Analyse der Szene II.7 aus "Kabale und Liebe" im Hinblick auf den Gesamtkontext und das Verhältnis zwischen den Figuren

Transkript

1 Germanistik Abdussamed Soydemir Analyse der Szene II.7 aus "Kabale und Liebe" im Hinblick auf den Gesamtkontext und das Verhältnis zwischen den Figuren Essay

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3 Aufgabenstellung: Analysieren Sie die Szene 2.7 aus Kabale und Liebe, indem Sie die dargestellte Situation schlüssig in den Gesamtzusammenhang einordnen und das Verhältnis zwischen den Figuren interpretieren. In der siebenten Szene des zweiten Akts aus dem Drama Kabale und Liebe, verfasst von Friedrich Schiller im Jahre 1784, geht es um die Drohung eine Kabale aufzudecken, um den dargestellten Machmissbrauch vorzubeugen, Dieses Werk stammt aus der Epoche des Sturm und Drang und ist ein bürgerliches Trauerspiel. Das vorliegende Kernproblem des ganzen Dramas ist, dass die Liebe zwischen dem adeligen Ferdinand und der Bürgerstochter Luise nicht erlaubt wird. Um dieses Paar zu trennen, wird eine Intrige geplant, sodass das Geschehen in einer Katastrophe endet. Dieses Problem spiegelt sich als ein Konflikt im vorliegenden Auftritt wider. Noch in der vorherigen Szene trafen die beiden Ständerepräsentanten in der Stube der Millers aufeinander. Dabei wollte der Präsident sich vergewissern, ob Luise seinen Sohn, Ferdinand, liebt. Als diese ihre Liebe zu Ferdinand ausspricht, ist der Präsident über diese Tatsache verärgert und beschimpft Luise. Herr Miller, der Vater von Luise, reagiert mit dem Rausschmiss des Präsidenten, was der Grund das Eskalieren des Konflikts ist. Der Präsident ordnet an, dass Luise und ihre Mutter an den Pranger und Herr Miller ins Zuchthaus gebracht werden sollen. Als die Gerichtsdiener, die diesen Auftrag erfüllen sollen, am Anfang der siebenten Szene eintreffen und versuchen Luise festzunehmen, stellt sich Ferdinand ihnen in den Weg. Er droht seinem Vater, dem Präsidenten, dessen Intrige, durch die er sein Amt erreicht hat, aufzudecken, woraufhin der Präsident Luise freilässt und Ferdinand, der das Haus verlässt, hinterher eilt. In dem nächsten Auftritt (3.1) schlägt Wurm dem Präsidenten vor Luise einen Brief an den Hofmarschall schreiben zuu lassen, Ferdinand und Luise zu trennen. Somit entsteht eine weitere Kabale, die im Verlauf des bürgerlichen Trauerspiels die Liebe zweiter Personen zerstören soll. Somit hat die Szene 2.7 als Funktion für den Spannungsverlauf die Ankündigung auf den Wendepunkt. Zunächst einmal schauen wir uns die Bedeutung der Figuren an, die Schiller hier verwendet hat. Herr Miller ist als Symbol für das aufstrebende und aufgeklärte Bürgertum zu verstehen. Durch das Beharren auf dem Besitz. Und Hausrecht, das dem Bürgertum zusteht, wird das Aufbegehren der Bürger gegen den Adel verbildlicht. Dadurch brachten die Schriftsteller zur Zeit des Sturm und Drang ihre Protesthaltung gegen die Willkürherrschaft des Absolutismus und die Ständesgesellschaft zum Ausdruck. Um dies verdeutlichen, wurde das Geschehen in den Dramen, von der höfischen Welt zur bürgerlichen Welt verlagert. Daher hat Schiller diesem Werk auch den Untertitel Ein bürgerliches Trauerspiel gegeben. Neben dem geänderten Fokus vom Adel auf das Bürgertum wurde im Gegensatz zur Urform des Dramas, nämlich der

