Newsletter Arbeit und Personal
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- Julian Richter
- vor 7 Jahren
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1 Newsletter Arbeit und Personal III 2011 Serviceline Arbeitsrecht bei FPS Berlin Monika Birnbaum MM Dr. Alexandra Henkel MM Christian Sauer Düsseldorf Christine Heymann Tobias Törnig Reinhard Meierrose Linda von Hoegen Frankfurt am Main Volker Serth Wolfgang Mautz Amelie Bernardi Susanne Boller Dr. Marco Wenderoth Dr. Hans-Peter Müller
2 1. Probearbeit vor befristetem Arbeitsverhältnis kann eine sogenannte Zuvor- Beschäftigung sein Durch Probearbeiten kann ein verbindliches Arbeitsverhältnis und nicht nur ein unverbindliches Einfühlungsverhältnis begründet werden. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom Sa 11/05; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom Sa 87/07 LAG Baden-Württemberg, Urteil vom Sa 129/05 Viele Arbeitgeber möchten den Arbeitnehmer vor Abschluss des Arbeitsvertrages besser kennenlernen und vereinbaren deshalb mit ihm ein Probearbeiten. Man findet dazu die verschiedensten Ausgestaltungen, die sich sowohl vom Inhalt, der erwarteten Leistung als auch von der Dauer stark unterscheiden. So wurden in den o. g. Fällen die jeweils betroffenen Arbeitnehmer einige Tage, drei Wochen und fast drei Monate eingesetzt. Allen Fällen gemeinsam war die Auffassung des betroffenen Arbeitnehmers, es habe sich um ein Arbeitsverhältnis gehandelt. Die Arbeitgeber meinten, es habe lediglich ein - keine arbeitsrechtlichen Verpflichtungen auslösendes - Einfühlungsverhältnis vorgelegen. Das Einfühlungsverhältnis ist gesetzlich nicht geregelt und ein Vertragsverhältnis eigener Art. Es kann jederzeit wirksam mündlich begründet und auch beendet werden. Der potenzielle Arbeitnehmer unterliegt keiner Arbeitspflicht und ist Weisungen nicht unterworfen, weder bezüglich des Inhalts noch der Zeit oder des Ortes seiner Leistung. Ihm und dem Arbeitgeber soll lediglich die Möglichkeit gegeben werden, sich einen Überblick zu verschaffen. Der Arbeitgeber hat nur ein Hausrecht. Da es meist zum Einfühlungsverhältnis gerade keine schriftlichen Vereinbarungen gibt, sind die Umstände des Einzelfalles von besonderer Bedeutung. Aus ihnen muss deutlich werden, dass es sich um eine nicht vergütete, unverbindliche Kennenlernphase handelt. Die Einteilung in Arbeitspläne oder wie im Fall des LAG Schleswig-Holstein: die Einteilung in Tourenpläne zur selbstständigen Abarbeitung sprechen gegen ein Einfühlungsverhältnis. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer vollwertige, insbesondere selbstständige Arbeit leistet. Die Beweislast dafür, dass es sich um ein Einfühlungs- und nicht bereits um ein Arbeitsverhältnis handelt, sieht das LAG Rheinland-Pfalz beim Arbeitnehmer, weil dieser die Rechte herleiten will, die sich daraus ergeben, dass es sich um ein Vergütung oder Kündigungsschutz auslösendes und/oder eine Befristung hinderndes Arbeitsverhältnis handelt. Anders das LAG Baden-Württemberg, das erklärt, derjenige trage die Beweislast, der sich auf den Sonderfall eines Einfühlungsverhältnisses berufe, also der Arbeitgeber. Praxistipp: Verzichten Sie nach Möglichkeit auf das sogenannte Probearbeiten. Wenn Sie dies nicht verantworten können, dann machen Sie deutlich, dass es sich lediglich um ein Einfühlungsverhältnis handelt und der zukünftige Arbeitnehmer nur Ihrem Hausrecht, nicht aber Ihrem Direktionsrecht unterliegt und jederzeit gehen kann. Außerdem begrenzen Sie die Dauer des Einfühlungsverhältnisses auf wenige Stunden. Monika Birnbaum MM, Berlin 2
