Impressum: Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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2 Impressum: Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt. Besuchen Sie uns im Internet: Papierfresserchens MTM-Verlag GbR Sonnenbichlstraße 39, D Nonnenhorn Telefon: 08382/ Alle Rechte vorbehalten. Herstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM / Titelbild: Diana Pfister Druck: Booksfactory, Stettin Gedruckt in der EU ISBN: Taschenbuch e-book

3 Ulrike Kurbach Cannas Geschichten vom Frühling Mit Zeichnungen von Diana Pfister

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5 Inhalt Blume und Vogel 7 Canna und Felix 15 Canna 22 Streit 29 Fühler gebrochen 37 Stark 46 Feste feiern 56 Manfred 66 Verschlafen 80 Besuch 92

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7 Blume und Vogel Wie jeden Morgen kletterte die Sonne über die Wipfel der Bäume und begrüßte die Wiese mit all ihren Bewohnern. Es gab kleine und große Käfer, graue und braune Mäuse und eine ganze Menge verschiedener Blumen. Rosa und weiße Gänseblümchen, roten Mohn, blaue Kornblumen, Löwenzahn in Gelb und Weiß. In einer Ecke der Wiese, umringt von Gänseblümchen, stand eine ganz und gar ungewöhnliche Blume. Im Frühling war sie aus der Erde geklettert und niemand auf der Wiese konnte sich erklären, wie sie wohl dorthin geraten war. Sie hatte wunderschöne bunte Blüten und einen langen, dunkelgrünen Stiel. Keiner, der auf der Wiese lebte, hatte eine solche Blume schon einmal gesehen. Ich weiß nicht, sagte Frau Maus immer wieder, ich finde, sie sieht irgendwie krank aus. Diese großen Blüten. Da fallen die Bienen doch hinein und finden nicht wieder heraus! Madame Hamster, die gerade bei ihr zu Besuch war, nickte und sagte: Diese Farben. Orange mit braunen Streifen. Was will sie denn sein? Das ist bestimmt eine ganz Hochnäsige!

8 So ging es jeden Tag. Alle auf der Wiese hatten eine Meinung über die Blume. Die wurde darüber so schüchtern, dass sie sich gar nicht traute, etwas zu sagen. Nur die Gänseblümchen hielten sich zurück. Sie ließen die Blume wachsen und lächelten sie still im Sonnenschein an. Eines Tages hörten sie ein leises Schluchzen über sich. Sie hoben die Köpfe und sahen, wie dicke Tränen über die Blütenblätter der Blume liefen. Aber was hast du denn?, riefen sie. Ach, schluchzte sie, ich bin so unglücklich. Alle halten mich für seltsam. Dabei weiß ich noch nicht einmal, warum. Ich habe einen Stiel, so wie alle. Ich habe Blüten und Blätter auch so wie alle. Nur meine Farben sind anders als die der anderen. Was ist denn falsch an mir? An dir ist gar nichts falsch, erwiderte ein besonders kleines Gänseblümchen. Wir wüssten ja auch gerne, wer du bist und wo du herkommst. Aber wir dachten, du kannst vielleicht gar nicht sprechen. Wir Gänseblümchen warten lieber ab, bis etwas geschieht. Deswegen habt ihr nie etwas zu mir gesagt? Wenn ich das gewusst hätte, meinte die Blume. Ich hätte also nur etwas sagen müssen, dann wäre ich nicht mehr einsam gewesen.

9 Das kleine Gänseblümchen fing einen Sonnenstrahl auf und sah mit freundlichen Augen zu ihr hinauf. Dann sprichst du eben jetzt mit uns und brauchst nicht mehr traurig zu sein. Von dem Tag an hatte die Blume Freunde, mit denen sie sprechen konnte. Sie streckten sich gemeinsam in die Sonne und genossen den Wind, der sanft über ihre Blüten strich. Wenn sie durstig waren, tranken sie. Wenn sie Lust dazu hatten, wuchsen sie ein Stück. Eine Blume zu sein, da waren sie sich einig, war das Beste, was einem passieren konnte. Die Blume freute sich über die Gesellschaft der Gänseblümchen. Eines Morgens fragte sie: Wisst ihr, wo ihr herkommt? Das kleinste Gänseblümchen zuckte mit den Blättern: Darüber haben wir noch nie nachgedacht. Ich glaube, wir waren schon immer hier. Das reicht uns zu wissen. Aber ich kann

10 verstehen, dass du dich fragst, wo du herkommst. Ich lebe hier mit meiner großen Familie. Dort stehen meine Eltern, meine Geschwister und Großeltern. Daneben leben meine Tanten und Onkel mit allen Freunden und Bekannten. Du hast niemanden, der dir gleicht. Das würde mich auch traurig machen. Die beiden sahen sich an. Wenn ich wenigstens wüsste, woher ich komme. Es ist seltsam, einfach nur da zu sein ganz alleine, flüsterte die Blume und rollte traurig die Blütenblätter ein wenig ein. Den ganzen Frühling über stellte sie sich immer die gleichen Fragen. Wo sie wohl herkäme und ob es andere gab, die ihr

11 glichen? Standen sie dicht beisammen wie die anderen Blumen hier? Oder war es ihre Art, alleine im Grün zu blühen? Jeden Morgen stellte sie sich diese Fragen. Und jeden Abend schlief sie ein, ohne eine Antwort gefunden zu haben. Mitten im Frühling, als die Sonne hoch am Himmel stand und mit freundlichen Strahlen alles wärmte, hörte die Blume ein Rauschen über sich. Dicht neben ihr landete ein Vogel. Aufgeregt hüpfte er um sie herum und piepste: So etwas. Ich kenne dich! Die Blume schüttelte sich erschreckt und sah den Vogel dann neugierig an. So etwas! Wer bist denn du? Ich kenne dich nämlich nicht. Oh, du kannst mich ja auch gar nicht kennen. Entschuldige, ich heiße Felix und bin weit gereist. Solche Blumen wie dich habe ich schon einige gesehen. Aber noch nie hier auf dieser Wiese. Und du stehst ganz alleine. Sonst sehe ich immer viele beisammenstehen.