HAUCK SOZIALPOLITIK DER UNTERNEHMEN

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1 HAUCK SOZIALPOLITIK DER UNTERNEHMEN

2 DIE INDUSTRIELLE ENTWICKLUNG Analyse der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Auswirkungen der Industrialisierung Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Fritz V oigt, Hamburg, Prof. Dr. Karl Hax, Frankfurt a. M., Prof. Dr. Karl Gustav Specht, Nürnberg und Prof. Dr. Waldemar Besson, Erlangen Abteilung A UNTERSUCHUNGEN ZUR VOLKSWIRTSCHAFTSPOLITIK Buchreihe des Instituts für Industrie- und Gewerbepolitik der Universität Hamburg Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Fritz Voigt, Hamburg Band 122 Dr. Roland Hauck Sozialpolitik der Unternehmen Schriftleitung: Herbert Schmidt

3 ROLAND HAUCK SOZIALPOLITIK DER UNTERNEHMEN unter dem Einfluß der Mitbestimmung der Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH

4 ISBN ISBN (ebaok) DOI / Vetlags-Nr /122 Alle Rechte Vorbehalten 1963 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen Softcover reprint ofthe hardcover 1st edition 1963

5 VORWORT DES HERAUSGEBERS Ober einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg hat eine Arbeitsgruppe des Instituts für Industrie- und Gewerbepolitik der Universität Hamburg unter meiner Leitung die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland untersucht. Bisher gab es über diese wichtige Institution der Mitbestimmung in der deutschen wissenschaftlichen Literatur nur sehr wenige Darstellungen, die nicht von den Persönlichkeiten aus dem Kreise der Sozialpartner, also der Gewerkschaften oder der Arbeitgeber verfaßt waren. Nach einem Jahrzehnt, seit Inkrafttreten der maßgeblichen Gesetze, läßt sich eine endgültige wissenschaftliche Würdigung des Wirkens dieser teilweise heißumkämpften Institution noch nicht geben. Die Analyse, die wir in größtmöglicher Objektivität und mit genügender Vorsicht durchführen, kann zunächst nicht mehr als ein Versuch sein, der zu Diskussionen anregen soll. Die ersten Ergebnisse dieser Untersuchung wurden in den "Schriften des Vereins für Socialpolitik" niedergelegt, da der Ausschuß für Sozialpolitik der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften die Untersuchung angeregt hattel. Diese Darstellung sollte zunächst nur einen Ausschnitt des gesamten Forschungsprogramms darstellen. Seine Aufgabe war es, die Einwirkung der Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland auf die Unternehmungsführung aufzuzeigen. Die hier vorgelegte Studie von Herrn Dr. Roland Hauck beschäftigt sich mit dem Einfluß der Mitbestimmung auf die Sozialpolitik der Unternehmungen. Ein späterer Band wird die Einwirkung der Mitbestimmung auf die Lohnpolitik der Unternehmungen behandeln. Weiterhin entsteht eine Arbeit, welche vergleichend die Einwirkungen der Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf die Unternehmensführungen in Deutschland, Großbritannien und Frankreich zu analysieren sucht. Den Schlußband dieser Themengruppe,Mitbestimmung' beabsichtige ich in der Schriftenreihe "Industrielle Entwicklung" selbst zu verfassen. Er soll einen Gesamtüberblick über die Ergebnisse der Forschungsarbeit bringen, die zur Zeit noch weiterläuft. Ins- 1 Voigt, Fritz: Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Unternehmungen. Eine Analyse der Einwirkungen der Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland auf die Unternehmungsführung. In: Schriften des Vereins für Socialpolitik, Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, N. F., Band 24/1. Zur Theorie und Praxis der Mitbestimmung. 1. Band. Hrsg. Walter Weddigen. Berlin 1962, S

