Die Verifizierung von Zuteilungsanträgen nach TEHG für Verbrennungsanlagen
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- Frieder Siegfried Bauer
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1 Die Verifizierung von Zuteilungsanträgen nach TEHG für Verbrennungsanlagen Erste Erfahrungen aus Sicht eines Verifizierers von Marco Wisniewski und Joachim Ganse, Gerling Cert Umweltgutachter GmbH, Köln Vorspann Im Sommer 2004 erfolgten erstmalig Verifizierungen von Zuteilungsanträgen für Treibhausgas- Emissionsberechtigung nach dem Treibhausgasemissionshandelsgesetz (TEHG). Im folgenden wird aus Sicht eines Verifizierers eine Übersicht über den Ablauf der Verifizierungen gegeben und über erste Praxiserfahrungen berichtet. Sie resultieren aus einer Vielzahl von Verifizierungen von Zuteilungsanträgen von Verbrennungsanlagen durch die Gerling Cert. Einleitung Mit Inkrafttreten des Treibhausemissionshandelsgesetzes (TEHG) am wurde der Startschuss für die praktische Durchführung des Emissionshandels in Deutschland gegeben. Dem Emissionshandel unterliegen große Teile der deutschen Industrieanlagen, die fossile Brennstoffe verbrennen und dabei das Treibhausgas Kohlendioxid emittieren. Im wesentlichen sind dies Verbrennungsanlagen über 20 MW Feuerungswärmeleistung - typischerweise Kraftwerke, Dampferzeuger, Gasturbinenanlagen der Energiewirtschaft - sowie Produktionsanlagen der energieintensiver Branchen (vgl. Abbildung 1).
2 Abbildung 1: Verteilung der Anlagenzahl nach Tätigkeit. Quelle: Hintergrundpapier der DEHSt vom , Emissionshandel in Deutschland. Verteilung der Emissionsberechtigungen für die erste Handelsperiode Der erste Schritt zur Umsetzung des Emissionshandels war die Beantragung der Zuteilung von Treibhausgas-Emissionsberechtigungen nach 10 TEHG durch die jeweiligen Anlagenbetreiber bei der zuständigen Behörde, der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt). Gesetzlich vorgeschrieben war eine Überprüfung der Angaben im Zuteilungsantrag durch einen unabhängigen Sachverständigen ( Verifizierer ). Die Verifizierungen fanden im Sommer 2004 statt. Die Hauptarbeit konzentrierte sich auf die letzten 3 Wochen vor dem , dem Abgabetermin der Zuteilungsanträge bei der DEHSt. Die Aufgaben des Verifizierers Zur Verifizierung berechtigt waren branchenzugelassene Sachverständige: Umweltgutachter nach dem Umweltauditgesetz oder öffentlich bestellte Sachverständige nach 36 GewO. Die Prüfaufgaben Verifizierung der Zuteilungsanträge ergaben sich aus 10 Abs. 1 TEHG sowie aus 14 der Zuteilungsverordnung 2007 (ZuV 2007). Die sachlichen Inhalte der Verifizierung richteten sich nach der Art des Zuteilungsantrages des Anlagenbetreibers, basierend auf den Vorgaben des TEHG, des Zuteilungsgesetzes 2007 (ZuG 2007) und der Zuteilungsverordnung 2007 (ZuV 2007). Die wichtigsten Aufgaben des Sachverständigen waren folgende: Überprüfung auf Richtigkeit der tatsachenbezogenen Angaben des Anlagenbetreibers anhand von Nachweisbelegen, Herleitungen und immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen Überprüfung der inneren Schlüssigkeit und Glaubwürdigkeit der Nachweise und des Zuteilungsantrages als Ganzes Im Spezialfall der sog. Optionsregel ( 11 ZuG 2007): Bestätigung der Erreichbarkeit des Emissionswertes bei Zugrundelegung der besten verfügbaren Technologie Erstellung eines Prüfberichts Ergänzt wurden die rechtlichen Vorgaben durch die Prüfrichtlinie zur Verifizierung von Zuteilungsanträgen, die Mitte August 2004 zur Verfügung stand. Diese enthielt Hinweise der DEHSt zur Abwicklung der Prüfaufgabe und zu den Inhalten des Prüfberichts. Der Bericht enthielt ein abschließendes Testat des Sachverständigen über die Richtigkeit der tatsachenbezogenen Angaben im Zuteilungsantrag. Im Bedarfsfalle war auf fehlende oder eingeschränkte Nachprüfbarkeit von Nachweisen hinzuweisen. Von der Verifizierung waren ausdrücklich ausgenommen Bewertungen mit erheblichen Beurteilungsspielraum, wie zum Beispiel individuelle Herleitungen und eigene Bewertungen des Anlagenbetreibers. Hier hatte der Sachverständige nur die tatsachenbezogenen Angaben, die die Herleitung begründen, zu verifizieren. Zur Wahrung seiner gutachterlichen Unabhängigkeit durfte der Sachverständige grundsätzlich nur Zuteilungsanträge verifizieren, an deren Erstellung er in keiner Weise beratend oder ausführend beteiligt war. Weiterhin muss die Aufgabe des Verifizierers abgegrenzt werden vom Willen des Anlagenbetreibers als Antragsteller sowie von den hoheitlichen Aufgaben der Behörden. Es war daher auch nicht Aufgabe des Verifizierers, rechtliche Fragen zur Antragstellung beurteilen. Dies betrifft im wesentlichen Fragen wie folgende: Ist der Antragsweg rechtlich möglich oder überhaupt vorgesehen? Unterliegt die Anlage dem TEHG? Wer ist zur Antragstellung berechtigt?
