Der Zusammenhang von Führungsverhalten, Werten und Gesundheit
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1 Der Zusammenhang von Führungsverhalten, Werten und Gesundheit Harald Stummer Institut für Management und Ökonomie im Gesundheitswesen
2 Gesundheit Was ist Gesundheit? Das Gegenteil von Krankenstand? Wohlbefinden? Leistungsfähigkeit? Lebensbalance?
3 Die Lebensbereiche im Spannungsfeld Sinn Arbeit Leistung Individuum Organisation Körper Gesundheit Familie
4 Arbeitsfeldveränderungen in den letzten Jahren Neue Arbeitserfordernisse Flexible Arbeitszeiten/Organisationen Downsizing Auslagerungen Employability Ständige Erreichbarkeit (aber auch keine klare Trennung beruflich / privat) - meist weniger körperliche Belastungen, aber dann doch psychische?
5 Gesundheit und Arbeitsleben ca.60% der aktiv erlebten Zeit im Betrieb (insbesondere Männer, Frauen auch zunehmend) viele erfolgreiche Menschen haben oftmals keine 3 engen Freunde außerhalb des Arbeits-/Karriereumfelds, d.h. wenn die Arbeit belastend ist, oft wenig Ausgleich Stummer et al. 2008
6 Werte und Führungsverhalten Im Einfluss auf Gesundheit
7 Unternehmenskultur und Werte Schein 1980
8 Orientierung und Verbindlichkeit durch Werte (=Konzeption des Wünschenswerten) kontextabhängig, meist implizit Identität (=Wer sind wir? Wo gehen wir hin? Was ist unser Selbstverständnis?) intern, oft explizit und zielbezogen Image (=Wie nimmt die relevante Umwelt unsere Werte und Identität wahr?) Externe Wahrnehmung durch Kunden, Lieferanten, sonstige Geschäftspartner,
9 Allgemeines Lernmodell: Wie kommen wir zu werteorientiertem Verhalten? WISSEN über handlungsleitende Werte Wie sollte man sich verhalten? AKZEPTANZ Wie möchte ich mich verhalten? (espoused theory) VERHALTEN Wie verhalte ich mich tatsächlich? (theory in use) RÜCK-KOPPELUNG Intern: Feedback Extern: Kunde In Anlehnung an Argyris / Schön 1978
10 Werteorientierte Unternehmensführung Entwicklung / Einführung 1. Unmittelbar: Instrumente / Methoden Leitlinien/Leitbild Führungsgrundsätze Postulate (Weißbuch, ) 2. Mittelbar: Modelle / Referenzpersonen Top Management Führungskräfte (z.b. Filialleiter, Abteilungsleiter, ) 3. Rituale Feiern Ehrungen
11 Werteorientierte Unternehmensführung Nachhaltigkeit: Werte sichern 1. Prozesse der Rückkoppelung und Steuerung (direkt) Operationalisierung, Reflexion und Diskussion Zustandserhebung und Rückmeldung (Survey Feedback) Coaching (intern, extern) Verhaltensziele z.b. im MbO, MAG, u.a. 2. Einbindung in Medien (indirekt) Führungssysteme (z.b. MbO) Modelle der personalen Führung (z.b. Vroom) Skills (z.b. Moderation / Präsentation, Projektmanagement,...) u.a.
