ZUM PURINSTOFFWECHSEL. die Bedeutung des Muskels als Quelle des endogenen Purins. VON

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1 BEITRAGE ZUM PURINSTOFFWECHSEL. III. Uber die Bedeutung des Muskels als Quelle des endogenen Purins. VON MITSUGI KIKUCHI. (Aus dem medizimsch-chemischen Instilut der Universitutt zu Tokyo. Direktor: Prof. Dr. S. Kakiuchi.) (Eingegangen am 28. Dezember 1922.)I. EINLEITUNG. Als die Quelle des endogenen Purins gab Burian (1905) die Muskeltatigkeit an, indem er die Vermehrung des Purins in der im gereizten Hundemuskel durchgeleiteten Flussigkeit betonte. Darauf bemerkte Scaffidi (1909) die Abnahme des Puringehalts in dem gereizten Frosch- und Krotenmuskel. Auch beim Menschen wurde die Vermehrung des endogenen Harnpurins bei der Bewegung von Siven (1900) u. a. untersucht. Trotzdem viele einzelne Untersuchungen uber die Quelle des endogenen Purins gemacht worden sind, gibt es noch keine systematisch ausgefuhrten Versuche, welche zusammenfassend die Verhaltnisse zwischen der Muskeltatigkeit und dem Puringehalt in Muskel, Blut und Harn erklaren konnten. So unternahm ich unter Leitung von Prof. Dr. S. Kakiuchi eine Reihe von Kaninchenversuchen nach folgendem Plane, um etwas daruber erklaren zu konnen. 1. Vergleichung des Puringehalts des Gastrocnemius zwischen ruhendem und tetanisiertetu Muskel. 2. Vergleichung der Purin- und Allantoinmenge im Harn zwischen Ruhe- und Arbeitstagen. 3. Vergleichung der Pu in- und Allantoinmenge im Blut vor und nach der Bewegung oder Reizung. 409

2 410 M. Kikuchi: Bei diesem Versuche wurde das Kaninchen stets moglichst purinarm genahrt, und ausser Purin- und Allantoingehalt zugleich auch Kreatin und Kreatinin im Muskel, Kreatinin und gesamter Stickstoff im Harn u. a. bestimmt. II. METHODISCHES. Genuungene Bewegung. Versuchskaninchen wurden in einem rotierenden Bewegungsapparat (Radvorrichtung) je eine bestimmte Zeit lang zur Bewegung gezwungen. Elektrische Reizung der Korperteile. Von den beiden Elektroden des Induktionstroms wurde eine grosse Platte auf dem Rucken angebracht, wahrend die andere kleinere stabformige Elektrode auf dem betreitenden Bein oder Korperteile des Versuchstieres angelegt wurde, und das Tier wurde nun bis zur starken Zuckung oder sogar zur Tetanisierung gereizt. Elektrische Reizung des M. gastrocnemius. Der abpriparierte N. ischiadicus eines Beines wurde vom centralen Teil abgetrennt, und durch die Reizung dieses proxircalen Nerventeiles mit dem Induktionstroin wurde der betreffende M. gastrocnemius tetanisiert. Dabei wurde der N. ischiadicus der anderen Seite auch prapariert und vom centralen Teil abgeschnitten, um dadurch den elektrischen Einfluss auf den urgereizten M. gastrocnemius moglichst zu vermeiden. Blut. Direkt vor und nach der Muskeltatigkeit (gezwungene Bewegung oder elektrische Reizung) wurde (las Blut auf ein Mal zu ca ccm aus dem Gefass der Ohrmuschel entnommen und zur Bestimmung verwendet. Harn. Der Tagesharn (manchmal der von 2 Twen) wurde von Morgens 8 Uhr bis zum folgenden Morgen 8 Uhr mit dem Waschwasser gesammelt und gut geschuttelt. Kot. Kot von mehreren Tagen zusammengemischt und zu Kotpulver bereitet. Analysenmethode. Purinstickstoff: von Blumenkohl nach Burian u. Schur (1900), von Muskel und Okara (Ruckstand der Sojabohnengallerte) nach Buri an u. Hall (1903), von Blut uach

3 Beitrage zum Purinstoffwechsel. 411 Folin u. Denis (1913), und nach Burian u. Schur (1900), von Kot nach Kruger u. Schittenhelm (1913) bestimmt. Harnsaure: von Blut nach Folinu. Denis (1913), von Harn nach Folin-McCullum-Denis ( ) und Benedikt- Hitchcock (1915) bestimmt. Allantoinstickstofle von Harn wurden nach Wiechowski (1907), von Blut nach Folin u. Denis (1913) und nach Wiechowski (1908) Bestimmt. Kreatin u. Kreatinin von Muskel wurde zuerst durch Hydrolyse zu freiem Kreatinin umgewandelt, dann nach Folin (1904), Kreatinin von Harn nach Folin (1904) bestimmt. Gesamter Stickstoff von Nahrung und Ausscheidung wurde nach Kjehldahl bestimmt. Purin- und Stickstoffgehalt der Nahrungen. Die als Futter angewandten Okara und Blumenkohl enthalten Purin und gesamtes N. folgendermassen: III. ERGEBNISSE DER UNTERSUCHUNGEN. Bevor ich die Ergebnisse meiner Untersuchungen anfuhre, mochte ich bemerken, dass ich die Summe von dem Purin- und Allantoin N im Blut und Harn als P-K-N berechnet habe, weil das Purin in der Blutbahn des Kaninchens, wie es bei den meisten Saugetieren der Fall ist, teilweise in Aliantoin oxydiert wird, und dass als purinarme Nahrung Blumenkohl gebraucht wurde. Nun werden die Ergebnisse tabellarisch im folgenden angegeben.

