Verbesserung der Griffigkeit von Asphaltdeckschichten

Transkript

1 Teil 6: Seite 1 Eine durch Messungen festgestellte unzureichende Griffigkeit (Rauheit) kann mit verschiedenen, auf die Ursache(n) der mangelnden Griffigkeit abgestimmten Verfahren verbessert werden. Hierbei wird unterschieden zwischen Begriff abtragenden Verfahren mit Entfernen von Substanz aus der Asphaltoberfläche, auftragenden Verfahren mit Überbauung der Asphaltdeckschicht, rückformenden Verfahren mit Aufheizung, Aufnahme und Durchmischung der Asphaltdeckschicht (ggf. unter Zugabe von Ergänzungsmischgut) und anschließendem Wiedereinbau sowie dem Ersatz der Asphaltdeckschicht (siehe Tabelle). Die meisten auftragenden sowie die rückformenden Verfahren und der Deckschichtersatz stellen seit vielen Jahren im straßenbautechnischen Regelwerk enthaltene Standardbauweisen dar. Die abtragenden Verfahren sind dagegen Verfahren, die zum Teil noch in der Fortentwicklung sind, neue Verfahren befinden sich in der Erprobung. AL

2 Teil 6: Seite 2 Regelwerke Konstruktive Hinweise M BGriff Merkblatt für die Bewertung der Straßengriffigkeit bei Nässe, FGSV-Nr. 401 Merkblatt für griffigkeitsverbessernde Maßnahmen an Verkehrsflächen aus Asphalt, FGSV-Nr. 763 M FA Merkblatt für das Fräsen befestigungen, FGSV-Nr. 786/5 MRF Merkblatt für das Rückformen schichten, FGSV-Nr. 786/1 ZTV BEA-StB Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für die Bauliche Erhaltung straßen, FGSV-Nr. 798 TP Griff-StB (SCRIM) Technische Prüfvorschriften für Griffigkeitsmessungen im Straßenbau, Teil: Messverfahren SCRIM, FGSV-Nr. 408/1 Arbeitsanweisung für kombinierte Griffigkeits- und Rauheitsmessungen mit dem Pendelgerät und dem Ausflussmesser, FGSV-Nr. 402 Auswahl des Verfahrens Die Verfahren zur sind nach technischen und organisatorischen Gesichtspunkten sowie Kosten-Nutzen-Aspekten auszuwählen. Im Einzelnen ist zu berücksichtigen, wie zuverlässig die Ursache der mangelnden Griffigkeit beseitigt wird,

3 Teil 6: Seite 3 wie lange die Wirkung des gewählten Verfahrens voraussichtlich anhält, wie dringend bauliche Maßnahmen für die Wiederherstellung der Verkehrssicherheit sind, ob noch andere Schäden der Asphaltkonstruktion, ggf. im Rahmen anstehender Erhaltungsmaßnahmen, zu beseitigen sind, welche verfahrens- und ursachenabhängige, jahreszeitliche bzw. witterungsbedingte Ausführungszeitpunkte einzuhalten sind, wie groß die zu behandelnde Fläche ist, welcher Beanspruchung die Fläche unterliegt (hoher Schwerverkehrsanteil mit Schubbeanspruchungen oder relativ geringe Verkehrsbelastung). Grundsätzlich sollen mit den Verfahren die vom Schaden betroffenen Fahrstreifen in gesamter Breite erfasst werden, um das Entstehen unterschiedlich griffiger Flächen zu vermeiden. Die Ursachen einer mangelnden Griffigkeit sind alleine oder in Kombination: Bindemittel-/Mörtelanreicherungen an der Asphaltoberfläche, verursacht durch zu bindemittelreich und hohlraumarm zusammengesetzte Mischgüter durch zu intensive Verdichtung mörtel-/ bindemittelreicher und hohlraumarmer Mischgüter bei hohen Einbautemperaturen polierte Kornoberflächen der im Mischgut verwendeten Gesteinskörnungen AL

4 Teil 6: Seite 4 Zur Ermittlung der Ursache(n) sind im Allgemeinen asphalttechnologische Untersuchungen notwendig, insbesondere bei Bindemittel- und Mörtelanreicherungen. In der Tabelle 1 ist die Eignung griffigkeitsverbessernder Verfahren in Beziehung zu den Ursachen mangelnder Griffigkeit gegenübergestellt und qualitative Aussagen zur Wirkungsdauer getroffen. Hieraus lässt sich allgemein ableiten: Abtragende Verfahren haben, weitgehend unabhängig von der Schadensursache, eine nur relativ geringe Wirkungsdauer. Ihre Anwendung ist daher vor allem für dringende Sofortmaßnahmen zur schnellen Wiederherstellung der Verkehrssicherheit auf begrenzten Flächen sinnvoll. Sie eignen sich zur Überbrückung des Zeitraums bis zur Realisierung ohnehin erforderlicher Erhaltungsmaßnahmen aufgrund weiterer Schäden. In der Regel sind die Verfahren wiederholbar. Auftragende Verfahren, der Ersatz der Deckschicht sowie Rückformverfahren haben bei gezieltem Einsatz polierresistenter Gesteinskörnungen eine gute Langzeitwirkung.

