (Median=50; range 0 100), das Vertrauen in den Arzt ist hoch (Median=77; range ). Die von den Patienten wahrgenommene Partizipation liegt bei 72 (0 100). Erste Ergebnisse zeigen geringe, aber signifikante Korrelationen der wahrgenommenen Partizipation mit der Stärke des Vertrauens in den Arzt sowie der Höhe des Blutdrucks. Detaillierte Ergebnisse über die Zusammenhänge aller o. g. 114

116 Faktoren mit der wahrgenommenen Partizipation werden auf dem Kongress vorgestellt. Schlussfolgerung/Implikation: Um Patienten an der medizinischen Behandlung zu beteiligen, ist es für den behandelnden Arzt hilfreich zu wissen, welche Patienteneigenschaften zur erfolgreichen Umsetzung beitragen können. Das Vertrauen der Patienten in ihren Arzt, stellt eine förderliche Ausgangssituation für Patientenpartizipation dar. 1. Robert Koch-Institut, Hrsg. Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Daten und Fakten: Ergebnisse der Studie "Gesundheit in Deutschland aktuell 2009" The Seventh Report of the Joint National Committee on Prevention, Detection, Evaluation, and Treatment of High Blood Pressure. Full Version Available from: 3. Elwyn G, Laitner S, Coulter A, Walker E, Watson P, Thomson R. Implementing shared decision making in the NHS. Bmj. 2010;341:c Bundesministerium für Gesundheit, Bundesministerium der Justiz, Hrsg. Patientenrechte in Deutschland, Leitfaden für Patientinnen/Patienten und Ärztinnen/Ärzte [Broschüre] Bitte zitieren als: Tinsel I, Niebling W, Fischer KG, Dürk T, Buchholz A. Zusammenhänge zur wahrgenommenen Patientenpartizipation bei medizinischen Entscheidungen in der hausärztlichen Behandlung von Patienten mit Bluthochdruck in Südbaden. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom153. DOI: /11fom153, URN: urn:nbn:de: fom Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung, neue Versorgungskonzepte I 154 Aber Herr Doktor, ich kann mich nicht regelmäßig bewegen meine Gelenke schmerzen! Morbiditätsmuster chronisch kranker Patienten in der Hausarztpraxis als Ansatzpunkt für individualisierte Versorgungskonzepte Tobias Freund 1, Cornelia Kunz 2, Dominik Ose 1, Joachim Szecsenyi 1, Frank Peters-Klimm 1 1 Universitätsklinikum Heidelberg Abt. Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland 2 Universität Heidelberg Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Individualisierte Versorgungskonzepte (z.b. Case Management) versuchen den Herausforderungen der Betreuung multimorbider Patienten gerecht zu werden. Diese Konzepte eignen sich dabei insbesondere für solche Patienten, die ein hohes Risiko für die zukünftige Inanspruchnahme von medizinischen Versorgungsleistungen haben. Es ist jedoch unklar, welche Morbiditätsmuster bei Hochrisikopatienten auftreten und welche Herausforderungen sich daraus für die Konzeption intensivierter Versorgungskonzepte ergeben. Material und Methoden: Im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie wurden die Krankenkassendaten von Versicherten aus 10 Hausarztpraxen analysiert. Alle Praxen nahmen am Vertrag zur Hausarztzentrierten Versorgung der AOK Baden-Württemberg teil. Für alle Versicherten wurde zunächst das Risiko für eine zukünftige Krankenhauseinweisung mit Hilfe einer statistischen Prädiktionssoftware (CSSG 0.6) berechnet. Anschließend wurden für multimorbide Patienten in der obersten Risikoquartile die Muster zeitgleich auftretender chronischer Erkrankungen anhand von Routinedaten (ambulante und stationäre ICD10 Diagnosen) analysiert. Die Auswahl der 33 untersuchten chronischen Erkrankungen orientierte sich an der MultiCare Studie [1]. Ergebnisse: Insgesamt traten bei den multimorbiden Hochrisikopatienten im Durchschnitt 7,8 (SD 3,1) Diagnosen auf. Es wurden 471 exklusive Morbiditätsmuster erfasst. Die Prävalenz der einzelnen Muster war niedrig (n=1-17). Ein großer Teil der Muster ließ sich durch kausale Beziehungen der Erkrankungen untereinander erklären. Es fanden sich in 