Ulrich Bahrke Übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie

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1 ÖGATAP 3 /2010 Ulrich Bahrke Übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie Brigitte Spreitzer Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur Barbara Hauler Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen Über das schöpferische Potential von Übergängen Franz Sedlak Differenz, Dialog und (Ver-)Dichtung Imaginationstherapie als kunstvolle Verschränkung von unmittelbarer Erfahrung und Gestaltung

2 Impressum Die Imagination ist eine wissenschaftliche Publikation der Internationalen Gesellschaft für Katathymes Bilderleben IGKB und das offizielle Organ der Öster reichischen Gesellschaft für angewandte Tiefenpsychologie und allgemeine Psychotherapie (ÖGATAP). Herausgeber und Eigentümer: Öster reichische Gesellschaft für angewandte Tiefenpsychologie und allgemeine Psychotherapie, Kaiserstraße 14/13, 1070 Wien, Tel.: 01 / , Fax: 01 / Redaktion: Dr. Wilfried Dieter, Dr. Josef Bittner, Dr. Harald Ullmann Nicole Lachmann Schriftleitung: Dr. Josef Bittner Lektorat: Dr. Wilfried Dieter Redaktionsanschrift: Landhausgasse 2/44, 1010 Wien, imagination@oegatap.at Wissenschaftlicher Beirat: Ulrich Bahrke, Halle Monika Bürgi, Basel Margret Flores d Arcais-Strotmann, Amsterdam Jadranka Dieter, Wien Elfriede Fidal, Wien Susanne Frei, Wien Heinz Hennig, Halle Hans Kanitschar, Wien Leonore Kottje-Birnbacher, Düsseldorf Wolfgang Ladenbauer, Wien Matthias Mende, Salzburg Mathilde Pichler, Wien Ingrid Reichmann, Klagenfurt Monika Schnell, Berlin Claudius Stein, Wien Michael Stigler, Lausanne Eberhard Wilke, Malente Erscheinungsweise: Viermal jährlich Verlag: Facultas Verlags- und Buch handels AG, Berggasse 5, 1090 Wien, Tel.: 01 / Druck: Facultas Verlags- und Buchhandels AG Layout und Satz: Gerhard Krill, 1060 Wien; grafik@krill.at; Bezug: Für Mitglieder der Österreichischen Gesellschaft für angewandte Tiefenpsychologie und allgemeine Psychotherapie im Jahresmit gliedsbeitrag eingeschlossen. Abonnements und Einzel hefte können über jede Buchhandlung oder über die ÖGATAP, Kaiserstr. 14/13, 1070 Wien, bezogen werden. Jahresabonnements: 34,, Einzelpreis: 10, Inseratenannahme: Facultas Verlags- und Buch handels AG, Berggasse 5, 1090 Wien, Tel.: 01 / Copyright: Alle Rechte vorbehalten. Der Verlag behält sich das ausschließliche Recht der Verbreitung, Vervielfältigung, photo mecha nischen Wiedergabe und Wiedergabe auf Ton trä gern vor. Nachdruck ist nur unter genauer Quellenangabe und mit schriftlicher Zustimmung des Verlages gestattet. ISSN Offenlegung gemäß Mediengesetz, 1. Jänner 1982 Nach 25 (2): Imagination (vormals»ärztliche Praxis und Psychotherapie«) ist zu 100 % Eigentum der Öster reichischen Gesellschaft für angewandte Tiefenpsychologie und allgemeine Psychotherapie (ÖGATAP), 1070 Wien, Kaiserstraße 14/13. Ziele der Gesellschaft: Ausbildung gemäß den Bestimmungen des Psychotherapiegesetzes vom in psychotherapeutischen Methoden. Vorstandsmitglieder ÖGATAP: 1. Vorsitzende: Dr. Ingrid Reichmann, 2. Vorsitzender: Dr. Harald Meller, Ausbildungsleiterin: Dr. Brigitte Bischof, Schriftführe rin: Dr. Eveline Schöpfer-Mader, Kassierin: Angela Trojan, KandidatInnenvertretung: Mag. Simon Severino, Mag. Martina Fitzek, Dozen tinnenvertretung: Dr. Wilfried Dieter, Dr. Wolf gang Ladenbauer, TherapeutInnenvertretung: Stephan Engelhardt, Elvira Ölscher, Rechnungsprüfer: Dr. Hans Haltmayer, Mag. Irmgard Stütz Nach 25 (3): keine Nach 25 (8): Imagination vertritt die An lie gen der Österreichischen Gesellschaft für angewandte Tiefenpsychologie und all gemei ne Psychotherapie und soll über ver schiedene Thera pie methoden und vor allem deren Anwendung in der Praxis informieren.

3 Inhalt 32. Jahrgang, Nr. 3/2010 Editorial 3 Ulrich Bahrke Übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie 5 Brigitte Spreitzer Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur 18 Barbara Hauler Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen Über das schöpferische Potential von Übergängen 36 Franz Sedlak Differenz, Dialog und (Ver-)Dichtung Imaginationstherapie als kunstvolle Verschränkung von unmittelbarer Erfahrung und Gestaltung 55 Buchbesprechung 71

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5 Editorial 3 Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser! Wir freuen uns, Ihnen mit den Artikeln dieser Ausgabe der»imagination«ein besonders breites und dennoch fachlich sehr fundiertes Spektrum von Themen anbieten zu können, die alle für das Verständnis unserer symbolgetragenen Behandlungsmethoden enorme Relevanz erreicht haben. Es reicht vom Bedeutungswechsel der Übertragung für die KIP-Behandlungstechnik über Symbole und Symbolisierung sowie die Wichtigkeit von Übergängen und die Erhaltung der eigenen Identität bis hin zu den therapeutisch-philosophischen Konzepten von Differenz und Dialog und ihre kunstvolle Verschränkung. Ulrich Bahrke zeichnet in»übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie«kenntnisreich nach, wie sich in der Psychoanalyse und parallel dazu auch in der Katathym Imaginativen Psychotherapie die Bedeutung der Arbeit»mit«und»in«der Übertragung verändert hat. Am einen Pol steht Leuners»Tauchergleichnis«, am anderen das Paradigma der Intersubjektivität, das im psychoanalytischen Diskurs enorm an Boden gewonnen hat. An einem Fallbeispiel wird ein modernes Übertragungsverständnis exemplarisch dargestellt. Brigitte Spreitzer zeigt in ihrer Arbeit»Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur«, die in hervorragender Weise bekannte und weniger bekannte Theorien zur Symbolisierung zusammenfasst, dass auch das Symbolverständnis der Literaturwissenschaften ebenso wie dasjenige der klinischen, von psychoanalytischen Theorien stark beeinflussten Psychotherapie eine tiefenpsychologische bzw. tiefenhermeneutische Fundierung besitzt. Beispielhaft stellt die Autorin zwei Gedichte von Ingeborg Bachmann vor, deren Symbolik genau untersucht wird. Der Text von Barbara Hauler trägt den poetischen Titel»Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen Über das schöpferische Potential von Übergängen«. Wie das Gedicht von Rainer Maria Rilke, aus dem die erste Zeile stammt, befasst sich

6 4 Editorial die Autorin mit dem Älterwerden und, unter Verwendung der Forschungsergebnisse von Erik H. Erikson, mit Gleichbleiben vs. Veränderung im Sinne einer lebenslangen Suche nach der eigenen Identität. Berührende Fallbeispiele verdeutlichen die Zuversicht von Barbara Hauler bezüglich des schöpferischen Potentials von Übergängen.»Differenz, Dialog und (Ver-)Dichtung Imaginationstherapie als kunstvolle Verschränkung von unmittelbarer Erfahrung und Gestaltung«nennt Franz Sedlak seinen Beitrag. Sehr lesenswert ist die Darstellung des»dialogmodus«und des»differenzmodus«nicht nur wegen ihrer klinisch-psychotherapeutischen Relevanz, sondern im speziellen Fall, in der Arbeit von Franz Sedlak, vor allem auch wegen eines biographischen und ideengeschichtlichen Vergleichs zweier bedeutender Männer, die beide aus Wien stammten, nämlich Alfred Adler und Martin Buber, in deren Werk die beiden Modi von großer Bedeutung sind. Beschlossen wird das Heft mit einer Buchbesprechung. Wie immer hoffe ich, mit meinen editoriellen Zeilen Ihren Appetit aufs Lesen angeregt zu haben, und ich bleibe mit herzlichen Grüßen Ihr Wilfried Dieter

7 Übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie 5 Übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie Ulrich Bahrke 1. Einleitung Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie wir KIP-Therapeuten unsere Beziehung zum imaginierenden Patienten verstehen und wie wir den Einfluss des Beziehungsgeschehens auf die entstehenden Imaginationen konzeptualisieren. Von Hanscarl Leuner stammt die eingängige Taucher-Metapher: Die Beziehung zwischen Therapeut und Patient während der katathymen Imagination sei wie die bei einer Expedition, bei der der»tauchende«patient auf dem Meeresgrund des eigenen Unbewussten Forschungen anstellt, währenddessen der Therapeut ständigen Kontakt mit ihm haltend vom Begleitschiff aus für die Sauerstoffzufuhr verantwortlich sei und besonders in Gefahrensituationen aber auch ganz generell hilfreiche Hinweise für die Erforschung geben könne. Mit anderen Worten: Wir haben den haltgebenden, den Rahmen schützenden und den den Patienten unterstützenden Therapeuten einerseits und den mit seinen inneren Zuständen und Konflikten befassten Patienten andererseits. Dessen Psyche projiziert aus sich heraus Gestaltungen ihrer Selbst- und Objektbilder, und der Therapeut unterstützt diese Selbstkonfrontation des Patienten. Wir KIP- Therapeuten schätzen unser Verfahren in der Regel gerade deshalb, weil sich diese aus den verinnerlichten Beziehungserfahrungen hervorgegangenen Repräsentanten mit Hilfe der Imaginationen plastisch veranschaulichen und dem Patienten als unabweisbare authentische eigene Realität begegnen. Oft symbolisch verhüllt, aber immer anschaulich stehen sie so der therapeutischen Bearbeitung im weiteren Therapieprozess zur Verfügung und lassen sich im gemeinsamen Gespräch Erweiterte Fassung eines Vortrages auf dem Internationalen Symposium aus Anlass des 10-jähri gen Bestehens der baltischen Arbeitsgruppe für Katathym Imaginative Psychotherapie in Estland»Beziehung und therapeutische Imagination«am 18./ in Johvi-Toila

8 6 Ulrich Bahrke verstehen, modifizieren, hinterfragen und korrigieren. So stellt sich das von Leuner beschriebene Konzept der Projektionsneurose dar, das ich nachfolgend problematisieren möchte. Freud hatte übrigens eine vergleichbare Metapher gebraucht, als er äußerte, der Patient untersuche und entdecke mit Hilfe des Analytikers wie ein Archäologe die übereinander gelagerten Schichten einer antiken Stadt. Beide Bilder berücksichtigen m. E. nicht ausreichend die Komplexität des gegenseitigen Einflusses von Therapeut und Patient, also die Übertragung. Meiner These nach ist die Katathym Imaginative Psychotherapie ein aus der Psychoanalyse abgeleitetes Behandlungsverfahren steht aber mit deren Weiterentwicklungen nicht ausreichend in Korrespondenz und nutzt weitgehend wenig hinterfragt problematisch gewordene psychoanalytische Übertragungsmodelle. Meine Ausführungen werden insofern nur vor dem Hintergrund der unterschiedlichen psychoanalytischen Konzepte von Übertragung verständlich, die ich meinen Überlegungen zur KIP deshalb voranstelle. 2. Geschichte der Übertragungskonzeptionen Übertragung ist ein ubiquitäres Phänomen, unter dem wir»im weitesten Sinne alle Phänomene der subjektiven Bedeutungszuschreibung innerhalb einer Begegnung«(Mertens und Waldvogel 2000) verstehen. In der therapeutischen Beziehung werden unbewusste Objektbeziehungserfahrungen in Szene gesetzt. Da dies in allen zwischenmenschlichen Begegnungen geschieht, ist dies für sich gesehen noch nicht besonders beachtenswert. Die herausragende Bedeutung gewinnt die Übertragung für die Psychoanalyse dadurch, dass sie sich in der Beziehung zum Psychoanalytiker nicht nur entfaltet, sondern dort zum Ort wird, wo sie systematisch beobachtet, gedeutet und verändert werden kann. Durch diese Entdeckung Freuds wurde sie vom»größten Hindernis«zum»mächtigsten Hilfsmittel«der Behandlung,»wenn es gelingt, sie jedesmal zu erraten und dem Kranken zu übersetzen«. Die Ausarbeitung seiner Übertragungstheorie, wie Freud sie im Nachwort zum Fall Dora 1905 und dann in seinen behandlungstechnischen Schriften bis 1917 vornahm, sollen hier nicht nachgezeichnet (s. Freud 1975), sondern nur kurz die zwei Kriterien in Erinnerung gerufen werden, die Freud für die Übertragung beschrieb: Die Wiederholung der Vergangenheit in der Gegenwart und die Verzerrung der Realität. Insofern handelt es sich für diese frühe Zeit der Psychoanalyse um eine auf der Wiederholung infantiler Objektbeziehungen beruhende Übertragungsidee. Als Wiederholung der»vergessenen Vergangenheit«führt sie in die sogenannte Übertragungsneurose. In der Auflösung der Übertragungswiderstände werden die

9 Übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie 7 Verzerrungen, die dem»phantastischen Objekt der ärztlichen Person«angehängt wurden, erkannt. Im Durcharbeiten der Übertragung»nötigen wir ihn (den Patienten, U. B.), seine Wiederholungen in Erinnerungen zu verwandeln«. Und so wird der»kampf um dies neue Objekt«auf dem»schlachtfeld der Übertragung«geführt. Soweit die Freud sche Theorie, in der somit auch eindeutig beschrieben wird, was in der analytischen Beziehung der Patient tut. Die Rolle des Psychoanalytikers soll in dieser Sicht die eines Erkennenden sein, der übertragungsbedingte Verzerrungen aufdeckt, beschreibt, klärt und so korrigieren hilft. Freud erkannte jedoch durchaus: Der Analytiker ist nicht nur der beobachtende Deuter, der dem Patienten hilft, seine Realitätsverzerrungen innerhalb der Übertragungsneurose zu erkennen, sondern der Analytiker übt zwangsläufig einen eigenen Einfluss auf die Übertragung aus. Diese Feststellung allerdings führte Freud in Anbetracht des herrschenden deterministischen Wissenschaftsmodells in ein schwieriges methodologisches und erkenntnistheoretisches Dilemma. Um den Anspruch der Psychoanalyse als einer Wissenschaft erheben zu können, musste sie dem wissenschaftlichen Paradigma seiner Zeit entsprechen. Freud konzeptualisierte die Übertragung deshalb als scheinbar unabhängig vom teilnehmenden Beobachter wie wir dies aus seiner bekannten Chirurgen- und Spiegelmetapher kennen: Die Gegenübertragung sollte nicht nur kontrolliert, sondern minimalisiert bzw. neutralisiert werden. Der Analytiker solle sich»den Chirurgen zum Vorbild nehmen«,»undurchsichtig für den Analysierten«bleiben und»wie eine Spiegelplatte nichts anderes zeigen, als was ihm gezeigt wird«(freud 1912 a). Auf diese Weise wurde die Übertragung positivistisch als intrapsychisches Konzept innerhalb einer als Ein-Personen-Psychologie verstandenen Psychoanalyse für lange Zeit festgeschrieben: Der Patient überträgt, der Analytiker deutet. In der Folge wurde von Freud (1912 b) nicht die Beziehungsdynamik zwischen beiden Beteiligten (die Übertragungs-Gegenübertragungsdynamik) differenziert untersucht, sondern lediglich die Übertragung. Er gliederte sie begrifflich auf und unterschied nun die positive und die negative, die anstößige und die unanstößige, die bewusstseinsfähige und die unbewusste Übertragung. Diese Aufteilungen wurden zur Vorlage für verschiedene Bündniskonzepte, bekannt geworden ist insbesondere das des»arbeitsbündnisses«von Greenson (1965). Diese hatten den Vorteil, einen nicht zu leugnenden Einfluss des Psychoanalytikers auf die analytische Beziehung anzuerkennen, ohne den positivistischen, allein vom Patienten ausgehenden Übertragungsvorgang in Frage zu stellen. Der Einfluss des Analytikers wurde mit dieser Konzeptualisierung also anerkannt zugleich aber auf einen Teil der Beziehung eingeschränkt, nämlich die unanstößige Übertragung. Aus der unanstößigen Übertragung wurde das

10 8 Ulrich Bahrke Konzept der positiven therapeutischen Beziehung als Grundlage der Behandlung: Auffassungen wie»holding«,»container-contained«,»good enough mothering«usw. stehen auf dieser Seite der unanstößigen Beziehung und ließen sich hier integrieren. In der Folge dieses Konzeptes kam es zu einer weitgehenden Trennung zwischen der zu interpretierenden Übertragung einerseits und der nicht interpretationsbedürftigen Beziehung andererseits: Greenson charakterisiert die Übertragung als»neurotisch, regressiv, unpassend und unangemessen«und stellt sie dem»unneurotischen, rationalen, vernünftigen und einsichtsfähigen«arbeitsbündnis gegenüber. In seinem Windschatten konnten sich Analytiker und Patient gewissermaßen gemeinsam übertragungsbedingte Verzerrungen der Realität ansehen und deuten, die in ihrer Entfaltung der Analytiker zuvor möglichst wenig stören sollte. Deutungen waren vorwiegend sogenannte Außer-Übertragungsdeutungen, verfolgten also die Arbeit an den verzerrt wahrgenommenen Beziehungen zu signifikant Anderen außerhalb der analytischen Situation. Da der Beitrag des Analytikers zur analytischen Situation zu den nicht-übertragungsbedingten Elementen gezählt wurde, vermochte diese Theorie das kausale Therapieverständnis der Psychoanalyse im Rahmen einer deterministisch verstandenen Naturwissenschaft zu stützen. Die Psychoanalyse wurde gewissermaßen zu einer Beobachtungswissenschaft, und die analytische Situation zu einer Beobachtungssituation, ja die analytische Situation geriet in die Nähe einer psychologischen Experimentalsituation. Deserno (1994) hat dieses Konzept fundiert kritisiert und auf die damit verbundenen behandlungstechnischen Gefahren hingewiesen: Statt einer Stärkung der Mitarbeit des Patienten kann sich seine Passivierung ausbilden, während sich der Analytiker die Definitionsmacht aneignet, Realistisches und Unrealistisches, letztlich Übertragung und Nicht-Übertragung zu trennen. Deserno hält fest, dass es keinen»übertragungsfreien Ort«oder»Haltepunkt«in der Beziehung zwischen Patient und Analytiker gäbe das Arbeitsbündnis könne und müsse der Analytiker jeweils neu nur mit sich selbst herstellen. Ein ganz anders geartetes Konzept, das der Chicagoer Schule um Franz Alexander (Alexander und French 1946), bestand darin, die Übertragung gezielt zu beeinflussen, um dem Patienten eine»korrigierende emotionale Erfahrung«zu ermöglichen. Dieses Konzept wurde im oben skizzierten Kontext als Manipulation der Übertragung kritisiert und stattdessen lange Zeit das intrapsychische Paradigma der ich-psychologischen normativen Idealtechnik Eisslers (1958) festgeschrieben. Es gab allerdings schon frühzeitig Gegentendenzen, die letztlich die willkürlich getrennten Begriffe von Übertragung und Beziehung wieder zusammenführten und in ein intersubjektives Paradigma mündeten.

