Auslandssemester an der California Polytechnic State University in San Luis Obispo, Kalifornien

Transkript

1 Auslandssemester an der California Polytechnic State University in San Luis Obispo, Kalifornien im Studiengang Fahrzeugtechnik (Master) an der Fakultät 03 der Hochschule für angewandte Wissenschaften München

2 Vorwort Bereits im Bachelorstudium hatte ich großes Interesse an einem Auslandsstudium an der Cal Poly. Da ich allerdings einen USA Aufenthalt unter 21 für wenig sinnvoll halte und der Stundenplan im Masterstudium tendenziell deutlich entspannter ist, habe ich mein Auslandssemester im 3. Semester meines Masterstudiums durchgeführt. Als ich das Studium an der Cal Poly begann, hatte ich daher bereits nahezu alle Prüfungen in Deutschland abgeschlossen. Auch aus diesem Grund kann ich diesen Zeitpunkt für ein Auslandssemester wärmstens empfehlen. Ich war im Spring Term 2017 in Kalifornien. Es ist schwer zu sagen, welcher der zwei möglichen Austauschzeiträume geschickter ist. Zwar war das Wetter im kalifornischen Frühling bis auf wenige Ausnahmen hervorragend, wie erwartet sind die 4 Monate Aufenthalt in nur einem Quarter allerdings deutlich schneller vergangen als mir lieb gewesen wäre. So hat man im Fallund Winterterm nicht nur einen längeren Aufenthalt, sondern auch eine vorlesungsfreie Zeit zwischen den Quarters, was einem deutlich mehr Raum für Freizeitaktivitäten gibt. Allerdings hatte die Gruppe internationaler Studierender im vergangenen Fall Quarter großes Pech mit dem Wetter und konnte den stark verregneten Winter nicht uneingeschränkt nutzen. Aufgrund der starken Regenfälle waren sogar Südkalifornien und die Central Coast bei meiner Ankunft im März unerwartet grün und präsentierten sich von einer Seite, die den wenigsten Besuchern bekannt ist. Bewerbung Die Bewerbung gliedert sich in mehrere Phasen und nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Zunächst bewirbt man sich an der Hochschule und reicht die benötigten Unterlagen ein. Ich habe hier aus Versehen bereits ein englisches Motivationsschreiben an die Cal Poly eingereicht, eigentlich ist dies aber erst nach der offiziellen Annahme durch die Hochschule nötig. Einen elementaren Teil der Bewerbungsunterlagen stellt das Ergebnis des TOEFL Tests dar. Dieser zeitbasierte Sprachtest hat ein sehr ungewöhnliches Fragenformat und wird in speziellen Testzentren durchgeführt. Da er überdies einer Anmeldung bedarf und die Termine teilweise bereits lange im Voraus ausgebucht sind, sollte man sich dieser Sache so früh wie möglich annehmen. Obwohl ich über dieses Problem Bescheid wusste, versäumte ich es dem rechtzeitig nachzukommen, was dazu führte, dass ich für meinen Test nach Zürich fahren musste um den Bewerbungstermin einhalten zu können. Derartigen Stress kann und sollte man sich sehr einfach sparen. Das Niveau des Tests ist sehr niedrig, auch ohne Vorbereitung sollte das Ergebnis bei ordentlicher Sprachbeherrschung gut ausfallen. Es empfiehlt sich lediglich, sich den etwas eigenen Aufgabentyp vorher zu Gemüte zu führen damit man nicht von der Art der Fragestellungen verwirrt ist und Zeit verliert. Zudem empfehle ich, im Testzentrum nicht in der ersten Gruppe zu starten, um die Störung durch andere später startende Gruppen zu vermeiden. Nach der Einreichung der Unterlagen und einer Vorauswahl wird man mit einigen Mitbewerbern zum Auswahlgespräch eingeladen. Hier werden, in meinem Fall gemeinsam mit einem anderen Studenten und den zwei prüfenden Hochschulangehörigen, in einem lockeren Gespräch die Sprachbeherrschung sowie die allgemeine Einstellung zum Auslandsstudium und

