Das Güterichterverfahren in Patentstreitsachen. Rechtlicher und organisatorischer Rahmen Funktionsweise und Techniken der Mediation Beispiele
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1 Das Güterichterverfahren in Patentstreitsachen Rechtlicher und organisatorischer Rahmen Funktionsweise und Techniken der Mediation Beispiele
2 Rechtlicher Rahmen 278 I: soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung Güteverhandlung vor d. Streitrichter 278 II Güteversuch vor dem Güterichter 278 V Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen. Schriftliche Vorschläge und Vergleichsfeststellung 278 VI
3 Keine (nachteilige) Auswirkung auf das Streitverfahren
4 Alternativen 278 II: Güteverhandlung vor der Kammer 278a I 1. Alt.: Güteversuch bei einem Mediator 278a I 2. Alt: Anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung z. B. Schlichtungsstelle
5 Kosten Für die Güteverhandlung fallen keine gesonderten Gerichtskosten an.
6 Termine werden idr vereinbart
7
8 Methodenvielfalt 278 V ZPO: Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
9 Wie funktioniert Mediation? Nachhaltige Streitschlichtung setzt an den Ursachen des Streits an. Was ist Grund der Auseinandersetzung? Weshalb konnte bislang keine Lösung gefunden werden? Häufig zu beobachtendes Phänomen:
10 Was beeinflusst unsere Einschätzung? Selektive Wahrnehmung ist die Regel. Erinnerungslücken füllen wir mit Mutmaßungen (z. B. Knallzeuge). Einseitig selektive Wahrnehmung bei Erregung beeinflusst von unseren Erwartungen Mangel an Empathie infolge des Gefühls, angegriffen zu werden. Worauf beruht das?
11 Beispiele aus der prozessualen Praxis Jetzt lügt er schon wieder Ihm geht es nur darum, mir zu schaden Mit ihm kann man gar nicht vernünftig reden Ich würde mich schon vergleichen; aber es ist die andere Seite, die sich einer vernünftigen Einigung verschließt
12 Zusammenfassung Bei Erregung nehmen wir das Umfeld nicht mehr wahr.
13 Zusammenfassung Bei Erregung nehmen wir das Umfeld nicht mehr wahr. Schwere Belastung hemmt die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen.
14 Zusammenfassung Bei Erregung nehmen wir das Umfeld nicht mehr wahr. Schwere Belastung hemmt die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen. Erst wenn der Druck nachlässt, erlangen wir diese Fähigkeiten wieder.
15 Wie kann nachhaltige Streitschlichtung gelingen? Gelassenheit und Selbstsicherheit durch: Verhandlung auf der Sachebene Keine Schuldvorwürfe Berücksichtigung der Interessen Abweichender Standpunkt wird akzeptiert Persönliche Wertschätzung Empathie
16 Ablauf der Mediation Vorbereitung und Eröffnung Bestandsaufnahme Interessenforschung Lösungssuche Vergleichsabschluss
17 Vorbereitung und Eröffnung Abschlussvollmacht Einbeziehung Dritter Vertraulichkeitsvereinbarung? Zeitlicher Rahmen?
18 Die Partei kann Bestandsaufnahme Streit und Konflikte darstellen Ballast abwerfen Gegner hört zu dadurch mit der Vergangenheit (wenigstens für das Mediationsgespräch abschließen) Der Gegner kann die abweichende Wahrnehmung des anderen erkennen Empathie für den anderen entwickeln
19 Vorgehen des Mediators Um der Partei Empathie zu schenken und zu vermitteln, verstanden zu werden Aktives Zuhören Reformulieren Gezielt nachfragen Um dem Gegner Empathie zu ermöglichen: Die Ausführungen von Anschuldigungen zu ich- Botschaften lenken. Perspektivwechsel: Wie hätten Sie sich an der Stelle des Gegners verhalten?
20 Interessenforschung Von der Vergangenheit in die Zukunft Von der Position zum Interesse Was steckt hinter den geltend gemachten Positionen? Was müsste erreicht werden, dass die Medianten zufrieden sind?
