Volkstrauertag 2013 Gedenkfeier zum Volkstrauertag am Jägerdenkmal am Sonntag, , Uhr
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- Heidi Melsbach
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1 Volkstrauertag 2013 Gedenkfeier zum Volkstrauertag am Jägerdenkmal am Sonntag, , Uhr Ansprache Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer Sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrates, werte Geistlichkeit, meine Damen und Herren der Verbände, werte Angehörige der Bundeswehr, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, lassen sich Kriege verstehen? Was für eine Frage, werden Sie sich vielleicht denken. Natürlich lassen sich Kriege nicht verstehen. Dass es Situationen gibt, in denen sich Völker, Nationen, Demokratien verteidigen müssen, das lässt sich begründen, aber verstehen? Heidrun Gemähling hat sich in einem Gedicht, das ich zur Einstimmung vortragen möchte, mit dieser Frage beschäftigt:
2 2 Krieg wurde befohlen, Soldaten zogen aus, hinterließen Frau und Kinder und eine Mutter auch, die weinte in die Schürze, der Vater hielt bedeckt mit Händen seine Tränen, er kannte des Krieges Schrecken, das grausame Morden, die gestorbenen Gefühle danach. Es toben Gefechte zur See und anderswo, Seelen sanken auf tiefen Grund, wurden gefunden niemals mehr, Werte brutal zerschossen, die Lieben bangten daheim, Soldaten hofften auf Wiederkehr, Kameraden kehrten zurück oft allein aus ihrer teuflisch bedrängten Lage. Geschunden, verletzt kam der Zweifel, der Sinn wurd gefunden nicht mehr für Kriege und all die Leiden, Frommes erlosch im Rinnsal tödlicher Macht, traumatische Gedanken hielten Worte stumm. Es ist so schwer, den Wahnsinn zu verstehen!
3 3 Was sich die Menschen wünschen, ist, im friedlichen Miteinander zu leben. Ganz gleich, ob in Europa, Afrika, Asien oder wo immer auf der Welt, die allermeisten Menschen wünschen sich nichts sehnlicher, als in Frieden leben zu können. Niemand möchte, dass Eltern, Kinder oder Freunde in einem Krieg, durch Terror, Gewaltherrschaft, verwundet oder gar getötet werden. Die Formen der Gewalt sind vielfältig und zeigen sich nicht allein in einem offiziell erklärten Krieg. In Afghanistan etwa war es erst keiner und doch muss unsere Bundeswehr bitterste Opfer erfahren. In Mexiko gibt es tausende Tote durch rivalisierende Drogenkartelle. In nicht wenigen Staaten Afrikas gehört das Morden und Raubschatzen zur Tagesordnung. Täglich fliehen Menschen vor Gewalt aus Nordafrika über das Mittelmeer und riskieren oder verlieren dabei ihr Leben. In Syrien wird das Volk gewaltsam unterdrückt. Immer wieder riskieren Menschen Leib und Leben, um skrupellose Machthaber durch demokratische Strukturen zu ersetzen. All dies sind nur wenige Beispiele für Kriege, denen keine Kriegserklärung vorausging, die viele unschuldige Opfer forderten und immer noch fordern und wo für die Menschen der Frieden weit weg ist. Wobei wir Menschen Frieden je nach unserer Lebenssituation auch unterschiedlich empfinden bzw. definieren. Für die einen ist Frieden bereits, wenn sie nicht jeden Tag heftigen Streit zwischen den Eltern oder mit den Nachbarn erleben müssen. Andere sehen die Zerstörung der Umwelt und fordern Frieden für die Natur. Wieder andere erkennen, dass Hunger und Armut den Frieden verhindern.
4 4 Für Graf Stauffenberg, die Geschwister Scholl oder andere Menschen im Widerstand hatte Frieden eine ganz andere Dimension. Sie dachten nicht nur an das Heute und an sich selbst, sondern an unzählige unschuldige Opfer, die es für die Zukunft zu verhindern galt. Damit die Menschheit in jeder Generation erkennt und versteht auch wenn sie es nicht schafft, weltweit so zu leben dass Frieden die einzig richtige Antwort im Miteinander der Menschen ist, muss das Gedenken, das Erinnern an Kriege, Gewalt und Terror hoch gehalten werden. Solch ein Gedenktag ist der Volkstrauertag. Der Volkstrauertag ist ein Tag der Trauer, des Gedenkens und damit der Mahnung. Die Millionen Opfer beider Weltkriege, die neuen Opfer von Gewalt und Verbrechen nach 1945, müssen wieder und wieder dazu anspornen, dass wir uns für eine friedliche und gerechte Welt einsetzen. So erinnern wir uns heute, dass vor fast genau 95 Jahren der erste Weltkrieg endete. Mehr als 10 Millionen Menschen haben in den vorangegangenen vier Kriegsjahren ihr Leben lassen müssen. Verdun wurde zum Synonym für menschliches Leiden. 80 Jahre ist es her, dass die Nationalsozialisten die Macht ergriffen. Der Beginn einer 12-jährigen Entwicklung, an deren Ende 1945 Europa in Trümmern lag. Die Welt war aus den Fugen geraten und der Tod von 55 Millionen Menschen musste beklagt werden.
