Lücken im Opferschutz eine kritische Betrachtung des Unterstützungssystems bei Gewalt in nahen sozialen Beziehungen
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- Ernst Bretz
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1 Lücken im Opferschutz eine kritische Betrachtung des Unterstützungssystems bei Gewalt in nahen sozialen Beziehungen Prof. Dr. Barbara Kavemann Sozialwissenschaftliches FrauenForschungsInstitut Freiburg/Berlin Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin
2 2 Was ich für heute mitbringe: Übersicht über den Bestand an Schutz- und Unterstützungsangeboten bei Gewalt in engen sozialen Beziehungen. Diskussion von Lücken und von unterversorgten Zielgruppen anhand von Forschungsergebnissen. Vorstellen innovativer Praxis aus dem In- und Ausland. Diskussion der Nachhaltigkeit der Unterstützung.
3 3 Leitbild für eine anzustrebende Bedarfsdeckung I 1. Jede akut von Gewalt betroffene Frau soll umgehend Schutz erhalten. Auch ihre Kinder sollen Schutz erhalten. 2. Jede Frau, die akut Gewalt erfährt, soll zeitnah Zugang zu einer Beratungsstelle haben, um ihre Situation und ihre Handlungsmöglichkeiten abklären zu können und in ihren Entscheidungen respektiert und unterstützt zu werden, um Unterstützung bei der Beendigung der Gewalt bzw. der Gewaltbeziehung zu erhalten, um über ihre Rechte als Opfer in möglichen Strafverfahren gegen Täter informiert zu werden. Alle Hemmnisse und Hürden, die dem zeitnahen Kontakt entgegenstehen, sind abzubauen. Kinder, die Gewalt zwischen den Eltern miterlebt haben, sollen eigenständige Unterstützung erhalten.
4 4 Leitbild für eine anzustrebende Bedarfsdeckung II 3. Jede Frau, die zurückliegende Gewalterfahrungen aufarbeiten, ihre Rechte als Opfer wahrnehmen oder eine Anzeige erstatten möchte, soll Zugang zu entsprechender, für sie geeigneter Beratung und Begleitung haben. Bei Bedarf vor allem nach traumatischem Gewalterleben soll Zugang zu geeigneter Therapie ermöglicht werden. Auch hier sind alle Hemmnisse und Hürden, die dem Kontakt entgegenstehen, abzubauen.
5 5 Vorweg zu sagen: Mein Schwerpunkt ist Gewalt in engen sozialen Beziehungen / Gewalt in Paarbeziehungen Es gibt eine generelle Lücke im Unterstützungssystem: die Finanzierung der Einrichtungen Eine weitere Lücke ist das Fehlen von Forschung und Evaluation. Wir wissen nicht, was wem unter welchen Bedingungen wirklich hilft Wir wissen nicht, welchen Umfangt der Unterstützungsbedarf hat.
6 6 Noch etwas vorweg zu sagen: Opfer ist ein problematischer Begriff. Die Justiz brauch ihn für die Opfer-Täter-Polarisierung In weiteren Bereichen sollte vorsichtig mit diesem Begriff umgegangen werden. Nicht alle, die Gewalt erlebt haben, verstehen sich als Opfer. Es geht um die Balance zwischen Schutz und Entmündigung, Empowerment und Überforderung.
7 ERGEBNISSE: BESTAND (ZUM JAHRESWECHSEL 2011/12)
8 8 Bestand Frauenhäuser 353 Frauenhäuser Mindestens 41 Schutz- bzw. Zufluchtswohnungen mit zusammen mehr als Plätzen für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder Jährlich genutzt von bis Frauen und ihren Kindern (ca bis Personen
9 9 Bestand Fachberatungsstellen (insgesamt 721) 310 Fachberatungsstellen bei Gewalt gegen Frauen allgemein 183 Fachberatungsstellen für von sexueller Gewalt betroffene Frauen 67 Fachberatungsstellen für Frauen, die in Kindheit und Jugend sexuell missbraucht wurden 130 Interventionsstellen, die pro-aktive Beratung nach polizeilicher Intervention wegen häuslicher Gewalt anbieten 40 Fachberatungsstellen spezialisiert auf Opfer von Menschenhandel, teilweise mit Schutzwohnungen 12 Fachberatungsstellen spezialisiert für Mädchen und Frauen, die von Zwangsverheiratung bedroht sind 1 überregionale Hotline bei Zwangsverheiratung 2 Fachberatungsstellen spezialisiert auf Betroffene von Stalking 1 Fachberatungsstelle spezialisiert auf die Problematik der Genitalverstümmelung 3 landesweite und 1 kommunale Hotline bei häuslicher Gewalt
10 10
11 SITUATION DER FRAUENHÄUSER
12 Ein Problem von Anfang an: Die personelle Ausstattung für Kinder und Jugendliche in Frauenhäusern reicht nicht aus Mädchen und Jungen, die mit ihrer Mutter ins Frauenhaus flüchten, benötigen eigenständige Unterstützung in ihrer Krisensituation. Viele Frauenhäuser können nur Kinderbetreuung oft in sehr geringem Umfang anbieten und keine Unterstützung oder Beratung für Kinder und Jugendliche. Konzepte sind vorhanden, Kinderschutz ist in fast allen Frauenhäusern Teil der Konzeption. Es handelt sich um eine Ressourcenfrage.
