Position. Entgeltgleichheit Nutzlose Bürokratie verhindern. Stand: Juli 2016
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1 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Stand: Juli
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3 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Vorwort Vorwort Enorme Bürokratie, Angriff auf die Tarifautonomie, keine Beseitigung der Ursachen Die vbw bekennt sich dazu, Frauen und Männern gleichen Lohn bei gleicher Qualifikation für gleiche Arbeitsleistung zu zahlen. Aus Sicht der vbw sind die Gründe für die unterschiedlichen Durchschnittslöhne nicht geschlechtsbezogen. Die Hauptursachen liegen in den unterschiedlichen Präferenzen sowie Lebens- und Berufswelten von Frauen und Männern. Die Politik muss daher die Rahmenbedingungen verbessern, anstatt mehr Bürokratie durch regulierende Maßnahmen zu schaffen. Der Gesetzentwurf des Bundesfamilienministeriums führt neben enormer Bürokratie auch zur Störung des Betriebsfriedens und ist ein fundamentaler Angriff auf die Tarifautonomie. Eine Überprüfung der Gleichwertigkeit von Tätigkeiten durch staatlich zertifizierte Prüfverfahren ist nichts anderes als eine massive staatliche Lenkung der Lohn- und Gehaltsstrukturen. Bertram Brossardt 07. Juli 2016
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5 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Inhalt Inhalt 1 Einleitung Forderungen der vbw im Überblick Hintergrund Entgeltgleichheitsgebot Inhalt Bewertung der vbw Prüfverfahren und Feststellung von Gleichwertigkeit Inhalt Bewertung der vbw Berichtspflicht Inhalt Bewertung der vbw Individueller Auskunftsanspruch Inhalt Bewertung der vbw Ausweitung der Mitbestimmung Inhalt Bewertung der vbw Sonstige Regelungen Pflicht zur Angabe des Mindestentgelts bei Stellenausschreibungen und Verbot von Stillschweigevereinbarungen über Arbeitsentgelt Ausschluss der Anwendung von Verfallfristen Ansprechpartner / Impressum... 23
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7 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Einleitung 1 1 Einleitung Derzeit geplante Regelungen Die Koalitionsparteien haben im Koalitionsvertrag Maßnahmen vereinbart, um die bestehende Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen zu beseitigen. Ziel der Maßnahmen ist, mehr Transparenz herzustellen, um das Prinzip Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit zu fördern. Dies soll erreicht werden durch die Verpflichtung für Unternehmen ab 500 Beschäftigte, im Lagebericht nach dem HGB auch zur Frauenförderung und Entgeltgleichheit Stellung zu nehmen, sowie durch die Einführung eines individuellen Auskunftsanspruchs für Arbeitnehmer. Am 09. Dezember 2015 hat das Bundesfamilienministerium einen Referentenentwurf zu einem Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern veröffentlicht. Das Gesetzespaket beinhaltet ein neues Entgeltgleichheitsgesetz, Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes, Änderungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes sowie Änderungen des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und soll Ende 2016 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf enthält Regelungen insbesondere zu folgenden Punkten: zertifiziertes betriebliches Prüfverfahren für Unternehmen mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten, weitere Berichtspflichten für Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten, individueller Auskunftsanspruch unabhängig von der Größe des Unternehmens, Erweiterung der Rechte des Betriebsrats sowie sonstige Regelungen wie z. B. Nichtigkeit von Vereinbarungen, die es Beschäftigten verbieten, Auskunft über das eigene Entgelt zu geben. Das Kanzleramt hat erkannt, dass der vorgestellte Gesetzentwurf über die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag hinausgeht und nicht geeignet ist, die bestehende Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen zu beseitigen und hat die Einleitung der Ressortabstimmung verweigert. Der Entwurf wird derzeit im Familienministerium überarbeitet.
