KAPITEL 6. Nichtlineare Ausgleichsrechnung
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1 KAPITEL 6 Nichtlineare Ausgleichsrechnung Beispiel 61 Gedämpfte Schwingung: u + b m u + D m u = 0, Lösungen haben die Form: u(t) = u 0 e δt sin(ω d t + ϕ 0 ) Modell einer gedämpften Schwingung y(t; x 1, x 2, x 3, x 4 ) = x 1 e x2t sin(x 3 t + x 4 ), mit Parametern x 1,, x 4 Methode der kleinsten Fehlerquadrate: 10 ( x1 e x 2t i sin(x 3 t i + x 4 ) b i ) 2 = F(x1, x 2, x 3, x 4 ) 2 2, i=1 mit F : R 4 R 10 definiert durch F i (x) = F i (x 1, x 2, x 3, x 4 ) = x 1 e x 2t i sin(x 3 t i + x 4 ) b i, i = 1,,10 Dahmen-Reusken Kapitel 6 1
2 Definiert man allgemein die Abbildung F : R n R m, F i (x) := y(t i ; x) b i, i = 1,, m, kann das nichtlineare Ausgleichsproblem wie folgt formuliert werden: Bestimme x R n, so daß oder, äquivalent, F(x ) 2 = min x R n F(x) 2, φ(x ) = min x R n φ(x), wobei φ : R n R, φ(x) := 1 2 F(x) 2 2 = 1 2 F(x)T F(x) Dahmen-Reusken Kapitel 6 2
3 Die Funktion φ(x) = 1 2 F(x) 2 2 = 1 2 F(x)T F(x) hat in einem Punkt x ein lokales Minimum genau dann, wenn die folgenden zwei Bedingungen erfüllt sind: φ(x ) = 0 φ (x ) R n n (dh, x ist kritischer Punkt von φ), ist symmetrisch positiv definit Es läßt sich durch Nachrechnen bestätigen, daß φ(x) = F (x) T F(x), φ (x) = F (x) T F (x) + m i=1 F i (x)f i (x) Dahmen-Reusken Kapitel 6 3
4 Taylorentwicklung: Das Gauß-Newton Verfahren F(x) = F(x k ) + F (x k )(x x k ) + O( x x k 2 2 ) Abbruch nach dem linearen Term lineares Ausgleichsproblem: Finde s k R n mit minimaler 2-Norm, so daß F (x k )s k + F(x k ) 2 = min s R n F (x k )s + F(x k ) 2 Setze x k+1 := x k + s k Der Erfolg dieser Strategie hängt von der Wahl des Startwertes ab Bemerkung: mit minimaler 2-Norm kann man weglassen, wenn Rang(F (x)) = n gilt Dahmen-Reusken Kapitel 6 4
5 Insgesamt erhält man folgendes Verfahren: Algorithmus 63 (Gauß-Newton) Wähle Startwert x 0 Für k = 0,1,2, : Berechne F(x k ), F (x k ) Löse das lineare Ausgleichsproblem (67) Setze x k+1 = x k + s k Als Abbruchkriterium für diese Methode wird häufig F (x k ) T F(x k ) 2 ε benutzt, wobei ε eine vorgegebene Toleranz ist Der zugrunde liegende Gedanke hierbei ist, daß in einem kritischen Punkt x von φ die Ableitung φ(x) = F (x) T F(x) Null sein muß Dahmen-Reusken Kapitel 6 5
6 Analyse der Gauß-Newton-Methode Sei x ein kritischer Punkt von φ, der in einer Umgebung U eindeutig ist Annahme: Rang(F (x)) = n für alle x U Für x k U hat das lineare Ausgleichsproblem (67) wegen Satz 45 die eindeutige Lösung s k = [F (x k ) T F (x k )] 1 F (x k ) T F(x k ) Deshalb gilt für die Gauß-Newton-Iteration: mit x k+1 = x k [F (x k ) T F (x k )] 1 F (x k ) T F(x k ) = x k [F (x k ) T F (x k )] 1 φ(x k ) = Φ(x k ), Φ(x) := x [F (x) T F (x)] 1 φ(x) Es gilt: x = Φ(x) φ(x) = 0 x = x Die Gauß-Newton-Methode ist also eine Fixpunktiteration Dahmen-Reusken Kapitel 6 6
7 Beispiel 64 F(x) := ( ) a + rcos x rsin x, mit a > r > 0, x [0,2π] Ausgleichsproblem: min x F(x) 2 F(x) 2 = a 2 + 2arcos x + r 2, ( ) F sin x (x) = r, F (x) T F (x) = r 2, cos x φ(x) = rasin x Es gibt zwei kritische Punkte von φ: Die Iterationsfunktion zu F ist x = 0 (lokales Maximum), x = π (lokales Minimum) Φ(x) = x + a r sin x Dahmen-Reusken Kapitel 6 7
8 In den kritischen Punkten x = 0, x = π gilt Φ (x ) = 1 + a r cos x Für x = 0 (lokales Maximum) gilt Φ (x ) = a+r r > 1 Für x = π (lokales Minimum) gilt Φ (x ) = a r r = a r 1 Dahmen-Reusken Kapitel 6 8