21 Beispiel Patentstreitsache Kl. Ende d. Streits Anerkennung der Entwicklungsleistung Außendarstellung als führend am Markt Kompensation Bekl. Ende d. Streits Anerkennung der Entwicklungsleistung Veräußerung der Produkte unter der eigenen Marke am Markt Amortisation der Maschinen
22 Priorisierung der Interessen Kl. Ende d. Streits 1 Anerkennung der Entwicklungsleistung 1 Außendarstellung als führend am Markt 5 Kompensation 3 Bekl. Ende d. Streits 4 Anerkennung der Entwicklungsleistung 1 Veräußerung der Produkte unter der eigenen Marke am Markt 1 Amortisation der Maschinen 4
23 Interessengerechte Lösungen setzen Kreativität voraus Brainstorming: Wie können die Parteien ihre Interessen erreichen? Jeder Gedanke ist erlaubt! Kreativität setzt voraus, dass wir die Vergangenheit tatsächlich mit der Bestandsaufnahme hinter uns gelassen haben.
24 Lösungen suchen Bekl. produziert Kl. produziert Zahlung
25 Interessenforschung Kl. Ende d. Streits Anerkennung der Entwicklungsleistung Außendarstellung als führend am Markt Kompensation Bekl. Ende d. Streits Anerkennung der Entwicklungsleistung Veräußerung der Produkte unter der eigenen Marke am Markt Amortisation der Maschinen
26 Priorisierung der Interessen Kl. Ende d. Streits 1 Anerkennung der Entwicklungsleistung 1 Außendarstellung als führend am Markt 5 Kompensation 3 Bekl. Ende d. Streits 4 Anerkennung der Entwicklungsleistung 1 Veräußerung der Produkte unter der eigenen Marke am Markt 1 Amortisation der Maschinen 4
27 Lösungen suchen K kauft B s Maschinen Bekl. produziert Kl. produziert Zahlung
28 Lösungen bewerten K kauft B s Maschinen Bekl. produziert Zahlung Kl. produziert Kosten aufheben
29 Ziele für die Parteien Interessengerechte Regelung Wertschöpfung, z. B. durch Aufteilung des Marktes Kreuzlizenzen Nutzung von Größenvorteilen z. B. im Einkauf Nutzung gemeinsamer (Vertriebs-)Strukturen Regelung für Territorien außerhalb Deutschlands Verzicht auf Angriffe gegen den Rechtsbestand
30 Patentvindikation Bekl. ist Patentinhaber. Aber nur Kl. ist produktiv tätig. Kl. möchte nicht nur eine Lizenz nehmen, sondern begehrt aus Gründen des Marketing eine Erfinderbenennung und eine Patentvindikation. Ihre Klage bietet kaum Aussicht auf Erfolg.
31 Patentvindikation Bekl. akzeptierte die Forderungen der Kl. gegen eine Zahlung. Lösung war also nicht an der Rechtslage orientiert, sondern an den Interessen der Parteien.
32 Klage nach dem ArbNErfG Kl. begehrt eine höhere Vergütung nach dem ArbNErfG. Kl. ist inzwischen aus dem UN ausgeschieden. Bekl. möchte gleichwohl keinen Präzedenzfall schaffen.
33 Klage nach dem ArbNErfG Es wird eine anderer Weg der Entlohnung gefunden: B vergibt Aufträge an den freiberuflich tätigen K.
34 Lizenzvereinbarung Außerordentliche Kündigung eines Lizenzvertrages. Kl. begehrt Feststellung, dass Kündigung unwirksam ist. Bekl. möchte das Patent anderweitig gewinnbringender verwerten.
35 Lizenzvereinbarung Bekl. verpflichtet sich zur Zahlung einer höheren Lizenzgebühr.
36 Reiner Zahlenstreit Patentverletzung. Unterlassungserklärung. Streitig ist nur die Höhe des Schadensersatzes.
37 Druckvergleich I. Anerkannter Betrag II. Vereinbarte Raten: III. Erlassvereinbarung IV. Verfallsklausel
38 Zahlungsmodalitäten Januar Juli Januar Juli
39 Reiner Zahlenstreit Es geht wirklich nur um die Höhe der angemessenen Zahl. Keine Zahlungsschwierigkeiten. Keine anderen Interessen im Hintergrund.
40 Klägerin: Ich will 4 Mio Beklagte: Du kriegst max ,00
41 Rationalitätsfallen Anchoring Framing Verstrickung Selektive Wahrnehmung
42 Prozessrisikoanalyse Die Klägerin macht geltend: Patentverletzung. Auf dieser beruhe der von der Bekl. letztes Jahr erzielte Gewinn in Höhe von 5 T. Wenn dieser Kausalitätsnachweis nicht gelinge, so könne die Klägerin aber nachweisen, dass ihr ein Schaden in Höhe von 5 T entstanden sei wegen abgesprungener Kunden. Die Lizenzanalogie führt im vorliegenden Fall nicht weiter. Erwartungswert des Prozesses?