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9 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Forderungen der vbw im Überblick 3 2 Forderungen der vbw im Überblick Bürokratische Belastungen vermeiden In der Praxis würde eine Realisierung des Referentenentwurfs nicht nur die Tarifbindung der Unternehmen und damit den besten Garanten für geschlechtsneutrale Entlohnung torpedieren, sondern eine Flut von Bürokratie insbesondere für KMUs erzeugen und enormen Unfrieden in den Unternehmen schaffen. Es sind daher deutliche Korrekturen notwendig: Zur Stärkung der für eine geschlechtsneutrale Bezahlung überaus positiven Tarifbindung sind tariflich gebundene Unternehmen zwingend aus einer etwaigen Regelung auszunehmen. Dies muss auch für die vertragliche Inbezugnahme von Tarifverträgen durch OT-Betriebe gelten. Zudem sind Unternehmen unter 500 Mitarbeiter zwingend auszunehmen, um nicht KMUs mit enormer Bürokratie zu überziehen und der Rechtsunsicherheit auszusetzen. Ein individueller Auskunftsanspruch würde auf betrieblicher Ebene Unfrieden stiften, ohne einen Mehrwert im Vergleich zu den bestehenden Rechten aus dem AGG zu schaffen. Auf einen solchen Anspruch ist daher zu verzichten. Bei der Anwendung eines zertifizierten, betrieblichen Prüfverfahrens werden die Kriterien für die Lohnfindung extern definiert. Dies ist nicht hinnehmbar, die Zertifizierung von betrieblichen Prüfverfahren durch staatliche Stellen ist zu streichen. Bericht zu Frauenförderung und Entgeltgleichheit: Hier werden sachfremde ausufernde Dokumentationspflichten gefordert, auf die verzichtet werden muss. Insgesamt gehen die Forderungen weit über die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag hinaus und sind kein geeignetes Mittel, gesamtwirtschaftliche Entgeltunterschiede zwischen Männern und Frauen auszugleichen. Die verursachte Bürokratie ist völlig unverhältnismäßig. Die Pflicht zur Anwendung höchst aufwendiger betrieblicher Entgeltanalyseverfahren ist als völlig überzogen abzulehnen. Die Erweiterung des Lageberichts bringt bürokratischen Aufwand für die Unternehmen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum auch tarifgebundene Unternehmen diese Pflicht treffen soll. Ein individueller Auskunftsanspruch ist für das Ziel des Gesetzgebers, die Entgelttransparenz in Unternehmen zu verbessern, nicht das richtige Mittel. Dieser zielt nur auf die Rechtsposition des einzelnen Arbeitnehmers und würde darüber hinaus Verteilungskonflikte in die Betriebe tragen, was das deutsche Modell der überbetrieblichen Entgeltfindung durch Flächentarifverträge vermeiden will.
10 4 Forderungen der vbw im Überblick Position Entgeltgleichheit Nutzlose Zudem stellt der Gesetzentwurf einen massiven Eingriff in die Tarifautonomie dar, indem die Richtigkeitsgewähr von Tarifverträgen in Abrede gestellt wird und der Gesetzgeber sich an die Stelle der Sozialpartner bei Tätigkeitsbewertungen setzt. Im Übrigen ist die Entgeltdiskriminierung bereits nach dem AGG verboten. Die eigentlichen Ursachen für die tatsächliche (geringe) Entgeltlücke werden nur unzureichend angegangen. Folgende Regelungen, die sich im vorgelegten Gesetzentwurf finden, sind im Koalitionsvertrag überhaupt nicht vereinbart und daher abzulehnen: Massive Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmung. Die Erweiterung der erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates ist nicht hinnehmbar. Beweislastumkehr nach 22 AGG, wenn Arbeitgeber auf Auskunftsverlangen nicht oder offensichtlich unvollständig antwortet. Angabe des vorgesehenen Mindestentgelts bei Stellenausschreibungen, Nichtigkeit von Vereinbarungen, die es Beschäftigten verbieten, Auskunft über das eigene Arbeitsentgelt zu geben.
11 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Hintergrund 5 3 Hintergrund Ursachen und Maßnahmen zur Reduzierung der vermeintlichen Lohndifferenz Die Koalitionspartner haben im Koalitionsvertrag die statistisch bestehende Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen kritisiert. Der Gender Pay Gap wird vom Bundesamt für Statistik als sogenannte unbereinigte Lohnzahlungslücke mit ca. 22 Prozent angegeben. Diese unbereinigte Lohnzahlungslücke wird ermittelt, indem die durchschnittlichen Arbeitseinkommen aller Frauen mit den durchschnittlichen Arbeitseinkommen aller Männer verglichen werden und eine prozentuale Differenz aus beiden Werten gebildet wird. Der Wert der unbereinigten Lohnlücke ist allerdings wenig aussagekräftig, da erwerbstätige Männer und Frauen mit völlig unterschiedlichen Qualifikationen, Berufen und Erwerbsbiografien und damit Äpfel mit Birnen miteinander verglichen werden. Die bereinigte Lohnlücke hingegen rechnet einige relevante Merkmale mit ein. Sie gibt den Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen an, die sich bei verschiedenen individuellen und betriebsbezogenen Merkmalen wenig unterscheiden, die also zum Beispiel das gleiche Qualifikationsniveau und die gleiche Berufserfahrung aufweisen sowie in derselben Branche arbeiten. Die Angaben für die bereinigte Lohnlücke sind damit aussagekräftiger als diejenigen für die unbereinigte Lohnlücke. Das Bundesamt für Statistik meldet für Deutschland einen bereinigten Wert von ca. acht Prozent. Bei anderen Berechnungsmethoden ist der Wert noch kleiner (zwischen 1,9 Prozent und 6,8 Prozent). Bei Müttern mit einer kurzen kindbedingten Auszeit und bei der Altersgruppe bis 30 Jahren ist der bereinigte Wert statistisch nicht mehr signifikant. Die drei Hauptursachen für diese Lohndifferenz sind folgende: Frauen sind in bestimmten Branchen, Berufen und Hierarchieebenen unterrepräsentiert Frauen unterbrechen oder reduzieren ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger aus familienbedingten Gründen als Männer Unterschiedliches Verhalten bei Entgeltverhandlungen sowie unterschiedliche Bewertung von Tätigkeiten, die typischerweise von Frauen oder Männern ausgeübt werden Hinweis Weitere Informationen enthält das vbw Positionspapier Gender Pay Gap.
