Markenbildung und -führung
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- Oldwig Hausler
- vor 8 Jahren
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1 Markenbildung und -führung A. Einleitung A. Wer kennt sie nicht, Persil, CocaCola & Co? Für Anbieter von Konsumgütern ist es schon lange Alltag: Sie setzen für Markenbildung und Markenführung erhebliche Mittel ein. Teilweise mit großem Erfolg, wie das Beispiel Nivea zeigt. Der Klassiker in der blauweißen Dose mit dem weißen Schriftzug ist eine Marken-Ikone. Beiersdorf ist es gelungen, die Traditionsmarke erfolgreich über Jahrzehnte in ihrer Unverwechselbarkeit zu erhalten und darüber hinaus eine erfolgreiche Dachmarke zu etablieren. Der Name Nivea steht heute nicht mehr ausschließlich für ein einzelnes Produkt, sondern für Körperpflege allgemein. Aber auch Dienstleistungsunternehmen wie zum Beispiel Starbucks oder Google sind international erfolgreiche Marken. Die Kaffeehaus-Kette Starbucks belegt wie kaum ein anderes Unternehmen, dass der Aufbau und die weltweite Expansion einer Marke ohne teure Werbe-Kampagnen möglich sind. Google ist es gelungen, mit einem innovativen Produkt in einem sehr dynamischen Markt innerhalb kurzer Zeit eine Weltmarke aufzubauen bis hin zum Wort googeln. Wie stark das Internet heute den Aufbau von Marken bestimmt, zeigt US-Präsident Barak Obama, der im Wahlkampf 008 innerhalb weniger Monate zur Marke avancierte. Wie kein anderer Präsidentschaftskandidat vor ihm nutze er das Medium Internet, um jüngere Wählergruppen zu erreichen. Seine Facebook-Seite ist nur ein Beispiel hierfür. Der Slogan Yes we can ging innerhalb kürzester Zeit um die Welt. Eine Studie der Marketing-Kommunikations-Agentur Euro RSCG Worldwide, die jährlich das Markenmomentum von Spitzenmarken untersucht, 1 stellte fest, dass Obama zum Zeitpunkt der 008 durchgeführten Studie ein stärkeres Markenmomentum als Google oder das iphone aufwies. Marken faszinieren. Warum aber nehmen sie heute eine so starke Stellung ein? Je härter der Wettbewerb, desto wichtiger wird das Thema Marke, um sich erfolgreich im Markt zu differenzieren und positionieren. Ziel dieses Kapitels ist es aufzuzeigen, wie Marken in wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Anwaltskanzleien implementiert werden können, um eine nachhaltig differenzierende Positionierung im Wettbewerb einzunehmen. In der einschlägigen Literatur über das Management von Anwaltskanzleien spielt die Markenbildung bisher nur eine untergeordnete Rolle. 1 Annegret Köni 1 Die jährliche Brand Momentum Study (Studie zum Markenmomentum) von Euro RSCG untersucht 3500 Spitzenmarken in 1 Ländern und fragt Verbraucher, welche Marken ihrer Meinung nach Boden gewonnen haben, zurückgefallen oder unverändert geblieben sind. Zu den Ergebnissen der Studie 008 vgl. als ein typischer Vertreter der Professional-Services-Branche 31
2 Markenbildung und -führung 3 B. 4 5 Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen über Strategien und Ziele, Differenzierung und Positionierung, Produktentwicklung, Werbemaßnahmen, den rechtlichen Rahmen und vieles mehr aber nicht über die Fragen: Was macht eine Kanzlei für den Mandanten attraktiv? Was sind die Entscheidungsmechanismen für die Beauftragung und wie können diese erfüllt werden? Genau an diesem Punkt setzt die Markenbildung an und kann daher ein erfolg-versprechender Ansatz sein, um den Business Development- und Marketing-Aktivitäten der Kanzleien einen strategischen Rahmen zu geben. B. Der Wow -Effekt der Marke Das Verständnis des Begriffs Marke ist ebenso vielfältig, wie die Welt der Marken selber. Unter einer Marke wird allgemein ein in der Vorstellung des Konsumenten und sonstiger Bezugsgruppen fest verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild (Markenimage) von einem Produkt oder einer Dienstleistung verstanden. 3 Über die Markierbarkeit von Dienstleistungen wurde in den 90er-Jahren eine heftige Diskussion geführt, 4 die aber inzwischen von der Realität überholt ist. 5 Heute ist allgemein anerkannt, dass Dienstleistungen oder Dienstleister eine Marke sein können. Neben einem Produkt oder einer Dienstleistung können auch Unternehmen Gegenstand eines solchen Vorstellungsbildes sein und daher Markencharakter aufweisen. 