80% (n=12) der 15 häufigsten Muster Depression oder chronische Schmerzen aufgrund degenerativer Erkrankungen als Begleiterkrankung. Schlussfolgerung/Implikation: Es zeigte sich, dass multimorbide Hochrisikopatienten für eine künftige Krankenhausaufnahme eine Vielzahl individueller Morbiditätsmuster aufweisen. Depressionen und chronische Schmerzen, die im Alltag einem erfolgreichen Selbstmanagement chronischer Erkrankungen (z.b. erhöhte körperliche Aktivität) entgegen stehen können, erwiesen sich als relevanter Bestandteil dieser Muster. Zukünftig zu entwickelnde individualisierte Versorgungsangebote sollten Strategien zum Umgang mit diesen Begleiterkrankungen enthalten. 1. Schäfer I, Hansen H, Schön G, Maier W, Höfels S, Altiner A, Fuchs A, Gerlach FM, Petersen JJ, Gensichen J, Schulz S, Riedel- Heller S, Luppa M, Weyerer S, Werle J, Bickel H, Barth K, König HH, Rudolph A, Wiese B, Prokein J, Bullinger M, von dem Knesebeck O, Eisele M, Kaduszkiewicz H, Wegscheider K, van den Bussche H. The German MultiCare-study: Patterns of multimorbidity in primary health care protocol of a prospective cohort study. BMC Health Serv Res. 2009;9:145. Bitte zitieren als: Freund T, Kunz C, Ose D, Szecsenyi J, Peters-Klimm F. Aber Herr Doktor, ich kann mich nicht regelmäßig bewegen meine Gelenke schmerzen! Morbiditätsmuster chronisch kranker Patienten in der Hausarztpraxis als Ansatzpunkt für individualisierte Versorgungskonzepte. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom154. DOI: /11fom154, URN: urn:nbn:de: fom

117 155 Barrieren bei der Rekrutierung von Patienten für eine Präventionsstudie in Hausarztpraxen (BMBF-Studie: AeGE Ältere gezielt erreichen: Effektivität und Kosteneffektivität von Zugangswegen am Beispiel des präventiven Hausbesuchs ) Susanne Heim 1, Guido Schmiemann 2, Tanja Schleef 1, Bernhilde Deitermann 3, Christiane Patzelt 3, Eva Hummers-Pradier 1, Ulla Walter 3, Gudrun Theile 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland 2 Institut für Allgemein- und Familienmedizin, Hannover, Deutschland 3 Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland Hintergrund: Die Rekrutierung von Patienten ist Voraussetzung für Studien in Hausarztpraxen, das Erreichen der notwendigen Fallzahlen oft schwierig. Im Rahmen einer BMBF-geförderten Studie ( ) wurden 2 Zugangswege (Krankenkasse, Hausarzt) für eine Präventionsmaßnahme im Alter (65+) erprobt und evaluiert. In 2 Interventionsregionen wurden AOK-versicherte Patienten in Hausarztpraxen angesprochen und gebeten, einen Kurzfragebogen zur Zielgruppenbestimmung zu beantworten. Ergab die Auswertung eine Zugehörigkeit des Patienten zur Zielgruppe, sollte der Arzt auf den "Präventiven Hausbesuch" hinweisen und Informationsmaterial aushändigen. Alle weiteren Schritte (Telefonkontakt, Hausbesuch) wurden von Mitarbeiterinnen der Krankenkasse durchgeführt. Die Anzahl der von den teilnehmenden Praxen (n=21) rekrutierten Patienten variierte stark (0-58 Patienten). Material und Methoden: Bei der Praxenrekrutierung wurden die Gründe für die Absage einer generellen Teilnahme festgehalten. Nach Abschluss der Interventionsphase wurden MFAs (n=7) und Hausärzte (n=5) der teilnehmenden Praxen in leitfadengestützten Interviews zu ihren Erfahrungen mit der Studie befragt. Diese wurden verbatim transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet [1]. Ergebnisse: DMP und Hausarztverträge haben für Praxen und Patienten zu mehr Bürokratie geführt. Dies, im Winter 2010 verstärkt durch die sog. Schweinegrippe, wirkte sich nachteilig auf die generelle Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie aus und beeinflusste bei den Teilnahmepraxen auch den Erfolg der Rekrutierung. V.a. Praxen, die über einen hohen Organisationsgrad (geschulte, eigenverantwortlich arbeitende MFAs) verfügten, lösten die Frage der Identifizierung der Patienten gut: Sie erstellten vorab Listen ihrer AOK-Patienten über 65 J. und