Eine neue Zucht für die bäuerliche Landwirtschaft - Erfahrungen des Tierzuchtfonds
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- Franz Blau
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1 Dr. Katharina Reuter Agrarpolitisches Forum , Kassel Eine neue Zucht für die bäuerliche Landwirtschaft - Erfahrungen des Tierzuchtfonds Dr. Katharina Reuter Tierzuchtfonds für artgemäße Tierzucht
2 Was hat eigentlich Zucht mit Tierschutz zu tun? 29 Tage alt: Legehybride Masthybride Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 2
3 So massive Eingriffe bleiben nicht ohne Folgen! Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 3
4 Ausgewählte Probleme Geflügelzucht Masthähnchen: Sitzen/Ruhen >75 % der Zeit aufgrund hoher Gewichtsbelastung (bei Legehennen < 30 %) Brustblasen Beinverdrehungen nach innen oder außen Bei 70 % Skelettschäden, Brustbeinentzündung o. Herzversagen Puten: Beinschwäche Aggressivität (Pickverletzungen) Herz-Kreislaufprobleme Brustblasen Paarung nicht möglich (Quelle: B. Rusche) Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 4
5 Ausgewählte Probleme Rinderzucht (Milchvieh) Leistungssteigerung in 40 Jahren um 35%, dafür: + 600% Anstieg an Eutererkrankungen + 300% Anstieg bei Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen Erhöhte Totgeburtenfrequenz Mehr Milchfieber und Ketose (Quelle: B. Rusche) Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 5
6 Rinderzucht: Nachhaltige Nutzungsdauer? Unter artgerechten Bedingungen hat eine Kuh eine Lebenserwartung von bis zu 20 Jahren. Heute: Deutsche Milchkuh wird Ø 4,7 Jahre alt. Nutzungsdauer: 2,2 Jahren nur ca. jede fünfte Kuh erreicht ihre dritte Laktation Ø 40 % der Kühe einer Herde werden innerhalb 1 Jahres ersetzt (Quelle: B. Rusche, Zahlen von 2003 aus mehreren Bundesländern) Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 6
7 Ausgewählte Probleme Schweinezucht Um 1900 dauerte es 1 Jahr, bis ein Mastschwein 100 kg Körpergewicht angesetzt hatte. Heute: 3-4 Monate Verminderte Reproduktionsleistung Entzündungen des Knochen-/Gelenkapparates Kreislaufprobleme, plötzlicher Herztod Fleischbeschaffenheitsmängeln (PSE, Muskelnekrosen) Genetisch bedingte Stressanfälligkeit (Quelle: B. Rusche) Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 7
8 Zuchtauswirkungen tierschutzrelevant? Ja, denn Motivation für Verhalten (z.b. Aufbäumen, Körperpflege) ist noch vorhanden Leiden Verhaltensänderungen sind mit starken Gesundheitsproblemen verbunden (z.b. Beinschäden, Brustblasen) Kükentöten (jährlich 45 Mio. männliche Küken) Hähnchenhaltungsrichtlinie EU (2007): Die meisten Tierschutzprobleme in der Hühnerhaltung stehen mit der Selektion schnell wachsender Rassen in direktem Zusammenhang. (Quelle: B. Hörning) Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 8
9 Lösungen bisher: Zuchtbedingte Tierschutzprobleme werden seit Jahrzehnten hingenommen. Auswirkungen der Zucht durch Haltung & Management überdeckt: Haltung in Käfigen oder Ställen Haltung bei Dämmerlicht oder Rotlicht Schnabelkürzen/ Schwanzkupieren (Quelle: B. Rusche) Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 9
10 Industrielle Tierproduktion, Bsp. Masthähnchen , Anteil Betriebe (%) Anteil Tiere (%) 90 % der Halter halten max. 500 Hähnchen, aber: 99 % der Hähnchen in Beständen über bzw. 70 % der Hähnchen in Beständen über , ,4 28, ,1 2,5 0,2 0,2 0,5 0,5 0,9 < 500 < < < < > Stat. Jb. Ern. Landw. Forsten, 2005
11 Neue Lösungen, neue Wege!? Artgemäße Zucht? Qualhaltung Bäuerliche Landwirtschaft Neuland, Bio-Betriebe, Alte Rassen Artgerechte Tierhaltung Industrielle Tierproduktion Bio-/Neuland-Betriebe haben Richtlinien für Haltung, aber keine Vorgaben für Zucht Hochleistungszucht, Qualzucht Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 11