5 5 Vor 70 Jahren, im Jahr 1943, wurde eines der blutigsten Kapitel in unsere Geschichtsbücher geschrieben: - In Russland verbluten bei Stalingrad und Kursk die deutschen und sowjetischen Armeen. - In Nordafrika endet mit der Kapitulation des Afrikakorps in Tunesien der Kampf der deutsch-italienischen Streitkräfte. - Die Amerikaner landen auf Sizilien und betreten erstmals in diesem Krieg europäischen Boden. - Im Warschauer Ghetto erheben sich in letzter Verzweiflung die Juden gegen das ihnen von Peinigern zugedachte Schicksal. - Die Schlacht im Atlantik erreicht ihren Höhepunkt. Tausende deutsche und alliierte Seeleute finden ihr Grab in den Fluten. - Mutige junge Deutsche, die wie die Geschwister Scholl zum Widerstand gegen das Regime der Gewalt und Unfreiheit aufrufen, sterben durch die Hand des Henkers. - Goebbels verkündet den totalen Krieg Dies alles darf nicht vergessen werden. Der Volkstrauertrag mahnt uns jedes Jahr, Lehren aus den Schrecken der Geschichte zu ziehen. In Europa ist dies bis heute gelungen. Es ist nicht nur Glück, dass wir mittlerweile im siebten Jahrzehnt in Frieden leben, es ist auch dem steten Bemühen um Ausgleich, Verständnis und Freundschaft zwischen allen in Europa zu verdanken. Aus europäischer Sicht ist Krieg etwas undenkbar Fernes. Gleichzeitig ist Krieg über die weltweit vernetzte Nachrichtenwelt aber so nahe.
6 6 Aber nicht nur durch die Medienwelt, sondern auch tatsächlich. Die Bundeswehr ist weltweit im Friedenseinsatz tätig. Wir müssen immer wieder die Gelegenheit zum Dialog nutzen. Zum Dialog mit unserer Jugend, damit sie erfährt, wie es damals war. Diejenigen unter uns, die diese Zeiten noch selber erleben mussten, müssen die Erzählungen darüber weiter tragen. Wir, die wir es aus Erzählungen unserer Eltern kennen, müssen unsere Erkenntnis weitergeben. Schulbücher, Museen, Gedenkstätten, erinnern an die unvorstellbaren Schrecken der Weltkriege. Aber gegen den Krieg zu sein ist nur der erste Schritt. Für den Frieden etwas zu tun, ist notwendig. Dabei müssen wir uns immer wieder klarwerden, der Frieden beginnt in unserem Inneren. Wir dürfen nicht stillhalten und es akzeptieren, wenn die Gewalt in der globalisierenden Welt weiter wächst und uns beherrscht. Um Frieden muss sich jeder bei sich selbst bemühen. Am Arbeitsplatz, in der Familie, in der Nachbarschaft. Der Volkstrauertag ist Mahnung, Erinnerung und Auftrag zugleich. Und so gedenken wir unserer Toten: Wir gedenken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.
7 7 Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren. Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde. Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten. Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren. Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind.
8 8 Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt. Ich danke Ihnen. Nach der Kranzniederlegung: Ich danke Ihnen allen, die Sie heute zum Jägerdenkmal ge- kommen sind, und besonders allen Beteiligten an der heutigen Gedenkfeier: - der Bundeswehr, der Polizei und der Stadtkapelle Kempten. - Ich danke den Traditionsverbänden und Vereinen für ihr Kommen und für ihre Spende an die Kriegsgräberfürsorge, die sie auch heuer anstelle einer Kranzniederlegung vorgenommen haben. Als Zeichen des Friedens steigen nun Tauben des Reisetaubenzüchtervereins Allgäu-Bote zum Himmel. Die Feier ist geschlossen.
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