Wir wünschen Ihnen viel Spaß und Freude beim Ausprobieren der hier vorgestellten Unterrichtsvorschläge und beim Finden weiterer Ideen.

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1 Liebe Lehrerinnen, liebe Lehrer, vor zehn Jahren zeigte das Museum Frieder Burda die erste Ausstellung zu Sigmar Polke, einem der wichtigsten deutschen Maler des 20. Jahrhunderts und gleichzeitig Signetkünstler der eigenen Sammlung. Im Frühjahr 2017 findet nun eine zweite, groß angelegte Einzelschau statt, die diesmal den Fokus auf zwei besondere Aspekte in seinem Werk legt: Alchemie und Arabeske. Beides zeichnet Sigmar Polkes Malerei im Besonderen aus. So arbeitete er immer wieder aufs Neue mit den unterschiedlichsten Farben, Chemikalien und Materialien und schreckte auch dabei nicht davor zurück, mit teilweise gesundheitsschädlichen Elementen wie Urangestein zu experimentieren. Gleichzeitig findet sich in vielen Arbeiten eine elegant kontrastierende Linienführung, die aus verschiedenen Quellen wie den Arabesken alter Meister zum Beispiel Albrecht Dürer oder Albrecht Altdorfer schöpfte. Über die subtile Ironie und den hintergründige Witz in Sigmar Polkes Bildern werden sich garantiert auch Ihre Schülerinnen und Schüler freuen. Lassen Sie sich daher von seiner Kreativität und seinem genialen Einfallsreichtum inspirieren, wenn Sie, auf seinen Spuren wandelnd, in der Schule eigene Malprojekte realisieren. Wir wünschen Ihnen viel Spaß und Freude beim Ausprobieren der hier vorgestellten Unterrichtsvorschläge und beim Finden weiterer Ideen. Brigitte von Stebut, Kunstvermittlung Museum Frieder Burda Sebastian Steinert, Mitarbeiter im Team Kunstvermittlung Kathrin Dorfner, Leitung Kinderkunstwerkstatt Museum Frieder Burda

2 Unterrichtsvorschlag 1 praktisch: Experiment im Sinne von Sigmar Polke Sigmar Polke legte eine äußert experimentierfreudige und assoziative Arbeitsweise an den Tag. Oft überließ er die Entstehung seiner Bilder dem Zufall: das Überraschende, Unvorhergesehene und das Ausprobieren standen im Vordergrund. Seine mitunter trivialen Motive aus den Massenmedien, dem Comic oder dem Alltag malte er zum Beispiel auf billige Tapeten, Küchenhandtücher oder Dekostoffe, die er auf Märkten oder in Kaufhäusern erwarb. Lassen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler ebenfalls mit billigen, unkünstlerischen Materialen arbeiten und beispielsweise aus Motiv-Dekostoffen eine Leinwand anfertigen. Verschiedene Bauanleitungen für Leinwände finden Sie zum Beispiel auf YouTube im Internet. Anschließend werden dann die Leinwände mit dem charakteristischen Formenrepertoire von Sigmar Polke bemalt, gerne auch in Kombination mit aleatorischen Techniken. $-Bild, 1971 (Museum Frieder Burda)

3 Unterrichtsvorschlag 2 praktisch: Bild mit Klebe- bzw. Gummiband Im Jahr 1502 malte Albrecht Dürer seinen berühmten Hasen, der in unzähligen Reproduktionen über die Jahrhunderte hinweg zu einem der beliebtesten deutschen Kunstwerke wurde. Auch Sigmar Polke widmete dem Dürer-Hasen verschiedene Versionen. So malte er ihn beispielsweise samt den unverwechselbaren Initialen von Albrecht Dürer mit Dispersionsfarbe im Jahr 1968 auf Stoff oder fertigte zwei Jahr später ein sogenanntes Gummiband-Bild an, indem er die Silhouette des Tieres und den Schriftzug des Künstlers durch Gummiband gestaltet auf eine mit einem Stoff bespannte Spanplatte nagelte. Fallen Ihnen und Ihren Schülerinnen und Schülern andere Motivikonen der Kunstgeschichte wie Tiere oder auch Objekte ein, die in ähnlicher Weise in einem Nagelbild dargestellt werden können? Lassen Sie sich bei Ihrer Suche gerne von Sigmar Polkes Dürer-Hasen inspirieren und fertigen Sie eigene Gummiband-Bilder! Sollte der Umgang mit Hammer und Nägeln Ihnen ggf. als zu gefährlich erscheinen, können Sie auch gerne auf selbstklebendes Masking-Tape (Deko-Klebeband aus Reispapier) ausweichen, das sie in verschiedenen Farben und Mustern in Bastelgeschäften erhalten. Dürer Hase, 1968 (Museum Frieder Burda)

