Das Reformationsjubiläum 2017 in der Ev. Kirche Übersicht zu den Planungen. Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO)

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1 1 Das Reformationsjubiläum 2017 in der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz Übersicht zu den Planungen Die späte Reformation in Brandenburg-Preußen und die konfessionelle Prägung der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) Die von Kurfürst Joachim II 1539 in der Kurmark und in der Altmark eingeleitete Reformation gilt als Reformation eigenen Typus. Luthers Lehren wurden anerkannt, der Laienkelch eingeführt, die Priesterehe durchgesetzt und eine Reform der kirchlichen Strukturen in Gang gebracht. Zugleich hielt Joachim II an den überkommenen Zeremonien fest, ließ Marienfeste und Prozessionen feiern und gab sich, aus dynastisch-politischen Interessen, gegenüber Kaiser und Papst loyal und verständigungsbereit. Dennoch wurde das Kurfürstentum Brandenburg damit Teil der lutherisch geprägten Regionen, wie der bereits unter Albrecht von Brandenburg-Ansbach 1525 umgewandelte Ordensstaat in Preußen und die 1537 durch Markgraf Johann der Reformation geöffnete Neumark. Unter Kurfürst Johann Georg wurde 1572 die Ausrichtung auf Luthers Lehre mit einer neuen Kirchenordnung vollendet. Da die Landstände und die Mehrheit der Bevölkerung in der Folgezeit mehrheitlich lutherisch blieben, entstand mit dem Übertritt von Kurfürst Johann Sigismund 1613 zum reformierten Bekenntnis die für Brandenburg-Preußen charakteristische Koexistenz von Lutheranern und Reformierten. Mit der Union von 1817 fand diese Koexistenz ihre, bis heute für die EKBO bestimmende kirchliche Gestalt. Aufbruch und Beharren, Widerständigkeit und Selbstbehauptung, Glaubensstreit und Toleranz gehören zu den Kennzeichen der hiesigen Reformation und ihrerr Wirkung durch die Jahrhunderte hindurch. Für die Erfassung der Reformation und ihrer Wirkungen ist es darüber hinaus notwendig, die eigenständige konfessionelle Entwicklung in der Niederlausitz und der Oberlausitz - hier: u.a. der Beitrag der Reformation zur Ausbildung der Volkssprachlichkeit der Sorben, frühe konfessionelle Vielfalt - und die konfessionspolitischen Besonderheiten in den seit 1816 zu Preußen gehörenden, vormals sächsisch-lutherischen Gebiete im Süden des heutigen Brandenburgs in den Blick zu nehmen (Herzberg, Mühlberg, Finsterwalde u.a.). Planungsstand Die unterschiedlichen Aspekte des Reformationsgedenkjahres werden in fünf Themenbereichen gebündelt und fokussiert. Diese setzen einen Rahmen. Sie geben jeder für sich und alle zusammen die Richtung an, in der das Jahr 2017 in der EKBO gestaltet wird. 1) THEMENBEREICH Jahre Reformation begabt leben mutig verändern Jubiläen vergegenwärtigen Vergangenes. Sie dienen der Selbstprüfung. Prägungen werden erkennbar. Gelungenes lädt zum Staunen ein. Was lässt sich aufnehmen und fortsetzen?

