19.. FREILAND-Tagung Zum Wohl! Vom guten Umgang mit Nutztieren

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1 19.. FREILAND-Tagung Tagung/25. IGN-Tagung Zum Wohl! Vom guten Umgang mit Nutztieren Kurzfassungen der Vorträge an der Veterinärmedizinischen Universität Wien,

2 Finanzielle Unterstützung der Tagung Bundesministerium für Gesundheit, 1030 Wien Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, 1010 Wien Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung, München Austria Bio Garantie, 2202 Enzersfeld Herbert Lugitsch u. Söhne GmbH, Geflügelhof und Futtermühle, 8330 Feldbach Lacon GmbH, 4150 Rohrbach Vitakorn Biofuttermittel GmbH, 7023 Pöttelsdorf Unterstützung der Bio-Verpflegung mit Sach- und Geldspenden Felix Wankel-Stiftung, Heidelberg; Biohof Adamah, 2282 Glinzendorf; Ja! Natürlich, 2355 Wiener Neudorf; Joseph-Brot GmbH, 1070 Wien; Vöslauer Mineralwasser AG, 2540 Bad Vöslau über Kolarik & Leeb GmbH, 1030 Wien; Zurück zum Ursprung, 1010 Wien Veranstalter der Tagung Freiland Verband für ökologische Nutztierhaltung und gesunde Ernährung, Seidengasse 33/13, A-1070 Wien (Hauptveranstalter) Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN) Veterinärstraße 13 / Gebäude R, D München Institut für Tierhaltung und Tierschutz der Veterinärmedizinischen Universität Wien, Veterinärplatz 1, A-1210 Wien Department für nachhaltige Agrarsysteme der Universität für Bodenkultur, Gregor Mendel-Straße 33, A-1180 Wien Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL Österreich), Seidengasse 33/13, A-1070 Wien Bundesministerium für Gesundheit, Radetzkystraße 2, A-1030 Wien Impressum Herausgeber: Reinhard Geßl, Freiland Verband September 2012 Freiland Verband, Wien ISBN: Verlag und Vertrieb Freiland Verband, A-1070 Wien, Seidengasse 33-35/13 Tel. +43/(0)1/ , Fax: -20, freilandtagung@freiland.or.at 14, zzgl. Versandspesen Für den Inhalt verantwortlich: Programmkomitee: Redaktion und Layout: Vervielfältigung: Die AutorInnen Johannes Baumgartner und Josef Troxler (Inst. für Tierhaltung und Tierschutz der Veterinärmedizinischen Univ. Wien), Christoph Winckler (Inst. für Nutztierwissenschaften der Univ. für Bodenkultur), Reinhard Geßl (Freiland Verband) Geßl & Wlcek OG Eigenvervielfältigung

3 19.. FREILAND-Tagung Tagung/25. IGN-Tagung Zum Wohl! Vom guten Umgang mit Nutztieren Kurzfassungen der Vorträge an der Veterinärmedizinischen Universität Wien eine Veranstaltung von Freiland Verband, IGN, FiBL Österreich, Univ. für Bodenkultur, VetMedUni Wien 27. September 2012

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5 Inhaltsverzeichnis Seite Strukturentwicklung in der österreichischen Tierhaltung Konsequenzen für Ökonomie und Tierwohl...7 Leopold Kirner Die neue Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz Aufgaben, Möglichkeiten und Notwendigkeiten Josef Troxler Kann bei Rindern Stress bei der Schlachtung durch ein positives Handling in den ersten Lebenstagen vermindert werden Johanna K. Probst et al. Das Fleisch der Zukunft: Retortenschnitzel, Tofufleischersatz oder Fleisch von glücklichen Tieren? Harald Lemke Tierwohl-Label: Notwendigkeit, Ausgestaltung und erste Erfahrungen aus Sicht der Nutztiere Eberhard von Borell et al. Tierwohl-Label: Notwendigkeit, Ausgestaltung und erste Erfahrungen aus Sicht von Erzeugern, Verarbeitern und Konsumenten Ludwig Theuvsen Horn auf! Behornte Kühe geben Hornmilch für Hornkäse Denise Marty Tiergesundheit, Ökonomie und Verbrauchererwartung: Widersprüchliche Ziele in der alternativen Masthühnerhaltung? Christiane Keppler et al. Toni s Junghähne Ein Projekt mit Chancen und Risiken Toni Hubmann Raum für persönliche Notizen FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Inhaltsverzeichnis 5

6 6 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

7 Einleitung Strukturentwicklung in der österreichischen Tierhaltung: Mögliche Konsequenzen für Ökonomie und Tierwohl L. Kirner 1 Die Nutztierhaltung in Österreich konzentriert sich auf weniger Betriebe, die Bestände je Betrieb werden laufend größer. Für diese Entwicklung werden vorwiegend ökonomische Gründe sowie der technologische Fortschritt angeführt. Bei größeren Beständen ändern sich auch die Produktionsverfahren in der Nutztierhaltung, weil weniger menschliche Betreuung möglich ist oder weil technische Lösungen forciert werden. Die vorliegende Arbeit analysiert den Zusammenhang zwischen der Betriebsgröße in der Nutztierhaltung und deren Konsequenzen auf Ökonomie und Tierwohl. Aus der Arbeit sollen auch Schlussfolgerungen für die künftige Nutztierhaltung abgeleitet werden. Agrarstruktureller Wandel in der österreichischen Tierhaltung Der agrarstrukturelle Wandel in der österreichischen Tierhaltung lässt sich auf die einfache Formel zusammenfassen: Immer weniger Bauern und Bäuerinnen halten immer mehr Vieh. Das geht aus dem Vergleich der Daten der Agrarstrukturerhebungen von 1995 und 2010 eindeutig hervor. Tabelle 1 belegt, dass die Schweinehalter von 1995 bis 2010 stärker abgenommen haben als die Rinderhalter (um 66 versus 38 Prozent). Die Anzahl der Zuchtsauenhalter nahm um über zwei Drittel ab, die Anzahl der Milchkuhhalter um 47 Prozent. Die Mutterkuhhalter blieben in ihrer Zahl beinahe konstant. Die Bestände an Rindern, Schweinen und Legehennen verringerten sich ebenso von 1995 bis 2010, jedoch deutlich weniger als die Zahl der Halter. Der Bestand an Rindern und Schweinen nahm um rund zwölf Prozent ab, die Milchkühe und Zuchtsauen um jeweils rund ein Viertel. Die Mutterkühe hingegen nahmen in diesem Zeitraum um rund ein Viertel zu. Eine Folge der Umstellungen von der Milch- auf die Mutterkuhhaltung. Tabelle 1: 1 Tierhalter und Bestand ausgewählter Nutztiere in Österreich 1995 und 2010 Tierhalter (in 1000) Bestand (1000 St.) Tierart Änd. % Änd. % Rinder 115,8 72,0-37, ,9 Milchkühe 90,2 47,8-47, ,5 Mutterkühe 45,7 44,4-2, ,7 Schweine 110,0 38,0-65, ,3 Zuchtsauen 25,7 7,9-69, ,5 Legehennen 102,8 52,9-48, ,7 Quelle: Eigene Auswertung nach Agrarstrukturerhebung 1995 und 2010 Die durchschnittlichen Bestände nahmen bei allen Tierarten von 1995 bis 2010 zu. Die stärksten Zuwachsraten verzeichneten die durchschnittlichen Schweinebestände (im Schnitt 154 Prozent). Die Anzahl der Rinder nahm in diesem Zeitraum von rund 20 auf 28 Stück zu, was eine Zuwachsrate von 40 Prozent bedeutet. Der Milchkuhbestand je Betrieb stieg um 45 Prozent, der durchschnittliche Mutterkuhbestand um 30 Prozent (siehe Abbildung 1). 1 Autor: Priv.-Doz. Dr. Leopold Kirner, Bundesanstalt für Agrarwirtschaft, Marxergasse 2, A-1030 Wien Tel +43 (0) , leopold.kirner@awi.bmlfuw.gv.at, Web: FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Kirner 7

8 Quelle: Eigene Auswertung nach Agrarstrukturerhebung 1995 und 2010 Abbildung 1: 1 Tiere in Stück je Betrieb 1995 (linke Säule) und 2010 (rechte Säule) Auch wenn die Tierbestände in Österreich seit dem EU-Beitritt im Jahr 1995 stark zulegten, sind sie im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern im Schnitt noch immer klein. Das liegt aber vor allem daran, dass viele kleine Betriebe in Österreich noch Tiere halten. Beispielsweise hielt im Jahr 2010 die Hälfte der Mutterkuhbetriebe weniger als zehn Mutterkühe. Das heißt aber auch, dass es andererseits einige Betriebe mit schon sehr großen Beständen gibt. So hielten im Jahr 2010 zwölf Prozent der Rinder haltenden Betriebe mehr als 100 Rinder oder 14 Prozent der Schweine haltenden Betriebe hatten über Schweine. Somit erreichen schon einige Betriebe in Österreich Bestandsgrößen, mit denen der bäuerliche Familienbetrieb an seine Grenzen stößt. Zusammenhang zwischen Bestandsgröße und Ökonomie Nun stellt sich die Frage, warum die Bestände in der Nutztierhaltung laufend größer werden? Wie schon in der Einleitung dargelegt, sind dafür ökonomische Motive wesentlich, die sich durch zwei Effekte erklären lassen: Mengeneffekt: Zum einen vermögen Betriebe mit höheren Stückzahlen mehr zu produzieren und zu verkaufen. Wenn ein Mastschwein den Deckungsbeitrag x ausweist, dann erbringen zwei Mastschweine das Doppelte (2x); vorausgesetzt die variablen Kosten verhalten sich annähernd proportional. Kosteneffekt: In größeren Betrieben verteilen sich die fixen Kosten auf mehr Einheiten, das heißt, dass die Durchschnittskosten (Stückkosten) reduziert werden; der Gewinn je Einheit erhöht sich somit. Dieses Phänomen wird auch als Fixkostendegression bezeichnet. Verschiedene Auswertungen von Betriebsergebnissen belegen den Zusammenhang zwischen Betriebsgröße und Ökonomie. Als Beispiel dafür werden Ergebnisse des IFCN (International Farm Comparison Network) präsentiert (Hemme 2012). Die Gesamtkosten je Kilogramm Milch streuen weltweit markant. Aus Abbildung 2 lässt sich aber auch der Einfluss der Bestandsgröße herauslesen, und zwar in fast allen hier präsentierten Ländern. Für Österreich wurden Gesamtkosten in Abhängigkeit der Betriebsgröße von 114 Cent/kg (12 Kühe), 75 Cent/kg (22 Kühe) und 62 Cent/kg (45 Kühe) ermittelt. Ähnliches konnte für die Betriebe in Deutschland (von 88 auf 43 Cent/kg) oder Polen (von 54 auf 42 Cent/kg) festgestellt werden. Überall dort, wo die durchschnittliche Bestandsgröße noch niedrig ist, besteht somit ein großes Potenzial zur Kostensenkung bei Ausdehnung der Herden. 8 Kirner 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

9 CH=Schweiz, AT=Österreich, DE=Deutschland, NL=Niederland, FR=Frankreich, IT=Italien, SE=Schweden, PL=Polen, US=USA, AR=Argentinien, NZ=Neuseeland. Die Zahl darüber verweist auf die Zahl der Kühe. Opportunitätskosten: kalkulatorische Kosten für eigene Arbeit, Eigenkapital und eigene Fläche. Quelle: Eigene Auswertung nach IFCN 2010 Abbildung 2: 2 Gesamtkosten je kg Milch für Milchkuhbetriebe aus unterschiedlichen Ländern Welche ökonomischen Konsequenzen die Bewirtschaftung eines Milchkuhbetriebs ohne Anpassungen in der Zukunft hätte, wird im Folgenden an einem Fallbeispiel illustriert. Die wesentlichen Kennzahlen werden für die Zeit bis 2013 und die künftige Periode ab 2014 (unterstellt ist ein Zeitraum von fünf Jahren) ausgewiesen. Gegenwärtig werden Euro an Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft sowie Euro als Überdeckung des Verbrauchs erwirtschaftet (siehe Tabelle 2). In der künftigen Periode ab 2014 wurden keine gekoppelten Prämien (wirkt sich auf den Deckungsbeitrag je Kuh und Jahr aus) und niedrigere Flächenprämien angenommen; wobei diese Kürzungen moderat angenommen sind. Darüber hinaus wirkt die Inflation, welche die Anschaffung von Maschinen und Gebäuden verteuert (höhere Abschreibungen) und auch andere aufwandsgleiche Fixkosten (z. B. Sachversicherungen, Betriebssteuern) erhöht. Daraus resultiert in unserer Rechnung ein um 2742, niedrigeres Einkommen. Das ist aber nur die betriebliche Seite, denn auch die Ausgaben für die Lebenshaltung (Privatverbrauch, Sozialversicherung) erhöht sich inflationsbedingt. Daraus resultiert eine negative Überdeckung des Verbrauchs (Schrumpfung des Eigenkapitals); insgesamt verbleibt der bäuerlichen Familie um rund 6350, weniger Geld. Diese Differenz muss ausgeglichen werden, will die Familie auch in Zukunft ihren Betrieb ökonomisch nachhaltig bewirtschaften. Eine von mehreren Möglichkeiten liegt eben auch in der Ausdehnung der Produktion. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Kirner 9

10 Tabelle 2: 2 Änderung ökonomischer Kennzahlen in der Zukunft ohne Anpassungen im Betrieb Kennzahl Einheit bis Deckungsbeitrag (DB) je Kuh Euro DB außerhalb der Milch Euro Aufwandsgleiche Fixkosten Euro Flächenprämien (Säule 1+2) Euro Einkünfte aus Land- u. Forstwirtschaft Euro Gesamteinkommen Euro Verbrauch Euro Überdeckung des Verbrauchs Euro Arbeitskraftstunden AKh Einkünfte aus LW+FW je AKh Euro 9,2 8,4 Quelle: Eigene Berechnungen 2012 Einfluss der Bestandsgröße auf das Wohlbefinden der Tiere Nach Winckler und Leeb (2010) eignet sich die Betriebsgröße nicht als Indikator für die Einschätzung des Tierwohls. Denn die Betriebsgröße ist nur einer von mehreren Einflussfaktoren auf das Wohlergehen von landwirtschaftlichen Nutztieren. Außerdem beeinflusst die Betriebsgröße das Wohlergehen der Nutztiere unterschiedlich. Einerseits kann das Wohlbefinden der Tiere durch größere Bestände verbessert werden, wenn im Zuge einer Aufstockung die Haltung der Tiere professionalisiert wird. Beispielsweise durch tierfreundlichere Stallsysteme oder verbessertes Herdenmanagement. In der Rinderhaltung, insbesondere in der Milchproduktion, steigt mit zunehmender Herdengröße der Anteil an Laufstallsystemen. In einer Befragung von Milcherzeugern in Österreich wurde für Betriebe mit höherer Milchquote ein signifikant höherer Anteil an Laufstallsystemen identifiziert (siehe Kirner und Krammer 2008). Andererseits können größere Bestände das Wohlbefinden negativ beeinflussen. Bei größeren Beständen kann die Mensch-Tier-Beziehung weniger ausgeprägt sein, insbesondere dann, wenn anstelle von familieneigenen Arbeitskräften Fremdarbeitskräfte für die Betreuung der Tiere eingesetzt werden. In einer Untersuchung von Blom im Jahr 1982 (zitiert in Winckler und Leeb 2010) wurden höhere Verlustraten bei der Aufzucht von Kälbern ausgewiesen, wenn diese von fremden Arbeitskräften betreut wurden. Auch nimmt mit zunehmender Bestandgröße der Anteil der Weidehaltung in der Rinderhaltung in Österreich ab. In einer Untersuchung von Trimmel (2012) bestätigte sich, dass Milcherzeuger mit höherer Milchproduktion signifikant weniger weideten als ihre KollegInnen kleinerer Betriebe. Darüber hinaus bestätigen die Invekos-Daten für die Milchproduktion in Österreich, dass in größeren Betrieben der Anteil biologisch wirtschaftender Betriebe unterrepräsentiert ist (Kirner 2012). Zusammenfassung Die Nutztierhaltung in Österreich konzentriert sich auf immer weniger Betriebe, die durchschnittlichen Bestände nehmen laufend zu. Auch wenn die Tierbestände in Österreich seit dem EU-Beitritt im Jahr 1995 stark zulegten, sind sie im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern im Schnitt noch immer klein. Es gibt aber immer mehr Betriebe die auch Bestandsgrößen erreichen, mit denen der bäuerliche Familienbetrieb an seine Grenzen stößt. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist die Ökonomie: Mehr Nutztiere bedeutet in der Regel ein höheres Einkommen, weil mehr produziert und abgesetzt werden kann und weil sich die Stückkosten verringern. Mehr Tiere je Betrieb bedeutet nicht automatisch weniger Tierwohl, da die Bestandsgröße nicht direkt das Wohlbefinden der Tiere beeinflusst. Haltungssysteme, Einstellung der BetreuerInnen oder Managementkenntnisse sind wesentlich wichtiger für das 10 Kirner 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

11 Wohlbefinden und zwar unabhängig von der Bestandsgröße. Auf mögliche Nachteile größerer Bestände in Österreich muss stärker sensibilisiert werden, da diese in Zukunft vermehrt auftreten werden. Abstract The animal population per farm in Austria increased steadily since For example, the average number of cattle has risen from 20 to 28 from 1995 to Although, the average size is still slow in comparison to other Western European countries, some family farms in Austria reach their limitations as a result of high animal population. An important reason for this development is the economy: more animals may extend agricultural income because of higher proceeds and lower average costs. More animals per farm do not mean automatically less animal welfare. In conclusion, animal husbandry systems, attitudes of farmers or management skills in general are more important for animal welfare than farm size. Literatur Hemme T. (ed.) (2012): IFCN Dairy Report 2012, International Farm Comparison Network, IFCN Dairy Research Center, Kiel, Germany, 206 S. Kirner, L. und M. Krammer (2008): Strategien zur Betriebsentwicklung nach Umsetzung der GAP-Reform Befragung von Bauern und Bäuerinnen mit Milchvieh-, Mutterkuh- und Marktfruchtbetrieben. Agrarpolitischer Arbeitsbehelf Nr. 26 der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft. Wien. Kirner, L. (2012): Biologische Milcherzeugung in Österreich. Schriftliche Vorlesungsunterlage. Trimmel, A. (2012): Einzelbetriebliche Strategien von Milcherzeugern nach dem Auslaufen der europäischen Milchquotenregelung. Diplomarbeit an der Universität für Bodenkultur Wien, im Druck. Winckler, C. und C. Leeb (2010): Wachsende Betriebsgröße und Tierschutz ein Widerspruch? Tagungsband der Nutztierschutztagung Raumberg-Gumpenstein, FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Kirner 11

12 Die neue Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz Aufgaben, Möglichkeiten und Notwendigkeiten Einleitung J. Troxler 1 Aus Erfahrungen in der Umsetzung von Tierschutzbestimmungen in der Nutztierhaltung hat sich in Schweden und der Schweiz gezeigt, dass eine gesetzlich verankerte Prüfung von Haltungssystemen auf Tiergerechtheit vor dem Verkauf an die Tierhalter Vorteile bringt. So konnte die Produktqualität zur Verhinderung von haltungsbedingten Schäden verbessert werden und Haltungssysteme auf den Markt gebracht werden, die das Wohlbefinden der gehaltenen Tiere verbessert hat. Dadurch erreichte der Tierhalter mehr Rechtssicherheit im Tierschutz beim Kauf von neuen Haltungssystemen. Die Diskussion drehte sich immer wieder um die Frage, ist dazu ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren nötig oder genügt eine freiwillige Prüfung der Stallsysteme auf Tiergerechtheit wie sie in einzelnen Ländern praktiziert wird (z. B. DLG- Prüfverfahren in Deutschland). Ein gesetzlich festgelegtes Verfahren hat den Vorteil, dass die Beurteilung nach einheitlichen Kriterien erfolgt und dass die Hersteller von Tierhaltungssystemen sich in der Entwicklungsphase schon daran orientieren können. Das erspart nachfolgende Korrekturen, wenn in der Praxis Mängel festgestellt werden. Dies ist vor allem in den Fällen entscheidend, in denen die Tierschutzbestimmungen nur allgemeine Anforderungen festlegen wie z. B. genügend Platz, rutschfeste Böden, keine Verletzungsgefahr.. Österreich hat nun den gesetzlich vorgeschriebenen Weg über die Schaffung einer Fachstelle gewählt. Dabei kann zwischen zwei Verfahren unterschieden werden: 1. Für neuartige serienmäßig hergestellte Aufstallungssysteme und neuartige technische Ausrüstungen für Tierhaltungen ein verpflichtendes Gutachten durch die Fachstelle, das bestätigt, dass die Bestimmungen des TschG und der dazugehörenden Verordnungen erfüllt sind. 2. Ein freiwilliges Verfahren, bei dem die Vertreiber serienmäßig hergestellter Haltungssysteme und Stalleinrichtungen sowie Heimtierunterkünfte und Heimtierzubehör ihre Produkte mittels eines Tierschutzkennzeichens als tierschutzkonform auf Grund eines Gutachtens der Fachstelle ausweisen dürfen. Gegenüber anderen Verfahren im Ausland bezieht sich die österreichische Regelung nicht nur auf landwirtschaftliche Nutztiere sondern auch auf die Heimtiere. Rechtliche Grundlagen 18(6) TschG idgf in Österreich sieht zur Erhöhung der Rechtssicherheit der Tierhalter und zur Verbesserung des Vollzugs vor, eine Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz zur Bewertung von neuartigen serienmäßig hergestellten Aufstallungssystemen und neuartigen technischen Ausrüstungen für Tierhaltungen sowie serienmäßig hergestellten Haltungssystemen und Stalleinrichtungen sowie Heimtierunterkünften und Heimtierzubehör einzurichten. Der Bundesminister für Gesundheit hat, in Bezug auf landwirtschaftliche Nutztiere im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Einrichtung der Fachstelle, die Durchführung von Bewertungen, die Ausgestaltung eines Tierschutz-Kennzeichens sowie Kostenregelungen für die Inanspruchnahme der Fachstelle zu regeln. 1 Autor: Univ.-Prof. Dr. Josef Troxler, Veterinärmedizinische Universität Wien, Institut für Tierhaltung und Tierschutz, Veterinärplatz 1, A-1210 Wien, T: +43 (0) ; josef.troxler@vetmeduni.ac.at; Web: 12 Troxler 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