sprachen diese systematisch an. Andere sprachen die Patienten im laufenden Betrieb an, was weniger erfolgreich und teilweise selektiv war. Die dann erforderlichen Schritte (Fragebogen ausgeben, auswerten, bei Zielgruppenzugehörigkeit über das Programm informieren) waren leicht umzusetzen. Nachteilig wirkte sich neben organisatorischen Barrieren (kein Raum frei, keine Lesebrille) aus Sicht der Praxen die Skepsis vieler Patienten gegenüber einem Programm der Krankenkasse aus. Sie waren oft nicht bereit, eine Einwilligung zu unterschreiben. War hingegen der Hausarzt von der Maßnahme überzeugt, konnte seine konkrete Empfehlung die Patienten oft zur Teilnahme motivieren. Schlussfolgerung/Implikation: Versorgungsforschung steht in einem Spannungsfeld zwischen Forschungsinteresse und Praxisrealität. Strukturelle Schwierigkeiten (paralleler Start der Hausarztverträge, Grippewelle) waren nicht vorauszusehen und wirkten sich auf Teilnahmebereitschaft und -motivation sowohl bei Praxen als auch bei Patienten aus. Die seitens der Studie vorgesehenen Abläufe wurden als leicht umsetzbar bewertet. Bei der Identifizierung der Patienten durch die Praxen wären mehr Vorgaben erforderlich gewesen, um ein einheitlicheres Vorgehen zu erreichen und einen Selektionsbias zu vermindern. 1. Mayring P. Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. 7.Aufl. Weinheim: Dt. Studienverlag; Bitte zitieren als: Heim S, Schmiemann G, Schleef T, Deitermann B, Patzelt C, Hummers-Pradier E, Walter U, Theile G. Barrieren bei der Rekrutierung von Patienten für eine Präventionsstudie in Hausarztpraxen (BMBF-Studie: AeGE Ältere gezielt erreichen: Effektivität und Kosteneffektivität von Zugangswegen am Beispiel des präventiven Hausbesuchs ). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom155. DOI: /11fom155, URN: urn:nbn:de: fom Bürokratischer Aufwand zur Kodierung von Diagnosen in deutschen Praxen Christoph Claus 1, Stefan Bösner 2, Norbert Donner-Banzhoff 2, Uwe Popert 3 1 Univ. Marburg, Kassel, Deutschland 2 Univ. Marburg, Marburg, Deutschland 3 Univ. Göttingen, Kassel, Deutschland Hintergrund: Die Kodierung von Diagnosen ist in den meisten Industrieländern üblich; allerdings gibt es zum dafür erforderlichen Aufwand kaum Untersuchungen insbesondere nicht aus dem ambulanten Bereich. Auch eine im Herbst 2010 von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Bayern durchgeführte Pilotstudie zur Umsetzbarkeit der ambulanten Kodierrichtlinie war nicht auf die Erfassung des zeitlichen bzw. finanziellen Bürokratie-Aufwandes ausgerichtet. Demgegenüber steht die Forderung nach einer evidenzbasierten Bürokratie, entsprechend der vor Einführung einer neuen Maßnahme eine Evaluation des Ist-Zustandes und eine Testung des für eine Veränderungen erforderlichen Aufwandes durchgeführt werden sollte. Material und Methoden: Zur Klärung des bürokratischen Aufwandes wurden mit Unterstützung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) zwei schriftliche Befragungen bei niedergelassenen Praxen durchgeführt. Die Rücksendung der Fragebögen erfolgte per Fax an die KVH, die Daten wurden von einer unabhängigen Institution (FMV- Forschungsgruppe) erfasst und mit SPSS ausgewertet. In einer ersten Befragung wurde nach Zeitbedarf und organisatorischen Besonderheiten der bisherigen Kodierung und nach ggf. vorliegenden Erfahrungen mit der AKR gefragt. Diejenigen Praxen, die angaben, die AKR in der Praxis-EDV dauerhaft oder vorübergehend aktiviert zu haben, wurden in einem weiteren Fax-Fragebogen um detaillierte Angaben zu ihren Erfahrungen gebeten. 116