11 Übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie 9 Bei Freud finden sich durchaus deutliche Aussagen, den Außer-Übertragungsdeutungen nicht die rechte verändernde Kraft zuzutrauen, wenn er schreibt,»denn schließlich kann niemand in absentia oder in effigie erschlagen werden«(freud 1912 b). Der Analytiker sei in die Krankheit des Patienten involviert, diese Krankheit müsse in die analytische Beziehung kommen, nur auf dem»schlachtfeld der Übertragung«könne sie besiegt werden. An solche dynamische Begriffe knüpften Ferenczi und Rank an, als sie 1924 die traditionelle Sichtweise der Übertragung als vom Analytiker unabhängige Wiederholung der Vergangenheit in Frage stellten. In den folgenden 30-er Jahren richtete sich neben der Beachtung der intrapsychischen Konflikte die Aufmerksamkeit dann tatsächlich immer mehr auf interpersonelle Gesichtspunkte. Insbesondere Melanie Klein wandte sich gegen die Auffassungen der Ich-Psychologie, gleichsam objektiv feststellen zu können, welche Äußerungen des Patienten als Übertragung aufzufassen und zu analysieren seien und welche nicht. Und sie verwarf deren technische Beschränkungen und Diskussionen um Deutungsstrategien hinsichtlich Tiefe, Oberfläche, negative und positive Übertragung usw. Sie vertrat stattdessen: Die unbewussten Übertragungsphantasien sind unmittelbar präsent und können in der analytischen Situation im Hinblick auf die aktuelle Beziehungserfahrung erfasst und interpretiert werden:»mein Konzept der Übertragung führt zu einer Technik, in der aus dem gesamten präsentierten Material die unbewussten Elemente der Übertragung erschlossen werden«(1952, S. 437). Ihr Konzept der projektiven Identifizierung (1946) ergänzte die Gruppe der objektbezogenen Abwehrmechanismen um Vorgänge wie die Rollenumkehr bzw. solche, die eine aktive Vertauschung von Selbst- und Objektanteilen implizieren. So konnten auch solche Beziehungsaspekte in die Deutung der Übertragung einbezogen werden, in denen Selbstanteile oder psychische Funktionen des Patienten abgespalten und in den Analytiker projiziert worden waren. Mit all dem wurde der Analytiker als»objektiver Beobachter«in die Relativität der gegenseitigen Beeinflussung zurückgeholt. Manches ließe sich hier nachzeichnen. Verwiesen sei hier nur auf Sullivan, der bereits 1943 pointiert formulierte, die Übertragung sei mehr als Reaktion auf Charakteristika des Analytikers denn als autonome Wiederholung des Patienten zu verstehen. Sandler (1983, S. 589) fasste diesen Prozess so zusammen:»zu Beginn der achtziger Jahre hatte eine gravierende Akzentverschiebung der Übertragung vom Einsichtspol in Richtung auf den Erlebnispol mit erheblichen behandlungstechnischen Konsequenzen stattgefunden: Bevor man fragte: was enthüllt das Material des Patienten über seine Vergangenheit?, fragte man nun: was passiert gerade jetzt?«daran anknüpfend entwickelte Gill das sozial-konstruktive Paradigma der Übertragung. Übertragungsphänomene seien eine Koproduktion von Analytiker und

12 10 Ulrich Bahrke Patient: Der Beitrag des Patienten zur Übertragung sei durch den neurotischen Wiederholungszwang gegeben, durch den der Patient im Leben wie in der therapeutischen Situation veranlasst wird, seine Konflikte auf der Bühne interpersoneller Beziehungen zur Aufführung zu bringen. Der Beitrag des Analytikers zur Übertragung bestehe in seiner Technik, die durch implizite private Theorien gesteuert wird, seiner Individualität, seinem latenten Menschenbild sowie seinen persönlichen Auslegungen und Handhabungen der analytischen Regeln. Gill lehnt das Verzerrungskriterium ab und differenziert stattdessen zwischen einer pathologischen und nicht-pathologischen Übertragung: Die pathologische Übertragung sei durch stereotype Rigidität charakterisiert, mit der sich der Patient Situationen erklärt, und durch seine zwanghaften Anstrengungen, die der Patient unternimmt, dass sich andere so verhalten, wie er es von ihnen erwarte. In dieser Konzeption wird das Beobachter-Problem neu gelöst: Neben der retrospektiven Frage nach den Wiederholungen reflektiert der Analytiker seinen eigenen Einfluss auf das beobachtete Beziehungssystem. Nach Gill sind Analytiker und Analysand Beobachter, die sich gegenseitig beim Beobachten beobachten und sich fortwährend im Prozess der wechselseitigen Beschreibung verändern. Erkenntnistheoretisch ist diese Interaktion als wechselseitiger und selbstbezüglicher Prozess zweier Teilnehmer zu beschreiben, die auch als»analytisches Paar«bezeichnet werden können. Die Kommunikation zwischen dem Patienten und dem Analytiker besteht dann in der Teilnahme an der Kommunikation im Austausch der Beobachtung der Teilnahme sowie in der beobachteten Beobachtung der Teilnahme. Die situativ gefundene Interpretation der Beziehung mittels der Übertragungsdeutung besitzt keinen objektiv-deterministischen Realitätsgehalt mehr, sondern ist eine Wirklichkeitskonstruktion, also eine für eine begrenzte Zeit zwischen beiden hergestellte Konsenswirklichkeit. Sie kann zugunsten einer besser passenden Konsenswirklichkeit wieder aufgegeben werden. Die angestrebte Strukturveränderung im Patienten wird durch eine Strukturveränderung des Systems Analytiker-Patient-Beziehung bewirkt, indem eine neue gegenüber der alten neurotischen Wirklichkeitskonstruktion gefunden wird. Diese Vorstellung entspricht gut heutigen wissenschaftlichen Paradigmen anderer Wissenschaften. Diesen Überblick zusammenfassend können damit folgende psychoanalytischen Übertragungskonzeptionen voneinander unterschieden werden: das intrapsychische Paradigma die zu diesem Paradigma gehörenden Bündniskonzepte einer Aufgliederung von Übertragung und Arbeitsbeziehung die gezielte Übertragungsbeeinflussung im Hinblick auf eine korrigierende emotionale Erfahrung

13 Übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie 11 Formen des intersubjektiven Paradigmas und das dazugehörige sozial-konstruktive Paradigma der Übertragung 3. Übertragungskonzeptionen in der KIP Wie verstehen wir vor diesem Hintergrund unsere Beziehung als KIP-Therapeut zum imaginierenden Patienten? Welchen Einfluss auf dessen Imaginationsgeschehen nehmen wir an? Welcher Übertragungsidee folgen wir als KIP-Therapeuten? Kehren wir noch einmal zur Taucher-Metapher zurück: Innerhalb einer vertrauensvollen, positiv getönten anaklitischen Übertragung soll der Imaginierende, durch einen»versorgungsschlauch«mit dem Therapeuten an Deck des Schiffes verbunden, sein Unbewusstes auf dem Meeresboden erkunden. Mit dem Begriff der»projektionsneurose«hatte Leuner diese Auffassung konzeptualisiert: Der Patient projiziert seinen seelischen Zustand auf eine imaginäre Leinwand, und der Therapeut sitzt daneben, schaut zu, begleitet, regt an, ist dadurch mit angerührt und innerlich beteiligt und hilft dem Patienten bei der Selbstauseinandersetzung mit seinen»inneren Dämonen«. Dieses Konzept entspricht m. E. ganz dem Bündniskonzept einer Dichotomisierung von Beziehung und Übertragung: Hier die positive therapeutische Beziehung dort die innere Situation mit all ihren Übertragungsverzerrungen in den projizierten Bildern. Der Beitrag des KIP-Therapeuten zum Imaginieren wird wie beim Bündniskonzept zu den nicht-übertragungsbedingten Elementen gezählt. Seine Gegenübertragung wird als kontrolliert und damit unbedeutend angenommen. Man kann demgegenüber aber auch eine Position einnehmen, die dem Beziehungsgeschehen eine wesentlich geringere Bedeutung beimisst, und annehmen, dass der therapeutische Gewinn der Imagination vor allem von der imaginativen Kraft symbolischer Prozesse bestimmt wird. Dies war möglicherweise die Auffassung des frühen Hanscarl Leuner, dem bei seinen ersten Entwicklungen des Katathymen Bilderlebens die Freud sche Psychoanalyse noch weitgehend unbekannt war und der damals Vorstellungen der autonomen Psyche nach C. G. Jung vertrat (Leuner 1995). Im Zentrum steht dann die Symbolik des Imaginationsgeschehens, nicht die Beziehungsanalyse. Die Position von Franz Alexander, dem Patienten eine»emotional korrigierende Erfahrung«zu ermöglichen, scheint mir in den letzten Jahren auch in der KIP zunehmend Verbreitung zu finden. Viele Therapeuten verfolgen das Ziel, dass es dem Patienten in den Therapiestunden möglichst besser gehen soll als im realen Leben. Sie lassen deshalb»gute«und»angenehme«orte imaginieren. Dies ist in

14 12 Ulrich Bahrke psychotraumatologischen Behandlungen notwendig und angemessen, als generelle Haltung jedoch handelt es sich um einen Gegenübertragungswiderstand: Die Therapeuten wehren auf diese Weise negative Übertagungen ab. Sie möchten»gute«i. S. von nährenden Therapeuten sein und dem Patienten in der Therapie das geben, was er in seiner biographischen Entwicklung bislang schmerzhaft hat vermissen müssen. Dies wäre die Position einer bewussten oder unbewussten Übertragungsmanipulation unter Ausnutzung der suggestiven Möglichkeiten, wie sie die Imagination bietet. Eine heute häufig anzutreffende Position ist die, das Übertragungsgeschehen in einer KIP-Therapie durchgängig vor, während und nach der Imagination»mitzulesen«. Also bedacht zu sein, was der Patient mit mir als Therapeuten»macht«, wie er mich»behandelt«und wie er mich in seine Imaginationen»einbaut«und darin»darstellt«.»immer auch bin ich gemeint«ist die dann typische Brille eines an herkömmlichen analytischen Standpunkten geschulten KIP-Therapeuten. Eine solche Beachtung der Übertragung verbleibt weitgehend im intrapsychischen Paradigma, wenn sie einseitig auf die Aktivitäten des Patienten fokussiert im intersubjektiven Paradigma befinden wir uns erst dann, wenn wir darüber hinaus die Auffassung vertreten, der Therapeut sei an den Imaginationen»beteiligt«. Diesen wichtigen Unterschied soll ein Beispiel verdeutlichen: In einem Ausbildungskurs möchte ich die Teilnehmer am letzten Tag mit dem Motiv des»waldrandes«vertraut machen und rege eine von mir vor den Teilnehmern mit einem hierzu bereiten Kollegen durchgeführte Imagination an. Sofort meldet sich ein etwas jüngerer Kollege und setzt sich auf den Protagonisten-Stuhl neben mich. Er findet sich auf einer Wiese ein, beschreibt links einen dunklen Waldrand und erkennt dort einen kleinen, gebeugten Mann mit einem spitzen, hohen Hut, der irgendwie aus der Erde krieche. Der imaginierende Kollege fühlt sich belustigt. Dennoch verspürt er nach einiger Zeit den Wunsch nach einer Begegnung. Dieser Mann aber»schweife«dort am Waldrand entlang, näher kommend, plötzlich auch dicht an ihm vorbei. Nach meinem Eindruck ängstigt ihn das, und so schlage ich ihm eine Distanzierung vor. Er greift das auf und zieht sich vom Waldrand etwas auf eine Anhöhe zurück und meint:»dann bin ich über ihm.«von hier aus kann er erstmals das Gesicht des Mannes erkennen, dieser habe gütige Augen und erinnere ihn an einen älteren Psychotherapie-Professor. Diesen würde er gern treffen, ihm näher kommen, der interessiere ihn»aber ob der sich auch interessiert?«er habe den Wunsch,»von ihm gesehen, angenommen zu werden«,»angenommen zu werden, wie ich bin.«und er äußert Sorge, dass dem nicht so sein könnte, dieser kein Interesse an ihm habe, ihn zurückweisen könnte. Es folgt eine lange Sequenz, wo er mit mir diesen Konflikt verhandelt, ich mit ihm seine Ambivalenzen und Möglichkeiten in dieser Situation durchgehe, was dem Kollegen viel innere, ihn anstrengende Arbeit abverlangt. Er überlegt: Soll ich

15 Übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie 13 ihn anzusprechen? Ihn vorbeigehend grüßen? Die Begegnung verschieben? Was spricht dafür, was dagegen, usf. Damit endet die Imagination. - Wie können wir dieses imaginative Geschehen auffassen? Deutlich ist die initiale Entwertung des erfahrenen Lehrers, einer väterlichen Mentorenfigur, wie auch ich sie in dem Kurs verkörperte. Als einer Art Erdwurm wird mir zwar ein Zauberhut aufgesetzt, ich werde als Harry Potter-Gestalt verulkt und zugleich magisch ausgestattet, aber als»klein«und»gebeugt«gekennzeichnet, womit der Imaginierende seine Angst, von mir als Kursleiter entwertet zu werden, auf mich projiziert: Mich entwertend würde die befürchtete Entwertung nicht stattfinden können. Hinter der Entwertungsangst ist der Kontaktwunsch groß: Der Kollege meldete sich sofort für den Protagonistentraum und verhandelt das Thema der Nähe zu einem von ihm bewunderten Mann in der Imagination. Er wünscht sich in seinem Selbstaspekt, auch so sein, vielleicht auch so wie ich hier einen Kurs leiten zu können. Vorübergehend muss er sich über mich erheben, um dann»gütige Augen«zu bemerken, die seine zu vermutende biographisch bedingte Angst vor Entwertungen durch Vaterfiguren als»übertragungsverzerrung«(im herkömmlichen Sinne) erkennen lassen. Er ist beschäftigt mit seinem Selbstwertproblem und dem Wunsch, mir und anderen Vatergestalten auf Augenhöhe zu begegnen. Am Ende des Kurses kam er noch einmal auf mich zu und verabschiedete sich mit einem Handschlag und bekam ihn in aufrichtiger Wertschätzung seiner mutigen Selbstauseinandersetzung gern von mir zurück. Wie nun kam diese Imagination zustande? Hat er mich in seine Imagination einbauend das imaginiert? Oder haben w i r diese Imagination gemeinsam hervorgebracht? Anders gefragt: Konnte er diese Bilder aus seiner inneren Konfliktsituation heraus imaginieren, weil sich punktuell zwischen uns eine gute therapeutische Beziehungssituation hergestellt hatte? Oder konnte er sie darüber hinaus nur deshalb imaginieren, weil sie einer spezifischen Situation hier mit mir im Kurs und einem dadurch aktualisierten Konflikt entsprangen? Konnte er also nur mit mir und hier so imaginieren? Dies zu bejahen bedeutet, sich als KIP-Therapeut im intersubjektiven Paradigma zu bewegen: Ich frage mich dann nicht nur, was setzt mir der Patient hier für einen Hut auf, sondern ebenso, wodurch ich, beispielsweise durch meine Art diesen Kurs zu leiten, seine Entwertungsfurcht ebenso wie seinen Impuls, sich mit dieser jetzt und hier auseinanderzusetzen, mit aktualisierte. Die Übertragungs-Gegenübertragungsdynamik geht somit ganz in den Imaginationsvorgang ein: Jede meiner Äußerungen, alles, was ich sage oder auch nicht sage, ja selbst meine bloße Anwesenheit wird dann Teil des Imaginationsvorgangs. Wie ich vom Patienten behandelt werde, welche Reaktionen dies auslöst und wie ich darauf reagiere all das wird dann auch Teil der katathymen Bilderwelt.»Katathym«ist dann nicht ein unabhängig vom Therapeuten aus dem Gemüt aufsteigendes