13 Nach 18(7) dürfen neuartige serienmäßig hergestellte Aufstallungssysteme und neuartige technische Ausrüstungen für Tierhaltungen nur in Verkehr gebracht und zur Tierhaltung verwendet werden, wenn der erste Inverkehrbringer nachweisen kann, dass sein Produkt den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und den darauf beruhenden Verordnungen entspricht, oder als neuartiges Produkt aufgrund des anerkannten Standes der Wissenschaft und Technik als diesen gleichwertig einzustufen ist. Der Nachweis gilt als erbracht, wenn dies durch ein Gutachten der Fachstelle gemäß Abs. 6 bestätigt wird. Vertreiber serienmäßig hergestellter Haltungssysteme und Stalleinrichtungen sowie Heimtierunterkünfte und Heimtierzubehör dürfen ihre Produkte mittels eines Tierschutz-Kennzeichens als tierschutzgesetzeskonform ausweisen, wenn dies durch ein Gutachten der Fachstelle gemäß Abs. 6 bestätigt wird. Auf Grund der Bestimmungen in 18 (6) idgf ist am 9. März 2012 die Verordnung des Bundesministers für Gesundheit über die Einrichtung einer Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz zur Bewertung und Kennzeichnung serienmäßig hergestellter Haltungssysteme und Stalleinrichtungen sowie Heimtierunterkünften und Heimtierzubehör (Fachstellen-/HaltungssystemeVO - FstHVO) erlassen worden. Die Fachstellen-/HaltungssystemeVO (FstHVO) regelt: 1. die Einrichtung einer Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz zur Durchführung von Bewertungen a) neuartiger serienmäßig hergestellter Aufstallungssysteme und neuartiger technischer Ausrüstungen für Tierhaltungen gemäß 18 Abs. 7 TSchG, b) serienmäßig hergestellter Haltungssysteme und Stalleinrichtungen sowie von Heimtierunterkünften und Heimtierzubehör gemäß 18 Abs. 8 TSchG zwecks Erlangung eines Tierschutz-Kennzeichens sowie 2. die Ausgestaltung eines Tierschutz-Kennzeichens und 3. die Kostentragung für die Inanspruchnahme der Fachstelle. Dabei sind in der Verordnung folgende Punkte (Auswahl) detailliert geregelt: das Tierschutzkennzeichen die Einrichtung der Fachstelle der Aufgabenbereich das Erstellen der Richtlinien für: a. Details zur Ausgestaltung des Tierschutz-Kennzeichens unter Einbeziehung der Prüfnummer, b. Details zur Durchführung der Prüfung, c. Details über die Mindestinhalte des Gutachtens, d. der Kostensätze für die Erstellung des Gutachtens das Vorgehen bei der Prüfung und der Erstellung eines Gutachtens Einrichtungen zur Durchführung der praktischen Prüfung Kostentragung und Beschwerdemöglichkeit allgemeine Grundsätze, Finanzpläne und Kostentragung sowie Berichterstattung 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Troxler 13

14 Zielsetzung der Fachstelle Die Fachstelle wird dazu beitragen, dass schon in der Herstellung und im Verkauf neuartiger serienmäßig hergestellter Aufstallungssysteme und neuartiger technischer Ausrüstungen Tierschutzaspekte berücksichtigt werden. Dadurch wird dem Einsatz tiergerechter Systeme zum Durchbruch verholfen. Der Tierhalter erfährt Rechtssicherheit und die kontrollierende Behörde kann sich bei der Beurteilung auf die vorliegenden Gutachten der Fachstelle stützen. Die Fachstelle führt selber keine eigentlichen praktischen Prüfungen auf Tiergerechtheit durch sondern sie überprüft die vorgelegten wissenschaftlichen Prüfberichte oder gibt solche im Bedarfsfall in Auftrag. Hersteller und Vertreiber von Systemen und Einrichtungen können selber solche Prüfungen an geeigneten von der Fachstelle publizierten Einrichtungen durchführen lassen. Dabei haben sich die Prüfstellen an die in der Verordnung festgelegten Kriterien zu halten. Dazu sind in- oder ausländische Prüfstellen möglich. Die praktische Prüfung hat anhand der Bestimmungen des Tierschutzgesetzes und der darauf beruhenden Verordnungen, unter Anwendung wissenschaftlicher Methoden und Kriterien, insbesondere der Veterinärmedizin, der Ethologie, der Tierhaltungstechnik und des landwirtschaftlichen Bauwesens sowie unter Berücksichtigung der praktischen Erfahrung zu erfolgen gemäß 7(4) der FstHVO. Durchführung der praktischen Prüfung nach 8 FstHVO (1) Die Fachstelle hat für die Durchführung praktischer Prüfungen geeignete Einrichtungen nach Zustimmung der Bundesministerin oder des Bundesministers für Gesundheit auf der Homepage der Fachstelle zu veröffentlichen. Im Fall der Notwendigkeit einer praktischen Prüfung hat die Antragstellerin oder der Antragsteller eine dieser Einrichtungen mit der Durchführung dieser Prüfung zu beauftragen. (2) Eine Einrichtung ist geeignet, wenn sie die folgenden Anforderungen erfüllt: 1. Unabhängigkeit von der Antragstellerin oder dem Antragsteller, dem Hersteller oder der Herstellerin, 2. durch Organisation und Arbeitsweise der Einrichtung gewährleistet ist, dass bei der Ausübung ihrer Tätigkeit Objektivität und Unparteilichkeit gewahrt sind, 3. die Einrichtung weist das für die Durchführung der Prüfung notwendige Fachwissen in den Bereichen Tierhaltung und Tierschutz auf, 4. die Einrichtung verfügt über die geeignete und ausreichende personelle und sachliche Ausstattung. (3) Die Einrichtung, die die praktische Prüfung durchführt, 1. hat der Fachstelle die für die Gutachtenserstellung erforderlichen, klar nachvollziehbaren wissenschaftlichen Ergebnisse der Prüfung zu liefern, die nach wissenschaftlichen Kriterien überprüfbar sein müssen, sowie nachvollziehbar dokumentiert und entsprechend aufbewahrt werden, 2. ist zur Zusammenarbeit mit der Fachstelle verpflichtet und hat dieser alle notwendigen Auskünfte zu erteilen, 3. ist zur Verschwiegenheit und Geheimhaltung verpflichtet; Kommunikation nach außen sowie etwaige Veröffentlichungen über Projekte dürfen nur nach Rücksprache und ausdrücklicher Erlaubnis durch die Fachstelle und die Antragstellerin oder den Antragsteller erfolgen, 4. hat sicherzustellen, dass die Tiere entsprechend überwacht werden und die Prüfung abzubrechen, wenn das Wohlbefinden der Tiere beeinträchtigt wird. 14 Troxler 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

15 (4) Die Leiterin bzw. der Leiter der Einrichtung sowie das mit der Prüfung betraute Personal sind verpflichtet, über alle vertraulichen Informationen, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt werden, Verschwiegenheit zu wahren. Aus diesen Bestimmungen geht hervor, dass die Prüfung auf Tiergerechtheit nach wissenschaftlichen Grundsätzen erfolgt und die Ergebnisse auch wissenschaftlich überprüfbar sein müssen. Weiter muss Unabhängigkeit vom Antragsteller und Verschwiegenheit gewährleistet sein. Kostentragung gemäß 9 FstHVO Die Antragstellerin oder der Antragsteller hat neben den Kosten der praktischen Prüfung ( 7 Abs. 3 der FstHVO) auch die Kosten des Gutachtens zu tragen. Die Kosten für die Erstellung des Gutachtens richten sich nach den in den Richtlinien gemäß 5 Abs. 3 Z 4 der FstHVO festgelegten Kostensätzen und sind im Voraus zu entrichten. Schlussbemerkungen Mit dem Einrichten der Fachstelle wird in Österreich ein Verfahren eingeführt, das dazu beitragen kann, den Tierschutz weiter zu entwickeln. Im Bereich der landwirtschaftlichen Tierhaltung bestehen internationale Erfahrungen in der Prüfung von Stalleinrichtungen, die durch zahlreiche Publikationen und Testberichte dokumentiert sind. Bei der Beurteilung neuartigen Systeme liegen somit aus analogen Fällen entsprechende methodische Grundlagen zur Anwendung geeigneter Indikatoren für das Wohlbefinden der Tiere vor. Die österreichischen gesetzlichen Bestimmungen betreten auch Neuland. So ist bis jetzt noch nie das Verfahren auf den Heimtierbereich angewendet worden. Hier ist auch mit einem großen Nachholbedarf zu rechnen. Es ist zu hoffen, dass die Schaffung der Fachstelle von den Vertreibern von neuartigen serienmäßig hergestellten Aufstallungssystemen und neuartigen technischen Ausrüstungen für Tierhaltungen sowie serienmäßig hergestellten Haltungssystemen und Stalleinrichtungen sowie Heimtierunterkünften und Heimtierzubehör ernst genommen wird und sie ihre Produkte zur Begutachtung melden. Das wird am Anfang schwierig sein und vieler Informationstätigkeit seitens der Fachstelle bedürfen. Aus der Erfahrung mit dem Prüfverfahren in der Schweiz hat sich aber gezeigt, dass mit der Zeit sich eine Zusammenarbeit mit der Prüfstelle ergab, um schon in der Entwicklung gemeinsam an tiergerechten Lösungen zu arbeiten. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Troxler 15

16 Kann bei Rindern Stress bei der Schlachtung durch ein positives Handling in den ersten Lebenstagen vermindert werden? Zusammenfassung J. K. Probst 1, 2, A. Spengler Neff 1, F. Leiber 2, M. Kreuzer 2, E. Hillmann 2 In dieser Studie wurde untersucht, wie sich ein positives Handling, durchgeführt innerhalb der ersten vier Lebenswochen an Kälbern aus der Mutterkuhhaltung, auf ihr Verhalten gegenüber Menschen und stressanzeigenden Parametern am Tag der Schlachtung auswirkt. Dazu wurden 27 Limousinkreuzungskälber jeweils direkt nach der Geburt in entweder eine Handling (HG)- oder in eine Kontrollgruppe (KG) eingeteilt. Kälber der Handlinggruppe erhielten an 6 Tagen ein positives Handling nach der TTouch Methode. Um die Auswirkungen des Handlings auf das Verhalten der Tiere gegenüber Menschen zu testen, wurde mit jedem Kalb 6 mal ein Ausweichdistanztest (AWD-Test) durchgeführt und am Schlachthof innerhalb der Betäubungsfalle das Verhalten jedes einzelnen Tieres gegenüber dem Betäuber erfasst. Um eine Aussage zu stressanzeigenden Parametern auf physiologischer Ebene treffen zu können, wurden von allen Tieren Blutproben während des Entblutens aufgefangen, um die Konzentrationen an Cortisol, Glukose und Laktat bestimmen zu können. An Fleischproben des Musculus longissimus dorsi (langer Rückenmuskel) wurden drei Fleischqualitätsuntersuchungen vorgenommen: Messungen der Fleischfarbe, des Garverlustes und der Scherkraft. Tiere der Handlinggruppe zeigten signifikant geringere Ausweichdistanzen und weniger Abwehrverhalten gegenüber dem Betäuber am Schlachthof. Ausserdem hatte diese Gruppe tendenziell geringere Cortisolkonzentrationen im Stichblut und signifikant geringere Scherkraftwerte bei den Fleischanalysen. Diese Ergebnisse zeigen, dass ein positives Handling, durchgeführt an noch sehr jungen Kälbern, weitreichende und vor allem anhaltende Effekte hinsichtlich der verminderten Scheu der Tiere gegenüber Menschen hat und dass sich dies auch in einer verbesserten Fleischqualität äußern kann. Abstract This study investigated the effect of a gentle, positive human handling, implemented in young beef suckler calves and a possible influence on stress related behavioural and physiological parameters. Therefore, 27 calves (Limousin crossbreds) were assigned to either a handling or a control group. Calves in the handling group received six times a positive handling based on TTouch, starting on the second day of life and continued on day three and four and on three additional days during the following three weeks. To check effects of the handling on the calves relationship to humans, avoidance distance tests were conducted six times during the calves 10 months lasting live. At the abattoir calves head positions towards the stunning person were recorded for each animal, respectively. Blood samples from exsanguination blood were analyzed for cortisol, glucose and lactate concentrations. Additionally, samples from Musculus longissimus dorsi were analysed for three meat quality parameters: meat colour, cooking loss and shear force. Handled animals presented smaller avoidance distances and showed less avoidance behaviour inside the stunning box than their counterparts. Cortisol concentration of handled animals tended to be lower and the required force during shear force measurements was lower than in samples of control animals. In conclusion, a gentle human handling, applied in young calves has long lasting effects on animals behaviour towards humans and can improve meat tenderness. 1 AutorInnen Innen: MSc agr Johanna K. Probst und Dr. Anet Spengler Neff, Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL Frick), Ackerstraße 21, CH-5070 Frick, +41 (0) , johanna.probst@fibl.org, Web: 2 Johann K. Probst, Florian Leiber, Michael Kreuzer und Edna Hillmann, ETH Zürich, Institut für Agrarwissenschaften, Universitätsstraße 2, CH-8092 Zürich, Schweiz, Web: 16 Probst et al. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

17 1. Einleitung In den letzten Jahren hat die Haltung von Mutterkühen erheblich an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Betriebe, die Landwirtschaft im Nebenerwerb betreiben, haben sich für die Mutterkuhhaltung entschieden. Hauptgrund dafür ist meist der geringere Arbeitsaufwand als bei der Milchviehhaltung, da das Melken wegfällt und eine extensive Haltung möglich ist. Ein Nachteil dieser sonst sehr tiergerechten Haltung ist der verminderte Mensch-Tier-Kontakt, was sich in scheuen und nicht einfach zu handelnden Tieren äußert. Tiere, die den direkten Kontakt zum Menschen nicht gewöhnt sind, können mit Scheu oder auch mit Aggressivität auf ein Zusammentreffen mit Personen reagieren, was in der Regel immer mit Stress für beide Seiten (Mensch und Tier) einhergeht. Die Grundskepsis der Tiere vor dem Menschen wird meist unbeabsichtigt vom Tierhalter und vom Tierarzt verstärkt. Denn oft entsteht ein direkter Kontakt zwischen Mensch und Tier nur dann, wenn er für das Tier negative Aspekte in Form von unangenehmen oder schmerzhaften Prozeduren, wie z. B. Impfungen, Ohrmarken einsetzen, medikamentösen Behandlungen, etc. mit sich bringt (Raussi, 2003). Zusätzlich bringt der Tag der Schlachtung mit Transport, ungewohnter Umgebung, dem Zusammentreffen mit fremden Tieren und Menschen ein erhebliches Maß an Stress mit sich und kann als eine der stressvollsten Situationen im Leben von Schlachttieren gewertet werden (Cockram und Corley, 1991), die letztlich auch zu verminderter Fleischqualität führen kann (Ferguson und Warner, 2008). Umgekehrt ist aus zahlreichen Studien bekannt, dass positive Situationen mit dem Menschen das Wohlbefinden der Tiere stark verbessern können. Sie können sich positiv auf die Scheu der Tiere vor dem Menschen und ihre stressanzeigenden Reaktionen selbst am Tag der Schlachtung auswirken (Uetake et al., 2003; Goonewardene et al., 1999). Bisher wurden jedoch kaum Studien mit Kälbern aus der Mutterkuhhaltung durchgeführt. Deshalb war es Ziel dieser Studie, zu testen wie sich ein positiver menschlicher Kontakt, durchgeführt innerhalb der ersten vier Lebenswochen, auf die stressanzeigenden Reaktionen der Tiere während ihres Lebens und am Schlachthof, sowie auf deren Fleischqualität auswirkt. 2. Eigene Untersuchungen 2.1 Tiere und Methoden Der Versuch fand auf einem Schweizer Praxisbetrieb innerhalb einer 50-köpfigen Mutterkuhherde, die in einem Laufstall mit Auslauf und witterungs- und jahreszeitlich bedingtem Weidegang gehalten wurde. Direkt nach der Geburt wurden insgesamt 27 Mutterkuhkälber (Vater: Limousin; Mutter: Limousin x Milchvieh-Kreuzung) in zwei Gruppen eingeteilt (abhängig von Geburtstag und Geschlecht): eine Kontrollgruppe (KG = 8 weiblich, 6 männlich) und eine Handlinggruppe (HG = 7 weiblich, 6 männlich). Allen Tieren wurden am ersten Lebenstag zwei Ohrmarken eingesetzt und die männlichen Tiere wurden kastriert. Kälber der HG erhielten am zweiten, dritten und vierten Lebenstag sowie an drei weiteren Tagen innerhalb der folgenden drei Wochen eine, im Vorfeld definierte, positive Behandlung, die immer von derselben Person durchgeführt wurde (Abb. 1). Eine einzelne Behandlung eines Kalbes dauerte 20 min und wurde von einer Pause (30 min) unterbrochen. Der ersten Behandlung eines HG Kalbes ging immer eine einmalige Behandlung (5 min) der Mutterkuh voraus. Als Grundlage dieser Behandlung diente die TTouch -Methode, die kreisende, streichende und hebende Bewegungen beinhaltet, die die Haut leicht und in 1¼ Kreisen gegenüber ihrem Untergrund verschieben (Tellington-Jones, 2007). Das Kalb wurde am ganzen Körper (Schulter, ventralen Hals, Widerrist, Ohren, Stirn, Wamme, Beine, Rücken) mit TTouch behandelt. Diese Methode wird zur Beruhigung und Entspannung bei Pferden und Kleintieren angewandt (Zurr, 2005). Ein weiterer Grund weshalb wir uns innerhalb dieser Studie für die TTouch -Methode entschieden haben waren die klar definierten Griffe am Tier, sowie die dadurch mögliche standardisierbarkeit. Die Auswirkungen der Behandlungen auf das Verhalten der Tiere gegenüber Menschen wurden mit 6 Ausweichdistanztests (AWD-Tests) nach Waiblinger et al. (2003) an allen 27 Tieren (3 x auf der Weide, 3 x im Stall) durchgeführt und überprüft (Abb. 1). Dabei näherte sich eine den Tieren zunächst unbekannte Person frontal einem zuvor ausgewählten Tier. Bei dieser Annäherung wurde erfasst ob das Tier sich 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Probst et al. 17

18 berühren ließ oder flüchtete. Bei einem Ausweichen wurde die Distanz zwischen Flotzmaul des Tieres und der Hand der Testperson geschätzt. Zusätzlich wurde erfasst, ob sich Tiere freiwillig an die Testperson annäherten. Abbildung 1: 1 Versuchsdesign im Überblick Alle Tiere wurden mit 10 Monaten geschlachtet. Kurz davor wurde am Schlachthof innerhalb der Betäubungsfalle das Verhalten jeden einzelnen Tieres gegenüber dem frontal positionierten Betäuber beurteilt und in drei Kategorien eingeteilt: Score a = Tier versucht, Kopf zu entziehen/rückwärts zu treten, Score b = Tier verhält sich neutral und Score c = Tier reckt dem Betäuber den Kopf entgegen (Abb. 2). Zur Erfassung physiologischer, stressanzeigender Parameter wurde bei jedem Tier während des Entblutens Blutproben gesammelt und diese hinsichtlich der Konzentrationen an Cortisol, Glukose und Laktat analysiert (Marx und Gressner, 1991; Knedel et al., 1986) (Abb. 1). Zusätzlich wurden Fleischproben des Musculus longissimus dorsi von jedem Schlachtkörper nach drei Wochen Reifung bei 3 C drei Fleischqualitätsuntersuchungen unterzogen (Abb. 1): Fleischfarbanalyse, Garverlustmessung und Scherkraftbestimmung. Die Fleischfarbe wurde mit der L*a*b*-Methode, wie von Razminowicz et al. (2006) beschrieben mit einem Farbmessgerät (Chroma Meter, Model 300 CR, Minolta; Dietikon, Switzerland) durchgeführt. Bei der Messung der Garverluste wurden die 15 cm dicken Fleischproben gewogen, anschließend Vakuum verpackt und für eine Stunde in ein 72 C heißes Wasserbad gegeben. Nach Entnahme der Proben wurden diese unter kaltem Wasser gekühlt, aus der Verpackung genommen und nach 30 min bei Zimmertemperatur erneut gewogen. Die Differenz beider Wiegewerte ergab den Garverlust. Für die Messung der Scherkraft wurden jedem gekochten Fleischstück, parallel zur Muskelfaser drei Proben mit einem Rundmesser entnommen. Mit der Klinge eines Warner-Bratzler-Scherkraftmessgerätes (TA-XT2 Texture Analyzer Stable Micro System, Surrey, UK) wurden diese Proben zerteilt und automatisch die dazu benötigte Kraft in Newton aufgezeichnet. 18 Probst et al. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