118 Ergebnisse: Die Kodierung erfolgte im Wesentlichen durch die Ärztinnen und Ärzte selbst; zur Auswahl der Kodes wurde in der Regel die Praxis-EDV (meist über Kürzel bzw. Thesaurus) verwendet. Nur 227 von (12,5%) Praxen gaben an, die AKR bis Ende des 1. Quartals 2011 erprobt zu haben. Der Zeitbedarf für die Kodierung lag vorher im Durchschnitt bei wenigen Sekunden je Diagnose; bei Anwendung der AKR vervielfachte sich die Dauer. Die meisten Praxen brachen die AKR-Erprobung nach kurzer Zeit ab, insbesondere wegen Problemen bei der Abrechnung, bei Diagnosen-Neukodierung und wegen der Deaktivierung der anamnestischen Dauerdiagnosen. Schlussfolgerung/Implikation: Der Zeitaufwand und das Störpotential der seit dem vorliegenden Fassung der ambulanten Kodierrichtlinie ist erheblich. Verbesserungen insbesondere für den hausärztlichen Bereich und weitere Forschung sind dringend erforderlich. Bitte zitieren als: Claus C, Bösner S, Donner-Banzhoff N, Popert U. Bürokratischer Aufwand zur Kodierung von Diagnosen in deutschen Praxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom156. DOI: /11fom156, URN: urn:nbn:de: fom Disease Management vs. Routine Versorgung: Wie sieht's mit den Kosten aus? Dominik Ose, Antje Miksch, Joachim Szecsenyi Universitätsklinikum Heidelberg Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Im Rahmen der ELSID-Studie (Evaluation of a Large Scale Implementation of Disease Management Programs for patients with type 2 diabetes) wurde in einem mehrdimensionalen Ansatz das DMP Diabetes mellitus untersucht. Die ELSID-Studie wurde als investigatorinitiated trial durchgeführt und vom AOK Bundesverband finanziert. Bestandteil der Auswertung war es auch auf Grundlage von Routine-Daten die Kosten von DMP- Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern gegenüberzustellen. Material/Methoden: Für die ökonomische Betrachtung wurden in Anlehnung an die Kriterien des Bundesversicherungsamtes für die gesetzliche Evaluation die der Krankenkasse entstehenden direkten Kosten berücksichtigt. Die Darstellung erfolgt für die Leistungsbereiche Krankenhausbehandlung, Arzneimittel, Heilmittel, Hilfsmittel, häusliche Krankenpflege und stationäre Rehabilitation. Ergebnisse: Die Betrachtung der Gesamtkosten zeigt zunächst einen Kostenvorteil für die Patienten im DMP. Mit Ausnahme der Kosten für Arzneimittel sind die durchschnittlichen Kosten pro Patient in allen betrachteten Kostenkategorien im Vergleich zur Routineversorgung etwas geringer. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse müssen sehr vorsichtig interpretiert werden. Methodische Einschränkungen und eine differenzierte Betrachtung möglicher Ursachen der Kostenunterschiede sind ein wichtiger Bestandteil des Vortrages. Bitte zitieren als: Ose D, Miksch A, Szecsenyi J. Disease Management vs. Routine Versorgung: Wie sieht's mit den Kosten aus. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom157. DOI: /11fom157, URN: urn:nbn:de: fom Einfluss des Disease Management Programmes Therapie Aktiv für Diabetes mellitus Typ 2 auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität eine cluster-randomisierte kontrollierte Studie Sigrid Panisch 1, Maria Flamm 1, Henrike Winkler 1, Raimund Weitgasser 2, Andreas Sönnichsen 1 1 PMU - Institut für Allgemein- Familien- und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich 2 Abteilung für Innere Medizin, Diakonissen-Krankenhaus Salzburg; Österreichische Diabetesgesellschaft, Salzburg, Österreich Hintergrund: Diabetes mellitus Typ 2 ist eine Krankheit mit zunehmender Prävalenz [1], so auch in Österreich, wo derzeit etwa so die Schätzungen der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG) [2] betroffen sind. Daher bedarf es geeigneter Interventionen, um vor allem die Spätfolgen von Diabetes zu bekämpfen. Ein Ansatz ist die Implementierung von Disease Management Programmen (DMPs). Welchen Nutzen DMPs für den Patienten tatsächlich haben, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Aus diesem Grund wurde im Bundesland Salzburg im Jahr 2007 das DMP Therapie Aktiv als randomisiert kontrollierte Studie (RCT) eingeführt. Wie bereits publiziert [3], gab es innerhalb des ersten Studienjahres lediglich im Bereich der Prozessqualität, sowie bezüglich der Gewichts- und