12 Ziel Artgemäße Zucht Zweinutzungshuhn alte Rassen wirtschaftlich Rinderzucht Lebensleistung Freiland-Schweine Qualhaltung Industrielle Tierproduktion Bäuerliche Landwirtschaft Neuland, Bio-Betriebe, Alte Rassen Kommunikation Verbraucher, Emotion! Hochleistungszucht, Qualzucht Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 12 Artgerechte Tierhaltung
13 Neuland braucht eine eigene Tierzucht (Quelle: J. Dettmer) Schweine: Magerfleischbetonung zugunsten der Fleischqualität ändern; züchterische Bearbeitung einer neuen Reinzucht- und Kreuzungssau notwendig Züchterische Bearbeitung des Bunten Bentheimer Schweines notwendig Geflügel: Freilandtauglichen Elterntierherden schwer verfügbar Rinder: Forschung Grundfutterverwertung, Fleischqualität, Handhabbarkeit Fazit: Eigene Tierzucht (wg. Tierschutz, Haltungsanforderungen, Fleischqualität) bedrohte Nutztierarten erhalten (genetische Potential, Genusswert) Tierschutzorientierte Tierzucht fördern Zuchtorganisation für bedrohte Nutztierarten sichern Staat muss Qualzucht definieren und wirksam verbieten Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 13
14 Honoriert denn der Verbraucher mehr Tierschutz? 1) Aldi, Norma, Tegut, Plus und jetzt auch Edeka Südwest haben Käfigeier ausgelistet (Lebensmittelpraxis 07/2008) Heute: 57 % der frischen Eier aus Boden-, Freiland- oder Biohaltung (Bio > 10%) Nachfrage nach Bio-/Freilandeiern übersteigt Angebot; Großteil kommt inzwischen aus den Niederlanden 2) NL: Schweinezüchter und Einzelhandel arbeiten gemeinsam daran, CO2 als Narkosegas bei der Ferkelkastration einzusetzen >> Verbraucher wollen bewusst einkaufen, müssen aber Produktionsbedingungen erkennen können Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 14
15 Ansatz der bäuerlichen Landwirtschaft Produktions- und Zuchtbedingungen transparent machen!! Die bäuerliche Landwirtschaft steht für: eine sorgfältige, bessere Qualität einen anderen Umgang mit Tieren das Nutzen von nachhaltigen Zuchtstrategien (?) >> und das erwarten auch die Menschen/ die Kunden. Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 15
16 Eine neue Zucht für die bäuerliche Landwirtschaft Verlässliche Lebensleistung Hohe Grundfutteraufnahme, gute Futterverwertung Freilandtauglichkeit/ gängigkeit, Robustheit Sozialverhalten Mehrfachnutzung (Fleisch/Milch, Fleisch/Eier) Anpassungsfähigkeit an sich verändernde (Umwelt-) Bedingungen Standortangepasste Züchtung Erhalt der genetischen Vielfalt Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 16
17 Was ist der Tierzuchtfonds? (Gründung 2004) Partner Deutscher Tierschutzbund Schweisfurth-Stiftung Zukunftsstiftung Landwirtschaft ProVieh ( ) Was will der Tierzuchtfonds? gesunde und langlebige Tiere Verbreitung von natürlichen Methoden der Fortpflanzung Erhalt und Nutzung der biologischen Vielfalt in den Regionen! Ohne Einsatz von Embryotransfer, Klonen & Gentechnik Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 17
18 Aktivitäten Tierzuchtfonds Schirmherrin Sarah Wiener Aktion Her mit der Männerquote! Z.B. Projekt zur Förderung des Zweinutzungshuhns Jährlich ca. 20 TEUR für Zuchtprojekte (Rind, Geflügel, Schwein) Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 18
19 Artgemäße Tierzucht auch öffentliche Aufgabe denn sie leistet einen Beitrag zur Artenvielfalt bringt leistungsfähige Tiere für ökologisch und extensiv wirtschaftende konventionelle Betriebe hervor verringert Leiden für die Tiere (keine Qualzucht) handelt im Sinne des Tierschutzgesetzes! In der Tierschutzrede der Bundesregierung (Gerd Müller, 02/2008) kommt das Thema Tierzucht nicht vor Endlich Qualzuchtparagraf (Tierschutzgesetz 11 b) umsetzen! Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten, wenn damit gerechnet werden muss, dass bei den Nachkommen mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten. Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 19
20 Danke! Kassel, Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft 20
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