Modulprüfung aus Finanzrecht, am
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- Christel Baum
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1 Modulprüfung aus Finanzrecht, am Univ.-Prof. Dr. Klaus Hirschler; Univ.-Prof. Dr. Sabine Kirchmayr-Schliesselberger; Univ.-Prof. DDr. Gunter Mayr Die Arbeitszeit beträgt 90 Minuten. Achten Sie auf die Fragestellung, antworten Sie kurz und sachgerecht; für Antworten, die nicht gefragt wurden, werden auch keine Punkte vergeben. Bei Unklarheiten im Sachverhalt treffen Sie Annahmen. Schreiben Sie nur auf der ausgeteilten Angabe. Der freie Platz hat keine Bedeutung für die notwendige Länge der Beantwortung. Sollten Sie während der Prüfung mit einer Gesetzesausgabe angetroffen werden, die mehr als reine Paragrafenverweise und Unterstreichungen enthält, wird Ihnen diese abgenommen. Prüfungen, bei denen unerlaubte Hilfsmittel mitgenommen oder verwendet werden, werden nicht beurteilt. Die Prüfung wird jedoch auf die Gesamtzahl der Wiederholungen angerechnet ( 10 Abs 6a der Satzung der Universität Wien). Punkte: 32 37: Befriedigend 44 50: Sehr gut 26 31: Genügend 38 43: Gut 0 25: Nicht genügend Nachname: Teil I: Teil II: Vorname: Punkte gesamt: Matrikelnummer: Note: Teil 1 Ertragsteuern [25 P] 1. Einkommensteuer [2 P] Was sind Verteilungsbegünstigungen und welche kennen Sie? Bei Verteilungsbegünstigungen werden Einkünfte auf mehrere Jahre (3 oder 5) verteilt. [0,5] Verteilungsbegünstigungen bestehen für Betriebsveräußerungen [0,5], für Entschädigungen [0,5] sowie für Gewinne aus behördlichen Eingriffen [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 163 ff] Seite 1 von 9
2 2. Einkommensteuer [3 P] Herr B erwirbt am Aktien an der B-AG um insgesamt EUR 5.000,--. Die Aktien werden in einem inländischen Depot gehalten. Am veräußert er die Aktien um EUR 5.600,--. Am gewährt B seinem Freund ein Darlehen, für das er jährlich Zinsen ihv EUR 700,-- erhält. Beurteilen Sie den Sachverhalt und begründen Sie Ihre Lösung! Aktien: Es liegen Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen isd 27 Abs 3 EStG ihv EUR 600,-- vor [0,5]. Gem 27a Abs 1 EStG ist der Sondersteuersatz ihv 25% anzuwenden [0,5].Pflicht zum KESt- Abzug, da sich die depotführende Stelle im Inland befindet.[0,5] Zinsen: Es liegen Einkünfte aus der Überlassung von Kapital isd 27 Abs 2 Z 2 EStG vor [0,5]. Der Sondersteuersatz kommt gem 27a Abs 2 EStG nicht zur Anwendung. [0,5] Es besteht Pflicht zur Veranlagung der Zinsen im Rahmen der Einkommensteuererklärung. [0,5] [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 24 ff] 3. Einkommensteuer [1,5 P] Frau G hat im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt. Für die österreichische F-GmbH erbringt sie Leistungen als Vortragende, wofür sie ein Entgelt von insgesamt EUR ,-- erhält. Beurteilen Sie den Sachverhalt und berechnen Sie eine eventuelle Einkommensteuer unter der Annahme, dass das einschlägige DBA Österreich das Besteuerungsrecht an den Einkünften von G zuweist. GG ist beschränkt steuerpflichtig isd 98 Abs 1 Z 2 EStG [0,5]. Die Besteuerung erfolgt durch Steuerabzug gem 99 Abs 1 Z 1 EStG [0,5]. Die Höhe der Abzugssteuer beträgt 20% der Einnahmen, sohin EUR ,-- [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 174] 4. Einkommensteuer und Körperschaftsteuer [3,5 P] Herr S ist zu 45% an der A-GmbH beteiligt. Beurteilen Sie folgende Sachverhalte und begründen Sie Ihre Lösung! a) Um seiner Gesellschaft bessere Chancen am Markt zu verschaffen, tätigt Herr S an die Gesellschaft eine Sachzuwendung in Form einer Betriebsanlage (gemeiner Wert EUR ,--). [2] Es handelt sich um eine Vermögenszuwendung eines Gesellschafters an die