3 2. Widerruf der Bestellung eines Datenschutzbeauftragten schwierig Interne Datenschutzbeauftragte unterfallen bis zum Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Bestellung dem besonderen Kündigungsschutz ( 4 f Abs. 3 Satz 5, 6 BDSG); das Arbeitsverhältnis kann nur durch eine wirksame fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß 626 BGB beendet werden. Die Akte der Bestellung und der Abberufung sind von Abschluss und Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu trennen und grundsätzlich davon unabhängig. Die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten kann in entsprechender Anwendung von 626 BGB nur aus wichtigem Grund widerrufen werden. Weder die Mitgliedschaft im Betriebsrat noch die unternehmerische Entscheidung, zukünftig die Aufgaben eines Beauftragten für den Datenschutz extern zu vergeben, also outzusourcen, genügen als wichtiger Grund hierfür. BAG, Urteil vom AZR 562/09 Eine Mitarbeiterin wurde im Jahr 1992 zur Datenschutzbeauftragten des Unternehmens und dessen Tochtergesellschaft berufen. Zwei Jahre später wurde die Mitarbeiterin auch Mitglied im Betriebsrat. Wieder 14 Jahre später beschlossen beide Unternehmen, die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten zukünftig konzernweit einheitlich durch einen externen Dritten wahrnehmen zu lassen, und widerriefen deshalb die Bestellung. Auf die Klage der Mitarbeiterin stellte das BAG fest, dass weder die Argumentation, dass das Amt eines Betriebsrates mit dem Amt eines Datenschutzbeauftragten und dessen Zuverlässigkeit nicht vereinbar sind, einen wichtigen Grund für den Widerruf darstellen, noch die unternehmerische Entscheidung des Outsourcings. Der Arbeitgeber sei lediglich bei der erstmaligen Bestellung frei, ob er einen internen oder externen Datenschutzbeauftragten bestellt. Ein einmal bestellter Datenschutzbeauftragter kann also nur dann abberufen werden, wenn Gründe für eine fristlose Kündigung vorliegen wie z. B. schwere Verstöße, Straftaten o. ä. Mit Urteil vom , 10 AZR 588/09, hatte das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass das Amt des Datenschutzbeauftragten im Fall einer Fusion zweier Krankenkassen mit Erlöschen ihrer Rechtsfähigkeit auch endet eine praktikable Lösung für die Praxis ist eine Fusion in der Regel natürlich nicht. Inwieweit z.b. Betriebs(teil)stilllegungen als wichtiger Grund ausreichen können, ist nach der BAG-Entscheidung offen. Es sollte ein externer Datenschutzbeauftragter bestellt werden. Dieser hat folgende Vorteile: 1. Das Vertragsverhältnis ist leicht kündbar dagegen ist die Abberufung und Kündigung von internen Datenschutzbeauftragten nur sehr eingeschränkt möglich. Spätere Outsourcing- Entscheidungen ohne Einverständnis des Betreffenden sind während des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich. 2. Compliance-Gesichtspunkte: Der Datenschutzbeauftragte kann nicht in Schlüsselpositionen wie Betriebsrat, leitende Positionen etc. einrücken keine Interessenkollision möglich. 3. Betreuung mehrerer Konzerngesellschaften möglich ohne Arbeitnehmerüberlassungsrisiko. 4. Umfassende Haftung als (Werk-)Dienstleister gegenüber eingeschränkter Haftung von Arbeitnehmer-Datenschutzbeauftragten nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte dabei aber auf eine ausreichende Versicherung der Externen achten! Dr. Alexandra Henkel MM, Berlin 3
4 3. Innerbetriebliche Ausschreibung von Arbeitsplätzen Auch Arbeitsplätze, die der Arbeitgeber dauerhaft mit Leiharbeitnehmern besetzen möchte, müssen auf Verlangen des Betriebsrates intern ausgeschrieben werden. BAG, Urteil vom ABR 79/09 Die Arbeitgeberin und Antragsgegnerin dieses Verfahrens ist ein Berufsbildungswerk, für dessen Betrieb eine Konzernbetriebsvereinbarung über das Verfahren bei Stellenausschreibungen Anwendung findet. Anlässlich der Einstellung einer Leiharbeitnehmerin entstand Streit zwischen der Arbeitgeberin und deren Betriebsrat über die Frage, ob auch Arbeitsplätze auf Wunsch des Betriebsrates ausgeschrieben werden müssen, die nach dem Wunsch der Arbeitgeberin mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen. Der Betriebsrat leitete ein Beschlussverfahren ein, mit dem er die Feststellung begehrte, dass die Arbeitgeberin Arbeitsplätze ausschreiben muss, die sie dauerhaft mit Leiharbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt. Das