9 x 0 x 1 x 2 x 2 x 1 x 0 Dahmen-Reusken Kapitel 6 9
10 Die Gauß-Newton-Methode hat in diesem Beispiel folgende Eigenschaften: 1 Das lokale Maximum ist abstoßend 2 Die Methode ist linear konvergent in einer Umgebung des lokalen Minimums (wenn a < 2r), oder 3 das lokale Minimum ist auch abstoßend (wenn a > 2r) Man kann zeigen, daß ähnliche Eigenschaften in einem allgemeinen Rahmen gültig sind Dahmen-Reusken Kapitel 6 10
11 Folgerung 66 Für die Gauß-Newton-Iterationsfunktion Φ gilt Φ (x ) A = ρ(k) F(x ) 2, Φ (x ) ρ(k) F(x ) 2 für jede Operatornorm (Mit K: Matrix aus (612)) Hieraus kann man folgendes schließen: Im Normalfall ist F(x ) 0, K 0 und deshalb Φ (x ) 0 Falls die Gauß-Newton-Methode konvergiert, ist die Konvergenz im allgemeinen nicht schneller als linear Wenn der kritische Punkt x ein lokales Maximum oder ein Sattelpunkt ist, gilt ρ(k) F(x ) 2 1 und deshalb Φ (x ) 1 für jede Operatornorm Das Verfahren bewahrt uns also davor, einen falschen kritischen Punkt zu finden Solche kritischen Punkte sind für das Gauß-Newton-Verfahren also abstoßend, was günstig ist, weil ein (lokales) Minimum gesucht wird Dahmen-Reusken Kapitel 6 11
12 Die Größe ρ(k) F(x ) 2 ist entscheidend für die lokale Konvergenz des Gauß-Newton-Verfahrens Für ein lokales Minimum x der Funktion φ ist die lokale Konvergenz des Gauß-Newton-Verfahrens gesichert, falls das Residuum F(x ) 2 und die Größe ρ(k) hinreichend klein sind, so daß die Bedingung ρ(k) F(x ) 2 < 1 erfüllt ist Sei x ein lokales Minimum von φ, wofür ρ(k) F(x ) 2 > 1 gilt Dann ist Φ (x ) > 1 für jede Operatornorm Deshalb: Ein lokales Minimum von φ kann für die Gauß-Newton-Methode abstoßend sein Dahmen-Reusken Kapitel 6 12
13 Beispiel 67 Die Gauß-Newton-Methode angewandt auf das Problem in Beispiel 61 k F(x k ) 2 φ(x k ) 2 φ(x k ) 2 / φ(x k 1 ) e e e e e e e e e e e e e In der letzten Spalte dieser Tabelle sieht man das lineare Konvergenzverhalten der Gauß-Newton-Methode Dahmen-Reusken Kapitel 6 13
14 Die berechneten Parameterwerte x = x 12 liefern eine entsprechende Lösung y(t; x ) = x 1 e x 2 t sin(x 3 t + x 4 ): Dahmen-Reusken Kapitel 6 14
15 Levenberg-Marquardt-Verfahren Finde s k R n, so daß F (x k )s k + F(x k ) µ2 s k 2 2 = min, wobei µ > 0 ein zu wählender Parameter ist Neue Annäherung: Äquivalente Formulierung: x k+1 = x k + s k Finde s k R n, so daß ( F (x k ) ( ) s k F(x + k ) µi ) 2 = min Großer Vorteil: die Matrix ( F (x k ) µi ) hat immer vollen Rang Dahmen-Reusken Kapitel 6 15
16 Für die Korrektur s k gilt: s k 2 F(xk ) 2 µ Also kann man durch eine geeignete Wahl von µ eine zu große Korrektur s k vermeiden Mit anderen Worten, der Parameter µ kann eine Dämpfung der Korrektur bewirken Auch das Levenberg-Marquardt-Verfahren kann man als Fixpunktiteration formulieren, wobei Φ µ (x) = x [F (x) T F (x) + µ 2 I] 1 F (x) T F(x) = x [F (x) T F (x) + µ 2 I] 1 φ(x) Dahmen-Reusken Kapitel 6 16
17 Algorithmus 610 (Levenberg-Marquardt) Wähle Startwert x 0 und Anfangswert für den Parameter µ Für k = 0,1,2, : 1 Berechne F(x k ), F (x k ) 2 Löse das lineare Ausgleichsproblem ( F (x k ) ( ) s k F(x + k ) ) µi 2 = min 3 Teste, ob die Korrektur s k akzeptabel ist Wenn nein, dann wird µ angepaßt und Schritt 2 wiederholt Wenn ja, dann: 4 Setze x k+1 = x k + s k Dahmen-Reusken Kapitel 6 17
6 Nichtlineare Ausgleichsrechnung
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