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13 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Entgeltgleichheitsgebot 7 4 Entgeltgleichheitsgebot Bestehende Regelungen sind ausreichend 4.1 Inhalt Ziel des geplanten Gesetzes ist, das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit zu fördern und durchzusetzen. Hierzu wird ein allgemeines Benachteiligungsverbot hinsichtlich aller Entgeltbestandteile sowie aller Entgeltbedingungen bezogen auf das Geschlecht aufgestellt. 4.2 Bewertung der vbw Eine Entgeltdiskriminierung im Sinne einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung ist bereits heute nach europäischem und nationalem Recht verboten. So gehört das Geschlecht zu den Merkmalen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Damit umfasst es auch das Gebot der Entgeltgleichheit. Mit dem AGG gibt es ein völlig ausreichendes und bewährtes Gesetz, um z. B. möglichen geschlechtsbezogenen Diskriminierungen zu begegnen. Eine Notwendigkeit für ein Entgeltgleichheitsgesetz ergibt sich demzufolge nicht.
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15 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Prüfverfahren und Feststellung von Gleichwertigkeit 9 5 Prüfverfahren und Feststellung von Gleichwertigkeit Unverhältnismäßiger Mehraufwand und Missachtung der Tarifverträge 5.1 Inhalt Nach den Plänen des Bundesfamilienministeriums soll für Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten eine gesetzliche Verpflichtung zur regelmäßigen Durchführung (alle drei bzw. alle fünf Jahre) von sogenannten betrieblichen Prüfverfahren eingeführt werden. Diese von der Antidiskriminierungsstelle zu zertifizierenden Prüfverfahren beinhalten drei Schritte: Bestandsaufnahme statistischer Größen wie der Gesamtzahl der Beschäftigten, die Anzahl der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten, die unbereinigte Entgeltlücke, einseitig geschlechtsdominierte Tätigkeiten sowie Angaben zur Arbeitsbewertung, zur Vergabe von Entgeltbestandteilen, deren Wirkung nach Geschlecht aufgeschlüsselt und der diesen zugrundeliegenden Entgeltregelungen und deren Geltungsbereiche. Analyse dieser Angaben hinsichtlich der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots insb. des in 4 EntgGleiG-E vorgegebenen Gleichwertigkeitsbegriffs. Erstellung eines Ergebnisberichts, der ggf. eine Ableitung von konkreten Maßnahmen zur Sicherung von Entgeltgleichheit enthält und betriebsintern veröffentlicht werden muss. Darüber hinaus ist eine umfangreiche Dokumentation aller Verfahrensschritte sowie ggf. der Umsetzung von Maßnahmen vorzunehmen. 5.2 Bewertung der vbw Eine Pflicht zur Durchführung von betrieblichen Prüfverfahren für Unternehmen ab 500 Beschäftigten ist vom Koalitionsvertrag nicht gedeckt. Dieser fordert die Unternehmen lediglich auf, erwiesene Entgeltdiskriminierung zu beseitigen. Weiterhin sieht der Koalitionsvertrag lediglich für die Beseitigung erwiesener Entgeltdiskriminierung die Anwendung von verbindlichen Verfahren vor, nicht jedoch für die zuvor zu überprüfende betriebliche Entgeltstruktur. Darüber hinaus erstreckt der Gesetzentwurf die Pflicht zur Durchführung von Prüfverfahren auf alle Unternehmen. So werden aufgrund der Definition der ordnungsgemäßen Durchführung eines zertifizierten, betrieblichen Prüfverfahrens als eine vorbeugende Maßnahme im Sinne des 12 Abs.1 S.2 AGG sowie dessen Indizwirkung auch kleine und mittelständische Unternehmen faktisch verpflichtet, derartige Verfahren durchzuführen. Zudem räumt der Gesetzentwurf dem Betriebsrat
16 10 Prüfverfahren und Feststellung von Gleichwertigkeit Position Entgeltgleichheit Nutzlose ein Recht ein, in bestimmten Fällen die Durchführung eines Prüfverfahrens zu verlangen, unabhängig von der Unternehmensgröße. Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein Zwang bestehen soll, dass Unternehmen derart aufwendige Verfahren durchführen müssen, wenn es keine Hinweise auf eine signifikant unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen gibt. Entgeltanalyseverfahren können zwar für Unternehmen, die keine Tarifverträge anwenden, auf freiwilliger Basis Sinn machen, damit diese sich einen besseren Überblick über ihr Entgeltsystem unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten machen und ggf. nachjustieren können. Es ist aber auch für diese Fälle nicht einzusehen, weshalb dabei staatlich festgelegte Instrumente genutzt werden müssen. Viele Unternehmen haben ausreichende interne Kontrollgremien (z. B. Vergütungsausschuss nach 6 Institutsvergütungsordnung, Betriebsräte, Compliance-Strukturen), um eine Prüfung der Entgeltsysteme in eigener Verantwortung durchzuführen. Die Zertifizierungspflicht der Verfahren nach gesetzlich festgelegten Grundsätzen ignoriert die Notwendigkeit, dass Verfahren auch zu den vielfältigen Entgeltsystemen und zu den betrieblichen Besonderheiten passen müssen und keinen übermäßigen Aufwand erzeugen dürfen, um von den Unternehmen auch durchgeführt werden zu können. Mit einem One size fits all -Ansatz und dem Zwang zu bestimmten staatlich festgelegten Instrumenten wird ein Mehr an Transparenz nicht gelingen. Die Freiwilligkeit, auf solche Instrumente zurückzugreifen, sowie die Wahlfreiheit zwischen einer Vielfalt von Instrumenten müssen weiterhin sichergestellt sein, damit die Unternehmen in eigener Verantwortung betriebsindividuell handeln können. Dies entspricht auch dem Koalitionsvertrag, der vorsieht, dass die Unternehmen in eigener Verantwortung handeln können. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Prüfverfahren greifen darüber hinaus in die Tarifautonomie ein, da diese anhand eines von staatlicher Seite vorgegebenen Begriffs der Gleichwertigkeit die tarifliche Entgeltsystematik überprüfen. Der im Gesetz definierte Gleichwertigkeitsbegriff schreibt ein für alle Branchen einheitliches und umstrittenes Arbeitsbewertungsverfahren vor. Die Auswahl und Gewichtung von Anforderungsmerkmalen in Form eines Arbeitsbewertungsverfahrens gehört zu den Kernaufgaben der Tarifvertragsparteien und ist ein wesentlicher Teil der grundgesetzlich geschützten Tarifautonomie. Außerdem werden bei den derzeit gängigen Prüfverfahren die Gestaltungsprinzipien und die Bewertungskriterien der Tarifvertragsparteien nicht berücksichtigt. Die Tarifvertragsparteien sind angesichts ihrer Expertise und Erfahrung jedoch am besten in der Lage branchenspezifische und praxisgerechte Kompromisse bei der Entgeltgestaltung zu finden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei Tarifverträgen wegen des Verhandlungsgleichgewichts der Tarifvertragsparteien davon auszugehen, dass die vereinbarten tariflichen Regelungen ebenso den Interessen der Arbeitnehmer wie der Arbeitgeber gerecht werden. Mit dem geplanten Entgeltgleichheitsgesetz werden diese Grundsätze angegriffen. Damit wird die Richtigkeitsgewähr von Tarifverträgen in Frage gestellt. Dies schwächt die Tarifautonomie. Zudem ist aufgrund der Zertifizierung der Prüfverfahren durch eine staatliche Stelle eine zusätzliche Tarifzensur zu befürchten.
17 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Prüfverfahren und Feststellung von Gleichwertigkeit 11 Die bisherige Erfahrung mit Entgeltanalyseverfahren zeigt, dass diese nur mit sehr hohem Mehraufwand möglich sind und nicht mit vertretbarem Aufwand zu realisieren sind. Entgeltanalyseverfahren sind hoch arbeitsaufwendig und teuer, da die betriebsindividuellen Entgeltstrukturen jeweils in einem extern vorgegebenen Berechnungssystem abgebildet werden und dabei alle Daten verwendet werden müssen, die bei der Lohnbemessung berücksichtigt wurden, im Abrechnungssystem des Unternehmens aber nicht zwingend enthalten sind, wie z. B. Sachleistungen. Doch nicht erst die Erstellung umfangreicher Berichte wird in den Unternehmen zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen binden. Bereits die Generierung der nach 20 Abs. 2 des Gesetzentwurfs benötigten statistischen Angaben wird insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen nur schwer zu bewältigen sein. Weiterhin bedarf die Auswertung dieser Daten und die Ableitung von konkreten Maßnahmen zur Sicherung von Entgeltgleichheit für diese Thematik sensibilisiertes und geschultes Personal. Damit eröffnet der Gesetzentwurf Unternehmens- und Personalberatungen ein neues Geschäftsfeld, statt die tatsächlichen Ursachen für Entgeltunterschiede anzugehen und Chancengleichheit zu schaffen.
