Sommertörn 1 Bodrum - Göcek Juni 2016

Transkript

1 Unterdorf 57 CH SEON Tel: Sommertörn 1 Bodrum - Göcek Juni 2016 Irgendwann sollte ja das Wetter zu normalen Windbedingungen zurück finden. Die türkische Südküste ist ja schliesslich als Leichtwindrevier bekannt. Die erste Woche bis Marti Marina bescherte nochmals Starkwindphasen, die aber unserer Crew mit Urs und Sohn Adi sehr passte. In der zweiten Woche mit Erwin an Bord, stellte sich die Sommerthermik ein. Schwimmweste statt Badehose Haben wir euch die Schwimmwesten schon angepasst?, fragte ich die Crew Urs und Adi, als der Wind kontinuierlich bis 20 Knoten zunahm und die Prognose wieder mal Leichtwind prognostiert hatte. Schon zu spät und so viel wieder mal zum Thema Vorhersage!Da beide aber Segler sind, war das Routine und lenkte keineswegs vom Spass ab. Leicht gerefft glitten wir von Bodrum in den Gökova Golf. Eine auflaufende Hanse 475 forderten wir kurzerhand zum Zweikampf heraus, aber leider streckte sie schnell die Waffen. Der Steg von Cökertme. Auf der neuen Stegerweiterung können nun Gäste über dem Wasser speisen. Nach 23 Meilen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 7.3 kn legten wir in Cökertme mit seinen vier Restaurantstegen an. Im Gegensatz zu unserem Besuch vor drei Wochen, herrschte jetzt reger Betrieb und wir ergatterten den letzten freien Platz

2 Beginnt jetzt der Sommer? Wie gewohnt legten wir zwischen zehn und elf Uhr ab und erhofften uns Wind, so wie es die letzten Wochen üblich war. Doch heute schien alles anders: Erstens war es drückend heiss und dunstig und es regte sich auch bis Mittag kein Wind, so dass wir unter Motor gemütlich lunchten. Als uns gegen drei Uhr immer noch der Eisenwind vorwärts trieb, hingen die Mundwinkel nach unten. Das ist ja wie am Hallwilersee!, meinte Urs enttäuscht. Als Beschäftigungsmanöver hissten wir bei sechs Knoten wenigstens den Gennaker. Immerhin: Wir schlichen mit vier Knoten unserem Ziel Degirmen Bükü entgegen. Vor der Einfahrt in die Bucht erwachte dann der Wind, für uns allerdings zu spät. Aber wir haben die Lektion gelernt: Im Sommer nicht vor Mittag absegeln. Degirmen Bükü, idyllisch, wenn da nicht der Nachbar mit seiner Waschmaschine wäre. Ohne Gross aber mit Gennaker in Richtung Degirmen Bükü. In dieser Bucht schien die Saison immer noch zu ruhen. Wir waren wieder mal fast alleine am Steg. Nur der Nachbar mit seinem Charterboot störte, da er, kaum waren die russischen (!) Chartergäste verreist, mit seiner onboard Waschmaschine die idyllische Ruhe unterbrach. Die Meerjungfrau von Degirmen (Der Mann ist übrigens eine täuschend echte Pappfigur und ein berühmter türkischer Weltumsegler) - 2 -

3 Die neue Marina Ören bedingt gut Ok, ausschlafen, herumtrödeln und um zwölf Uhr auslaufen, das wussten wir nun. Aber heute schien auch kein Nachmittagswind aufzukommen. Folglich machten wir aus der Not eine Tugend und ankerten um zu baden. Den Platz in der Marina hatten wir ja auf sicher. Da sie erst im Herbst 2015 ihren Betrieb aufgenommen hatte, war sie sicherlich halb leer. Die zehn Meilen quer über den Gökova Golf konnten wir mit Leichtwind gerade noch im Schneckentempo schaffen. Welcome, how are you? begrüsste uns die nette Crew der Marineros. Sieht cool aus, war es aber nicht! Die Hafendünung schlug unter das Heck! Das Empfangskomitee der Marina Ören. Aber weshalb wollten sie uns längsseits an der Aussenseite des Piers anlegen lassen? Die Marina soll Swell aufbauen bei Südwind, hiess es in einem Segelforum, aber die Marinaleitung hätte den Mangel behoben. Von wegen behoben: Des Nachts schlugen die Wellen so unter das Heck, dass es eine recht unruhige Nacht wurde. Zum Glück schlief unsere Crew besser als wir. Hätten wir doch die Sarabella gewendet! Weitere Lektion gelernt: Glaube nicht alles, was Marinaleute erzählen und vertraue deinem Instinkt. Die neue Marina von Ören nicht über alle Zweifel erhaben! Das einzig Gute war, dass die Nacht nur 35 kostete, da sie ein Startbonus gewährte. Wir werden diese Marina bei Südwindlage sicherlich nicht mehr berücksichtigen. Auch die Lage außerhalb des Ortes gibt dieser Marina dieses Ghetto-Image, das uns immer so unsympathisch ist. Südwind und jetzt wohin? Und wieder war mal alles anders als geplant, aber das gehört wohl zum Seglerleben. Früh raus um den Rest des Südwinds noch zu erwischen, war die Devise. Um drei Uhr sollte er abflauen und - 3 -