Gesellschaft, die alleine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Die Einlage erhöht den Gewinn der Gesellschaft nicht [1]. Auf Gesellschafterebene sind Anschaffungskosten der Beteiligung um EUR ,-- zu erhöhen. [0,5] Zudem wird der Einlagenstand des Evidenzkontos um EUR ,-- erhöht. [0,5] [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 210f] b) In weiterer Folge schüttet die A-GmbH EUR ,00 als Einlagenrückzahlung an Herrn S aus. Wie ist dieser Vorgang bei Herrn S zu beurteilen? [1,5] Einlagenrückzahlungen sind auf Ebene des Gesellschafters steuerneutral [0,5].Einlagenrückzahlungen vermindern die Anschaffungskosten der Beteiligung [0,5]. Zudem verringert sich der Einlagenstand des Evidenzkontos [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 210] Seite 2 von 9
3 5. Körperschaftsteuer [5 P] Beurteilen Sie folgende Sachverhalte aus ertragsteuerlicher Sicht und begründen Sie Ihre Lösung! a) Die A-AG ist zu 100% an der B-AG beteiligt. Die B-AG ist zu 100% an der C-GmbH beteiligt. Im Jahr 2014 erwirbt die A-AG von der B-AG 10% an der C-GmbH. Der gesamte Kaufpreis wird mit einem Darlehen fremdfinanziert, wobei die jährliche Zinsenbelastung EUR 8.000,-- beträgt. [1] Die Zinsen von EUR 8.000,-- sind gem 12 Abs 1 Z 9 KStG nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig [0,5], da die Kapitalanteile von einem konzernzugehörigen Unternehmen erworben wurden. [0,5] [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 218] b) Die M-AG ist seit mehreren Jahren zu 8% an der deutschen D-AG und zu 65% an der russischen R- AG beteiligt. Im Jahr der Anschaffung hat die M-AG keine Option in der Steuererklärung ausgeübt. Die M-AG veräußert nun beide Anteile mit Gewinn. [2,5] Bei der D-AG handelt es sich um keine internationale Schachtelbeteiligung, da die Beteiligungsquote unter 10% liegt [0,5]. Der Veräußerungsgewinn ist steuerpflichtig [0,5]. Bei der Beteiligung an der R- AG handelt es sich um eine internationale Schachtelbeteiligung [0,5], da die Beteiligungshöhe mindestens 10% ist und seit mehr als einem Jahr besteht. [0,5] Der Veräußerungsgewinn ist mangels Ausübung der Option zur Steuerwirksamkeit steuerbefreit [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 87, 218] c) Die O-GmbH ist zu 9% an der inländischen U-AG beteiligt. Die U-AG schüttet ihren Gewinn in Form einer Dividende aus. Beurteilen Sie auch eine eventuelle KESt-Abzugspflicht! [1,5] In diesem Fall besteht die Beteiligungsertragsbefreiung gem 10 Abs 1 Z 1 KStG [0,5]. Die U-AG ist aufgrund 94 Z 2 EStG zum Abzug der KESt verpflichtet [0,5], die O-GmbH kann sich die einbehaltene KESt auf die KöSt anrechnen. [0,5] [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 211, 223] 6. Körperschaftsteuer [6,5 P] Die T-AG hält folgende Beteiligungen. 70% an der österreichischen C-AG, 65% an der österreichischen B- OG, 65% an der österreichischen L-AG, an der die B-OG zu 30% beteiligt ist sowie 60% an der deutschen D-GmbH. a) Ist eine Gruppenbildung möglich? Wenn ja, mit wem und warum? [2] C-AG: Die C-AG ist eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft isd 9 Abs 2 KStG. Zwischen T-AG und C-AG liegt eine finanzielle Verbindung isd 9 Abs 4 KStG vor, da die T-AG mehr als 50% des Stammkapitals der C-AG besitzt. Gruppenmitgliedschaft möglich. [0,5] B-OG: Gruppenmitgliedschaft nicht möglich, da die B-OG eine Personengesellschaft ist. [0,5] L-AG: Die L-AG ist eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft isd 9 Abs 2 KStG. Zwischen T-AG und L-AG liegt mittelbar eine finanzielle Verbindung isd 9 Abs 4 KStG vor, da die T-AG unmittelbar mehr als 50% des Stammkapitals der L-AG besitzt (Insgesamt: 65%+65%*30% = 84,5%). Gruppenmitgliedschaft möglich. [0,5] D-GmbH: Die D-GmbH ist eine vergleichbare, nicht unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft isd 9 Abs 2 KStG. Zwischen T-AG und D-GmbH liegt eine finanzielle Verbindung isd 9 Abs 4 KStG Seite 3 von 9