19 Abbildung 2: 2 Verteilung des erfassten Verhaltens innerhalb der Betäubungsfalle bei den beiden Versuchsgruppen. (Score a = Tier versucht Kopf zu entziehen/rückwärts zu treten, Score b = Tier verhält sich neutral und Score c = Tier reckt der Person den Kopf entgegen) 2.2 Statistik Die Werte des AWD-Tests wurden mit linearen gemischte-effekte-modellen, der Verhaltensscore, der innerhalb der Betäubungsfalle erfasst worden war, mit dem Chi-Quadrat-Test und die Fleischanalysen mit dem Mann-Whitney-U-Test ausgewertet. 2.3 Resultate Bei den AWD-Tests zeigten HG Tiere signifikant kürzere Ausweichdistanzen gegenüber der sich ihnen annähernden Person als CG Tiere (F1,38 = 40.0, P < 0.001). Außerdem wurden bei 81 durchgeführten AWD-Tests 18 freiwillige Annäherungen gezählt. Davon wurden 16 dieser Annäherungen von HG Kälbern durchgeführt. In der Betäubungsfalle wurden mehr Vorwärtsbewegungen mit dem Kopf und weniger Abwehrbewegungen gegenüber dem Betäuber bei HG Tieren erfasst (χ 2 = 13.9, df = 2; P < 0.01). Tiere der HG Gruppe wiesen tendenziell geringere Cortisolkonzentrationen auf als ihre nichtbehandelten Artgenossen (W = 131, P = 0.055). Bei den Glukose- und Laktatkonzentrationen wurden keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen gemessen. Das Fleisch von KG Tiere wies höhere Scherkraftwerte (N) auf als jenes von HG Tieren (W = 141, P < 0.05). Bei der Farbmessung und den Garverlusten wurden keine Unterschiede gemessen. 2.4 Diskussion Die Ergebnisse dieser Studie zeigen verminderte Furchtreaktionen der HG Tiere vor dem Menschen, was besonders bei den AWD-Tests und bei der Verhaltensbeobachtung am Schlachthof deutlich wurde. Verringerte Furcht der Tiere vor dem Menschen in Folge von positivem Handling verzeichneten auch Krohn et al. (2001) und Boissy und Bouissou (1988). Allerdings wurden diese Studien an Kälbern aus der Milchviehhaltung durchgeführt. Gerade die künstliche Aufzucht in der Milchviehwirtschaft begünstigt eine gute Mensch-Tier-Beziehung, da die Kälber meist die positiven Aspekte der Futteraufnahme (Milch) direkt mit dem Menschen verbinden. In unserer Studie wurde kein Futter als positiver Verstärker verabreicht, zudem wurde mit Limousin Kreuzungstieren aus der Mutterkuhhaltung gearbeitet. Gerade Fleischrassen und insbesondere Tiere der Rasse Limousin gelten als besonders erregbar (Gregory, 2008). Trotzdem waren die Folgen des Handlings im positiveren Verhalten der Tiere gegenüber Menschen auf 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Probst et al. 19

20 dem Hof und nach 9 Monaten am Schlachthof mit den zwei Verhaltenstests messbar (Probst et al., 2012). Demnach kann eine frühe Zähmung der Tiere durch den Menschen dazu führen, Stress auslösende Situationen im Leben der Tiere auch jene auf dem Schlachthof - zu entschärfen (Grandin, 1997). Situationen, die mit Stress einhergehen und die besonders am Tag der Schlachtung entstehen, führen zu einem Anstieg stressanzeigender physiologischer Parameter, wie z.b. Cortisolkonzentrationen im Blut. Untermauert werden die Ergebnisse der Verhaltensbeobachtungen durch die tendenziell geringeren Cortisolkonzentrationen im Stichblut und die geringeren Scherkraftwerte im Fleisch der HG Tiere. Boissy et al. (1988) konnten ebenfalls einen geringeren Anstieg an Cortisol im Blut von behandelten Tieren messen, die zuvor verschiedenen Verhaltenstests unterzogen worden waren. Dass Rinder, die sich ruhiger während einer Fixierung in einem Treibgang verhielten, später zarteres Fleisch aufwiesen, ist auch von Del Campo et al. (2010) und Voisinet et al. (1997) bekannt. Von Purchas et al. (1971) wird berichtet, dass verminderte Zartheit und erhöhte Blutcortisolkonzentrationen in einem Zusammenhang stehen. 2.5 Fazit Positiver Kontakt zahlt sich aus! Ein früh im Leben von Mutterkuhkälbern durchgeführtes, positives Handling hat wünschenswerte Effekte auf das Verhalten der Tiere und auf deren Fleischqualität auch noch neun Monate nach dem durchgeführten Handling. 3. Danksagungen Wir bedanken uns bei der Stiftung Philanthropia, die mit ihrer finanziellen Unterstützung diese Arbeit ermöglicht hat. Unser besonderer Dank gilt der Familie Gassmann vom Eschenhof in Dagmersellen (LU) für die Teilnahme an diesem Projekt und das zur Verfügung stellen ihrer Mutterkuhherde. Ausserdem bedanken wir uns beim Schlachthof Bell Schweiz AG in Oensingen für die Überlassung der Fleischproben zur Fleischqualitätsanalyse und für die gute Zusammenarbeit. 4. Literaturverzeichnis Boissy, A., Bouissou, M.F. (1988): Effects of early handling on heifers subsequent reactivity to humans and to unfamiliar situations. Appl. Anim. Behav. Sci. 20, Cockram, M., Corley, K.T.T. (1991): Effect of pre-slaughter handling on the behaviour and blood composition of beef cattle. Br. Vet. J. 147, Del Campo, M., Brito, G., Soares de Lima, J., Hernández, P., Montossi, F. (2010): Finishing diet, temperament and lairage time effects on carcass and meat quality traits in steers. Meat Sci. 86, Grandin, T. (1997): Assessment of stress during handling and transport. J. Anim. Sci. 75, Ferguson, D.M., Warner, R.D. (2008): Have we underestimated the impact of pre-slaughter stress on meat quality in ruminants? Meat Sci. 80, Goonewardene, L.A., Price, M.A., Okine, E., Berg, R.T. (1999): Behavioral responses to handling and restraint in dehorned and polled cattle. Appl. Anim. Behav. Sci. 64, Gregory, N.G. (2008): Animal welfare at markets and during transport and slaughter. Meat Sci. 80, Knedel, M., Haeckel, R., Seidel, D., Thiery, J., Vonderschmitt, D.J., Haenseler, E. (1986): Analytical performance of the random access analyser Hitachi 737, a multicentre evaluation. J. Clin. Chem. Biochem. 24, Marx, A.M., Gressner, A.M. (1991): Evaluation of the Kodak ektachem slide assays for iron and lactate. J. Clin. Lab. Anal. 5, Probst, J.K., Spengler Neff, A., Leiber, F., Kreutzer, M., Hillmann, E. (2012): Gentle touching in early life reduces avoidance distance and slaughter stress in beef cattle. Appl. Anim. Behav. Sci. 139, Probst et al. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

21 Purchas, R.W., Pearson, A.M., Hafs, H.D., Tucker, H.A. (1971): Some endocrine influences on the growth and carcass quality of Holstein heifers. J. Anim. Sci. 33, Raussi, S. (2003): Human cattle interactions in group housing. Appl. Anim. Behav. Sci. 80, Razminowicz, R.H., Kreuzer, M., Scheeder, M.R.L. (2006): Quality of retail beef from two grass-based production systems in comparison with conventional beef. Meat Sci. 73, Tellington-Jones, L. (2007): Tellington Training für Pferde. Das große Lehr- und Praxisbuch. Franckh- Kosmos Verlags GmbH und Co.KG, Stuttgart, 335 S. Uetake, K., Morita, S., Kobayashi, Y., Hoshiba, S., Tanaka, T. (2003): Approachability and contact behavior of commercial dairy calves to humans. Anim. Sci. J. 74, Voisinet, B.D., Grandin, T., O Connor, S.F., Tatum, J.D., Deesing, M.J. (1997): Bos indicus-cross feedlot cattle with excitable temperaments have tougher meat and a higher incidence of borderline dark cutters. Meat Sci. 46, Waiblinger, S., Menke C., Fölsch, D.W. (2003): Influences on the avoidance and approach behaviour of dairy cows towards humans on 35 farms. Appl. Anim. Behav. Sci. 84: Zurr, D. (2005): TTEAM und TTouch in der tierärztlichen Praxis. Wege zum entspannten Patienten. Sonntag Verlag, Stuttgart, 127 S. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Probst et al. 21

22 Das Fleisch der Zukunft: Retortenschnitzel, Tofu-Fleischersatz oder Fleisch von glücklichen Tieren? H. Lemke 1 Nichts wird die Chance auf ein Überleben auf der Erde so steigern, wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung. Alfred Einstein Fleisch ist mein Gemüse. Hans Strunk Da ich im Rahmen dieser Tagung nicht als Tierhalter oder Tierarzt, sondern als Philosoph spreche, möchte ich gleich vorweg hervorheben, dass sich meine Überlegungen nicht im engeren Sinne mit technischen (veterinär-medizinischen und landwirtschaftlichen) Dingen der Tierhaltung beschäftigen werden. Mit Blick auf den Tagungsthema mit dem doppeldeutigen Titel Zum Wohl. Vom guten Umgang mit Nutztieren werde ich mich noch nicht einmal wie dies vielleicht von einem Philosophen in diesem Kontext zu erwarten wäre auf die moraltheoretische Frage konzentrieren, was ein ethisch guter Umgang mit Nutztieren ist und inwieweit sich die Vorstellungen der Veranstalter mit der philosophischen Tierethik decken? Stattdessen gehe ich schlicht davon aus, dass die Grundnorm der internationalen Tierrechtsidee inzwischen allgemein anerkannt ist. Danach betrachten wir Nutztiere in der Abkehr von einer über Jahrhunderte währenden philosophischen und christlichen Denktradition nicht länger als unbeseelte und rechtlose Rohstofflieferanten, als bloße Objekte des menschlichen Willens (bzw. unseres Hungers und Herrschaftsanspruchs). Durch den Erfolg der internationalen Tierrechtsbewegung der letzten Jahrzehnte genießen Tiere wenigstens de jure hierzulande inzwischen den moralischen Respekt ihres Eigenwertes und Subjektstatus als gleichberechtigte Lebewesen, deren Wohl die Menschen zu schützen und zu fördern haben. Statt einer philosophischen Erörterung der aktuellen Tierethik werde ich das Gebot eines guten Umgangs mit Nutztieren zum Ausgangspunkt der Fleischfrage machen: nämlich der gastrosophischen Frage nach einer ethisch guten Ernährungsweise. So ist zu fragen, ob das moralische Gebot, dass wir alle zu Vegetariern oder gleich ganz zu Veganern werden sollten 2 wie dies gegenwärtig längst nicht mehr irgendwelche asketischen Gemüsefreaks fordern, sondern angesehene Persönlichkeiten der internationalen Öffentlichkeit (wie etwa der amtierende UN-Sonderbeauftragte des Menschenrechts auf Nahrung Olivier de Schutter oder bereits der Nobelpreisträger Albert Einstein, u. a.) ob eine konsequent moralische Ernährung notwendig der Realität eines täglichen Fleischessens kategorisch entgegensteht? Kann sich eine philosophische Ernährungsethik wirklich über den verbreiteten Hedonismus hinwegsetzen, der es einer Mehrheit von uns kulturell von klein auf angewöhnt hat, ein Stück Fleisch auf den Teller oder einen saftigen Hamburger in der Hand als eine unentbehrliche Erfahrung eines guten Lebens zu begreifen? 3 Kurz und knapp: Müssen wir, um ethisch gut zu essen, wirklich auf Fleisch verzichten? Es lässt sich leicht ausmalen, welche praktischen Konsequenzen eine vegetarische und erst recht eine vegane Esskultur speziell für alle diejenigen auch hier anwesenden haben würde, die momentan ihr tägliches Brot und mithin ihr tägliches Fleisch auf die eine oder andere Weise mit der Tierhaltung bzw. der Produktion von tierischen Produkten verdienen. Allerdings wird diese Problematik nicht der Grund dafür sein, weshalb ich im Folgenden keinen strikten Vegetarismus verteidigen werde. Ich werde unter dem Stichwort eines gastrosophischen Hedonismus sogar einen gewissen Fleischkonsum ethisch rechtfertigen und auf diese Weise bewusst dem gewöhnlichen Hedonismus entgegenkommen. Gleichwohl 1 Autor: PD Dr. Harald Lemke, Leuphana Universität, Institut für Kulturtheorie, Kulturforschung und Künste, Scharnhorststraße 1, C5.019, D Lüneburg, T: +49 (0) ; hlemke@uni-lueneburg.de, Web: 2 Neuerdings wird zwischen Vegetarismus und Veganismus unterschieden, um eine Ernährungsweise, die zwar auf Fleisch verzichtet, nicht aber auf tierische Produkte, wie Milch, Käse, Butter oder Eier, von einer strikt pflanzlichen Kostform abzugrenzen. Davon abweichend werde ich fortan vom Vegetarismus in seiner ursprünglichen Bedeutung als einer rein pflanzlichen Ernährungsweise sprechen und ihn synonym für Veganismus verwenden. 3 Peter Singer, Wie sollen wir leben? Ethik in einer egoistischen Zeit, Erlangen 1996, S. 63. Ausführlich bin ich auf diese Frage eingegangen in: Harald Lemke, Politik des Essens. Wovon die Welt von morgen lebt, Bielefeld Lemke 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

23 ergibt sich auch aus den Grundprinzipien einer gastrosophischen Ethik sowohl die moralische Verwerflichkeit als das absehbare Ende des heute so beliebten täglichen Fleischessens egal ob in Bio-Qualität oder nicht. Um diese Perspektive richtig zu verstehen und um mit dem Gedanken eines ethisch guten Essens im Sinne eines gastrosophischen Hedonismus umgehen zu können, hilft es, die zahlreichen Gründe zu kennen, wieso ausgerechnet die weltweite Fleischproduktion und das tägliche Fleischessen zum Inbegriff für ein menschliches Verhalten geworden ist, von dem äußerst folgenschwere Auswirkungen auf das allgemeine Wohl der Welt ausgehen. Diesbezüglich möchte ich die Tatsache hervorheben, dass in den vergangenen Wochen die mediale Berichterstattung angesichts der Jahrhundert-Dürre in den US-amerikanischen Maisanbaugebieten sehr viel über die staatlich subventionierte Biospritproduktion oder über die gewissenlose Nahrungsmittelspekulation an den Warenterminbörsen die Rede war, um Übeltäter für die drastischen Preissteigerungen auf dem Agrarweltmarkt namhaft zu machen. An dieser Berichterstattung ist es auf jeden Fall bemerkenswert, dass sich neuerdings die politische Öffentlichkeit verstärkt für die Hauptursachen der globalen Ernährungskrise interessiert. Das war bislang nicht so. Darum sehe ich in diesem medialen Interesse eine gute Nachricht inmitten all der schlechten Nachrichten über die vielen Menschen auf der Welt, die so extrem arm sind, dass jede weitere Verteuerung der Grundnahrungsmittel sie ihrem Elend noch dramatischer aussetzt und die Anzahl von über einer Milliarde Hungernden weiter steigern wird. Doch was bei der Problematisierung der Biospritproduktion und der Nahrungsmittelspekulation als (Mit- )Ursachen für die globale Ernährungskrise regelmäßig keine Erwähnung findet, ist die eigentliche Hauptursache dieser Krise aller Krisen, die zugleich einer der Hauptfaktoren der Klimakatastrophe ist sowie der Wasserverschwendung und der Umweltzerstörung seitens der industriellen Landwirtschaft und die nicht zuletzt auch einer der Hauptursachen für die Krise des Gesundheitswesens ist: Und das ist eben unser tägliches Fleischessen. Mir scheint es an der Zeit zu sein, dass wir nicht umhin kommen, die Fleischfrage in den Mittelpunkt des philosophischen und politischen Krisenmanagements zu stellen. Über Jahrtausende hinweg wünschte sich die Menschheit ihr täglich Brot, das sie satt macht; doch seit einigen Jahrzehnten verlangt die Mehrheit der Bevölkerung in den westlichen Überflussgesellschaften nach ihrem täglich Fleisch, das ihnen in Supermärkten mithilfe von unglaublich billigen Schnäppchen- und Ramschpreisen schmackhaft gemacht wird. In den letzten 60 Jahren hat sich der weltweite Fleischkonsum mehr als vervierfacht. Die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) rechnet damit, dass sich die Menge der gehaltenen und verzehrten Nutztieren durch den vermehrten Wohlstand einer wachsenden Weltbevölkerung in den kommenden Jahrzehnten bis 2050 noch einmal verdoppelt müsste... Doch schon heute verschlingt die globale Fleischproduktion drei Viertel der landwirtschaftlichen Nutzflächen der Erde: Die Zusammenhänge, die dazu führen, dass der zurzeit in den Wohlstandsländern übliche massenhafte Fleischkonsum eine gefährlich unterschätzte Supermacht der globalen Politik ebenso wie der allgemeinen Zivilisationskrise ist, sind mittlerweile intensiv erforscht und wissenschaftlich nachweislich belegt. Darum sehe ich an dieser Stelle davon ab, diese zwar komplexen, aber letztlich doch durchschaubaren Zusammenhänge im Einzelnen zu erörtern. Ohnehin verbreitet sich die Erkenntnis dieser unbequemen Wahrheit langsam, aber sicher im gesellschaftlichen Bewusstsein. Stattdessen möchte ich über das sprechen, was ich den gastrosophischen Hedonismus nenne, den kaum einer kennt, um deutlich zu machen, in welchem Sinne er sich im Kontext der Fleischfrage als eine selbstkritische Neukonzeption der traditionellen Philosophie eines moralischen Vegetarismus denken lässt. Ich beginne mit einer kurzen Erinnerung an die lange Geschichte des philosophischen Vegetarismus: Angefangen bei Buddha und Pythagoras über Platon und Plutarch und Jean-Jacques Rousseau bis zu Albert Einstein und Peter Singer forderten Vegetarismus-Theoretiker einen rigorosen Fleischverzicht aus dem rein moralischen Argument und Gebot heraus, dass es falsch (ungut, verwerflich) sei, Tiere zu töten 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Lemke 23

