Titus Simon Steffen Uhlig (Hrsg.) Schulverweigerung. Muster - Hypothesen - Handlungsfelder

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1 Schulverweigerung

2 Titus Simon Steffen Uhlig (Hrsg.) Schulverweigerung Muster - Hypothesen - Handlungsfelder Leske + Budrich, Opladen 2002

3 Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für die Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich ISBN ISBN (ebook) DOI / Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Berthold Druck und Direktwerbung

4 Inhaltsverzeichnis Vorwort der Herausgeber Titus Simon Zu Fragen der Schulverweigerung - eine Einführung Karl-Heinz Braun Schulverweigerung - eine Herausforderung für die pädagogische und soziale Qualitätsentwicklung der Regelschule Steffen Uhlig Handlungsstrategien im Umgang mit Schulverweigerung - Versuch einer Systematisierung Katrin Hinne Gedanken über die Entstehung einer pädagogischen Haltung in der Arbeit mit Schulverweigerern Kirsten Puhr "Ich hab' es angehalten, das Rad, das Schule schwänzen heißt" - was kann die Schule tun? Titus Simon Empirische Befunde zu Fragen der Schulverweigerung Ingo Gottschalk Entwicklungspotenziale Sozialer Arbeit an Schulen aus der Entwicklungsperspektive der Jugendhilfeplanung in Magdeburg - ein Praxisbericht Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

5 V orwort der Herausgeber Schulverweigerung ist in den letzten Jahren als ein gesellschaftliches Problem mit steigender Brisanz entdeckt worden. Hatten die seit Mitte der 90er Jahre geschaffenen Modelleinrichtungen noch eher einen,,exotenstatus" im Spektrum der Jugendhilfe, so ist das Thema längst von den Medien aufgegriffen worden. Eine von der Hochschule Magdeburg-Stendal in einer Kreisstadt durchgeführte Stichprobe macht deutlich, daß Schulschwänzen ein durchaus weit verbreitetes Phänomen darstellt. 44% von rund 560 befragten Schülerinnen und Schülern haben bereits die Schule geschwänzt. Der Anteil derer, die häufiger als einmal im Monat der Schule fernbleiben oder schon 14 Tage am Stück und länger gefehlt haben, liegt bei hohen 17,6%. Auch wenn man die Vermutung anstellt, daß "Schule schwänzen" für einen Teil der Schülerinnen und Schüler eine,,aktion mit Kick" darstellt, was zu Unschärfeproblemen bei den empirischen Erhebungen führen kann, bleibt festzuhalten, daß häufig genannte Schätzungen, weiche von 1-2% regelmäßigen Schulverweigerern ausgehen, zumindest für den Haupt- und Sekundarschulbereich zu niedrig angesetzt sind. Von der Schule oder der Jugendhilfe ausgehende Projekte, die ausnahmslos und gezielt mit Schulverweigerern arbeiten, sind relativ neu und von der Zahl her noch nicht sehr weit verbreitet. Ein Bundesmodellprogramm zur Etprobung derartiger Maßnahmen umfaßte im Zeitraum zwischen 1998 und 2001 rund 25 Projekte, davon waren ganze 6 ausschließlich auf die Arbeit mit Schulverweigerern spezialisiert. Die noch junge Entwicklungsgeschichte ist wesentlicher Grund dafür, daß für zahlreiche Projekte derzeit noch mit ihren Konzeptionen experimentieren und eine Reihe ungeklärter Fragen bestehen: Noch nicht geklärt ist häufig der Status derartiger Einrichtungen. Zwar sehen die Schulgesetze der meisten Bundesländer die Möglichkeit der Ersatzbeschulung vor, insgesamt befinden sich aber viele Projekte in einer schulrechtlichen Grauzone. Aus diesem ungeklärten Status sowie aus den gelegentlich auftretenden Abstimmungsproblemen zwischen Schuladministration und Jugendhilfe resultiert eine noch unzureichende institutionelle und finanzielle Absicherung.

