Wenn ich an Wirtschaft denke Was Jugendliche in der Sekundarstufe I über Wirtschaft denken und wissen
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- Hertha Lenz
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1 Wenn ich an Wirtschaft denke Was Jugendliche in der Sekundarstufe I über Wirtschaft denken und wissen Abstract Univ.-Prof.in Dr.in Bettina Fuhrmann Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik, WU Wien Bettina.fuhrmann@wu.ac.at Aus qualitativen Interviews wie auch aus einer quantitativen Fragebogenstudie bei Schülerinnen und Schülern der achten Schulstufe geht hervor, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten das Themenfeld Wirtschaft für wichtig hält und unserer Wirtschaftsordnung vorwiegend positiv gegenübersteht. Die meisten sehen sich selbst als Teil der Wirtschaft, beziehen sich dabei jedoch hauptsächlich auf das Einkaufen in Geschäften. Auf wie vielfältige Weise die Befragten am Wirtschaftsleben teilnehmen, wie viele ökonomische Entscheidungen sie treffen und welche Bereiche zur Wirtschaft zählen, ist ihnen offensichtlich nicht bewusst. Ihre Kenntnisse über wirtschaftliche Sachverhalte und Zusammenhänge sind dementsprechend bruchstückhaft, vor allem bei Fragen zu Grundlagen des Wirtschaftens, zum Handel und zur Knappheit von Ressourcen. Der Staat wird als sehr dominanter Akteur im Wirtschaftsleben wahrgenommen, weshalb die Befragten ihm Aufgaben zuordnen, die dieser in unserer Wirtschaftsordnung gar nicht hat. 1. Problemhintergrund und Zielsetzung der Studie Wirtschaftliche Sachverhalte und Zusammenhänge sind für alle Menschen, auch schon für Jugendliche, von großer Bedeutung: Als Konsumierende, Erwerbstätige, Steuerzahler/innen und allgemein gesprochen Wirtschaftsbürgerinnen und -bürger treffen sie unzählige Entscheidungen in vielen verschiedenen ökonomisch geprägten Lebenssituationen (GEISE 2001). Empirische Befunde zeigen jedoch deutlich, dass viele Menschen wenig über wirtschaftliche Sachverhalte wissen und wirtschaftliche Zusammenhänge nur unzureichend verstehen (vgl. z. B. GREIMEL-FUHRMANN 2013). Zwar sieht der Lehrplan für den Unterrichtsgegenstand Geografie und Wirtschaftskunde in der Sekundarstufe I die Behandlung von ökonomischen Themen vor, insbesondere das Wechselspiel zwischen Produktion und Konsum bzw. Angebot und Nachfrage sowie ihr Zusammenwirken für die Preisbildung, betriebswirtschaftliche und nationalökonomische Prozesse. Die Lehrstoffverteilung beinhaltet dazu die Themen Gütererzeugung in gewerblichen und industriellen Betrieben, den Dienstleistungsbereich, Einblicke in die Arbeitswelt, Wirtschaften im privaten Haushalt sowie volkswirtschaftliche Zusammenhänge. Allerdings kann man aus Befunden zu den Kenntnissen von Schülerinnen und Schülern in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch am Beginn der Sekundarstufe II schließen, dass die Schüler/innen nicht immer die Eingangsvoraussetzungen mitbringen, die der Lehrplan der Zubringerschulen erwarten lässt (vgl. SCHUCKERT 2006). Vor diesem Hintergrund stellt sich aus wirtschaftspädagogischer Sicht die Frage, mit welchen Eingangsvoraussetzungen im Bereich der ökonomischen Bildung Schüler/innen die Sekundarstufe I abschließen. Die Zielsetzung der in diesem Beitrag