Vom täglichen Kampf ums Recht einige Grundsätze und praktische Anleitungen
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- Helga Schubert
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1 Herbstveranstaltung der Vereinigung Schweizerischer Unternehmensjuristen (VSUJ) vom 12. November 2014 im Zunfthaus zur Meisen, Zürich Der Auftrag des Rechtsdienstes: Inhalt und Umsetzung Vom täglichen Kampf ums Recht einige Grundsätze und praktische Anleitungen Referent: Rechtsanwalt Prof. Dr. Othmar Strasser General Counsel Zürcher Kantonalbank
2 Einige Thesen zur Einführung Es geht ums Recht. Ausgangspunkt für Legal und Compliance ist allemal das Recht. Es geht um die «Funktion Recht» im Unternehmen oder noch besser Es geht um den RechtsDIENST, verstanden als Dienst für das Unternehmen im Rahmen des Rechts und (auch) für das Recht. Wirtschaften ohne Recht funktioniert nicht. 2
3 Einige Thesen zur Einführung Recht allein ist schon per se Mehrwert. Zitat von Rudolf von Jhering ( ) «Recht ist unausgesetzte Arbeit und zwar nicht bloss der Staatsgewalt, sondern des ganzen Volkes. Jeder Einzelne, der in die Lage kommt, sein Recht behaupten zu müssen, übernimmt an dieser nationalen Arbeit seinen Anteil, trägt sein Scherflein bei zur Verwirklichung der Rechtsidee auf Erden.» [Hervorhebungen durch den Verfasser] 3
4 Das Spannungsfeld im täglichen Kampf ums Recht im Unternehmen Risiko und Chance (Nutzen, Ertrag) «Protect the business» versus «Support the business» Unternehmensinteressen versus Kundeninteressen Die Funktion Recht zwischen Verwaltungsrat (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 5 OR) und Geschäftsleitung Die Funktion Recht zwischen Unternehmen und Stakeholdern (Aktionäre, Gläubiger, Lieferanten, Mitarbeitende) Stichwort: Vermeidung von Reputationsschäden durch Vermeidung von Rechtsverletzungen im und durch das Unternehmen 4
5 Leitsätze für den Berufsalltag in der Funktion Recht (Leitbild von Recht Steuern & Compliance der Zürcher Kantonalbank vom 13. März 2006) «1. Nach Massgabe des Reglements über die Funktion Compliance vom 27. Oktober 2005 bearbeiten wir jedes Geschäft und jede Anfrage auf der Basis einer positiven Grundhaltung, aber zugleich mit kritischer Distanz. 2. In den weitverbreiteten Grauzonen unseres beruflichen Alltages versuchen wir mit gesundem Augenmass, das rechtlich Zulässige und Mögliche zu erkennen.» 5
6 Leitsätze für den Berufsalltag in der Funktion Recht (Leitbild von Recht Steuern & Compliance der Zürcher Kantonalbank vom 13. März 2006) «3. Wir beantworten nicht bloss Rechtsfragen, sondern versuchen, die (Rechts-)Probleme der Front zu lösen, indem wir sofern möglich immer Alternativen vorschlagen. 4. Oberste Richtschnur für unsere Arbeit bilden das gesetzte Recht, die Rechtsprechung und schliesslich bewährte Lehre und Überlieferung (Art. 1 Abs. 3 ZGB).» Hinweis: Selbstverständlich gilt das analog für das anwendbare ausländische Recht im internationalen Kontext unter Berücksichtigung auch von internationalen Standards. 6
7 Leitsätze für den Berufsalltag in der Funktion Recht (Leitbild von Recht Steuern & Compliance der Zürcher Kantonalbank vom 13. März 2006) «5. Um massgeschneiderte Lösungen zu ermöglichen, stellen wir auf die Instruktion der zuständigen Linienstellen ab und ermitteln den rechtsrelevanten Sachverhalt umsichtig und genau und tragen die Fakten nötigenfalls mit den uns zur Verfügung stehenden Kompetenzen betreffend Aktenedition und Auskunftserteilung zusammen. 6. Als juristisches Gewissen der Bank stellen wir das Gesamtinteresse unseres Unternehmens über allfällige Partikulärinteressen einzelner Geschäfts- und Organisationseinheiten.» Hinweis: Offenlegung von Interessenkonflikten und Beachtung der Konzernproblematik 7