2 2 Irrwege mahnen zur Demut. Wo ist heute Erneuerung notwendig? Das Reformationsjubiläum schärft den Blick. Ecclesia reformata semper reformanda. Im Themenbereich 1 soll dieses entfaltet werden: bei den Eröffnungsgottesdiensten am , in Ausstellungen an ausgewählten Orten (thematische Schwerpunkte: Widerständigkeit und Selbstbehauptung, Thron und Altar, Täter und Opfer), am Langen Tag der Freiheit, auf dem Luthers Freiheitsschrift und ihre Wirkung im Mittelpunkt stehen soll, im Erinnern an die Union von 1817 und ihre heutige Bedeutung heute (zusammen mit der Union Ev. Kirchen) und bei den Festgottesdiensten am a) Gedächtnis und Verstehen Kirchenräume sind Erinnerungsorte. In ihnen widerspiegelt sich das kulturelle Bewußtsein einer Region. Sie geben Auskunft über die Rolle des Glaubens im Lebenszyklus der Menschen. Sie veranschaulichen die Veränderungen im Denken und Handeln im Ablauf der Jahrhunderte. Sie dokumentieren die Verschränkung des religiösen Gedenkens mit dem weltlich-repräsentativen Gedenken. Kirchenräume für das Verstehen neu zu öffnen, wird 2017 eine zentrale Aufgabe sein. Dazu sind alle Kirchengemeinden eingeladen, egal ob ihre Kirchengebäude bau- und frömmigkeitsgeschichtlich unmittelbar an die Reformationszeit anknüpfen oder erst in nachfolgenden Jahrhunderten erbaut und ausgestaltet wurden. (siehe auch unten c) ) Zwölf für die Reformationsgeschichte unserer Region und ihre (Fern-) Wirkung besonders bedeutsame Kirchen sollen 2017 zu besonderen Orten der Begegnung und des Dialogs werden. Es sind: St. Nikolai in Bad Wilsnack, der Dom und die Stadtkirchen in Brandenburg/H., St. Marien in Bernau, St. Marien Frankfurt/Oder, die Klosterkirche in Cottbus, St. Trinitatis und die Stadt Finsterwalde, St.Nikolai und die Stadt Jüterbog, die Garnisonkirche Potsdam, St. Nikolai Spandau, St.Marien und St.Nikolai (Stiftung Stadtmuseum Berlin) in Berlin-Mitte. Damit die reformatorischen Aufbrüche und ihre Wirkungen in unserer Region einer breiteren Öffentlichkeit erkennbar werden, kooperiert die EKBO mit staatlichen Partnern: mit der brandenburgischen AG Städte mit historischem Stadtkerne (Projekt Prediger und Bürger - Reformation im städtischen Alltag ), mit dem Haus der brandenburgisch-preußischen Geschichte in Potsdam, in dem die zentrale Ausstellung des Landes Brandenburg ( Reformation und Freiheit. Luther und die Folgen für Preußen und Brandenburg ) stattfinden wird, mit der Stadt Frankfurt/Oder, der Europa-Universität Viadrina, dem Landesdenkmalamt und der Ev. Kirchengemeinde Frankfurt/O.-Lebus (Ausstellung Bürger, Pfarrer, Professoren St. Marien in Frankfurt und die Reformation in Brandenburg ), mit dem Museumsverbund Elbe-Elsterkreis, mit dem Kulturraum Görlitz, mit der Stiftung Topographie des Terrors, mit der Gedenkstätte Deutscher Widerstand und mit der Gedenkstätte Sachsenhausen. b) Widerständigkeit und Selbstbehauptung - Thron und Altar Täter und Opfer Die Kirchen- und Regionalgeschichte Brandenburg/Preußens ist in besonderer Weise von der Wechselwirkung zwischen politischer Macht und Anpassungsbereitschaft, Widerständigkeit und Selbstbehauptung geprägt. Dafür stehen neben den genannten Kurfürsten und ihren Ehefrauen, wie etwa Elisabeth von Dänemark oder Anna von Preußen,

3 3 die auf ihren abweichenden Glaubensüberzeugungen beharrten, der Liederdichter Paul Gerhardt oder die Aufklärer Johann Spalding und Gotthold E. Lessing. Glaubensflüchtlinge aus Frankreich oder aus Böhmen haben die Region ebenso geprägt wie die Zuwanderer aus den östlichen Provinzen Preußens. In Berlin entluden sich die sozialen und politischen im 19. und 20.Jahrundert in besonderer Weise. Eine starke Arbeiterbewegung stellte sich gegen das Bündnis von Thron und Altar. Große Teile der Ev. Kirche gingen ein Bündnis mit den monarchisch- ständischen Kräften und schließlich mit der Völkischen Bewegung in der Gestalt der Nationalsozialisten ein. Kirchliche Amtsträger wurden nach 1933 zu Tätern. Nur eine Minderheit widersetzte sich der Anpassung und Gleichschaltung ( Bekennende Kirche ). Die Verbindung zu politischen Gegnern des NS-Regimes suchten nur Wenige (Dietrich Bonhoeffer). Einzelne zeigten sich solidarisch mit den Opfern der NS-Rassenpolitik und boten Juden