13 Anzahl der Teilzeitmitarbeiterinnen im Kinderbereich der Frauenhäuser (in abs. Zahl der Frauenhäuser) Die personelle Ausstattung wird der Anzahl und der Belastung der Kinder in Frauenhäusern nicht gerecht.
14 14 Migrantinnen sind eine sehr große Gruppe von Betroffenen Finanzierung von Sprachmittlung ist ein Problem Finanzierung durch Trägerverein 37,2 Spenden 25,0 Zuwendungen Stadt / Land 20,3 Ehrenamtliche Dolmetscherinnen 7,4 kostenlos durch Kooperation 1,4 anderes 7,4 insgesamt 100,0 Angaben in %
15 15 Frauenhäuser sehen sich für bestimmte Zielgruppen als nicht geeignet an (in %) Migrantinnen Lesbische Frauen von Zwangsverheiratung Bedrohte Seniorinnen Opfer von Menschenhandel Transgender Frauen mit Behinderung Psychisch kranke Frauen Suchtkranke Frauen % 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% spezialisiert gut teils-teils nicht geeignet
16 16 Aufnahme psychisch erkrankter und suchtkranker Frauen in Frauenhäusern (in %) ,5 73,4 22,5 12,6 5 1,8 prinzipiell ja einzelfallabhängig prinzipiell nein suchtkrank psychisch krank
17 17 Weitervermittelte Frauen in 2010 (nach Gruppenzugehörigkeit in abs. Zahlen außer Platzmangel)
18 Ein Dilemma, das dringend einer Lösung bedarf: Gewalt gegen Frauen mit Suchtproblemen und starken psychischen Belastungen Problematischer Konsum von Alkohol und Medikamenten ist eine verbreitete Reaktion auf Gewalterleben, vor allem bei schwerer Gewalt und in chronischen Gewaltverhältnissen. Frauen, die dieser Situation ausgesetzt sind, erhalten überwiegend keinen Zugang zu Schutz. Sie sind aufgrund der geringen personellen Ausstattung der Frauenhäuser kaum zu integrieren. Es fehlen z.b. professionelle Nachtdienste. Gleiches gilt für Frauen mit starken psychischen Belastungen oder mit psychischen Erkrankungen. Auch hier ist ein starker Zusammenhang zum Gewalterleben zu sehen, der Schutz aber nicht sichergestellt.
19 Ein Dilemma, das dringend einer Lösung bedarf: Gewalt gegen Frauen mit Behinderung Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen sind überproportional häufig von Gewalt betroffen. Sie sehen sich jedoch mit besonders hohen Zugangsbarrieren konfrontiert, wenn sie Schutz suchen.
20 Ein Dilemma, das dringend einer Lösung bedarf: Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen 2- bis 3-fach erhöhte Betroffenheit durch sexuelle Gewalt im Erwachsenenleben gegenüber Bevölkerungsdurchschnitt mehr als jede 3. bis 5. Frau der repräsentativen Befragung hat sexuelle Übergriffe im Erwachsenenleben erlebt höchste Betroffenheit: psychisch erkrankte Frauen (38%) und gehörlose Frauen mit (43%) mehr als jede zweite bis dritte Frau der Studie hat sexuelle Gewalt in Kindheit und/oder Erwachsenenleben (am häufigsten: Frauen mit psychischen Erkrankungen und gehörlose Frauen).