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19 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Berichtspflicht 13 6 Berichtspflicht Keine Berichtspflicht für nicht lageberichtspflichtige Unternehmen 6.1 Inhalt Der vom Bundesfamilienministerium vorgestellte Gesetzentwurf verpflichtet Unternehmen ab 500 Beschäftigte zur Erstellung eines Berichts über Maßnahmen der Frauenförderung und der Entgeltgleichheit. Der Bericht ist zudem entweder im Lagebericht des Unternehmens, soweit es gem. 289 HGB lageberichtspflichtig ist, zu integrieren oder auf der Internetseite des Unternehmens zu veröffentlichen. 6.2 Bewertung der vbw Es ist davon auszugehen, dass die im Koalitionsvertrag vorgesehene Verpflichtung für Unternehmen ab 500 Beschäftigten, über Maßnahmen der Frauenförderung und der Entgeltgleichheit im Lagebericht zu berichten, sich lediglich auf bereits nach dem HGB lageberichtspflichtige Unternehmen erstreckt. Andernfalls würde das Kriterium Unternehmen ab 500 Beschäftigten zu einer unzulässigen Ausweitung der Lageberichtspflicht führen, da dieses derzeit keine Voraussetzung für die Erstellung eines Lageberichts ist. Stattdessen knüpft die Pflicht zur Erstellung eines Lageberichts an die Rechtsform der (nicht kleinen) Kapitalgesellschaft (i. S. d. 264 Abs.1 S.4 i. V. m. 267 Abs.1 HGB) an. Dementsprechend geht der Entwurf des Entgeltgleichheitsgesetzes über den Koalitionsvertrag hinaus: Er sieht eine Berichts- wie auch Veröffentlichungspflicht für alle Unternehmen ab 500 Beschäftigten vor unabhängig davon, ob diese lageberichtspflichtig sind. Es ist hier auf einen Gleichlauf mit HGB zu achten. Der Mehrwert an Transparenz des geplanten Berichts ist in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Insbesondere fehlt es bei größeren und überregional tätigen Unternehmen an der Vergleichbarkeit. Entgelte differieren nicht nur nach Regionen, Branchen und Unternehmen, sie sind auch Ausdruck von unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten, unterschiedlichen Bedingungen am Arbeitsmarkt, der Wirtschaftskraft einer Branche und der jeweiligen Produktivität des Unternehmens. Zudem ergeben sich die Entgeltregelungen, die Bewertungsverfahren sowie die Entgeltstruktur bei tarifgebundenen Unternehmen bereits aus dem jeweils geltenden Tarifvertrag, den der Arbeitgeber gem. 8 TVG auszuhängen hat, sowie der einsehbaren Entgelttabelle. Die Reichweite der Berichtspflicht muss bei der Anwendung von Tarifverträgen daher entsprechend eingeschränkt werden. Zumindest muss der Verweis auf einen angewendeten Tarifvertrag ausreichen, um die Berichtspflicht zu erfüllen. Darüber hinaus besteht bei der Aufnahme zusätzlicher nichtfinanzieller Leistungsindikatoren in den Lagebericht die Gefahr, diesen zu überfrachten und damit von seinem Zweck interessierte Kreise über die (finanzielle) Lage und die Aussichten des Unternehmens zu informieren zu entfremden.
20 14 Berichtspflicht Position Entgeltgleichheit Nutzlose Ferner werden die Arbeitgeber verpflichtet, die für ihr Unternehmen errechnete unbereinigte Entgeltlücke auszuweisen. Da diese Kennziffer allein jedoch keinerlei Aussagekraft besitzt, ist ihre Angabe ohne weitere Erläuterungen im (Lage-) Bericht überflüssig. Erst eine nach Beruf, Branche, Ausbildung, Alter, Erwerbsumfang sowie Dauer und Häufigkeit der Erwerbsunterbrechung differenzierte Betrachtung von Entgeltunterschieden kann, wenn überhaupt, Aufschluss über Diskriminierungspotentiale hinsichtlich des Entgelts geben. Der dazu erforderliche bürokratische Aufwand ist jedoch unverhältnismäßig und damit abzulehnen. Außerdem ist zu beachten, dass sich nicht alle relevanten Faktoren wie z. B. Verhaltensweisen bei Entgeltverhandlungen oder die Bereitschaft zu beruflichen Mobilität sachgerecht bzw. statistisch abbilden lassen. Auch die Angabe der Anzahl der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten erscheint in diesem Zusammenhang als wenig zielführend. Mit dieser bürokratischen Berichtspflicht werden Ressourcen gebunden, die ansonsten in der gestaltenden Personalpolitik zur Förderung der Chancengleichheit besser genutzt werden könnten. Überdies entstehen für die Wirtschaft enorme Kosten. Das BMFSFJ behauptet jedoch Kostenneutralität, um nicht dem Grundsatz one in, one out zu unterfallen. Jedenfalls sollte die Berichtspflicht dann nicht gelten, wenn ein Unternehmen einen Tarifvertrag anwendet. In diesen Fällen brächte eine Berichtspflicht keinen Mehrwert an Transparenz, sondern nur einen Mehraufwand für das betroffene Unternehmen. Die Vergütungsstruktur ergibt sich bereits aus dem angewendeten Tarifvertrag. Diesen hat der Arbeitgeber im Betrieb bekanntzumachen, d. h. der Tarifvertrag ist öffentlich zugänglich und damit für alle Beschäftigten einsehbar.