4 412 M. Kikuchi: TABELLE I. Endogenes Harnpurin beim Ruhe- und Reizstadium. Versuchsdauer zwei Tage. Im Reizstadium wurden bei Kaninchen Nr. 4 und 5 beide Unterschenkel jeden Tag 1 Stunde lang bis zur Tetanisierung elektrisch gereizt, wahrend bei Kaninchen Nr. 6 und 7 die Reizdauer bis zu 1.5 Stunde verlangert wurde. TABELLE II. Endogenes Harnpurin beim Ruhe- und Bewegungstadium. Im Bewegungstadium jeden Tag (las Kaninchen in einem Bewegungsapparat etwa 30 Min. lang zur Bewegung gezwungen. TABELLE III. Vergleich des Puringehalts des ruhenden und tetanisierten M. gastrocnemius. Die Reizung des Muskels wurde bald au linker Seite, bald an rechter Seite ausgefuhrt, um vor der etwaigen einseitigen Charakterdifferenz zu schutzen. Die Dauer der Tetanisierung war beim Kaninchen Nr. 1 eine Stunde, sonst 11, Stunde.

5 Beitrage zum Parinstoffwechsel. 413 TABELLE IV. Der Purin- und Allantoingehalt des Blutes direkt vor und nach der korperlichen Bewegung. Das Eaninchen wurde in einem Bewegungsapparat ca. 20 Minuten lang zur Bewegung gezwungen. IV. ZUSAMMENFASSENDE BETRACHTUNG. 1. Wenn der gesunde M. gastrocnemius tetanisiert wird, mag es nun der rechte oder linke sein, so nimmt sein Puringehalt ab, wie folgt:

6 414 M. Kikuchi: Bei dem Versuchen von Scaffidi (1909) nimmt auch der Puringehalt des tetanisierten Muskels ab. 2. Endogener Harnpurinkernstickstoff (Summe des Harnsaureund Allantoin-Stickstoffs im Harn) vermehrt sich bei der Bewegung oder Reizung folgendermassen; Bei den Versuchen von Wiechowski (1908) war das endogene Allantoin-N 0,046-0,03 und Harnsiure-N 0,003-0, Der Purin- und Allantoinstickstoffgehalt im Blut wird etwas durch gezwungene Bewegung vermehrt, wie folgt:

7 Beitrage zum Purinstoffwechsel Der Kreatin- und Kreatinin-Gehalt des M. gastroenemius nimmt durch die Tetanisierung bald ab, bald zu. Das endogene Kreatinin im Harn nimmt auch durch die Korperbewegung oder Reizung bald zu, bald ab. Die Vermehrung des Kreatin- und Kreatinin-Gehalts im Muskel durch die Muskeltatigkeit oder Tetanisierung wurde von Burian (1905) angegeben, und die Vermehrung des Harnkreatinins durch die Muskeltatigkeit wurde von Gregor (1900) betont. Beide Angaben sind aber bei meiner Untersuchung nicht bestatigt worden. 5. Wahrend der Untersuchung blieb das Kaninchen ganz gesund, das Stickstoffgleichgewicht fast vorhanden, Korpergewicht fast konstant geblieben. V. SCHLUSS. Wenn der Muskel in Tatigkeit gesetzt wird, so nimmt sein Puringehalt ab, wenigstens wahrend der Reizung oder direkt nach der Reizung, obgleich er nach der Erholung wieder zunehmen mag. Der Puringehalt des Harns nimmt dabei in massiger Menge, und der des Blutes in kleiner Menge gleichzeitig zu. Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, dem Direktor unseres Instituts, Herrn Prof. Dr. Kakiuchi, fur seine freundliche Leitung und weitgehende Hilfe bei dieser Arbeit meinen herzlichsten Dank auszusprechen.

8 416 M. Kikuchi. LITERATUR. Burian u. Schur (1900). Uber die Stellung der Purinkorper im menschlichen Stoffwechsel. Pfluger's Archiv f. ges. Phys. 80, 241. Burian u. Hall (1903). Die Bestimmung der Purinstoffe in tierischen Organen mittels der Methode des korrigierten Wertes. Zeits. f. phys. Chem. 38, 336. Burian (1905. Die Herkunft der endogenen Harnpurine bei Menschen und Saugetier. Zeits. f. phys. Chem. 43, 532. Fo1in (1903). Eine neue Methode zur Bestimmung des Ammoniaks im Harne und anderen tierischen Flussigkeiten. Zeits. f. phys. Chem. 37, 161. Folin (1904). Beitrag zur Chemie des Kreatiuins und Kreatins im Harne. Zeits. f. phys. Chem. 41, 223. Folin and Denis (1913). On the colorimetric determination of uric acid in urine. Jour. of Biol. Chem. 14, 95. Folinu. Denis (1913). A new colorimetric determination of uric acid in blooḍ Jour. of Biol. Chem. 13, 469. Folin and McCullum (1912). A new method for the colorimetric determination of the uric acid in urine. Jour. of Biol. Chem. 13, 363. Kruger u. Schittenhelm (1905). Die Menge und Herkunft der Purinkorper in den menschlichen Faces. Zeits. f. phy. Chem. 45, 14. Scaffidi (1909). Uber des Harnsaurezerstorungsvermogen der Leber von Scyllium catulus. Biochem. Zeits. 18, 506. Siven (1900). Zur Kenntnis der Harnsaurebildung im menschlichen Organismus unter physiologischen Verhaltnissen. Scand. Archiv. f. Physiol. 11, 123. Wiechowski (1906-7). Die Produkte der fermentativen Harnsäurezersetzucg durch tierische Organe. Hofmeister's Beitrage 9, 295. Wiechowski (1908). Die Purinstoffe und Allantoine im Harnsaurestoffwechsel. Hofmeister's Beitrage 11, 109.