16 14 Ulrich Bahrke bildhaftes Gefühl, sondern diese gefühlshaften Bilder sind Ausdruck der durch die Übertragung mobilisierten Beziehungswünsche und deren Abwehr. Wünsche und Ängste aus verinnerlichten Beziehungserfahrungen verbinden sich mit dem, was die therapeutische Beziehung gerade konkret anspricht und auslöst. Analog verstehen wir den Traumbericht in der Psychoanalyse: Wann welcher Traum wie berichtet wird ist eine Funktion der Übertragung. Für diese komplexe Dynamik hat Nohr (2006, S. 8) eine bildhafte Veranschaulichung vorgeschlagen:»wenn ich die ersten Worte einer Imagination höre, dann schwimme ich, um hilfsweise eine Metapher zu gebrauchen, bereits tief in einem Fluss, dessen eines Ufer von mir, dessen anderes vom Patienten gebildet wird und dessen Wasser und Fließart eine Vermischung unserer beider emotionalen und geistigen Substanz bildet. Das Wasser stellt ein Gemisch aus permanent hin und hergehenden projektiven Besetzungen von Repräsentanzen des Anderen dar Es gibt Plätze am Ufer, von denen aus ich Überblick über das Ganze anstreben kann, und wohl kann ich beim Schwimmen den Kopf über Wasser behalten oder immer mal eine Insel ansteuern, ebenso wie der Patient dies kann Andere Inseln bilden oder erreichen wir gemeinsam, wenn es gelungen ist, eine der vielen Wunsch-Abwehr-Verstrickungen durch Einfühlung und Verstehen zu lösen.«in einem solchen intersubjektiven Verständnis bestehen natürlicherweise während der Therapiestunde auch keine zwei voneinander zu trennenden Räume, etwa der Raum des Vor- und Nachgesprächs und davon abgegrenzt der Raum der Imagination: Der gesamte therapeutische Raum wird vom Übertragungs-Gegenübertragungsgeschehen bestimmt und lässt eine solche Unterscheidung nicht zu. Und schließlich ist auch die die KIP besonders charakterisierende einleitende Interventionstechnik der Motivvorgabe Teil des Übertragungs-Gegenübertragungsgeschehens:»Indem der Therapeut eines der erprobten Standardmotive, die nachgewiesenermaßen vorrangig bestimmte Erlebnis- und Konfliktthemen ansprechen, aussucht und dem Patienten vorschlägt, geht er einer inneren Hypothese oder intuitiven Phantasie über das nach, was er in der aktuellen therapeutischen Situation für prozessfördernd hält. Der Vorschlag eines Motivs ist insofern ein Verständnisangebot des Therapeuten für die Situation des Patienten und beruht auch auf der Symbolisierung seiner Gegenübertragung. Daher ist die Motivvorgabe zutiefst in die Dynamik der therapeutischen Beziehung eingebettet. Das bedeutet, dass die Wahl eines bestimmten Motivs auf Therapeutenseite ebenso einem Gegenübertragungswiderstand, wie auf Patientenseite die Art und Weise der Aufnahme der therapeutischen Motivanregung Abwehrzwecken dienen kann«(bahrke und Nohr, 2005, S. 89). Zusammenfassend können wir damit in einer Hierarchie der Bedeutungsverstärkung der Übertragungsbeziehung folgende Übertragungskonzeptionen in der KIP voneinander unterscheiden:

17 Übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie Imaginations- und Symbolpriorität einer von der Übertragung unabhängig angenommenen autonomen Psyche, die katathyme Imaginationen hervorbringt. 2. Dem intrapsychischen Paradigma folgende Bündniskonzepte: Auf der Grundlage einer hilfreichen therapeutischen Beziehung projiziert der Patient seine Innenwelt in die Imaginationen dies entspricht Leuners Konzept der Projektionsneurose. Die Übertragung wird von der Beziehung getrennt behandelt und»draußen«bearbeitet, bei den Verzerrungen der Selbst- und Objektbilder in der allgemeinen Lebenssituation oder in den imaginativen Projektionen einer»arbeit am Symbol«. 3. Die Übertragung wird mit dem Ziel wiedergutmachender positiver Beziehungserfahrungen suggestiv manipuliert. 4. Im Rahmen des intrapsychischen Paradigmas wird die Übertragung in allen Äußerungen des Patienten innerhalb und außerhalb der Imaginationen»mitgelesen«und insofern sie den therapeutischen Prozess im Sinne eines Übertragungswiderstandes stagnieren lässt gedeutet und bearbeitet. 5. Im Rahmen des intersubjektiven Paradigmas werden alle Äußerungen des Patienten innerhalb und außerhalb der Imaginationen als von der Übertragungs- Gegenübertragungsdynamik bestimmt aufgefasst. Sie ist maßgeblich für das, was der Patient imaginiert. Der KIP-Therapeut reflektiert fortlaufend seinen eigenen Einfluss auf das von ihm beobachtete Beziehungssystem und Imaginationsgeschehen. Untersuchungen klinischen Fallmaterials könnten auf diesen Überlegungen aufbauend der Frage im Detail weiter nachzugehen, wie wir KIP-Therapeuten unsere Beziehung zum jeweilig imaginierenden Patienten verstehen und welchen Einfluss wir auf dessen Imaginationsgeschehen jeweils annehmen also der Frage, welcher Übertragungskonzeption wir in dieser konkreten Behandlung implizit und warum folgen.

18 16 Ulrich Bahrke Literatur Alexander, F., French P. M. (1946): Psychoanalytic therapy. New York: Roland Press Bahrke, U., Nohr, K.: Katathym Imaginative Psychotherapie: Eine Positionsbestimmung. Imagination 26/4 (2005) Bahrke, U. (2007): Katathym Imaginative Psychotherapie vom Konzept der Projektionsneurose zum tiefenpsychologisch fundierten Behandlungsverfahren. In: Hennig, H., Fikentscher, E., Bahrke, U., Rosendahl, W.: Beziehung und therapeutische Imagination. Katathym Imaginative Psychotherapie als psychodynamischer Prozess. Lengerich: Papst Science Publishers, S Deserno, H. (1994): Die Analyse und das Arbeitsbündnis. Frankfurt: Fischer Eissler, K. R. (1958): Variationen in der psychoanalytischen Technik. Psyche 13, Ferenczi, S., Rank, O. (1924): Entwicklungsziele der Psychoanalyse. Wien: Internationaler Psychoanalytischer Verlag Freud, S. (1912 a): Ratschläge für den Arzt bei der psychoanalytischen Behandlung. Frankfurt: Fischer 1989, GW 8, Freud, S. (1912 b): Zur Dynamik der Übertragung. Frankfurt: Fischer, 1989, GW 8, Freud, S. (1975): Schriften zur Behandlungstechnik. Freud-Studienausgabe, Ergänzungsband. Frankfurt: Fischer Gill, M. (1996): Die Übertragungsanalyse. Frankfurt: Fischer Greenson, R.R. (1965): The working alliance and the transference neurosis. Psychoanalytic Quarterly 34, Hennig, H. (2007), Fikentscher, E., Bahrke, U., Rosendahl, W.: Beziehung und therapeutische Imagination. Katathym Imaginative Psychotherapie als psychodynamischer Prozess. Lengerich: Papst Science Publishers Klein, M. (1946): Notes on some schizoid mechanisms. International Journal of Psycho-Analysis 27, Klein, M. (1952): The origins of transference. International Journal of Psycho-Analysis 33, Leuner, H. (1985): Lehrbuch des Katathymen Bilderlebens. Bern, Stuttgart, Toronto: Huber Leuner, H. (1995): Psychotherapie im Nachkriegsdeutschland: Persönliche Erinnerungen an meine großen Lehrer. Göttingen: Katathymer Bilderbote, Heft 7 Mertens, W., Waldvogel, B. (Hg.) (2000): Handbuch psychoanalytischer Grundbegriffe. Stuttgart, Berlin, Köln: Kohlhammer Nohr, K. (2006):»Meine Seele hört im Sehen«Zum szenischen Charakter des therapeutischen Umgangs mit katathymen Imaginationen. Imagination 28/4, 5 29 Sandler, J. (1983): Die Beziehung zwischen psychoanalytischen Konzepten und psychoanalytischer Praxis. Psyche 37, Zusammenfassung Ausgehend von der Taucher-Metapher, mit der Hanscarl Leuner seine Auffassung von der therapeutischen Beziehung während der Imagination beschrieben hatte, werden unterschiedliche Konzeptionen der Übertragungsbeziehung in der KIP dargestellt und diskutiert. Dazu wird die Geschichte der Übertragungskonzeptionen

19 Übertragungskonzeptionen in der Katathym Imaginativen Psychotherapie 17 in der Psychoanalyse rekapituliert, in der die Frage des Einflusses des Analytikers auf die Übertragung unterschiedlich beantwortet wurde und wird. Diese Darstellung bildet die Hintergrundfolie dafür, den Einfluss des KIP-Therapeuten auf das Imaginationsgeschehen zu diskutieren. Es werden in einer Hierarchie der Bedeutungsverstärkung fünf Übertragungskonzeptionen in der KIP formuliert und an einem Beispiel erläutert. Keywords Übertragung therapeutische Beziehung Imagination Autor PD Dr. med. Ulrich Bahrke, Psychoanalytiker (DPV/IPA) und Lehranalytiker (DGPT) Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Facharzt für Neurologie/Psychiatrie Sigmund-Freud-Institut Frankfurt, Myliusstraße 20

20 18 Brigitte Spreitzer Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur Brigitte Spreitzer Symbol, Symbolisierungsvorgänge, Symbolinterpretation stellen für die Katathym Imaginative Psychotherapie als Methode, welche die Imagination in den Mittelpunkt der Behandlung rückt, ein ganz zentrales Arbeitsfeld dar. Dieses Arbeitsfeld kann theoretisch per se gar nicht anders als interdisziplinär begangen werden, steht doch die Definition des Symbols wissenschaftsgeschichtlich von Beginn an im Schnittpunkt verschiedenster Fachdisziplinen:»Die Ubiquität symbolischer Erscheinungen hat zur Folge, dass nahezu alle Wissenschaftsdisziplinen den Symbolbegriff verwenden und dessen Inhalt zu definieren suchen.«(hamm 2003, S. 805) Im Folgenden wird eine Annäherung an die Thematik aus literaturwissenschaftlicher Sicht unternommen, mit der 2009/2010 in der Grazer Jour-fixe-Reihe der ÖGATAP in den Fokus gerückten Intention, aus der Perspektive umliegender Wissenschaftszweige den Blick auf den Symbolbegriff zu lenken, um mögliche Synergie-Effekte in der Begegnung der KIP mit anderen Disziplinen zu erkunden. Begriffsgeschichtliches Da das Symbol keinen Platz in der antiken Rhetorik fand, also nicht zu den Tropen, den klassischen Stilmitteln, gezählt wurde, liegt der Ort seiner systematischen Untersuchung bis ins 18. Jahrhundert außerhalb der Zuständigkeit der Literaturwissenschaft im Gebiet von Philosophie und vor allem Theologie. Erst um 1800 beginnt sich die Literaturtheorie mit dem Sujet zu beschäftigen; das Symbol wird ab nun zu einem zentralen Begriff der Ästhetik.»Dies geschieht in dem Moment, in dem die Fähigkeit, Symbole nicht allein wahrzunehmen, sondern autonom zu setzen, in ein[e]s der vornehmsten Vermögen des Subjekts verwandelt wird.«(brecht 2005, S. 186) Das ästhetische Konzept des Symbols ist somit eng verknüpft mit dem in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts einsetzenden

21 Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur 19 Prozess der Autonomisierung von Literatur und Kunst, dem Versuch der Loslösung eines zweckfreien Ästhetischen aus externen, insbesondere aus religiösen Bindungen. Erst vor diesem Hintergrund wird Goethes (die Diskussion für lange Zeit prägende und dominierende) Aufwertung des Symbols gegenüber der mit fester christlicher Bedeutung versehenen Allegorie verständlich. Wenn er mit einer Maxime wie Das ist die wahre Symbolik, wo das Besondere das Allgemeinere repräsentiert, nicht als Traum und Schatten, sondern als lebendig-augenblickliche Offenbarung des Unerforschlichen (Goethe 1953, S. 471, Nr. 752) dem Symbol quasi metaphysische Dignität zu verleihen scheint, ist es gerade die zunehmende Säkularisierung, die diese Behauptung möglich macht: Was bislang noch dem Bereich der Transzendenz angehörte, für den Gott zuständig war, ist jetzt durch den Künstler sprachlich evozierbar. Das prominente Mittel dieser immanenten Metaphysik ist das Symbol. Die gerade aus diesem Paradox resultierende weltanschauliche Aufladung des Begriffs (Hamm 2003, S. 817) ist es auch, die poststrukturalistische Kritiker auf den Plan rufen wird, um der Präsenz-Metaphysik des Symbols die rhetorische Aufrichtigkeit der Allegorie entgegenzuhalten. Darauf werde ich im Folgenden noch zurückkommen. Wirft man einen Blick auf den philosophisch-ästhetischen Diskurs von Goethe über die Romantik bis ins ausgehende 19. Jahrhundert, scheint es, als sei die Konzeption des Symbolbegriffs eine Antwort auf die Überforderung durch den Prozess der Säkularisierung, Rationalisierung und Individualisierung, der das Subjekt aus der Überzeugung seines metaphysischen Aufgehobenseins entlässt und zur allein sinngebenden Instanz macht. Dem Symbol wird das Vermögen zugeschrieben, den»riss zwischen Natur und Kunst, zwischen Bewusstem und Unbewusstem ( ), zwischen den Menschen und den Dingen«kitten und sie»noch einmal ( ) in der ganzen Welt heimisch werden lassen«zu können. (Jacob 2005, S. 164 f.) So behauptet etwa Novalis: Die Welt ist ein Universaltropus des Geistes Ein symbolisches Bild desselben. (Novalis 1965, S. 600) A. W. Schlegel postuliert: Das Schöne ist eine symbolische Darstellung des Unendlichen. (Schlegel 1989, S. 248) Und Friedrich Th. Vischer, ein einflussreicher Literaturwissenschafter und Ästhetiker, schwärmt: Das Schöne, die Kunst, die Poesie einigt [im Symbol ] das vom gemeinen Verstand in zwei Hälften zerrissene Weltall wieder, faßt Geist und Natur wieder in eines zusammen, hebt uns weg über die unschöne Prosa, welche die Welt in zwei Teile zersägen will. Es kann im Universum alles ursprünglich nur eines sein, Ausstrahlung von einem und demselben Grundwesen; und diese Einheit wird im Schönen wieder hergestellt. (Vischer 1907, S. 99) Aussagen wie diese sind ein Zeugnis des Bemühens, fraglich gewordene Transzendenz durch die Symbolisierungsfunktion der Kunst wiederzugewinnen. Der Symbolbegriff der Literatur(wissenschaft) steht damit letzten Endes in einer Traditionslinie, die von Plato ausgeht: Bei Plato ist σύμβολον das Gegenstück, das jedes menschliche Wesen, angetrieben von έρως, sucht, um mit ihm wieder zur ursprünglichen Einheit zu verschmelzen