43 Erwartungswert Patentstreitklage Patentverletzung nachweisbar? Ja Nachweis kausaler Gewinn? Ja -> 5 T Nein. Nachweis Schaden? Ja -> 5 T Nein -> 0 Nein 0
44 Erwartungswert Patentstreitklage Patentverletzung nachweisbar? 40 % 60 % Ja Nachweis kausaler Gewinn? 40 % Ja -> 5 T Nein. Nachweis Schaden? Nein 0 50 % 60 % 50 % Ja -> 5 T Nein -> 0.
45 Erwartungswert Patentstreitklage 40 % * 40 % * = 800,00 Patentverletzung nachweisbar? Ja Ja -> 5 T % % 50 % 60 % Nachweis kausaler Gewinn? Nein. Nachweis Schaden? 60 % 50 % Nein 0 Ja -> 5 T Nein -> % * 60 % * 50 % * = 600,00 60 % * 0 = 0 Summe: 1.400
46 Reiner Zahlenstreit Es geht wirklich nur um die Höhe der angemessenen Zahl. Keine Zahlungsschwierigkeiten. Keine anderen Interessen im Hintergrund. oder?
47 Verteilungsmethoden Der eine teilt, der andere wählt. Shoot out. Adjusted winner-methode. Zuwendung an einen Dritten. Auswürfeln. Abwechseln. Extreme streichen. Entscheidung neutraler Dritter. Final Offer Arbitration. Objektive Kriterien einführen. Michigan Mediation. Marktprozedur.
48 Final Offer Arbitration Das Angebot wird Gegenstand der Einigung, welches dichter am Vorschlag des Mediators liegt.
49 Michigan Mediation Um Anreiz zu vernünftigen Angeboten zu schaffen: Vereinbarung: Partei, die im Gerichtsverfahren nicht mehr erreicht als im Mediationsvorschlag, trägt die Kosten der anderen Seite. Anschl. erneute Verhandlung.
50 Trotz aller Tricks gibt es natürlich keine Erfolgsgarantie oder?
51 Verhandlungsführer d. Klägerin zu seinem Chef: Wir gewinnen wahrscheinlich! Verhandlungsführer d. Beklagten zu seinem Chef: Wir gewinnen wahrscheinlich!
52 Auseinanderfallende Interessen Möchte betriebswirtschaftlich sinnvolles Ergebnis Möchte nicht eine Fehleinschätzung d. Erfolgsaussichten einräumen müssen Vorstand Verhandlungsführer
53 Nicht transportierbare Ergebnisse Veränderte Wahrnehmung Veränderung der Einstellung zur anderen Partei
54 Aber auch dann gibt es natürlich keine Erfolgsgarantie oder?
55 Güterichterverfahren in Patentstreitsachen beim LG München I Auswertungszeitraum * Zahl der Güteverhandlungen: 19 In 3 Verfahren Co-Mediation mit einem Güterichter des BPatG * Vor Inkrafttreten des 278 V ZPO fanden am LG München I Mediationen ir. eines Modellversuchs statt
56 Ergebnisse d. Güterichterverfahren in Patentstreitsachen beim LG München I Zahl der Güteverhandlungen: 19 Endgültige Erledigung in der Güteverhandlung: 12 Nachfolgende Einigung beim Streitrichter: 4 Endurteile: 3
57 Problem Klage Interessen- orientierte Lösung???
58 Gewolltes Betreten der Eskalationstreppe
59 Klägerin: Ich gewinne! Richter: Prozesschancen x % Beklagte: Ich gewinne!
60 Sinnvolles Stufenverhältnis wenn rechtl. Maßstäbe entscheiden sollen Streitverfahren Güterichterverfahren Streitrichter: Hinweise und Güteversuch Konfliktbearbeitung u. interessenorientierte Lösung
61 Aber erforderlich: Loslassen von den Schuldvorwürfen!
62 Abgrenzung freier Mediator Keine vorgegebenen Voraussetzungen. Erwartungen abstimmen!
Das Güterichterverfahren in Patentstreitsachen. Rechtlicher und organisatorischer Rahmen Funktionsweise und Techniken der Mediation Beispiele
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