dargestellten Studie besteht daher in der empirischen Untersuchen der folgenden Fragestellungen: Welche Vorstellungen haben diese Schüler/innen von Wirtschaft? Was verstehen sie unter Wirtschaft und warum denken sie, dass wir wirtschaften? Wie stark ist das Interesse der Schüler/innen an wirtschaftlichen Themen ausgeprägt? Welche Einstellungen haben die Schüler/innen zu Wirtschaft, wie sie sie erleben? Was wissen die Schüler/innen über wirtschaftliche Sachverhalte und Zusammenhänge? Die in diesem Beitrag dargestellten Forschungsergebnisse basieren auf einem Projekt, das von der Wirtschaftskammer Österreich in Auftrag und beim Europäischen Forum Alpbach im Jahr 2015 präsentiert wurde (vgl. GREIMEL- FUHRMANN/RUMPOLD 2015). Sie bilden die Grundlage für eine weiterführende, größer angelegte Untersuchung, die 2016 durchgeführt und 2017 abgeschlossen werden wird. 2. Konzeptionalisierung ökonomischer Bildung Es gibt verschiedene Zugänge zur Definition von ökonomischer Bildung, weshalb der Begriff für die Studie konkretisiert wurde. Er orientiert sich an der Vorstellung von ökonomischer Bildung als jenen Aspekt der Bildung [ ], der in seinen inhaltlichen Bezügen und in seinen Verhaltenskategorien auf das ökonomische Subsystem der Gesellschaft ausgerichtet ist (BANK 2008, S. 883). Ökonomische Bildung leistet einen wesentlichen Beitrag dazu, ökonomisch geprägte Lebenssituationen verantwortungsvoll und erfolgreich bewältigen zu können (EBERLE 2015), sie geht daher mit der Entwicklung von ökonomischen Kompetenzen einher (KA- MINSKI/FRIEBEL 2012). Diese umfassen in der Regel Kenntnisse über wirtschaftliche Sachverhalte und Zusammenhänge, die Fähigkeiten und Fertigkeiten, ökonomisch geprägte Lebenssituationen zu analysieren, zu beurteilen und reflektierte Entscheidungen zu treffen, und diese vor sich selbst und anderen verantworten zu können (BANK/RETZMANN 2012, MAY 2011). Das in diesem Beitrag dargestellte Forschungsprojekt fokussiert auf die empirische Untersuchung von Interessen und Einstellungen sowie vor allem auf die Kenntnisse von wirtschaftlichen Sachverhalten und Zusammenhängen sowie auf deren Anwendung zur Lösung von Aufgabenstellungen. Die Inhaltsdimension dieser Aufgabenstellungen orientiert sich an der Konzeptualisierung von KAMINSKI (1996), der die Wirtschaftsordnung als obersten Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Inhalte ökonomischer Bildung ansieht, da sie die Rahmenbedingungen für die Aktivitäten der Wirtschaftssubjekte vorgibt. Diese Aktivitäten finden in Form wissenplus 1 16/17 17
2 @ Wissenschaft Forschungsbeiträge von Austauschprozessen der Wirtschaftssubjekte Haushalte, Unternehmen, Staat und Ausland mit wechselseitigen Leistungsbeziehungen statt und umfassen im Güterkreislauf Produktion, Distribution und Konsumation sowie im Geldkreislauf Einkommensentstehung und Einkommensverwendung (vgl. im Detail GREIMEL- FUHRMANN/RUMPOLD 2015). 