4 Unterrichtsvorschlag 3 praktisch: Typographie und Design Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen! von 1969 ist ein gelungenes Beispiel für Sigmar Polkes Bilder, bei denen Schrift und Design in einen wunderbaren, puristischen Dialog treten. In ironischer Weise spielte Sigmar Polke in dieser Arbeit mit dem Klischee vom Künstler als kreativem Genie, das nicht wie allgemein verstanden seine Werke aus der eigenen Imagination heraus gestaltet, sondern seine Eingebung von einer höheren Instanz erhält. Der Werktitel, der gleichzeitig den vermeintlichen Vorgang der Werkentstehung beschreibt, ist dabei in einer Schreibmaschinenschrift auf den Bildträger gemalt. Aufgabe Ihrer Schülerinnen und Schüler ist es, sich zunächst einen skurril klingenden Nonsens-Satz auszudenken, ihn anschließend typographisch mit einer Feder und Tusche zu kalligraphieren und dann durch passende, flankierende Formelemente, die auf seinen Inhalt verweisen, in Sigmar Polke Manier darzustellen. Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!, 1969 (Sammlung Froehlich)

5 Unterrichtsvorschlag 4 praktisch: Rasterbild Eines von Sigmar Polkes malerischen Markenzeichen war die Verwendung von Rasterpunkten, die er in seinen Bildern auf vielfältige Weise einsetzte. Am Raster gefiel ihm vor allem das Unpersönliche, Neutrale und Fabrizierte. Das Raster ist für mich ein System, ein Prinzip, eine Methode, Struktur. Es zerlegt, zerstreut, ordnet und macht alles gleich, wie Sigmar Polke formulierte. Entweder stempelte er dabei jeden Punkt einzeln mit dem Radiergummiende eines Bleistifts oder malte ihn freihändig. Nutzen Sie die Strategie des Rasters, wie es Sigmar Polke zum Beispiel in seinem Werk Ohne Titel (Punkte) von 1963 tat, um mit Ihren Schülerinnen und Schülern eigene Rasterbilder herzustellen. Dieser Unterrichtsvorschlag ist vor allem für Kinder in der Grundschule gedacht, die in diesem Zusammenhang sich auch mit der Wirkung von Farbe und dem Farbkreis beschäftigen können. Als Stempel können wie bei Sigmar Polke Radiergummi dienen oder es können auch zum Beispiel aus Kartoffeln eigene Stempel gebastelt werden. Ohne Titel (Punkte), 1963 (Sammlung Froehlich)

6 Unterrichtsvorschlag 5 praktisch: Zahlenzufall gestalten Sigmar Polke hatte seine eigene Logik. Er liebte den Zufall. Darum hier ein kreativer Vorschlag, der auch Polkes Lust auf Linien hervorhebt. Jeder benötigt einen großen Bogen weißes Papier oder ein großes bereits mit Tapeten oder Stoffen beklebtes oder mit Farbe bemaltes Papier und Filzstifte in zwei Farben, dicker Stift oder Pinsel und Farbe. Jetzt schreibt jeder ganz spontan, ohne nachzudenken die Zahlen von 1 20 (bei größeren Kindern 1-40 etc.) wild über das ganze Blatt verteilt auf und verbindet danach die Zahlen mit dem Filzstift in der anderen Farbe. Betrachten Sie nun zusammen das Fadengewirr! Es setzt jede Menge Fantasie frei. Nun kann und darf jeder auf seinem Fadengewirr einzelne Linien mit einem dicken Stift oder Pinsel zu einer Figur nachfahren und diese bunt gestalten oder Teile seines Blattes dünn und spontan mit Pinsel oder Schwamm übermalen oder Farbe darüber laufen lassen so wird der Zufall der Linie doppelt zelebriert. Sie können auch ohne Zahlen arbeiten und sich die Linien einer Hand vornehmen und abzeichnen und mit Pinsel und Farbe nachmalen auf ein bereits mit Stoffen oder Tapete vorbearbeitetes Blatt. Auch eine sehr spannende Geschichte! Schleifenbild, Schleifenbild (Schnörkelgesicht), 1986 (Privatsammlung)