6 Diese sogenannte Corporate Brand bezieht sich nicht auf ein einzelnes Produkt oder eine Dienstleistung, sondern auf das Unternehmen als Ganzes. 7 In der unüberschaubaren Fülle an Produkten und Dienstleistungen geben Marken dem Kunden etwas sehr Wertvolles: Sie schaffen Orientierung, stärken das Vertrauen in das Produkt oder die Dienstleistung und geben Sicherheit. Mit der Entscheidung für eine Marke sind weniger Risiken verbunden, der Kunde vermutet eine höherwertige Qualität und geht davon aus, keine bösen Überraschungen zu erleben. Sich im Zweifel für eine Marke und den Marktführer mit dem größten Renommee zu entscheiden, was kann da noch schief gehen? Die Antwort auf die Frage nach dem Erfolgsgeheimnis starker Marken ist damit ganz einfach: Sie beeinflussen unsere Kaufentscheidungen massiv. Aus Sicht des Kunden erfüllt eine Marke damit im Wesentlichen drei Funktionen: 8 Orientierung Da eine Marke für klar definierte Inhalte und Themen steht, hebt sie ein Produkt oder eine Dienstleistung aus der Fülle vergleichbarer Angebote heraus. Identifikation Je stärker und ansprechender die Markenpersönlichkeit ist, desto eher identifizieren sich die Kunden mit ihr. Gerade wenn Produkte und Dienstleistungen selbst austauschbar sind, ist die besondere Markenidentität der alles entscheidende Unterschied zum Wettbewerb. 3 Diller, 199, S. 785; Meffert, 00e, S. 6 4 Meffert/Bruhn, 000, S Hartung/Horstschäfer, S Meffert, 00g, S. 18 f. 7 Bierwirth, 00, S. 14 f. 8 Meffert, 1980, S. 379 ff. 3
3 C Die Marke als Erfolgsfaktor für Wirtschaftskanzleien Vertrauen Marken stehen für eine konstante und verlässliche Qualität des Produktes oder der Dienstleistung. Eine Marke ist letztlich der gute Ruf, der einem Unternehmen oder einer Leistung vorauseilt. C. Die Marke als Erfolgsfaktor für Wirtschaftskanzleien Professional Service Firms 9 sind knowledge intensive 10 Unternehmen, die in einem interaktiven Prozess wissensintensive und in hohem Maße auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene, häufig von qualifizierten Mitarbeitern erstellte Dienstleistungen gegenüber Unternehmen und Institutionen erbringen. 11 Die Dienstleistung der Wirtschaftskanzleien als Teilbranche des Professional-Service-Marktes besteht in der anwaltlichen Beratung von Unternehmen und Institutionen auf dem Gebiet des Wirtschafts- und Steuerrechts einschließlich der Vertretung des Mandanten vor Gerichten oder Behörden. Abhängig von der strategischen Ausrichtung wird nach breit aufgestellter Full-Service- Kanzlei oder spezialisierter Boutique unterschieden. Wesentliche Faktoren für die Erstellung der Beratungsleistung sind (Fach-) Wissen, Erfahrung und Problemlösungskompetenz 1 des juristischen Beraters, der den Mandanten bei der Lösung seines fachlichen Problems unterstützt. 13 Die Angebote und Leistungen von Beratungsunternehmen zeichnen sich durch vier spezifische Merkmale aus, die sie von allen anderen Branchen unterscheiden: 14 Es handelt sich um eine immaterielle und durch hohe Personenbezogenheit gekennzeichnete Leistungserbringung. Bei der Leistung handelt es sich um ein Vertrauensgut, dessen Qualität sich nur schwer einschätzen lässt. Die Leistungserbringung ist nur in Zusammenarbeit mit dem Mandanten möglich, die Lösungsbeiträge von Kunde und Dienstleister sind nur schwer abgrenzbar. Es handelt sich um eine komplexe Kaufentscheidung. Die Prozesse, die zur Kaufentscheidung führen, sind komplex, langwierig und teilweise subjektiv. Die oben genannten Ausführungen verdeutlichen: Beratungsunternehmen und Anwaltskanzleien haben beim Verkauf ihrer Leistungen nicht nur andere, sondern auch höhere Hürden zu überwinden als beispielsweise Anbieter aus der Konsumgüterindustrie. Sind also alle Berater Spitzenakquisiteure? Leider nein: Viele Beratungsunternehmen hegen nicht nur große Vorbehalte gegen das Verkaufen, sondern haben nach wie vor wenig Marketing- und Vertriebs-Know-how. Dies war bis vor einem knappen Jahrzehnt 9 U. a. Anwaltskanzleien, Unternehmensberatungen, Investmentbanken, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Personalberatungen, Kommunikationsagenturen etc. 10 Müller-Stevens/Drolshammer/Kriegmeier, 1999, S Gillmann, 00, S. 1 1 Keeble/Nachum, 001, S In Anlehnung an: Stutz, 1988, S. 50 f.; Lowendahl, 005, S. 14 Martin Koehler, Markenmanagement ist Personalmanagement, S C 6 7 8
