Antrag der Fraktion DIE LINKE: CETA-Handelsabkommen ablehnen
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- Anneliese Becker
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1 Antrag der Fraktion DIE LINKE: CETA-Handelsabkommen ablehnen Drucksache 6/4581 Es gilt das gesprochene Wort! Landtag Mecklenburg-Vorpommern Fraktion DIE LINKE. MdL Barbara Borchardt Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, am 10. Oktober 2015 haben unter dem Motto TTIP & CETA stoppen! Für einen gerechten Welthandel etwa Menschen bei einer Großdemonstration im Herzen von Berlin gegen die Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) sowie Kanada (CETA) protestiert. Auch in anderen EU-Staaten gab es Proteste insgesamt gingen mehrere Millionen Europäer/innen auf die Straße gegen TTIP und CETA. Ein noch nie dagewesener Protest. Auch in anderen europäischen Ländern fanden zahlreiche Proteste statt. Phantasievoll und fachkompetent wurde durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Risiken und Nebenwirkungen der entsprechenden Freihandelsabkommen aufmerksam gemacht. Mehr als 3,5 Millionen Menschen haben europaweit die Bürgerinitiative gegen die Freihandelsabkommen unterschrieben. Auf Drängen meiner Fraktion hat sich das Parlament in den
2 letzten Monaten mit dem TTIP und seinen allgemeinen bzw. spezifischen Auswirkungen auf die unterschiedlichsten Bereiche des gesellschaftlichen Lebens auseinandergesetzt. Heute nun thematisieren wir, aus aktuellem Anlass, das CETA- Abkommen, sprich das Abkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada. Und das aus gutem Grund. Richtig ist, dass der Text des Abkommens seit fast einem Jahr vorliegt und ausverhandelt ist. Die Ratifizierung dieses Abkommens steht unmittelbar bevor, es gilt nur noch ein paar Formalitäten zu klären. Es ist davon auszugehen, da es sich bei CETA um ein gemischtes Abkommen handelt, die Ratifizierung im Europaparlament nicht ausreichen wird. Auch die Parlamente der Mitgliedstaaten, einschließlich des Bundesrates, werden über CETA abstimmen müssen. Selbstverständlich ist uns bewusst, dass wir der Regierung nicht vorschreiben können, wie sie abzustimmen hat. Aber sie sollte aus unserer Sicht schon wissen, wie wir als Landtag bestimmte Fragen bewerten und welche Anforderungen wir stellen. Frau Präsidentin meine Damen und Herren, warum sind wir der Auffassung, dass das CETA Abkommen abzulehnen ist. Bei CETA handelt es sich um ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen Kanada und der europäischen Union. Dabei geht es im Wesentlichen um umfassende Zoll- und Handelserleichterungen. Wenn man das so hört, meine Damen und Herren, werden natürlich sofort die Parallelen zu TTIP deutlich. Oder besser die Parallelen von TTIP zu CETA. Schließlich war CETA ja schon vorher da. Und in der Tat ist es auch wirklich so. CETA galt als die maßgebliche Blaupause für TTIP. Damit sind natürlich auch alle Kritikpunkte die Gleichen. Insofern verweise ich hier auf die Debatten die wir hier schon zu TTIP geführt haben. Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch nicht so detailliert auf die Kritiken eingehen, die wir
3 zu TTIP hier vorgebracht haben. Sei es die unzureichende Transparenz, die Gefährdung von Standards oder Eingriffe in die kommunale Daseinsvorsorge. Nun werden Sie mir sicherlich erwidern, dass es im Prozess der Erarbeitung von TTIP aus ihrer Sicht kleine und bescheidene Erfolge erzielt hat. Das kann man nun über CETA in keinster Weise behaupten. Im Gegenteil. Als Beispiel nehme ich jetzt einmal die ISDS Schiedsgerichte. Hintergrund der Schiedsgerichte war ja folgendes: Als die Bundesrepublik in 50er und 60er Jahren die ersten Handelsabkommen abschloss, hatte man es häufig mit Staaten ohne entwickelte Rechtssysteme