4 vor, da die T-AG mehr als 50% des Stammkapitals der C-AG besitzt. Gruppenmitgliedschaft möglich. [0,5] b) Die Gesellschaften erwirtschaften im selben Wirtschaftsjahr folgende Ergebnisse: T-AG: Gewinn von EUR ,-- (vor Berücksichtigung einer allfälligen Ergebnistangente) C-AG: Gewinn ihv EUR ,-- B-OG Gewinn ihv EUR ,-- L-AG: Verlust ihv EUR ,-- D-GmbH: Verlust ihv EUR ,-- Berechnen Sie das beim Gruppenträger der Besteuerung unterworfene Ergebnis und begründen Sie Ihre Lösung! [4,5] Das Ergebnis der T-AG beträgt EUR ,--. Aufgrund des Durchgriffsprinzips bei Personengesellschaften ist das Ergebnis der B-OG anteilig zu berücksichtigen ( *65% = ,00) [1] Das Ergebnis der C-AG ihv EUR ,-- ist hinzuzurechnen [0,5]. Der Verlust der L-AG ihv ,-- ist zu berücksichtigen.[0,5] Das Ergebnis der ausländischen D-GmbH ist anteilig in Höhe der Beteiligung [0,5], jedoch maximal in Höhe von 75% der eigenen Einkommen sämtlicher unbeschränkt steuerpflichtiger Gruppenmitglieder sowie des Gruppenträgers zu berücksichtigen [0,5]. Der Verlust ist ihv EUR ,-- ([ , , ,--*65% ,--]*,75) zu berücksichtigen [0,5]. Das der Besteuerung beim Gruppenträger unterworfene Ergebnis beträgt daher EUR [ , ,--). [1] [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 212 ff] 7. Umgründungssteuerrecht [3,5 P] Beurteilen Sie folgende Sachverhalte aus umgründungssteuerrechtlicher Sicht! a) Herr T ist zu 60% an der F-AG beteiligt. Weiters ist Herr T zu 100% an der B-GmbH beteiligt. Herr T möchte, dass in Zukunft die GmbH den Anteil an der F-AG hält. Was kann Herr T unter Berücksichtigung des UmgrStG tun? [1] Zum einbringungsfähigen Vermögen gehören Betriebe, teilbetriebe und Mitunternehmeranteile sowie qualifizierte Kapitalanteile. Herr T kann seinen Anteil an der F-AG gem Art III UmgrStG in die GmbH einbringen [1]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 218] b) Die O-AG und die I-GmbH schließen sich zu der neu zu errichtenden OI-OG zusammen. Die O-AG überträgt ihren Computerhandelsbetrieb, die I-GmbH überträgt ihren Handyhandelsbetrieb. Ist das UmgrStG anzuwenden? Was ergibt sich für die bestehenden Verlustvorträge aus dem Betrieb der O-AG? [2,5] Seite 4 von 9
5 Das UmgrStG ist anzuwenden, da ein Zusammenschluss isd Art IV UmgrStG vorliegt. [0,5] Dieser liegt vor, wenn sich mehrere Personen unter Übertragung von Vermögen zu einer Personengesellschaft zusammenschließen und mindestens ein Gesellschafter zusammenschlussfähiges Vermögen der Personengesellschaft überträgt. [1] Durch den Zusammenschluss ergibt sich keine Veränderung in der Zurechnung bestehender Verlustvorträge [0,5], da steuerlich eine Übertragung von Verlusten auf Personengesellschaften aufgrund des Durchgriffsprinzips sinnlos wären [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 264] Teil 2 Umsatzsteuer, Verkehrsteuern, Verfahrensrecht, Finanzstrafrecht [25 P] 8. Umsatzsteuer [5 P] Beurteilen Sie die folgenden Sachverhalte nach Maßgabe der jeweiligen Fragestellung aus umsatzsteuerlicher Sicht. Begründen Sie Ihre Lösungen! a) Der junge Weinbauer W betreibt einen Ab-Hof-Verkauf für Wein. Er verkauft dem Kunden K fünf Flaschen Welschriesling um EUR 50,-- und stellt eine Rechnung mit 20% Umsatzsteuer aus. Beurteilen Sie das Verhalten des W. [1,5] Es handelt sich um einen unrichtigen Steuerausweis [0,5], da die USt zu hoch (20% statt 12%) ausgewiesen wurde [0,5]. Der Weinbauer W schuldet den zu hoch ausgewiesenen Betrag aufgrund der