Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie
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- Oswalda Schuler
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1 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie Der Refenrentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie vom , mit dem unter anderem der Mindestlohn eingeführt werden soll, liegt zwischenzeitlich vor. Im Folgenden möchten wir die wesentlichen Regelungsinhalte, die der Referentenentwurf beinhaltet, wiedergeben und einer ersten Analyse unterziehen. Eine ausführliche Darstellung wird in einem der Vorträge auf den Rheinischen Arbeitsrechtstagen am erfolgen. A. Mindestlohn I. Anwendungsbereich Der Mindestlohn gilt nach 22 Abs. 1 des Referentenentwurfes für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ausgenommen werden die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, ehrenamtlich Tätige sowie Praktikantinnen und Praktikanten, die ein Praktikum verpflichtend im Rahmen einer Schul-, Ausbildungs- und Studienordnung leisten, die ein Praktikum von bis zu vier Wochen zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten oder die an einer nach 81 SGB III geförderten beruflichen Weiterbildung oder einer Einstiegsqualifizierung nach 54 a SGB III teilnehmen ( 22 Abs. 3 des Referentenentwurfes). Auf sämtliche übrigen Praktikantenverhältnisse sind die Regelungen zum Mindestlohn anwendbar. Ebenfalls nicht anwendbar ist der Mindestlohn auf Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die keine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen können. Das Gesetz sieht ferner vor, dass die Regelungen zum Mindestlohn in den ersten sechs Monaten bei der Einstellung von Langzeitarbeitslosen, die Zuschüsse zum Arbeitsentgelt erhalten, nicht J:\Koeln\Daten\Daten_Schulz\Refenrentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie.docx
2 - 2 - angewandt werden. Aktuelle Pressemeldungen vom besagen, dass die Koalition sich darauf geeinigt habe, Langzeitarbeitslose für die ersten sechs Monate ohne weitere Voraussetzungen aus dem Anwendungsbereich auszunehmen. Nach den Ankündigungen des Koalitionsvertragen war zu erwarten, dass die Regelungen zum Mindestlohn nahezu alle Arbeitsverhältnisse und Wirtschaftszweige erfassen. Die Regelungen des Referentenentwurfes sehen weder branchenspezifische noch regionale Differenzierungen vor. Die Ausnahmen vom persönlichen Geltungsbereich sind kaum relevant. Insbesondere ist der Kreis der Langzeitarbeitlosen, die Zuschüsse zum Arbeitsentgelt nach den Vorschriften des SGB II, SGB III oder SGB IX erhalten, sehr klein. Nach Presseinformationen sind hiervon weniger als Langzeitarbeitslose betroffen (FAZ vom ). II. Inkrafttreten des Mindestlohns, Vertrauensschutz durch die Fortgeltung der Tarifverträge Der Mindestlohn ist nach 1 Abs. 2 des Referentenentwurfes ab dem zu gewähren. Nach 23 des Referentenentwurfes gehen bis zum abweichende Regelungen eines Tarifvertrages vor, wenn der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Da dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bzw. den entsprechenden Landesministerien ein Beurteilungsspielraum zusteht, ob ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird, steht zu befürchten, dass ungeachtet negativer Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt Tarifverträge, die den Mindestlohn unterschreiten, nicht mehr für allgemeinverbindlich erklärt werden.
3 - 3 - Das Erfordernis der Allgemeinverbindlichkeit wurde im Koalitionsvertrag nicht erwähnt und überrascht. Der Vertrauensschutz bestehender tariflicher Regelungen wird hiermit nochmals erheblich eingeschränkt. III. Höhe des Mindestlohns Die Höhe des Mindestlohns beträgt zunächst 8,50 brutto je Zeitstunde. Der Gesetzgeber regelt bedauerlicherweise nicht, welche Zulagen und Sachleistungen bei der Frage, ob der Mindestlohn gezahlt wird, zu berücksichtigen sind. Die Bezugnahme auf einen konkreten Stundenlohn legt nahe, dass nur die konkret für die Arbeitsstunde gezahlte Vergütung zu berücksichtigen ist. Vergütungen und Leistungen, die für andere Bezugszeiträume, etwa bezogen auf den Monat oder gar auf das Jahr gezahlt werden, sind nach dem Wortlaut des Referentenentwurfes nicht zu berücksichtigen. Die Höhe des Mindestlohns entspricht den politischen Ankündigungen. Die Berücksichtigung von variablen Vergütungsbestandteilen, insbesondere von Zulagen, Sachleistungen und Gratifikationen wird bedauerlicherweise nicht ausdrücklich geregelt. Es bleibt abzuwarten, ob noch Klarstellungen im Gesetzgebungsprozess erfolgen. IV. Fälligkeit des Mindestlohns, Arbeitszeitguthaben Der Mindestlohn wird zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt fällig, spätestens jedoch am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat der Arbeitsleistung folgt. Der Sache nach sind deshalb nach der Grundregel des 2 Abs. 1 sämtliche in einem Monat geleisteten Stunden spätestens mit dem letzten Bankarbeitstag des Folgemonats zu zahlen. In 2 Abs. 2 hat der Referentenentwurf erfreulicherweise die Problematik der Arbeitszeitkonten gesehen und auch berücksichtigt. Danach soll geleistete Mehrarbeit dann nicht am letzten Bankarbeitstag des Folgemonats zu vergüten sein, wenn die