Gesamtcholesterinreduktion signifikante Veränderungen zugunsten der Interventionsgruppe. Auf diabetesbezogene Laborparameter hatte das DMP in diesem Zeitraum keinen relevanten Einfluss. Um den Impact des DMPs auf die Lebensqualität zu ermitteln, verwendeten wir den EQ-5D VAS [4]. Material und Methoden: Der EQ-5D VAS ist ein standardisiertes Instrument zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Es besteht aus zwei Teilen: zum einen werden fünf Dimensionen (Mobilität, Selbständigkeit, Aktivität, Schmerz/Beschwerden und Angst/Depression) in einer dreistufigen Ordinalskala (keine, geringe/mäßige oder starke Probleme) abgefragt, zum anderen ist auf einer visuellen Analogskala (von 0-100) das derzeitige Befinden aufzutragen. Beide Teile sind geeignet, von Patienten ohne ärztliches Beisein oder weitere Erklärung ausgefüllt zu werden. Von 1464 Patienten des RCT (639 Intervention, 825 Kontrolle) lagen zu Beginn evaluierbare EQ-5D VAS-Daten vor. Ergebnisse: Bei der Baseline-Untersuchung gab es bei allen sechs Aspekten keine signifikanten Unterschiede zwischen Intervention- und Kontrollgruppe (Tabelle 1). In der Interventionsgruppe kommt es zu einer signifikanten Verbesserung (mittlere Differenz: -2.19, p=0.005), in der Kontrollgruppe nicht (mittlere Differenz: -1.18, p=0.094). Vergleicht man die Veränderung der beiden Gruppen, so ist diese nicht signifikant. Auch bei den fünf kategorial erfassten Gesundheitsdimensionen zeigten sich keine 117

119 signifikanten Unterschiede zwischen Intervention und Kontrolle (Tabelle 2). Schlussfolgerung/Implikation: Es konnte in der kurzen Beobachtungszeit von circa einem Jahr keine signifikante Verbesserung in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe beobachtet werden. 1. Wild S, Roglic G, Green A, et al. Global prevalence of diabetes: estimates for the year 2000 and projections for Diabetes Care. 2001;27: Österreichische Diabetes Gesellschaft. Available from: 3. Sönnichsen AC, Winkler H, Flamm M, et al. The effectiveness of the Austrian disease management programme for type 2 diabetes: a cluster-randomised controlled trial. BMC Fam Pract. 2010;11: The EuroQol Group. EuroQol a new facility for the measurement of health-related quality of life. Health Policy. 1990;16(3): Bitte zitieren als: Panisch S, Flamm M, Winkler H, Weitgasser R, Sönnichsen A. Einfluss des Disease Management Programmes Therapie Aktiv für Diabetes mellitus Typ 2 auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität eine cluster-randomisierte kontrollierte Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom158. DOI: /11fom158, URN: urn:nbn:de: fom Entlastung pflegender Angehöriger von Palliativpatienten in häuslicher Versorgung: Eine qualitative Studie aus dem PalliPA-Projekt René Ballhausen, Frank Peters-Klimm, Regine Bölter, Peter Engeser, Joachim Szecsenyi, Katja Hermann Universitätsklinikum Heidelberg, Abt. Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Der Wunsch von Palliativpatienten, zu Hause zu sterben, stellt die Gesundheitsteams vor mehrere Herausforderungen. Die effektive Kommunikation und Zusammenarbeit mit pflegenden Angehörigen nimmt hierbei eine Schlüsselrolle ein, da diese in 96% der Fälle die Rolle als zentrale Versorger der Palliativpatienten übernehmen. Die frühzeitige und systematische Identifikation von belasteten Angehörigen ist daher nicht nur für deren Wohlbefinden, sondern auch maßgeblich für die Qualität der gesamten Palliativversorgung verantwortlich. In einer qualitativen Vorstudie des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten PalliPA- Projekts sollen hausärztlich tätige Praxisteams aus Baden- Württemberg zum aktuellen Stand der ambulanten Versorgung in Palliativsituationen befragt werden. Material und Methoden: Bis Juli 2011 werden drei Workshops mit insgesamt 15 Praxisteams durchgeführt: Einer thematischen Einführung schließen sich leitfadengestützte Fokusgruppen an. Die Leitfragen