21 Ein Dilemma, das dringend einer Lösung bedarf: Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen Körperliche Gewalt im Erwachsenenleben - fast doppelt so häufig wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt (58-75% vs. 35%) + schwerere und bedrohlichere Übergriffe Psychische Gewalt im Erwachsenenleben - ebenfalls deutlich häufiger als im Bevölkerungsdurchschnitt (68-90% vs. 45%)
22 22 Grenzen der Aufnahme im Frauenhaus % der Frauenhäuser konnten nicht alle anfragenden Frauen aufnehmen Insgesamt wurden fast Frauen an andere Einrichtungen weitervermittelt Häufigster Grund: Platzmangel Weitere Gründe: nicht geeignet für manche Gruppen Selten: Probleme der Refinanzierung Für die finanziellen Probleme lässt sich eher eine Lösung finden als für die Grenzen der Aufnahmefähigkeit der Einrichtung Mangel an getrennten Wohneinheiten (z.b. für Frauen mit älteren Söhnen) Unzureichende Ausstattung der Einrichtung Fehlen spezialisierten Schutzes für spezifische Gruppen.
23 SITUATION DER INTERVENTIONS- UND FACHBERATUNGSSTELLEN
24 Missverhältnis zwischen dem Volumen der Aufgaben und der personellen Ausstattung Die Vielfalt der Aufgaben und die Differenziertheit des Angebots werden durch die personelle Ausstattung nicht gedeckt. Viele Angebote, die wichtig sind, um schwer erreichbare Zielgruppen zu versorgen wie zugehende Beratung, mobile Beratung und Außensprechstunden in ländlichen Regionen können deshalb nur selten vorgehalten werden. Die reduzierte telefonische Erreichbarkeit von Fachberatungsstellen lässt Prozesse der Hilfesuche scheitern.
25 25 Eignung der spezialisierten Fachberatungsstellen für bestimmte Zielgruppen (in %) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100 % psychisch kranke Frauen Opfer von Menschenhandel Transgender suchtkranke Frauen von Zw angsverheiratung Bedrohte Frauen ohne legalen Aufenthalt Asylbew erberinnen Frauen m it Behinderungen Seniorinnen lesbische Frauen von Genitalverstüm m elung bedrohte Frauen spezialisiert gut geeignet teils-teils nicht geeignet
26 Mittel für Kinderbetreuung fehlen Um die Beratung zu entlasten, Zugangsschwellen zu senken und im Sinne des Kinderschutzes zu vermeiden, dass Kinder anwesend sein müssen, wenn Mütter über das Gewalterleben sprechen, benötigen Fachberatungsstellen Mittel, um stunden weise Kinderbetreuung anbieten zu können.
27 Neue Modelle der Unterstützung, von denen gelernt werden kann Es gibt interessante Entwicklungen im In und Ausland. Jedoch eher in Form einzelner Modelle als flächendeckend.
28 Pro-Aktive Kinder- und Jugendberatung Beispiel Mecklenburg-Vorpommern Angedockt an die pro-aktive Beratung nach polizeilicher Intervention wird Kontakt zu Frauen aufgenommen, die Kinder haben und ihr Einverständnis eingeholt, die Kinder zu beraten. Es wird aufsuchend gearbeitet. In Kooperation mit dem Jugendamt wird der Unterstützungsbedarf der Töchter und Söhne abgeklärt und entsprechende Hilfen organisiert. Dafür wurden zusätzliche Stellen eingerichtet.
29 Pro-Aktive Angebote für gewalttätige Partner_innen bei einer Wegweisung Beispiel Schweiz Parallel zur pro-aktiven Beratung von Betroffenen nach polizeilicher Intervention wird den Weggewiesenen eine pro-aktive Beratung angeboten. Dies übernehmen die Männerinterventionsstellen. Eine Stabilisierung und Vermittlung in Täterprogramme erfolgt.
30 Niederlande: Öffnung nach dem Modell des Oranje Huis Kombination eines geschützten, geschlossenen Teils des Frauenhauses mit einem offenen Bereich. Warum? Der Bedarf an klärenden Gesprächen mit dem Partner bzw. an Familiengesprächen, in die Kinder einbezogen werden, besteht. Dies zeigt die Untersuchung von 2007, die unterschiedliche Muster des Unterstützungsbedarfs herausarbeitete.