3. Forschungsdesign der vorliegenden Untersuchung Das Forschungsprojekt kombiniert qualitative und quantitative Methoden, um die Vorstellungen und die Kenntnisse der Befragten über wirtschaftliche Sachverhalte und Zusammenhänge mit ausreichender Breite und Tiefe analysieren zu können und die Schwächen einer Methode durch die Stärken einer anderen Methode zu kompensieren (LAMNEK 2010). Zunächst wurden 43 Schüler/innen durch offene Leitfragen dazu angeregt, ihre spontanen Vorstellungen, Erfahrungen und Assoziationen zum Thema Wirtschaft zu äußern, welche im weiteren Interviewverlauf durch verständnisgenerierende Rückfragen sowie Ad-hoc-Fragen schrittweise konkretisiert wurden (WITZEL/REITER 2012). Die Interviewtranskripte wurden mithilfe einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse (vgl. MAYRING 2010) ausgewertet, bei der aus den Äußerungen der Schüler/innen durch induktive Kategorienbildung typische Aussagen zum Wesen und der Funktion der Wirtschaft sowie zu den Wirtschaftsteilnehmerinnen und -teilnehmern generiert wurden. Für die quantitativ orientierte schriftliche Befragung wurde ein Fragebogen mit gebundenen Aufgabenformaten entwickelt, um die Interessen, die Einstellungen und die Kenntnisse der Befragten messen zu können. Die Generierung der Items erfolgte sowohl basierend auf der oben dargestellten Konzeptionalisierung von ökonomischer Bildung, den Ergebnissen der qualitativen Befragung (BÜHNER 2013) sowie auf den folgenden Testinstrumenten zur ökonomischen Bildung für vergleichbare Zielgruppen: Test of Economic Knowledge (WAL- STAD et al. 2010) Test of Economic Literacy (WALSTAD et al. 2013) Wirtschaftskundlicher Bildungstest (BECK et al. 1998) Test im Fach Wirtschaft für die 8. Klasse des Instituts für Ökonomische Bildung Oldenburg (unveröffentlichtes Testheft) (LOERWALD/SCHNELL 2015) 18 wissenplus 1 16/17 Economic Attitude Scale (SOPER/ WALSTAD 1983) Münster-Studie zu Economic & Financial Literacy (OBERSTE 2012) 432 Schüler/innen haben den Fragebogen bearbeitet, davon waren 50,7 % männlich und 49,3 % weiblich. 49,3 % der Befragten besuchten eine Neue Mittelschule, 50,7 % die Unterstufe einer allgemeinbildenden höheren Schule. 93 % waren zum Zeitpunkt der Befragung (Mai und Juni 2015) 13, 14 oder 15 Jahre alt. 4. Ausgewählte Forschungsergebnisse 4.1. Ausgewählte Ergebnisse der qualitativen Befragung Zu Beginn der Interviews wurden die Schüler/innen zu ihren spontanen Assoziationen zum Thema Wirtschaft befragt. Am häufigsten wird Wirtschaft mit Geld assoziiert, vor allem mit dem Ausgeben von Geld beim Einkaufen. Die zweithäufigste Assoziation stellen die Begriffe Staat und Steuern dar, gefolgt vom internationalen Handel und der Landwirtschaft. Häufig werden mehrere Assoziationen miteinander verknüpft, wobei Geld die zentrale Ressource, der Staat einen bedeutenden Akteur und Landwirtschaft sowie der Handel auf Märkten die Aktivitäten wirtschaftlichen Handelns darstellen. Konsum wird meistens auf den entgeltlichen Konsum reduziert, nur in Einzelfällen werden auch Beispiele für unentgeltlichen Konsum wie etwa die Schülerfreifahrt genannt. Wesentlich seltener als das Ausgeben von Geld thematisieren die Schüler/innen die Einnahme von Geld, nur in Einzelfällen wird der Erhalt von Taschengeld als eine ökonomisch geprägte Lebenssituation angesehen. Auch die Arbeit, beispielsweise ein Ferialpraktikum, wird von den Befragten selten erwähnt, erst auf Rückfrage durch die interviewende Person wird es der Wirtschaft zugeordnet. Nur wenige Schüler/innen verstehen Wirtschaft als Summe der Aktivitäten, die der Bedürfnisbefriedigung durch