Bundesarbeitsgericht hat diesem Feststellungsanspruch stattgegeben. Das für die Ausschreibungspflicht vorausgesetzte entsprechende Verlangen des Betriebsrates war hier durch die Konzernbetriebsvereinbarung dokumentiert. Die Ausschreibungspflicht auch für Arbeitsplätze, die mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen, entnahm das BAG dem Wortlaut des 93 BetrVG, der Gesetzessystematik und dem am Normzweck orientierten Verständnis der Vorschrift. Der Wortlaut stelle nur auf die Besetzung von Arbeitsplätzen ab. Auf die Art und den Inhalt des Rechtsverhältnisses, das der Beschäftigung zugrunde liegen soll, komme es danach nicht an. Der systematische Zusammenhang zwischen 93 BetrVG und dem Beteiligungsrecht des Betriebsrates bei Einstellungen im Sinne von 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bestätige dieses Verständnis. Eine zustimmungspflichtige Einstellung liege danach immer dann vor, wenn Personen in den Betrieb des Arbeitsgebers eingegliedert werden, um zusammen mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auch hier sei die Art des Rechtsverhältnisses bedeutungslos. Deswegen seien auch Einstellungen von Leiharbeitnehmern zustimmungspflichtig im Sinne dieser Vorschrift. Nach dem Normzweck der Vorschrift solle durch die Ausschreibung der innerbetriebliche Arbeitsmarkt aktiviert werden. Daneben solle einer Verärgerung der Belegschaft über die Hereinnahme Außenstehender trotz im Betrieb vorhandener Beschäftigungsmöglichkeiten entgegengewirkt werden. Für diesen Zweck sei es ohne Bedeutung, auf welcher Rechtsgrundlage der neue Arbeitnehmer beschäftigt werde. Grundsätzlich sind alle neu zu besetzenden Arbeitsplätze im Unternehmen auf Anforderung des Betriebsrates intern auszuschreiben unabhängig davon, wie das zugrunde liegende Rechtsverhältnis mit dem Arbeitnehmer ausgestaltet werden soll. Auch bei einer internen Stellenausschreibung bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, den am besten geeigneten Kandidaten frei auszuwählen und dabei auch trotz interner Bewerbungen einen Externen einzustellen. Zur Vermeidung kostenträchtiger Beschlussverfahren sollte deswegen lieber eine Stelle zu viel intern ausgeschrieben werden als eine zu wenig. Christine Heymann, Düsseldorf 4
5 4. Zugang einer Kündigung bei Übergabe des Kündigungsschreibens an den Ehegatten des Arbeitnehmers außerhalb der Wohnung Der Ehegatte einer Arbeitnehmerin ist auch außerhalb der gemeinsamen Wohnung als Empfangsbote einer für die Arbeitnehmerin bestimmten Kündigung anzusehen. Es darf grundsätzlich mit einer Übergabe an die Arbeitnehmerin am gleichen Tag gerechnet werden, der Zugang erfolgt daher an diesem Tag. BAG, Urteil vom AZR 687/09 (Pressemitteilung) Die Parteien streiten um den Zeitpunkt des wirksamen Zugangs einer Kündigung. Die klagende Arbeitnehmerin war bei der beklagten Arbeitgeberin seit Februar 2003 als Assistenz der Geschäftsführung beschäftigt. Nach einer Auseinandersetzung am hatte die Arbeitnehmerin ihren Arbeitsplatz verlassen, woraufhin die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis ordentlich zum kündigte. Die schriftliche Kündigungserklärung ließ die Arbeitgeberin mittels eines Boten am Nachmittag des dem Ehemann der Arbeitnehmerin an dessen Arbeitsplatz in einem Baumarkt überbringen. Nachdem der Ehegatte das Schreiben zunächst an seinem Arbeitsplatz hatte liegen lassen, übergab er es erst am seiner Ehefrau. Die Arbeitnehmerin wollte mit ihrer hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage festgestellt wissen, dass ihr Arbeitsverhältnis erst zum und nicht bereits am geendet hatte. Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hatte sie abgewiesen. Die Revision der Arbeitnehmerin vor dem BAG hatte keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht war der Auffassung, dass die Kündigung der Arbeitnehmerin bereits am zugegangen ist, weil sie dem Ehegatten an diesem Tag übergeben worden war. Werde das Kündigungsschreiben einer Person übergeben, die mit dem Arbeitnehmer in einer Wohnung lebt und die aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten geeignet erscheint, das Schreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten, sei diese Person nach der Verkehrsanschauung als Empfangsbote des Arbeitnehmers anzusehen. Dem stehe nicht entgegen, dass das Schreiben dem Ehegatten der Arbeitnehmerin an seinem Arbeitsplatz in einem Baumarkt und damit außerhalb der Wohnung übergeben worden sei. Vielmehr sei entscheidend, dass unter normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehemannes in die gemeinsame Wohnung mit einer Weiterleitung des Schreibens an die Arbeitnehmerin noch am selben Tag zu rechnen gewesen sei. Daher sei das Arbeitsverhältnis gemäß 622 Abs. 2 S. 1 BGB nach Ablauf der einmonatigen Kündigungsfrist zum beendet worden. Das Risiko des Zugangs einer Kündigung sowie bzgl. deren Übermittlung trägt der Kündigende. Trotz der Entscheidung des BAG sollte der Kündigende grundsätzlich für einen Zugang der Kündigung direkt beim Empfänger Sorge tragen. Die Kündigung ist nämlich nicht bereits durch Übergabe an den Empfangsboten (hier: den Ehemann) zugegangen, sondern erst dann, wenn unter gewöhnlichen Verhältnissen mit der Weitergabe der Erklärung an den Empfänger zu rechnen ist. Und auch erst dann beginnt der Lauf der Kündigungsfrist. Linda von Hoegen, Düsseldorf 5
6 5. Probleme bei Sachgrund für Befristung in Vertretungsfällen Es liegt kein Sachgrund für eine Befristung in Vertretungsfällen vor, wenn dem zur Vertretung eingestellten Arbeitnehmer eine Tätigkeit übertragen wird, die der Arbeitgeber der vertretenen Stammkraft im Falle der Anwesenheit aus rechtlichen Gründen, insbesondere mangels Direktionsrechts, nicht hätte übertragen können. BAG, Urteil vom AZR 194/09 Die Klägerin/Arbeitnehmerin war seit dem auf Grund mehrerer befristeter Arbeitsverträge beim beklagten Land als Justizangestellte beschäftigt. Der letzte geschlossene Arbeitsvertrag der Parteien war für die Zeit vom bis zum wegen des Befristungsgrundes der Vertretung der sich in diesem Zeitraum in Sonderurlaub befindlichen Mitarbeiterin R befristet. Bis zum Beginn ihres Erziehungsurlaubs im Jahr 2001 erhielt Frau R eine Vergütung aus der Gruppe VII BAT (nunmehr zugeordnet der Entgeltgruppe 5 TV-L). Der Arbeitsplatz von Frau R entfiel während ihrer Abwesenheit. Ab dem wurde ihr Sonderurlaub ohne Fortzahlung der Bezüge gewährt. Die von der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten entsprachen den Merkmalen der Vergütungsgruppe V c BAT (nunmehr zugeordnet der Entgeltgruppe 8 TV-L) und - nach Bewährungsaufstieg - der Vergütungsgruppe V b BAT (nunmehr zugeordnet der Entgeltgruppe 9 TV-L). Das BAG bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen, die den Sachgrund der Vertretung nach 14 Abs. 1 TzBfG mangels Vorliegen des erforderlichen Kausalzusammenhanges zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft Frau R und der Einstellung der Klägerin als deren Vertreterin verneinten. Der Befristungsgrund der Vertretung nach 14 Abs. 1 TzBfG setze voraus, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolge, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenen Mitarbeiters entstehe. Da die von Frau R geschuldete Tätigkeit tariflich nicht gleichwertig mit der der Klägerin übertragenen Tätigkeiten gewesen sei, wäre ihr gegenüber die Zuweisung der der Klägerin übertragenen Aufgaben nicht vom Direktionsrecht gedeckt, sondern hätte einer Vertragsänderung bedurft. Bei dieser Fallgestaltung sei daher nicht gewährleistet, dass die befristete Einstellung auf der vorübergehenden Abwesenheit des Vertretenen beruhe. Bei Verzicht auf das Erfordernis der rechtlichen Möglichkeit der Aufgabenübertragung wäre eine wirksame Befristungskontrolle nicht mehr garantiert. Wäre der Arbeitgeber tatsächlich oder rechtlich nicht in der Lage, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Fall seiner Weiterarbeit die dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben zuzuweisen, erweist sich eine etwaige Befristungsabrede als unwirksam. Im Fall der Neuverteilung der Arbeitsaufgaben sollte daher vor Abschluss der Befristungsabrede eine zur Übertragung anderer Tätigkeiten erforderliche Vertragsänderung mit dem zeitweise abwesenden Arbeitnehmer, zumindest aber eine dahingehende (Vor-)Bindung oder (Vor-)Verpflichtung vereinbart werden. Nur dann ist nach der Rechtsprechung des BAG gewährleistet, dass die befristete Einstellung auf der vorübergehenden Abwesenheit des Vertretenen beruht. Volker Serth, Frankfurt am Main 6
7 6. Betriebsänderung in einem Kleinbetrieb In Kleinbetrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern müssen für eine Betriebsänderung i.s.d. 111 BetrVG durch alleinigen Personalabbau mindestens sechs Arbeitnehmer betroffen sein. BAG, Urteil vom AZR 708/09 Die Beklagte/Arbeitgeberin betreibt eine Spedition mit zahlreichen Niederlassungen im Bundesgebiet, in denen sie insgesamt mehrere hundert Arbeitnehmer beschäftigt. Dem Kläger/Arbeitnehmer und drei weiteren von der Beklagten beschäftigten Kraftfahrern der Niederlassung N, in welcher insgesamt 13 Mitarbeiter tätig waren und in der ein eigener Betriebsrat bestand, wurde wegen beabsichtigter Stilllegung des Fuhrparks in der Niederlassung N gekündigt. Ein fünfter Kraftfahrer der Niederlassung ist aus Altersgründen ausgeschieden. Der sechste Aushilfsfahrer wurde über den Kündigungstermin hinaus weiter beschäftigt. Mit seiner Klage verlangte der Kläger zuletzt Ansprüche auf Nachteilsausgleich nach 113 BetrVG mit der Begründung, dass eine Betriebsänderung vorliege und von der Beklagten nicht hinreichend versucht worden sei, einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat zu vereinbaren. Das BAG hat den Anspruch auf Nachteilsausgleich abgelehnt, da eine interessenausgleichspflichtige Betriebsänderung nach 111 BetrVG nicht vorgelegen habe. Das Beteiligungsrecht knüpfe nach der Gesetzesänderung 2001 nunmehr zwar an die Unternehmens- und nicht mehr an die Betriebsgröße an. Daher habe der Arbeitgeber im Falle einer Betriebsänderung auch in kleineren Betrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern einen Interessenausgleich zu versuchen, sofern im Unternehmen mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt seien. Darüber hinaus habe die Stilllegung auch einen wesentlichen Betriebsteil i.s.d. 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG betroffen, weil dort zum Zeitpunkt des Stilllegungsbeschlusses sechs Arbeitnehmer beschäftigt waren. Betriebsbedingt gekündigt wurde jedoch nur vier Arbeitnehmern, weshalb der Personalabbau nicht einen erheblichen Teil der Belegschaft betroffen habe. In Kleinbetrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern könne nicht ohne Weiteres auf die Zahlengrenze des 17 Abs. 1 KSchG zurückgegriffen werden. Der Zweck des 111 S. 1 BetrVG, kleinere Unternehmen vor einer finanziellen Überforderung durch Sozialpläne zu schützen, erfordere es aber, eine Betriebsänderung nur anzunehmen, wenn von dem Personalabbau mindestens sechs Arbeitnehmer betroffen seien und so die Mindestzahl des 112a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BetrVG erreicht werde. Die Entscheidung des BAG bringt Klarheit in einen seit langem in der Literatur vorzufindenden Meinungsstreit, ab welcher Größenordnung ein Personalabbau in Kleinbetrieben eine Betriebsänderung i.s.d. 111 BetrVG darstellt. Das BetrVerf-Reformgesetz knüpfte u.a. die Beteiligungsrechte an die Unternehmensgröße. Diese Gesetzesänderung hatte die Frage aufgeworfen, ob die Zahlenwerte der betriebsbezogenen Vorschrift des 17 KSchG im Rahmen des 111 BetrVG noch zu berücksichtigen sind. Das BAG stellte klar, dass mit der Anknüpfung des Schwellenwertes in 111 S. 1 BetrVG an die Unternehmensgröße an den Voraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebsänderung nichts geändert werden sollte. Es bleibt daher dabei, dass eine interessenausgleichspflichtige Betriebsänderung die Betroffenheit von mindestens sechs Arbeitnehmern erfordert. Volker Serth, Frankfurt am Main 7