21 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Individueller Auskunftsanspruch 15 7 Individueller Auskunftsanspruch Schutz der Persönlichkeitsrechte beachten 7.1 Inhalt Der Gesetzentwurf statuiert für alle Beschäftigten einen individuellen Auskunftsanspruch. Diese können vom Arbeitgeber Auskunft über die Kriterien und Verfahren für die Festlegung des eigenen Entgelts sowie des Entgelts einer gleichen bzw. gleichwertigen Tätigkeit, die überwiegend von Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts ausgeübt wird, und den statistischen Median des monatlichen Entgelts der entsprechenden Vergleichsgruppe verlangen. Dies gilt auch für einzelne Entgeltbestandteile. Von seinem Auskunftsanspruch kann der Beschäftigte alle zwei Jahre Gebrauch machen. Der Arbeitgeber hat auf das Auskunftsverlangen innerhalb eines Monats in Textform zu antworten. Kommt der Arbeitgeber seiner Auskunftspflicht nicht, nicht rechtzeitig oder nur unvollständig nach, so wird dieser unter den Generalverdacht der Entgeltdiskriminierung gestellt, welcher mit einer Beweislastumkehr im Streitfall verbunden ist. Zudem wird dem Betriebsrat ein neues Initiativrecht zur Durchführung betrieblicher Prüfverfahren eingeräumt, wenn aus seiner Sicht Anhaltspunkte für eine Benachteiligung auf Grund des Geschlechts beim Entgelt bestehen. 7.2 Bewertung der vbw Anders als im Koalitionsvertrag formuliert, sollen nach dem Referentenentwurf alle Unternehmen auskunftspflichtig zu wesentlichen Entgeltbestandteilen sein. Im Koalitionsvertrag sollte der Auskunftsanspruch auf den Berichtspflichten der Unternehmen ab 500 Beschäftigten mit Lageberichtspflicht nach HGB aufbauen und somit nur für diese gelten. Die Pläne des Bundesfamilienministeriums gehen weit darüber hinaus. Die vom Auskunftsanspruch umfassten Informationen über Kriterien und Verfahren für die Festlegung des eigenen Entgelts, des Entgelts einer Vergleichsgruppe sowie das Medianentgelt entsprechen im Wesentlichen den Angaben und Ergebnissen der betrieblichen Prüfverfahren. Um rechtssicher ihrer Auskunftspflicht nachzukommen, werden Unternehmen daher auch ohne entsprechende gesetzliche Verpflichtung solche Verfahren regelmäßig durchführen müssen. Damit wird eine Verpflichtung zu Entgeltanalyseverfahren durch die Hintertür auch für solche Unternehmen eingeführt. Bei dem Auskunftsanspruch wird es vielfach kaum möglich sein, sinnvolle Vergleichsgruppen zu bilden bzw. innerhalb der angenommenen Vergleichsgruppe eine Vergleichbarkeit herzustellen. Der Auskunftsanspruch suggeriert eine Vergleichbarkeit, die in dieser Form nicht gegeben ist. Bei Unternehmen jeder Größenordnung gibt es Funktionen, die so individuell sind, dass eine Vergleichsgruppe nicht sinnvoll gebildet wer-
22 16 Individueller Auskunftsanspruch Position Entgeltgleichheit Nutzlose den kann. Viele Tätigkeiten werden auch anhand von weichen Faktoren vergütet, die nicht mess- oder dokumentierbar sind. Oftmals wird gerade auch die berufsspezifische Erfahrung, die ein Bewerber mitbringt, honoriert. All diese Faktoren können weder gemessen noch verglichen werden. Die strengen Anforderungen an die Auskunftserteilung durch den Arbeitgeber drängen diesen in eine erhöhte Begründungspflicht. Auch die Frist zur Auskunftserteilung von lediglich einem Monat ist deutlich zu kurz bemessen. Notwendige Vorarbeiten, wie z. B. die Durchführung eines betrieblichen Prüfverfahrens, oder eine Vielzahl von Anfragen werden Unternehmen an einer fristgerechten Auskunft hindern. Darüber hinaus ist die Beweislastumkehr als Sanktion für einen derartigen Verzug überzogen. Die im Referentenentwurf vorgesehene Frist von zwei Jahren, innerhalb derer der Auskunftsanspruch nicht erneut erhoben werden darf, ist ebenfalls zu kurz. Hinzu kommt, dass der Anspruch innerhalb der Frist erneut erhoben werden kann, wenn sich der Anspruch auf andere Entgeltbestandteile oder -regelungen bezieht. Damit ist Missbrauch Tür und Tor geöffnet, wenn Beschäftigte den Auskunftsanspruch als Instrument nutzen wollen, um z. B. Gehaltsvorstellungen oder andere Forderungen durchzusetzen. Unternehmen müssen sich darauf verlassen können, dass der Auskunftsanspruch nicht in kurzen Abständen und wiederholt missbräuchlich genutzt wird. Auch aus datenschutzrechtlicher Sicht ist der geplante Auskunftsanspruch nicht unbedenklich. Der Auskunftsanspruch macht ein schrittweises Erfragen von Entgelten der Arbeitskollegen möglich. Bei dieser Regelung besteht daher eine erhöhte Missbrauchsgefahr. So lässt bei kleinen Gruppen von fünf Personen, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, bereits der Austausch zweier Beschäftigter Rückschlüsse auf den Verdienst der übrigen Personen der Vergleichsgruppe zu. Auch der EuGH weist in seiner Rechtsprechung daraufhin, dass bei einem Entgeltvergleich die Gruppe eine relativ hohe Zahl von Arbeitnehmern umfassen muss, damit rein zufällige oder konjunkturelle Erscheinungen sowie auf individuellen Arbeitsergebnissen der betroffenen Arbeitnehmer beruhende Entgeltunterschiede ausgeschlossen werden können. Die Weitergabe von Informationen über Höhe von Entgelten und die dafür maßgeblichen Gründe kann schnell Unfrieden in die Betriebe bringen. Neid, Frust und Unzufriedenheit droht vor allem bei Beschäftigten, die weniger verdienen als die Vergleichsgruppe, auch wenn es sachlich nachvollziehbare Kriterien für die Gehaltsunterschiede gibt. Im Übrigen ist der Auskunftsanspruch überflüssig, weil zum einen Betriebsräte bereits nach geltendem Recht darauf hinwirken können, dass systematische Benachteiligungen beim Arbeitsentgelt unterbleiben. Zum anderen sind Auskunfts- und Beschwerdeverfahren bereits in Tarifverträgen geregelt. Für die Beseitigung von Fehlern bei der Eingruppierung sehen die Tarifverträge wie auch das BetrVG eigenständige und wirksame Mechanismen vor. Für Regelungen durch den Gesetzgeber besteht daher weder Veranlassung noch Bedarf.