das Eingehen von Leistungsbeziehungen dienen. So erkennen nur wenige, dass ohne Wirtschaft jede/r für sich selbst sorgen müsste und dass auch der Tausch von Ware gegen Ware eine Form des Wirtschaftens darstellt. Die Funktion von Wirtschaft sehen die meisten Befragten in der Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Ordnung durch die Schaffung von Regeln und Strukturen. In engem Zusammenhang mit dieser Vorstellung der Funktion von Wirtschaft steht der Staat, der die Regeln und Strukturen zur Ordnung der gesellschaftlichen Verhältnisse schafft. Der Staat wird generell als ein sehr bedeutender Akteur in der Wirtschaft angesehen, manche Schüler/innen reduzieren die Wirtschaft überhaupt auf die Politik und das Handeln des Staates. Dass Steuereinnahmen für die Erbringung der öffentlichen Leistungen notwendig sind, ist den Schülerinnen und Schülern klar, weshalb die Sinnhaftigkeit von Steuern kaum angezweifelt wird. Darüber hinaus werden dem Staat auch immer wieder Aufgaben zugeschrieben, die er in unserem Wirtschaftssystem nicht (oder zumindest nicht vorrangig) erfüllt, wie etwa die Geldschöpfung, die Entscheidung über Importe und Exporte oder die Festlegung der Preise, der Löhne und der Gehälter in der Wirtschaft. Ein beträchtlicher Anteil der Schüler/innen meint, dass Unternehmen nur dann wirtschaftlich tätig sind, wenn sie Einnahmen erzielen und Gewinne erwirtschaften. Nur wenige sehen den Wirtschaftsbezug von Unternehmen in der Leistungserbringung und dem Eingehen von Leistungsbeziehungen, unabhängig von einer Gewinnerzielung, begründet. Die meisten Befragten nennen als Beispiele wirtschaftlich tätiger Unternehmen beinahe ausschließlich große Produktionsbetriebe oder Banken. Andere Bereiche der Wirtschaft, darunter der bedeutende tertiäre Sektor, werden häufig gänzlich ausgeklammert Ausgewählte Ergebnisse der quantitativen Befragung Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Items, mit denen das Interesse der Schüler/innen an wirtschaftlichen Themen erhoben worden ist. Die höchste Zustimmung lässt sich bei der allgemeinen sowie auch bei der individuellen Bedeutsamkeit ökonomischer Fragen für die Schüler/innen feststellen. Wesentlich geringer ist die Zustimmung beim Informationsverhalten der Schüler/innen über wirtschaftliche Themen, sei es im Austausch mit anderen, über die Zeitung oder die Nachrichten. Damit zeigt sich in deutliches Gefälle zwischen der Interessensbekundung und dem konkreten Verhalten der Schüler/innen, das einen Rückschluss auf ihr Interesse zulassen würde. Dennoch ergibt eine Faktorenanalyse (Hauptkomponentenanalyse, Eigenwertkriterium) eine eindeutige
3 Tabelle 1: Interesse für Wirtschaft, Cronbachs Alpha 0,853, Skala von geringe Zustimmung (1) bis hohe Zustimmung (5) Mittelwert Wirtschaftliche Fragen sind für das Leben bedeutsam. 3,92 1,131 Wirtschaftliche Themen sind für mich wichtig. 3,48 0,990 Ich mache mir viele Gedanken über den Umgang mit Geld. 3,00 1,116 Ich würde gerne noch mehr über Wirtschaft wissen. 2,86 1,267 Ich passe bei Nachrichten genau auf die Beiträge zur Wirtschaft auf. 2,51 1,179 Ich informiere mich regelmäßig über Neuigkeiten aus der Wirtschaft. 2,42 1,139 Ich lese in der Zeitung oft Artikel über wirtschaftliche Themen. 