WiENER KONZERTVEREIN. Mittwoch, den 9. Janner 1924, 7 Uhr abends im GroBen Konzerthaus-Saale. Viertes. Bruckner-Zyklus. (Wiener Sinfonie-Orchester)

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2 WiENER KONZERTVEREIN 1IillilllllllilliUlIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII I i IIIIII!IIIIIIIIIIIIIIIIIII Mittwoch, den 9. Janner 1924, 7 Uhr abends im GroBen Konzerthaus-Saale Viertes Abonnement-Konzert Bruckner-Zyklus. (Wiener Sinfonie-Orchester) Dirigent: FERDINAND LOWE J Programm: Ludwig Thuille Romantische Ouverture.*) Schumann... Introduktion u. Allegro appassionato, op. 92, G-dur*). Konzertstiick fur Klavier mit Orchester. Solo: Herr friedrich Wiihrer. Wagner.. Eine "Faust"-Ouverture. Bruckner. IV. Sinfonie (Es-dur). Klavier: Bosendorfer. *) Zum 1. Male in dies en Konzerten. Mittwoch, den 23. Jarmer 1924 V. ABONNEMENT KONZERT Dirigent: FER DIN AND LOW E. Montag, den 14. Janner 1924, 7 Uhr abends II. Vortrag Dr. ERN S TOE C S E Y.

3 .1 ANTON BRUCKNER I t

4 Anton Bruckner (geboren am 4. September 1824 in Ansfelden, Oberostetreich, gestorben am 11. Oktober 1896 zu Wien). Vierte Sinfonie ("Romanti~che"), Es-dur. Besetzung: 2 FlOten, 2 Obaen, 2 Klarinetten, 2 Fagatte, 4 Horner, 3 Trompeten,.3 Posaunen, BaBtuba, Pauken, Becken, Streicher. Die Sinfonie wurde im Jahre 1880 vollendet und am 20. Februar 1881 von den Philharmonikern unter Hans Richters Leitung zum erstenmale aufgefiihrt. Del' erste Satz (Allegro molto moderato, Es-dur) beginnt mit raunendem Streichertremolo. Das Horn stimmt das poetische Hauptthema des Satzes und der Sinfonie liberhaupt an : Die HolzbHiser antworten und aus einer aufsteigenden Dberleitungsfigur: entwickelt sich 1m vollen Orchester ein zweiter Hauptgedanke: 10

5 dessen kraftvolfe in Gegegenbewegung auseinanderschreitende Gange die Hauptthemengrnppe abschlieben."etwas gemachlich" in Des-dur setzt die anmutige Melodie des Sei tensatzes eln: Die. SchluBgruppe der Exposition wird motivisch aus dem zweiten Hauptgedanken gewonnen und gelangt zu machtiger Entfaltung. Ein langer Orgelpunkt der Pauke mit chromatisch abwarts gleitenden Tonfolgen in den Holzblasern und Streichern leitet in die Durchfiihrung iiber, an deren Spitze das geheimnisvoll erklingende Hauptthema steht. Der zweite Hauptgedanke tritt.hinzu und nach Kombinationen mannigfacher Art intonieren die Blechblaser einen feierlichen, dem Haup~thema entsprossenen Choral. Der Seitensatz erscheint klanglich kontrastierend und harmonisch verandert in leisen Streicherakkorden. Wiederum ist es ein langerer Paukenwirbel, def dem Eintritt des Hauptthemas vorangeht, den \Viederholungsteil des Satzes ankiindigend. Der durch mancherlei neue Ziige modifizierten Reprise schliebt sich noch eine umfangreiche Koda an, die das romantische Hauptthema zu heroischer VerkHirung emportragt. In der Hauptmelodie des zweiten Satzes (Andante, C-moll)' die dem ernsten Gesang der Celli entstromt, ist das Quinten" motiv aus dem Hornthema des ersten Satzes enthalten: 11

6 II. Mit einem saoft trostenden Motiv, das zu bedeutsamer. Rolle berufen setzen die Violin en fort: dilil.. Spater tritt noch eine lang ausgesponnene Kantilene der Violen hinzu. Der formalen Anlag-e nach HUH sieh der Satz in zwei grobe Teile gliedern, deren- jeder die Themen variiert und durchflihrungsartig verarbeitet. Mit hellen Blaserfanfal'en setzt del' dritte Satz (Scherzo, B-dur) ein, des sen farbenprachtige, in lebendigen Rhythmen frisch dahineilende Musik die Vorhtellung einer Jagd in grilnem, horndurchalltem,,'laid weekt: Ji OJ '" ::? -$'. Horn IJ. -L:>en l (!!7i: ". Eine lyrische Episode in ruhigerem ZeitmaB unterbricht auf kurze Zeit das fl'ohliche Tl'eiben: - -'::lj- I 3 =F-+ P Str,,;c/z,.. a"t"'r""";,,,;ll tj I' ~- {,J'IYl'f>'S, rulll.g-er) ~ v. ~ 4: ---~

7 das bald darauf aufs neue anhebt und den Scherzoteil abschliebt. Der gemlitliche Landler des Trio (ngemachlich", Ges-.dur) flihrt in reizvoller Weise die beschauliche Seite des Jagdvergnligens vor Augen, auf deren Charakter ja eine handschriftliche Anmerkung Bruckners hinweist:,., Tanzweise wahrend der Mahlzeit' zur Jagd": An der Weiterflihrung der der von Flaten und Karilnetten vorgetragenea Melodie im Mittelsatz beteiligen sich die Streicher. Der Scherzoteil, in Einzelheiten verandert, kehrt zur Ganze wieder und mit schmetterndem Hornerschall in iiberscbaumender Lebensfreude klingt das Scherzo",aus. Auf dem Beginn des finales (MaBig bewegt, Es-dur) lastet unheimlicbe Scbwiile. Ein drobendes Motiv in Horn und tiefer Klarinette, von unrubigen Streicberfiguren begleitet: II!../1!t._rss iy ~ lyf!9't. 7 flihrt nach einer Reminiszenz an die Scherzoklange des vorigen Satzes die Entladung herbei, die sicb im gewaltigen Unisono des Orchesters vollzieht (Hauptthema des Finales): U ngestlime Dberleitungsmotive bringen den grandiosen Eintritt des gleich einer VerheiBung aufleuchtenden Hornthemas aus dem e r s ten Satz, worauf die Themengruppe des Seitensatzes eingefiihrt wird. Das anfangs in ernstem C-moll gem essen einberschreitende, von Pizzikato-Bassen gestiitzte StreiGherthema: 13

8 Streich.quarteft macht alsbald einer in den Blasern froh sich aufschwingenden, hellen Gesangsweise Platz, deren grazios sich wiegende Rhythmen die weitere Entwicklung der Gesangsgruppe bestimmen: Eine neue 'Oberleitung aus energischen MQtiven, die auf das Unisonothema hindeuten,. Hihrt zu dem Beginn des Satzes zuriick. Der nunmehr folgende grobe Durchfiihrungsteil, in dessen Verlauf Bruckner die Themen. des Finales geistvoll miteinander verkniipft, kontrapunktisch verarbeitet und urn wesentliche N eugestaitungen bereichert zu einem stolzen Bau aufrichtet, ist mit der Reprise eng verbunden. Eine ausgedehnte Koda, aus dem umgefqrmten Einleitungsmotiv machtig emporwachsend, Hi.Bt in weihevollen Harmollien noch einmal den romantischen Zauber des ersten Satzes erstehen. Dr, Kurt Roger.