der Fokusgruppen zielen auf eine Erfassung der gegenwärtigen Versorgung von Palliativpatienten ab, wobei Schwerpunkte auf die Identifikation belasteter pflegender Angehöriger und Möglichkeiten zu ihrer Entlastung gelegt werden. Die Gruppengespräche werden protokolliert, auf Tonband aufgezeichnet, transkribiert sowie hinsichtlich relevanter Erkennungsmerkmale von belasteten Angehörigen codiert und unter Zuhilfenahme von ATLAS.ti analysiert. Die Ergebnisse werden zu bereits vorhandener in Bezug gesetzt und dargestellt. Ergebnisse: Erste Ergebnisse aus den Fokusgruppen werden im September vorliegen und auf dem Kongress vorgestellt. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse dienen der Beschreibung der aktuellen Situation in der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung in Baden-Württemberg. Sie stellen den Auftakt zu einer Pilotstudie dar, bei der motivierte Praxisteams (best practice) neue Ansätze zur Entlastung von belasteten pflegenden Angehörigen in die Praxisroutine implementieren werden. Bitte zitieren als: Ballhausen R, Peters-Klimm F, Bölter R, Engeser P, Szecsenyi J, Hermann K. Entlastung pflegender Angehöriger von Palliativpatienten in häuslicher Versorgung: Eine qualitative Studie aus dem PalliPA-Projekt. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom159. DOI: /11fom159, URN: urn:nbn:de: fom Entlastung von (Haus-)Ärzten Status quo und Zukunftsperspektiven Elisabeth Urban, Stefanie Joos, Dominik Ose, Joachim Szecsenyi, Antje Miksch Abteilung Allgemeinmedizin/Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland Hintergrund: Um die flächendeckende primärärztliche Versorgung in Deutschland langfristig sicher zu stellen, müssen Konzepte entwickelt werden, die dem drohenden Ärztemangel entgegen wirken und die Arbeitszufriedenheit von Primärärzten verbessern [1]. Ein möglicher Ansatz stellt die Entlastung von Ärzten in ihrer täglichen Arbeit dar, z.b. durch den Einsatz elektronischer Praxisverwaltungs-/ Informationssysteme zur Reduktion von verwaltungstechnischem und organisatorischem Aufwand oder 118

120 durch die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliche Mitarbeiter. Inwieweit diese Maßnahmen in Deutschland bereits Anwendung finden und inwiefern Ärzte gegebenenfalls dafür gezielte (monetäre) Anreize erhalten, ist Gegenstand der vorliegenden Analyse. Material und Methoden: Im Auftrag des Commonwealth Fund (CWF) wurde 2009 eine internationale Befragung von Primärärzten durchgeführt, deren deutscher Part von der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Heidelberg in Kooperation mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWIG) umgesetzt wurde. Im April 2011 wurden Teilergebnisse dieser Umfrage im Hinblick auf die Zufriedenheit und die Arbeitsbelastung der Primärärzte im internationalen Vergleich im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht [2]. Darüber hinaus wurden in weiteren Fragenkomplexen Daten erhoben, die in diesem Beitrag für Deutschland analysiert werden. Ergebnisse: Der Fragebogen wurde von 715 Ärzten innerhalb der Frist zurück gesendet (Rücklaufquote =48%). Die statistische Auswertung bisher nicht veröffentlichter Daten zu Verwendung elektronischer Informationssysteme und Delegation ärztlicher Leistungen wird auf dem DEGAM- Kongress 2011 präsentiert werden. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse erlauben eine Analyse des Ist-Zustandes der Bereiche Verwendung elektronischer Informationssysteme und Delegation ärztlicher Leistungen im hausärztlichen Setting. Hieraus können mögliche Defizite und Optimierungspotential zur Entlastung von Hausärzten in ihrer täglichen Arbeit abgeleitet werden. 1. Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Koordination und Integration Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens. Sondergutachten Available from: (letzter Zugriff ) 2. Koch K, Miksch A, Schürmann C, Joos S, Sawicki PT. Das deutsche Gesundheitswesen im internationalen Vergleich: Die Perspektive der Hausärzte. Dtsch Arztebl Int. 2011;10(15): Bitte zitieren als: Urban E, Joos S, Ose D, Szecsenyi J, Miksch A. Entlastung von (Haus-)Ärzten Status quo und Zukunftsperspektiven. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom160. DOI: /11fom160, URN: urn:nbn:de: fom INTERPROF Interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation in Pflegeheimen: eine qualitative Untersuchung zur medizinischen Versorgungsqualität von Pflegeheimbewohnern und Entwicklung von Verbesserungsstrategien Studienprotokoll Christiane A. Müller 1, Christina Geister 2, Siegfried Weyerer 3, Martina Schäufele 3, Susanne Heim 1, Hendrik van den Bussche 4, Martin Scherer 4, Eva Hummers-Pradier 1, Gudrun Theile 1 1 Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland 2 Ev. FH Hannover, Hannover, Deutschland 3 Zentralinstitut für seelische Gesundheit, Mannheim, Deutschland 4 Institut für Allgemeinmedizin, UKE, Hamburg, Deutschland Hintergrund: Die Anzahl von Pflegeheimbewohnern wird sich in den nächsten 40 Jahren voraussichtlich nahezu verdoppeln. Zur Gewährleistung einer angemessenen Pflege ist es essentiell, dass die an der Versorgung der Bewohner beteiligten Berufsgruppen sich gegenseitig verstehen [1]. Diese qualitative Multicenterstudie untersucht den augenblicklichen Status quo der Zusammenarbeit und der Kommunikationsstrukturen zwischen Pflegepersonal und Hausärzten im Pflegeheim. Zusätzlich sollen auch die Bedürfnisse und Erwartungen der Bewohner und ihrer Familien erfasst werden, um ein Modell zur Verbesserung der Versorgungsqualität in Pflegeheimen zu entwickeln, welches in einer Pilotstudie getestet werden wird. Material und Methoden: Zunächst werden die Pfegebedürfnisse und Probleme in der interprofessionellen Zusammenarbeit in face to face Interviews mit Hausärzten, Pflegenden, Bewohnern und Angehörigen in Pflegeheimen in drei Regionen Deutschlands exploriert. Parallel werden Hausarztbesuche in stationären Pflegeinrichtungen durch teilnehmende Beobachtungen untersucht. Wesentliche Ergebnisse der Interviews und Beobachtungen sowie mögliche Verbesserungen der interprofessionellen Zusammenarbeit werden anschließend in mono- und interprofessionellen Focusgruppen diskutiert. Ziel ist hierbei, ein tieferes Verständnis der Versorgungsabläufe und Beziehungen zwischen den beteiligten Gruppen zu erhalten und somit Lösungsstrategien zur Behebung möglicher Defizite zu entwickeln. Interviews und Fokusgruppen werden inhaltsanalytisch und mit dem 'Knowledge Mapping- Verfahren' [2] ausgewertet. Auf Basis der Ergebnisse wird in einem multiprofessionellen Expertenworkshop ein Kommunikationsmodell entwickelt werden, das die Bedürfnisse aller beteiligter Gruppen (Patienten, Angehörige, Pflege, Ärzte) berücksichtigen soll. Dieses interprofessionelle Interventionsmodell mit dem Ziel einer Verbesserung der Versorgungsqualität in Pflegeheimen, wird abschließend in vier Pflegeheimen in Hannover hinsichtlich Akzeptanz und Feasibility getestet. Ergebnisse: Liegen nicht vor, da die Studie zum Spätsommer 2011 beginnt. Schlussfolgerung/Implikation: Durch die Studie sollen Defizite und Möglichkeiten in der interprofessionellen Kooperation und Kommunikation im Setting Pflegeheim aufgedeckt werden und somit ein Beitrag zur Verbesse- 119