22 20 Brigitte Spreitzer (Historisches Wörterbuch der Philosophie 1998, Sp. 710). Das Symbol erscheint hier als natürlicher Teil eines organischen Ganzen entsprechend der ursprünglichen Bedeutung von σνμβάλλειν als zusammenwerfen bzw. zusammenfügen. Es ist psychodynamisch betrachtet demnach das als heilsam empfundene Erleben einer (fantasmatischen) Wiederherstellung ursprünglicher Ganzheitserfahrung durch Symbolfindung, aus welchem sich der Symbolbegriff von Philosophie, Religion und Ästhetik speist. Die scharfe Kritik des Dekonstruktivismus am Symbolbegriff arbeitet sich seit den 70ern des 20. Jahrhunderts mit ideologiekritischer Brisanz gerade an dessen Einheitspostulaten ab: In der Germanistik des Dritten Reichs war die seit 1800 zu verzeichnende Konjunktur des Symbolbegriffs an ihrem Höhepunkt angelangt das Symbol stand in einschlägigem Zusammenhang für das Organische, Tiefgründige, nur arational zu Fühlende, nicht rational zu Begreifende. (Kurz 2004 b, S. 182) Paradigmatisch für diese Auseinandersetzung steht der Name des Literaturtheoretikers Paul de Man, der in seinem 1969 erschienenen Essay Die Rhetorik der Zeitlichkeit die Allegorie in Opposition zum Symbol als die dem poststrukturalistischen Denken angemessene Denkfigur hypostasiert und sich damit gegen die Symbolauffassung Goethescher Prägung und deren Privilegierung gerade umgekehrt des Symbols gegenüber der Allegorie wendet. Dabei geht es nicht so sehr um den Austausch literaturwissenschaftlicher Spitzfindigkeiten, sondern um das Beziehen einer weltanschaulichen Position durch die Neudefinition des Subjekts, das unter dekonstruktivistischem Blick seine Innerlichkeit verliert und sich gänzlich als nur in und durch Sprache erzeugt entpuppt. Mit Bedacht auf ihre oft sogar explizite Verweisstruktur, die mit ihrem»dies = das«sinnproduktion als rhetorischen Vorgang ausstellt, vermag die Allegorie nach de Man genau dies zu repräsentieren: Sie zolle der durchgängigen Zeichenhaftigkeit der Welt ihren Tribut, während das Symbol als in den bereits zitierten Goethe-Worten lebendig augenblickliche Offenbarung des Unerforschlichen die Semiose durch die suggestive Vorspiegelung präsenten Sinns ideologisch stillzustellen scheine. (Drügh 2005, S. 141) Was im Umkreis Goethes dem Allegorischen abwertend vorgeworfen wurde nämlich seine nur indirekte, nur über eine semiotische Kluft hinweg existente Verbindung mit dem Bezeichneten gegenüber der unmittelbaren Evidenz des Symbolischen (Drügh 2005, S. 140 f ), mutiert nun zum Vorzug: Während das Symbol die Möglichkeit einer Identität oder Identifikation postuliert, bezeichnet die Allegorie in erster Linie eine Distanz in bezug auf ihren eigenen Ursprung, und indem sie dem Wunsch und der Sehnsucht nach dem Identischwerden entsagt, richtet sie sich als Sprachform in der Leere dieser zeitlichen Differenz ein. Damit bewahrt sie das Ich vor einer illusionären Identifikation mit dem Nicht-Ich, das nun erst, wenn auch unter Schmerzen, ungeschmälert als Nicht-Ich erkannt wird. (de Man 2009, S. 323)

23 Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur 21 Allegorie und Symbol werden somit in den Zusammenhang einer psychostrukturell grundierten Subjektphilosophie gestellt, derzufolge die Allegorie für reife Differenzakzeptanz, das Symbol für narzisstisches Identitätsbegehren steht. Damit war der Symbolbegriff in der Literaturwissenschaft für lange Zeit ideologisch tabu, ohne dass die Philologien im engeren Sinn ganz auf ihn verzichtet hätten. Ein Wiederaufleben des Interesses ist erst mit dem allmählichen Abflauen des Dekonstruktivismus ab den späten 90ern zu verzeichnen. Inzwischen kann auf der Basis einer differenzierten Begrifflichkeit wieder mit dem Terminus gearbeitet werden: Das Symbol ist der Tropus sekundärer Naturalisierung schlechthin, es macht sich an Dingen fest oder besser: behauptet, selbst Ding zu sein. Eine Rehabilitation des Symbolbegriffes ( ) geht von der Einsicht aus, dass diese Naturalisierungseffekte unumgänglich sind, dass sie nicht per se suspekt sind, sondern eine positive, kulturpoetische Funktion haben. ( ) Jede kulturwissenschaftliche Analyse, die heute mit dem Symbolbegriff arbeiten will, steht daher vor einer doppelten Aufgabe: Zum Einen hat sie die Herkunft des Symbols und seiner naturalisierenden Wirkung zu bestimmen, also eine Art Etymologie des Symbols zu betreiben, zum Anderen wird sie die Stellung des betreffenden Symbols im kontextuellen Gefüge seiner Kultur beschreiben, also eine Semiotik des Symbols leisten müssen. (Baßler 2005, S. 277f.) Mit dem positiven Resultat einer Entessentialisierung des Begriffs durch den Dekonstruktivismus fokussiert die gegenwärtige Literaturwissenschaft auf Symbolisierungsprozesse als sprachliche Praxis und die daraus resultierende Frage, wie diese Prozesse symbolischer Signifikation rhetorisch funktionieren eine Blickrichtung, die auch für eine psychoanalytisch orientierte psychotherapeutische Praxis nicht unerheblich ist, geht es hierbei mit Freud doch ebenfalls (wenn auch, wie wir inzwischen besser wissen, nicht nur) um den Austausch von Worten. Die Analyse des Wie dieses Austauschs methodisch zu schärfen und die sprachliche Vermittlung von psychisch generierten Symbolen in Rechnung zu stellen, wäre als synergetischer Effekt interdisziplinärer Begegnung zu verzeichnen. Was ist ein Symbol? Gerade dass das Symbol, wie bereits angeführt, nicht zu den klassischen rhetorischen Mitteln gezählt wurde, dass es keine rhetorische Figur im engeren Sinn ist, führte zu den hier nur angerissenen essentialistischen Definitionen einerseits und zu anhaltenden Begriffsverwirrungen andererseits. Der folgende Versuch der

24 22 Brigitte Spreitzer Entwirrung versteht sich nur als kursorischer und greift in erster Linie das heraus, was für die KIP von Interesse sein könnte. Als Reaktion auf die ideologische Vereinnahmung des Symbols im Nationalsozialismus wurde der Begriff in der Literaturwissenschaft lange Zeit überhaupt vermieden und inkonsequent allerdings durch die Termini Bild und Metapher, bisweilen auch Allegorie ersetzt. (Kurz 2000, S. 109; 2004a, S. 70). In Folge können die ersteren beiden als Überbegriff erscheinen, unter dem Phänomene wie Symbol, Allegorie, Metonymie und andere Formen sogenannter bildhafter Rede subsumiert werden. Inzwischen plädiert die Literaturwissenschaft jedoch erneut für eine Feindifferenzierung der Begriffe, da insbesondere die Verwendung der Metapher als übergeordnete Kategorie eine präzise Unterscheidung zwischen Symbol und Metapher (Kurz 2000, S. 114.) und damit auch die Unterscheidung zwischen den sprachlichen Operationen der Metapher im engeren Sinn und der immer auch außersprachlichen Referenzialisierung des Symbols verunmöglicht. Psychoanalytisch betrachtet ist es keineswegs einerlei, ob uns im Dialog mit den KlientInnen Metaphern oder Symbole begegnen. Worin die psychodynamisch bedeutsamen Unterschiede liegen, wäre zu diskutieren. Zur Differenzierung beider Begriffe ist es entscheidend, dass die Metapher im Gegensatz zum Symbol als Tropus, als rhetorische Figur, zu klassifizieren ist. Ihre Konstruktion unterliegt mithin einem bestimmten sprachlichen Verfahren. In ihrer Grundstruktur ist die Metapher eine widersprüchliche Prädikation:»Sie sagt zugleich dies ist das und dies ist das nicht. In der verbreiteten Metapher das Haus Europa z. B. werden die semantisch inkongruenten Wörter Haus und Europa prädikativ aufeinander bezogen ( übertragen ). Eine semantische Kongruenz soll erzeugt werden ( stelle dir Europa als ein Haus vor ), ohne die semantische Inkongruenz zu tilgen.«(kurz 2004b, S. 183) Wegen dieser semantischen Inkongruenz fällt die Metapher auf: Sie evoziert ein Wortbewusstsein im Gegensatz zum Symbol, das keine semantische Inkongruenz hervorruft und ein Gegenstands- oder Handlungsbewusstsein erzeugt. Metaphorizität ist keine Eigenschaft von Wörtern an sich wie die inzwischen überholte Definition der Metapher als uneigentliche Rede suggerierte, sondern konstituiert sich im jeweiligen kommunikativen Kontext: Die Aussage Willi ist ein Schaf kann je nach Kontext metaphorisch oder wörtlich gemeint sein; die Blumen lachten ist in einem Märchen wörtlich zu verstehen, in einem lyrischen Text metaphorisch, in der Rede einer PsychotikerIn wiederum wörtlich, einer KlientIn mit erhaltenem Realitätsbezug metaphorisch usf. Kleinster gemeinsamer Nenner (nicht nur) literaturwissenschaftlicher Definitionen des Symbols ist nun die Betonung seiner tendenziellen Referenz auf ein konkretes, empirisches Element, auf die sinnliche Repräsentation und Wahrnehmbarkeit. Genau dies war schon in der ursprünglichen Bedeutung von Symbol als Bezeichnung für unter Gastfreunden ausgetauschte, zu diesem Zweck zuvor zerbrochene oder zerschnittene Kennzeichen (Würfel, Ring u. ä.) gegeben. (Hamm

25 Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur , S. 808). Operiert die Metapher auf der Mikroebene von Sprache (Lexik, Semantik, Grammatik, Pragmatik), konstituieren sich die Bedeutungsebenen eines Symbols mit dem entscheidenden Beschreibungsmerkmal der außersprachlichen Referenz auf der textuellen Makroebene. Symbol und Metapher stehen daher nicht in einem Entweder-oder-Verhältnis, wie sich an folgendem Beispiel, einem Ausschnitt aus Ingeborg Bachmanns Gedicht Mein Vogel, gut nachvollziehen lässt: ( ) Wenn auch im Nadeltanz unterm Baum die Haut mir brennt und der hüfthohe Strauch mich mit würzigen Blättern versucht, wenn meine Locke züngelt, sich wiegt und nach Feuchte verzehrt, stürzt mir der Sterne Schutt doch genau auf das Haar. Wenn ich vom Rauch behelmt wieder weiß, was geschieht, mein Vogel, mein Beistand des Nachts, wenn ich befeuert bin in der Nacht, knistert s im dunklen Bestand, und ich schlage den Funken aus mir. ( ) (Bachmann 1978a, S. 96f.) Die fett gedruckten Wendungen sind Metaphern, die ihren Bedeutungsgehalt aus dem Symbol des Feuers beziehen. Wie wird nun in einem Text etwas zu einem Symbol? Als kommunikative Grundvoraussetzung kann gelten, dass wir literarischen (und anderen) Texten prinzipiell Bedeutung unterstellen; d. h., wir sind potenziell immer bereit, etwas symbolisch zu verstehen. Dies gilt im Besonderen für den therapeutischen Dialog, in dem zunächst die im Symbolverständnis geschulte TherapeutIn, mit dem Fortschreiten des Prozesses in zunehmendem Maß aber auch die KlientIn tendenziell jede verbale und nonverbale Äußerung symbolisch decodiert. Es lassen sich jedoch spezifische Textkonstellationen beobachten, die ein symbolisches Verstehen provozieren: etwa eine kontextuelle Überbestimmung durch eine bestimmte Position im Text (meistens wiederholend, an Schlüsselstellen immer wieder auftauchend) bzw. eine kontextuelle Unterbestimmung (Unentschlüsselbarkeit auf der pragmatischen Verstehensebene, erratisches Element im Text). (Kurz 2004b, S. 184f.) Zu textinternen Verfahren der Provokation von Symboldeutung (Wiederholung, Antithese, prominente thematische Stellung, Betonung von Ereignissen, die nicht

26 24 Brigitte Spreitzer durch die Handlung motiviert sind etc.) treten textexterne Verfahren wie ein (bei literarischen Texten) künstlich herbeigeführter Bedeutungsmangel oder das Zitieren kulturell überlieferter Bedeutung. Intuitiv versuchen wir zunächst textintern zu deuten, erst dann lösen wir das Symbol aus dem Erzählkontinuum heraus und aktivieren unser kulturelles Gedächtnis, den jeweiligen kulturellen Wissensspeicher, um zu verstehen. Für die symbolische Bedeutung gibt es also im Gegensatz zur Metapher und anderen rhetorischen Figuren keine zwingende und ausschließliche Bindung an ein bestimmtes Textelement. Daher haben Symbole die Tendenz, sich auf den zugrunde liegenden thematischen Zusammenhang als ganzen zu beziehen. Aus diesem Grund werden sie als besonders eindringlich erfahren und erzeugen den Eindruck einer quasi naturwüchsigen Bedeutungsgebung. (Kurz 2004a, S. 89) Genau dieser psychologische Effekt, den Symbole auslösen können, macht auch ihre ideologische Anfälligkeit aus. Wie brisant Fragen des symbolischen oder pragmatischen Verstehens ideologiegeschichtlich werden können, zeigt die Jahrhunderte währende theologische Auseinandersetzung um die Transsubstantiation mit der Frage, ob Christi Worte beim Abendmahl Das ist mein Leib (Lk, 22,19) wörtlich oder symbolisch zu verstehen seien. Besteht die katholische Kirche auf dem ganz und gar wörtlichen Verständnis, vertritt Luther eine zwischen wörtlicher und symbolischer Auffassung stehende mittlere Position (Konsubstantiation Christus ist beim Abendmahl konkret zugegen, ohne selbst das Brot und der Wein zu sein) und beharrt schließlich Zwingli auf einer dezidiert symbolischen Auslegung: Brot und Wein symbolisieren den Leib und das Blut Christi, aber sie sind es nicht. (Lexikon für Theologie und Kirche 1986, Bd. 3, S. 1152, Bd. 6, S. 505, Bd. 10, S. 311f.) Die Versuchung ist groß, diese Diskussion mit Hanna Segals Symboltheorie zu vermitteln (Segal 1996) und Kirchengeschichte als Fortschreiten von der Stufe symbolischer Gleichsetzung (Katholizismus) zur Stufe symbolischer Repräsentation (Reformierte Kirche) zu überlegen. Mit U. Eco lässt sich resümieren, dass Symbolisieren keine bestimmte Art der Zeichenproduktion, sondern eine Textmodalität ist»eine Art und Weise, die Aspekte eines Textes herzustellen und zu interpretieren.«(eco 2009, S. 333) Eco betont darüber hinaus, dass Symbolisieren nicht nur als eine Modalität der Textproduktion, sondern auch als eine Modalität des Textgebrauchs begriffen werden muss. (Ebda, S. 334) Es versteht sich daher von selbst, dass Symbollexika nur von heuristischem Nutzen sind (Kurz 2004a, S. 97, Anm. 31) und den hermeneutischen Akt bestenfalls ergänzen, nicht jedoch ersetzen können. Die Tendenz älterer psychoanalytischer (Text-)Deutung, sich einer reduktiven Dechiffriermethode anhand eines festen Symbolkanons zu bedienen (Lohmann, Pfeiffer 2006, S. 335), beruht auf der nur ungenauen Lektüre Freuds, der zwar von Symbolen als irreduziblen Einsprengseln im Traum handelt und ihnen zunächst eine festgelegte und konstante, häufig sexuelle Bedeutung attribuiert (Freud 2003, S. 160), aber immer auch die subjektive Verwendung solcher Symbole, deren Einpassung in

27 Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur 25 den individuellen Kontext des Träumers betont. (Freud 2003, S. 161, 2001, S. 348) Symbolisieren in der Kommunikationssituation des therapeutischen Dialogs ist somit immer als interaktioneller Prozess zu betrachten: nicht nur auf der Ebene der Symbol-Deutung, die sowohl auf KlientInnen- als auch auf TherapeutInnenseite und in deren Ineinander stattfindet, sondern bereits auf der Ebene der Symbol-Gebung, die zwar primär von der KlientIn ausgeht, aber über das Übertragungs-Gegenübertragungs-Geschehen mit der TherapeutIn verbunden ist. Die Bedeutung von Symbolen kann daher immer nur individuell verstanden und intersubjektiv verhandelt werden. Was ist ein Bild? Von etwa 1930 an bis in die 80er-Jahre dominierte in der Literaturwissenschaft der Terminus Bild als Sammel- und Überbegriff für Metaphorik, Symbolik, Allegorie, Gleichnis etc. (Kurz 2000, S. 109) Die Bezeichnung Katathymes Bilderleben für die KIP durch Leuner im Jahr 1954 steht offenbar in dieser wissenschaftsgeschichtlichen Tradition, die eine sehr lange poetologische Geschichte hat: Horaz ut pictura poesis-formel prägte das Verhältnis von Literatur und Kunst bis in die Moderne. Dichten wird aus dieser Sicht als ein Malen mit Worten auf der Basis der rhetorischen Mittel bildhafter Rede begriffen. (Kurz 2000, S. 111ff.) Es ist allerdings zu betonen, dass der Begriff Bild in diesem Zusammenhang selbst metaphorisch ist, denn es handelt sich ja um Bilder aus Wörtern. Dasselbe gilt für die Bezeichnung bildern als bestenfalls metaphorischer Ausdruck für die imaginativen Prozesse in der KIP. Was der Begriff terminologisch leistet, ist die Fokussierung eines zentralen kognitiven Aspekts sprachlicher Figuren: die Aktivierung der Imagination. Besonders der deutsche Begriff Bild suggeriert dabei jedoch die Möglichkeit einer konkret und ausschließlich visuellen Vorstellung im Gegensatz zum englischen image, das neben dem visuellen Aspekt immerhin auch auditorische, olfaktorische, taktile, gustatorische und kinästhetische Konnotationen transportiert. (Kohl 2007, S. 11f.) Mittlerweile erfolgte aber auch in den Literaturwissenschaften eine Rezeption neuro- und kognitionswissenschaftlicher Diskussionen um den Bild-Begriff: Die zuweilen hitzig geführte imagery debate scheidet die Geister seit den 70ern an der (vereinfacht formulierten) Frage, ob wir tatsächlich Bilder sehen, wenn wir uns Bilder vorstellen. Proponenten der Auseinandersetzung sind Stephen Kosslyn als Vertreter des Piktorialismus und Zenon Pylyshyn als Befürworter des Deskriptionalismus. Kosslyn vertritt die These, dass die bildliche Vorstellung zumindest in ihren Grundzügen auf den gleichen kognitiven Prozessen beruht wie das tatsächliche Sehen eines Objekts. Pylyshyn dagegen argumentiert, dass das mentale Bild zwar subjektiv als Bild erfahren wird, tatsächlich aber immer an eine propositionale Repräsentationsebene