12 Werteorientierung in der Praxis Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Problemlösung für die Praxis: Sicherheitskultur am Arbeitsplatz
13 Sicherheitskultur / Gesundheitsmanagement 1. Entwicklungsprozess/Sensibilisierung Arbeitsunfähigkeitsdatenanalyse Mitarbeiterbefragungen Steuerungskreis / Gesundheitszirkel = Die MitarbeiterInnen an Ihrem Standort abholen und den Bedarf feststellen
14 Sicherheitskultur / Gesundheitsmanagement 2. Festlegung der Maßnahmen Indirekte Gesundheitsmaßnahme (Verhältnisarbeit) Arbeitsaufgabe Psychologische Umgebung Physikalische Umgebung Direkte Gesundheitsbeeinflussung (Verhaltensarbeit) Beratung Lehren und Trainieren
15 Sicherheitskultur / Gesundheitsmanagement 3. Vorgehensweise Akzeptanzkritischer Prozess Fit mit Situation (zeitlich und Reifegrad) Konsistenz 4. Verankerung Organisatorisch Bewusstsein schaffen Laufende Maßnahmen
16 Programm Zero Accidents der Firma SKF 1. Zielfestlegung der Holding: Kein Arbeitsunfall ist tolerabel Festlegung in die BSC 2. Sicherheit bei Planung und Prozessen berücksichtigt 3. Arbeitsplatzanalysen der bestehenden Bereiche 4. Verantwortliche und Teams festgelegt 5. Meetings zum Thema Sicherheit für alle MitarbeiterInnen
17 Programm Zero Accidents der Firma SKF Besondere Schwerpunkte: Schulungen über gefährliche Stoffe Sicherheit von Maschinen gekennzeichnet Gehörschutz - Lärmdämmung Sicherheit von Handwerkzeugen - Werkzeugkästen Verhaltens- und Verhältnisänderung
18 Programm Zero Accidents der Firma SKF Lernschleifen eingebaut Arbeitsunfallanalysen Melde- und Analysesystem von Beinahe- Unfällen Risikobewertungen Rituale Zero Accidents Awards Auszeichungen pro Channel (Fertigungsstraße) Arbeitsunfallsuhr beim Eingang
19 Nachhaltiges Gesundheitsmanagement Vom Projekt zur Nachhaltigkeit über Werte
20 Führungsverhalten Führungsverhalten geht vom Verhalten der Führungskraft aus Situativ oder universell? Führungskraft GeführteN-Interaktion
21 Gratifikationskrisen
22 mögliche gesundheitliche Auswirkungen Mitsprache, Partizipation, soziale Unterstützung, gehört und gesehen werden als Belohnung Gratifikationskrisen hoch signifikant bei koronaren Herzerkrankungen (Siegrist/Dragano 2006), aber auch bei Erschöpfungszuständen und subjektivem Wohlbefinden (p<0,01 Nolte/Stummer 2011)
23 Warum Führung und Führungsperson (2)? Soziale Lerntheorie (Bandura 1979) Modellierte Ereignisse Nachbildungsleistungen Modellierungsstimuli -Deutlichkeit -Affektive Valenz -Komplexität -Verbreitung -Funktionaler Wert Beobachtungsmerkmale -Wahrnehmungskapazität -Erregungsniveau -Frühere Bekräftigung Symbolische Kodierung Kognitive Organisation Symbolische Nachbildung Motorische Nachbildung Physische Fähigkeiten Verfügbarkeit der Teilreaktionen Selbstbeobachtung bei Reproduktion Feed-back zur Angemessenheit Äußere Bekräftigung Stellvertretende Bekräftigung Selbstbekräftigung Behaltensprozesse Aufmerksamkeitsprozesse Motorische Reproduktionsprozesse Motivationsprozesse
24 Warum Führung und Führungsperson (2)? Führungskraft als signifikant AndereR (Weick 1995 mit Anleihen an Mead 1934 und Eriksson 1965)
25 Empirische Evidenzen: zwei Fallstudien Unternehmen A: Produktionsbetrieb, Metall- und Maschinenbaubetrieb, ca. 750 MitarbeiterInnen, Produktion lediglich Männer, umfassendes Gesundheitsprogramm, überdurchschnittliche Krankenstände, kaum Fluktuation. Tendenziell auf Systemebene partnerschaftliche Unternehmenskultur. Schwedische Eigentümer. Unternehmen B: Produktionsbetrieb, Automobilindustrie, ca MitarbeiterInnen, Produktion mehrheitlich Männer, relativ junges umfassendes Gesundheitsprogramm, überdurchschnittliche Krankenstände, etwas Fluktuation. Großes Mißtrauen der Geschäftsleitung dem Betriebsrat und den ArbeiterInnen gegenüber. Deutsche Eigentümer. Beide Unternehmen: Überdurchschnittliche Krankenstände
26 Ziel der Fallstudien Unternehmen A: Sehr allgemein Bedingungsfaktoren für MitarbeiterInnengesundheit erheben und Zusammenhänge in dem Kontext explorieren. Nach ca. 6 Monaten allgemeiner Exploration, Fokussierung auf Führung. Schwerpunkt Firmendatenanalyse und qualitative Forschung. Unternehmen B: konkret auf Fallstudie A aufbauen, Wirkungsweisen und Effektstärken von führungsrelevanten Faktoren auf MitarbeiterInnengesundheit zu erheben. Mix aus Firmendatenanalyse, qualitative Befragungen der zentralen Entscheidungsträger, teilnehmende Beobachtung und quantitative MitarbeiterInnenbefragung.