121 rung der medizinischen Versorgungsqualität in der stationären Pflege geleistet werden. 1. Winn P, Cook JB, Bonnel W. Improving Communication among Attending Physicians, Long-Term Care Facilities, Residents, and Residents' Families. J Am Med Dir Assoc. 2004; 5: Pelz C, Schmitt A, Meis M. Knowledge Mapping als Methode zur Auswertung und Ergebnispräsentation von Fokusgruppen in der Markt- und Evaluationsforschung. FQS. 2004;5(2):35. Bitte zitieren als: Müller CA, Geister C, Weyerer S, Schäufele M, Heim S, van den Bussche H, Scherer M, Hummers-Pradier E, Theile G. INTERPROF Interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation in Pflegeheimen: eine qualitative Untersuchung zur medizinischen Versorgungsqualität von Pflegeheimbewohnern und Entwicklung von Verbesserungsstrategien Studienprotokoll. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom161. DOI: /11fom161, URN: urn:nbn:de: fom Ist eine Influenza-Surveillance aus hausärztlichen Routinedaten möglich? Johannes Hauswaldt 1, Steffen Geis 2, Eva Hummers-Pradier 1, Helmut Uphoff 3 1 Institut für Allgemeinmedizin der MHH, Hannover, Deutschland 2 Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 3 Hessisches Landesprüfungs-und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen, Dillenburg, Deutschland Hintergrund: Europaweit sind Influenza-Surveilance- Systeme etabliert und effizient, die auf der Registrierung klinischer Erkrankungsfälle und stichprobenartiger Virusnachweise basieren. Hausärzte dokumentieren tagesaktuell in ihrem Arztpraxisinformationssystem (AIS) Beratungsanlässe, (Verdachts- )diagnosen und ICD-10-Kodes. Können AIS-Daten, die als Diagnosen auch Akute Respiratorische Erkrankungen (ARE) und Influenzaverdacht (influenza like illness, ILI) prinzipiell anzeigen, über die BDT-Schnittstelle tagesgenau extrahiert und für eine Surveillance zeitnah übertragen werden? Material und Methoden: Routinedaten, gewonnen über die BDT-Schnittstelle [1], aus 131 Hausarztpraxen mit Aufzeichnungen aus mindestens 25 Kalenderwochen je 2001 und 2002 und mit mindestens 25 Patienten je Kalenderwoche, werden retrospektiv auf Häufigkeiten von Arzt-Patienten-Kontakten (APK), abgebildet aus Leistungsziffern (Gebührenordnungsnummern, BDT-Feld 5001) mit obligatem Arzt-Patienten-Kontakt, sowie auf niedergelegte Diagnosen für ARE und ILI aus ICD-10-Kodes (BDT-Felder 6001 und 3673) nach Leistungsquartal, Kalenderwoche und -tag untersucht. Die BDT-Daten werden stichprobenartig visuell mit ihrer Quelle in den Primärdaten (AIS) verglichen. Ergebnisse: Arzt-Patienten-Kontakte (APK) finden sich in der Stichprobe je Werktag, 2001 bis 2002, mit den erwarteten Schwankungen nach Jahreszeiten und innerhalb der Kalenderwoche (Abbildung 1). ICD-10-Kodes in ihrer werktäglichen Anzahl werden, neben der Schwankung innerhalb der Woche, in einer unerwarteten und eigentümlichen Verteilung gefunden, die streng quartalsgebunden ist, als sogenanntes Sägezahnphänomen (Abbildung 2). Die stichprobenartige visuelle Gegenüberstellung der AIS- Primärdaten und ihrer Abbildung in den sekundären BDT- Daten sowie deren genaue Analyse lassen das Sägezahnphänomen als Artefakt erkennen: nach dem impliziten Regelwerk der BDT-Schnittstelle werden Diagnosen und Bezeichnungen im Freitext (BDT-Feld 6205) zwar leistungstagsgenau, ICD-Kodes jedoch nur einmal im Quartal übertragen. Schlussfolgerung/Implikation: Praxis- und Arzt-Patienten- Kontakte können über die BDT-Schnittstelle tagesgenau, Beratungsanlässe nach praktischen Gesichtspunkten nicht, sowie Diagnosen als ICD-10-Kodes lediglich quartalsweise extrahiert werden. Die bereits 1994 definierte BDT-Schnittstelle sollte sowohl für die Kommunikation zwischen AIS als auch zur Sekundärdatengewinnung für Forschungszwecke ersetzt werden, z.b. durch ein konsentiertes Scientific Use File (SUF), um die Voraussetzungen für eine tagesgenaue Auswertung zu erfüllen. 1. Kersting M, Gierschmann A, Hauswaldt J, Hummers-Pradier E. Routinedaten aus hausärztlichen Arztinformations-systemen Export, Analyse und Aufbereitung für die Versorgungsforschung. Gesundheitswesen. 2010;72: Abbildung 1: Anzahl werktäglicher Arzt-Patienten-Kontakte Abbildung 2: Anzahl werktäglicher ICD-10-Kodes Bitte zitieren als: Hauswaldt J, Geis S, Hummers-Pradier E, Uphoff H. Ist eine Influenza-Surveillance aus hausärztlichen Routinedaten möglich. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; Doc11fom162. DOI: /11fom162, URN: urn:nbn:de: fom

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