Schutz (Elisabeth Schmitz, Heinrich Grüber). Eine Ausstellung nebst Rahmenprogramm wird sich dieser Themenkomplexen annehmen; sie wird gemeinsam getragen von der Beauftragten der EKBO für Erinnerungskultur, Pfarrerin Marion Gardei, der Stiftung Topographie des Terrors und mit der Gedenkstätte Deutsche Widerstand und Teil des Programmes zum Reformationsjubiläum sein. Die Auseinandersetzung mit den Irrwegen protestantischer Theologie und Kirche im 19. und frühen 20.Jahrhundert war nach 1968 im Westteil wie im Ostteil der Ev. Kirche von Berlin-Brandenburg der Ausgangspunkt für kirchen- und politikkritische Strömungen (Friedens- und Ökologiebewegung). Protestanten hatten einen großen Anteil an der Überwindung der SED-Diktatur und am Aufbau des demokratischen Gemeinwesens 1989/1990. Auch dieser Teil der Wirkungsgeschichte der Reformation wird an einzelnen kirchlichen Orten (u.a. Zionskirche) beispielhaft verdeutlicht werden. c) Luthers Schrift Von der Freiheit eines Christenmenschen Einladung zu einem Langen Tag der Freiheit am Für Martin Luther lag der Grund aller Freiheit in der, den Einzelnen freisprechenden Gnade Gottes. Durch den Freispruch von Sünde, Tod und Teufel wird der Einzelne in jene Freiheit gestellt, die ihn unverfügbar werden lässt gegenüber allen Mächten und Gewalten. Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan., formulierte Luther in seiner 1520 erschienenen Schrift Von der Freiheit eines Christenmenschen. Zugleich sah Martin Luther den Einzelnen in der Verantwortung gegenüber Gott sowie gegenüber seinem Nächsten, und darum als einen Gebundenen. Deshalb formulierte Luther als zweiten Satz: Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan. Mit diesem dialektischen Verständnis von der Freiheit wirkte Luther hierarchie- und institiutionenkritisch. Dieser Impuls wirkte auch da fort, wo sich die etablierenden Evangelischen (Landes-) Kirchen bei der Neuordnung des kirchlichen Lebens, der Wohlfahrtsorganisation und der Bildung der staatlichen Unterstützung versicherten. Wo man das dialektische Verständnis der Freiheit zugunsten der einseitigen Hervorhebung des Gebundenseins ( Knecht ) aufgab, bildete sich eine Obrigkeitshörigkeit heraus, die bis in das 20.Jahrhundert hinein das Bild des lutherischen Protestantismus prägte. Der moderne, aus der Aufklärung (und dessen antiken Vorbildern ) stammende Begriff von Freiheit unterscheidet sich in mehrfacher Weise von dem durch Martin Luther geprägten bzw. beeinflussten Begriff. Zum einen, indem er sich der religiösen Begründung der

4 4 Freiheit weitgehend entledigt hat; zum anderen indem er auf die Autonomie des Einzelnen fokussiert und die Einbindung in soziale Kontexte nachordnet. Freilich ist damit die von Luther benannte Dialektik von Freiheit und Gebundensein nicht aufgehoben. Sie kehrt in vielerlei Anfragen an das moderne Freiheitsverständnis bis heute wieder (Kritik am Individualismus, Ruf nach kommunitären Lebensweisen, Ökologische Verantwortung usw.) An einem Langen Tag der Freiheit am soll das Thema Freiheit in seinen Ambivalenzen und Herausforderungen abgeschritten werden mit Lesungen aus Luthers Schrift und aus Schriften der Aufklärung usw., mit szenischen Darstellungen, Podiumsgesprächen, Führungen usw.. Zur Mitwirkung eingeladen sind Kirchengemeinden, Medienredaktionen, Theater, Museen und die Gedenkstätten in unserer Region, die an das Unrecht unter zwei Diktaturen und an die Sehnsucht nach Freiheit erinnern. 2) THEMENBEREICH 2: Healing of memories Ökumenische Perspektiven 2017 Die Reformation hat zu Ausgrenzungen und Trennungen geführt. Die gegenseitigen Verurteilungen und Verletzungen zwischen den Kirchen müssen 2017 auch zur Sprache kommen, gemäß Luthers 1.These, dass das ganze Leben des Christen/der Kirche Umkehr bedeutet. Die ökumenische Zusammenarbeit trägt, trotz bestehender Differenzen. Das schafft Raum, damit sich im Hören aufeinander die heilende Wirkung der Erinnerung entfalten kann ( Healing of memories ). In gemeinsamer Trägerschaft von EKBO, Erzbistum Berlin und dem Diözesanrat des Erzbistums wird im Februar 2017 in Berlin an vier Abenden eine Vortragsreihe zum Thema 500 Jahre Reformation - die heilende Wirkung der Erinnerung angeboten. Ihr folgen am in Cottbus (Oberkirche St.Nikolai) ein ökumenischer Buß- und Versöhnungsgottesdienst, getragen vom Bistum Görlitz und der Generalsuperintendentur Görlitz, sowie am ein ökumenischer Buß- und Versöhnungsgottesdienst der EKBO und des Erzbistums Berlin, zu dem Bischof Dr. Dröge Erzbischof Dr.Koch in die St. Marien Kirche Berlin-Mitte einlädt.. 