28 26 Brigitte Spreitzer gebunden ist. (Roeckelein 2004, S. 294ff.) Die simplifizierende Vorstellung bildlichen Denkens ist nach Pylyshyn eine Illusion, denn das, was wir als visuelles Denken erleben, erfordert in Wahrheit eine Sprache des Denkens, die selbst nicht bildlich ist. (Kohl 2007, S. 121) Für die bildhafte Sprache literarischer Erzeugnisse verweist Kurz auf die Irrtümlichkeit der Anschauung,»dass wir uns sinnliche, anschauliche Gegenstände nur in visuellen Vorstellungen vergegenwärtigen können. Selbst in imaginativen Akten entstehen nicht immer und notwendig mentale Bilder.«Appelliert wird»ineins an unsere Imaginationskraft und an unser Verständnis. Die Anschaulichkeit der Poesie ist ein Effekt ihrer Sprachlichkeit. Symbolische Evokation[en] von Gegenständlichkeit, Tropen und Figuren können eine emotionale und affektive Wahrnehmung oder Einstellung erzeugen, die über visuelle Vorstellung weit hinausgeht.«(kurz 2000, S. 114) Analog könnte man formulieren, dass auch die Anschaulichkeit der Imaginationen in der KIP ein Effekt ihrer Sprachlichkeit ist. Unbesehen der kognitionswissenschaftlich derzeit nicht entscheidbaren Frage, ob es ein vom propositionalen kategorial differenzierbares bildhaftes Denken gibt, ist das, was uns als TherapeutInnen im Imaginationsprozess erreicht, zunächst und primär ein sprachliches Produkt. Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die gezeichnete Imagination in der Bearbeitungsphase scheint bisweilen in den Hintergrund treten zu lassen, dass wir uns nicht auf der unmittelbaren Ebene unschuldiger (von des Gedankens Blässe nicht angekränkelter) Bilder bewegen, wenn wir imaginale Vorgänge der Seele erkunden. Damit soll nicht der zentrale Stellenwert des (kognitionswissenschaftlich wie auch immer definierten) Bildhaften in der KIP in Frage gestellt, sondern der Aspekt des Sprachlich-Mentalen im Sinne einer Ergänzung mitbetont werden. Das Symbol des Feuers im Werk von Ingeborg Bachmann Im Folgenden soll an einem konkreten Beispiel der Feuersymbolik als Schlüssel- Motiv im Werk Ingeborg Bachmanns kursorisch veranschaulicht werden, wie sich Symbolisierungsprozesse im Spannungsfeld kulturellen und individuellen Gedächtnisses literarisch konstituieren (können). Bachmanns vielfach interpretiertes Gedicht Erklär mir, Liebe lässt die LeserInnen am Schluss mit dem kryptischen Bild des durchs Feuer gehenden Salamanders allein: Erklär mir, Liebe, was ich nicht erklären kann: sollt ich die kurze schauerliche Zeit nur mit Gedanken Umgang haben und allein nichts Liebes kennen und nichts Liebes tun? Muß einer denken? Wird er nicht vermißt?

29 Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur 27 Du sagst: es zählt ein andrer Geist auf ihn Erklär mir nichts. Ich seh den Salamander durch jedes Feuer gehen. Kein Schauer jagt ihn, und es schmerzt ihn nichts. (Bachmann 1978a, S. 110) Hier ist es das oben skizzierte Phänomen der kontextuellen Unterbestimmung, des textinternen Bedeutungsmangels, das die Aktivierung des enzyklopädischen Wissens, also die textexterne Bedeutungszuschreibung provoziert. Zur textexternen Allegorese des Salamanders ist es vor dem Hintergrund europäischer Kulturgeschichte nicht zu weit hergeholt, bis zum Buch Jesaja des Alten Testaments zurückzugehen, wo es heißt: So du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen. (Jes.43,2) Dieses Zitat nämlich stellt der Physiologus, ein Kompendium christlicher Tiersymbolik aus dem 2. Jahrhundert, dem Abschnitt über den Salamander voran, um der Amphibie christliche Bedeutung einschreiben zu können: Wie dem Salamander das Feuer, so vermag dem Gläubigen das Böse nichts anzuhaben. (Physiologus 1987, S. 45f.) Das (zoologisch haltlose) Durchs-Feuer-Gehen des Salamanders ist ab da fester Bestandteil seiner Symbolik, begründet doch der Physiologus eine Traditionslinie zunächst manifest, später nur mehr latent christlicher Naturdeutung. Diese Traditionslinie führt von (direkt am Physiologus orientierten) mittelalterlichen Bestiarien über Paracelsus als Bindeglied zwischen christlichem und naturwissenschaftlichem Weltbild bis zur Romantik, deren Bildinventar nicht nur die Lyrik Bachmanns intensiv geprägt hat. Lässt sich mit diesem Zusammenhang das allgemeine Feld skizzieren, innerhalb dessen der Salamander aus Erklär mir Liebe seinen Bedeutungsradius ausmisst, bildet die direkte Rezeptionsquelle für Bachmann ein Gedicht von Gaspara Stampa aus dem 16. Jahrhundert, wo es heißt: Die Liebe wollte es, daß ich in Glut, in Feuer wie der Salamander lebe und mich, wie jenes andre Tier es tut, am Ort, wo ich verglüh, nochmals erhebe. Ich weiß nur eine Freude, nur ein Spiel: zu brennen und den Schmerz nicht zu empfinden, ( ) (Stampa 2002, S. 99) Das viver(e) ardendo e non sentire il male der hier zuletzt zitierten Zeile übernimmt Bachmann in der Originalsprache nicht nur in ihrem Roman Malina (Bachmann 1978b, S. 214), sondern auch in mehreren Gedichten aus dem Nachlass. (Bachmann 2000, S. 116, 120, 124) Vorgezeichnet schon bei Petrarca, transponiert nun

30 28 Brigitte Spreitzer Gaspara Stampa die Feuerfestigkeit des Salamanders in das Bezugssystem der Liebe. Es ist diese Symbolik, die schließlich Eingang in die Romantik finden wird bis hin zum romantischen Lied etwa eines Johannes Brahms, dessen Salamander (op. 107, Nr. 2) nach dem Text von Karl von Lemcke für den ins heiße Feuer der Liebe geworfenen Jüngling steht. Hineinverknüpft ins Bezugsnetz christlich-romantischer kultureller Deutungsmuster, generiert das Gedicht Bachmanns doch sein ganz eigenes Bedeutungsgewebe, auf das mit der Kenntnis des ersteren nun noch einmal der Blick gelenkt werden kann: Bevor der Salamander im lyrischen Raum von Erklär mir, Liebe erscheint, wird uns die Sprache der Liebe in der Natur als eine Körpersprache, als eine Sprache mit allen Sinnen vorgeführt: das Zittergras im Land nimmt überhand, ( ) [d]er Pfau, in feierlichem Staunen, schlägt sein Rad, / die Taube stellt den Federkragen hoch, ( ) der Entrich schreit, vom wilden Honig nimmt / das ganze Land, ( ) [d]er Fisch errötet, ( ) [z]ur Silbersand tanzt scheu der Skorpion[, d]er Käfer riecht die Herrlichste von weit, ( ) die Welle nimmt die Welle an der Hand, / im Weinberg schwillt die Traube, ( ) [e]in Stein weiß einen andern zu erweichen ( ). (Bachmann 1978a, S. 109f.) Dem entgegen führt Bachmann eine kontrapunktische zweite Stimme durchs Gedicht, die mit den Apostrophen von Geist und Gedanken und dem refrainartig wiederkehrenden Erklär mir in der bereits zitierten Verneinung des Schlusses kulminiert: Erklär mir nichts. Dieser Abwendung von einer körper- und sinn-losen Rationalität (sollt ich die kurze schauerliche Zeit / nur mit Gedanken Umgang haben und allein / nichts Liebes kennen und nichts Liebes tun?) folgt mit den Worten ich seh unmittelbar der Wechsel auf eine andere Ebene der Erkenntnis: Muß einer denken? Wird er nicht vermißt? // Du sagst: es zählt ein andrer Geist auf ihn / Erklär mir nichts. Ich seh den Salamander / durch jedes Feuer gehen. / Kein Schauer jagt ihn, und es schmerzt ihn nichts. Zumal vor dem Hintergrund von Bachmanns Rezeption Robert Musils, im Speziellen seiner Utopie einer taghellen Mystik (Bachmann 1978c, S. 24ff.), entschlüsselt sich die Gestalt des Salamanders in Erklär mir, Liebe somit als Symbol für eine andere Art der Erkenntnis, die nicht auf der Abspaltung des Körperlichen und Sinnlichen beruht und dennoch nicht irrational ist. Im Bezugsfeld der Liebe symbolisiert der Salamander die Fähigkeit, durchs Feuer zu gehen, ohne dabei vernichtet zu werden das Liebesfeuer nicht zu domestizieren und doch nicht daran zugrunde zu gehen. Dieses Telos steht bei Bachmann in engem Wechselbezug zum poetologischen Programm: Utopie der Liebe und Utopie der Sprache bedingen einander, indem Sprache eine veränderte Wirklichkeit zwischen Ich und Du schafft und Liebe zwischen Ich und Du eine neue Sprache hervorbringt. Im poetologischen Gedicht Mein Vogel werden alle diese Bezüge Utopie einer anderen Erkenntnis, einer anderen Liebe und einer anderen Sprache enggeführt.

31 Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur 29 Mein Vogel Was auch geschieht: die verheerte Welt sinkt in die Dämmrung zurück, einen Schlaftrunk halten ihr die Wälder bereit, und vom Turm, den der Wächter verließ, blicken ruhig und stet die Augen der Eule herab. Was auch geschieht: du weißt deine Zeit, mein Vogel, nimmst deinen Schleier und fliegst durch den Nebel zu mir. Wir äugen im Dunstkreis, den das Gelichter bewohnt. Du folgst meinem Wink, stößt hinaus und wirbelst Gefieder und Fell Mein eisgrauer Schultergenoß, meine Waffe, mit jener Feder besteckt, meiner einzigen Waffe! Mein einziger Schmuck: Schleier und Feder von dir. Wenn auch im Nadeltanz unterm Baum die Haut mir brennt und der hüfthohe Strauch mich mit würzigen Blättern versucht, wenn meine Locke züngelt, sich wiegt und nach Feuchte verzehrt, stürzt mir der Sterne Schutt doch genau auf das Haar. Wenn ich vom Rauch behelmt wieder weiß, was geschieht, mein Vogel, mein Beistand des Nachts, wenn ich befeuert bin in der Nacht, knistert s im dunklen Bestand, und ich schlage den Funken aus mir. Wenn ich befeuert bleib wie ich bin und vom Feuer geliebt, bis das Harz aus den Stämmen tritt, auf die Wunden träufelt und warm die Erde verspinnt,

32 30 Brigitte Spreitzer (und wenn du mein Herz auch ausraubst des Nachts, mein Vogel auf Glauben und mein Vogel auf Treu!) rückt jene Warte ins Licht, die du, besänftigt, in herrlicher Ruhe erfliegst was auch geschieht. (Bachmann 1978a, S. 96f.) Als Symboltier der Athene verkörpert die Eule in der antiken Mythologie in erster Linie den Weisheitsaspekt, dem sich über die weiteren Domänen der Göttin die Bedeutungsbezirke von Wissenschaft und Kunst assoziieren. Bei Bachmann vertritt sie über die verbindende Homonymie von Vogelfeder und Schreibfeder das Dichten, welches dem lyrischen Ich in einer verheerten Welt als einzige Waffe gegen die in dieser Wendung implizierten Aggressoren zur Verfügung steht. Schreiben erscheint im Gedicht als doppelläufiger Prozess, an dem Vogel und lyrisches Ich als die zwei unabdingbaren Dimensionen des kreativen Vorgangs gleichermaßen beteiligt sind: In den Formulierungen eines ruhig und stet vom Turm Herabblickens des eisgrauen Schultergenossen, der dem Ich das Herz ausraubt, um schließlich in herrlicher Ruhe jene Warte zu erfliegen, welche mit der Apostrophe des Ins-Licht-Rückens als Ort der Erkenntnis ausgewiesen wird, korreliert die Autorin den Eulenaspekt mit distanzierter Rationalität und gezügelter Emotionalität. Nicht ohne latent destruktive Konnotationen durch die Qualifizierung des beschriebenen Vorgangs als Raubzug am Herzen des Ichs repräsentiert dieses die Ebene des direkten Erlebens. Es steht im Feuer. Seine Locke züngelt. Es brennt ihm die Haut. Es verliert den Verstand. Ohne auf die sexuelle Metaphorik beschränkt zu bleiben, wird der kreative Akt die Befeuerung als in weitem Sinn erotisches Geschehen beschrieben, das Heilung bewirkt (Harz träufelt auf die Wunden) und zum Verstehen führt. Wie der Salamander in Erklär mir, Liebe muss das lyrische Ich durchs Feuer gehen, um schließlich die verheerte Welt durch Sprache re-konstruieren zu können. In Malina, dem ersten Roman des Todesarten-Zyklus, setzt Bachmann diese Auseinandersetzung mit der Möglichkeit existenzieller Heilung durch Liebe und Sprache fort. Geschildert wird eine Dreiecksgeschichte nicht als triviales Oberflächengeschehen, sondern als innerpsychische Konstellation, in der Weise, dass das erzählende Ich die weibliche Seite, Malina die männliche Seite des Ichs und Ivan das geliebte Du repräsentiert. Wieder werden Liebe und Schreiben im Symbol des Feuers vereint, welches gerade in Malina in seiner ganzen ihm eigenen Ambivalenz zum Einsatz kommt. Als Ausdruck Leben schöpfender und Leben vernichtender Kraft verbindet das Feuer in allen Kulturkreisen extreme Gegensätze. Es ist zugleich Faszinosum und Tremendum. Es gilt als Element der Wandlung, der Reinigung und der Bestrafung. Es visualisiert die universale göttliche Kraft

33 Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur 31 (brennender Dornbusch) ebenso wie die universale Kraft des Bösen (Höllenfeuer). In der uralten Idee des Flammentodes stehen der Wunsch nach Verschmelzung mit der kosmischen Lebensenergie ebenso wie der Wunsch nach rauschhafter Selbstvernichtung nebeneinander. Sexuelle Lust und Todesangst, Eros und Thanatos sind in allen Vorstellungen, die mit dem Feuer assoziiert werden, gleichermaßen enthalten (Braune 2005, S. 86ff.) Das Ich nun in Malina hält die zum Zerreißen gespannte Stimme des Erzählens zwischen den Diskursen von Trauma und Ekstase. Traum-Sequenzen, die Fetzen traumatischer Erinnerung beinhalten, welche das Ich dem vernünftigen Verstehen Malinas zuzuführen versucht, kontrastieren mit den Fragmenten des schönen Buches, das das Ich auf beglückendes Geheiß Ivans hervorbringen möchte und das einen mit einem explizit Mozart schen Exsultate, jubilate (KV 165 bzw. KV6 158a) vor Freude in die Luft springen lassen wird, wenn man nur ein paar Sätze hört. (Bachmann 1978b, S. 54f.). Feuersymbole durchziehen den gesamten Roman in ihrer Bipolarität von Konstruktion und Destruktion: als Entbrennen in Liebe zu Ivan mit dem hier direkten Zitat des vivere ardendo e non sentire il male von Gaspara Stampa (Bachmann 1978b, S. 214), als Brandwunde des Traumas und schließlich als Verbrennen der weiblich-emotionalen Seite im Scheitern des Rettungsversuches durch Schreiben und Liebe. Flaubert zitierend (Albrecht, Göttsche 2002, S. 266) versucht das versehrte Ich in einem selbsttherapeutischen Prozess durch Verbalisierung das traumatische Geschehen verstehend zu durchdringen: Avec ma main brûlée j écris sur la nature du feu (Bachmann 1978b, S. 95) mit meiner verbrannten Hand schreibe ich über die Natur des Feuers. Und in Rimbaud schen Worten (Albrecht, Göttsche 2002, S. 268) lässt die Autorin diesen Versuch der Selbstrettung im als ein drohendes Verbrennen symbolisierten Verschwinden weiblich-emotionaler Selbstanteile partiell missglücken: ich habe einen Grad von Denkenmüssen erreicht, an dem Denken nicht mehr möglich ist, ( ) es wird mir so heiß, weil ich das Gesicht zu nahe an der Herdplatte habe. Nous allons à l Esprit! ( ) Ich muß aufpassen, daß ich mit dem Gesicht nicht auf die Herdplatte falle, mich selber verstümmle, verbrenne ( ). (Bachmann 1978b, S. 334) Was in Erklär mir, Liebe und Mein Vogel möglich scheint, wird in Malina in seinem Scheitern demonstriert: Hier misslingt die Integration von Fühlen und Denken im Utopia einer schönen (und das heißt bei Bachmann existenziell wahrhaftigen) Sprache. Der Balanceakt zwischen den konstruktiven und destruktiven Fassetten des Feuers kippt ins partiell Destruktive, weil der Schmerz zu groß wird und das Du dem Absolutheitsanspruch nicht gewachsen, das narzisstisch verwundete Ich zu sehr der Selbstrettung bedürftig ist, als dass das Trauma in der Liebe aufgehoben und transzendiert werden könnte. Jedoch erliegt das Ich in Malina der destruktiven Dynamik nicht zur Gänze. Was Bachmann hier zu zeigen versucht, ist ein psychodynamischer Prozess, in dem das Ich, um den autodestruktiven Tendenzen zu entgehen, in der Überwältigung durch den Schmerz die weiblich konnotierte und mit dem Trauma assoziierte

34 32 Brigitte Spreitzer Gefühlsseite preisgeben muss. Das Nous allons à l Esprit ist ein nicht integrierter und daher nur vorderhand und scheinbar rettender Sprung auf die Ebene männlich konnotierter Rationalität auf Kosten der poetologischen und existenziellen Utopie von Schönheit gefasst als Utopie des Heilseins, welches des Eros-Bezugs zur Welt nicht verlustig gegangen ist: und es wird nur die trockene heitere gute Stimme von Malina geben, aber kein schönes Wort mehr von mir, in großer Erregung gesagt. (Bachmann 1978b, S. 326) In seiner Verfilmung des Romans nach dem Drehbuch von Elfriede Jelinek folgt nun Werner Schroeter (Jelinek 1991) etwa in der Präsentation einer das weibliche Ich verkörpernden Isabelle Huppert mit einer permanent im Mundwinkel brennenden Zigarette einer penetrant autobiografischen Lesart, die Malina als Vorwegnahme des Todes der Autorin inszeniert. Ingeborg Bachmann»versucht, sich selber zu vernichten, indem sie den Roman schreibt«(kresimon 2004, S. 212), glaubt Schroeter zu wissen. So brennt es denn auch in seinem Film beinahe ununterbrochen und viel mehr, als das Publikum sehen müsste, um zum Aha symbolischen Begreifens zu gelangen. Bachmann belässt das Symbol des Feuers in seiner ihm eigenen Ambivalenz, welche die psychische Spannung zwischen Konstruktivität und Destruktivität zum Ausdruck bringt. Quer durch ihr Gesamtwerk lässt sich das Ringen um die Verwandlung traumatischen Schmerzes in erträgliches Leid durch Sprache als Instrument der Selbst-Heilung beobachten. Schroeter macht diesen Prozess unsichtbar, indem er ihn auf die Stufe symbolischer Gleichsetzung (Segal 1996, bes. S. 54, 62) zurückführt: Bei ihm ist das Feuer nur noch konkretes Feuer, das die konkrete Dichterin konkret verbrennt und somit seine Symbolkraft und daher auch sein Heilungspotenzial verloren hat.