24 und ihnen Leid anzutun, nur um in den Genuss ihrer schmackhaften Körperteile zu kommen. Der zentrale Grund für eine vegetarische Ernährungsweise ist dieser Philosophie zufolge die Leidensfähigkeit der Tiere. Legt man das normative Kriterium der Leidensfähigkeit zugrunde, existiert tatsächlich kein vernünftiges Argument dafür, dass wir den traditionellen Anthropozentrismus (Spezieismus) aufrechterhalten können, wonach nur Menschen als Adressaten unseres moralischen Verhaltens gelten, aber andere Tiere davon kategorisch ausgeschlossen werden. Doch genau an diesem Punkt der notwendigen Überwindung eines anthropozentristischen Denkens setzt meine Kritik am moralischen Vegetarismus an. Denn es spricht vieles dafür, dass auch Pflanzen empfindungsfähig sind und wir ihnen Leid antun, sobald sie uns bloß als (Lebens-)Mittel dienen. Zweifelsohne ist der Gedanke, dass die Tomate wie jede andere Nutzpflanze eine Seele und eine Würde habe und zu einem eigenwertigen Wohlgedeihen fähig sei, noch weit gewöhnungsbedürftiger als die Idee eines guten Umgangs mit Nutztieren. Dennoch schließe ich mich den Pflanzenethikern an, die es für ein Unrecht halten, pflanzliche Lebewesen diesen Umgang zu verweigern und die nicht nur für Tiere, sondern gleichermaßen auch für Pflanzen ein moralisches Recht auf das Glück eines guten Lebens in Form eines artgerechten Wohlergehens zuerkennen. 1 Viel entscheidender als die Frage, ob sich ein ethisch guter Umgang mit Nutzpflanzen bzw. das gute Leben einer Tomate philosophisch und naturwissenschaftlich begründen lassen, sind die gastrosophischen Implikationen der Pflanzenethik für die Fleischfrage, um die es mir hier geht: Wenn wir in jedem Fall egal ob wir Fleisch essen oder nur Pflanzen dem Gegessenen immer Leid antun und es töten müssen, um es essen zu können, dann kann eine ethisch gute Ernährungsweise nicht im Verzicht auf den Verzehr dieser Lebensmittel liegen. Von der anthropologischen (anthropogenen) Unhintergehbarkeit dieser kulinarischen Erbsünde man kann hier auch von einem nutritiven Schuldzusammenhang (H. Böhme) sprechen angehend, gelangt man schließlich zum ethischen Grundsatz eines gastrosophischen Hedonismus: Dieser besagt, dass wir für all die Lebewesen, die wir töten werden, um sie zu verspeisen, alles tun sollten, damit diese das Glück eines artgerechten Wohlergehens haben, solange wir sie leben lassen. Dieser Grundsatz rechtfertigt einerseits das ethische Gebot eines guten Umgangs mit Nutztieren ebenso wie das ethische Gebot einer guten Anbauweise von Nutzpflanzen. Andererseits und über diese Gerechtigkeit im Umgang mit unseren Nahrungslieferanten hinaus (die zwangsläufig anthropogen, aber keineswegs anthropozentrisch ist 2 ) rechtfertigt der Grundsatz einer gastrosophischen Ethik aber neben dem Genuss von Pflanzen eben gleichermaßen auch den Genuss von Tieren. Mit dieser ernährungsphilosophischen Gleichbehandlung von Nutzpflanzen und Nutztieren kommt der gastrosophische Hedonismus freilich dem gewöhnlichen Hedonismus des Fleischessens entgegen. Indem er diese verbreiten Geschmacksgewohnheiten ein Stück weit ethisch rechtfertigt, entgeht der gastrosophische Hedonismus zugleich der Ohnmacht des bloßen Sollens. So lässt sich das moraltheoretische Dilemma des traditionellen philosophischen Vegetarismus bezeichnen, dessen asketische Moral zwar wortreich die Fleischentsagung predigt, aber mit diesem strikten Verbot bekanntermaßen nur auf den Widerstand der Mehrheit stößt. Hingegen verfährt eine philosophische Theorie des ethischen Essens wesentlich klüger, wenn sie einen gewissen Fleischgenuss als eine menschliche Lusterfahrung toleriert. Allerdings beinhaltet diese (metaethische) Toleranz eben durchaus die ethische Forderung: Wenn schon Fleisch gegessen wird, dann nur Fleisch von glücklichen Tieren aus artgerechter Haltung. 1 Klaus Michael Meyer-Abich, Praktische Naturphilosophie, München 1997; Angela Kallhoff, Prinzipien der Pflanzenethik: Die Bewertung pflanzlichen Lebens in Biologie und Philosophie, Frankfurt/M Das Dasein eines glücklichen Nutztieres, das Menschen ein gutes Leben leben lassen, nicht das einige und wünschenswertes Glück dieses Tieres ist, steht außer Zweifel. Doch steckt in der Annahme, dass das Schwein mit diesem Dasein Glück hat, kein Sarkasmus: Ein auf sich selbst gestelltes Schwein kann keineswegs damit rechnen, das sichere Glück das»schwein gehabt«zu haben, nicht frühzeitig sterben oder nicht leiden zu müssen: Das Leben eines Wildscheins wie jedes wild lebten Tieres kann allenthalben (wegen Krankheiten, Feinden, schlechten Lebensbedingungen, etc.) unglücklich verlaufen. Jedes Nutztier kann sich ebenso glücklich fühlen, wenn es von Menschen gut behandelt (gefüttert, gepflegt, beschützt, etc.) und am Leben diesem relativ glücklichen Leben erhalten wird. Das gleiche gilt für Pflanzen. 24 Lemke 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

25 Doch bestünde die Zukunft der Tiere alleine in der Umstellung von der industriellen Massentierhaltung zu einer artgerechten Tierhaltung, wäre damit zwar ein enormer Fortschritt in der menschlichen Tierethik erreicht. Aber die mit jeder Fleischproduktion verbundenen Auswirkungen und Zusammenhänge würden die globale Ernährungskrise weiter verschärfen. Würde die Menschheit ihren derzeitigen Fleischkonsum ausschließlich in Bio-Qualität decken wollen (bestünde die Zukunft des Fleisches also lediglich in der Umstellung des Konsums von billigem Qual-Fleisch zu fairem Bio-Fleisch) würden schon wegen des zusätzlichen Bedarfs an Weideflächen die Grenzen des Planeten weit überschritten. Angesichts der begrenzten Lebensgrundlagen unseres planetaren Raumschiffs Erde steht fest: Der durchschnittliche Fleischkonsum und die entsprechende Menge an gehaltenen Tieren sollten in den kommenden Jahrzehnten massiv weniger werden andernfalls steuern wir weiter direkt auf gewaltsame Hungerunruhen und eine dramatische Verschärfung der sich bereits ausweitenden Krise (und Verteilungskriegs) zu. Die entscheidende zukunftsethische Frage die Fleischfrage lautet also: Wie viel Fleisch steht jedem Menschen zu? Analog zu der klimapolitischen Idee, dass jedem Erdbewohner das Recht auf eine bestimmte CO 2 -Verbrauchmenge zustehen soll, wäre ein Menschenrecht auf Fleisch denkbar: Nämlich das gleiche Recht für alle, die gleiche Menge an tierischen Lebensmitteln essen zu dürfen. Selbstverständlich werden die genaue Berechnung und die gesetzliche (völkerrechtliche) Festlegung der maximalen Menge ähnlich kontrovers verlaufen, wie dies bei den aktuellen Vereinbarungen von Emissionsrechten der Fall ist. Ganz gleich aber auf welche Menge die Experten und Politiker sich einigen würden, gäbe eine formale Bedingung die Berechnungsgrundlage vor: Die Berechnung von Fleischrechten bzw. der maximalen Fleischmenge pro Mensch hat zu berücksichtigen, dass die planetare Fleischproduktion nicht länger als Konkurrent der pflanzlichen Nahrungsanbaus auftreten darf. Eine zukunftsethische Nutztierhaltung wäre demnach nur auf solchen Flächen und nur in solchen Klimazonen und Gebieten erlaubt, wo keine andere landwirtschaftliche Nutzung möglich ist. Wie gesagt: Diese Regelung beinhaltet kein generelles Verbot der Fleischproduktion und des Fleischkonsums. Allerdings besteht kaum Zweifel, dass auf den in Frage kommenden Flächen und in den geeigneten Gebieten keine 12 Milliarden Nutztiere, wie gegenwärtig (und erst recht nicht 24 Milliarden bis 2050), sondern nur ein Bruchteil dieser enormen Anzahl an Tieren gehalten werden könnte. Und entsprechend gering fielen die durchschnittlichen Fleischrechte jedes Menschen aus. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde die Menge nicht einmal für einen Sonntagsbraten eine einzige Fleischration am Wochenende reichen. Vielleicht sind zwei Würsten oder 150g Wurstaufschnitt, etwas Käse und Milch für den Kaffee oder Müsli pro Woche drin. Wir werden sehen. Jedenfalls ist schon heute absehbar, dass die allgemeine Verknappung der weltweit verfügbaren Menge an Fleischwaren die Preise verteuern wird, so dass Fleischgenuss (wieder) zu einem kapitalistischen Luxusvergnügen wird für reiche Leute, die es sich (häufig) leisten können, oder für einige, die es sich (zumindest gelegentlich) leisten wollen. Vielleicht kommt es, analog zum Handel mit Emissionsrechte, dann auch zu einem Handel mit Fleischrechten.) Angesichts der zwangsläufigen Verteuerung von Fleischprodukten wird sich meines Erachtens die hier und da anklingende politische Debatte, ob eine Erweiterung der bereits existierenden Genusssteuer auf bestimmte Lebensmittel auf eine zusätzliche Fleischsteuer gesellschaftlich sinnvoll ist, von selbst erledigen. So oder so bestätigt sich die Notwendigkeit eines gastrosophischen Hedonismus, der das Fleischessen zwar nicht unter ein rigoroses Verbot stellt und keinen moralischen Vegetarismus gebietet, der aber gleichwohl eine ethisch gute Ernährungsweise mit der Zwangsläufigkeit eines stark eingeschränkten Fleischkonsums verbindet. Darum lautet die Fleischfrage aller Fleischfragen: Wie gewöhnen sich Menschen, die heute täglich Fleisch essen, an einen Beinahe-Vegetarismus und an den ungewohnten Gedanken, sich in glückliche Veganer zu verwandeln? Was kann den gesellschaftlich notwendigen Wandel der gegenwärtig vorherrschenden karnivoren Esskultur erleichtern? Die Antwort fällt nicht schwer: Was unsere eingefleischten Geschmacksgewohnheiten zukunftsfähig machen könnte, ist ein ethisch unbedenklicher oder gar ethisch wünschenswerter Fleischgenuss. Eine Variante einer solchen Rezeptur nennen wir sie die futuristische Science-Fiction-Version plädiert für 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Lemke 25

26 die Zukunft des Retortenfleisches. Lebensmittelingenieure träumen davon, dass eines Tages aus tierischen Stammzellen in Gewebereaktoren künstlicher Fleischersatz von echten Tieren hergestellt werden könnte. Ihre futuristische Labortechnologie macht es denkbar, dass dann jeder Menschen sogar so viel Fleisch essen könnte, wie er wollte, weil dieses Vergnügen ganz ohne konventionelle oder artgerechte Tierhaltung und ohne deren negativen Auswirkungen auf das Allgemeinwohl möglich wäre. Doch zum jetzigen Zeitpunkt bleibt dieser Traum vom politisch korrekten Kunstfleisch reine Science Fiction. Was nicht heißt, dass diese Entwicklung unrealistisch ist. Ganz im Gegenteil. Je knapper und teurer echte Fleischprodukte werden, desto rentabler wird es für die Nahrungsmittelindustrie sein, in die wissenschaftliche Forschung und die technologische Entwicklung zu investieren. Und es ist auch absehbar, dass die heutigen Fleischesser sich von Retortenfleisch nicht den Appetit verderben lassen werden. Sie gewöhnen sich schon eine ganze Weile an den Fleischgenuss von Fleischimitaten, die durch den raffinierten Einsatz von artifiziellen Produktionsverfahren entstehen. Im Fall von so genanntem Formoder Klebefleisch werden Würste, Schinken, Steaks täuschend echt aus minderwertigen Fleischstücken und Tierkörperresten durch Enzymtechnik (Transglutaminase) fabriziert bzw. imitiert. Auch Fleischimitate, bei denen tierische Inhaltsstoffe durch pflanzliche Zutaten (Proteine, Fette) ersetzt werden, wie etwa bei so genanntem Analogkäse, werden von der Mehrheit ihrer Konsumenten goutiert oder zumindest nicht boykottiert. 1 Auf alle Fälle leite ich aus diesen empirischen Feststellungen die Schlussfolgerung ab, dass ein ethisch unbedenklicher Fleischgenuss kein Wunschdenken ist, sondern ansatzweise bereits alltägliche Realität. Aber bei dem Gedanken an Klebefleisch und Mogelschinken läuft nicht jedem das Wasser im Mund zusammen. Denjenigen, die dann doch lieber auf artifizielle Würste und Kunstbraten verzichten, möchte ich zum Schluss jene Rezeptur einer fleischlosen Fleischkost anpreisen, für welche sich gastrosophische Hedonisten und Veganer entscheiden. Denn eine wachsende Zahl an Menschen reduziert ihren Fleischkonsum längst, indem sie zu geschmackvollen und alt bewährten Alternativen des Fleischersatzes greifen. Während noch vor wenigen Jahren der durchschnittliche Supermarktkunde kein einziges Tofu- oder Seitan-Produkt im Regal zu Gesicht bekommen hat und nicht wusste, wie Produkte aus Sojabohnenoder Weizeneiweiß aussehen, steigt inzwischen die Nachfrage nach Hackfleisch aus Weizeneiweiß, Räuchertofu oder veganem Zwiebelschmalz und all den anderen Lebensmitteln aus rein pflanzlichen Bestandteilen von Jahr zu Jahr rasant. Namhafte Spitzenköche ebenso wie namenlose Alltagsköche sind dabei, zu lernen, dass man aus Pflanzenfleisch leckere Gerichte kreieren kann. Solche gastrosophische Hedonisten verschaffen sich Klarheit über etwas, was der buddhistisch inspirierten Kochkunst ganzer Hochkulturen wie etwa China und Japan schon seit Jahrhunderten bekannt ist und weshalb diese Esskulturen überhaupt erst Fleischersatz in Form von Tofu und Seitan und anderen Geschmacksquellen (insbesondere Pilzen) erfunden haben: nämlich um auch ohne das Fleisch von Tieren in den Genuss von gutem Essen zu kommen. Das soll nicht heißen, die Zukunft einer ethisch guten Ernährungsweise läge allein oder primär in dem täglichen Fleischgenuss von vegetarischem Fleischersatz. Es bliebe weiterhin möglich, dass bei seltenen Gelegenheiten auch einmal echtes Fleisch verspeist wird. Ich kann mir sogar vorstellen, dass eine zukunftsweisende Tischgesellschaft zu rituellen Festessen und Dionysien zurückfindet, wo an bestimmten Tagen im Jahr im Rahmen eines feierlichen Kultes das Tieropfer kollektiv begangen wird. Doch was die Zukunft eines für alle guten Essens viel entscheidender prägen wird als eventuell außeralltägliche Fleischpartys oder Epikuräerfeste, müsste der Alltag einer Esskultur sei, die so phantasievoll und intelligent dem Menschen würdig ist, dass sie weder auf Kosten des Wohls der Tiere noch des Wohls aller anderen Menschen und nicht-menschlichen Lebensformen basiert. 1 Übertrüge man die Qualität des hierzulande hergestellten und verspeisten Fleisches auf Autos, käme das deutsche Schnitzel maximal als ein drittklassiger, stinkender, aber umso mehr spritfressender Golf daher. Wäre Fleisch Wein, hieße dies, dass sich die meisten Konsumenten tagein tagaus mit Fussel à la Pennerglück begnügen. Made in Germany bedeutet bei Fleisch ungefähr so viel wie Made in China bei Spielzeug: Man kauft ein riskantes Billigprodukt. Wobei die meisten richtig tief in die Tasche greifen, wenn es ums Motoröl für ihr Fahrzeug geht; hingegen kann Speiseöl, das man immerhin jeden Tag für den eigenen Verbrennungsmotor»nachtankt«, nicht billig genug sein. 26 Lemke 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

27 Tierwohl-Label: Notwendigkeit, Ausgestaltung und erste Erfahrungen aus Sicht der Nutztiere Notwendigkeit und Zielsetzung E. v. Borell 1 und L. Schrader 2 Die Haltung von Nutztieren steht zunehmend im Brennpunkt der öffentlichen Diskussion. Dabei werden längst nicht mehr nur gesetzeswidrige Missstände angeprangert. Teilen der Bevölkerung scheint auch eine Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen nicht auszureichen. Eine auch für den Tierhalter ökonomisch tragfähige Lösung könnte in einem Tierwohl-Label bestehen. Das Tierwohl-Label in Deutschland geht auf eine Göttinger Initiativgruppe zurück. Neben Wissenschaftlern waren von Anfang an Vertreter des Deutschen Tierschutzbundes (DTB), der Landwirtschaft (Neuland e.v., Erzeugergemeinschaft Osnabrück), Verarbeitung (kff Kurhessische Fleischwaren GmbH, Schlachtindustrie (VION) und des Lebensmitteleinzelhandels (Kaiser's Tengelmann und EDEKA) beteiligt. In einem vom BMVEL geförderten Projekt "Perspektiven für ein Europäisches Tierschutzlabel" (Abschlussbericht Europäisches Tierschutzlabel, 2010) wurden insbesondere Aspekte der Konkurrenzfähigkeit eines derartigen zusätzlichen Labels unter europäischen Marktbedingungen behandelt. Auszugsweise ergaben sich folgende Thesen, die dann die weitere Vorgehensweise bestimmt haben: Wahl eines Tierschutzniveaus deutlich oberhalb des gesetzlichen Tierschutzstandards zur Sicherung der Glaubwürdigkeit des Labels (Strategie des Goldstandards ). Festlegung eindeutiger Bewertungskriterien entsprechend dem Stand der Forschung im Sinne einer integrativen Vorgehensweise, die das Tierverhalten in den Fokus rücken und Aspekte der Haltung, des Managements und der Tiergesundheit gleichermaßen berücksichtigen. Konzentration der Bewertung tierschutzrelevanter Aspekte auf praktikable (Zeit und Kosten), transparente und kommunizierbare Kriterien. Verdeutlichung des Mehrwerts für den Konsumenten durch ein Label mit hohem Wiedererkennungswert. Freiwillige Teilnahme am Labelling-System. Eigenmotivation verspricht eine höhere Dynamik und stärkt die Position im Wettbewerb. Ein obligatorisches Label verlangt eine flächendeckende und vergleichbare Bewertung aller Tierhaltungsformen und Tierarten und ist derzeit nicht realistisch. Im weiteren Verlauf verständigte sich die Initiativgruppe auf ein zweistufiges Label mit einem Einstiegs (Silber-)Standard oberhalb der tierschutzrechtlichen Bestimmungen und einem Premium (Gold-)Standard mit hohen Tierschutzanforderungen. Der Einstiegsstandard sollte den konventionell wirtschaftenden Betrieben ohne großen Investitionsaufwand die Teilnahme am Label erleichtern. Dieses mehrstufige Gütesiegel wird zunächst einmal in der Hühner- und Schweinemast umgesetzt. Langfristig sollen jedoch die gesamte Wertschöpfungskette und alle relevanten Tierarten sowie Haltungsabschnitte mit einbezogen werden. Unter Hinzuziehung von weiteren Experten aus den genannten Bereichen (Wissenschaft, Industrie, Handel und Verbände) entstanden zwei Arbeitsgruppen, die sich mit der Entwicklung der Kriterien für die Haltung, das Management sowie für das Verhalten und die Gesundheit der Tiere beschäftigten. Der DTB übernahm dabei die weitere Trägerschaft und Koordinierungsfunktion unter Beibehaltung des Multistakeholderansatzes der Initiativgruppe Tierwohl-Label unter dem Namen Tierschutzlabel. 1 Autoren: Univ.-Prof. Dr. Eberhard von Borell, Tierhaltung und Nutztierökologie, Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Theodor-Lieser-Straße11, D Halle; eberhard.vonborell@landw.uni-halle.de 2 Dr. Lars Schrader, Institut für Tierschutz und Tierhaltung (ITT), Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), Dörnbergstraße 25/27, D Celle; Lars.Schrader@fli.bund.de 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Borell et al. 27