2,24 1,229 Ich unterhalte mich oft mit anderen über wirtschaftliche Themen. 2,09 1,114 Gesamt 2,82 0,803 Standardabweichung Tabelle 2: Einstellungen zu ökonomischen Fragestellungen, Cronbachs Alpha 0,698, Skala von geringe Zustimmung (1) bis hohe Zustimmung (5) Mittelwert Im Vergleich zu vielen anderen Ländern geht es unserer Wirtschaft gut. 4,15 0,938 Es ist gerecht, dass in unserer Wirtschaft die Reichen mehr Steuern 4,07 1,227 zahlen müssen als die Armen. In unserer Wirtschaft kann man gut leben. 3,85 0,878 Der Staat bietet in unserer Wirtschaft viel Unterstützung für Arbeitslose 3,66 1,113 und arme Menschen. Es ist gut, dass in unserer Wirtschaft alle Steuern zahlen müssen. 3,40 1,224 Die Globalisierung ist gut für unsere Wirtschaft. 3,39 0,922 Es ist gerecht, dass in unserer Wirtschaft manche mehr und manche 3,16 1,218 weniger verdienen. Die Löhne und Gehälter in unserer Wirtschaft sind fair. 3,03 1,067 Die Preise in unserer Wirtschaft sind fair. 2,82 0,990 Gesamt 3,50 0,593 Standardabweichung Tabelle 4: Belegbasierte Aufgaben, Cronbachs Alpha 0,731 Mittelwert Standardabweichung Kontoauszug Kontostand am Monatsanfang 0,76 0,430 Kontostand am Monatsende 0,68 0,466 Einnahmen 0,79 0,410 Ausgaben 0,74 0,441 Angabe des Einnahmen-/Ausgabenüberschusses 0,85 0,354 Interpretation der Kontoführungsgebühr 0,43 0,495 Kassabeleg Angabe des Gesamtbetrags des Einkaufs 0,98 0,128 Angabe der Zahlungsform 0,83 0,377 Gründe für die Zahlungsform 0,64 0,482 Erklärung der Gewinnspanne des Händlers 0,59 0,492 Angabe der Einnahmequelle des Staats aus dem Einkauf 0,79 0,406 Gesamt 7,37 2,699 Die Befragten halten Wirtschaft zwar für wichtig, ihnen ist aber nicht bewusst, in welchem Ausmaß und auf wie vielfältige Weise sie in alltäglichen Situationen selbst Teil der Wirtschaft sind. wissenplus 1 16/17 19
4 @ Wissenschaft Forschungsbeiträge Tabelle 3: Wirtschaftswissen, Cronbachs Alpha 0,766, Skala von falsch gelöst (0) bis richtig gelöst (1) Itembereiche und Items Mittelwert Standardabweichung Prozentsatz vollkommen korrekt gelöst Grundlagen Wozu wir wirtschaften 0,18 0,381 17,6 % Was Knappheit in der Wirtschaft bedeutet 0,30 0,457 29,6 % Welche Situationen mit Wirtschaft zu tun haben 0,50 0,177 1,6 % Worin der Wert des Geldes besteht 0,37 0,484 37,3 % Folgen einer Erhöhung der Geldmenge 0,65 0,477 65,0 % Folgen von steigenden Zinsen 0,38 0,409 24,5 % Wer unter steigenden Lebensmittelpreisen leidet 0,46 0,399 20,8 % Was zu höherem Wirtschaftswachstum führt 0,30 0,386 17,8 % Auswirkungen von Wirtschaftswachstum 0,43 0,431 31,3 % Haushalte Leistungen der privaten Haushalte an die Unternehmen 0,41 0,492 40,7 % Folgen von sinkender Nachfrage 0,65 0,444 59,3 % Fixe und variable Ausgaben privater Haushalte 0,62 0,291 19,9 % Einkommen der privaten Haushalte 0,37 0,425 26,4 % Unternehmen Worin die Produktion eines Unternehmens besteht 0,60 0,491 59,7 % Folgen von steigendem Angebot durch die Unternehmen 0,62 0,444 54,9 % Ursache für steigende Investitionen von Unternehmen 0,39 0,440 30,3 % Leistungen von Unternehmen an Haushalte 0,34 0,475 34,3 % Staat Aufgaben des Staats in unserer Wirtschaftsordnung 0,34 0,355 7,6 % Folgen der Erhöhung von Steuern durch den Staat 0,64 0,450 57,6 % Bekämpfung der Arbeitslosigkeit 0,44 0,372 12,7 % Warum wir Steuern zahlen müssen 0,45 0,498 44,7 % Ausland Wer profitiert von Zöllen auf Importe 0,38 0,486 38,0 % Gründe für Außenhandel 0,44 0,480 40,5 % Folgen der schlechten Entwicklung des Außenhandels 0,44 0,390 17,1 % Folgen von Wechselkursschwankungen 0,50 0,458 42,1 % Gesamt 11,20 4,175 - Ein-Faktoren-Lösung. Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse der neun Items zur Messung der Einstellungen der Schüler/innen zu ökonomischen Fragestellungen: Die Ergebnisse drücken mit Mittelwerten von 2,82 bis 4,15 eine überdurchschnittlich ausgeprägte Zustimmung zu den ausgewählten Aussagen zur Wirtschaft aus. Die höchsten Zustimmungswerte betreffen den Lebensstandard in unserer Wirtschaft insbesondere im Vergleich zu anderen Ländern sowie die Steuergerechtigkeit. Die geringsten Zustimmungswerte ergeben sich bei Fragen nach der Gerechtigkeit von Preisen, Einkommen und Einkommensunterschieden. Dieser Unterschied kommt auch 20 wissenplus 1 16/17 in einer Faktorenanalyse zum Ausdruck (Hauptkomponentenanalyse, Eigenwertkriterium), bei der sich klar eine Zwei-Faktoren-Lösung ergibt (vgl. dazu im Detail GREIMEL-FUHRMANN/RUMPOLD 2015). Das Wissen der Schüler/innen über ökonomische Sachverhalte und Zusammenhänge wurde anhand von 25 Multiple- Choice-Aufgaben mit je vier Antwortalternativen erhoben. Bei jeder Aufgabe war angegeben, ob nur eine oder mehrere Antwortalternativen korrekt sein können. Aus den gewählten Antwortalternativen ergibt sich für jede einzelne Aufgabe ein Punktescore von falsch gelöst (0) bis richtig gelöst (1), für teilweise richtig beantwortete Fragen wurden Teilpunkte vergeben. Tabelle 3 fasst für jede der 25 Aufgaben den Mittelwert der erreichten (Teil-)Punkte zusammen (je höher der Wert, umso besser konnten die Befragten die Aufgabe lösen), die dazugehörige Standardabweichung (die die Heterogenität der Leistungen der Befragten zum Ausdruck bringt) und den Prozentsatz der Befragten, die die Aufgabe vollkommen richtig lösen konnte: Die Mittelwerte der erreichten Punkte zeigen, dass in den meisten Fällen weniger als die Hälfte des Punktes pro Aufgabe erreicht wurde. Entsprechend niedriger ist der Prozentsatz jener Befragten, die die jeweilige Aufgabe völlig korrekt lösen konnten (rechte Spalte). Schwache Ergeb-
5 nisse wurden vor allem bei den Aufgaben zu wirtschaftlichen Grundlagen erzielt, insbesondere die grundlegende Funktion von Wirtschaft sowie die Bedeutung von Knappheit wurden von den Befragten angesichts der Mittelwerte von 0,18 und 0,30 Punkten nur in wenigen Fällen erkannt. Vergleichsweise gut scheint dafür das Verständnis der Marktlogik (Änderungen von Angebot und Nachfrage) ausgeprägt zu sein, wie die Mittelwerte von 0,65, 0,62 und 0,64 auf die entsprechenden Fragen zeigen. Während nur rund ein Drittel der Befragten erkennt, dass der Wert des Geldes darin besteht, wie viel wir uns damit leisten können, geben zumindest zwei Drittel der Befragten an, dass eine Erhöhung der Geldmenge in der Regel zu steigenden Preisen führt. Für rund die Hälfte der Befragten ist das Wirtschaftswachstum auch ein unklares Konzept, vor allem was seine Ursachen, aber auch seine Wirkungen betrifft. Die Bedeutung, die dem Staat von vielen zugeschrieben wird, kommt darin zum Ausdruck, dass mehr als die