35 Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur 33 Literatur Albrecht, M., D. Göttsche (Hg.) (2002): Bachmann-Handbuch. Leben Werk Wirkung. Stuttgart, Weimar: Metzler Bachmann, I. (1978a): Werke. Hg. v. Ch. Koschel, I. v. Weidenbaum u. C. Münster. Bd. 1: Gedichte, Hörspiele, Libretti, Übersetzungen. München: Piper Bachmann, I. (1978b): Werke. Hg. v. Ch. Koschel, I. v. Weidenbaum u. C. Münster. Bd. 3: Todesarten: Malina und unvollendete Romane. München: Piper Bachmann, I. (1978c): Werke. Hg. v. Ch. Koschel, I. v. Weidenbaum u. C. Münster. Bd. 4: Essays, Reden, vermischte Schriften. München: Piper Bachmann, I. (2000): Ich weiß keine bessere Welt. Unveröffentlichte Gedichte. Hg. v. I. Moser, H. Bachmann, Ch. Moser. München, Zürich: Piper Baßler, M. (2005): Die kulturpoetische Funktion des Symbols. Ein Verwendungsvorschlag in Anknüpfung an Goethe. In: Aktualität des Symbols. Hg. v. Fr. Berndt u. Ch. Brecht. Freiburg im Breisgau: Rombach: Braune, Ch. (2005): Feuerzeichen. Warum Menschen sich anzünden. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht Brecht, Ch. (2005):»Schneller als die Gegenstände selber dich vorüberfliehn«. Zum Rückbau der Alternative von Allegorie und Symbol. In: Aktualität des Symbols. Hg. v. Fr. Berndt u. Ch. Brecht. Freiburg im Breisgau: Rombach: De Man, P. (2009): Die Rhetorik der Zeitlichkeit. In: Symbol. Grundlagentexte aus Ästhetik, Poetik und Kulturwissenschaft. Hg. v. Fr. Berndt u. H. J. Drügh. Frankfurt am Main: Suhrkamp: Drügh, H. J. (2005):»Allenthalben auf seiner Oberfläche«. Zur Präsenz des Körpers im klassizistischen Symbol. In: Aktualität des Symbols. Hg. v. Fr. Berndt u. Ch. Brecht. Freiburg im Breisgau: Rombach: Eco, U. (2009): Symbol. In: Symbol. Grundlagentexte aus Ästhetik, Poetik und Kulturwissenschaft. Hg. v. Fr. Berndt u. H. J. Drügh. Frankfurt am Main: Suhrkamp: Freud, S. (2001): Studienausgabe. Hg. v. a. Mitscherlich, A. Richards u. J. Strachey. Bd. 2: Die Traumdeutung. Frankfurt am Main: Fischer, 11. korr. Aufl. Freud, S. (2003): Studienausgabe. Hg. v. A. Mitscherlich, A. Richards u. J. Strachey. Bd. 1: Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Und Neue Folge. Frankfurt am Main: Fischer, 11. korr. Aufl. Goethe, J. W. (1953): Maximen und Reflexionen. In: Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Bd. 12. Mit Anm. vers. v. H. v. Einem u. H. J. Schrimpf. Textkritisch durchges. v. W. Weber u. H. J. Schrimpf. Hamburg: Wegner: Hamm, H. (2003): Symbol. In: Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden. Hg. v. K. Barck [u. a.]. Bd. 5. Stuttgart [u. a.]: Metzler: Jacob, J. (2005):»Versinnlichung«. Das Symbol als Darstellung des Schönen und die Materialität der Literatur. In: Aktualität des Symbols. Hg. v. Fr. Berndt u. Ch. Brecht. Freiburg im Breisgau: Rombach: Jelinek, E. (1991): Isabelle Huppert in MALINA. Ein Filmbuch nach dem Roman von Ingeborg Bachmann. Mit Mathieu Carrière als Malina in einem Film von Werner Schroeter. Frankfurt am Main: Suhrkamp Kohl, K. (2007): Metapher. Stuttgart [u. a.]: Metzler Kresimon, A. (2004). Ingeborg Bachmann und der Film. Intermedialität und intermediale Prozesse in Werk und Rezeption. Frankfurt am Main: Lang

36 34 Brigitte Spreitzer Kurz, G. (2000): Bild, Bildlichkeit. In: Sachlexikon der Literatur. Hg. v. Volker Meid. München: dtv: Kurz, G. (2004a): Metapher, Allegorie, Symbol. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 5. durchges. Aufl. Kurz, G. (2004b): Verfahren der Symbolbildung. Literaturwissenschaftliche Perspektiven. In: Die Wirklichkeit der Symbole. Grundlagen der Kommunikation in historischen und gegenwärtigen Gesellschaften. Hg. v. R. Schlögl, B. Giesen, J. Osterhammel. Konstanz: UVK: Lexikon für Theologie und Kirche. 2., völlig neu bearb. Aufl. hg. v. J. Höfer u. K. Rahner. Bd. 3, 6 u. 10. Freiburg im Breisgau: Herder Sonderausgabe v Lohmann, H.-M., J. Pfeiffer (2006), Hg.: Freud-Handbuch. Leben Werk Wirkung. Stuttgart, Weimar: Metzler Novalis [d. i. G. Fr. v. Hardenberg] (1965): Schriften. Hg. v. P. Kluckhohn u. R. Samuel. Bd. 2: Das philosophische Werk I. Hg. v. R. Samuel in Zusammenarbeit mit H.-J. Mähl u. G. Schulz. Stuttgart: Kohlhammer, 2. erg., erw. u. verb. Aufl. Physiologus (1987): Der Physiologus. Tiere und ihre Symbolik. Übertr. u. erl. v. Otto Seel. Zürich, München: Artemis, 5. Aufl. Roeckelein, J. E. (2004): Imagery in psychology. A reference guide. Westport, Conn.: Praeger Schlegel, A. W. (1989): Kritische Ausgabe der Vorlesungen. Hg. v. E. Behler. Bd. 1.: Vorlesungen über Ästhetik I [ ]. Paderborn [u. a.]: Schöningh Segal, H. (1996): Traum, Phantasie und Kunst. Aus dem Engl. v. U. v. Goldacker. Stuttgart: Klett-Cotta Stampa, G. (2002): Sonette. Italienisch-Deutsch. Ausgew. u. übers. v. Ch. Ferber. Mit einem Nachw. v. G. Güntert. Mainz: Dieterich Vischer, F. Th. (1907): Das Schöne und die Kunst. Zur Einführung in die Ästhetik. Vorträge. Hg. v. R. Vischer. Stuttgart, Berlin: Cotta, 3. Aufl. Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 10: St T. Hg. v. J. Ritter u. K. Gründer. Basel: Schwabe Zusammenfassung Der Beitrag unternimmt eine literaturwissenschaftliche Bestimmung des Symbols, mit der 2009/2010 in der Grazer Jour-fixe-Reihe der ÖGATAP in den Fokus gerückten Intention, aus der Perspektive umliegender Wissenschaftszweige den Blick auf dieses Phänomen zu lenken, um mögliche Synergie-Effekte in der Begegnung der KIP mit anderen Disziplinen zu erkunden. Etwa zeugen historische Definitionen des Symbols lange vor deren theoretischer Fundierung von der psychodynamischen Wirkung von Symbolisierungsvorgängen. Die Problematisierung sprachlicher Bildhaftigkeit durch die Literaturwissenschaft wird vor dem Hintergrund der imagery debate der Neuro- und Kognitionswissenschaften betrachtet und mit dem Bild-Begriff der KIP in Zusammenhang gebracht. Als konkretes Beispiel wird die Feuersymbolik im Werk I. Bachmanns beleuchtet und in Gegenüberstellung zu W. Schroeters Verfilmung von Malina mit H. Segals Symboltheorie vermittelt, sodass Literaturwissenschaft und KIP in eine wechselseitig erhellende Verbindung treten können.

37 Literaturwissenschaftliche Theorien des Symbols Symbole in der Literatur 35 Keywords Symbol Literaturwissenschaft Katathym-imaginative Psychotherapie Ingeborg Bachmann Autorin Ao. Univ.-Prof. Dr. Brigitte Spreitzer Psychotherapeutin (KIP) in eigener Praxis und am Psychosozialen Zentrum Graz- Ost Universitätsdozentin für Deutsche Literatur am Institut für Germanistik der Karl- Franzens-Universität Graz Amschlgasse 22/III/ Graz Karl-Franzens-Universität Graz Universitätsplatz Graz

38 36 Barbara Hauler Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen Über das schöpferische Potential von Übergängen Barbara Hauler Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn. Rainer Maria Rilke Das Bild des Baumes mit seinen Jahresringen führt uns mitten in unser Thema. Die Jahresringe entstehen nur dort, wo es durch den jahreszeitlichen Rhythmus der klimatischen Bedingungen, durch Winter oder Trockenzeiten, zu einer vorübergehenden Ruhe der Wachstumsaktivität kommt. Jeder Jahresring ist durch eine»wetter-erfahrung«geprägt, durch die»wechselfälle«des Lebens, durch fördernde oder belastende Lebensumstände. Jahresringe können wir als Wachstumsschritte verstehen, die sich um eine Mitte, ein Zentrum bilden. In ähnlicher Weise leben auch wir unser Leben in wachsenden Ringen, wie es Rilke in seinem schönen Gedicht beschreibt. Ich möchte in meinem Beitrag über folgende Frage nachdenken: Bleiben wir über die gesamte Lebensspanne die Gleichen oder verändert sich unsere Persönlichkeit? Unsere prägnantesten Persönlichkeitszüge werden von unserer Umgebung oft als relativ stabil wahrgenommen, und auch in der Innenperspektive erleben wir uns als eben die Person, die wir sind, spüren wir unser ureigenes Wesen.»Das bewusste Gefühl, eine persönliche Identität zu besitzen, beruht«nach Erikson (1973: 18)»auf zwei gleichzeitigen Beobachtungen: der unmittelbaren Wahrnehmung der eigenen Gleichheit und Kontinuität in der Zeit und der damit verbundenen Wahrnehmung, dass auch andere die Gleichheit und Kontinuität erkennen.«unsere Persönlichkeit formt sich in den vielfältigen Entwicklungsprozessen in Kindheit, Jugend und Dieser Beitrag ist die überarbeitete Fassung eines Vortrags, der am während des 89. Zentralen Fortbildungsseminars»Übergänge«der AGKB in Freiburg/Breisgau gehalten wurde.

39 Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen 37 Adoleszenz und muss sich dann im Verlauf des Erwachsenenalters flexibel auf die unterschiedlichsten Situationen und Herausforderungen einstellen, die Wandlung erfordern. Wie kommt es, dass»unsere Identitätsentwürfe, unsere Vorstellungen davon, wer wir sind und wie wir sein sollten, über die lange Spanne des Erwachsenenalters hinweg vergleichsweise stabil sind?«(greve: 356) Um dieser Frage nachzugehen, sollen zunächst einige Ergebnisse der Forschung zur Psychologie der Lebensspanne dargestellt und dann einige wesentliche Schwellensituationen und Übergänge anhand zweier Fallvignetten beleuchtet werden. Unter Entwicklungspsychologie verstehen wir im Allgemeinen die Darstellung der Wachstums- und Reifungsprozesse, die sich von Geburt an durch die gesamte Kindheit und Jugend erstrecken, bis mit dem Abschluss der Adoleszenz ein gewisser Endzustand der Reife erreicht wird. Wenn man Menschen nach den wichtigsten prägenden Lebensereignissen befragt, werden überwiegend Geschehnisse aus Kindheit und Jugend geschildert. Die in den klassischen Entwicklungspsychologien geschilderten Phasen und Stadien mit ihren typischen Entwicklungsaufgaben und spezifischen Konfliktthemen sind sicherlich für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig und grundlegend. Und in der Adoleszenz entwickelt der junge Mensch genauere Vorstellungen darüber, wie er leben will. Wahrscheinlich ist die Adoleszenz auch diejenige Lebensphase mit den meisten Veränderungen und Initiationserfahrungen in dem Sinn, dass erstmals Erfahrungen gemacht werden, die den Erwachsenen vorbehalten sind. Nach Tilmann Habermas wird im jungen Erwachsenenalter»eine Kern-Lebensgeschichte konstruiert ( ), die zwar mit weiteren Lebensereignissen fort-, aber höchstens anlässlich sehr ungewöhnlicher Ereignisse oder Krisen umgeschrieben wird«(703). Doch herrscht dann wirklich Stillstand? Ich hoffe, doch nicht! Denn der Mensch hat lebenslang, über die gesamte Lebensspanne das Potential für Veränderung und Entwicklung. Die Diagnosen, die wir in unseren Psychotherapie-Anträgen verwenden, beschreiben allerdings im Allgemeinen die inneren Konflikte, die eine akute Symptomatik auslösen, und benennen die Persönlichkeit und ihr Strukturniveau. Der lebenslange Entwicklungsprozess mit seinen Aufgaben und Herausforderungen rückt dabei eher selten in den Fokus der Betrachtung. Erst seit den 60er Jahren hat die Forschungsrichtung der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne Verbreitung gefunden, nicht zuletzt unter dem Einfluss der demographischen Veränderungen der Bevölkerung. Wesentlichen Einfluss hatten dabei die Forschungsergebnisse der psychologischen Gerontologie, die Analyse kritischer Lebensereignisse und die soziologische Lebenslaufforschung. Die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne beschäftigt sich mit den Aspekten von Wachstum und Gewinn einerseits und von Verlusten und Abbau andererseits, die Menschen ganz generell, zum Teil aber auch in Abhängigkeit von den historischen und sozialen Gegebenheiten betreffen.

40 38 Barbara Hauler In psychotherapeutischen Kreisen am bekanntesten dürfte das Stufenmodell der Entwicklung nach Erik H. Erikson sein. Es beschreibt das ganze Leben einschließlich des Erwachsenenalters bis zum hohen Alter als Abfolge von Phasen, die durch spezifische Entwicklungsaufgaben charakterisiert sind. Diese Entwicklungsaufgaben sind durch spezifische Konflikte geprägt, die»psychosoziale Krisen«auslösen. Die Lösung besteht jeweils darin, die beiden Pole des Konfliktes zu integrieren und damit die nächst höhere Entwicklungsstufe zu erreichen. Entwicklung verfolgt nach Erikson also einen anzustrebenden Endzustand, auf den ich später noch eingehen werde. (Tab. 1) Reifes Erwachsenenalter Integrität vs. Verzweiflung WEISHEIT Mittleres Erwachsenenalter Generativität vs. Stagnation FÜRSORGE Frühes Erwachsenenalter Intimität vs. Isolation LIEBE Adoleszenz Identität vs. Identitätskonfusion TREUE Schulalter Fleiß vs. Minderwertigkeit KOMPETENZ Spielalter Initiative vs. Schuldgefühl ENTSCHLUSS- KRAFT Frühe Kindheit Säuglingsalter Grundvertrauen vs. Grundmisstrauen HOFFNUNG Autonomie vs. Scham u. Zweifel WILLE Tabelle 1: Psychosoziale Krisen nach Erik H. Erikson (1988: 72f.)