Rechnung [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 306, 340] b) Wie kann der Weinbauer W den unter a) festgestellten umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen entgehen? [0,5] Der Weinbauer W kann die Rechnung berichtigen ( 11 Abs 12 UStG) [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 340] c) Der Weinbauer W beschließt einschlägige Literatur zur Verbesserung seiner Steuerrechtskenntnisse anzuschaffen. Zu diesem Zweck vereinbart er mit dem Buchhändler B den Tausch von Büchern im Wert von EUR 500,-- gegen Wein im Wert von EUR 600,--. [1,5] Beim Tausch besteht das Entgelt im Wert der Gegenleistung, dh im Wert der anderen Leistung ( 4 Abs 6 UStG) [0,5]. Der Weinbauer W tauscht Wein im Wert von EUR 600,-- (Steuersatz 12%) gegen Bücher im Wert von EUR 500,-- (Steuersatz 10%). Der Weinbauer W erhält daher als Gegenleistung einen Wert von EUR 500,-- (Bücher) und bemisst davon seine USt ihv 12% [0,5]. Der Buchhändler B erhält als Gegenleistung Wein im Wert von EUR 600,-- und stellt dafür 10% USt in Rechnung [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 326] Seite 5 von 9
6 d) Angesichts des überaus positiven Unternehmensergebnisses bekommen die Mitarbeiter des Weinbauers W einen Personalrabatt ihv EUR 5,-- auf eine Flasche Welschriesling (Herstellungspreis EUR 9,--; Großhändlerpreis EUR 12,--; Einzelveräußerungspreis EUR 17,--). [1,5] Entspricht das Entgelt nicht dem fremdüblichen Entgelt (für Bedürfnisse des Personals), dann sieht das Gesetz als Bemessungsgrundlage grundsätzlich den Normalwert vor ( 4 Abs 9 UStG) [0,5]. Als Normalwert gilt im Wesentlichen der fremdübliche Betrag, den der Empfänger der Leistung bei einem anderen Unternehmer bezahlen müsste (idr fremdüblicher Verkaufspreis)[0,5]. Bemessungsgrundlage ist daher der Einzelveräußerungspreis ihv EUR 17,-- [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 328] 9. Umsatzsteuer [4 P] Beurteilen Sie jeweils den Ort der Lieferung oder sonstigen Leistung sowie die Steuerbarkeit und Steuerpflicht. Begründen Sie Ihre Lösungen! a) Der spanische Steuerberater S berät den österreichischen Unternehmer U. [2] Sonstige Leistungen zwischen Unternehmern werden grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, an dem der Empfänger sein Unternehmen betreibt (Generalklausel B2B, 3a Abs 6 UStG) [0,5]. Der Leistungsort für die Beratung ist daher Österreich [0,5], die Leistung ist in Österreich steuerbar und steuerpflichtig [0,5]. Es kommt zum Übergang der Steuerschuld vom Steuerberater S auf den Unternehmer U (Reverse Charge System) [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 319, 322/1] b) Ändert sich an der Beurteilung etwas, wenn der spanische Steuerberater S den österreichischen Unternehmer U in einem Finanzstrafverfahren in der Schweiz vertritt? [0,5] Nein, auch wenn das Verfahren vor schweizerischen Finanzstrafbehörden geführt wird, kommt die Grundregel B2B zur Anwendung [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 319] c) Der spanische Steuerberater S hat für eine zweitägige Geschäftsreise einen PKW von der slowakischen Rent-GmbH angemietet, der am Wiener Hauptbahnhof übergeben werden soll. [1,5] Es handelt sich um eine kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels, da die Vermietungsdauer 30 Tage nicht übersteigt [0,5]. Sie ist am Übergabeort ( 3a Abs 12 UStG) [0,5], also in Österreich steuerbar und steuerpflichtig [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 321] 10. Verkehrsteuern [5 P] Beurteilen Sie die folgenden Sachverhalte aus verkehrsteuerlicher Sicht. Begründen Sie Ihre Lösungen! a) A und B sind je zur Hälfte Miteigentümer einer Wohnung in der Wiener Innenstadt. Sie möchten erstmalig ein IT-Beratungsunternehmen in Form einer GmbH betreiben und die Wohnung im Gesell- Seite 6 von 9