8 Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung! Ansprechpartner Telefon Berlin Monika Birnbaum MM Wirtschaftsmediatorin, Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Alexandra Henkel MM Wirtschaftsmediatorin, Fachanwältin für Arbeitsrecht Christian Sauer Rechtsanwalt Düsseldorf Christine Heymann Rechtsanwältin heymann@fps-law.de Tobias Törnig Rechtsanwalt Reinhard Meierrose Rechtsanwalt Linda von Hoegen Rechtsanwältin toernig@fps-law.de meierrose@fps-law.de vonhoegen@fps-law.de Frankfurt am Main Volker Serth Fachanwalt für Arbeitsrecht serth@fps-law.de Wolfgang Mautz Notar, Fachanwalt für Arbeitsrecht Susanne Boller Fachanwältin für Arbeitsrecht Amelie Bernardi Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Marco Wenderoth Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Hans-Peter Müller Rechtsanwalt mautz@fps-law.de boller@fps-law.de bernardi@fps-law.de wenderoth@fps-law.de hpmueller@fps-law.de 8
9 HINWEIS Der Newsletter kann die Rechtsentwicklungen und Urteile nur komprimiert wiedergeben. Für Missverständnisse und Informationslücken, die sich insbesondere auch daraus ergeben können, dass die ungekürzte Entscheidung nicht eingesehen wird, können wir keine Haftung übernehmen. Wir bitten zu bedenken, dass letztlich immer der Einzelfall maßgebend und entscheidend ist. Unsere Informationen sollen Ihnen helfen, die tägliche Arbeit zu erleichtern. Die persönliche Beratung können sie jedoch nicht ersetzen. Wir stehen Ihnen natürlich jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Haben Sie Fragen zu unserem Newsletter, rufen Sie uns gerne an. IMPRESSUM FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaft von Rechtsanwälten Partnerschaftsgesellschaft Sitz und Registrierung: Frankfurt am Main, AG Frankfurt am Main, PR 1865 Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE Vertretungsberechtigt und verantwortlich für redaktionelle Gestaltung und Inhalte: Rechtsanwältin Monika Birnbaum, Um den Newsletter abzubestellen, senden Sie uns bitte eine oder informieren Sie Ihren Ansprechpartner in der Kanzlei. Rechtsanwälte Alle Rechtsanwälte sind in der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsanwälte zugelassen und gehören der Rechtsanwaltskammer (RAK) des jeweiligen Standortes an: Berlin: RAK Berlin, Littenstraße 9, Berlin Düsseldorf: RAK Düsseldorf, Freiligrathstraße 25, Düsseldorf Frankfurt am Main: RAK Frankfurt a. M., Bockenheimer Anlage 36, Frankfurt a. M. Hamburg: RAK Hamburg, Bleichenbrücke 9, Hamburg Die berufsrechtlichen Vorschriften BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung), BORA (Berufsordnung für Rechtsanwälte), Fachanwaltsordnung, RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz), Berufsregeln der Rechtsanwälte der Europäischen Gemeinschaft (CCBE), Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) v (BGBl. I S. 182), Law Implementing the Directives of the European Community pertaining to the professional law regulating the legal profession können über die Website der Bundesrechtsanwaltskammer unter und der Rubrik "Informationspflichten gemäß 5 TMG" eingesehen werden. Notare Alle Rechtsanwälte, die zudem als Notar bezeichnet sind, sind in der Bundesrepublik Deutschland als Notare zugelassen und gehören der Notarkammer des jeweiligen Standorts an: Berlin: Notarkammer Berlin, Littenstr. 10, Berlin Frankfurt am Main: Notarkammer Frankfurt a. M., Bockenheimer Anlage 36, Frankfurt a. M. Die berufsrechtlichen Vorschriften Bundesnotarordnung, Beurkundungsgesetz, Richtlinien der Notarkammern, Dienstordnung für Notarinnen und Notare, Kostenordnung, Europäischer Kodex des notariellen Standesrechts können über die Website der Bundesnotarkammer unter und der Rubrik "Berufsrecht" eingesehen werden. Weitere Informationen zu FPS finden Sie unter
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