4 Markenbildung und -führung 9 kein Problem. Der Beratungsmarkt wuchs kontinuierlich und der Kuchen, den es auf die Marktteilnehmer zu verteilen gab, war groß genug. Diese Situation hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Wirtschaftskanzleien sehen sich mit wachsenden Herausforderungen im Wettbewerb konfrontiert. Internationalisierung Die Internationalisierung der Wirtschaftskanzleien ist eine Folge der zunehmend globalen Ausrichtung ihrer Mandanten und der Möglichkeiten, die sich aus der grenzüberschreitenden Arbeit ergeben. Dadurch stehen die Kanzleien vor der Herausforderung, Geschäftsmodell, Strategie und Organisation entsprechend zu professionalisieren. Preis- und Kostendruck Der Anwaltsmarkt hat sich im Laufe der letzten Jahre von einem Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt gewandelt. Bei der Beauftragung externer Rechtsberater analysieren potenzielle Mandanten zunehmend, in welchen Bereichen und zu welchen Honoraren sie externe Rechtsberatung wirklich benötigen. Gleichzeitig erhöht der Trend zur Professionalisierung den Kostendruck auf Seiten der Kanzleien. Konsolidierung und Transparenz Zuletzt wurde der Anwaltsmarkt im Jahr 000 kräftig durcheinander gewirbelt. Geblieben ist eine überschaubare Gruppe der Großkanzleien und eine Vielzahl an kleinen und mittleren Kanzleien. Im Zeitalter der Anwaltsverzeichnisse und Anwaltsrankings ist die einst so verschwiegene Branche der Wirtschaftskanzleien transparent geworden. Für alle Marktteilnehmer besteht die Herausforderung darin, sich im Markt der Ähnlichen voneinander abzugrenzen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Folge: Anwaltskanzleien müssen heute ihre Leistungen aktiver und differenzierter verkaufen. Eine starke Marke kann helfen, die beschriebenen Herausforderungen zu lösen: Sie erleichtert die Akquisition von Neukunden. Sie erhöht die Mandantenbindung. Sie fördert das Empfehlungsmarketing. Sie stärkt die Verhandlungsposition in Honorarverhandlungen. Sie erleichtert die Suche nach den High Potentials unter den Berufsanfängern und Lateral Hires. Sie stärkt die Bindung der Mitarbeiter an die Kanzlei. Sie fördert den Zugang zu den Medien. Die Marke ist also nicht nur schöner Schein, sondern hat im Idealfall ganz konkrete Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg. Starke Kanzleimarken sind glasklar positioniert und bilden in der Flut konkurrierender Angebote einen Leuchtturm für den rechtssuchenden Mandanten, der häufig nur eine unklare Vorstellung davon hat, welcher Anwalt für ihn in Frage kommt. 34
5 D Abgrenzung Marketing, Werbung, PR und Branding D. Abgrenzung Marketing, Werbung, PR und Branding Ursprünglich bezeichnet Branding das Markieren von Herdenvieh mit den Initialen des Besitzers. Im Markenkontext bedeutet Branding die Bündelung aller Aktivitäten zum Aufbau und zur Etablierung einer Marke mit dem Ziel, Angebote aus der Masse gleichartiger Angebote hervorzuheben und eine eindeutige Zuordnung von Angeboten zu einer bestimmten Marke zu ermöglichen. Wo aber besteht genau der Unterschied zu anderen Kommunikationsinstrumenten wie Marketing, Werbung oder Public Relations? Die folgende Grafik verdeutlicht die Unterschiede, aber auch gleichzeitig das mögliche Zusammenspiel der einzelnen Instrumente. D 10 Abbildung -1: Abgrenzung Marketing, Werbung, PR und Branding Erst das strategisch aufeinander abgestimmte Miteinander führt im Idealfall zu dem im Kopf des Kunden und der Öffentlichkeit verankerten positiven Vorstellungsbild von der Kanzlei, der zu erbringenden Beratungsleistung oder einzelnen Partnern. Jede der einzelnen Spezialdisziplinen hat ihre individuelle Berechtigung. Doch um die Marke erfolgreich zu führen, ist ein vernetztes Identitätsmanagement gefragt, das alle Aspekte und Dimensionen der Markenidentität berücksichtigt
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