28 In einer Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik beim BMVEL (Kurzstellungnahme, 2011) wird zunächst eine nationale Pionierleistung für die Einführung eines freiwilligen Labelsystems favorisiert, da eine einheitliche europäische Lösung in naher Zukunft nicht in Sicht ist, und um den Konsumenten Wahlmöglichkeiten zu schaffen sowie den Produzenten neue Märkte mit höherem Wertschöpfungspotenzial zu erschließen. In der Einführungsphase sollte der Staat im Rahmen von Anreizprogrammen ein Monitoring unterstützen, mit denen der Gesundheitszustand der Tiere besser erfasst und dokumentiert (z. B. über Schlachtkörperbefunde), den Landwirten entsprechende Informationen rückgemeldet und die Erkenntnisse über die Ursache-Wirkungs-Beziehungen verbessert werden. Die Anreizprogramme der zweiten Säule sollten genutzt werden, um den Landwirten einen finanziellen Anreiz zur Teilnahme an Monitoring-Programmen und zur Lieferung ergänzender betrieblicher Daten zu geben. Kriterien für Mast, Transport und Schlachtung Bisherige Bewertungssysteme zur Beurteilung des Verhaltens und der Tiergesundheit, insbesondere auch in der Ökologischen Tierhaltung, orientierten sich an den Richtlinien und Managementmaßnahmen und weniger an der tatsächlichen Situation der Tiere. So fordern Sundrum et al. (2004) den Wechsel hin zu einer ergebnisorientierten Herangehensweise, da sich auch der Gesundheitszustand der Tiere in der Ökologischen Tierhaltung nicht markant von der Situation in der herkömmlichen Tierhaltung abhebt. Diesen ergebnisorientierten tierbezogenen Ansatz verfolgt das Welfare Quality Protokoll, an dem sich auch das Tierwohl-Label orientiert. Das Tierwohl-Label ist zudem als dynamisches System angelegt, d.h. Betriebe können über das Benchmarking (im Vergleich mit anderen Betrieben) Problembereiche (u.a. Krankheitsanfälligkeit und Schäden am Tier) erkennen und diese Mängel in einer festgesetzten Frist abstellen. Dabei werden jedoch auch Obergrenzen für k.o.-kriterien festgelegt. Diesem Ansatz folgen auch die Konzepte der betrieblichen Eigenkontrolle mit Hilfe von Kritischen Kontrollpunkten (u.a. von Borell et al. 2007). Die tierbezogenen Indikatoren haben eine ganz zentrale Funktion im Tierwohl-Label und gelten in gleicher Weise für den Silber- als auch für den Goldstandard. Sie werden sowohl in den Betrieben als auch auf dem Schlachthof erhoben. So werden in Schweine haltenden Betrieben Erhebungen zum Auftreten von Kümmerern, von Schäden am Bewegungsapparat, zur Verschmutzung der Tiere, zu Lahmheiten, Hautverletzungen, Verletzungen an Schwanz und Ohren, zur atrophischen Rhinitis, zu Durchfall sowie zur Mortalität durchgeführt. Auch die am Schlachthof erstellten Organbefunde zu Lungenentzündungen, Herzbeutelentzündungen, Bauchfellentzündungen, Brustfellentzündungen sowie Spulwurmbefall werden als tierbezogene Indikatoren berücksichtigt. Weitere Indikatoren werden im Zusammenhang mit dem Transport der Tiere, während ihres Aufenthaltes im Wartestall am Schlachthof sowie im Zusammenhang mit der Betäubung und Tötung der Tiere erhoben. Mit Erprobung und Einführung des Tierwohllabels sollen für diese Indikatoren Zielwerte definiert werden. Um diese Zielwerte zu erreichen, bekommt jeder Tierhalter Rückmeldungen zu den Befunden seines Bestands. Schlecht abschneidende Betriebe müssen in den folgenden Mastdurchgängen ihre Ergebnisse verbessern. Hierdurch ergibt sich ein Automatismus der steten Verbesserung der Befundsituation in den Betrieben. Für besonders relevante Indikatoren wird es auch obere Grenzwerte geben, bei deren Überschreitung die betroffene Partie nicht mehr im Rahmen des Labels vermarktet werden darf. Die Erhebung der tierbezogenen Indikatoren erfolgt regelmäßig während der Betriebsbesuche, die im Rahmen der Zertifizierung und Kontrolle der Haltungsanforderungen durchgeführt werden. Ebenso regelmäßig erfolgt die Erhebung der Indikatoren, die den Transport, die Unterbringung am Schlachthof sowie die Betäubung und Tötung der Tiere abdecken. Nach aktuellem Bearbeitungsstand ist der Kriterienkatalog für eine tiergerechte Haltung und Behandlung von Masthühnern im Rahmen des Tierschutzlabels weitestgehend fertig gestellt. Für den Bereich der Mastschweinehaltung ist dies in Kürze zu erwarten. Die vorläufigen wesentlichen Kriterien für die Einstiegs- und Premiumstufe sowie für beide Labelstufen sind bereits vorab vom DTB auf deren Internetseite veröffentlicht. 28 Borell et al. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

29 Kriterien für Masthühner Einstiegsstufe Platzangebot: maximale Besatzdichte von 25 kg/m² Premiumstufe Platzangebot: maximale Besatzdichte von 21 kg/m² Auslauf: 4 m²/huhn Gruppengröße: maximal Masthühner Für beide Labelstufen Langsam wachsende Zuchtlinien: maximal 45 g Tageszunahme Kaltscharrraum: mindestens die Hälfte der Mastdauer nutzbar Strukturierung: Sitzstangen, Pickgegenstände (Ytong-Steine, Strohballen) Transportdauer: maximal 4 Stunden Schlachtung: zweistufige CO2-Betäubung; übergangsweise Wasserbadbetäubung Tierbezogene Kriterien: Gehfähigkeit, Mortalität, Arzneimittel, Verletzungen, Schäden Kriterien für Mastschweine Einstiegsstufe Platzangebot: circa ein Drittel mehr als gesetzlich vorgeschrieben Bodenbeschaffenheit, Liegebereich: perforierter Boden, Liegebereich planbefestigt mit Minimaleinstreu oder weicher Matte (2 Jahre Übergangsfrist) Beschäftigungsmaterial: Beschäftigungsautomaten mit Stroh Klima: Luftkühlung oder Wasservernebelung (Hochdruck) Premiumstufe Platzangebot: circa doppeltes Platzangebot als gesetzlich vorgeschrieben Bodenbeschaffenheit, Liegebereich: perforierter Aktivitätsbereich, mit Langstroh eingestreuter Liegebereich Mehrflächenbucht: Trennung von Aktivitäts-, Liege- und Kotbereich Auslauf: verschiedene Temperaturzonen Für beide Labelstufen Strukturierung der Bucht Schwänze kürzen verboten (maximal 2 Jahre Übergangsfrist für die Einstiegsstufe) Keine betäubungslose Kastration: Akzeptiert werden Ebermast, Kastration unter Betäubung (Isofluran) kombiniert mit einer Schmerzmittelgabe, Impfung gegen Ebergeruch Transportdauer: maximal 4 Stunden Schlachtung: Kontrollen am Schlachthof; sichere und tiefe Betäubung muss sichergestellt sein Tierbezogene Kriterien im Betrieb und auf dem Schlachthof: z. B. Mortalität, Arzneimittel, Verletzungen, Lungenentzündung, Leberveränderungen 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Borell et al. 29

30 Umsetzung und Ausblick Auf Initiative des Schlachtunternehmens VION wird derzeit im Rahmen eines vom BMLEV bewilligten Forschungsprojektes: Tierwohllabel - Aufbau eines marktgerechten Tierwohlprogramms in der Schweinefleischkette" gefördert. Das auf 30 Monate ausgelegte Projekt dient der Abklärung verschiedener Voraussetzungen für die Umsetzung des Einstiegsstandards im Schweinebereich. Auf Pilotbetrieben und in Kooperation mit einem lokalen Vermarkter aus dem Lebensmitteleinzelhandel sollen folgende Fragestellungen abgeklärt werden: Umsetzung der haltungstechnischen und der Anforderungen im Management Identifizierung praktikabler und valider tierbezogener Indikatoren Zertifizierung und Auditierung Vermarktungsstrategien Verbraucherakzeptanz Derzeit stellen die Pilotbetriebe ihre Haltungsbedingungen auf die Labelanforderungen um. Erfahrungen bezüglich der Verbesserung des Tierschutzes in diesen Betrieben liegen daher noch nicht vor. Die Erfahrungen aus den Bio-Verbandsbetrieben mit erhöhten Tierschutzstandards lassen sich nur bedingt mit den zu erwartenden Ergebnissen aus dem Labelprogramm vergleichen, da in diesem zusätzliche tierbezogene Kriterien (u.a. Gesundheit und Schäden), angefangen von der Zucht über die Haltung bis zur Schlachtung mit einbezogen werden. Anforderungskriterien für weitere Produktionsrichtungen und Tierarten sind geplant. Mit dem Tierschutzsiegel soll zukünftig sichergestellt werden, dass mit den hohen Anforderungen an die Tierhaltung nicht nur die Voraussetzungen für die Verbesserung des Tierwohls geschaffen werden, sondern diese auch optimal umgesetzt werden. Zusammenfassung Auch in Deutschland steht die Haltung von Nutztieren zunehmend im Brennpunkt der öffentlichen Diskussion. Dabei werden nicht mehr nur gesetzeswidrige Missstände angeprangert. Teilen der Bevölkerung scheint auch eine Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen nicht auszureichen. Gleichzeitig ist unbestreitbar, dass Nutztiere unter tiergerechteren Bedingungen gehalten werden können, als die Mindestanforderungen dies vorschreiben. Mit der Einführung eines zweistufigen Tierschutz-Labels (Einstiegsund Premiumstandard) unter der Trägerschaft des Deutschen Tierschutzbundes sollen verstärkt tierbezogene Kriterien im Sinne der Verbesserung des Tierwohls in der Tierhaltung verankert werden. Das Label und der damit verbundene Mehrwert soll dem Konsumenten eine Orientierungshilfe geben und ihn animieren, den Tierschutz beim Einkauf von tierischen Produkten mit einzubeziehen. Summary The welfare of farm animals has become a major concern of the society in Germany and other countries. Even housing and management systems that meet the legal welfare requirements are increasingly criticized. In order to improve the welfare situation on farm, a two-level animal welfare label (silver and gold standard) has been recently developed and will be tested initially for fattening pigs and broiler production systems. Enhanced animal-based welfare criteria are implemented under the direction of the German Animal Welfare Association to ensure an added welfare value to existing practices. The label with its added value should give the consumer an orientation and motivation to buy animal welfare friendly products. 30 Borell et al. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

31 Literatur Abschlussbericht zum BMELV/BLE Projekt "Perspektiven für ein Europäisches Tierschutzlabel". Georg- August-Universität Göttingen, von Borell, E.,. Herrmann, H.-J., Knierim, U., Müller, C., Richter, Th., Sanftleben, P., Schäffer, D., Schulze, V. und Sundrum, A. (2007): Kritische Kontrollpunkte (CCP) in der Rinderhaltung ein Konzept zur betrieblichen Eigenkontrolle für die Bereiche Tierschutz, Tiergesundheit und Management. Züchtungskunde 79 (5), S Kurzstellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik beim BMELV zur Einführung eines Tierschutzlabels in Deutschland, Berlin März Sundrum, A., Benninger, T. und Richter, U. (2004): Statusbericht zum Stand der Tiergesundheit in der Ökologischen Tierhaltung - Schlussfolgerungen und Handlungsoptionen für die Agrarpolitik. Welfare Quality FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Borell et al. 31

32 Tierwohl-Label: Notwendigkeit, Ausgestaltung und erste Erfahrungen aus Sicht von Erzeugern, Verarbeitern und Konsumenten 1. Notwendigkeit eines Tierwohl-Labels L. Theuvsen 1 Die Tierwohl-Standards in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung sind in den letzten Jahren in Österreich, Deutschland und einer Reihe weiterer europäischer Länder zunehmend in die Diskussion geraten. Als eine mögliche Reaktion auf diese Entwicklung wird seit einigen Jahren die Etablierung eines Tierwohl-Labels empfohlen;2 verschiedene Initiativen von Seiten der Wissenschaft, der Wirtschaft sowie diverser Tierschutzorganisationen sind inzwischen bereits relativ weit vorangeschritten. Die Beschäftigung mit Tierwohl-Fragen im Allgemeinen sowie einem Tierwohl-Label im Besonderen hat verschiedene Gründe: In den westlichen Gesellschaften hat sich ein Wertewandel vollzogen. Tiere werden mehr und mehr als selbstständig fühlende Wesen anerkannt. Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung wird vor diesem Hintergrund von größeren Teilen der Bevölkerung als defizitär und ethisch in der jetzigen Form nicht mehr vertretbar wahrgenommen. Ein Indikator für diesen Wertewandel ist beispielsweise in Deutschland neben der intensiven öffentlichen Diskussion um Tierwohl die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz im Jahr Viele Menschen kennen die Landwirtschaft nicht mehr aus eigener Anschauung. Tiere werden vorrangig als geliebte Haustiere wahrgenommen. Diese hohe Wertschätzung wird auf landwirtschaftliche Nutztiere übertragen. Zudem ist vielen Verbrauchern durch die Medien, aber auch durch das Agrarmarketing ein mit den gegenwärtig dominierenden Formen der Nutztierhaltung nicht mehr kompatibles Bild von der Landwirtschaft vermittelt worden. Dieses medial und marketingseitig erzeugte Bild ist unter anderem durch sehr kleine Tierzahlen, einen geringen Spezialisierungsgrad der Betriebe sowie extensive Haltungsformen geprägt. Zwischen den auf diese Weise generierten Erwartungen der Verbraucher und der Realität auf den landwirtschaftlichen Betrieben ist daher eine erhebliche Lücke entstanden. Tierwohl wird zunehmend wirtschaftlich relevant, da Verbraucher die Tierhaltung unter gesundheitsbezogenen Aspekten betrachten und Tierwohlstandards als Indikatoren für die Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln tierischen Ursprungs heranziehen. Die wahrgenommenen Defizite in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung sind eine Ursache für den erheblichen Ansehensverlust von Fleisch und Fleischwaren wie auch der gesamten Fleischwirtschaft sowie die Verunsicherung der Verbraucher beim Konsum von Lebensmitteln tierischen Ursprungs. Vor diesem Hintergrund hat auch die Politik das Tierwohl-Thema aufgegriffen. So hat die Europäische Union unter anderem einen Aktionsplan für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren (2006 bis 2010) aufgestellt, ein umfassendes Forschungsvorhaben unter dem Titel Welfare Quality finanziert (2004 bis 2009), eine internationale Tagung zur Tierwohl-Kennzeichnung durchgeführt (2007) sowie ein Gutachten zu den Möglichkeiten der Ausgestaltung eines europäischen Tierwohl-Labels erstellen lassen (2008). In Deutschland wiederum hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) ebenfalls ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Möglichkeiten der Etablierung eines Tierwohl-Labels ausloten sollte (2009). Weitere politische Initiativen, auch aus anderen europäischen Ländern, ließen sich ergänzen. 1 Autor: Univ.-Prof. Dr. Ludwig Theuvsen, Georg-August-Universität Göttingen, Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung, Platz der Göttinger Sieben 5, D Göttingen, Tel.: +49 (0) ; Theuvsen@uni-goettingen.de 2 Vgl. zum Folgenden ausführlich Deimel et al. (2010) sowie die dort angegebene Literatur. Die Ausführungen reflektieren darüber hinaus die Ergebnisse der Diskussionen in der früheren Göttinger Initiativgruppe Tierwohl-Label, die in der Zwischenzeit im Wissenschaftlichen Beirat des Tierwohl-Labels des Deutschen Tierschutzbund e.v. aufgegangen ist. Ungeachtet dessen geben die Ausführungen allein die Meinung des Autors wieder. 32 Theuvsen 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

33 Verstärkt werden Tierwohl-Aspekte auch von den Unternehmen der Fleischwirtschaft aktiv aufgegriffen. Über lange Zeit besaßen tiergerechter erzeugte Produkte nur in wenigen europäischen Ländern nennenswerte Marktpositionen, so etwa in Großbritannien (Freedom Food), in der durch einen vergleichsweise gering ausgeprägten Preiswettbewerb bei Lebensmitteln gekennzeichneten Schweiz sowie in Frankreich, wo Tierwohl in engem Zusammenhang mit der Genussqualität von Fleisch gesehen wird (Label Rouge). In anderen Märkten, speziell in Deutschland, erlaubte das Tierwohl-Thema nur die Besetzung kleinster Nischen im Markt (z. B. Neuland, Biogeflügel- und -schweinefleisch). Aber selbst hier werden auch unter dem Eindruck des in jüngerer Zeit in den Niederlanden etablierten Beter Leven-Labels zunehmend Initiativen zur umfassenderen Besetzung des Tierwohl-Segments im Fleischmarkt entwickelt. Beispiele dafür sind unter anderem die VION Food Group, die das Tierwohl-Label des Deutschen Tierschutzbundes mitentwickelt, Westfleisch ( Aktion Tierwohl ) und die PHW-Gruppe/Wiesenhof ( Privathof-Geflügel ). Deutschlands führendes Schlachtunternehmen Tönnies wiederum bekannte sich auf dem dritten REWE Group-Dialogforum 2012 Raus der Nische wie Nachhaltigkeit für Verbraucher attraktiv wird öffentlich zur Umsetzung höherer Tierwohl-Standards als Teil einer Strategie zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung. Auch die REWE Group selbst kündigte im Rahmen dieser Veranstaltung eine in Zusammenarbeit mit PROVIEH Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.v. entwickelte Initiative zur Stimulierung des Qualitätswettbewerbs und damit der Hebung der Tierwohl-Standards in der Schweinehaltung an. Insgesamt ist damit selbst für den sehr preisaggressiven deutschen Lebensmittelmarkt zu konstatieren, dass Tierwohl zunehmend an Marktrelevanz gewinnt. 2. Vorteile und Ausgestaltung eines Tierwohl-Labels Die Etablierung eines Tierwohl-Labels ist nur eine Möglichkeit, die Tierwohl-Standards in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung zu heben. Ein Tierwohl-Label dient der Produktkennzeichnung und damit der Verbraucherinformation über höhere Tierwohl-Standards in Zucht und Haltung sowie bei Transport und Schlachtung. Es kann als obligatorisches Tierwohl-Label ausgestaltet sein, das alle Produkte tierischen Ursprungs erfasst und beispielsweise das jeweilige Haltungssystem kenntlich macht. Dieser Weg wurde seinerzeit bei der Kennzeichnung von Schaleneiern beschritten. Ein freiwilliges Tierwohl-Label kennzeichnet dagegen nur die Produkte der nach dem jeweiligen Tierwohl-Standard zertifizierten Betriebe. Beispiele für diese Lösung sind das deutsche Neuland- und das britische Freedom Food-Label sowie die diversen Bio-Label. Alternativen zur Schaffung eines Tierwohl-Labels wären insbesondere die Verschärfung der Tierschutzgesetzgebung; die finanzielle Förderung besonders tiergerechter Haltungsverfahren, etwa im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen; die Etablierung einer (Fleisch-)Marke für tiergerechter erzeugte Produkte. Ein Beispiel aus Deutschland ist die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, die bœuf de Hohenlohe als Marke für Rindfleisch aus extensiver Erzeugung nutzt; die Herausbildung von De-facto-Tierschutzstandards auf Druck von Nichtregierungsorganisationen oder Medien, die Marktakteure in Einzelfragen des Tierwohls unter öffentlichen Druck setzen. Entsprechende Wirkungen gingen zum Beispiel von der durch Tierschutzorganisationen zunächst in den Niederlanden ausgelösten Debatte um die betäubungslose Ferkelkastration aus. Jede der genannten Alternativen hat hier aus Platzgründen nicht im Detail zu erläuternde Vor- und Nachteile im Hinblick auf ihren Beitrag zur Hebung der Tierwohl-Standards, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Fleischwirtschaft, die Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe, die Kaufkraft der Konsumenten, die Akzeptanz der Lösung usw. Daher geht es nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als auch bei der Implementierung von Maßnahmen. So steht beispielsweise eine punktuelle Verschärfung der Tierschutzgesetzgebung keineswegs im Widerspruch zur gleichzeitigen Etablierung eines Tierwohl-Labels. Verschiedene Initiativen in unterschiedlichen europäischen Ländern waren in den vergangenen Jahren auf die Einführung freiwilliger Tierwohl-Label gerichtet. Als Vorteile eines Tierwohl-Labels werden insbesondere hervorgehoben: 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Theuvsen 33

34 Verbesserung der Tierwohl-Standards in dem durch das Label erschlossenen Marktsegment. Nach den Ergebnissen verschiedener Marktforschungsstudien wird für den deutschen Frischfleischmarkt der Anteil der an Tierwohl-Fragen besonders interessierten und zugleich ausreichend zahlungsbereiten Konsumenten auf etwa 20 % geschätzt. Nur an mehr Tierwohl interessierte Verbraucher zahlen einen Mehrpreis für tiergerechter erzeugte Produkte. Dies ist angesichts sehr heterogener Präferenzen der Verbraucher mit Bezug auf Tierwohl ein Beitrag zur Achtung der Konsumentensouveränität. Anregung des Qualitätswettbewerbs und damit Förderung der Erschließung von Premiumsegmenten im bislang außerordentlich preisaggressiven deutschen Fleischmarkt. Keine Verschlechterung der Position der Fleischwirtschaft im internationalen, überwiegend über die Kosten ausgetragenen Wettbewerb. Gute Kommunizierbarkeit eines Labels an interessierte Verbraucher. Auffangen der gesellschaftlichen Kritik an der modernen Nutztierhaltung. Möglichkeit der Sicherstellung einer breiten Akzeptanz durch anspruchsvolle, zugleich aber die baulichen Gegebenheiten in der Landwirtschaft berücksichtigende Ausgestaltung der Tierwohl-Standards und frühzeitige Beteiligung verschiedener Stakeholder-Gruppen (Erzeuger, Verarbeiter, Tierschutzorganisationen und andere mehr). Gute Kompatibilität mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Obwohl sich auch Nachteile eines freiwilligen Tierwohl-Labels benennen ließen, so genießt diese Lösung doch als ein möglicher Weg zur Hebung der Tierwohl-Standards zurzeit breite Unterstützung. Vor der Einführung eines Tierwohl-Labels sind zahlreiche inhaltliche, formale und organisatorische Fragen zu klären. Einige dieser Fragen werden im Folgenden am Beispiel des gegenwärtig vom Deutschen Tierschutzbund e.v. entwickelten und in Kooperation mit Wirtschaftspartnern in den Markt eingeführten Labels kurz diskutiert. Integration in ein bestehendes Label oder Etablierung eines neuen Labels? Trotz der Vielzahl der bereits bestehenden Zertifizierungssysteme ist die Entscheidung beim Deutschen Tierschutzbund für ein eigenständiges Label gefallen. Als Vorteil wird gesehen, dass auf diese Weise höhere Tierwohl-Standards besser an die Konsumenten kommuniziert werden können und die erforderliche Mehrzahlungsbereitschaft dadurch mit größerer Sicherheit ausgelöst werden kann. Zudem soll das Label konventionellen und ökologisch wirtschaftenden Betrieben offenstehen; die Anbindung an ein bestehendes System der konventionellen oder der ökologischen Landwirtschaft hätte diese Offenheit gefährdet und speziell bei Anbindung an ein konventionelles Label unter Umständen Glaubwürdigkeitsprobleme aufgeworfen. Trotzdem können durch Kooperationen mit existierenden Zertifizierungssystemen deren Erfahrungen mit dem Systemaufbau und -management und deren Infrastruktur (zum Beispiel Datenbanken) genutzt werden. Ein- oder mehrstufiges Label? Die Mehrzahl der Zertifizierungssysteme im Lebensmittelbereich sind als einstufige Label ausgestaltet (z. B. QS Qualität und Sicherheit, Bio-Label, Fairtrade, Neuland usw.). Ein mehrstufiges Label unterscheidet dagegen verschiedene Qualitätsstufen, in diesem Falle Tierwohl-Standards. Es ist sicherlich schwieriger an Endverbraucher zu kommunizieren als ein einstufiges Label, hat aber auch Vorzüge, wenn der Markt relativ breit erschlossen und das Label nicht nur eine kleine, hochpreisige Marktnische erreichen soll. So erleichtert ein mehrstufiges System Erzeugern und Verarbeitern den Einstieg in das System, da sie auf der Einstiegsstufe beginnen können. Diese Einstiegsstufe hebt sich deutlich von den gesetzlichen Mindeststandards in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung ab, ist aber für die Betriebe trotzdem relativ einfach und mit überschaubarem Investitionsaufwand zu realisieren, da der Fokus auf geringeren Besatzdichten, mehr Beschäftigungsmaterial, besserer Tiergesundheit und ähnlichem liegt. Später können sich die Betriebe dann in Richtung einer anspruchsvolleren Premiumstufe weiterentwickeln, die beispielsweise auch Auslauf oder ähnliches einschließt. Dieser Vorteil eines mehrstufigen Systems gilt ana- 34 Theuvsen 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