41 Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen 39 Die Adoleszenz ist sicher ein wichtiger Abschnitt auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Ich möchte daher einige Aspekte der Behandlung einer 18-jährigen jungen Frau schildern. Sie wurde von den Eltern geschickt, die sich große Sorgen wegen ihres starken Rückzugs und einer depressiven Verstimmung machten. Vanessa nahm zunächst zögernd Kontakt auf, konnte sich dann aber doch rasch auf die Therapie einlassen. Sie berichtete, dass sie oft das Gefühl habe, ein schlechter Mensch zu sein. Sie raste schnell aus, müsse aber auch gleich weinen, wenn sie jemand kritisiere, und hätte oft ohne Grund»heftige Gefühlsausbrüche«. In ihrer Klasse sei sie Außenseiterin und man unterstelle ihr, sie sei magersüchtig. Vanessa war tatsächlich seit der Kindheit stark untergewichtig, meinte aber, sie esse gerne und schaffe es nicht, dicker zu werden. In einer ersten Imagination zum Motiv»Blume«schwankte sie zunächst zwischen mehreren Blumen, Orchideen, einer Amaryllis, einer Passionsblume und einer Papageienblume. Schließlich blieben die Knospe einer Amaryllis und die Passionsblume übrig (Bild 1). Die Amaryllis sei nur schön, wenn sie geschlossen sei. In ihrer Vorstellung ging die Knospe immer wieder auf und zu. Daneben sah sie die Blüte der Passionsblume, die ihr eigentlich gar nicht gefiel. Sie sei so zackig und»unrund«, und sie sehe so aus, wie wenn sie etwas»herausschleudere«. Schließlich öffnete sich die Amaryllis, die sie vor einem Fenster mit Blick in den elterlichen Garten sah. Beim näheren Kontakt mit der Amaryllis berührten sie das Runde, die intensive rote Farbe und der gute Geruch sehr. Das Rot wirkte auf sie märchenhaft, wie wenn ein kleines Mädchen selbstvergessen und unbeschwert durch einen Traumgarten laufe (Bild 2). Die Passionsblume hingegen sei eher auf Wirkung bedacht und stolz darauf, dass sie so Bild 2 Bild 1 schön sei und nach außen sprühe. In diesen Worten

42 40 Barbara Hauler werden verschiedene Selbstaspekte der jungen, ausgesprochen hübschen Patientin erkennbar, die sie noch nicht zu einem ganzheitlichen Selbstbild integrieren konnte. In der Passionsblume vereinigen sich leidvolle Aspekte ihrer Lebensgeschichte, aber auch ihre noch nicht ausreichende Selbststeuerung im aggressiven Bereich, in der Amaryllisknospe die aufbrechende Weiblichkeit im Widerspruch mit ihrem intensiven Wunsch, noch nicht erwachsen werden zu müssen. Diese erste Imagination berührte mich sehr und nahm mich für sie ein. In ihr schienen sich ihre ganze Lebensgeschichte und die konflikthaften inneren Themen zu bündeln. Die Patientin stammt aus einer sehr religiösen Familie, die zunächst zwei Kinder adoptierte und dann noch zwei leibliche Töchter bekam, von denen die Patientin die jüngste ist. Die ältere Adoptivtochter erwies sich als große Belastung, da sie in die Drogenszene geriet und von den Eltern nach heftigsten Auseinandersetzungen schließlich 15-jährig der Betreuung durch das Jugendamt übergeben (in der Sicht von Vanessa»rausgeschmissen«) wurde, als sie 4 Jahre alt war. Die Atmosphäre im Elternhaus sei immer angespannt gewesen, und die jünge ren Schwestern hatten das Gefühl, sich ruhig und angepasst verhalten zu müssen, um die El tern nicht zu belasten. Die Patientin war ein verspieltes, verträumtes, eigensinniges und körperlich sehr zartes Kind, das 6-jährig eher zu früh in die Schule kam, mit großen Verlust- und Trennungsängsten, geringer Frustrationstoleranz und Heimweh bis etwa 14 J. Die Mutter verwöhne sie heute noch; von ihr habe sie nach langem Betteln immer alles erhalten. Die Verweigerung von Essen scheint seit der Kindheit die Strategie der Patientin gewesen zu sein, mit der sie sich der elterlichen Einflüsse, insbesondere derjeniger der Mutter, erwehren konnte. Die Integration aggressiver Impulse gelang ihr nur ungenügend. Vanessa eckt in ihrer durch heftige Rivalitäten geprägten Mädchenklasse immer wieder an und verwickelt sich in Konflikte mit Klassenkameradin nen. Dabei wird sie selbst manchmal verletzend aggressiv und fühlt sich gleichzeitig in ihrer eigenen Verletzlichkeit nicht wahrgenommen. Dies gipfelte darin, dass ihr eine ehemalige Klassenkameradin vorwarf, sie habe wegen»mobbing«durch die Patientin die Schule verlassen. Dieser Vorwurf löste in ihr massive Schuldgefühle aus, verbunden mit dem Gefühl, es nicht wieder gut machen zu können. In ihrer Therapie ging es also um verschiedene Problembereiche. Zum Einen hat die junge Patientin nicht gelernt, ihre aggressi ven Impulse zu steuern. Von Bedeutung ist dabei, dass sie im Kindesalter erlebte, dass ihre wenig steuerungsfähige Adoptivschwester die Familie wegen ihres Fehlverhal tens verlassen musste, dass man den überarbeiteten und wenig belastbaren Vater nicht reizen durfte, die eher depressive Mutter schonen musste und dass die Eltern mit Angst auf rebellische pubertäre Bestrebungen reagierten. Beide El ternteile, der jähzornige Vater und die weinende Mutter, boten kein Modell für den Umgang mit eigenen aggressiven Impulsen. Gleichzeitig wurde die Patientin insbesondere von ihrer Mutter überfürsorglich verwöhnt und blieb so eng an sie gebunden. Dies wird

43 Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen 41 sichtbar in der Imagination zum Motiv»Wiese«, in der Vanessa eine unbegrenzte Wiese sah, in die von allen Seiten Bäume hereinhingen (Bild 3). Vanessa hat bislang noch keine angemessenen Lösungen für die Konflikte um Autonomie und Abhängigkeit gefunden, und auch die Ablösung von den Bild 3 Eltern ist bislang nur zögernd in Gang gekommen. Ihr erhebliches Untergewicht ist sicherlich Folge eines Abgrenzungsversuchs gegenüber der Mutter, mit dem sie gleichzeitig die Mutter dazu verführt, ihr überfürsorgliches Verhalten aufrecht zu halten. So vermeidet Vanessa die seit ihrer Kindheit bestehenden Trennungsängste. In einer Imagination zum Motiv»Bach«Bild 4 fand sie sich am Ufer eines kleinen Bächleins unter Bäumen, erfrischte sich am Wasser und genoss die friedliche Stille, die ich eher als Ausdruck eines Widerstandes,»in Fluss zu kommen«, empfand (Bild 4). Auf der Gesprächsebene hatten wir uns inzwischen mit verschiedenen Themenbereichen befasst. Vanessa hatte sich mit ihren ambivalenten Gefühlen ihren Klassenkameradinnen gegenüber auseinandergesetzt und ein entspannteres Verhältnis zu ihnen entwickelt. Auch hatte sie sich viele Gedanken über ihre Zukunftspläne gemacht. Sie wollte nach dem Abitur zunächst arbeiten, um sich das Geld für eine große Reise zu verdienen und sich damit finanziell unabhängig von ihren Eltern zu machen. Beruflich plante sie ein Studium an einer Kunstakademie. Ihr wurde zunehmend bewusst, dass sie ihre Kindheit zurücklassen musste, und sie verband damit Vorstellungen von Freiheit und Selbstbestimmtheit, die ihr sehr verlockend erschienen. Auch glaubte sie, dass sich ihr Essproblem erübrigen würde, wenn sie erst einmal allein leben würde. Ihr Gewicht hatte inzwischen zugenommen, sie hatte mehr Lust zu essen, und ihre Mutter mischte sich weniger ein.

44 42 Barbara Hauler In einer Imagination zum Motiv»Berg«sah Vanessa ein düsteres Bild (Bild 5), das sie als bedrohlich empfand: einen spitzen, felsigen Berg inmitten anderer grauer Berge. Im Nachgespräch wurde deutlich, mit wie viel Angst sie dem Ende der Schulzeit entgegensah, wie sehr sie sich vor den Aufgaben, die auf Bild 5 sie zukamen, fürchtete und wie hoch ihre Erwartungen an sich selbst waren. Denn wenn sich auch ihre Pläne auf einer äußeren Ebene klarer abzeichneten, so war sie sich hinsichtlich ihrer eigenen Identität noch immer sehr unsicher. Die Imagination des»hauses«(bilder 6 und 7), eines kleinen, allein stehenden Hexenhäuschens auf einem Hügel, konfrontierte sie mit ihrem Ge- Bild 6 fühl von Alleinsein, ihrer Schüchternheit und den selbst errichteten Zäunen, die verhinderten, dass andere ihr allzu nahe kamen. Das Innere des Hauses war ihr wenig zugänglich, es enthielt keine Küche und nur verstaubte, wenig wohnliche Räume Ausdruck ihrer noch wenig bewusst ausgestalteten eigenen Identität. Einige Wochen später Bild 7 stellte sie sich in einer Imagination zum Motiv»Baum«einen riesigen Baum mit dickem Stamm und knorriger Rinde auf einer großen Wiese vor, den sie intensiv

45 Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen 43 erkundete (Bild 8). Er war so dicht belaubt, dass sie sich in seinem Schatten schließlich nicht mehr wohl fühlte und sich einen Platz mit ausreichendem Abstand zu ihm suchte, von wo aus sie ihn betrachten konnte. Vanessa wirkt inzwischen deutlich stabilisiert. Ihre Depressivität ist verschwunden; sie hat sich mit ihrer Bild 8 Schuld auseinandergesetzt und sich um Wiedergutmachung bemüht (der»schatten«des Baumes), und sie ist zuversichtlicher, dass sie ihre Pläne wird realisieren können (die Stärke des Baumes). Obwohl sie um einige unbewohnte Zimmer in ihrem Haus weiß, hat sie mehr Klarheit darüber gewonnen, wie ihre nächsten Schritte aussehen werden. Die Ablösung von den Eltern ist in Gang gekommen (sie tritt aus dem Schatten des Baumes und betrachtet ihn aus ausreichendem Abstand), und sie weiß, was nun in ihre eigene Verantwortung gehört. Ihre Identität hat klarere Konturen gewonnen, und ein erster»lebensentwurf«sowie eine»kern-lebensgeschichte«, weshalb sie zu dem geworden ist, was sie ist, ist entstanden. In der Therapie von Vanessa ging es um die Auseinandersetzung mit inneren Konflikten und mit Schuld, aber auch um das In-Gang-Bringen der inneren Ablösung von den Eltern. Die»abgeschnittenen«oberen Bildanteile des Berges, des Hauses und der Baumes verweisen jedoch darauf, dass eine Dimension noch nicht integriert ist, die geistige oder spirituelle möglicherweise, die in Eriksons Schema der»höher-entwicklung«implizit angelegt ist. Das Thema des Lebensflusses, der Ausrichtung der Entwicklung deutet sich nur im noch nicht Repräsentierten an; es ist noch»zu früh«. Die Schwellensituation, in der sich Vanessa befindet, könnte man als alterstypische Entwicklungsaufgabe beschreiben, die darin besteht, die eigene Identität zu definieren, einen Beruf zu wählen und zu erlernen und einen Liebespartner zu finden, mit dem dann möglicherweise eine Familie gegründet werden könnte. Auf die»normativität«solcher charakteristischer Entwicklungsaufgaben stützt sich auch das Phasenmodell von Havighurst. Es postuliert Entwicklungsaufgaben, die sich aufgrund der biologischen Reifung einerseits, als Folge gesellschaftlicher und kultureller Erwartungen andererseits sowie aus der Persönlichkeit des Einzelnen ergeben, wie z. B. Heirat und Familiengründung, Aufbau einer beruflichen Karriere, Ruhestand usw. Normen für bestimmte Ereignisse sind in dieser Sichtweise auch gekoppelt an sog. Gelegenheitsstrukturen, d. h. an den

46 44 Barbara Hauler alters gebundenen Zugang zu bestimmten Ressourcen. Sie definieren, wann sich ein Individuum in einer bestimmten Gesellschaft in Bezug auf eine bestimmte Entwicklung»on time«(rechtzeitig) oder»off time«(d. h. zu früh oder zu spät) befindet. Soziale Erwartungen dienen also als»orientierungsrahmen für die Entwicklung und Formulierung individueller Ziele«zu einer jeweils gegebenen Zeit (nach Freund und Baltes: 50). Tabelle 2 zeigt ein Beispiel für einen solchen Orientierungsrahmen (Tab. 2). Entwicklungsübergang Alter Männer (Mittelwert) Alter Frauen (Mittelwert) Auszug aus dem Elternhaus 21,7 J. 21,6 J. Berufstätigkeit 22,8 J. 21,7 J. Ausbildungsabschluss 26,4 J. 25,5 J. Heirat 27,2 J. 28,2 J. Berufsentscheidung 28,9 J. 28,9 J. Elternschaft 29,9 J. 25,9 J. Beruflicher Höhepunkt 41,7 J. 39,8 J. Großelternschaft 52,3 J. 50,9 J. Pensionierung 61,3 J. 59,3 J. Tabelle 2: Sozialer Konsens im US-amerikanischen Raum über Entwicklungsfristen nach Settersten und Hagestad (1996). (In: Freund und Baltes: 51) Das Erwachsenenalter ist nun zwar nach Greve (355)»durch eine besonders hohe Bedeutung selbst gesetzter und aktiv verfolgter Entwicklungsziele und -aufgaben charakterisiert«, dadurch also,»dass man in relevantem Ausmaß selbst bestimmt, wer man ist und wird«, aber es lassen sich auch einige grundsätzliche Entwicklungsaufgaben benennen: Nach Freud soll ein gesunder Mensch lieben und arbeiten können. Die Fähigkeit zur Intimität mit einem anderen Menschen zu entwickeln ist eine der wichtigsten Herausforderungen des frühen Erwachsenenalters; darüber hinaus geht es in den unterschiedlichsten Bereichen darum, aus der Vielfalt an Möglichkeiten einige wenige auszuwählen, sich für einen Partner zu entscheiden, für konkrete berufliche Optionen, die Berufstätigkeit aufzunehmen und einen eigenen Lebensentwurf zu gestalten. Im mittleren Erwachsenenalter besteht nach Havighurst und Erikson eine der wichtigsten Aufgaben in der Generativität, der»hervorbringung neuen Lebens«(Erikson 1988: 86), im Sorgetragen für Kinder und Eltern, in Produktivität und Kreativität. Generativität verbindet die Generationen, Vergangenheit und Zukunft, auch indem Werte, Wissen und Kultur tradiert oder Werke geschaffen werden. Im Verlauf dieses Abschnitts des Erwachsenenalters tritt jedoch auch

47 Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen 45 eine wesentliche Veränderung im Erleben von Zeit ein, in der Weise, dass nach Neugarten (zit. nach Freund und Baltes: 43)»die Lebenszeit als die bis zum Tod verbleibende Zeit wahrgenommen wird und nicht mehr, wie in früheren Lebensphasen, als die seit der Geburt vergangene Zeit«. Im höheren Lebensalter geht es dann um die Reflexion des eigenen gelebten und gestalteten Lebens, um das Akzeptieren dessen, was erreicht wurde, und dessen, was nicht verwirklicht werden konnte. Die Auseinandersetzung mit Abbauprozessen, Verlusten und dem Tod stellt sicherlich eine große Herausforderung dar. Gleichzeitig kann dieser Lebensabschnitt aber auch eine Phase des größeren persönlichen Freiraums sein, da die äußeren Verpflichtungen abnehmen. Erikson nennt ihn das reife Erwachsenenalter, das durch die Polarität Integrität (die Bejahung des eigenen Lebens) einerseits und Verzweiflung andererseits gekennzeichnet sei, die Verzweiflung darüber, dass die Zeit möglicherweise zu kurz ist, um noch neue Wege einzuschlagen. Durch Integration dieser beiden Pole reift nach Erikson eine spezifische Stärke heran: Weisheit. Die Entwicklungsaufgaben und psychosozialen Krisen, die Erikson benennt, beschreiben wesentliche Themen, die im Lebenslauf erwachsener Menschen eine wichtige Rolle spielen. Gleichwohl ist nicht zu übersehen, dass Biografien zunehmend individuell gestaltet und normative Regelungen weniger verbindlich werden. Die psychologische Forschung geht daher heute davon aus, dass Entwicklung kein universeller, d. h. in allen Kulturen gleich verlaufender Prozess ist, sondern dass Entwicklung in Abhängigkeit vom historischen und kulturellen Kontext variiert und multidirektional verlaufen kann. Damit ist gemeint, dass sie Gewinne und Verluste umfasst und dass es keinen a priori festgelegten Endzustand gibt. Neuere Entwicklungsmodelle betonen die zentrale Rolle persönlicher Ziele für die Entwicklung. Empirisch gut belegt versuchen sie, die Prozesse genauer zu beschreiben, die die Entwicklung des erwachsenen Selbst bestimmen. Diese Prozesse müssen einerseits den Anforderungen des Lebens Rechnung tragen, andererseits aber auch sicherstellen, dass die betroffene Person sich selbst als stimmig erlebt und die persönliche Entwicklung positiv bewerten kann. Dabei ist die Überzeugung, Situationen durch eigenes Handeln meistern zu können, die»selbst- Wirksamkeit«(Bandura 1977, in Greve: 349) von besonderer Bedeutung. Baltes, einer der bekanntesten Altersforscher der Bundesrepublik, betont angesichts der begrenzten Ressourcen, Begabungen, Kräfte des Individuums die Notwendigkeit, sich klare Ziele zu setzen (Selektion) und diese auch angesichts von Rückschlägen und Verlusten, die kompensiert werden müssen zielstrebig und hartnäckig verfolgen (Optimierung). Die Fähigkeit, ein einmal erreichtes Funktions- und Fertigkeitsniveau angesichts von Ressourcenverlusten aufrechtzuerhalten, bezeichnet er als Kompensation (SOK-Modell nach Baltes in Freund und Baltes: 62) (s. Kasten 1 ). Baltes betrachtet den Erwerb und die Verfeinerung dieser Fertigkeiten als eine übergreifende Entwicklungsaufgabe des Erwachsenenalters. Was aber ist