5 Teil 6: Seite 5 Tab. 1: Gegenüberstellung von griffigkeitsverbessernden Verfahren zu den Ursachen mangelnder Griffigkeit Maßnahmen gemäß ZTV BEA/BEB Sofortmaßnahmen rückformend auftragend abtragend Anwendung bei Feinfräsen + + Kugelstrahlen (+) + Verfahren Bindemittel-/ polierten Wirkung Mörtelan- Kornreicherungen oberflächen Schlagsternverfahren (+) + Meißelverfahren + Wasserhochdruckverfahren Anwärmen und Absplitten (+) (+) Kunstharzbeschichtung + OB + DSK + + kurzfristig DSH + + langfristig ED + + Reshape + Remix + + Remix compact geeignet (+) bedingt geeignet nicht geeignet AL

6 Teil 6: Seite 6 Ausführung und Beschreibung der Verfahren Allgemeines Es werden nachfolgend nur Sofortmaßnahmen (abtragende Verfahren) sowie die Verfahren Kunstharzbeschichtung und Anwärmen und Absplitten (auftragende Verfahren) beschrieben (siehe Tabellen 2 8). Da die übrigen auftragenden sowie Rückformverfahren Standardbauweisen der ZTV BEA-StB bzw. ZTV Asphalt-StB sind, erübrigt sich für sie eine detaillierte Beschreibung (siehe hierzu die Beiträge im Teil 6). Die aufgeführten Verfahren sind maschinelle Verfahren mit zum Teil hoher Flächenleistung. Da diese von vielen Einflussfaktoren des Einzelfalls abhängen, können keine allgemeingültigen Aussagen gemacht werden. Die Bausubstanz wird bei fachgerechter Ausführung der abtragenden Verfahren nicht geschwächt. Voraussetzung hierfür ist, dass die Einwirktiefe, Vortriebsgeschwindigkeit und Anordnung der Werkzeuge so eingestellt sind, dass ein schonender Oberflächenabtrag entsteht und das Herauslösen von Gesteinskörnungen verhindert wird. Die Ausführung griffigkeitsverbessernder Maßnahmen sollte an erfahrene Fachfirmen, möglichst im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung, vergeben werden. Die Wirkung und Dauerhaftigkeit des ausgeführten Verfahrens sollte durch jährliche Messungen der Griffigkeit überprüft und dokumentiert werden.

7 Teil 6: Seite 7 Abtragende Verfahren (Sofortmaßnahmen) Tab. 2: Feinfräsen Feinfräsen (abtragendes Verfahren) Beschreibung des Verfahrens Anwendung Ausführungszeitpunkt Langzeitwirkung Besonderheiten/Einschränkungen Die mit Fräswerkzeugen (Rundschaftmeißel) bestückte und rotierende Fräswalze mit einem gegenüber der konventionellen Fräse reduzierten Schnittlinienabstand (8 mm anstatt 12 mm, siehe Abbildungen 1 und 2) trägt in geringer Tiefe (Minimaltiefe etwa 4 mm) den obersten Teil der Asphaltdeckschicht ab. Die Splittkörner werden angeschlagen, Mörtelbestandteile herausgelöst. Die Fräse arbeitet ohne Wärmezufuhr. Es entsteht eine feine Oberflächentextur ohne ausgeprägte Längsrillen. Arbeitsbreite: 0,3 2,0 m polierte Kornoberflächen Mörtelanreicherungen für das Abtragen von Mörtelanreicherungen in der kalten Jahreszeit bei polierten Kornoberflächen und strukturbedingten Mörtelanreicherungen gering (etwa 1 2 Jahre) bei Mörtelanreicherungen aufgrund zu intensiver Verdichtung mehr als 2 Jahre mögliche Erhöhung des Rollgeräuschpegels nur bedingt geeignet auf Gussasphaltoberflächen (Entfernen des Abstreusplitts) Vertiefungen in der Rollspur können nicht bearbeitet werden. Von der Fräse nicht zu erreichende Flächen (Zwickel, Bereiche von Einbauten) müssen mit Kleinfräsen gesondert bearbeitet werden. Vor Verkehrsfreigabe ist die Oberfläche mit einer Kehr-/Saugmaschine zu reinigen. AL