8 Institutionelle Garantien für den täglichen Kampf ums Recht Unabhängigkeit der Funktion Recht, verankert in einem Reglement des Verwaltungsrates Starke Stellung des General Counsels zentral Eskalationsrecht des General Counsels an den Verwaltungsrat Jederzeit direkter Zugang des General Counsels zum Verwaltungsrat Direkte Berichterstattungslinie des General Counsels an den Verwaltungsrat Der General Counsel als Mitglied der Geschäftsleitung(?) (Decision making versus Decision shaping) 8
9 Geld und Geist Wie beurteilen Sie die folgenden Überlegungen zu einem aufgedeckten Kartellrechtsverstoss? «Ein sich nicht kartellrechtskonform verhaltendes Unternehmen wird im Rahmen der Gegenüberstellung von Nutzen und Risiken seines Vorgehens als Ausgangspunkt den Nutzen aus dem (geplanten) Vorgehen setzen, d.h. die zu erwartenden Gewinne. Bei der Risikokalkulation wird das Unternehmen andererseits die im Falle einer Aufdeckung des unzulässigen Verhaltens zu erwartenden Rechtsnachteile (Reputationsschaden, Verfahrenskosten, Sanktion) abwägen, immer unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit, dass das unzulässige Verhalten überhaupt je von der WeKo aufgedeckt wird.» (Patrick Sommer, Jusletter vom , Rz 50) 9
10 Geld und Geist Wie beurteilen Sie den Entscheid dieser unternehmensinternen Arbeitsgruppe? Zitat Sonntags-Zeitung vom , S. 37: «Das Papier belastet das Institut schwer. So heisst es unter anderem, dass eines der Produkte mit einer komplexen Struktur operiere, "welche nach einer schweizerischen Beurteilung mit Sicherheit im Bereich der Steuerumgehung sowie des Abkommensmissbrauchs anzusiedeln ist". Dennoch kam die Arbeitsgruppe rund um Gmünder in ihrer Analyse mehrheitlich zum Schluss, alle bisher angebotenen Produkte und Transaktionen "weiterhin anzubieten".» 10
11 Und zuletzt noch dies Der General Counsel als Straftäter Urteil des BGH vom (WM 2009, S ff.) Verurteilung des Chefs der Rechtsabteilung und Innenrevision der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) wegen Beihilfe durch Unterlassung zum Betrug in mittelbarer Täterschaft, weil er weder den Vorstandsvorsitzenden noch den Aufsichtsratsvorsitzenden über die fehlerhafte Berechnung des Tarifs für die Reinigung der Berliner Strassen aufmerksam gemacht hatte (Deliktssumme: EUR 23 Mio.). 11
12 Und zuletzt noch dies Der General Counsel als Straftäter Verurteilung der Leiter der Rechts- und Compliance-Abteilung wegen Geldwäscherei durch Unterlassung BGE 6B_901/2009 und 6B_907/2009, je vom 3. November 2009 (Zur Geldwäscherei durch Unterlassung vgl. BGE 136 IV 188 = Pra 2011 Nr. 79, S. 558 ff.) Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März 2014 (2. Kammer des Zweiten Senats) (2 BvR 974/12) betreffend staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen ein Unternehmen als Grund für die Durchsuchung der Privatwohnung eines Leiters der Rechtsabteilung (WM 15/2014, 721 ff.) 12
13 Und zuletzt noch dies Beschluss des EFTA-Gerichtshofes vom 29. August 2014 in der Rechtssache E-8/13 «Abelia» Philipp Speitler, Liberale Botschaft aus Luxemburg Verbesserung der Rechtsstellung von Inhouse-Counsels Der «Abelia»- Beschluss des EFTA-Gerichtshofs, in: Deutscher AnwaltSpiegel, Ausgabe 19, 24. September 2014, S. 20. Beurteilung der Unabhängigkeit des Inhouse-Counsels im Einzelfall Entscheidend sind materielle, nicht formelle Kriterien 13
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