zu tun. Man musste also einen rechtlichen Schutzbereich für Unternehmen schaffen und auch eine Gerichtsbarkeit, vor der sie diesen Schutzbereich verteidigen konnten. Das waren dann private Schiedsgerichte. In vielen damaligen Fällen machten diese auch durchaus Sinn. Im Falle von Europa, Kanada oder auch den USA bedarf es dieser Gerichte aber nicht. Die rechtlichen Schutzbereiche sind klar festgelegt, sie sind einander ähnlich und es gibt überall gut funktionierende Gerichtsbarkeiten. Wozu will man also solche privaten Schiedsgerichte? Die Antwort gibt uns der Fall Vattenfall. Hier wurde die Bunderepublik vom Energiekonzern Vattenfall wegen ihres Atomausstieges verklagt. Vor keinem Verwaltungsgericht hätte Vattenfall eine Chance gehabt. Der Konzern nutze also die Investorenschutzregeln des internationalen Energiecharta-Vertrages und ging über die Schiedsgerichte, um an die gewünschten Milliarden zu kommen. Und da wird das Problem deutlich, was heutzutage bei ISDS auftritt. Es geht nicht mehr darum einen rechtlichen Schutzbereich zu schaffen, sondern den bereits vorhandenen und eigentlich ausreichenden Schutzbereich extrem zu erweitern. Nämlich auf den Bereich demokratischer Parlamentsentscheidungen, die den Konzerninteressen zuwider laufen. Insofern ist auch der für TTIP angedachte Handelsgerichtshof durchaus mit Vorsicht zu genießen. Sicherlich ist er deutlich transparenter und er kommt auch im Ganzen einem anständigen Gericht deutlich näher.
4 Trotzdem wohnt ihm immer noch die fragwürdige Erweiterung des rechtlichen Schutzbereichs der Konzerne inne. Es kommt also ganz maßgeblich darauf an, was dieser Gerichtshof am Ende entscheiden soll. Insofern wird das Problem der undemokratischen Schiedsgerichte durch einen Handelsgerichtshof nicht wirklich beseitigt, da auch er die Gefahr birgt, dass demokratische Entscheidungen aus Angst vor Schadenersatzklagen nicht so getroffen werden, wie sie eigentlich getroffen werden sollten. Das sollten wir alle nicht vergessen. Sie mögen ja anführen, dass Frau Malmström in Aussicht gestellt hat, über die Schiedsgerichte irgendwann in Zukunft noch einmal verhandeln zu wollen. Allerdings halte ich diese Ankündigung für nichts weiter als eine Beruhigungspille. Warum ist das so? Kürzlich hat die Nichtregierungsorganisation Foodwatch die Verhandlungsmandate der EU Kommission für CETA öffentlich gemacht. Daraus geht hervor, dass ISDS im ursprünglichen Mandat von 2009 nicht vorkam. Erst im Jahre 2011 wurde ISDS auf Drängen der EU Kommission hineinverhandelt. Auf Drängen der Kommission, meine Damen und Herren! Die kanadische Seite hatte an diesen Schiedsgerichten gar kein Interesse. Das bringt mich dann zu zwei Erkenntnissen. Naja, eigentlich sind es sogar drei. Erstens ist nicht ersichtlich, warum ISDS erst später neu verhandelt werden muss. Die europäische Seite hat dieses Thema in CETA hineinverhandelt, also kann sie es auch einfach wieder herausnehmen. Das ist ganz einfach. Zu sagen, wir müssen das später noch einmal drüber reden, ist eine bloße Hinhaltetaktik. Zweitens, sind Verhandlungen ja immer eine Geben und Nehmen. Und ich möchte an dieser Stelle nicht wissen, welche eigentlichen, wirklichen europäischen Interessen geopfert
