Freiwilliger Landtausch mit Gründung einer Waldgenossenschaft in Gerterode im Eichsfeld
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- Jasmin Solberg
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1 Freiwilliger Landtausch mit Gründung einer Waldgenossenschaft in Gerterode im Eichsfeld Karin Löffler; Amt für Landentwicklung und Flurneuordnung Gotha Landentwicklungsgruppe Worbis Sachverhalt: Im Jahre 1946 wurde in der Gemeinde Gerterode (Eichsfeldkreis) im Rahmen der Bodenreform Landeswald in der Größe von etwa 114 ha aufgeteilt und privatisiert. Dabei sind kleine, etwa ein Hektar große Waldgrundstücke entstanden. Im Laufe der Zeit fielen einige Waldgrundstücke wieder an den Freistaat Thüringen zurück, sodass Landes- und Privatwald vermischt wurde. Etwa 30 ha Wald sind im Privateigentum und etwa 3,5 ha im Eigentum der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG); der übrige Wald ist Landeseigentum. Aufgrund des Fehlens von sichtbaren Grenzzeichen war nicht eindeutig, welcher Baum zu welchem Eigentümer gehörte. Durch diesen Zustand war der Wald nur sehr schwierig zu bewirtschaften. Die flurstücksbezogene Aufteilung der Kosten und Erlöse war nicht möglich und die praktizierte Aufteilung der Erlöse nach Prozenten nach Landeshaushaltsordnung unzulässig. Bild 1 Eigentümerkarte des alten Bestandes vor dem Freiwilligen Landtausch Lösungsansatz: Das Thüringer Forstamt Leinefelde suchte die Zusammenarbeit mit dem Amt für Landentwicklung und Flurneuordnung Gotha (ALF Gotha), Landentwicklungsgruppe Worbis, um gemeinsam das Problem durch eine Eigentumsneuordnung mit Hilfe der Bodenordnung zu lösen. Denn eine sinnvolle forstliche Bewirtschaftung setzt die Trennung des Privatwaldes vom Landeswald voraus. Als geeignetes Instrument für den hierzu erforderlichen komplexen Grundstückstausch wurde der freiwillige Landtausch nach 103 a Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) in Kombination mit der Gründung einer Waldgenossenschaft gewählt. Praktische Umsetzung: 1. Legitimation und Information der Eigentümer
2 Zuerst mussten die betreffenden Eigentümer der neunundzwanzig Grundbücher gefunden und informiert werden. Vier Grundbücher waren durch den Tod der Eigentümer nicht mehr aktuell, sodass die tatsächlichen Eigentümer zunächst ermittelt werden mussten. Dieses gelang nicht zuletzt mit der tatkräftigen Unterstützung durch die Gemeinde Gerterode. Die erste Informationsveranstaltung für die privaten Waldbesitzer im Februar 2006 zeigte eine positive Resonanz und Mitwirkungsbereitschaft, sodass bereits einen Monat später die Tauschvereinbarung unterzeichnet werden konnte, deren Inhalt auszugsweise lautet: Hiermit erklären wir, die nachfolgend aufgeführten Tauschpartner, unsere Zustimmung zur Durchführung eines freiwilligen Landtausches nach 103a FlurbG. Wir beantragen für die in der beiliegenden Aufstellung enthaltenen Grundstücke einen freiwilligen Landtausch nach 103a FlurbG entsprechend der Tauschkarte. Es soll eine vereinfachte forstliche Waldwertermittlung auf der Grundlage der Forsteinrichtung aus dem Jahr 2001 durchgeführt werden. Weiterhin werden folgende Regelungen getroffen: - Eine Vermessung der Waldgrundstücke findet nicht statt. - Die Waldgrundstücke sollen im neuen Bestand zu möglichst großen Grundstücken zusammengelegt werden (Flurstücksverschmelzung). - Wir beantragen parallel zum Tauschverfahren die Gründung einer Waldgenossenschaft. Jeder private Waldeigentümer soll Mitglied der Waldgenossenschaft werden. Das Eigentum an den eingebrachten Waldgrundstücken geht auf die Miteigentümer zur gesamten Hand als Gemeinschaftsvermögen über. Dabei wurde verdeutlicht, dass dieser freiwillige Landtausch als Bodenordnungsverfahren nur zum Abschluss kommen kann, wenn alle Eigentümer mitwirken und der Bildung von Bruchteilseigentum zustimmen. Insgesamt handelt es sich um 45 Privatpersonen, wobei viele nicht in der Gemeinde Gerterode und Umgebung wohnhaft sind. Eine Vertreterbestellung nach dem Flurbereinigungsgesetz ist im Freiwilligen Landtausch nicht möglich, das heißt, es musste jeder Erbe ermittelt und beteiligt werden.