3) THEMENBEREICH 3: Europäischer Stationenweg (27.4. und ) und Deutscher Ev. Kirchentag in Berlin und Potsdam ( ) Initiiert von der Gemeinschaft Ev. Kirche in Europa (GEKE) wird von November 2016 bis Mai 2017 ein Europäischer Stationenweg Stätten der Reformation quer durch Europa miteinander verbinden. Am wird der Stationenweg zu Gast in Berlin sein. Am Beispiel des Pfarrers und Liederdichters Paul Gerhardt soll in der Berliner St.Nikolai-Kirche deutlich werden, was streitbarer Glaube und protestantische Liedfrömmigkeit bewirken können. Am wird der Stationenweg in dem kleinen brandenburgischen Dorf Kerkwitz (bei Guben), mitten im Braunkohlerevier Halt machen. Luthers Schöpfungstheologie, der Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung und die gemeinsame Verantwortung für die Zukunft der Lausitz werden dort thematisiert werden. Vom wird die EKBO Gastgeberin des Deutschen Ev. Kirchentags in Berlin und Potsdam sein. Die beiden Landesregierungen unterstützen das Vorhaben in erheblichem Ausmaß. Das ist ein wichtiges Zeichen. Angesichts einer weithin religionskritischen Grundstimmung gilt es deutlich zu machen: Christen suchen der Stadt Bestes, im Dialog mit anderen Religionen, im Dialog mit Nichtreligiösen, im Dialog mit Politik

5 5 und Wirtschaft. Der Kirchentag bietet dafür ein großartiges Forum und gibt dem Jahr des Reformationsgedenken einen besonderen Akzent. 4) THEMENBEREICH 4 Reformationssommer 2017 in Wittenberg Wittenberg war neben Prag, Zürich, Genf und Straßburg einer der Ausgangspunkte für die Reform der Kirche. Was als Erneuerung ( reformatio ) der einen Kirche gedacht war, führte zur Ausbildung unterschiedlicher Konfessionskirchen. Die institutionelle Einheit der lateinischen Christenheit zerbrach. Die konfessionelle Vielfalt jedoch beförderte die Ausbreitung der reformatorischen Lehre. Die Reformation wurde zur Weltbürgerin (M.Junge). Die Weltausstellung Reformation vom soll den Blick für die Zukunft öffnen, entlang von sieben thematischen Schwerpunkten (Spiritualität; Jugend; Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung; Globalisierung eine Welt; Kultur; Ökumene und Religion). Die Landeskirchen, ihre Werke, Gemeinden, Initiativen sind zur Mitwirkung eingeladen ( Ein besonderes Angebot für Jugendliche bietet das Konfi-und Jugendcamp trust and try von Juni bis September 2017 vor den Toren Wittenbergs ( 5) THEMENBEREICH 5 Christusfest Reformation erinnern gemeinsam Christus bezeugen - eine ökumenische Woche ( ) Die Erinnerung an die Reformation öffnet den Blick. Gott in Christus von neuem erkennen und ihm vertrauen darum ging es vor 500 Jahren, darum geht es heute. Christen unterschiedlicher Konfessionen sind gemeinsam Zeugen des Glaubens. Sie haben teil an der missio dei in dieser Welt. Einhundert Jahre nach Beginn der Ökumenischen Bewegung bedeutet das: wir sind, in aller Verschiedenheit, gemeinsam zum Zeugnis für Christus gerufen. Diesem Anliegen dient das Christusfest - Reformation erinnern gemeinsam Christus bezeugen eine ökumenische Woche ( ): mit Familien- und Jugendgottesdiensten ( Christus mitten unter uns ), mit einem Tag der Diakonie ( Christus im Nächsten ), mit Konzerten/musikalischen Veranstaltungen ( Christus im Klang ), Angeboten aus der bildenden Kunst ( Christus in der Kunst ) und Aktionen zur Schöpfungsverantwortung ( Christus in der Schöpfung ). Ein letzter Hinweis: In Zusammenarbeit mit der Wochenzeitung die kirche erscheint 2016 in wöchentlicher Abfolge der Glaubenskurs Reformation. In 51 Artikeln werden die Geschichte der Reformation, ihre Akteure sowie theologische Grundentscheidungen und deren Wirkung nachgezeichnet. Die Artikel sollen 2017 in einem Buch veröffentlicht werden. Berlin, den Kontakt: Pfarrer Dr. Bernd Krebs Beauftragter der EKBO für das Reformationsjubiläum und den Kirchentag 2017 Georgenkirchstr Berlin Tel. 030/ b.krebs@ekbo.de