8 Teil 6: Seite 8 Abb. 1: Feinfräswalze (Systemskizze) Abb. 2: Feinfräswalze

9 Teil 6: Seite 9 Tab. 3: Kugelstrahlen Kugelstrahlen (abtragendes Verfahren) Beschreibung des Verfahrens Anwendung Ausführungszeitpunkt Langzeitwirkung Besonderheiten/Einschränkungen Beim Auftreffen von mit hoher Geschwindigkeit auf die Asphaltoberfläche geschleuderten Kugeln werden die Kornoberflächen aufgebrochen und geringe Mörtelanteile gelöst. Die Aufnahme von Strahlgut- und Materialabtrag (0,5 bis 1 kg/m 2 ) erfolgt in einem Arbeitsgang mit Trennung und Wiederverwendung der Stahlkugeln. Es entsteht eine feine, richtungslose Oberflächentextur. Ein Großgerät zeigt die Abbildung 3. Arbeitsbreite: etwa 2 m polierte Kornoberflächen Mörtelanreicherungen (wiederholter Arbeitsgang erforderlich) trockene Witterung für das Abtragen von Mörtelanreicherungen zusätzlich in der kalten Jahreszeit bei polierten Kornoberflächen und strukturbedingten Mörtelanreicherungen: gering (etwa 1 2 Jahre) bei Mörtelanreicherungen aufgrund zu intensiver Verdichtung mehr als 2 Jahre keine Anwendung bei größeren Unebenheiten im Querprofil (Spurrinnen) AL

10 Teil 6: Seite 10 Abb. 3: Kugelstrahlen mit Großgerät

11 Teil 6: Seite 11 Tab. 4: Schlagsternverfahren Schlagsternverfahren (abtragendes Verfahren) Beschreibung des Verfahrens Mit Hartmetallmeißel bestückte Metallscheiben sind auf Trägerwellen radial beweglich (Bohrung der Scheiben größer als die Dicke der Welle) eingehängt, die ihrerseits auf einer Trommel befestigt sind (siehe die Abbildungen 4 und 5). Bei Rotation der Trommel schlagen die Scheiben bzw. Meißel auf die Asphaltoberfläche und brechen damit die Kornoberflächen auf sowie Mörtel aus dem Asphalt heraus. Es entsteht eine feine Oberflächentextur. Anwendung Ausführungszeitpunkt Langzeitwirkung Besonderheiten/Einschränkungen Arbeitsbreite: 0,3 bis 1,8 m polierte Kornoberflächen Mörtelanreicherungen für das Abtragen von Mörtelanreicherungen in der kalten Jahreszeit gering (etwa 1 2 Jahre) mögliche Erhöhung des Rollgeräuschpegels keine Anwendung bei größeren Unebenheiten im Querprofil (Spurrinnen) Vor Verkehrsfreigabe ist die Oberfläche mit einer Kehr-/Saugmaschine zu reinigen. AL

12 Teil 6: Seite 12 Abb. 4: Schlagsternverfahren (Systemskizze) Abb. 5: Trommel mit Schlagsternwellen

13 Teil 6: Seite 13 Tab. 5: Meißelverfahren Meißelverfahren (abtragendes Verfahren) Beschreibung des Verfahrens Anwendung Ausführungszeitpunkt Langzeitwirkung Besonderheiten/Einschränkungen Auf drehbaren Trägerelementen befestigte Hartmetallmeißel bearbeiten mit einer hochfrequenten, pulsierenden Kraft steinmetzartig die Asphaltoberfläche, wobei die groben Gesteinskörner angebrochen werden. Die Trägerelemente sind in den umgebauten Rahmen der Verstellbohle eines Fahrbahndeckenfertigers montiert (siehe die Abbildungen 6 bis 8). Ein Querantrieb der Aufrauvorrichtung sorgt für eine oszillierende Hin- und Herbewegung. Durch die statisch-dynamische Krafteinwirkung wird eine fein bis grob strukturierte Oberfläche erzeugt (ähnlich Fischgrät-Muster). Arbeitsbreite: 0,20 bis 3,60 m (Grundbreite 2,40) polierte Splittköpfe beliebig gering (etwa 1 2 Jahre) möglich bei Spurrinnen und anderen Unebenheiten mit mäßiger Tiefe (maximal 3 cm) mögliche Erhöhung des Rollgeräuschpegels Vor Verkehrsfreigabe ist die Oberfläche mit einer Kehr-/Saugmaschine zu reinigen. AL