6 6 Vorwort des Herausgebers besondere soll in einem internationalen Vergleich die Mitbestimmung der Arbeitnehmer mit ähnlichen Institutionen in Ländern der Marktwirtschaft wie auch in den Ländern mit kommunistischer bzw. sozialistischer Wirtschaftsverfassung untersucht werden. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer oder die Arbeiterselbstverwaltung sind nicht nur das Produkt eines wirtschaftspolitischen Eingriffes, das mit der Entwicklung der Marktwirtschaft oder der kommunistischen Wirtschaft nicht in Einklang steht. Zwar haben sich in der Gesetzgebung viele Ungereimtheiten und Überschneidungen der Zielsysteme ergeben. Dennoch können wir die Mitbestimmung, wie auch die Arbeiterselbstverwaltung, nur als eine Reaktion im Industrialisierungsprozeß verstehen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt und bei einer bestimmten Datenkonstellation auftreten mußte. Für mich, als den Leiter der Forschungsgruppe, war es überaus interessant, wie die anhaltende Beschäftigung und Auseinandersetzung mit dem Problem der Mitbestimmung der Arbeitnehmer meine Mitarbeiter prägte. Ich hatte die Mitarbeiter aus ganz unterschiedlichen sozialen Kreisen gewählt. Sie kamen an die Arbeit mit voneinander erheblich abweichenden politischen Anschauungen. Insbesondere waren einige von ihnen von vornherein der Mitbestimmung gegenüber freundlich gesonnen, andere lehnten sie schroff ab, ohne die Institution dabei näher zu kennen, als dies bei jungen Akademikern gemeinhin der Fall ist, auch wenn sie eine Zeitlang in der Praxis tätig waren. Auffallend war es für mich, daß jeder meiner Mitarbeiter im Laufe der jahrelangen Beschäftigung seine politische Einstellung und auch die Einstellung zur Mitbestimmung änderte. Schon dieser überaus interessante Vorgang zeigt, wie vielfältig Vorzüge, Nachteile, Impulse und Hemmnisse in der Institution der Mitbestimmung der Arbeitnehmer verteilt sind. Vor Erlaß der grundlegenden Gesetze über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer wurde allgemein angenommen, daß die Gewerkschaften grundsätzlich die Mitbestimmung der Arbeitnehmer begeistert würdigen würden und ihre Ausdehnung erzwingen könnten. Andererseits vermutete jedermann, daß unter den Unternehmern und Arbeitgebern größte Bedenken gegen diese Institution geltend gemacht würden. Nach dem zehnjährigen Wirken der Institution haben sich die Fronten erheblich verschoben. Die schärfsten Kritiker, aber auch die begeistertsten Freunde der Mitbestimmung der Arbeitnehmer fanden wir unter den führenden Persönlichkeiten der Gewerkschaften. Unter den Arbeitern gab es viele, die bereit waren, die bisherigen Errungenschaften der Mitbestimmung der Arbeitnehmer mit allen Kräften zu verteidigen. Aber erheblich größer war die Zahl jener, die der Mitbestimmung gleichgültig gegenüberstanden. Andererseits stießen wir auf viele Unternehmer, die uns gegenüber immer wieder betonten, wie wertvoll sich bisher die Mit-

7 Vorwort des Verfassers 7 bestimmung der Arbeitnehmer für die Entwicklungsfähigkeit eines freiheitlichen Systems der Marktwirtschaft gezeigt hatte. Für die vorliegende Studie von Dr. Hauck über die Sozialpolitik der Unternehmen unter dem Einfluß der Mitbestimmung der Arbeitnehmer trägt der Verfasser voll die Verantwortung. Das Ergebnis der Studie ist zwar auch ein Produkt der Team-Arbeit. Ich legte jedoch großen Wert darauf, daß jeder der Mitarbeiter die Möglichkeit erhielt, eigene Ideen zu entwickeln und das Wesen der Mitbestimmung mit Maßstäben zu werten, die sich jeder selbst im Verlauf der Untersuchung zu erarbeiten vermochte. Persönlich gehe ich durchaus nicht mit allen Gedankengängen des Verfassers konform. Ich halte sie aber für diskussionswürdig; gerade weil so viele volkswirtschaftliche und soziale Auswirkungen der Mitbestimmung schwer exakt erfaßbar sind, ist eine immer wiederkehrende Diskussion nötig und wertvoll. Aumühle bei Hamburg, den 18. Februar Fritz Voigt VORWORT DES VERFASSERS Im Rahmen der von Herrn Professor Dr. Dr. Fritz Voigt geleiteten Untersuchung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Unternehmungen der Bundesrepublik Deutschland war dem Verfasser der vorliegenden Schrift die Aufgabe gestellt, das Wesen der Sozialarbeit in den Unternehmungen zu erforschen und die Beziehungen zwischen dieser dezentralen sozialpolitischen Aktivität und der Mitbestimmung der Arbeitnehmer zu analysieren. Wie Professor Dr. Dr. Fritz Voigt in seinem Vorwort zu dieser Schrift bereits betont, kann die Analyse nicht mehr sein als ein Versuch, zur Diskussion und zum weiteren Forschen anzuregen. Im ersten Teil der Studie wird auf die Frage nach den Zielen und Motiven der Sozialpolitik der Unternehmen (im folgenden auch betriebliche oder industrielle Sozialpolitik genannt) eingegangen. Erst die Erkenntnis der qualitativen Basis dieser auf den Unternehmens- oder Betriebsbereich bezogenen sozialpolitischen Aktivität macht es möglich, quantitative Entwicklungen auf diesem Gebiet gesellschaftspolitisch richtig zu bewerten. Im zweiten Teil der Studie werden die Einflußmöglichkeiten der Arbeitsdirektoren und Betriebsräte auf die Sozialarbeit der Unternehmen untersucht. Dabei steht die Frage