27 Fallstudie A: Zentrale Ergebnisse Zentraler Einfluss der Führungskraft auf gesundheitsrelevantes Lernen Einfluss insbesondere durch subjektive Gesundheitstheorie der unmittelbaren Führungskraft beeinflusst. Betrifft sowohl die rein defizitorientierten Bereiche (Unfallvermeidung) wie auch Prävention und Gesundheitsförderung
28 Fallstudie B Linear Re gres sio n 0,00 5 0, , , ,0 0 Fü hrung s s pa nne 2,00 4,00 6,00 8,00 1 0,0 0 Krankenstandsquote Kra nke ns tands quo t e = 4, ,03 * f ue hru ng R- Sq uare = 0,3 7 N= 52 Abteilungen
29 Fallstudie B MitarbeiterInnenbefragung Normabteilung Kontakt mit dem Vorgesetzten hat signifikanten Einfluss auf die subjektive Gesundheitsdefinition der MitarbeiterInnen (p=0,041) Unterstützung des Gesundheitsprogrammes durch den direkten Vorgesetzten fördert hoch signifikant das wahrgenommene Betriebsklima (p=0,003) Bei sehr viel Kontakt mit dem Vorgesetzten, unterstützen MitarbeiterInnen Gesundheitsförderungsprogramme stärker (p=0,022) Wahrgenommene Wertschätzung durch den unmittelbaren Vorgesetzen der MitarbeiterInnen beieinflusst signifikant die Einstellung zur Arbeit (p=0,038) Häufiger Kontakt mit dem direkten Vorgesetzen puffert hoch signifikant die fehlende Wertschätzung durch die Gesamtorganisation (p=0,000) N zwischen 200 und 300
30 Die unmittelbare Führungskraft und die Gesundheit der MitarbeiterInnen Puffer- und Direkteffekt aus der Forschung von Social Support (Indizien sowohl für Demand-Control-Support als auch Gratifikationskrisen) Starke Wirkung des Kontakts der Führungskraft mit den MitarbeiterInnen sowohl auf Krankenstand als auch auf subjektives Wohlbefinden
31 aus einem Modellprojekt der Universität Bielefeld Soziale Beziehungen R² = Wertekapital Betrieb 4, Pilotprojekt unter Leitung Badura/Greiner, N= Arbeitsbedingungen R² = Führung R² = Krankheit R² =.27
32 Führung und Werte haben insbesondere bei Vollzeitberufstätigen einen Einfluss auf subjektive Gesundheit und auch Krankenstände von durchschnittlich knapp 30%, bei Krankheit oft mehr! Wir beeinflussen unsere MitarbeiterInnen stärker als wir oft in der Führung meinen
33 Danke für Ihre Aufmerksamkeit
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