3 den persönlichen Plänen beurteilt. Ob hier Vorbereitung nötig ist, hängt von der individuellen Situation ab. Es wird gutes Englisch und eine durchschnittliche Allgemeinbildung in Bezug auf Kalifornien und die Vereinigten Staaten sowie ein klarer Plan für den akademischen Teil des Auslandsaufenthaltes erwartet. Hat man Schwächen in einem dieser Bereiche, erhebliche Rückstände im Studienfortschritt oder auffallend schlechte Noten sollte man sich eine Argumentationsstrategie überlegen um die Eignung trotzdem vertreten zu können. Der Auswahlprozess spielt sich für die Studenten ausschließlich an der Hochschule München ab, sobald die Bewerber von der Hochschule an der Cal Poly vorgeschlagen werden, kann man sich als angenommen betrachten. Nach der Annahme durch die Cal Poly müssen dann noch diverse Unterlagen über den Zugang der Cal Poly hochgeladen werden. Die Hochschulseite gibt Auskunft über diese und ich empfehle, sich so früh wie möglich um alle Unterlagen zu kümmern. Zwar ist der Bewerbungszeitraum sehr lang und die Fristen scheinen mitunter sehr großzügig gewählt, das macht es allerdings auch leichter, etwas zu vergessen. Das Visum ist meiner Einschätzung nach der aufwändigste und nervigste Teil der Vorbereitung auf das Auslandsstudium. Da der Kontakt über das Konsulat in München erfolgt und mit einer unfassbaren Trägheit vonstattengeht, sollte man hier so früh wie möglich alle Unterlagen und Zahlungen vorbereiten und den persönlichen Termin vereinbaren. Auch das Ausstellen des Visums kann nach diesem Termin noch erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Vorbereitungen Nachdem die anstrengendsten Hürden genommen sind, gilt es nun, sich eine Wohnung zu suchen und den Flug zu buchen. Ich empfehle das Zusammenleben mit amerikanischen Studenten. Ich wohnte in den gut bekannten Valencia Apartments, was ich wohl kein zweites Mal machen würde. Zwar ist es die bequemste Option, allerdings ist der Preis für die gebotene Leistung mit papierdünnen Wänden, permanenter Lärmbelästigung, einem nicht wirklich nutzbaren Fitnessstudio und einer vergleichsweise nutzlosen Grundausstattung meines Erachtens zu hoch. Ein Gesuch über Craigslist brachte meinen Mitstudenten deutlich bessere Angebote ein. In meinem Fall waren Flüge auch bis kurz vor Abreise noch sehr günstig zu haben, allgemein empfiehlt sich preislich in der Regel der Flug nach LAX. Ankunft Ich hatte einen Mietwagen von LAX nach San Luis Obispo gebucht, was ich nach wie vor für die sinnvollste Option halte. Es ist signifikant günstiger, Mietwägen vorab über deutsche Portale zu buchen als vor Ort, dies gilt insbesondere falls man noch nicht 25 Jahre alt ist. Ich reiste bereits in der Spring Break Mitte März an um den mir von Seiten des Visums erlaubten Aufenthalt voll ausnutzen zu können und Freizeit vor dem Quarter zu haben. Während der vorlesungsfreien Zeit ist San Luis Obispo wie ausgestorben, nachdem der Jetlag ausgeschlafen ist, empfiehlt es sich daher, die Zeit für Reisen im Land zu nutzen.

4 Studium Als Masterstudent musste ich 8 Credits belegen. Ich wählte zwei fourth-year Classes der Fakultät für Mechanical Engineering und zwei sportliche Kurse, insgesamt also 11 Credits. Da ich nicht die Absicht hatte, eines der Module anrechnen zu lassen, wählte ich die ME-Kurse ausschließlich nach fachlichem Interesse. ME-412 Composite Materials Eine sehr interessante Einführung in die analytische Berechnung und Auslegung von Faserverbundkunststoffen. Ausgesprochen arbeitsintensiv aufgrund der Homeworks, Quizzes, zweier Midterms sowie der Lab Reports. Ich empfehle dieses Fach nur, wenn man tatsächlich Interesse an diesem Gebiet hat, da es meines Erachtens zu arbeitsintensiv für ein Auslandssemester ist. ME-443 Turbomachinery Eine sehr anwendungsorientierte Einführung in Strömungsmaschinen mit einem starken Fokus auf Turbinen und Pumpen, Kompressoren werden kaum behandelt. Es wird großer Wert auf die physikalischen Grundlagen gelegt, komplexe Berechnungen werden nicht durchgeführt. Ein Wettbewerb am Ende des Quarters erfordert vergleichsweise viel Arbeit, da die Studierenden dazu Wasserturbinen bauen müssen, die gegeneinander antreten. Grundsätzlich ist dieser Kurs sehr interessant und entspannt, da keine Hausaufgaben gefordert werden. Prinzipiell ist hier mit wenig Arbeit am Ende des Semesters eine sehr gute Note zu erzielen. Die sportlichen Kurse sind sehr gut dazu geeignet, andere amerikanische Studenten kennen zu lernen und neue Sportarten auszuprobieren. Ich empfehle jedem, der sie im Stundenplan unterbringen kann, mindestens einen zu wählen. Die Cal Poly ist eine echte Campus-Universität, was mir sehr gut gefallen hat. So trifft man bei allen Tätigkeiten außerhalb der Vorlesungen äußerst viele Menschen aus allen angebotenen Studiengängen, womit sich der Campus-Alltag sehr vom Hochschulalltag in München unterscheidet. Der Großteil der Zwischenstunden spielt sich im und um das Rec-Center ab, ich besuchte beispielsweise zwischen fast allen Vorlesungen die Kletter- und Boulderwand neben dem Fitnesscenter, was den Universitätsalltag erheblich auflockert. Die vielfältigen Möglichkeiten, sich auf dem Campus zu betätigen, sorgen auch dafür, dass sehr viele Studenten an vorlesungsfreien Tagen dort sind. Man kann auf dem Campus kurze Wanderungen, beispielsweise zum Poly P oder der Serenity Swing, unternehmen, den Architecture Graveyard besichtigen oder einfach auf dem weitläufigen Gelände in der Sonne flanieren. Leben Eine der größten Herausforderungen vor Ort besteht darin, ein geeignetes Transportmittel zu finden. Zwar ist der Bus für Cal Poly Studenten umsonst, allerdings ist die Reichweite sehr beschränkt, die Fahrpläne lassen zu wünschen übrig und die Fahrten dauern sehr lang. Viele Studenten kommen mit einem Fahrrad sehr gut zurecht, allerdings war dies für mich keine