14 Teil 6: Seite 14 Abb. 6: Meißelverfahren (Systemskizze) Abb. 7: Hartmetallmeißel (Detail)

15 Teil 6: Seite 15 Abb. 8: Meißelverfahren im Einsatz AL

16 Teil 6: Seite 16 Tab. 6: Wasserhochdruckverfahren Wasserhochdruckverfahren (abtragendes Verfahren) Beschreibung des Verfahrens Wasser wird mit hohem Druck über Düsen auf die Asphaltoberfläche gestrahlt. Die sich in Querrichtung hin und her bewegende Strahleinheit ist auf einem fahrbaren Gestell montiert, das von einem Fahrzeug in Längsrichtung geschoben wird (siehe Abbildung 9). Der Materialabtrag (Mörtel) wird entweder durch eine integrierte Saugvorrichtung oder eine nachgeführte Kehr-/ Saugmaschine aufgenommen. Anwendung Ausführungszeitpunkt Langzeitwirkung Besonderheiten/Einschränkungen Arbeitsbreite: etwa 2,30 m Mörtelanreicherung möglichst bei kühler Witterung (Belagstemperatur aber größer 0 C) gering (etwa 1 2 Jahre) Wegen des sehr hohen Wasserdrucks (bis bar) besteht die Gefahr von Kornablösungen. Vor Beginn der Arbeiten sollte daher an einer Probefläche die geeignete Druckhöhe ermittelt werden.

17 Teil 6: Seite 17 Abb. 9: Hochdruckwasserstrahlgerät im Einsatz AL

18 Teil 6: Seite 18 Tab. 7: Anwärmen und Absplitten Auftragende Verfahren (Sofortmaßnahmen) Anwärmen und Absplitten (auftragendes Verfahren) Beschreibung des Verfahrens Die Asphaltoberfläche wird mit einem Flächenheizgerät (z.b. Infrarotstrahler) schonend erwärmt (max. 100 C) und anschließend Splitt gleichmäßig und dosiert aufgestreut (Splittstreuer mit Dosierwalze) und sofort mit einer statisch wirkenden Walze eingedrückt (Abschluss der Arbeiten spätestens bei 80 C). Die Abbildung 10 zeigt die Ausführung mit einem Gerätezug. In der Regel wird vorbituminierter Edelsplitt der Körnung 2/5 oder 1/3 eingesetzt. Das Verfahren ist nur für kleine Flächen wirtschaftlich einsetzbar. Anwendung bei nicht ausreichender Anfangsgriffigkeit in Folge fehlender Abstreuung Bindemittel-/Mörtelanreicherungen Ausführungszeitpunkt vorzugsweise in der warmen Jahreszeit bei trockener und windstiller Witterung Langzeitwirkung etwa 2 Jahre Besonderheiten/Einschränkungen Für den Einsatz des Verfahrens ist es erforderlich, dass die Asphaltoberfläche eine ausreichende Mörtelmenge aufweist. wirksamer Einsatz nur bei weitgehend ebenen Oberflächen Vor der Verkehrsfreigabe muss die Oberfläche abgekühlt und nicht eingebundener Splitt entfernt sein.

19 Teil 6: Seite 19 Abb. 10: Gerätezug für das Verfahren Anwärmen und Absplitten AL

20 Teil 6: Seite 20 Tab. 8: Kunstharzbeschichtungen Kunstharzbeschichtungen (auftragendes Verfahren) Beschreibung des Verfahrens Auf die Asphaltoberfläche wird ein gut haftendes Kunstharz (Epoxidharz) flächig und in gleichmäßiger Dicke aufgebracht und unmittelbar danach das Harz mit ausgewählten polierresistenten Gesteinskörnungen abgestreut. Auf ein Anwalzen wird verzichtet. Der Einbau erfolgt in der Regel einlagig und maschinell mit Spritzrampe und Balkenstreugerät für die zwingend notwendige Dosierung und Gleichmäßigkeit. Es entsteht eine dauerhafte Einbindung der Gesteinskörnungen in die Epoxidharzmasse. Die verwendeten Baustoffe und ihre Mengen sind: Anwendung Ausführungszeitpunkt Langzeitwirkung Besonderheiten/Einschränkungen 0,4 0,7 kg/m 2 ungefülltes, lösemittelfreies Reaktionsharz (Epoxidharz) 2,0 3,5 kg/m 2 getrocknete Gesteinskörnungen 1/2 oder 2/3 mit PSV-Wert 53 und SZ-Wert 18 M.-% polierte Kornoberflächen in der warmen Jahreszeit hoch Die Unterlage muss trocken und sauber (frei von trennenden Substanzen, z.b. Öle, Staub) sein und eine Temperatur von mindestens 8 und höchstens 40 C aufweisen. Die Luftfeuchte soll unter 85 % liegen, bei zu erwartendem Niederschlag sind die Arbeiten einzustellen. Die behandelte Asphaltoberfläche ist bis zum abgeschlossenen Erhärtungsprozess gegen Befahren, Verschmutzung und Niederschlag zu schützen. Nach dem Erhärten sind überschüssige bzw. nicht eingebundene Gesteinskörner zu entfernen.