ALFRED & OLIVIER KA CARLSEN
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- Kristin Pfeiffer
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1 ALFRED & OLIVIER KA CARLSEN
2 Warum ich Pater Pierre getötet habe von Alfred und Olivier Ka Leseprobe Auszug Seite 1-9 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2008 ORIGINALAUSGABE Copyright 2006 Guy Delcourt Productions Diese Leseprobe darf nur im Internet-Auftritt des CARLSEN Verlags verwendet werden.
3 Ein kränkelndes Kind... Meine Ferien verbringe ich meist bei meinen Grosseltern in Belgien, in den Ardennen. Die Luft dort ist gut und das kleine Städtchen berühmt für die Qualität seines Wassers. Meine Grosseltern sind recht nett. nichts Umwerfendes, etwas spiessig, aber sehr besorgt um mich. ich darf so viele Butterbrote essen, wie ich will und wann ich will! Und die Butterbrote bei Oma und Opa, oha! frisch geschnittenes Graubrot, bitte sehr! Mit ordentlich Lütticher BirnenSirup drauf! ich esse sie im Dutzend pro Tag. und ausserdem gehen sie jeden Morgen zur Messe... 1
4 sie nehmen mich mit. Die Messe beginnt um 7 Uhr 30. ich begleite sie gern. ich bin natürlich das einzige Kind unter lauter alten Leuten. Man beugt sich über mich, tätschelt mich, sagt mir, dass ich ein braver Junge sei... Die Alten sind lustig. Sie haben unglaubliche Gesichter. Nach der Messe bilden sie kleine Gruppen, tuscheln miteinander und schütteln bedächtig die Köpfe. Ich finde sie traurig und komisch zugleich. und dann, ganz plötzlich, habe ich keine Lust mehr, zur Messe zu gehen. ich will nicht mehr früh aufstehen es ist jeden Tag gleich und ändert sich kein bisschen. in der Kirchenbank schlafe ich ein. Mir wird schwindelig. je länger es anh ält, desto weniger ertrage ich diese frühe Morgenstunde in der Kirche. ich empfinde deswegen so etwas wie leichte Übelkeit. Also tue ich morgens so, als ob ich krank sei. 2
5 Mir ist nicht gut. Ich würde heute lieber nicht hingehen... Ist nicht schlimm. Ruh dich aus, mein Hase. ich bleibe eine Stunde lang im Bett, mit offenen Augen, und frage mich, ob das, was ich getan habe, böse oder ganz böse ist. Eines Abends sitzt meine Grossmutter an meinem Bett und erzählt. Sie beschreibt mir die hölle. Ich habe nur eine vage Vorstellung davon, was das ist. Sie macht einen furchterregenden Eindruck. 3
6 Warum kommt man denn in die Hölle? In die Hölle kommt man, wenn man böse Dinge tut. Wenn man seinen Piephahn anfasst, zum Beispiel. nachts träume ich davon. ich bin dort. Es tut weh. Ich leide. ich habe Riesenangst. ich wache auf und heule. Hattest du einen Albtraum? ich wage nicht, ihr zu sagen, dass ich von der hölle geträumt und grosse Angst habe, dorthin zu kommen. denn ich habe schon mal meinen Piephahn angefasst. 4
7 ich bin mit meinen Eltern und meinem grossen Bruder in den Ferien. Wir durchqueren ganz Frankreich. in diesem Sommer sind wir viel unterwegs, mit unserem 2 CV-Kastenwagen. mein Vater trägt einen Bart, er hat lange, wirre und lockige haare. Die meiner Mutter reichen bis zu den hüften, und sie trägt Blümchenkleider. auch meine haare sind lang. 5
8 Wir sind eine echt»alternative Familie«. Meine eltern vorne singen, und wir liegen hinten auf den Matratzen und Decken und hauen uns den Bauch mit Kondensmilch voll, bis uns schlecht ist. Mein Vater hat den 2 CV so umgebaut, dass man darin schlafen kann. in der Ardèche lernen meine Eltern auf einem kleinen Markt Bertrand und Christine kennen. Sie sind noch viel alternativer als wir, richtige hippies. Und sie sind schön. Er sieht aus wie Jesus und sie wie eine Sch äferin. sie schlagen uns vor, den Abend bei ihnen zu verbringen. Sie wohnen ein paar Kilometer ausserhalb des Dorfes in einem alten, abgelegenen Steinhaus, versteckt am Ende eines schotterweges. Es gibt dort hühner, hunde und zwei Ziegen. Meine Mutter erklärt mir, dass Bertrand und Christine ohne Strom leben, dass sie fast gar kein Geld brauchen. Sie verdienen ein wenig, indem sie Käse auf dem Markt verkaufen. Was sie sonst benötigen, stellen sie selber her. Sie lieben einander, mehr brauchen sie nicht. Während sie das sagt, werden ihre Augen immer strahlender. Bertrand und Christine verkörpern ihren Lebenstraum. Und von nun an auch meinen. 6
9 Wir verbringen den Abend auf grossen Kissen sitzend im Schein einer Petroleumlampe. Wir hören zu, wie Bertrand Gitarre spielt. Ab und an singen die Erwachsenen etwas. Wir übernachten dort. Am nächsten Morgen laden sie uns zu einem Spaziergang ein. Wir wandern auf schmalen Pfaden in die Berge. Die beiden Ziegen folgen uns. Bald erreichen wir einen kleinen natürlichen See, umgeben von Felsen. das Wasser ist klar. ich habe noch nie so durchsichtiges Wasser gesehen. Man kann mühelos die Kiesel auf dem Grund erkennen. 7
10 Bertrand und Christine ziehen sich aus. Sie sind splitternackt. Meine Eltern machen es ihnen nach. Sie plantschen im See und lachen. sie sagen uns, wir sollen mitmachen. ich sch äme mich ein wenig, mich ganz auszuziehen. Vor allem, weil Christine wirklich schön ist. ich tue es trotzdem und stürze mich ins Wasser. Ich schwimme wie ein hündchen, anders habe ich es noch nicht gelernt. das ist Glück. Ekstase... ich bin mir bewusst, einen herrlichen Augenblick zu erleben. Es gibt keinen Unterschied zwischen Bertrand, Christine, meinen Eltern, meinem Bruder und mir. Wir sind alle gleich, alle nackt und im Wasser. Das Leben ist schön. 8
11 nun sind meine Grosseltern an der Reihe, Urlaub zu machen und uns zu besuchen. Wir wohnen in einem kleinen Einfamilienhaus in einer Gegend, wo alle Häuser gleich aussehen. Es ist eine Eigenheimsiedlung. Drei davon gibt es in der Stadt, und unsere ist die jüngste und kleinste. Sie umfasst nur 32 Häuser. deshalb heisst sie auch»die 32er«. 9
12 Hier endet die Leseprobe. Mehr Leseproben finden Sie auf CARLSEN COMICS NEWS Aktuelle Infos abonnieren unter
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