5 zufriedenstellende Option da keine längeren Reisen sinnvoll möglich sind. Bereits die Fahrt zum vergleichsweise nahen Strand gestaltet sich in kalifornischer Sonne sehr anstrengend. Aus diesem Grund kaufte ich zu Beginn meines Aufenthalts ein Motorrad aus einem Angebot auf Craigslist. Prinzipiell empfehle ich durchaus den Kauf eines eigenen Autos oder Motorrads, allerdings sollte klar sein, dass der Registrierungsprozess sowie die Versicherungssuche für Non-Residents recht aufwändig ist und ein erhebliches Risiko mit dem Erwerb eines alten Gebrauchtfahrzeugs verbunden ist. So erlitt ich in den Canyons um LA einen Motorschaden und musste den bezahlten Kaufpreis größtenteils abschreiben. Die Straßen in Kalifornien, besonders an der Küste im Norden sowie die Canyons im Süden, sind insbesondere für Motorradfahrer atemberaubend und in Kombination mit dem durchgehend trockenen, sonnigen und warmen Wetter bereue ich auch nach dem finanziellen Schaden nicht, diese Entscheidung getroffen zu haben. Sehr schnell merkt man, dass die Mentalität junger Kalifornier nicht zu Unrecht als sehr weltoffen und herzlich bekannt ist. Gespräche mit Fremden gehören nach kurzer Zeit zur Tagesordnung, man unterhält sich prinzipiell mit Jedem über Alles und kann so sehr schnell sehr viele interessante Menschen kennen lernen. Diese offene Lebenseinstellung, die beeindruckende natürliche Vielfalt und das Wetter sind die Hauptfaktoren, die meinen Aufenthalt so unvergesslich machten. Ich verbrachte so viel Zeit wie möglich in der Sonne und versuchte, auch Wochenenden für Reisen durch Kalifornien zu nutzen. Hier sind die von der Universität angebotenen Poly Escapes Ausflüge sehr hilfreich, da sie in der Regel sehr gut organisiert sind und Reisen zu weit entfernten Zielen wie dem Yosemite Nationalpark zu vergleichsweise niedrigen Preisen anbieten. Touren zum Felsklettern, Wandern und Campen sowie Stand-Up Paddeln und Kajaken gaben mir die Möglichkeit, sowohl die abwechslungsreiche Natur als auch kalifornische Studenten anderer Fakultäten besser kennen zu lernen. Das Nachtleben in San Luis Obispo ist aufgrund der vielen College Studenten durchaus interessanter als es die geringe Zahl der vorhandenen Bars und Clubs vermuten lässt. Dienstag und Donnerstag sind die bevorzugten Abende, außerhalb der vorlesungsfreien Zeiten sind an diesen Tagen die Bars und Clubs auf der Higuera Street mehr als gut gefüllt. Zusammenfassend muss ich sagen, dass es im Rahmen eines Auslandsstudiums an der Cal Poly wohl leichter ist, zu viel Zeit mit neuen Menschen und Frezeitaktivitäten zuzubringen als zu wenig Anschluss zu finden. Fazit Die vier Monate in Kalifornien gehören zweifellos zu den besten Erfahrungen, die ich jemals machen durfte. Ich bin der Hochschule München, dem Cal Poly und dem PROMOS-Stipendium für diese Möglichkeit sehr dankbar. Ich empfehle Jedem, der diese Möglichkeit hat, ein Auslandssemester durchzuführen und bin sehr froh, diese Universität dafür gewählt zu haben. Die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen sind weit mehr als ein guter Ausgleich für den erheblichen finanziellen und zeitlichen Aufwand.