7 schaftsvertrag gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten einbringen. Unterliegt dieser Vorgang grundsätzlich der GrESt? Könnte er aufgrund sondergesetzlicher Regelungen von der GrESt befreit sein? Nennen Sie auch die einschlägigen Bestimmungen! [1,5] Im Allgemeinen unterliegen Verträge über die Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft der GrESt ( 1 Abs 1 Z 1 GrEStG) [0,5]. Im vorliegenden Fall handelt es sich allerdings um eine Ausnahme, da bei Neugründung einer Gesellschaft die Einbringung von Grundstücken auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage von der GrESt ausgenommen ist, soweit Gesellschaftsrechte an der neu gegründeten Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden [0,5]. Dies wird in 1 Z 2 NeuFÖG geregelt [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 465] b) Der Vater V möchte seiner Tochter T ein Grundstück zuwenden. Da er jedoch mit ihrem bisherigen Studienerfolg unzufrieden ist, beschließt er, es ihr zum Preis von EUR ,-- (Verkehrswert EUR ,--; Einheitswert EUR ,--) zu verkaufen. Um GrESt zu sparen, soll der Kaufvertrag nicht verbüchert werden. [2,5] Es handelt sich um einen begünstigten Erwerb von Familienangehörigen [0,5]. Bemessungsgrundlage ist der dreifache Einheitswert, höchstens aber 30% des gemeinen Werts [0,5]. Da der dreifache Einheitswert (EUR ,--) höher als 30% des gemeinen Werts (EUR ,--) ist, ist letzterer als Bemessungsgrundlage heranzuziehen [0,5]. Der Steuersatz im engsten Familienbereich beträgt 2% [0,5]. Die Tatsache, dass der Kaufvertrag nicht ins Grundbuch eingetragen werden soll, ändert an der Steuerpflicht nichts, da die GrESt an das Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag) anknüpft [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 462, 466 f] c) Der wohlhabende Onkel O schenkt seinem Lieblingsneffen N zum 18. Geburtstag ein Mietzinshaus und widerruft die Schenkung vier Jahre später wegen groben Undanks erfolgreich, sodass N das Mietzinshaus wieder herausgeben musste. [1] Wird der Erwerbsvorgang rückgängig gemacht, dann wird bei einem unentgeltlichen Erwerb die GrESt auf Antrag zeitlich unbefristet erstattet [0,5], wenn das Grundstück nachträglich herausgegeben werden musste ( 17 Abs 1 Z 4 GrEStG) [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 470] 11. Gebühren [2,5 P] Beurteilen Sie die folgenden Sachverhalte aus gebührenrechtlicher Sicht. Begründen Sie Ihre Lösungen! a) Der Gastronom G pachtet von der X-Immobilien-GmbH ein Heurigenlokal in Gumpoldskirchen. Der monatliche Pachtzins beträgt EUR ,-- und der Vertrag wird auf 10 Jahre befristet abgeschlossen. Sowohl Verpächter als auch Pächter können den Vertrag ausschließlich außerordentlich unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist kündigen. [1,5] Es handelt sich um einen Pachtvertrag über eine unbewegliche Sache [0,5]. Die Gebühr beträgt bei Verträgen auf bestimmte Dauer 1% vom auf die Vertragsdauer entfallenden Entgelt, höchstens jedoch vom 18fachen Jahresentgelt [0,5]. Es sind daher EUR ,-- (EUR ,-- x 12 Monate x 10 Jahre, davon 1%) zu entrichten [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 508] Seite 7 von 9