48 46 Barbara Hauler zu tun, wenn sich Defizite nicht mehr kompensieren lassen? Wenn durch den aktiven Einsatz der eigenen Fähigkeiten und Kräfte nicht so auf die Welt eingewirkt werden kann, die Gegebenheiten nicht so verändert werden können, dass die eigenen Ziele erreicht werden können (Assimilation)? Dann muss der Einzelne Modell der assimilativen und akkomodativen Bewältigung (Brandtstädter & Greve, 1994) Assimilation: hartnäckige Zielverfolgung durch Einwirken auf die Umwelt und die Gegebenheiten, so dass sie den eigenen Zielen entsprechen Akkomodation: Prozesse der flexiblen Zielanpassung: Umformulierung von Zielen, Abwerten unerreichbarer Ziele, Adjustieren des Zielniveaus, um das Ziel mit größerer Wahrscheinlichkeit erreichen zu können SOK-Modell (P. B. Baltes & M. M. Baltes, 1990) Selektion: Auswahl und Modifikation der Ziele Optimierung: zielgerichtete Bündelung der begrenzten Ressourcen Kompensation: Aufrechterhaltung eines Funktions- oder Fertigkeitsniveaus Kasten 2 Kasten 1 bereit sein, Ziele neu zu bewerten und gegebenenfalls auch neu zu formulieren (Akkomodation). Es geht also um das»wechselspiel von hartnäckiger Zielverfolgung (einerseits) und flexibler Zielanpassung (andererseits)«(freund und Baltes: 68) im Sinne einer Neuorientierung und Bindung an neue Ziele. Solche»akkomodativen«Bewältigungsstrategien (Modell der assimilativen und akkommodativen Bewältigung nach Brandstädter und Kollegen, s. Kasten 2) können den negativen Effekt von wahrgenommenen Defiziten und Verlusten, beispielsweise von gesundheitlichen Problemen, auf die Lebenszufriedenheit und das subjektive Wohlbefinden abpuffern (Freund und Baltes: 68). Eine meiner Patientinnen, die an einer metastasierten Krebserkrankung leidet, formulierte das für sich so:»den metastasierten Krebs habe ich in mir, aber vielleicht kann ich mit ihm leben, wenn ich ihn schon nicht vertreiben kann. Und ich habe auch andere (gesunde) Anteile! Ich dachte lange, ich könnte ihn loswerden. Jetzt denke ich: ich lasse mich nicht von ihm beherrschen!«aus ihren Worten wird deutlich, wie sie um eine neue Balance ringt, in der sie die Krankheit nicht leugnet, aber sich auch nicht mehr als allein durch sie bestimmt erlebt und nach Möglichkeiten sucht, dennoch gut zu leben. Das Wahrnehmen der zunehmend begrenzten eigenen Kräfte, sei dies nun durch das höhere Lebensalter, durch Krankheit oder andere Einschränkungen

49 Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen 47 bedingt, zwingt den Einzelnen dazu, die eigenen Ziele zu überdenken. Gleichzeitig ist es aber auch notwendig, die Idealvorstellungen von sich selbst immer wieder zu überprüfen, neu zu justieren und dem»realselbst«anzupassen in der Weise, dass die verbliebenen Aspekte des Selbst gerade als die wertvollen betrachtet werden. Nur so ist es möglich, unter Akzeptanz von Verlusten oder Defiziten eine stabile und positiv getönte Identität zu bewahren. Greve nennt diesen Vorgang»Selbst-Immunisierung«und schreibt:»derartige Formen der Selbst-Immunisierung erklären, wieso wir über die lange Spanne des Erwachsenenalters realitätsorientiert und erfolgreich handeln können, obwohl sich in uns manches verändert, aber gleichzeitig ein starkes Gefühl dafür bewahren können, dieselbe Person geblieben zu sein«(361). Die»Selbstimmunisierung«ermöglicht es uns, ein Gefühl von Kontinuität, Identität und Selbstwert aufrecht zu halten. Meine These ist nun, dass die nicht angemessenen inneren Konfliktlösungen zwar über das ganze Leben hinweg relevant bleiben können (und in der Therapie bearbeitet werden sollten), dass aber mit zunehmendem Lebensalter die Themen des Festhaltens und Loslassens, der Neuorientierung und der Selbstregulation mit in den Blick rücken müssen, um den Anliegen unserer Patientinnen und Patienten gerecht zu werden. Dabei wird im Einzelfall zu untersuchen sein, welche Auswirkungen die inneren (neurotischen) Konflikte auf die Fähigkeit haben, sich mit Aufgaben, Herausforderungen und Veränderungen im Verlauf des Erwachsenenlebens auseinanderzusetzen. Wir können nach Erikson zwischen neurotischen und traumatischen Krisen einerseits und»normativen Entwicklungskrisen«im Zusammenhang mit Übergängen andererseits unterscheiden. Während neurotische Krisen durch Abwehrvorgänge und starres Beharren gekennzeichnet sind, werden in Entwicklungskrisen neue Kräfte frei, die das Wachstumspotenzial nähren. Dabei können wir sogenannte»normative Stressoren«wie die Geburt von Kindern, den Eintritt ins Berufsleben, das»leere Nest«, den Ruhestand von»nicht-normativen«stressoren wie Scheidung, schwere Krankheit oder Arbeitslosigkeit unterscheiden. Fast alle Lebensalter sind mit alterstypischen»normativen«verlusterfahrungen verbunden, deren Eintreten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhergesehen werden kann. Zugleich treten Verlusterfahrungen aber auch außerhalb der»erwartbaren«zeiträume auf wie etwa der Unfalltod des 30-jährigen Freundes oder die Diagnose einer Krebserkrankung im mittleren Erwachsenenalter. Und gerade diese»off time«-erfahrungen stellen die Bewältigungsfähigkeiten der davon Betroffenen auf eine harte Probe.»Im Allgemeinen gilt, dass die Auseinandersetzung mit nicht normativen Faktoren (Stressoren) ein größeres Ausmaß an Selbstregulation fordert als die Auseinandersetzung mit Entwicklungsaufgaben.«(Freund und Baltes: 53) Annegret ist eine 58-jährige Patientin, die über die gesamte Lebensspanne von mehreren nicht erwartbaren Verlusten betroffen war. Ihr bis dahin gesunder Vater

50 48 Barbara Hauler starb überraschend an einer Lungenembolie, als sie 8 Jahre alt war. Danach»hörte das Leben«in der kleinen Familie»auf«, und»alles richtete sich nach der (8 Jahre älteren) herzkranken Schwester«. Die Schwester starb, als Annegret 11 Jahre alt war. Die Mutter wurde danach schwer depressiv. Annegret, die ein aufgewecktes, vielseitig interessiertes Kind gewesen war, litt nach dem Tod des Vaters unter massiven Verlustängsten und passte sich allen Erwartungen der Mutter an, um nicht auch noch sie zu verlieren. Sie entwickelte ein ausgeprägtes Sicherheits- und Kontrollbedürfnis und entwarf ein altruistisches Lebensmodell. Für ihr Ziel, Sicherheit und Geborgenheit in einer vollständigen Familie zu finden, war sie zu großem Einsatz und weitgehender Anpassung unter Zurückstellung der eigenen Bedürfnisse bereit. Sie heiratete nach Ausbildung und Studium und bekam drei Kinder. Die Familie wohnte im Elternhaus der Patientin gemeinsam mit ihrer Mutter, die dort eine eigene abgeschlossene Wohnung hatte und die Patientin bei der Betreuung der Kinder und im Haushalt unterstützte erkrankte ihr Mann an einem metastasierten Krebsleiden. Als er 2007 nach mehreren Operationen und jahrelanger aufopferungsvoller Pflege durch die Patientin starb, zerbrach ihr Lebenstraum, zusammen mit ihm das Alter zu verbringen. Sie verdrängte die damit verbundenen Gefühle der Trauer, des Schmerzes und auch der Wut weitgehend, da sie sich um ihre inzwischen 90-jährige Mutter kümmern musste. Deren Tod 2009 ließ nun diese verdrängten Gefühle und auch die bis dahin weitgehend verleugnete Ambivalenz in der Beziehung zur Mutter wieder aufbrechen und führten sie mit einer depressiven Verstimmung in die Psychotherapie. Ihre erste Imagination zum Motiv»Blume«zeigt bereits das ganze innere»drama«. Annegret sah einen wilden Mohn in ihrem Garten und wurde so stark von Trauer überwältigt, dass sie die Imagination beendete (Bild 9). In der Mohnblume deuten sich erste»differenzen«mit der Mutter an, die Mohnblumen»furchtbar«fand, während Annegret fasziniert ist von der Feinheit der Blüten und der Mohnkapseln. Der Mohn biete auch verblüht etwas Schönes, meinte sie. Rasch wurden ihr auch Selbstaspekte bewusst wie z. B. ihre Genügsamkeit, ihre Zartheit und ihre Vitalität. Mit dem Garten verbanden sich unzählige Erinnerungen an das frühere Familienleben, das sie in ihrem gemalten Bild andeutete. Das Bild drückt eindrucksvoll ihre tiefe Trauer aus (Bild 10), die sie verzweifelt und allein am unteren Bildrand Bild 9

51 Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen 49 sitzen lässt. Aus der Mohnblüte fließt eine Blutspur nach unten:»mein Herz blutet.«in die Blüte habe sie die Vergangenheit mit einem Zaun darum zeichnen müssen (Bild 11). Darin sieht man links die Garage mit ihrer Mutter davor, mit Eimer und Besen für Ordnung und Sauberkeit sorgend wie auch früher im Bild 10 Leben, daneben rechts das gemeinsame Haus mit vier Personen, ihrem Mann und den drei Kindern. Auf meine Frage, wo sie denn sei, reagierte sie überrascht. Wo war sie mit ihrem Eigenen in der Familienzeit? Sie stellte es weitgehend zurück, um die anderen zu schonen, und wagte es nicht, sich, ihre Bedürfnisse und ihre Wünsche zu zeigen. Bild 11 Die Beschwerden der Patientin nur unter dem Gesichtspunkt der inadäquat gelösten Konflikte um Autonomie und Abhängigkeit zu betrachten, wäre jedoch verkürzt. Für Annegret ging es neben der Trauerarbeit auch darum, ihren Lebensentwurf zu überarbeiten, in ihren Worten:»es zu schaffen, gut alleine zu leben und sich selbst als allein stehende Frau neu zu definieren«. Noch erlebte sie sich in einem Vakuum und fragte sich, was sie»aus ihrer neuen Freiheit machen«könne, ohne»die alten Muster (zu) aktivieren«. In einer Imagination zum Motiv»Landschaft«erinnerte sie sich an Erlebnisse zusammen mit ihrem Mann, bis sie sich schließlich allein am Bodensee vorfand, Schwemmholz suchend, die vielfältigen Sinneseindrücke genießend (Bild 12). Annegret setzte sich an eine kleine Mauer, genoss den Blick in die Weite und nahm staunend wahr, dass es auch im Leid solche Glücksmomente gibt. Sie fühlte sich intensiv im Kontakt mit dem Kreislauf von Werden und Vergehen, als sich ihr plötzlich der Gedanke aufdrängte, jemand nähere sich ihr von hinten.»es ist verrückt, ich habe das Gefühl, die Mauer wird lebendig. Es ist wie im Märchen,

52 50 Barbara Hauler wenn aus der Versteinerung ein Mensch herauswächst.«die Mauer in ihrem Rücken wurde weicher und lebendiger und bewegte sich. Sie hatte das Gefühl, aufgerichteter zu sitzen. Sie sah sich wie aus der Ferne und hatte den Eindruck, was hinter ihr wachse, sei weder Mensch noch Baum, sondern etwas aus Beidem. Annegret ist fasziniert von den Imaginationen. Immer wieder betont sie, wie erstaunt sie über ihre inneren Bilder sei und wie sehr sie sich zu unbedingter Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit sich selbst gegenüber verpflichtet fühle. Es sei ihr ein großes Bedürfnis,»in ihrer Wahrheit zu leben«. In den Imaginationen könne sie spüren, wie ein inneres Wissen den jeweils nächsten Schritt bestimme. Dies versuche sie auch zunehmend im Alltag zu nutzen. Mit dem Motiv»Bach«hatte sie zunächst gewisse Schwierigkeiten. Sie sah einen Bach, der durch einen Wald floss,»im Widerstreit«mit einem Bach in einer Wiese. Schließlich schob sich ein Wasserfall ins Bild, der in die Tiefe stürzte, als Verbindung zwischen den beiden Bächen (Bild 13). Sie stand etwa auf halber Höhe auf einem abschüssigen Weg und hatte eine Rutschpartie hinter sich. Auf meine Frage hin, ob sie sich sicher und dem von ihr geplanten weiteren Abstieg gewachsen fühle, entdeckte sie plötzlich ein stabiles Holzgeländer, an dem sie sich festhielt, wenn es zu steil wurde. Sie empfand großes Vergnügen und ein Gefühl von Leichtigkeit und Fröhlichkeit und verspürte Lust, wie ein Kind zu hüpfen. Diese Imagination markiert aus meiner Sicht einen wichtigen Schritt. Annegret hatte sich in all den belastenden Jahren niemandem anvertraut und kaum einmal um Hilfe gebeten. Ihre Überlebensstrategie war es gewesen, sich selbst maximal anzustrengen unter Hintanstellung ihrer eigenen Bedürfnisse, um ein Bild 12 Bild 13

53 Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen 51 Mindestmaß an Sicherheit zu haben und um die Zuneigung der wichtigen Anderen nicht zu verlieren. Nun tauchte im Bild, symbolisiert im Geländer, die Fähigkeit auf, sich an etwas /jemand festzuhalten, wenn es notwendig wäre. Annegret war sehr froh, dass sie es gewagt hatte, sich erstmals in ihrem Leben psychotherapeutische Hilfe zu suchen. Um Hilfe bitten zu können, ist ja ein wichtiger Faktor von Resilienz. Mit zunehmendem Alter wird es immer wichtiger, situationsangemessen Verantwortung abgeben, die eigene Hilfsbedürftigkeit annehmen und eine»schützende Abhängigkeit«akzeptieren zu können. Dann können sich die Kräfte unter Umständen auf neue Ziele konzentrieren! Auch dies ist ein Aspekt der»akkomodation«, der Anpassung»normativer Selbstvorstellungen«an die realen Notwendigkeiten. Ein weiteres wichtiges Moment dieser Imagination ist die Erfahrung, dass das Weitergehen auch»lustvolle«aspekte bieten kann. Für Annegret ging es ja neben der Trauerarbeit auch um Neuorientierung und die Suche nach ihrem eigenen Lebensweg. Damit thematisiert sie eine Frage, die uns alle im Verlauf des Lebens immer wieder betrifft. Können wir davon ausgehen, dass die Lebensentwürfe, die wir im jungen Erwachsenenleben gemacht haben, für das ganze Leben gelten? Was ist, wenn wir durch Alterserscheinungen oder durch Krankheiten bedingt einsehen müssen, dass wir die ursprünglich gewählten Ziele nicht werden erreichen können? Oder wie gehen wir damit um, wenn die Menschen, mit denen wir den Lebensabend gestalten wollten, nicht mehr da sind? Bei der Bewältigung solcher Bedrohungs- und Verlusterfahrungen geht es um die Frage,»inwieweit das Individuum seine Bewältigungsanstrengungen darauf richtet, die durch Bedrohung und Verlust dramatisch veränderte Lebenssituation selbst (noch) beeinflussen zu wollen, oder in wieweit es sich selbst der veränderten Lebenssituation anpasst«. (Filipp und Aymanns: 769) Diese Anpassung kann nur durch innere Prozesse erfolgen, beispielsweise durch die Neubewertung der Situation, durch das Neuordnen von Prioritäten im Leben oder durch Sinnfindung. Abschließend möchte ich noch Annegrets Imagination zum Motiv»Baum«schildern (Bild 14). Sie sah einen ausladenden, mächtigen Baum mit beeindruckenden Wurzeln und zarten, filigranen Blättern, die ein wunderbares Geräusch erzeugten, wenn der Wind Bild 14

3. Therapeutische Beziehung aus psychodynamischer Perspektive. 4. Beziehungsgestaltung im multidisziplinären therapeutischen Team

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