4 dann sollten wir in Knidos, das am Westzipfel der Datca-Halbinsel lag, anlegen können. Doch um drei Uhr pfiff der Wind immer noch um 27 Knoten in den Wanten. Konzentriertes Segeln bei 6 Windstärken. Das war zwar toll zum segeln und Urs und Adi hatte alle Hände voll zu tun, um die Sarabella auf Kurs zu halten, während ich mich ans Telephon klemmte. You cannot come, we have high wind and waves, erklärte mir Ali, der Wirt des Restaurants. Sie hatten sogar den Stegausleger in Sicherheit bringen müssen. Nun war guter Rat teuer. Es gab nur eine halb legale Lösung: Die Türkei zu verlassen und ins nahe Kos, unserem Heimathafen, einzulaufen. Es schien eine gute Lösung zu sein, sogar der Wind spielte mit und drehte um 30 Grad nach West, so dass wir nicht mal halsen mussten. Die Flagge gewechselt und schon sind wir ein griechisches Boot. Oh hello Thomas, why are you here?, wurden wir begrüsst, schliesslich erwartete man uns erst in drei Wochen. Wir verbanden den Pitstop mit einer kleinen Tour d horizon im Städtchen für unsere Gäste. Danach assen wir Pizzas bei Lukas, den wir vom Marinarestaurant kannten. Es tönt banal, aber es war eine willkommene Abwechslung nach zwei Monaten Türkenmenüs. Mit neun Knoten Richtung Kos. Eine kleine Stadttour durch Kos für unsere Gäste

5 Von Knidos ins Paradies Was für Unterschied zu gestern! Ein harmloses Lüftlein brachte uns nach Knidos. Der Höhepunkt war eine Delphinfamilie, die wir dank Adis schnellem I-Phone gerade noch einfangen konnten. unseren reservierten Platz ansteuern. Meraba baba, hiess es wie immer, gut gegessen und in absoluter Ruhe in traumlosen Schlaf versunken eben paradisisch. Schicki-Micki Marina Der Höhepunkt der Fahrt von Kos nach Knidos Wieso seid ihr nicht gestern gekommen, wir haben Barbeque auf dem Steg gemacht!, scherzte der Wirt. Aber heute stimmte alles: Ein gutes Fischmenü und den Fussballmatch Schweiz-Albanien. Nur die Geiss im Restaurant brachte die Tischordnung durcheinander. Der letzte Tag ist kurz erzählt: Der Weg in die Marti Marina war kurz und für einmal war wieder der Motor statt der Wind die treibende Kraft. Nur ein kurzer Badehalt, der bei den herrschenden Temperaturen von über dreissig Grad ein Muss war, unterbrach die Motorfahrt. Dann galt es die Sarabella für die nächsten Gäste wieder auf Vordermann zu bringen. Dafür war die Marina ideal: Ein Wäscherei und ein Einkauafsladen machten die Wege kurz und effizient. Das Bad im Pool genossen wir dafür umso mehr. Zum Glück hatten wir die Bordkasse haushälterisch verwaltet, sonst hätte es für das sauteure Nachtessen nicht mehr gereicht. Aber man gönnt sich ja sonst nichts. Ali versucht die freche Geiss aus dem Restaurant zu verscheuchen, damit wir ungestört den Fussballmatch geniessen können. (2:1 für die Schweiz) Nicht vor Mittag auslaufen: Kein Problem heute, da wir ja bis um Mitternacht Fussball geschaut hatten und den Sieg mit genügend Grappa begossen hatten. Der Weg ins (Segler-) Paradies verlief ganz nach unserem Gusto: Wind von hinten und am Steg von Sailor s Paradise Das verdiente Bad mit Apéro am Pool nach dem Schiff reinmachen. Morgen wir Erwin zu uns stossen, nachdem Adi um halb sechs leise von Bord geschlichen war um seinen Heimflug von Bodrum nach Zürich zu erwischen

6 Die Segelstrecke Teil 1: 1:Bodrum 2:Cökertme 3:Degirmen Bükü 4:Tuzla Bükü (Mittag) 5:Ören Marina 6: Kos Marina 7: Knidos 8:Sailor s Paradise 9: Marti Marina Neue Crew neue Winde Am Samstag kam Erwin ziemlich verschwitzt mit riesiger Seetasche an. Das Ölzeug und die Stiefel hättest du ruhig zu Hause lassen können, klärten wir ihn auf. Hier regnet es bis September nie. Wahrscheinlich hatte ihn der schweizerische Dauerregenzustand zu reflexartigen Vorsorgeaktionen verführt. Da es heute wenig Wind hatte und Erwin erst mal die Sarabella kennen lernen musste, war das heutige Tagesziel gleich um die Ecke : Die fjordartige Bucht von Bencik. Kaum aus der Marina, legte sich die Yacht bei böigem Wind gleich aufs Ohr, so dass Erwin alle Hände voll zu tun hatte. Der Wind hielt sich dann doch an die Vorhersage und verabschiedete sich schnell. Um drei Uhr motorten wir in den Fjord und suchten uns den besten Ankerplatz aus. Letztes Jahr herrschte hier grosses Gedränge, aber diese Saison war wie überall Platz in Hülle und Fülle. Kaum 20 Meter vom Ufer entfernt und mit zwei Landleinen gesichert lagen wir wie in Adams Schoss. Der beste Platz im Fijord von Bencik. Hafen mit Fussballübertragung Erwin macht die ersten Steuererfahrungen. Obwohl wir keine fanatischen Fussballfans sind, liessen wir es uns nicht nehmen, den Match zwischen der Schweiz und Frankreich abends um zehn im kleinen Hafen von Bozburun zu schauen. Er schaltete extra für uns sogar den ARD-Kanal auf, damit wir auch alles verstanden und wartete geduldig bis Mitternacht, bis das enttäuschend torlose Spiel zu Ende war

