Ökologische Begleitforschung: Fokus Schweinswale Wie gut schützen die aktuellen Schallschutzmaßnahmen vor schallinduzierten Störungen?

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1 Ökologische Begleitforschung: Fokus Schweinswale Wie gut schützen die aktuellen Schallschutzmaßnahmen vor schallinduzierten Störungen? Berlin, DUH, M. Dähne, A. Gilles, M. Schuster, A. Ruser, U. Siebert AWZ Naturschutz Forschung

2 Verletzung Auswirkungen von impulsivem Unterwasserschall Auswirkungen 1: Schädigung, Verletzung, Tod 2: Maskierung 3: Verhaltensänderungen 4: Hörbarkeit (Richardson et al. 1995) TTS onset? Audiogramm Störung? Hörbarkeit > db re µpa²s SEL 70 db

3 Das Schallschutzkonzept Erstes Schallschutzkonzept explizit für Offshorebauwerke in der Nordsee Eng orientiert am derzeitigen Stand der Technik, Wissenschaft und Forschung Schallschutzgrenzwert 160 db re 1 µpa²s SEL und 190 db re µpa L P in 750 Abstand zum Rammort orientiert am Schweinswal als potentiell am stärksten betroffene Art hinsichtlich einer Verletzung (TTS) Störung Vertreibung (einzig dokumentierbarer Aspekt) Bei Einhaltung des Grenzwertes ca. 8 km Störradius

4 Was sind Störungen? Alarmiertheit Sensorische Fähigkeiten werden genutzt die neue Situation zu erfassen startle response akustische Schreckreaktion Erhöhung der Respirationsrate/Herzfrequenz Unterbrechung des natürlichen Verhaltens Nahrungssuche und aufnahme Zielgerichtete Fortbewegung (z.b. Migration) Kommunikation Paarung Schlaf/Ruhephasen Mutter-Kalb Interaktion Flucht/Meidung Variiert in der Intensität (schwach stark) Langzeitauswirkungen der kurzfristigen Störung?

5 Verhältnis zwischen Anzahl betroffener Tiere ~ Distanz ca. 4,5 db entsprechen einer Abstandsverdopplung Je weiter Tiere vergrämt werden (je lauter die Rammung ist), desto mehr sind betroffen Je höher die Dichte in einem Gebiet ist, desto mehr Tiere sind betroffen. Die biologische und messbedingte Variabilität sind hoch

6 Startle response das erste Anzeichen einer Störung Reaktion auf Sonar 100 db re µpa 133 db re µpa 6-7 khz 1-2 khz 1-2 khz + Harmonies Kastelein RA, Steen N, Gransier R, Wensveen PJ, de Jong CAF. Threshold received sound pressure levels of single 1-2 khz and 6-7 khz up-sweeps and down-sweeps causing startle responses in a harbor porpoise (Phocoena phocoena). J Acoust Soc Am. 2012;131(3): doi: /

7 Erhöhung der Respirationsrate Reaktion auf Playbacks von Rammgeräuschen Respiration erhöht ab ~133 db re µpa²s SEL SS Schweinswal springt aus dem Wasser Kastelein RA, van Heerden D, Gransier R, Hoek L. Behavioral responses of a harbor porpoise (Phocoena phocoena) to playbacks of broadband pile driving sounds. Mar Environ Res. 2013;92:

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9 Folgen von Störungen Akut oder chronisch? Verpasste Gelegenheiten Häufig Einzelereignis Direkt erfassbar Fischfang Kommunikation Orientierung Paarung Energieverlust Populationsparameter Verminderung der Reproduktionsrate Populationsrelevanter Effekt Selten Kumulative Wirkung Indirekt erfassbar

10 Effekte die Störwirkungen beeinflussen Activity State Habituierung Individuum Alter Geschlecht Individuelle Variabilität Audiogramme von Schweinswalen aus Rehabilitation (rehab) und Freiland (base) Ruser et al. In prep