31 31 Öffnung von Frauenhäusern für Kooperation und umfassende Beratung Beispiel Baden-Württemberg, NRW, Lübeck Schaffen eines offenen Bereichs im Frauenhaus für Paargespräche und Familiengespräche. Zulassen von Besuchen für Frauen und Kinder nach sorgfältiger Absprache. Soziale Kontakte sollen gestärkt und nicht abgebrochen werden. Ergänzung nicht Ersetzen! des parteilichen Ansatzes beim Schutz der Frauen durch ein systemisches Beratungsangebot, das das familiäre und soziale Umfeld und Netzwerk einbezieht
32 Weitere Argumente für eine Öffnung? Nicht alle Frauen und Kinder brauchen dasselbe Maß an Schutz und Sicherheit. Für viele Töchter und Söhne kann eine begleitete Auseinandersetzung mit dem Vater entlastend und klärend sein. In offenen Räumen des Frauenhauses kann unmittelbar fallbezogen Aufnahme und Beratung in Kooperation mit anderen Einrichtungen stattfinden: mit den Kolleg_innen der Täterarbeit mit dem Jugendamt zur Klärung der Besuchsrechte mit Kolleg_innen der Suchtberatung oder der Psychiatrie mit Schule, Nachhilfe und Kita mit Kolleginnen anderer Beratungsbereiche. Dies ist möglich, ohne dass eine bedrohte Frau das Haus verlassen muss oder der geschützte Bereich des Frauenhauses von Dritten betreten werden muss
33 England: The Haven, Wolverhampton und Chamlong House, London Southwark The Haven: Frauenhaus mit mehreren Angeboten: Telefonhotline, allgemeines Frauenhaus Größeres Frauenhaus, spezialisiert auf Frauen mit problematischem Alkoholkonsum, Drogengebrauch und Frauen mit starken psychischen Belastungen bzw. Erkrankungen Chamlong-House: Frauenhaus ohne Aufnahmebeschränkungen bei Alkohol und Drogen Saubere Spritzen im Haus Keine Null-Toleranz-Politik Praxis in beiden Häusern: Kooperation mit Streetwork, Suchtberatung und Psychiatrie Verbindungsberaterinnen kommen von der Drogenberatung bzw. Klinik ins Frauenhaus und vom Frauenhaus in die Klinik um jeweils vor Ort entsprechend ihrer Kompetenz und der Problemlage der Klientin zu beraten Kein Beratungskontakt geht verloren bei Ortwechsel im Unterstützungssystem
34 USA und Kanada: Niedrigschwelligkeit und Entlastung: Das Family Justice Center In einem FJC können unter einem Dach mehrere Unterstützungsangebote bzw. Behörden aufgesucht und Termine praktisch miteinander verbunden werden. Frauen, die sehr bedroht sind, können mit einem Gang viele Aufgaben erledigen und müssen nicht oft außerhalb des Hauses unterwegs sein. Die fallbezogene Kooperation kann unmittelbar zwischen den beteiligten Institutionen organisiert werden. Auch von häuslicher Gewalt betroffene Männer können hier beraten werden. Die Entscheidung, welche Institutionen eingeschaltet werden sollen, obliegt allein der betroffenen Frau.
35 35 Beispiel BIG Berlin Im Rahmen eines EU-Projekts wird ein Family Justice Center in Berlin aufgebaut und erprobt. Das von BIG e.v. initiierte Modell des Family Justice Center hat seine Arbeit in Berlin im Kontext der Gewaltschutzambulanz aufgenommen.
36 Versorgung nach dem Frauenhaus Übergang und Nachsorge Das Problem fehlender Nachhaltigkeit angehen!
37 Schweiz: Social Insight 2014 SoFFI F. Phase Bezeichnung Beschreibung der Phasen I II Honeymoon Normalität Verschlechterung unerkannte Gewalt Beginn der Beziehung ohne Gewalt Normalität Entstehen von Schwierigkeiten Verhaltensmuster von Gewalt und Kontrolle III IV Intervention erkannte Gewalt Bewältigung von Interventionen und Folgeproblemen Öffentlich werden/machen der Gewalt (oft akute Gewalt- Situation) Intervention Interventionsziele: Stopp, Schutz, Unterstützung, Täter zur Verantwortung ziehen Coping mit Interventionen und Institutionenkontakten sowie Folgeproblemen Gewalt stoppt nicht, justizielle Schritte und deren Folgen, gesundheitliche Folgen, Bewältigung der Gewalterfahrung, Situation der Kinder, soziale/finanzielle Folgen, Situation von Haus- und Erwerbsarbeit, Wohnsituation, Aufenthaltsstatus V Rückkehr in Normalität Rückkehr zu einem normalen Leben ohne Gewalt, Abschluss der mit der Gewalterfahrung verbundenen Institutionenkontakte