7 Bozburun: Public Viewing bis Mitternacht nur für uns. Bozukkale und der Steg des Loryma Restaurants. Essen mit Meersicht. Um die Ecke an die Südküste Heute werden wir Wind kriegen, da wir in die Rhodos Sea einbiegen, meinte ich aus Erfahrung der anderen Jahre. Ich sollte recht behalten: Kaum aus dem in Flaute liegenden Bozburun Golf hinaus motort, zeigte sich der dunkle Windstreifen vor Rhodos. Es machte einfach Spass, ein paar Schläge am Wind Richtung Simi in griechische Grenzgewässer zu segeln um dann raumschots auf die Bucht von Bozukkale zuzuhalten. Es war nicht viel, aber die zwanzig Meilen waren nach dem Geschmack der Crew gewesen. Auch kulinarisch kamen wir im Loryma Restaurant auf unsere Kosten. Das isch jo wie im Paradies, meinte Erwin war ganz begeistert von dieser Art von Segeln. Reffen was das Zeugs hält Der zweite Tag in der Strasse von Rhodos brachte nochmals einen Zacken mehr Wind. Aber da wir raumschots den Kurs nach Ciftlik absegeln konnten, war es das reinste Vergnügen. Es gab nur zwei Dinge zu beachten: Erstens durfte man nicht übersteuern, damit der Grossbaum nicht auf die andere Seite schlug. Dafür setzten wir den sogenannten Bullenstander - eine Sicherungsleine die bei jeder Halse neu befestigt werden musste und zweitens trug die Crew Schwimmweste und Sicherungsleine, da die recht hohen Wellen die Sarabella in Wallungen brachte, die manchmal unvorhersehbar waren. Auch mit zwei Reffs und zwischendurch verkleinerter Fock machten wir immer noch neun Knoten Fahrt

8 Schlusspurt nach Göcek Wir dachten, dass es nun mit dem Rhodos -Effekt wohl definitiv vorbei sein dürfte, als wir in unangenehm kabbeliger See unter Motor Richtung Ekincik fuhren. Dafür war die Ankerbucht umso ruhiger. Mit zwei Landleinen lagen wir die ganze Nacht ohne Geschaukel vor Anker. Die Crew trägt Schwimmwesten und ist angegurtet. Die Durchschnittsgeschwindigkeit von 7.1kn stimmte wohl, die max.speed von 25.9 kn war leicht übertrieben! Erst am nächsten Tag merkten wir, was für eine gut geschützte Bucht dies gewesen war, als wir schon wieder auf hohe Dünung und wenig Wind trafen. Nach zehn Meilen erwachte endlich der tagesübliche Westwind und trug uns schaukelnd und schlingernd in den Golf von Fethiye. Wir hatten schon bessere Segeltage erlebt! Wir legten in der Tomb Bay an einem schrägen, wackeligen Steg an und Regi war ganz aus dem Häuschen, als sehr zutrauliche Schildkröten ums Boot herum schwammen und sie ganz nah mit der Unterwasserkamera einfangen konnte. In Ciftlik legten wir wieder vor dem Restaurant von Rafet Baba an und mussten längsseits gehen. Anlegen in Ciftlik bei Rafet Baba

9 Am letzten Tag kam Erwin in der Fethyiebucht nochmals zum Steuern. Wir kreuzten um all die kleinen Inseln mit ihren vielen, kleinen Ankerbuchten herum, bevor der Wind am Nachmittag einschlief und wir in der Marin Turk in Göcek anlegten. Wir liessen wie vorgeschrieben die Fäkalientanks leeren und füllten Diesel auf. Am Abend rundeten wir - fast schon romantisch-kitschig - den Törn mit einem exzellenten Nachtessen am Ufer ab. Ein Wackelsteg mit zutraulichen Schildkröten. Eine Super Unterwasseraufnahme der Schildkröte. Gediegenes Nachtessen zum Törnabschluss am Ufer in Göcek. Die Segelstrecke 2.Teil: 1:Marti Marina 2:Bencik 3:Bozburun 4:Bozukkale 5:Ciftlik 6:Ekincik 7:Wallbay 8:Göcek - 9 -