7 Unterrichtsvorschlag 6 praktisch: Portrait Sigmar Polke variiert, vergrößert, thematisiert das abstrakte Muster mit figurativer Darstellung und spielt mit dem Flimmerphänomen der Impressionisten und Pointilisten. Seine Raster reagieren auf die Mediendarstellungen, denen die Vorlagen häufig entnommen sind, jedoch haben sie eine umgekehrte Wirkung: Von Ferne scheinen die Bilder gestochen scharf, von nahem verschwimmt alles. Sie benötigen großes, weißes Tonpapier, Bleistifte, Gouache oder Tempera, Kartoffeln und kleine Spiegel. Jeder betrachtet sein Gesicht im Spiegel, zeichnet es auf das weiße Tonpapier, ganz schnell und nur grob. Nun füllt jeder die einzelnen Flächen seines Gesichtes mit farbigen Punkten ( z.b. Daumenabdruck, Korkendruck oder Kartoffeldruck). Das erfordert viel Zeit und Sorgsamkeit und ist eher für größere Kinder und Jugendliche gedacht. Man kann auch einzelne Flächen ganz ausmalen. Dann ergibt sich eine schöne Kontrastwirkung. Variante: Monotypie Dabei wird das große, weiße Tonpapier mit Rasterdruck als Untergrund bearbeitet. Danach erhält jeder einen Spiegel und malt seine Gesichtszüge zügig mit Pinsel und dunkler Farbe auf den Spiegel und druckt diesen auf das Rasterblatt. Oder jeweils 2 Kinder oder Jugendliche arbeiten zusammen und erhalten eine Glasplatte. Dabei schaut der eine ruhig durch das Glas und der andere zeichnet dessen Gesichtszüge zügig mit Pinsel und Farbe auf die Glasplatte und der Gemalte druckt sie auf sein vorbereitetes Rasterblatt. Nach Säuberung der Glasplatte werden die Rollen getauscht. Kartoffelköppe (Mao & LBJ), 1965 (Museum Frieder Burda)

8 Biographie zu Sigmar Polke: 1941 geboren in Oels (Schlesien) 1945 Flucht mit der Familie nach Thüringen 1953 Übersiedlung nach West-Berlin, anschließend nach Düsseldorf Glasmalerlehre bei der Firma Derix, Düsseldorf Kaiserswerth Studium an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei Karl Otto Goetz und Gerhard Hoehme 1963 Begründet mit den Studienkollegen Gerhard Richter, Konrad Lueg und Manfred Kuttner den Kapitalistischen Realismus 1972 Lebte in einer Kommune auf dem Gaspelshof in Willich/Niederrhein, Teilnahme an der Documenta 5,Kassel ab 1974 Reisen nach Asien und Australien Professur an der Hochschule für Bildende Künste, Hamburg 1978 Übersiedlung nach Köln Internationale Ausstellungstätigkeit 2010 gestorben in Köln Literatur zu Sigmar Polke (Auswahl): Sigmar Polke. Alchemie und Arabeske, Ausstellungskatalog hrsg. v. Helmut Friedel, Museum Frieder Burda, Baden-Baden, Schirmer Mosel Verlag, München, Alibis: Sigmar Polke , Ausstellungskatalog hrsg. v. Kathy Halbreich (et al.), Museum Ludwig, Köln, Prestel Verlag, München, Polke. Eine Retrospektive. Die Sammlungen Frieder Burda, Josef Froehlich, Reiner Speck, Ausstellungskatalog hrsg. v. Götz Adriani, Museum Frieder Burda, Baden- Baden, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit, Die Dinge sehen wie sie sind. Zu Sigmar Polkes malerischem Werk seit 1981, Anita Shah, VDG 2002 Künstlerhomepage von Sigmar Polke (The Estate of Sigmar Polke): Copyright für alle abgebildeten Werke: The Estate of Sigmar Polke / VG Bild-Kunst, Bonn