8 8 Vorwort des Verfassers nach der qualitativen Einstellung dieser Arbeitnehmerrepräsentanten zur Sozialpolitik im Unternehmensbereich im Vordergrund. Die Forschungen umfaßten den Bereich der " qualifizierten " und " einfachen " Mitbestimmung. Die "qualifizierte" Mitbestimmung ist nach dem Mitbestimmungsgesetz und der Holding-Novelle geregelt. Danach sind in der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie sowie im Bergbau Arbeitsdirektoren in die Vorstände zu wählen und die Aufsichtsräte zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen. Von "einfacher" Mitbestimmung wird dort gesprochen, wo Unternehmen nur dem Betriebsverfassungsgesetz unterliegen, das im wesentlichen nur die Wahl von Betriebsräten, ihren Funktionsbereich sowie die Drittelbesetzung der Aufsichtsräte durch Arbeitnehmervertreter vorschreibt. Insgesamt wurden 36 Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie und 8 Holding-Gesellschaften, 44 Unternehmen des Bergbaus und mehr als 200 Unternehmen, die nur dem Betriebsverfassungsgesetz unterliegen, in die Analyse einbezogen. Es würde den Rahmen der vorliegenden Studie sprengen, die Mitbestimmungsgesetze und die von Herrn Professor Dr. Dr. Fritz Voigt eigens für die Forschungsarbeit entwickelte Untersuchungsmethode ausführlich zu erläutern. Der Verfasser darf deshalb den Leser auf die Arbeit von Professor Dr. Dr. Fritz Voigt verweisen, die gleichsam als methodologische Grundlage für die nachfolgenden Ausführungen anzusehen ist. Zum Abschluß dieses Vorwortes möchte ich hervorheben, daß ich meinem verehrten Lehrer Herrn Professor Dr. Dr. Fritz Voigt besonderen Dank schulde. Er hat mich zu der vorliegenden Studie ermutigt, das Manuskript kritisch durchgesehen und mir wertvolle Anregungen gegeben. Dank schulde ich besonders auch Herrn Diplom-Volkswirt Herbert Schmidt und den übrigen Mitarbeitern des Instituts für Industrie- und Gewerbepolitik der Universität Hamburg, sowie meinem Mitarbeiter Herrn Schüler. Sie alle gewährten mir manche Hilfe. Laboe bei Kiel, im April Roland H auck

9 INHALT Vorwort des Herausgebers... 5 Vorwort des Verfassers Einleitung: Zur Sozialpolitik im allgemeinen ERSTER TEIL: Ziele und Wesen der Sozialpolitik der Unternehmen Ausschaltung der aus dem Produktionsprozeß resultierenden sozialen Konfliktquellen Motivpluralismus in der Praxis Konzeptionelle Koordination Systematisierung des Instrumentariums Demokratische Willensbildung ZWEITER TEIL: Einwirkungen durch die Mitbestimmung der Arbeitnehmer Wesen der Mitbestimmung Einwirkungen der Arbeitsdirektoren a) Rechtsgrundlagen b) Ressortbegrenzung c) Ressortausdehnung d) Umfassende geschäftsführende Tätigkeit e) Bedeutung des virtuellen Aktionssektors f) Der Erlebnishorizont als entscheidende Bestimmungskomponente g) Sozialpolitische Neuorientierung h) Abbau sozialer Leistungen i) Vorrangigkeit von Arbeitsschutz und Gesundheitsdienst j) Vernachlässigung konzeptioneller Koordination k) ökonomisierungstendenzen... 65

10 10 Inhalt 3. Einwirkungen der Betriebsräte a) Rechtsgrundlagen b) Einfluß bei der Regelung von Akkord- und Stücklohnsätzen c) Unfallbekämpfung d) Vorrangigkeit quantitativer Gesichtspunkte e) Forderung nach verbindlicher Regelung zusätzlicher Sozialleistungen 73 f) Forderung nach weiterer Intensivierung des Unfall- und Gesundheitsschutzes Schluß teil Summary Literaturverzeichnis Sachverzeichnis