38 Schweiz, England, Deutschland: Weshalb es wichtig ist, die Zeit nach dem Frauenhaus / nach der Intervention / nach der akuten Situation verstärkt in den Blick zu nehmen Forschung mit Nutzerinnen von Frauenhäusern zeigt einen lang anhaltenden Unterstützungsbedarf. Nachhaltigkeit der Intervention und Unterstützung kann nur mit dauerhafter, bedarfsgerechter Unterstützung und Begleitung erreicht werden. Es braucht für Frauen und für Kinder viel Zeit, bis eine Bewältigung des Gewalterlebens erreicht werden kann. Bricht Unterstützung zu früh ab, besteht das Risiko erneuter Gewalt Das Unterstützungskonzept muss ganzheitlich und bedarfsgerecht sein, was nicht bedeutet, dass es aus einer Hand kommen soll
39 England: Schwere Wege leichter machen: Der Floating Support (Kelly/Klein 2013) Konzepte aufsuchender Beratungsarbeit gewinnen im Feld der Sozialen Arbeit zunehmend an Bedeutung für die Erreichbarkeit schwer erreichbarer Gruppen Für Muster 2 und 4 ist aufsuchende Beratung ein wichtiges Angebot Floating support wird von Solace Women s Aid nach dem Frauenhausaufenthalt angeboten Die Beraterin hält Kontakt und sucht die Klientin an ihrem neuen Wohnort auf und ruft sie regelmäßig an Ausbaumöglichkeit in Berlin: Die Mobile Intervention der BIG-Hotline ist gefragt und bewährt sich
40 Finding the Costs of Freedom How women and children rebuild their lives after domestic violence (Kelly/Klein 2013: 41) The pleas for more came primarily from women for whom the crisis was over. They had moved on, but the shadow of domestic violence had not been rubbed out. The holistic model should be able to adapt to these ongoing needs, but reductions in funding and commissioning of services being overly focused on safety and current risk leaves limited room for the longer term needs.
41 Opfern erwächst ein riesiger Arbeitsberg aus der Gewalterfahrung respektive aus den institutionellen Kontakten. (Gloor/Meier 2014) Das Family Justice Center (Haus der kurzen Wege) kann geeignet sein, diesen Berg bewältigen zu helfen Phase IV findet teilweise während des Aufenthalts im Frauenhaus statt, teilweise danach, abhängig von der Dauer des Aufenthalts. Hat die Frau schon während ihres Aufenthalts Beratung im FJC erhalten, geht dieser Prozess für sie nach dem Auszug unverändert je nach Bedarf weiter. Beginnt sie die Beratung im FJC nach dem Auszug, hat dies den Vorteil, dass ihr Wege erspart werden. Das FJC bleibt eine Anlaufstelle für die Abwicklung von Institutionenkontakten auch in Phase V.
42 Alberta, Kanada: Second Stage Housing Second Stage -Wohnen: längerfristiges gemeinsames Wohnen nach einem Frauenhausaufenthalt Anhaltende Betreuung zur Nachhaltigkeit der Unterstützung Vermeiden von Einsamkeit und anhaltenden Ängsten bei Frauen und Kinder Nach der Krisenintervention und Stabilisierung im Frauenhaus beginnt eine begleitete Bewältigung (Übergang von Phase IV zu Phase V)
43 Sicher sein sich sicher fühlen Erkenntnisse aus einem europäischen Forschungsprojekt (EU- Programm, Daphne III bis 2013) Eines der Hauptergebnisse ist die wiederkehrende Aussage betroffener Frauen, für einen nachhaltigen Ausstieg aus der Gewalt nicht genug Sicherheit im psychosozialen Hilfesystem gefunden zu haben Forschung belegt: An einem sicheren Ort zu sein, bedeutet nicht, dass Frauen und Kinder sich sicher fühlen können. Stalking und erzwungener Kontakt schüren Ängste. Ängste können anhaltend und irrational sein. Second Stage Wohnen und Gruppenarbeit können geeignete Angebote zur Reduzierung von Ängsten sein.
44 44 Gründe, trotz Problemen keine Beratung zu suchen Nach wie vor geht es um die Privatheit der Gewalt. Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig! Rangreihe (n=81) 44,6% Ich habe mich jemandem im privaten Umfeld anvertraut (n=36) 33,7% Bin bislang ohne Beratung klargekommen (n=27) 27,5% Es war mir zu privat, zu peinlich (n=22) 21,6% Ich hatte Angst vor den Folgen (n=17) 8,6% Ich mache so was lieber mit mir allein ab (n=7) 68% Privatheit der Gewalterfahrung (n=55): Items Im privaten Feld anvertraut, zu privat/peinlich oder mache so was lieber mit mir allein ab 6,4% Ich kenne keine solchen Einrichtungen (n=5)
45 VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!
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