Hälfte der Befragten denken, dass der Staat festlegt, was importiert und exportiert wird, und fast die Hälfte meint, der Staat bestimme die Höhe der Löhne und Gehälter von Arbeitern und Angestellten. Insgesamt wurde mit einem Mittelwert von 11,20 Punkten durchschnittlich knapp die Hälfte der erreichbaren 25 Punkte erzielt, die Standardabweichung von 4,175 Punkten lässt des Weiteren auf eine hinreichende Heterogenität schließen (vgl. im Detail GREIMEL-FUHR- MANN/RUMPOLD 2015). Für belegbasierte alltagsorientierte Aufgaben wurden die Abbildungen eines Bankkontoauszugs und eines Kassabelegs zu einem Einkauf bei einem Einzelhändler verwendet. Dazu sollten die Befragten elf offene Fragen kurz beantworten, was mit falsch gelöst (0) oder richtig gelöst (1) bewertet wurde, Teilpunkte wurden nicht vergeben. Die Mittelwerte von 0,43 bis 0,98 Punkten zeigen, dass die Schüler/innen die meisten Fragen in überwiegendem Maße korrekt beantworten konnten. Das schwächste Ergebnis von durchschnittlich 0,43 Punkten bezieht sich auf die Frage nach den Einnahmen der Bank durch das Girokonto. Hier konnten die Befragten das auf dem Kontoauszug angeführte Kontoführungsentgelt oft nur unzureichend interpretieren. Mit durchschnittlich 0,59 Punkten fällt die Frage nach der Gewinnspanne des Händlers am Einkauf ebenfalls schwach aus. Über 40 % der Befragten meinen, dass der Händler zum selben Preis einkauft, zu dem er verkauft. Die Interpretation von Informationen auf den abgebildeten Belegen fiel den Schülerinnen/Schülern damit erwartungsgemäß wesentlich schwerer als deren reine Beschreibung. 5. Schlussfolgerungen Aus wirtschaftspädagogischer Sicht sind vor allem die folgenden Ergebnisse von Relevanz: Obwohl die meisten Befragten Wirtschaft im Allgemeinen und auch für die eigene Person als wichtig erachten, beschäftigen sich nur wenige regelmäßig mit Wirtschaftsnachrichten oder Diskussionen über wirtschaftliche Fragen. Den Schülerinnen und Schülern ist nicht bewusst, in welchem Ausmaß und in wie vielen alltäglichen Situationen sie selbst Teil der Wirtschaft sind. Es fällt den Schülerinnen/Schülern auch schwer zu erklären, was man unter Wirtschaft versteht oder warum wir wirtschaften. Der Staat wird als sehr dominanter und einflussreicher Akteur im Wirtschaftsleben wahrgenommen. Dementsprechend ordnen die Befragten dem Staat auch Aufgaben und Kompetenzen zu, die dieser in unserer Wirtschaftsordnung gar nicht hat. Das Grundlagenwissen der Schüler/innen über Wirtschaft ist am Ende der Sekundarstufe I noch sehr lückenhaft. Inwiefern Leistungsunterschiede zwischen Schülerinnen/Schülern tatsächlich auf den Unterricht in der Schule zurückzuführen sind, geht aus diesen Ergebnissen zwar nicht hervor, aus den Interviewaussagen lässt sich aber ableiten, dass das Verständnis der Jugendlichen von Wirtschaft wesentlich dadurch geprägt zu sein scheint, wie sehr und in welcher Qualität Wirtschaft im Unterricht thematisiert wird und/oder ob die Jugendlichen zu Hause etwas darüber erfahren. Da nicht gewährleistet werden kann, dass die Heranwachsenden in ihrem Elternhaus die notwendigen ökonomischen Kompetenzen erwerben können, ist hier die Schule gefordert. Ein entsprechender Auftrag wird durch das Unterrichtsprinzip zur Wirtschafts- und