35 log auch für die Endverbraucher. Eine Einstiegsstufe spricht Konsumenten mit begrenzter Zahlungsbereitschaft für mehr Tierwohl an, während anspruchsvollere Verbraucher die deutlich teureren Produkte der Premiumstufe wählen können. Insofern stellt ein zweistufiges Label, wie es der Deutsche Tierschutzbund gegenwärtig realisiert, einen sinnvollen Kompromiss zwischen der guten Kommunizierbarkeit und der hohen Glaubwürdigkeit eines einstufigen Labels einerseits sowie der besseren Umsetzbarkeit und den größeren Marktchancen eines mehrstufigen Systems andererseits dar. Preisliche Positionierung Der deutsche Frischfleischmarkt ist durch einen sehr intensiven Preiswettbewerb charakterisiert, während das Premiumsegment weitgehend vernachlässigt worden ist. Der Marktanteil von Fleisch aus ökologischer Produktion etwa liegt in Deutschland sowohl im Geflügel- als auch im Schweinefleischbereich bei deutlich unter 1 %. Letzteres ist vor allem auf den sehr großen Preisabstand zu konventioneller Ware zurückzuführen. Hier liegt die Chance für ein Tierwohl-Label: Da es wichtige Kostennachteile der Bio- Produkte, namentlich im Bereich der Futterkosten, nicht tragen muss, ist die Positionierung der Einstiegsstufe im Mittelpreissegment möglich und Erfolg versprechend. Dieses ist durch ein gegenüber dem Preiseinstiegsbereich um etwa 20 bis 30 % höheres Preisniveau am Point of Sale gekennzeichnet. Eine deutlich höhere preisliche Positionierung würde es dagegen nicht erlauben, die sehr kleine Nische der Premium-Tierwohlprodukte zu verlassen. Um diese Positionierung im Mittelpreissegment nicht zu gefährden, verzichtet etwa der Deutsche Tierschutzbund auf der Einstiegsstufe trotz Vorbehalten gegenüber sehr großen Beständen auf die Vorgabe einer Bestandsobergrenze. Bewertungskriterien Der Deutsche Tierschutzbund hat zunächst im Rahmen eines Multistakeholder-Ansatzes, der im Interesse der breiten Akzeptanz des Labels verschiedene Interessengruppen einbezieht, die Einstiegs- und die Premiumstufe des Tierwohl-Standards für Masthühner und Mastschweine entwickelt. Die Standards werden schrittweise auch für die Ferkelerzeugung und weitere Tierarten formuliert werden. Exemplarisch sei im Folgenden auf den Standard für Mastschweine eingegangen (vgl. Für die Einstiegsstufe gilt: Platzangebot: circa ein Drittel mehr als gesetzlich vorgeschrieben; Bodenbeschaffenheit, Liegebereich: perforierter Boden, Liegebereich planbefestigt mit Minimaleinstreu oder weicher Matte (2 Jahre Übergangsfrist); Beschäftigungsmaterial: Beschäftigungsautomaten mit Stroh; Klima: Luftkühlung oder Wasservernebelung (Hochdruck); Strukturierung der Bucht; Schwänze kürzen verboten (maximal 2 Jahre Übergangsfrist für die Einstiegsstufe); Keine betäubungslose Kastration: Akzeptiert werden Ebermast, Kastration unter Betäubung (Isofluran) kombiniert mit einer Schmerzmittelgabe, Impfung gegen Ebergeruch; Transportdauer: maximal 4 Stunden; Schlachtung: Kontrollen am Schlachthof; sichere und tiefe Betäubung muss sichergestellt sein; Tierbezogene Kriterien im Betrieb und auf dem Schlachthof: zum Beispiel Mortalität, Arzneimittel, Verletzungen, Lungenentzündung, Leberveränderungen. Für die Premiumstufe gilt zusätzlich: Platzangebot: circa doppeltes Platzangebot als gesetzlich vorgeschrieben; Bodenbeschaffenheit, Liegebereich: perforierter Aktivitätsbereich, mit Langstroh eingestreuter Liegebereich; Mehrflächenbucht: Trennung von Aktivitäts-, Liege- und Kotbereich; 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Theuvsen 35

36 Auslauf: verschiedene Temperaturzonen. Sowohl die Einstiegs- als auch die Premiumstufe heben sich deutlich vom gesetzlichen Mindeststandard in der Mastschweinehaltung ab. Das Tierwohl-Label des Deutschen Tierschutzbundes hat daher das Potential, auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse einen fühlbaren Beitrag zur Verbesserung des Tierwohls zu erreichen. Voraussetzung dafür ist ein möglichst großer Markterfolg der mit dem Tierwohl- Label versehenen Produkte. 3. Erste Erfahrungen Im deutschen Fleischmarkt sind mit der Einführung von Tierwohl-Labeln sind seit dem Aufkommen der ersten Initiativen eine Reihe von Erfahrungen gesammelt worden: Insgesamt hat ein Umdenken im deutschen Fleischmarkt eingesetzt. Ein bloßes Weiter so! wird angesichts der massiven gesellschaftlichen und medialen Kritik an gegenwärtigen Formen der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung nicht mehr als gangbarer Weg eingeschätzt. Die Etablierung von freiwilligen Tierwohl-Labeln genießt daher inzwischen eine recht breite Unterstützung. Die Tierwohl-Debatte und die entsprechenden Label-Initiativen werden zunehmend in die an Bedeutung gewinnende Nachhaltigkeitsdebatte eingebunden. So werden etwa bei der REWE Group Tierwohl-Aspekte in die Nachhaltigkeitsbewertung im Zuge der Einführung des hauseigenen PRO PLANET-Nachhaltigkeits-Labels einbezogen. Die sehr anspruchsvoll positionierten Tierwohl-Label der ersten Stunde (etwa Neuland) waren eine Domäne kleinerer Unternehmen und gesellschaftlicher Initiativen zur Förderung des Tierwohls. In dem Maße, in dem tiergerechter erzeugte Produkte in Deutschland die bisherige Mikronische verlassen, engagieren sich mehr und mehr große Unternehmen in diesem Marktsegment. Wichtige Akteure im deutschen Markt sind auf Verarbeiterseite beispielsweise die VION Food Group, Westfleisch, die PHW-Gruppe/Wiesenhof und zunehmend auch Tönnies sowie auf Seiten des Lebensmitteleinzelhandels unter anderem EDEKA und die REWE Group. Auch im Tierwohl-Segment stehen die Unternehmen im Wettbewerb untereinander. Es ist daher nicht ein Tierwohl-Label etabliert worden, sondern die Initiativen der verschiedenen Unternehmen konkurrieren miteinander um öffentliche Aufmerksamkeit, die Unterstützung durch Tierschutzorganisationen sowie die Gunst des Lebensmitteleinzelhandels und der Konsumenten. Die Tierschutzorganisationen positionieren sich im Rahmen der gegenwärtigen Entwicklungen sehr unterschiedlich. Das Spektrum reicht von harscher Ablehnung, speziell bei Organisationen, die gänzlich gegen den Konsum von Fleisch sind, über die kritische Begleitung der aktuellen Entwicklungen bis zu aktiver Mitarbeit, etwa in Form der Übernahme der Trägerschaft eines Labels. Zunehmend wird deutlich, dass auch die Tierschutzorganisationen konkurrierende Ideen zur Förderung des Tierwohls entwickeln und dabei mit unterschiedlichen Akteuren in der Wirtschaft zusammenarbeiten. Je nach Ausgestaltung der Initiativen lassen sich unterschiedliche Geschwindigkeiten erkennen. Ansätze, die einen Multistakeholder-Ansatz verfolgen, können sich auf einen breiten Konsens stützen, benötigen aber aufgrund der unvermeidlichen Debatten zwischen den Stakeholdern mehr Zeit für die Einführung als Ansätze, die federführend von einzelnen Unternehmen der Fleischwirtschaft oder des Einzelhandels getragen werden. Stärker vertikal integrierte Wertschöpfungsketten wie die Geflügelproduktion erleichtern dank der steuernden Wirkung des fokalen Unternehmens ( Kettenintegrator ) die Einführung von Tierwohl- Labeln, während eher durch Spot-Märkte gekennzeichnete Branchen wie die Schweineerzeugung in einem aufwändigeren Abstimmungs- und Überzeugungsprozess die verschiedenen Wertschöpfungsstufen einbinden müssen. Für Landwirte ergibt sich aus Letzterem ein größeres Maß an Unsicherheit, das ihre Teilnahme- und Investitionsbereitschaft dämpft. Die Markteinführung von Produkten mit Tierwohl-Label steht insgesamt noch am Anfang; umfassende Marktforschungsstudien sind daher noch nicht verfügbar. Die vorliegende anekdotische Evidenz 36 Theuvsen 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

37 deutet darauf hin, dass ein nicht zu großer Preisabstand zur Standardware im Preiseinstiegsbereich einer der zentralen Erfolgsfaktoren für ein Tierwohl-Label ist. In den vergangenen Monaten haben sich einige wichtige Akteure wie etwa die REWE Group öffentlich für das Tierwohl und die Einführung entsprechender Produkte stark gemacht. Ein völliges Scheitern des für den deutschen Fleischmarkt innovativen Experiments Tierwohl-Label erscheint damit aufgrund der andernfalls drohenden Reputationsverluste ausgeschlossen. Literatur Deimel, I., Franz, A., Frentrup, M., von Meyer, M., Spiller, A. und Theuvsen, L. (2010): Perspektiven für ein Europäisches Tierschutzlabel. Projektbericht für das BMELV, Georg-August-Universität Göttingen. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Theuvsen 37

38 Einleitung Horn auf! Behornte Kühe geben Hornmilch für Hornkäse Die bekannteste Schweizer Kuh hat Hörner D. Marty 1 Die Milchwerbung in der Schweiz widerspiegelt eine Idylle von Kühen mit Hörnern auf der Weide. Die bekannteste Schweizer Werbekuh ist die Holsteinerin Lovely des Verbands Schweizer Milchproduzenten. Deren Leitspruch ist Milch macht starke Knochen. Lovely kann klettern, skaten und Eishockey spielen; sie ist trendy und sympathisch und hat natürlich Hörner. Denn eine Kuh ohne Hörner ist keine richtige Kuh - zumindest in der Werbung nicht. Wirtschaftlichkeit auf Kosten der Tiere Die Realität sieht anders aus: 9 von 10 Kühen werden als Kälber enthornt, wegen der Sicherheit und aus Kostengründen. So können mehr Kühe verletzungsfrei auf engerem Raum gehalten werden und der Betreuer muss weniger Zeit in die Tierbetreuung investieren. Die Wirtschaftlichkeit kommt vor dem Tierwohl. Das stört KAGfreiland, die Schweizerische Nutztierschutz-Organisation. Sie hat deshalb im Jahr 2010 das Projekt Horn auf! für mehr behornte Kühe ins Leben gerufen. Enthornen unter Betäubung Im Gegensatz zum Ausland wird in der Schweiz unter Betäubung enthornt. Das Enthornen sollte in der zweiten oder dritten Lebenswoche des Kalbs vorgenommen werden. Idealerweise wird das Kalb sediert, lokal anästhesiert und erhält ein Schmerzmittel gegen die postoperativen Schmerzen. Eine Umfrage unter Tierärzten hat uns aber bestätigt, dass in der Praxis oft auf dieses Schmerzmittel verzichtet wird. Außerdem werden Kälber nicht immer zum idealen Zeitpunkt enthornt. Das Enthornen bedeutet für das Kalb auch wenn fachgerecht vorgenommen Stress und Schmerzen. Die Zucht auf genetische Hornlosigkeit steckt in der Schweiz wegen befürchteter Leistungseinbußen noch in den Kinderschuhen. KAGfreiland Kennzahlen Die Konsumenten-Arbeitsgruppe für tier- und umweltfreundliche Nutztierhaltung, kurz KAG, wurde im Jahr 1972 gegründet und feiert in diesem Jahr das 40jährige Jubiläum. Seit 1999 heißt der gemeinnützige Verein KAGfreiland. Die Schweizer Nutztierschutz-Organisation setzt sich für artgerechte Tierhaltung ein und wehrt sich gegen Missstände in der Tierhaltung. Zugleich ist KAGfreiland ein Label mit ei- 1 Autorin: eidgen. dipl. Landwirtin Denise Marty, Tierhaltung, Projekte und Produzentenwesen, Nutztierschutz- und Labelorganisation KAGfreiland, Engelgasse 12a, CH-9001 St. Gallen; T: +41 (0) , denise.marty@kagfreiland.ch, Web: 38 Marty 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

39 genen Richtlinien und rund 150 Vertragsbauern. Der Verein zählt rund 7000 Mitglieder, die viermal pro Jahr die Mitgliederzeitschrift erhalten. Der Vorstand von KAGfreiland umfasst neun ehrenamtliche Personen. Drei davon sind KAGfreiland-Bauern. Die Geschäftsstelle besteht aus acht Festangestellten (total 650 Stellenprozente). In den 70er und 80er Jahren kämpfte die KAG gegen die Käfighaltung von Legehennen und erwirkte 1992 ein Verbot. In den 90er Jahren war sie maßgeblich an der Einführung von Direktzahlungen für Freilandhaltung (Bundesprogramm RAUS ) beteiligt. Nutztierschutz KAGfreiland informiert die Öffentlichkeit durch Kampagnen- und Medienarbeit, ist politisch aktiv und zeigt die praxistaugliche, tierfreundliche Alternative. Aktuelle Projekte und Kampagnen sind Eber statt Kastraten, Horn auf! und Stopp Import-Schweinefleisch!. Die letzte große Kampagne war Stopp Käfig-Kaninchenfleisch! Unser Erfolg: Seit dem 1. Januar 2012 müssen alle Kaninchenfleischprodukte, die nicht gemäß den CH-Tierschutzvorschriften erzeugt wurden, mit aus in der Schweiz nicht zugelassener Haltungsform gekennzeichnet werden. Bauern und Projekte Voraussetzung für einen KAGfreiland-Vertrag ist die biologische Bewirtschaftung gemäß den Richtlinien von Bio Suisse. Die 150 KAGfreiland-Bauern müssen zusätzlich die schweizweit strengsten Tierhaltungsrichtlinien - jene von KAGfreiland - einhalten. Wir pflegen ein persönliches Verhältnis zu unseren Vertragsbauern. Wir führen regelmäßige Hofbesuche durch und halten telefonisch Kontakt. Viermal pro Jahr verschicken wir einen Produzentenbrief. Wir bieten den Bauern Unterstützung in der Direktvermarktung, beziehen sie in praxisorientierte Projekte ein (z.b. Freilandkaninchen, Ebermast, Kühe mit Hörnern) und erwirken Medienpräsenz. Strengstes Bio-Label KAGfreiland ist die einzige Organisation in der Schweiz, die die tiergerechte Freilandhaltung auf der Basis des Biolandbaus fördert. Die KAGfreiland-Anforderungen sind in der Tierhaltung strenger als die Bio- Suisse-Richtlinien. Wir verlangen täglichen Auslauf ins Freie, kurze Tiertransporte und Gruppenhaltung in Freilaufställen für alle Tiere. Eine unabhängige Kontrollfirma besucht die Betriebe ohne Voranmeldung. Nach Demeter ist KAGfreiland das zweitälteste Label in der Schweiz. Der Labelvergleich von WWF, KS (Stiftung für Konsumentenschutz) und STS (Schweizer Tierschutz) bietet Hilfe im Label-Dschungel. Er bewertet die Labels bezüglich Umwelt, sozialen Standards, Tierwohl und Glaubwürdigkeit. In der allgemeinen Bewertung erreicht KAGfreiland die höchste Kategorie sehr empfehlenswert. In der Rangliste Tierwohl steht KAGfreiland seit jeher an erster Stelle. KAGfreiland-Produkte KAGfreiland zeigt, dass tierfreundliche Haltung in der Praxis funktioniert. Wir geben das Beispiel und nehmen eine Vorbildfunktion ein. So erreichen wir, dass andere Labels nachziehen bzw. sich verbessern. Die meisten KAGfreiland-Bauern machen Direktvermarktung und zeichnen ihre Produkte mit unserem Label aus. Dafür steht ihnen Deklarationsmaterial wie die Eierbanderole oder der Freilandfleischkleber zur Verfügung. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Marty 39

40 Drei KAG-zertifizierte Metzgereien in der Region Zürich schlachten, verarbeiten und verkaufen KAGfreiland-Fleisch. Sie bezahlen den Produzenten einen Mehrpreis für die Tierhaltung. Rund 300 Bioläden und Reformhäuser und 25 Restaurants und Hotels führen KAG-Produkte im Angebot. KAGfreiland ist aber keine Vermarktungsorganisation und deshalb im Markt eine Nische. Projekt Horn auf! Start Hörnerprojekt 2010 Als Symbol dafür, dass 9 von 10 Kühen keine Hörner mehr haben, führten wir am die letzte Hornkuh ins Zoologische Museum in Zürich und veranstalteten vor Ort eine Pressekonferenz. Dies war der Startschuss für das KAGfreiland-Projekt Horn auf!. Das Medienecho auf diesen Event war riesig. Sogar die Tagesschau des Schweizer Fernsehens berichtete darüber. Ziele des Projekts 1) Eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit und der Landwirtschaftsbranche über Kuhhörner und Enthornen führen. 2) Zeigen, wie ein tierfreundlicher Laufstall mit behornten Kühen funktionieren kann. Mehr Bauern halten Hornkühe. 3) Ein Hornprodukt auf den überregionalen Markt bringen. Durch dieses Horn-Label ist es möglich, Kühe mit Hörnern durch die Produktwahl zu fördern. Problematik, Argumentation und Strategie 50 KAGfreiland-Bauern zeigen, dass die Haltung von behornten Kühen im Laufstall funktionieren kann. Entscheidend sind eine intensive, gute Mensch-Tier-Beziehung und ein hornfreundlicher Stall mit viel Platz und Ausweichmöglichkeiten. Die Schweizer Normen für Laufställe sind nicht auf Hornkühe ausgerichtet. Deshalb kann es zu Verletzungen unter den Tieren kommen. Das standardmäßige Enthornen von Kälbern stört KAGfreiland, weil es sich nicht rechtfertigen lässt. Hörner gehören zur Kuh. Sie sind wichtig für das Sozialverhalten, die Rangordnung und die Körperpflege. Enthornt wird, um Geld und Zeit zu sparen. Denn hornlose Kühe benötigen weniger Platz und weniger Betreuung im Stall. Das Enthornen zeigt, wie der Zwang, immer wirtschaftlicher zu produzieren, auf Kos- 40 Marty 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