3 Durchführung der Verifizierung Regelablauf der Verifizierung Der Ablauf der Verifizierung erfolgte im Regelfall nach der Prüfleitlinie zur Verifizierung von Zuteilungsanträgen (vgl. Abbildung 2). Sie unterteilt sich in die Teilschritte System-, Prozess- und, Nachweisprüfung und Bericht. In der System- und Prozessanalyse verschafft sich der Sachverständige einen Überblick über alle Tätigkeiten und Prozesse und ihre Bedeutung für die Emissionen. Erste Informationen und Unterlagen werden eingesehen. Spätestens nach der Prozessanalyse beginnt die eingehende Nachweisprüfung der übermittelten Informationen. Meist ist hierzu eine Anlagenbegehung und die direkte Einsicht in Unterlagen am Standort der Anlage notwendig. Der Sachverständige führt Stichproben durch und befragt Verantwortliche, um die Zuverlässigkeit der übermittelten Daten und Informationen zu ermitteln. Systemanalyse Systemanalyse Prozessanalyse Prozessanalyse (1) (1) Nachweisprüfung Nachweisprüfung (2) (2) Bericht Bericht erste Unterlagensichtung neuralgische Punkte Begehung vor Ort Wesentlichkeit von Abweichungen wesentliche Tätigkeiten und Prozesse Festlegung Stichproben Durchführung der Stichproben Bewertung Abbildung 2: Inhaltlicher Ablauf eines Verifizierungsvorganges Im Rahmen der bewertet der Sachverständige alle Quellen von Emissionen in der Anlage hinsichtlich Zuverlässigkeit der Informationen. In der Praxis teilt sich die häufig in 2 Teile auf: der erste Teil ist die Vorab-Einschätzung der neuralgischen Punkte der Emissionsermittlung anhand des Vorwissens. Es wird ggf. ein Prüfplan und die zu erhebenden Stichproben festgelegt. Der zweite Teil ist die zusammenfassende Bewertung der durchgeführten Stichproben und weiterer gewonnener Erkenntnisse hinsichtlich der Wesentlichkeit von Abweichungen. Die zusammenfassende Bewertung aller Erkenntnisse erfolgt im abschließenden Prüfbericht. Organisatorische Umsetzung Für die Sicherung einer möglichst hohen Verifizierungsqualität war die Erstellung eines einheitlichen Beurteilungssystems wesentlich. Hiermit wurden die notwendigen Handlungsschritte und Prüfthemen inhaltlich strukturiert, optimiert und zur eigenen Nachweisführung auch dokumentiert. Dabei waren die rechtlichen Vorgaben umzusetzen. Die Dokumentation der Verifizierungen erfolgte anhand von Checklisten und Prüfnotizen, die die Prüfthemen nach ZuG 2007 und ZuV 2007 abbilden, durch Aufzeichnungen der eingesehenen Dokumente und durchgeführten Befragungen sowie durch einen Ablaufplan der einzelnen Prüfschritte. Die meisten Urbelege und Nachweise wurden im Original eingesehen. Der Prüfbericht wurde nach dem Einheitsmuster der Prüfleitlinien der DEHSt erstellt. Elektronische Verifizierung Aufgrund des vorgeschriebenen elektronischen Antragsverfahrens wurden die endgültigen Anträge als Datei via zur Verifizierung eingereicht, verifiziert und elektronisch signiert. Hierzu mussten in kurzer Zeit die notwendige Soft- und Hardware beschafft, installiert und erlernt werden. Durch die
4 elektronische Verifizierung hatte der Sachverständige die Zusatzaufgabe, aus den relevanten Dokumenten ein elektronisch signiertes Dateipaket zu erstellen. Der Abschluss der Verifizierung bildet der Rückversand des Dateipakets. Ergebnisse Das oben beschriebene Ablaufschema der Erhebung der Nachweise und Belege erwies sich als relativ gut geeignet, die geforderten Informationen zielgerichtet zu erheben. Es zeigte jedoch sich auch, dass zur Sicherstellung der Datenqualität in der Regel eine Begehung der Anlage und eine unmittelbare Erhebung von Daten-Stichproben vor Ort meist notwendig sind. Ingesamt schätzen wir die fachliche Kooperationswilligkeit der Anlagenbetreiber als gut ein. Wir stellten einen hohen persönlichen Einsatz der Betreiber bei der Ermittlung der notwendigen Daten und der Erstellung der Anträge fest. In den meisten Fällen wurde eine recht gute Datenlage hinsichtlich der wesentlichen Emissionsparameter angetroffen. Dies betrifft gerade die klassischen Verbrennungsanlagen, die mit