6 8 Vorwort der Herausgeber Aber auch innerhalb bereits bestehender Projekte sind wichtige konzeptionelle Fragen zu beantworten: Was kann das Projekt leisten? Wo liegen einerseits Übereinstimmungen mit und andererseits Abgrenzungen zu anderen Anbietern des schulischen und des Jugendhilfesektors? Mit welchen Kooperationspartnern ist eine Zusammenarbeit notwendig und auch möglich? Wo liegen die Hemmnisse fiir eine Kooperation? Wie können das Meldeverfahren verbessert und Abstimmungsprobleme zwischen Schule und Jugendhilfe bzw. zwischen den Projekten auf der einen sowie Schule und Jugendhilfe auf der anderen Seite reduziert oder gar gänzlich vermieden werden? Mit dem vorliegenden Band sollen praxisbezogene Antworten auf die im Kontext von Schulabsentismus bestehenden Fragen gegeben werden. Ausgangspunkt fiir einen Teil der Beiträge sind Erfahrungen, die in bzw. im Umfeld des Modellprojektes "Zentrum fiir Alternatives Lernen e.v. Schönebeck" (Z.A.L.) gemacht werden konnten, bzw. im Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Begleitung dieser Einrichtung entstanden sind. Der als Hinfiihrung gedachte Beitrag von Titus Simon,.;zu Fragen der Schulverweigerung - eine Einfiihrung" skizziert die Geschichte des Umgangs mit Schulverweigerung und beschreibt dabei insbesondere die verschiedenen Phasen der Bestimmung und der Sozialpädagogisierung des Phänomens. Karl-Heinz Braun versteht "Schulverweigerung als Herausforderung fiir die pädagogische und soziale Qualitätsentwicklung der Regelschule ". Abgeleitet von dem bildungspolitischen und sozialpädagogischen Auftrag der Schule plädiert er dafiir, die pädagogischen Antworten auf Schulabsentismus und daraus abgeleitete Arbeitsformen vorrangig in dieser selbst zu verorten, was seiner Ansicht nach vielfältige Änderungen des Schulalltags und der Lernorganisation voraussetzt. Ausgegehend von den Erfahrungen, die Steffen Uhlig in seiner Funktion als Leiter des Z.A.L. machen konnte, entwickelt er unter dem Titel,,Handlungsstrategien im Umgang mit Schulverweigerung - Versuch einer Systematisierung" eine systemische Herangehensweise an den Absentismus, welche nicht nur der Erklärung dienen, sondern auch Ausgangspunkt fiir die Entwicklung einer den Schülern bzw. den Situationen entsprechender Strategien sein soll. Katrin Hinne knüpft in ihren "Gedanken über die Entstehung einer pädagogischen Haltung in der Arbeit mit Schulverweigerern" ebenfalls an ein systemisches Grundverständnis an. In besonderer Weise beschäftigt sich die Autorin mit der Frage, welche Formen professionellen HandeIns dabei zu wählen sind und welche Haltungen der in diesem Feld tätigen Pädagogen und Pädagoginnen zu einem "gelingend( er )en Alltag" fiihren könnten. Kirsten Puhr unternimmt in ihrem Aufsatz "Ich hab' es angehalten, das Rad, das Schule schwänzen heißt - was kann die Schule tun?" den Versuch, eine Systematisierung der verschiedenen Formen des Schulabsentismus vorzulegen sowie die möglichen Interventionsformen darzustellen, wobei die Autorin stets darauf achtet, die Perspektive der Schule verweigernden Kinder und Jugendlichen zu berücksichtigen. In seinem zweiten Beitrag stellt Titus Simon,,Empirische Befunde zu Fragen der Schulverweigerung" vor, die unmittelbar der Begleitforschung des Z.A.L. in Schönebeck entstammen.

7 Vorwort der Herausgeber 9 Ingo Gottschalk ist Jugendhilfeplaner der Landshauptstadt Magdeburg. In seinem Aufsatz "Entwicklungspotenziale Sozialer Arbeit an Schulen aus der Entwicklungsperspektive der Jugendhiljeplanung in Magdeburg - ein Praxis bericht.. werden die Schnittstellen zwischen Schule und Jugendhilfe deutlich und wird der Blick darauf gerichtet, daß sich eine qualifizierte Jugendhilfeplanung ab sofort stärker dem Phänomen Schulverweigerung zuwenden muß. In dem vorliegenden Band kommen verschiedene Professionen zu Wort und somit unterschiedliche Sichtweisen zur Geltung, was angesichts der jungen Projektgeschichte der Arbeit mit Schulverweigerern für die Absicherung und die Weiterentwicklung der bestehenden und künftig noch zu schaffender Einrichtungen gleichermaßen dienlich sein kann. Eine verbesserte Pädagogik im Feld Schulverweigerung zu befördern, ist das Leitmotiv von Herausgebern und Autoren. ritus Simon & Steffen Uhlig Magdeburg, Murrhardt & Schönebeck Im Sommer 2002