8 b) In der Folge wird die Gebühr nicht ordnungsgemäß entrichtet, weil der Gastronom G die Auffassung vertritt, als Gewerbetreibender ohnehin ausreichend zum Steueraufkommen beizutragen. Welche (finanzstrafrechtlichen) Konsequenzen sind zu befürchten? [1] Werden Rechtsgeschäftsgebühren nicht ordnungsgemäß entrichtet, erfolgt eine verschuldensabhängige Erhöhung bis zu 100% [0,5]. Finanzstrafrechtliche Konsequenzen sind nicht zu befürchten, da das Finanzstrafgesetz auf Gebührenverkürzungen nicht anzuwenden ist ( 2 Abs 2 FinStrG) [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 504] 12. Verfahrensrecht und Finanzstrafrecht [8,5 P] Beurteilen Sie die folgenden Sachverhalte aus verfahrens- und finanzstrafrechtlicher Sicht. Begründen Sie Ihre Lösungen! a) K schenkt seinem verschuldeten Freund F EUR ,-- in bar, um ihn finanziell zu entlasten. [1] Es handelt sich um eine anzeigepflichtige Schenkung [0,5], da mehr als EUR ,-- innerhalb von fünf Jahren zwischen Nicht-Angehörigen übertragen werden [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 564/1] b) Zu Frage a): Wie haben die Beteiligten nun vorzugehen? [1,5] Die Anzeige ist innerhalb von drei Monaten ab dem Erwerb [0,5] bei einem Finanzamt mit allgemeinem Aufgabenkreis zu erstatten [0,5]. Die Anzeigepflicht trifft sowohl K als auch F [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 564/1] c) Was sind die rechtlichen Konsequenzen, wenn die nach b) gebotene Verhaltensweise vorsätzlich unterlassen wird? [1] Die vorsätzliche Verletzung der Anzeigepflicht stellt eine Finanzordnungswidrigkeit dar [0,5] und wird mit einer Geldstrafe bis zu 10% des gemeinen Wertes des nicht angezeigten Vermögensüberganges geahndet ( 49a Abs 1 FinStrG) [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 564/1] d) Was sind die rechtlichen Konsequenzen, wenn die nach b) gebotene Verhaltensweise zwei Jahre nach Übergabe des Geldes gesetzt wird? [1] Die Verjährungsfrist für Finanzordnungswidrigkeiten nach 49a FinStrG beträgt drei Jahre, sodass die Strafbarkeit noch nicht verjährt ist ( 31 Abs 2 FinStrG) [0,5]. Allerdings entfällt die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige, da eine solche bei Finanzordnungswidrigkeiten nur innerhalb eines Jahres ab dem Ende der Anzeigefrist des 121a Abs 4 BAO erstattet werden kann ( 49a Abs 2 FinStrG) [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 596/2] Seite 8 von 9
9 e) Der Finanzbeamte B ist mit der Bearbeitung des unter a) angeführten Sachverhaltes betraut. Im Zuge dessen gelangt er zu der Überzeugung, dass K mitunter noch etwas zu verbergen hat. Daher möchte B in sämtliche Konten des K Einsicht nehmen. Dies wird jedoch von der Hausbank Cash-AG verweigert. Zu Recht? [1] Ja. Kreditinstitute haben nämlich auch gegenüber der Abgabenbehörde das Bankgeheimnis zu wahren, das unter anderem nur bei vorsätzlichen Finanzvergehen entfällt [0,5]. Die vorsätzliche Verletzung der Anzeigepflicht nach 121a BAO stellt allerdings lediglich eine Finanzordnungswidrigkeit dar, sodass die Cash-AG weiterhin an das Bankgeheimnis gebunden ist [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 565] f) Zu Frage e): Der Finanzbeamte B sucht die Filiale der Cash-AG auf und beschlagnahmt Kontounterlagen des K. Welcher Stellenwert ist solchen Beweismitteln im Finanzstrafverfahren beizumessen? Nach welcher Bestimmung? [1,5] Keiner, da diesfalls ein Beweisverwertungsverbot herrscht [0,5]. Beweismittel, die unter Verletzung insbesondere des Bankgeheimnisses gewonnen wurden, dürfen zum Nachteil des Beschuldigten nicht herangezogen werden [0,5]. Dies wird in 98 Abs 4 FinStrG geregelt [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 607] g) Wie kann gegen eine Entscheidung der Finanzstrafbehörde vorgegangen werden? Nach welcher Bestimmung? [1,5] Gegen die Entscheidung der Finanzstrafbehörde kann Beschwerde [0,5] an das Bundesfinanzgericht erhoben werden [0,5].Dies wird in 150 Abs 1 FinStrG geregelt [0,5]. [Doralt, Steuerrecht 2014/15 Tz 605] Seite 9 von 9
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