5 worden sind,um ISDS in das CETA Abkommen hinein zu verhandeln. Und drittens bringt mich das auch zu TTIP. Wenn nachweislich, es bei CETA die EU Kommission war, die ISDS unbedingt haben wollte und wenn ich dann sehe, dass die USA mit Australien ein Freihandelsabkommen ohne ISDS abgeschlossen haben, dann liegt es doch sehr nahe anzunehmen, dass ISDS auch bei TTIP durch die Kommission eingebracht wurde. Insofern ist auch der Kompromiss mit dem internationalen Handelsgerichtshof ganz anders zu bewerten. Dieser Handelsgerichtshof ist offensichtlich kein Beweis für die Durchsetzungsfähigkeit der Europäer, sondern einfach nur ein Zurückrudern der Kommission von der eigenen Position aufgrund des öffentlichen Drucks. Ich denke da an die durchgeführte europaweite Konsultation, wo sich 97 Prozent der Teilnehmer gegen ISDS aussprachen. Ich halte es dann schon für fragwürdig, sich für diesen Erfolg selbst auf die Schulter zu klopfen. Das bringt mich dann auch wieder zu CETA zurück. Die eigentliche Auseinandersetzung bei diesen Freihandelsabkommen, sei es nun CETA oder auch TTIP, liegt nicht zwischen Europa und Kanada oder eben den USA. Sie liegt zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der Demokratie auf der einen Seite und mächtigen Lobbygruppen und Großkonzernen auf der anderen Seite. Denn machen wir uns nichts vor: von ISDS oder der Absenkung von Standards profitieren ja nicht nur Konzerne auf der einen Seite des Atlantiks, sondern alle Großkonzerne. Darüber hinaus gebe ich zu bedenken, dass die Festlegungen im TTIP durch andere Regelungen bei CETA auch schnell unterwandert werden können. Z.B. könnten Firmen aus Amerika eine Tochter oder sogar Briefkastenfirma in Kanada eröffnen. Damit könnten sie die IDAS Regelungen in Anspruch nehmen. Wollen wir das wirklich? Ich denke nicht, denn das kam in der Aussprache zum Antrag von SPD und CDU im April 2015 deutlich zum Ausdruck. Aber es geht noch weiter, denn ganz deutlich wird die ganze Geschichte bei der regulatorischen Kooperation. Hier soll ein
6 regulatorisches Kooperationsforum geschaffen werden in dem regulatorische Aspekte diskutiert werden sollen. Hierzu sollen auch Lobbyisten aus Industrie und Wirtschaft eingeladen werden. Somit können diese schon im laufenden Gesetzgebungsverfahren erheblichen Einfluss auf Regelungen und Standards nehmen. Sie bekommen damit schon frühzeitig exklusiven Zugang zu Gesetzgebungs- und Regulierungsvorhaben. Etwas zugespitzt ausgedrückt, legen damit nicht mehr Gesellschaft und Politik die Standards für die Wirtschaft fest, sondern die Wirtschaft gibt sich ihre Standards in gewisser Weise selbst. Weit entfernt sind wir ja diesbezüglich schon heute nicht. Ich denke es versteht sich von selbst, dass wir mit einer derartigen Praxis allein schon aus Demokratiepolitischer Sicht, aber auch nach europäischem Rechtsverständnis nicht einverstanden sein können. Meine Damen und Herren, der DGB hat bereits im Dezember letzten Jahres ein Positionspapier zu CETA veröffentlicht. Schon in der Überschrift zur Einleitung steht, dass CETA so nicht zustimmungsfähig ist. Begründet wird dies unter anderem mit den ISDS Schiedsgerichten und der regulatorischen Kooperation. Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte bereits in einer Bundestagsdebatte am 25. September 2014 in Bezug auf CETA ich zitiere. Das Kapitel Investitionsschutz ist in der vorliegenden Fassung der EU für Deutschland nicht zustimmungsfähig. Zitat Ende. Daran muss sich die Bundesregierung messen lassen. Denn wie wir wissen, wurde an diesem Kapitel nicht mehr geändert. Mein Damen und Herren, CETA beinhaltet genau diese Schiedsgerichte und auch die regulatorische Kooperation. Es ist wichtig, dass hier nicht nur geredet sondern auch
7 gehandelt wird. Lassen Sie uns gemeinsam diesen ISDS Schiedsgerichten und der regulatorischen Kooperation eine Absage erteilen. Unsere Landesregierung darf dem im Bundesrat nicht zustimmen.
CETA steht insbesondere aus folgenden Gründen im Widerspruch zur Beschlusslage der SPD und sollte deshalb abgelehnt werden:
1 2 3 Initiativantrag zum weiteren Verfahren in Sachen Freihandelsabkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen der Europäischen Union und Kanada. 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
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