41 ten der Tiere geht. Es ist nicht richtig, Tiere auf das Haltungssystem zurecht zu stutzen, um Zeit und Geld zu sparen. Öffentlichkeitsarbeit Dank gezielter Öffentlichkeits- und Medienarbeit sowie politischem Lobbying wurde die Streitfrage Kuh mit oder ohne Horn? innert zwei Jahren zum Selbstläufer. In Schweizer Medien liest oder sieht man kaum einen Bericht über Kühe, ohne dass die Hornfrage darin nicht thematisiert würde. Weitere Organisationen sind auf den KAG-Hornzug aufgesprungen und setzen sich nun ebenfalls für mehr Hornkühe ein. Politik Im Herbst 2012 verhandelt das Schweizerische Parlament die Agrarpolitik Im Rahmen der Vernehmlassung im Sommer 2011 hat KAGfreiland zusammen mit dem Schweizer Tierschutz und weiteren 13 Organisationen Direktzahlungen für behornte Tiere gefordert. Bauern, die horntragende Tiere halten, leisten einen Mehraufwand und/oder nehmen bewusst Mehrkosten für einen angepassten Stall in Kauf. Diese Mehrleistungen sollen in Zukunft angemessen entschädigt werden. Damit es in Laufställen mit horntragenden Tieren nicht vermehrt zu Unfällen und Verletzungen kommt, müssen gewisse Minimalmaße eingehalten werden. In den Genuss der Beiträge sollen horntragende Kühe und über einjährige Rinder und Ziegen kommen, die in den Programmen RAUS und/oder BTS gehalten werden. Damit werden im Laufstall die intensivere Tierbetreuung und die Mehrkosten für Stallum- oder -neubauten entschädigt und im Anbindestall der Mehraufwand für die Tierbetreuung (vorsichtiger Umgang, größere Laufhoffläche). Ob diese neuen Direktzahlungen eingeführt werden, ist jedoch sehr fraglich. Hornprodukte Beispiele Schweiz Ein Ziel des Hörnerprojekts ist es, dass ein Schweizer Milchunternehmen ein Produkt (z.b. Hornmilch, Hornkäse) auf den überregionalen Markt bringt, das von behornten Kühen im Laufstall stammt. KAGfreiland geht mit gutem Beispiel voran: Mittlerweile bieten 16 KAG-Bauern aus verschiedenen Kantonen Hornprodukte wie Bündnerfleisch, Salsiz, Mostbröckli, Joghurt, Milch oder Käse an. Die Hornmilch hat zwar erste Spuren im Schweizer Markt hinterlassen, aber bisher nur sehr lokal. So zahlt der Käser Martin Bienerth aus Andeer seinen Bauern, die ihm Hornmilch liefern, einen höheren Preis ( Käse aus Hornmilch produzieren auch die Alp Morgeten ( und die Luchsinger Käserei. Zehn Demeter-Bauern liefern ihre Milch an die Sennerei Bachtel ( Demeter schreibt als einziges Label in den Richtlinien ein Enthornungsverbot vor. Daher stammen die Milchprodukte der Sennerei Bachtel garantiert von Kühen mit Hörnern. Gespräche mit Detailhändlern und Swissmilk In der Werbung tragen Kühe stets Hörner. Im Jahr 2011 hat KAGfreiland Gepräche über eine Hornmilch mit den größten Detailhändlern (Migros und Coop) und 12 Milchunternehmen geführt. Das Resultat war enttäuschend: Die regionalen Unternehmen befürchten zu hohe Investitionen und bezweifeln, dass die 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Marty 41

42 Konsumentenschaft bereit ist, für eine Hornmilch mehr zu bezahlen. Auch die Migros und Coop nennen die fehlende Kaufbereitschaft als Argument. KAGfreiland findet, das Produkt Milch sollte nicht nur über die Inhaltsstoffe und die Verarbeitung differenziert werden, sondern auch über die Haltung der Kühe, die dahinter steckt. Am Tag der Milch ( ) lancierte der Verband der Schweizer Milchproduzenten SMP einen Wettbewerb. 70 Schulklassen haben ein Werbeplakat für Schweizer Milch gestaltet. Darauf trugen die allermeisten Kühe Hörner. Jugendliche wissen offensichtlich nicht, dass 9 von 10 Kühen als Kälber enthornt werden. Kein Wunder, denn Swissmilk täuscht mit der behornten Werbekuh Lovely eine falsche Realität vor. KAGfreiland konfrontierte den Verband mit einem alternativen Lovely-Plakat: Die Wirklichkeit ist nicht Lovely. Wir forderten, dass der Verband der Milchproduzenten sich für behornte Kühe auf der Weide und im Stall einsetzt, solange er Werbung macht mit einer behornten Kuh. Angesprochen auf den Werbe- Bschiss antwortete Swissmilk, dass die Kuh Lovely seit 20 Jahren nur als Werbeträgerin für Schweizer Milch und nicht für bestimmte Tierhaltungen diene und dass die behornte Lovely weiterhin als Werbeträgerin eingesetzt werde. Swissmilk überlässt den Enscheid des Enthornens den Bauern. In ihrem Positionspapier empfiehlt sie aber den Eingriff als wichtige Maßnahme zur Unfallverhütung in der Milchproduktion.... KAGfreiland kritisiert den Verband SMP deswegen: Die Bauern werden zu wenig darauf hingewiesen, dass die Haltung von behornten Kühen auch im Laufstall funktionieren kann. KAG-Glücksmilch Glücksmilch Zum Weltmilchtag am hat KAGfreiland zusammen mit drei KAG-Bauern in verschiedenen Regionen der Schweiz die Glücksmilch - Milch von glücklichen Kühen - lanciert. Die Kühe tragen Hörner, leben im Laufstall mit täglichem Auslauf im Freien und fressen Bio-Futter. Die Tiere werden nach den Richtlinien von KAGfreiland gehalten, dem schweizweit strengsten Label für Tierhaltung. KAGfreiland ist eine umfassend tierfreundliche Haltung wichtig. Da genügen Hörner allein nicht. Die Glücksmilch ist ab Hof und in einzelnen Bioläden erhältlich. KAG-Hornkäse Zum Weltmilchtag am hat KAGfreiland zusammen mit zwei KAGfreiland-Betrieben den Hornkäse, einen Käse in der Form eines Kuhhorns, lanciert. Dieser Käse ist einzigartig und steht wie die Glücksmilch für tierfreundliche Haltung: Hörner, Laufstall, täglich Auslauf im Freien, Bio-Futter. Bei der Degustation zur Markteinführung war ein KAGfreiland-Bauer mit einer seiner Produzentinnen der behornten Kuh Cora anwesend. Leider war das Echo der Medien nicht groß, weil sie den Anlass als Produktwerbung taxierten. Einzig die Neue Zürcher Zeitung, ein paar Online-Medien und andere Label- 42 Marty 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

43 und Tierschutzorganisationen haben den Hornkäse gelobt. Der Hornkäse ist direkt ab Hof und in mehreren Bioläden erhältlich. Die Läden nehmen den Käse gern in ihr Sortiment auf, weil er sehr speziell aussieht, in der Vitrine gut wirkt und für tierfreundliche Haltung steht. Auch bei der Kundschaft kommt der Käse sehr gut an. Er ist ein beliebtes Geschenk oder Mitbringsel. Wer Kühe mit Hörnern und tierfreundliche Haltung wünscht, kann dies durch den Kauf von Hornkäse aktiv unterstützen. Zurzeit produzieren zwei Bauern rund 80 Käse pro Monat. Das sind 50 kg. Die Nachfrage ist größer als das Angebot; deshalb werden wir die Produktion ausbauen. Weitere KAGfreiland-Bauern sind an der Herstellung von Hornkäse interessiert. Das Design der Hornkäse-Form ist in der Schweiz geschützt. Die Etikette entspricht der natürlichen Hornfärbung. Der Hornkäse ist auf dem Schweizer Markt eine absolute Nische. Zusammenfassung Als Nutztierschutz- und Labelorganisation engagiert sich KAGfreiland vielseitig. Der gemeinnützige Verein kämpft mit Kampagnen für Verbesserungen in der Tierhaltung und zeigt gemeinsam mit rund 150 vorbildlichen Bauern praxistaugliche Alternativen auf. Das Projekt Horn auf! für mehr Kühe mit Hörnern startete im Jahr 2010 und entwickelte sich seither zum Selbstläufer. 50 KAG-Bauern beweisen, dass die Haltung von behornten Kühen schmerzfrei funktionieren kann. Deren Erfahrungen und unsere Beratung zur Haltung von Hornkühen werden auch von konventionellen Bauern nachgefragt. Die Konsumentenschaft wünscht behornte Kühe nicht nur in der Werbung, sondern auch auf der Weide. Detailhändler haben den Marktwert eines Hornprodukts jedoch noch nicht erkannt. Sie argumentieren, es fehle die Kaufbereitschaft der Konsumenten für eine Hornmilch. KAGfreiland geht mit guten Beispielen voran. Mit eigenen Hornprodukten wie Fleisch, Milch und Käse zeigen wir, dass Produkte, die für tierfreundliche Haltung stehen, im Markt durchaus gefragt sind. So haben wir im Jahr 2011 die Glücksmilch und in diesem Jahr den Hornkäse lanciert. Diese Produkte stehen für tierfreundliche Haltung: Hörner, Laufstall, täglich Auslauf im Freien, Bio-Futter. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Marty 43

44 Einleitung Tiergesundheit, Ökonomie und Verbrauchererwartung: Widersprüchliche Ziele in der alternativen Masthühnerhaltung C. Keppler, C. Brenninkmeyer und U. Knieriem 1 Derzeit findet man auf dem Tisch von Verbrauchern eher selten ein ganzes oder halbes Hähnchen. Vielmehr werden am liebsten nur die Brust oder auch die Schenkel der Tiere zubereitet und verspeist. Brustfleisch und Schenkel können außerdem schnell und einfach zubereitet werden. Selbst wenn einmal ein ganzes Hähnchen gebraten und verzehrt wird, erwartet der Verbraucher einen breitbrüstigen Schlachtkörper an dem kein Brustbein hervorsteht. Hierdurch zeichnet sich ein Masthähnchen im Gegensatz zu einem Suppenhuhn aus. Schnell wachsende Masthybriden beider Geschlechter werden derzeit mit einem Schlachtalter von 28 bis 40 Tagen geschlachtet und können im Alter von 35 Tagen ein Durchschnittsgewicht von über 2000 g und somit tägliche Zunahme von ca. 50 bis 60 g erreichen. Diese starken Zunahmen sind mit vermehrten gesundheitlicher Problemen, wie dem plötzlichen Herztod (Grashorn 1987), der Leibeshöhlenwassersucht (Ascites) oder Beinschwäche (Appleby et al. 2004) verbunden und werden von Bessei (2006) als überwiegend genetisch bedingt eingeordnet. Unter Beinschwäche werden verschiedene Erkrankungen der Gelenke und der Knochen der Beine zusammengefasst, die zu einer verminderten Lauffähigkeit führen. Hierbei kann es durch das schnelle Wachstum, das hohe Körpergewicht, die breite Brust und die verminderte Bewegungsaktivität der Tiere zu Deformationen der Knochen und Gelenke kommen (Scientific Committee on Animal Health and Animal Welfare 2000; Appleby et al. 2004). Die Tiere werden auf eine sehr breite Brust gezüchtet um den bei den Verbrauchern sehr begehrten Anteil des Brustfleischs am Schlachtkörper zu erhöhen. Die hierdurch weit auseinanderstehenden Beine können beim Gehen kaum das Körpergewicht balancieren, so dass die Tiere mehr von einem Bein auf das andere fallen und nicht in der Lage sind wie ein normales Huhn längs über eine Sitzstange zu gehen. Darüber hinaus werden häufig Entzündungen der Haut an Füßen, Fersenhöcken und der Brust festgestellt. Diese gelten vorwiegend als managementbedingtes Problem durch zu feuchte Einstreu (Berg 2004) und betreffen auch die Brust und die Fersenhöcker, da die Tiere deutlich mehr in der Einstreu sitzen als langsamer wachsende Tiere (Hörning 2010). Die Verluste in Deutschland werden inklusive der Verluste beim Transport und der untauglichen Tierkörper nach verschiedenen neueren Untersuchungen auf 4,63 bis 9,1 % beziffert (Übersicht in Hörning 2008). Im ökologischen Landbau nach der EU-Öko-VO 889/2008 sollen aufgrund der gesundheitlichen Probleme der Tiere durch die hohen Wachstumsraten nur langsam wachsende Tiere eingesetzt werden. Eine Definition hierfür steht jedoch noch aus. Aber auch in der konventionellen Aufzucht von Masthühnern wird derzeit der Versuch unternommen langsamer wachsende Tiere unter besseren Haltungsbedingungen, wie einer niedrigeren Besatzdichte und dem Angebot eines Wintergartens sowie Sitzstangen zu mästen (Privathofgeflügel von Wiesenhof). Parallel hierzu wird vom Tierschutzbund Deutschland derzeit ein Label entwickelt bei dem die Tiergesundheit und die Wachstumsrate der Tiere mitberücksichtigt werden soll. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die Tiergesundheit von Masthühnern vier verschieden langsam wachsender, auf dem europäischen Markt erhältlicher Hybridlinien auf ökologischen Betrieben zu vergleichen. Tiere, Material und Methoden In zwei Versuchsdurchgängen (VD) von Mai bis August und September bis Dezember 2008 wurden insgesamt 5593 Tiere vier verschiedener Hybridherkünfte (Hubbard: Hubbard JA 757, Olandia: Kosmos 8, 1 Autorinnen innen: Dr. Christiane Keppler, Dipl.-Biol. Christine Brenninkmeyer und Univ. Prof. Dr. Ute Knierim, Fachgebiet Nutztierethologie und Tierhaltung, Universität Kassel, Nordbahnhofstr. 1a, D Witzenhausen, T: +43 (0) ; fnt@wiz.uni-kassel.de 44 Keppler et al. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

45 Sasso: SA 31 x X 44, Kabir: Labelle rouge) untersucht. Alle Hühner wurden jeweils gemeinsam erbrütet und zeitgleich auf acht ökologisch wirtschaftenden Betriebsstandorten in unterschiedlich großen, eingestreuten Festställen und Mobilställen mit Grünauslauf aufgestallt. Insgesamt ergab dies 17 (1. VD) bzw. 19 (2. VD) Gruppen von 30 bis 565 Tieren, wobei je Betriebsstandort zwei bis vier weitgehend gleich große Gruppen verschiedener Herkünfte, mit jeweils einer Gruppe Hubbard als Referenzherkunft, vertreten waren. Auf vier Betriebsstandorten wurden im ersten VD Rasseherkünfte gemästet, die in diese Auswertung nicht einbezogen wurden. Bis auf einen Betrieb waren die Betriebsstandorte im ersten und zweiten VD gleich. Auf allen Betrieben wurde Futter mit einem Anteil konventioneller Futtermittel von 10 % in der Trockenmasse gefüttert. Kurz vor dem Schlachttermin der Herkunft Hubbard wurde eine Stichprobe von Tieren (je nach Gruppengröße zwischen 30 und 81) gewogen, die Brustbreite gemessen und eine Beurteilung der Lauffähigkeit, des Gefieder und Hautzustandes sowie der Sauberkeit des Gefieders vorgenommen. Bei den langsamer wachsenden Tieren wurde, wenn möglich, eine weitere Beurteilung vor deren Schlachtung durchgeführt. Die Lauffähigkeit wurde nach dem Bristol Gait Scoring System (Kestin et al. 1992) beurteilt, bei dem sechs Noten von 0 (normaler Gang) bis 5 (nicht mehr lauffähig) vergeben werden. Alle anderen Aspekte der Tiergesundheit wurden anhand einer dreistufigen Skala benotet, bei denen die Note 0 keinerlei Veränderungen oder Schäden bedeutete. Lediglich hinsichtlich des Fußballenzustandes beinhaltete die Note 0 in Anlehnung an Ekstrand et al. (1998) höchstens leichte Veränderungen der Haut, jedoch keine Verfärbungen und keine Narben. Bezüglich des Gefiederzustandes wurde nur die Unterseite des Tieres (Hals und Brust) beurteilt, ohne die Federn wegzustreichen. Verletzungen wurden nur in der hinteren Körperregion einschließlich der Beine beurteilt. Die Sauberkeit des Gefieders wurde nach dem dreistufigen System von Weeks et al. (1994) beurteilt. Hier wird der ganze Körper einschließlich der Beine und Füße betrachtet, wobei die Note 0 bei keinerlei Verschmutzung vergeben wurde, die Note 1 bei mäßiger Verschmutzung. Genaue Definitionen aller Noten werden in Keppler et al. (2010) gegeben. Die Beurteilung der Tiere wurde von zwei verschieden Beurteilern durchgeführt. Der Beobachterabgleich führte zu akzeptablen Ergebnissen (Keppler et al. 2009, 2010). Zur statistischen Analyse wurden die dichotomisierten Einzeltierdaten (Tier ohne oder mit Schäden) herangezogen und ein logistisches gemischtes Modell (GLMM) mit logit link Funktion verwendet (SAS 9.2, Makro GLMM 800 ). Der Versuchsdurchgang, die tägliche Zunahme und das Gewicht wurden als fixe Faktoren und der Betriebsstandort als Zufallsfaktor berücksichtigt. Um mögliche Zusammenhänge auch innerhalb der Herkünfte erkennen zu können, wurde anschließend eine weitere Analyse durchgeführt, in der die Herkunft als zusätzlicher fixer Faktor einging. Ergebnisse Die mittlere Körpermasse und die mittlere tägliche Zunahme zum Bonitierungszeitpunkt sind der Tabelle 1 zu entnehmen. Die derzeit auf den meisten Öko-Betrieben gemästete Herkunft Hubbard hatte zum Bonitierungszeitpunkt die im Mittel höchsten Gewichte und höchsten täglichen Zunahmen. Der prozentuale Anteil Tiere ohne Schäden (Note 0) bezüglich Lauffähigkeit (Durchschnitt insgesamt: 38 %), Fußballenzustand (46 %), Zustand der Fersenhöcker (33%), Sauberkeit des Gefieders (27 %), Zustand der Brusthaut (92 %) und Gefiederzustand (Noten 0 und 1, 59%) nahm mit höheren täglichen Zunahmen ab (p< bis , n= 2260). Dies traf mit Ausnahme der Fersenhöcker auch auf die Körpermasse zu (p< bis , n= 2260). Dagegen kamen mit höheren täglichen Zunahmen und höheren Körpergewichten mehr Tiere ohne kleine Verletzungen vor (Durchschnitt insgesamt: 62 %; p< und , n= 2260). Der Versuchsdurchgang erwies sich ebenfalls immer als signifikanter Einflussfaktor (p<0.0001), außer auf die Lauffähigkeit. Nach der Einführung der Herkunft als weiteren fixen Faktor zeigte sich der Einfluss der Herkunft bei allen Parametern als signifikant (p<0.0001). Bis auf den Zustand der Fußballen blieben in diesem Modell alle anderen Parameter in Bezug auf die tägliche Zunahme auch innerhalb der Herkünfte signifikant (p< bis , n= 2260). Das Gewicht hatte lediglich bei der Gefiedersauberkeit keinen Einfluss innerhalb der Herkünfte. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Keppler et al. 45