üblichen Brennstoffen und Standard-Verbrennungstechnik arbeiten. Der neuartige Ansatz der elektronischen Verifizierung war nach Überwindung der Anfangsprobleme gangbar. Die Erfassungssoftware RISA-GEN (vgl. Abbildung 3), funktionierte nach einiger Übung im Prinzip zumindest zufriedenstellend, die elektronische Signierung verlief problemfrei, der elektronische Datenaustausch ist gegenüber einer Papierbearbeitung schnell und effizient. Abbildung 3: Bildschirmmaske zur Verifizierung in der Software RISA-GEN. Quelle: Betreiberhandbuch RISA-GEN Antragssoftware. Die Neuartigkeit des Fachgebiets führte naturgemäß zu einer erheblichen Unsicherheit vieler Anlagenbetreiber und auch der zu konsultierenden Behörden in rechtlichen und in Sachfragen zur Antragstellung. Zudem waren viele Arbeitsschritte des Antrags- und Verifizierungsverfahrens eng an die Verfügbarkeit der rechtlichen Voraussetzungen und technischen Hilfsmittel (Softwarekomponenten, Signaturkarten) gebunden, daher häufig zeitkritisch und bedurften einer aufmerksamen organisatorischen Betreuung. Im Grundsatz hat die elektronische Verifizierung funktioniert. Für überdenkenswert halten wir jedoch das für alle Seiten komplizierte und zeitaufwändige Handling der verschiedenen Software-Teile. Insbesondere für relativ kleine Anlagen erschien uns hier der Bearbeitungsaufwand überdimensioniert. Ein schwieriges Einzelproblem für die Verifizierer war die für sie bestehende datentechnische Intransparenz der Erfassungssoftware. Der prüfende Sachverständige konnte anhand der Software nicht sicher festzustellen, ob durch seine Pflichteingaben die Datenintegrität der Antragsdaten tatsächlich bestehen blieb. Dies konnte sogar zu einem unbemerkt unvollständigen Antrag führen.
5 Offene Punkte Aufgrund der bisherigen Praxis-Erfahrungen während der Antragsverifizierung stellen sich nun eine Vielzahl an Fragen. Diese bedürfen einer weiteren Diskussion durch die Fachwelt. Wir möchten hier nur einige wesentliche Punkte anreißen: Welche Anlagen sind tatsächlich TEHG-pflichtig? Wäre eine Anlagenklassifikation nach Emissionsmenge nicht sinnvoller als eine Klassifikation nach Feuerungswärmeleistung? (Wie) Kann ein Antrag abgegeben werden, der sich nicht an die Antragssoftware hält? Welchen Sinn haben die Monitoring-Guidelines bei der Erhebung von weit zurückliegenden historischen Daten? Fazit Die Einführung des Emissionshandels eröffnete für alle Beteiligte ein völlig neues Fachgebiet. Die Verifizierung der Zuteilungsanträge auf Treibhausgas-Emissionsberechtigungen ist ein notwendiges Bindeglied, um von Beginn an eine bestmögliche und einheitliche Datenqualität der gesamten Prozesskette im Emissionshandel sicherzustellen. Unter den gegebenen anspruchsvollen Bedingungen wurde die Aufgabe durch einen hohen Einsatz der Verifizierer erfüllt: nahezu alle Anträge wurden von den Sachverständigen rechtzeitig verifiziert, um die engen Terminvorgaben des TEHG einzuhalten. Die gewonnenen Erfahrungen werden nun sehr hilfreich sein, offene Punkte und sich neu stellende Fragen zu klären. In der aktuellen fachlichen Diskussion sollten auch praktische Fragen der Optimierung des Gesamtablaufs aus Sicht des Verifizierers angeschnitten werden. Gute organisatorische Randbedingungen für die Verifizierung schaffen inhaltliche Klarheit, nützen der Datenqualität und vermeiden so hohen organisatorischen Folgeaufwand für Anlagenbetreiber und Behörden durch notwendige Nachbesserungen. Kontakt Dr. Marco Wisniewski Gerling Cert Umweltgutachter GmbH Spiesergasse Köln Tel. 0221/ Dr. Marco Wisniewski ist Projektmanager für den Bereich Emissionshandel bei der Gerling Cert. Er ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Verifizierung im Treibhausgas- Emissionshandel bei Verbrennungsanlagen. Herr Joachim Ganse ist Geschäftsführer der Gerling Cert und Umweltgutacher, u.a. auch für die Branche Energie. Beide Autoren sind Sachverständige für Verifizierung von Zuteilungsanträge nach TEHG.
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