11 PCoD Population Consequences of Disturbance Physiologische Konsequenz akut Störung chronisch chronisch Gesundheit Überlebensrate Populationsdynamik Verhaltensänderung akut US Office of Naval Research (ONR) Working Group on the Population Consequences of Acoustic Disturbance (PCAD) z.b. New LF, Clark JS, Costa DP, et al. Using short-term measures of behaviour to estimate long-term fitness of southern elephant seals. Mar Ecol Prog Ser. 2014;496: doi: /meps

12 Wie kann man Stress messen? Schall Schadstoffe Stresslevel Einflüsse auf das Immunsystem Molekulare Methoden: Ermittlung der Genexpression von verschiedenen Rezeptoren und Biomarkern Messwert mrna Cytokine Hitzeschockproteine Genexpression von Markern Aussage Immunmodulierende Prozesse Indikatoren für infektiöse Krankheiten Stressreaktion, virale & parasitische Pathogene Überwachung des Immunsystems Langzeitziel: Schweinswale: Müller S, Lehnert K, Seibel H, et al. Evaluation of immune and stress status in harbour porpoises (Phocoena phocoena): can hormones and mrna expression levels serve as indicators to assess stress? BMC Vet Res. 2013;9:145. Seehunde: Weirup L, Müller S, Ronnenberg K, Rosenberger T, Siebert U, Lehnert K. Immune-relevant and new xenobiotic molecular biomarkers to assess anthropogenic stress in seals. Mar Environ Res. 2013; 92: Überwachung des Gesundheitszustandes der Population als Frühwarnsystem

13 Tiefe (m) Kumulative Betrachtung von Umwelteinflüssen & Schall Distanz (km), keine Rammung Distanz Rammung (km), Rammung (ja/nein) Salinität (PSU) Wassertemperatur ( C) Anteil Feinsand Rammung (ja/nein) POD-Typ Effekt der Rammungen an drei Standorten auf eine tägliche Maßzahl für akustische Schweinswalaktivität Wenn der Einfluss der Effekte der Betriebsphase analysiert werden soll, müssen die Effekte der angrenzenden Windfarmen/Konstruktionen berücksichtigt werden 13

14 Erhebung von Schalldaten + Schweinswalaktivität im Sylter Außenriff, Juni August 2013 Vorläufige Auswertung: Impulsive Schallereignisse blieben generell unter 140 db re µpa²s, Werte über 130 db re µpa²s sehr häufig Unterschiedliche Rammereignisse können unterschieden werden

15 Wie gut schützen die derzeitigen Schallminderungsmaßnahmen vor Störungen? Störung = Vertreibung Reduktion der verschallten Areale Bereits geringe db-änderungen haben einen großen Einfluss auf die Anzahl betroffener Tiere Reduktion der dokumentierten Fluchtreaktionsdistanzen Borkum West II als bisher erfolgreichstes Beispiel Dauer der Rammung beeinflusst Vertreibungsradien Reaktionsradius > Vertreibungsradius Weitere Feldforschungen notwendig, um die bisherigen Ergebnisse zu validieren Gemeinschaftliche Datenauswertung ist notwendig um besser zu verallgemeinernde Ergebnisse zu erzielen

16 Wie gut schützen die derzeitigen Schallminderungsmaßnahmen vor Störungen? Störung = Vertreibung Bisherige Forschungsergebnisse Schwellenwerte für verschiedene Störungen liegen deutlich unterhalb der bisherigen Störgrenzwerte (Vertreibungsradien) Erste Reaktionen können für ca. 100 db re µpa dokumentiert werden Relevanz für Offshorebaustellen? Einflüsse auf Verhaltensweisen können durch POD-Aufnahmen und Beobachtungen gewonnen werden Analyse intermediärer Bereiche notwendig Betrachtung auf Populationsebene Muss Grundlage zukünftiger Erwägungen sein Ostsee, Robben, frequenzspezifische Belastungen/Abminderungen?

17 Danke an: Ole Meyer-Klaeden, Patrick Stührk, Kristina Lehnert, Henning Findeisen, Dietrich Wittekind, Michael Hart, Sacha Viquerat, Jonas Teilmann, Michael Bellmann M. Dähne