46 Tabelle 1: 1 Mittlere Körpermasse und tägliche Zunahme der Tiere zum Bonitierungszeitpunkt Herkünfte Körpermasse bei tägliche Zunahme Bonitierung n Mittel SD Mittel SD Hubbard Kabir Olandia Sasso SD = Standardabweichung Diskussion Die Lauffähigkeit der Tiere wurde durch eine höhere tägliche Zunahme und eine höhere Körpermasse negativ beeinflusst. Ähnliche Untersuchungen, bei denen die Körpermasse und das Alter der Tiere in die Analyse eingingen, konnten ebenfalls einen negativen Effekt auf die Lauffähigkeit beobachten (Kestin et al. 2001, Sanotra et al. 2001). Die Fußballengesundheit war schlechter bei schneller wachsenden Herkünften, aber nicht innerhalb der Herkünfte von der Wachstumsintensität abhängig. Hubbard zeigte hier die größten Probleme. Dies könnte mit höheren mechanischen Belastungen der Fußballen bei schwereren oder breitbrüstigeren Tieren oder mit einer weniger festen Gewebestruktur bei den schneller wachsenden Tieren erklärt werden. Auch die geringere Bewegungsaktivität solcher Tiere (Bizeray et al. 2000) könnte eine Rolle spielen, da der Kontakt zum Boden länger besteht. Ebenso kommt eine feuchtere Einstreu in Ställen mit schneller wachsenden Herkünften (hier Hubbard) durch die vermehrte Produktion von Kot in Frage. Ein schlechterer Zustand der Fersenhöcker wurde von Sørensen et al. (2000) und Kjær et al. (2006) bei schwereren Tieren und in der vorliegenden Untersuchung bei höheren Zunahmen festgestellt. Dies könnte daran liegen, dass die Tiere öfter sitzen und wird durch den Befund gestützt, dass die langsamer wachsenden Tiere signifikant weniger verschmutztes Gefieder, vor allem in der Brustregion aufwiesen. Verbesserungen des Zustandes der Fußballen und Fersenhöcker können allerdings durch ein besseres Management erzielt werden (Keppler et al. 2010). Bei den Herkünften Hubbard und Olandia wurden bei niedrigerer täglicher Zunahme mehr Tiere mit von Federn bedeckter Brust beobachtet. Nur bei der Herkunft Olandia hatte die eine höhere tägliche Zunahme aber auch negative Auswirkungen auf den Zustand der Brusthaut. Da die Herkunft Olandia im Gegensatz zur Herkunft Hubbard eine spitze Brust mit hervorstehendem Brustbein hatte, wurde die Brusthaut hierdurch bei höheren Körpermassen wahrscheinlich mehr belastet. Weniger Tiere mit Verletzungen am hinteren Teil des Körpers und der Beine wurde bei schwereren Tieren mit höherer täglicher Zunahme beobachtet. Leichtere, langsamer wachsende Tiere sind möglicherweise aktiver und haben dadurch eine höheres Verletzungsrisiko. Die Unterschiede zwischen den Versuchsdurchgängen waren durch die verschiedenen Jahreszeiten bedingt. So konnten die Tiere im zweiten Versuchsdurchgang den Auslauf kaum nutzen. Außerdem war die Einstreu deutlich feuchter, was negative Auswirkungen auf die Fußballen- und Fersenhöckergesundheit hat (Berg 2004). In der vorliegenden Studie wurden zusätzlich zu den langsam wachsenden Hybriden noch schwere Rassehühner gemästet (Keppler et al. 2010). Alle Herkünfte/Rassen waren zudem parallel in einer Stationsprüfung der Fachhochschule Eberswalde und wurden mit den gleichen Methoden untersucht (Hörning et al. 2010). Die gemeinsame Auswertung der Daten bezüglich der Brustbreite ergab eine Spannweite der Brustbreiten zwischen den Rassetieren und den langsam wachsenden Tieren zwischen 2,1 und 11,1 cm (Tabelle 2, Keppler et al. 2010). Die Schlachtkörper waren entsprechend unterschiedlich. Während die Herkunft Hubbard eine relativ runde und breite Brust aufwies (Mittel: 449 g), hatten die langsamer wachsenden Hybridherkünfte eine deutlich spitzere Brust mit hervorstehendem Brustbein (Mittel: 311 bis 359 g) die eher dem schweren Rassegeflügel glich (224 bis 242 g). Dies entspricht nicht der Verbraucher- 46 Keppler et al. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

47 erwartung und darüber hinaus ist die Brust als Teilstück deutlich kleiner und leichter (Hörning et al. 2010). Tabelle 2: 2 Mittlere Brustbreite, Standardabweichung (SD), Minimum (MIN) und Maximum (MAX) der verschiedenen Herkünfte im Alter über 51 Lebenstagen Herkunft n Mittel SD MIN MAX Rassetiere Kabir Sasso Olandia Hubbard Schlussfolgerungen Insgesamt kann festgestellt werden, dass bereits bei langsam wachsenden Masthühnern unter ökologischen Bedingungen höhere tägliche Zunahmen und höhere Körpermassen zu einer Verschlechterung der Tiergesundheit führen. Der Einsatz der Herkunft Hubbard im Ökologischen Landbau ist daher aus Tierschutzgründen schon kritisch zu diskutieren. Im Hinblick auf die Definition langsam wachsender Herkünfte nach der EU-Öko-VO 889/2008 sollte daher eine maximale tägliche Wachstumsrate festgelegt werden wobei zu diskutieren ist welche Grenzwerte der Tiergesundheit tolerabel sind. Werden langsamer wachsende Herkünfte wie Olandia, Kabir oder Sasso eingesetzt ist die Brust allerdings deutlich kleiner und der Schlachtkörper der Tiere entspricht derzeit nicht der Verbrauchererwartung. Auch ist die Zubereitung der Tiere oder der Schenkel für die meisten Konsumenten schwieriger, da sie eine wesentlich höhere Garzeit benötigen um zart zu werden. Werden langsamer wachsende Tiere eingesetzt muss der Verbraucher in jedem Fall für Fleisch von Masthühnern mehr ausgeben, denn die Tiere fressen mehr, wenn sie länger leben und die Stallplatzkosten steigen. Verbesserte Haltungsbedingungen und ökologisches Futter kommen noch als zusätzliche Kosten hinzu. Derzeit sind die Preise für eine Hühnerbrust aus ökologischer Haltung von der Herkunft Hubbard schon etwa dreimal so hoch wie die einer Hühnerbrust aus konventioneller Haltung mit schnellwachsenden Hybriden. Damit die Verbraucher bereit sind noch mehr zu zahlen und gleichzeitig einen Schlachtkörper akzeptieren der nicht mehr dem gewohnten Hähnchen ähnelt müssen sie über die tiergerechte Mast der langsam wachsenden Tiere aufgeklärt werden. Dies geschieht am besten vor Ort auf dem Betrieb, denn die langsamer wachsenden braunfiedrigen Herkünfte sind Tiere die eher normalen Hühnern als konventionellen Masthühnern gleichen und somit wahrscheinlich beim Konsumenten gut ankommen. Zusammenfassung Die Eignung unterschiedlich langsam wachsender Herkünfte für die ökologische Hühnermast wurde unter dem Aspekt der Tiergesundheit untersucht. In zwei Durchgängen und 39 Gruppen wurden insgesamt 5593 Tiere der Herkunft Hubbard JA 757, dreier weiterer, langsamer wachsende Herkünfte und zweier Rasseherkünfte (nicht in der Auswertung berücksichtigt) auf je acht Betrieben in je zwei bis vier Gruppen von 27 bis 565 Tieren gemästet wobei auf jedem Betrieb die zur Zeit im ökologischen Landbau genutzte Herkunft Hubbard als Referenzherkunft diente. Körpermasse, Lahmheiten, Haut und Gefiederzustand sowie die Verschmutzung des Gefieders wurde jeweils an 30 bis 81 Tieren je Gruppe nach Möglichkeit zweimal bei einem mittleren Körpergewicht von 1800 g und 2600 g untersucht. Die Einzeltierbefunde wurden mithilfe eines logistischen gemischten Modells mit den fixen Faktoren tägliche Zunahme, Körpermasse und Durchgang sowie dem Betrieb als Zufallsfaktor analysiert. Die mittleren täglichen Zunahmen lagen zwischen 33.01±5.8 und 40,6±6,9 g (Hubbard), die Verluste bei 2,3 ± 2,6 %. Über alle Herkünfte wurden im Mittel weniger als 5 % lahme Tiere festgestellt. Veränderungen der Fußballen (47,7 %), Läsionen der Fersenhöcker (7,3 %), Verschmutzungen des Brustgefieders (67,5 %) und Läsionen der Brusthaut (7,5 %) sowie Hautverletzungen (37,8 %) konnten bei allen Her- 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Keppler et al. 47

48 künften beobachtet werden. Der prozentuale Anteil Tiere ohne Schäden (Note 0) bezüglich Lauffähigkeit, Fußballenzustand, Zustand der Fersenhöcker, Sauberkeit des Gefieders, Zustand der Brusthaut und Gefiederzustand nahm mit höheren täglichen Zunahmen (p<0.0001, Brusthautzustand 0.004, n= 2260) und höherer Körpermasse (p< bis p<0.0429, außer Zustand der Fersenhöcker) ab. Vor dem Hintergrund des engen Zusammenhangs zwischen Wachstumsgeschwindigkeit, Brustbreite und dem Auftreten von Gesundheitsproblemen, sollte das Auftreten von Schäden regelmäßig erfasst und stärker diskutiert werden, welche Niveaus in der ökologischen Hühnermast noch tolerabel sind. Durch den Einsatz langsam wachsender Herkünfte kann eine Verbesserung des Tierwohls erreicht werden. Den Konsumenten muss nahegebracht werden, dass dies nur mit Tieren erreicht werden kann, die eine kleinere Brust sowie einen für die Konsumenten ungewohnten Schlachtkörper aufweisen und dies gleichzeitig mehr kostet. Summery According to EU-Regulation 889/2008 slow growing strains shall be used in organic farming in order to ensure good broiler welfare. We examined effects of growth speed on broiler welfare in four different strains (33.01±5.8 to 44.02±8.0 g/day) in two batches on eight organic farms that kept two to four strains in parallel. The currently common slow growing strain (44.02±8.0 g/day) was a reference on all farms. In total 5593 broilers in 36 groups with 30 to 565 animals were kept. Live weight, lameness, skin and plumage condition and cleanliness of plumage were investigated on samples of 30 to 81 birds depending on group size. If possible, measures were taken repeatedly (twice), at an average body weight of 1800 g to 2600 g. Individual data were analyzed using a logistic mixed model with daily weight gain, body weight and batch as fixed factors and farm as random factor. Percentages of birds without lameness, foot pad dermatitis, hock burn, plumage and skin damage on the breast, injuries and without dirty feathers decreased with higher daily weight gain (p<0.0001, breast skin damage p=0.004, n= 2260), and higher body weight (p< to p<0.0429, except for hock burn). Thus, higher daily weight gain and body weight lead to more welfare problems also in broilers with relatively low daily weight gain under organic conditions. Danksagung Wir danken den beteiligten Landwirten herzlich für die Möglichkeit, die Untersuchung auf ihren Betrieben durchzuführen und für die gute Zusammenarbeit. Auch sei folgenden Personen für die Hilfe bei der Erfassung der Daten gedankt: Werner Vogt-Kaute, Maja Günther, Melanie Thiede, Susanne Döring und Nora Irrgang. Die Förderung des Vorhabens erfolgte aus Mitteln des BMELV über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Literatur Appleby M.C., Mench, J.A., Hughes, B.O. (2004): Poultry behaviour and Welfare. CABI Publishing, CAB International, Wallingford, UK, 139 Berg, C. (2004): Pododermatitis and hock burn in broiler chickens. In: Weeks C., Butterworth A. (Hrsg): Measuring and Auditing Broiler Welfare. Cromwell Press, Trowbridge, Bizeray, D., Leterrier, C., Constantin, P., Picard, M., Faure, J.M. (2000): Early locomotor behaviour in genetic stocks of chickens with different growth rates. Appl. Anim. Behav.Sci., 68: Ekstrand, C., Carpenter, T.E., Andersson, I., Algers, B. (1998): Prevalence and control of foot-pad dermatitis in broilers in Sweden. Brit. Poult. Sci. 39: Keppler et al. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

49 Hörning, B. (2008): Auswirkungen der Zucht auf das Verhalten von Nutztieren. Tierzuchtfonds für artgemäße Tierzucht (Hrsg.): Reihe Tierhaltung, Band 30. Kassel university press GmbH, Kassel, Hörning, B., Trei, G., Ludwig, A., Rolle, E. (2010): Eignung unterschiedlicher Herkünfte für die ökologische Haltung von Masthähnchen. Schlussbericht des Forschungsauftrags 07OE037 an das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), 139 S., Keppler, C., Brenninkmeyer, C., Vogt-Kaute, W., Döring, S., Günther, M., Thiede, M., Gorniak, T. Knierim, U. (2010): Eignung unterschiedlicher Herkünfte für die ökologische Haltung von Masthähnchen Feldprüfung. Schlussbericht des Forschungsauftrags 07OE037 an das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), 93 S., Keppler, C., Vogt-Kaute, W., Knierim U. (2009): Tiergesundheit von langsam wachsenden Masthühnern in Öko-Betrieben. Landbauforschung, vti Agriculture and Forestry Research, Sonderheft 332, Kestin, S.C., Gorden, Su, G., Sørensen, P. (2001): Relationships in broiler chickens between lameness, liveweight, growth rate and age. Vet. Rec., 148, Kestin, S.C., Knowles, T.G., Tinch, A.E., Gregory, N.G. (1992): Prevalence of leg weakness in broiler chickens and relationship with genotype. Vet. Rec. 131: Kjaer, J.B., Su, G., Nielsen, B.L., Sørensen, P. (2006): Foot pad dermatitis and hock burn in broiler chickens and degree of inheritance. Poult. Sci., 85: Sanotra, G. S., J. D. Lund, A. K. Ersbøll, J. S. Petersen, and K. S. Vestergaard (2001): Monitoring leg problems in broilers: a survey of commercial broiler production in Denmark. World's Poult. Sci. J. 57: Sørensen, P., Su, G., Kestin, S.C. (2000): Effects of Age and Stocking Density on Leg Weakness in Broiler Chickens Poult. Sci. 79: Weeks, C.A., Nicol, C.J., Sherwin, C.M., Kestin, S.C. (1994): Comparison of the behaviour of broiler chickens in indoor and free-range environments. Anim. Welf., 3: FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Keppler et al. 49

50 Toni s Junghähne hähne: Ein Projekt mit Chancen und Risiken T. Hubmann 1 Eigentlich ist alles ganz einfach. Denn, wir mussten nichts erfinden, weil alles schon da war was wir wissen mussten. Manchmal sind die Dinge sogar so einfach, dass man sich wundert, dass sie einem nicht schon viel früher eingefallen ist. So, oder zumindest so ähnlich ging es uns bei Toni s mit unserem Brüder- und Schwestern-Konzept. Früher sah die Kombination nämlich so aus... Eine Henne und ein Ei. Da fragte man sich bestenfalls, was zuerst da war. Alle anderen Fragen (die die eigentlich viel spannender sind) tauchten erst gar nicht auf. Ein verantwortungsvolles Unternehmen hat die Pflicht die Fragestellung zu erweitern. Und das haben wir bei Toni s auch getan. Statt Henne und Ei, heißt es ab nun Hähne und Ei. Kein Rechtschreibfehler, sondern klare Absicht und eine Chance für die Zukunft. Was nun anders ist? und 1 Autor: Toni Hubmann, Toni s Handels GmbH, Glein 14, A-8720 Knittelfeld; T: +43 (0) ; info@tonis.at; Web: 50 Hubmann 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

51 Dazu ist es nötig ein paar Jahre zurückzuschauen. Wie gesagt, wir tun nichts anderes als bereits unsere Großväter getan haben. Ein Verständnis von Landwirtschaft und Nutztierhaltung ganz im Sinne unserer Ahnen. Selbstverständlich um all die Erfahrungen reicher die wir in der modernen Landwirtschaft über die Jahre gemacht haben. Eines der Probleme moderner Legehennenhaltung liegt in der Nichtnutzung der männlichen Küken. Gelöst wurde dieses Problem bisher (auch wenn das eigentlich gar keine Lösung ist) indem die männlichen Küken sofort nach dem Schlupf getötet wurden. Das brachte ihnen den grausamen Namen Eintagsküken" ein. Nach wie vor sind das europaweit mehr als 335 Millionen Tiere. Eine unglaubliche Zahl. Die Lösung L ist in der Vergangenheit zu suchen In einer Zeit in der Zweinutzungsrassen Gang und Gäbe waren. Als die weiblichen Tiere Eier legten und die männlichen Küken zu Masthähnen heranwachsen durften. Eine Haltungsform die irgendwann auf halbem Wege verloren ging. Inzwischen haben wir alle vergessen wie Junghähne aussehen und vor allem wie sie schmecken. Toni s Freilandeier besinnt sich dieser Jahrhunderte alten Tradition und gibt den Brüdern der Legehennen somit eine Chance. Chancen sind da um ergriffen zu z werden Wir alle leben von dem was wir hier tun. Keiner, entlang der gesamten Wertschöpfungskette tut das was er tut aus purer Nächstenliebe. Aber wir übernehmen Verantwortung für unser Handeln und haben die Pflicht das Bestmögliche aus den Gegebenheiten zu machen. Das heißt in unserem Fall auch, dass man sich den kritischen Fragen rund um die Hühnerhaltung stellen muss. Da fallen Schlagworte wie Legeleistung ebenso, wie Gewicht und Ertrag. Auch wenn ein solches Projekt anders ist, wir sehen uns dennoch zwischen Markt und Vernunft. Ein Projekt wie dieses hat nur dann Erfolg, wenn die Landwirte, die Vermarkter, der Handel und alle anderen an der Produktion beteiligten Personen klare Vorteile erkennen können. Die Ausgangssituation Wer Hähne in bäuerlicher Freilandhaltung aufziehen will, hat einiges zu beachten. Das Gesetz verwendet die Bezeichnung Junghahn für einen Hahn, der frühestens ab dem 90. Lebenstag geschlachtet werden darf (Art. 1 lit. a 5 -VO EG 543/2008). Die Besatzdichte liegt bei 12 Tieren/m 2 bzw. maximal 25 kg Lebendgewicht pro m 2. Die Tiere müssen ständigen Zugang zu vorwiegend begrünten Freiluft-Ausläufen haben und müssen von einer anerkannt langsam wachsenden Rasse stammen. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, darf man ihn Junghahn aus bäuerlicher Freilandhaltung nennen. Wir bei Toni s halten diese Bestimmungen selbstverständlich ein und tun sogar noch ein bisschen mehr als das. Die Betonung bei Mindeststandards liegt eben auf Mindest, und so verstehen wir das auch. Die Zucht und die ersten en Erfahrungen Toni s Zweinutzungsrasse entstammt einem Mix aus den Rassen White Rock, Indischer Kämpfer und New Hampshire. Ein paar Geheimnisse hat Ludwig Hölzl, Toni s Zuchtexperte, noch für sich behalten. Schließlich stehen wir erst am Anfang. Das derzeitige Hauptaugenmerk liegt in der Verbesserung der Persistenz, dem Legeleistungsdurchhaltevermögen der weiblichen Tiere. Die bisherigen Erfahrungen ha- 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Hubmann 51

52 ben neben einem geringeren Futterverbrauch, kaum Gefiederschäden und Kannibalismus auch insgesamt eine niedrige Mortalität gezeigt. Der Hahn hatte das Zuchtziel von 2 kg mit 70 Masttagen erreicht. Durchschnittlich verbrauchten Toni s Junghähne bis zu einem Alter von 95 Tagen, 12 kg Futter. Das entspricht einem Futterverbrauch von 4,28 kg pro kg Lebendgewicht. Worin liegen die Vorteile Neben der Lösung des zentralen Problems der Eintagsküken, wächst hier eine echte und regionale Alternative zu schnell und in Qualzucht heranwachsenden Rassen. Das Junghahnfleisch ist qualitativ hochwertigst und ermöglicht so ein einzigartiges Geschmackserlebnis. Das Fleisch ist zart, der Medikamenteneinsatz bei diesen besonders vitalen und aktiven Tieren ist gering. Dies gilt auch für die weiblichen Tiere. Die Legeleistung ist hoch, die Eigrößen sind hauptsächlich M. Toni s Junghenne nach 4,5 Monaten Toni s Junghahn nach 95 Tagen T 52 Hubmann 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

53 Die Rolle der Konsumentinnen und Konsumenten Grundsätzlich gilt: je attraktiver ein Produkt für den Konsumentinnen und Konsumenten ist, desto mehr wird es nachgefragt. Was ist auch stimmt ist, dass Konsumenten zusehends kritischer werden. Ein Produkt, das im Verdacht steht, die Umwelt auszubeuten, wird von vielen erst gar nicht gekauft. Das Argument der Ethik, wird für eine positive Kaufentscheidung allerdings nicht ausreichend sein. Das wichtigste Argument ist und bleibt daher der Geschmack. Erst wenn der Geschmack und die damit verbundene hohe Qualität des Produktes einwandfrei ist, wird das Produkt gekauft werden. Niemand kauft etwas was nicht schmeckt. Das ist bei Hähnen nicht anders als bei jedem anderen Nahrungs- und Genussmittel. Unsere Aufgabe muss es daher sein, den Konsumentinnen und Konsumenten eine echte Alternative zu bieten. Eine die geschmacklich und inhaltlich überzeugt. Worauf wir aufbauen können Junghähne werden nicht das ganze Jahr über verfügbar sein, denn jedem Hahn steht gedanklich eine Legehenne gegenüber. Und die darf ihre Legeperiode beenden, bevor es wieder neue Hähne gibt. Nachhaltige Lebensmittelproduktion ist ein Kaufargument. Das haben uns die Erfahrungen der letzten Jahre deutlich gezeigt. Produkte die mit solchen Inhalten aufgeladen sind, verkaufen sich leichter. Das wissen auch unserer Partner im Lebensmittelhandel. Die mit solchen Produkten nicht nur die betreffende Produktkategorie, sondern das gesamte Image des Lebensmittelhandels verbessern können. Das Problem ist auch gleichzeitig die Chance Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Wir haben den ersten Schritt gemacht. Sicherlich werden wir Erfahrungen sammeln und werden uns weiterentwickeln müssen. Sodass dieses Projekt kein Projekt bleibt, sondern eine echte Alternative. Eine die Wertschöpfung bringt und die Probleme moderner Landwirtschaft zu beseitigen hilft. Je mehr Menschen uns auf diesem Weg unterstützen, desto eher wird es Erfolg haben. Wir können nur die Lösungsmöglichkeiten aufzeigen, die Entscheidung treffen letztlich unsere Kundinnen und Kunden. Die artgerechte Junghahnmast ist ein weiterer Schritt in Richtung eines anständigen Umgangs mit dem Lebewesen Tier. Den Unterschied kann man schmecken. 19. FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012 Hubmann 53

54 Notizen FREILAND-Tagung/25. IGN-Tagung 2012

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