4 Tragödie von Aristoteles, keine Verform sondern die alltätliche Sprache des Bürgertums verwendet. Denn die Verform ist gehoben und pathetisch, doch um sich von der höfischen Kultur zu distanzieren, wurde die Form von einer Prosa verwendet. Kabale und Liebe ist somit exemplarisch für ein bürgerliches Trauerspiel. Außerdem liegt auch ein ständeübergreifender Konflikt vor, was auch ein typisches Merkmal eines bürgerlichen Trauerspiels ist. Um auf die Analyse zurückzukommen, ist zu erwähnen, dass Herr Miller, Frau Miller und Luise das Bürgertum darstellen, der Präsidenten und die Gerichtsdiener für den Adel stehen. Somit stehen sich zwei völlig verschiedene Interessengruppen entgegen. Ferdinand dagegen steht zwischen diesen Gruppen, da sich von seinen Gefühlen, also seiner Liebe zu Luise, leiten lässt, was ein typischen Sturm und Drang-Motiv ist, wendet er sich von seinem Vater ab. Dieser verbietet Ferdinand diese Liebe aufgrund des Ständeunterschieds und möchte, dass Ferdinand die adelige Lady Milford heiratet, und das Amt des Präsidenten später als Nachfolger antritt. Dagegen sieht er Herrn Miller als seinen Vater (V. 1584). Dies könnte ebenfalls als ein Symbol für das Erstarken des Bürgertums erfasst. Zu Frau Miller ist zu sagen, dass sie das unemanzipierte Bürgertum, wie es vor der Aufklärung war und der Präsident es gerne sehen würde, darstellt, indem sie sich eindeutig dem Präsidenten unterwirft. Dies wird durch ihr Flehen deutlich, da sie Erbarmung! Ihro Exzellenz! Erbarmung! Erbarmung! (V. 1707f) ruft. Somit ist eine Abstufung der Figuren beziehungsweise Charaktere zu erkennen, da sowohl ein Unterschied zwischen Ferdinand und dem Präsidenten, als auch die unterschiedliche Handlungs- und Denkweise zwischen Frau Miller und Herrn Miller dargestellt wird. Im Gegensatz zu Frau Miller ist Herr Miller bereits emanzipiert und wagt es sogar den Präsidenten als einen Schelmen (V. 1710) bezeichnet, sodass dieser erwähnt, dass noch Galgen leer [stehen] (V-1713) und somit Herrn Miller mit dem Tod droht. Der Präsident droht daraufhin den Gerichtsdienern Wenn euch euer Brot lieb ist, Memmen (V. 1722f), damit diese Luise festnehmen. Dadurch sieht sich der Präsident den Gerichtsdienern klar übergeordnet, sowie die Gerichtsdiener sich ihm untergeordnet sehen, da sie den Befehl ausführen wollen. Hier wird ein Machmissbrauch des Präsidenten dargestellt, den er nur aufgrund seiner Wut begeht und dazu noch legitimiert, indem er sagt im Namen des Herzogs (V. 1703). Im weiteren Verlauf legt der Präsident sogar selber Hand an (vgl. 1735), um Ferdinand zu provozieren. Dadurch wird nochmals das verstörte Verhältnis zwischen Vater und Sohn ausgedrückt. Dabei ist zur Struktur der Szene zu sagen, dass mit Ausnahme von Vers lediglich Ferdinand und er Präsident reden, wobei der Redeanteil eher ausgeglichen ist und keine großen Unterschiede in dem Redeanteil erkennbar sind. Als der Präsident Luise wegführen lassen will, entgegnet Ferdinand ihm mit einer Drohung, dessen Intrige aufzudecken. Der Präsident ist nämlich an sein Amt gelangen, indem er seinen Vorgänger hat töten lassen. Da dem Präsidenten sein Amt jedoch sehr wichtig ist, befiehlt er Luise freizulassen und folgt Ferdinand, der

5 das Haus verlässt. Somit bleibt er Konflikt ungelöst und es deutet sich wie bereits erwähnt der Wendepunkt an. Zusammenfassend ist zu erwähnen, dass ein mehrschichtiger Konflikt zwischen Adel und Bürgertum ausgetragen wird. Nämlich zum Einen die Tatsache, dass die Liebe zwischen Luise und Ferdinand aufgrund des Ständeunterschieds nicht akzeptiert wird, und zum anderen er Konflikt zwischen dem emanzipierten Bürgertum und dem Adel, welche durch Herrn Miller und dem Präsidenten repräsentiert werden. Außerdem liegt auch noch der Konflikt zwischen Ferdinand und dem Präsidenten vor, der jedoch auf eine Tragödie zusteuert, da anders gesehen, keine Lösung vorstellbar ist. Hinsichtlich der Deutungshypothese ist zu berücksichtigen, dass es zwar die Absicht des Präsidenten ist, die Liebenden auseinander zu bringen. Doch kann er dies, wie bereits erwähnt, in dieser Szene nicht durchführen, da er sein Amt in Gefahr bringen würde.