23 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Individueller Auskunftsanspruch 17 Wenn ein Auskunftsanspruch eingeführt werden sollte, muss es auch ein Auskunftsverweigerungsrecht geben oder eine Beschränkung des Auskunftsanspruchs durch deutlich höhere Schwellenwerte als die, die im Gesetzentwurf vorgesehen sind, für den Fall, dass aufgrund einer zu geringen Unternehmens- oder Vergleichsgruppengröße Rückschlüsse auf Einzelpersonen möglich sind. Ein Auskunftsverweigerungsrecht sollte auch dann bestehen, wenn aufgrund von Veränderungen in der Vergleichsgruppe Rückschlüsse auf Einzelpersonen möglich sind. Wenn z. B. Beschäftigte jeweils nach einer Neueinstellung eine Auskunft einfordern, ließen sich durch die Veränderungen zur vorigen Auskunft Rückschlüsse auf die Entgelthöhe der neueingestellten Person ziehen. Insbesondere für tarifgebundene Unternehmen sowie Unternehmen, die einen Tarifvertrag anwenden muss ein Verweis nicht nur auf die Entgeltregelungen des jeweils geltenden Tarifvertrags, sondern ebenfalls auf die entsprechende Entgelttabelle als Antwort auf das Auskunftsverlangen des Beschäftigten genügen. Da diese vom Arbeitgeber gem. 8 TVG ausgelegt werden müssen, ist die vom Bundesfamilienministerium geforderte Transparenz bereits gegeben.
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25 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Ausweitung der Mitbestimmung 19 8 Ausweitung der Mitbestimmung Unternehmerische Freiheit schützen 8.1 Inhalt Neben der Wiederholung des BetrVG in weiten Teilen schafft das Bundesfamilienministerium in seinem Entwurf zwei neue Initiativrechte für Betriebsräte hinsichtlich der Überprüfung von Eingruppierungen sowie zur Durchführung eines Prüfverfahrens. Zusätzlich ist die Erweiterung der Betriebsratsaufgaben nach 80 BetrVG und die Ausweitung der zwingenden Mitbestimmung nach 87 BetrVG vorgesehen. 8.2 Bewertung der vbw Der Koalitionsvertrag spricht lediglich von einer Beteiligung der betrieblichen Interessenvertreter, nicht jedoch von einer Ausweitung der Betriebsratsaufgaben und -kompetenzen. Dementsprechend gehen nicht nur die geplanten neuen Initiativrechte deutlich über den Koalitionsvertrag hinaus. Auch stellen die Erweiterungen des 80 BetrVG und des zwingenden Mitbestimmungsrechts nach 87 BetrVG immense Eingriffe in die unternehmerische Freiheit dar. Der Betriebsrat verfügt nach geltendem Recht über umfassende Informationsrechte im Hinblick auf die Entgeltstruktur ( 80 Abs.2 S.1 BetrVG i. V. m. 87 Abs.1 Nr.10 und Nr. 11 BetrVG). Darüber hinaus kann der Betriebsausschuss oder ein anderer Ausschuss des Betriebsrats die Bruttolohn- und Gehaltslisten einsehen ( 80 Abs.2 S.2 Hs.2 BetrVG). Diese Informationen kann der Betriebsrat nutzen, um die Entgeltgleichheit von Männern und Frauen zu fördern. Dies gehört nach 80 Abs.1 Nr.2a BetrVG bereits heute zu seinen gesetzlichen Aufgaben. 87 BetrVG betrifft den Kernbereich der Mitbestimmung der Beschäftigten nach dem BetrVG. Die einseitige Anordnung im Wege des Direktionsrechts des Arbeitgebers wird durch die einverständliche Regelung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ersetzt. Der Katalog der Mitbestimmungstatbestände, in denen das erzwingbare Mitbestimmungsrecht gilt, ist abschließend. Daher darf das Gesetz keinesfalls als Einfallstor genutzt werden, um die erzwingbare Mitbestimmung auszuweiten. Ein Instrument zur Durchsetzung von Entgeltgleichheit ergibt sich aus 99 BetrVG. Danach ist der Betriebsrat bei der Eingruppierung zu beteiligen, ein weiteres Überprüfungsrecht wie in dem Referentenentwurf vorgesehen ist nicht erforderlich. Der Umstand, dass die ausreichenden Sicherungsinstrumente des BetrVG nicht genutzt werden, rechtfertigt insbesondere nicht die Ausweitung der zwingenden Mitbestimmung nach 87 Abs. 1 BetrVG.