4 - 4 - über die vertragliche Arbeitszeit hinausgehenden und auf einem schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns auszugleichen sind. Sollte es bei dieser Regelung verbleiben, wird bei allen vereinbarten Arbeitszeitmodellen zu prüfen sein, ob der Ausgleich für die geleistete Arbeitszeit innerhalb von 12 Kalendermonaten entweder durch Freizeitausgleich oder zumindest durch Zahlung des Mindestlohnes erfolgt. Ist dies nicht der Fall, tritt die Fälligkeit nach 2 Abs. 1 des Referentenentwurfes ein. Dies wiederum bedeutet, dass Mehrarbeitsstunden spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf die Arbeitsleistung folgt, zu vergüten sind. Wünschenswert wäre eine Klarstellung des Gesetzgebers, dass diese Regelung nur dann greift, wenn der Arbeitnehmer nicht auch ohne Berücksichtigung der Vergütung für die geleisteten Mehrarbeitsstunden deutlich über dem Mindestlohn liegt. Ebenfalls wünschenswert ist es, wenn der Gesetzgeber klarstellen würde, ob die Regelung zu den Arbeitszeitkonten des 2 Abs. 2 auch für durch Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge eingeführte Zeitkonten gelten soll. B. Dokumentationspflichten Der Referentenentwurf beinhaltet neue Dokumentationspflichten für den Arbeitgeber. Nach 17 Abs. 1 des Referentenentwurfes ist ein Arbeitgeber, der Beschäftigte im Sinne des 8 Abs. 1 SGB IV oder in den in 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigt, verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Entsprechendes soll bei Arbeitnehmerüberlassung für den Entleiher gelten.
5 - 5 - Diese Dokumenationspflichten verursachen erheblichen Aufwand. Konkret verpflichtet werden - Arbeitgeber geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer, soweit der Einsatz nicht im Privathaushalt erfolgt, - Arbeitgeber in den Wirtschaftszweigen des Baugewerbes, des Gaststätten- und Beherbungsgewerbes, des Personenbeförderungsgewerbes, im Speditions-, Transport- und damit verbundenem Logistikgewerbe, im Schaustellergewerbe, in Unternehmen der Forstwirtschaft, im Gebäudereinigungsgewerbe, in Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen, in der Fleischwirtschaft tätigen Unternehmen sowie Entleiher von Arbeitnehmern. Die vorgenannten Arbeitgeber sollen verpflichtet sein, die für die Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohns erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, mindestens jedoch für die Dauer der gesamten Werk- und Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als für 2 Jahre, bereit zu halten. Auf Verlangen der Prüfbehörde sollen die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereit zu halten sein, 17 Abs. 2 des Referentenentwurfes. Der Koalitionsvertrag hatte zwar angekündigt, die Befugnisse des Zolls und die Kontrollpflichten zu stärken. Mit derartig umfassenden Dokumentationspflichten war jedoch nicht zu rechnen. Die Dokumentationspflichten sind unserers Erachtens auch nicht ausnahmslos zu rechtfertigen.
6 - 6 - C. Ausblick Es bleibt abzuwarten, ob im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens der Referentenentwurf noch maßgeblich geändert wird. Sofern Arbeitgeber Zulagen oder Sachleistungen für andere Bezugszeiträume als die Arbeitsstunde gewähren, bleibt zu prüfen, ob und inwieweit die arbeitsvertraglichen Bedingungen nicht dahingehend geändert werden, dass die Leistungen verstetigt bezogen auf die Stunde ausgezahlt werden. Bei einer derartigen Änderung dürfte sicher feststehen, dass Zulagen und Entgelte, die nicht als Aufwendungsersatz zu qualifizieren sind, bei der Ermittlung der Zahlung des Mindestlohnes zu berücksichtigen sind. Ferner sollten sich die Unternehmen, denen weitgehende Dokumenationspflichten aufgebürdet werden, bereits jetzt mit der Fragestellung auseinandersetzen, wie diesen Dokumentationspflichten Rechnung getragen werden kann. Wir hoffen, Ihnen einen ersten Überblick über die Regelungsinhalte des Referentenentwurfes gegeben zu haben. Eine detaillierte Analyse wird auf den Rheinischen Arbeitsrechtstagen am erfolgen. Sollten zuvor Rückfragen bestehen, stehen wir jederzeit zur Verfügung. Ihr Team Arbeitsrecht Dr. Marcus Michels Markus Pillok Dr. Gunther Mävers Ulrich Kortmann Dr. Jannis Kamann Rechtsanwalt
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