Verbraucherbildung (vgl. BMBF /0007-I/6/2015) auf allen Schulstufen und in allen Schulformen erteilt. Es muss erst untersucht werden, inwieweit sich das Unterrichtsprinzip tatsächlich in den Lehr-/Lerninhalten und in den Kompetenzen der Schüler/innen niederschlagen wird. Vielmehr erscheint es aus wirtschaftspädagogischer Sicht erforderlich, auf der Grundlage eines Gesamtkonzepts zur ökonomischen Bildung die Lehrpläne und die Lehrerinnen- und Lehreraus- und -weiterbildung weiterzuentwickeln. Literatur BANK, V. (2008): Ökonomische Bildung, in Böhm/Frost/Koch/Ladenthin/Mertens, 883 ff. BANK, V./RETZMANN, T. (2012): Fachkompetenz von Wirtschaftslehrern. Grundlagen und Befunde einer Weiterbildungsanalyse, Schwalbach/Ts. (2012). BECK, K./KRUMM, V./DUBS, R. (1998): Wirtschaftskundlicher Bildungstest (WBT), Göttingen. BÜHNER, M. (2013): Einführung in die Test- und Fragebogenkonstruktion, München: Pearson. EBERLE, F. (2015): Die Förderung ökonomischer Kompetenzen zwischen normativem Anspruch und empirischer Rationalität am Beispiel der Schweizer Sekundarstufe II, Empirische Pädagogik 29/1, 10 ff. GEISE, W. (2011): Ökonomische Bildung zur Bewältigung von Lebenssituationen, Bergisch Gladbach: Hobein. GREIMEL-FUHRMANN, B. (2013): Don t Know Much about Economics and Business. Economic und Financial Literacy als wesentliche, jedoch vernachlässigte Bildungsziele, WissenPlus 31/4, I ff. GREIMEL-FUHRMANN, B./RUMPOLD, H. (2015): Ökonomische Bildung österreichischer Jugendlicher in der achten Schulstufe, Projektbericht, Wirtschaftsuniversität Wien. KAMINSKI, H. (1996): Ökonomische Bildung und Gymnasium. Ziele, Inhalte, Lernkonzepte des Ökonomieunterrichts. Berlin: Luchterhand. KAMINSKI, H./FRIEBEL, S. (2012): Arbeitspapier Finanzielle Allgemeinbildung als Bestandteil der ökonomischen Bildung, Institut für Ökonomische Bildung Oldenburg (2012). LAMNEK, S. (2010): Qualitative Sozialforschung. Weinheim: Beltz. LOERWALD, D./SCHNELL, C. (2015): Test im Fach Wirtschaft für die 8. Klasse des Instituts für Ökonomische Bildung Oldenburg (unveröffentlichtes Testheft), Oldenburg. MAY, H. (2011): Ökonomische Bildung als Allgemeinbildung, Aus Politik und Zeitgeschichte 59/12, 3 ff. MAYRING, P. (2010): Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken, Weinheim: Beltz. OBERSTE, M. (2012): Economic and Financial Literacy, Attitude & Behavior The Case of German High School Students, Münster. SCHUCKERT, B. (2006): Fachbezogene Eingangsvoraussetzungen an kaufmännischen mittleren und höheren Schulen: eine Untersuchung in Wien und in Niederösterreich. Dissertation an der Wirtschaftsuniversität Wien SOPER, J. C./WALSTAD, W. B. (1983): On Measuring Economic Attitudes, Journal of Economic Education 14/4, 4 ff. WALSTAD, W. B./REBECK, K./BUTTERS, R. B. (2013): Test of Economic Literacy. 4th Edition, New York. WALSTAD, W. B./REBECK, K./BUTTERS, R. B. (2010): Test of Economic Knowledge. 2nd Edition, New York. WITZEL, A./REITER, H. (2012): The Problem-centred Interview, London: Sage. Es fällt den Befragten auch schwer zu erklären, was man unter Wirtschaft versteht oder warum wir wirtschaften. Der Staat wird als sehr dominanter Akteur im Wirtschaftsleben wahrgenommen. wissenplus 1 16/17 21
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