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27 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Sonstige Regelungen 21 9 Sonstige Regelungen Schwächung des Wettbewerbs nicht zulassen 9.1 Pflicht zur Angabe des Mindestentgelts bei Stellenausschreibungen und Verbot von Stillschweigevereinbarungen über Arbeitsentgelt Die Angabe von Mindestentgelten in Stellenausschreibungen steht im Widerspruch zu der Vertraulichkeit von Gehaltsfragen, die auch aus Gründen des Wettbewerbs unerlässlich ist. Bei Funktionen von Spezialisten würde die Angabe des Mindestentgelts einen Überblick über die Gehaltsstruktur schaffen, die es Mitbewerbern ermöglicht bzw. erheblich erleichtert, Beschäftigte abzuwerben. Sie ist vom Koalitionsvertrag nicht gedeckt. Das Gleiche gilt für die Nichtigkeit von Vereinbarungen, die es Beschäftigten verbieten, Auskunft über das eigene Arbeitsentgelt zu geben. Eine solche Vereinbarung ist gängige Praxis und steht in engem Zusammenhang mit der Vertraulichkeit von Gehaltsfragen. Sie dient dazu, unnötigen Neid und Frust innerhalb der Belegschaft zu verhindern. Ebenso wie Beschäftigte erwarten können, dass ihr Arbeitgeber ihr Entgelt nicht frei kommuniziert, können Arbeitgeber dies auch von ihren Beschäftigten verlangen. Um den Betriebsfrieden zu wahren, könnten Unternehmen sich gezwungen sehen, bei der Vergütung weniger als bisher die besonderen Fähigkeiten und den besonderen Einsatz einzelner Beschäftigter zu berücksichtigen, aus Sorge, diese weichen Faktoren nicht gerichtsfest belegen zu können. Eine marktwirtschaftliche und leistungsorientierte Entgeltgestaltung im Unternehmen, die Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt, würde dann eingeschränkt. Zudem hat die zwischen 2011 und 2014 in Österreich, wo die Pflicht zur Angabe von Mindestentgelten in Ausschreibungen bereits zum 01. März 2011 eingeführt wurde, durchgeführte Evaluation des Gesetzes durch das österreichische Bundesministerium für Bildung und Frauen die Erfolglosigkeit der Maßnahme festgestellt. 9.2 Ausschluss der Anwendung von Verfallfristen Die in 7 Abs. 2 des Gesetzentwurfs vorgesehene Geltung der allgemeinen Verjährungsfristen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind zu lang. Nach 195 S. 1 BGB verjähren Ansprüche innerhalb von drei Jahren. Insbesondere vor dem Hintergrund des geplanten Ausschlusses der Geltendmachung arbeitsvertraglicher oder kollektivvertraglicher Verfallfristen ist im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens eine deutlich kürzere Verjährungsfrist erforderlich.
28 22 Sonstige Regelungen Position Entgeltgleichheit Nutzlose Der in 7 Abs. 2 des Entwurfs geregelte Ausschluss der Anwendung tariflicher Verfallfristen ist ein klarer Eingriff in die Tarifautonomie und in tarifliche Regelungen, der durch den Koalitionsvertrag nicht gedeckt ist. Gleiches gilt für den Ausschluss der Geltung arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen, für den sich ebenfalls im Koalitionsvertrag keine Grundlage findet. Ausschlussfristen, die sich in fast allen Tarif- oder Arbeitsverträgen finden, müssen auch künftig möglich bleiben. Sie dienen der Rechtsicherheit und dem Rechtsfrieden.
29 Position Entgeltgleichheit Nutzlose Ansprechpartner / Impressum 23 Ansprechpartner Oleg Livschits Grundsatzabteilung Recht Telefon Telefax oleg.livschits@vbw-bayern.de Impressum Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl auf die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren Lesbarkeit wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher Form verzichtet. Herausgeber: Weiterer Beteiligter: vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Max-Joseph-Straße München Das Positionspapier enthält Auszüge aus der gemeinsamen Stellungnahme der BDA und des BDI sowie aus der Stellungnahme von Gesamtmetall zum Referentenentwurf des Lohngerechtigkeitsgesetzes vbw Juli 2016
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