3 2. Waldwertermittlung Im Mai 2006 stellte ein Vertreter der Landesanstalt für Wald, Jagd und Fischerei die Ergebnisse der Waldbewertung vor, die als Grundlage für den wertgleichen Flächentausch dienen sollten. Dazu trafen sich alle Beteiligten vor Ort und besichtigten gemeinsam den im Tauschplan vorgesehenen künftigen Wald der Waldgenossenschaft. Die Forsteinrichtung des Landeswaldes von 2001 sowie Daten aus älteren Forsteinrichtungen für Privatwald bildeten die Grundlage der Bewertung. Baumart, Baumalter und Bestockungsgrad wurden augenscheinlich bestandsweise überprüft. Der Waldwert wurde anschließend über die entsprechende Grundstücksfläche hochgerechnet. Über den Ausgleich der Wertdifferenz einigten sich die beteiligten Tauschpartner. 3. Belastungen im alten Bestand Die neuen Grundstücke der Waldgenossenschaft sollten lastenfrei sein. Im Alten Bestand gab es jedoch einige Rechte in Abteilung II und III des Grundbuches. Ein Hektar Privatwald war so stark belastet (Pfändungsbeschluss und Zwangssicherungshypothek), dass diese Fläche nicht in die Waldgenossenschaft einfließen konnte. Dieses Grundstück wurde neben der Waldgenossenschaft an anderer Stelle als separates Flurstück ausgewiesen. Für die Waldgenossenschaft blieben somit noch 29 Hektar Wald, der in vier großen Waldgrundstücken ausgewiesen wurde. 4. Eigentumsform im neuen Bestand Insgesamt wurden 29 Hektar verstreut liegender privater Wald zu einem zusammenhängenden Waldkomplex vereinigt. Im neuen Bestand wurde Bruchteilseigentum (58 Anteile mit je 1/58) gebildet. Wer im alten Bestand einen Hektar Wald im Normaleigentum hatte, erhielt im neuen Bestand einen Anteil in Höhe von zwei Achtundfünfzigstel des Waldes der Waldgenossenschaft. Bild 2 Eigentümerkarte des neuen Bestandes nach dem Freiwilligen Landtausch 5. Gründung der Waldgenossenschaft Waldvereinigung Gerterode
4 Parallel zum Tauschverfahren wurde die Gründung der Waldgenossenschaft nach 15 Waldgenossenschaftsgesetz durch die untere Forstbehörde eingeleitet. Das Forstamt Leinefelde stellte einen Satzungsentwurf auf und lud zur Gründungsversammlung ein, die im November 2006 stattfand. Dabei wurde der Vorstand gewählt (fünf Personen) und die Satzung beschlossen. 6. Tauschplan und Abschluss des Tauschverfahrens Am 25. Januar 2008 fand der Anhörungstermin zur Unterzeichnung des Tauschplans statt. Dazu erschienen alle Beteiligten bzw. Bevollmächtigte und unterschrieben den Tauschplan. Gleichzeitig verzichteten sie auf Rechtsbehelf gegen die Ausführungsanordnung, welche kurze Zeit später, erlassen wurde. Der Eintritt des neuen Rechtszustands wurde auf den 15. Februar 2008 festgesetzt. An diesem Tag trat der neue Bestand des Tauschplans in Kraft, und Liegenschaftskataster sowie Grundbuch wurden unrichtig. Das ALF Gotha ersuchte das Grundbuchamt und die Katasterbehörde unmittelbar danach, ihre öffentlichen Bücher entsprechend zu berichtigen, was in den folgenden Wochen erfolgte. 7. Anerkennung der Waldgenossenschaft Waldvereinigung Gerterode Mit dem Eintritt des neuen Rechtszustands im freiwilligen Landtauschverfahren wurden die Mitglieder der Waldgenossenschaft Eigentümer (Bruchteilseigentümer) von wesentlich zusammenhängenden Waldgrundstücken ( 15 Waldgenossenschaftsgesetz). Damit war die Voraussetzung für die Genehmigung der Satzung durch die oberste Forstbehörde gegeben. Diese Genehmigung wurde am 28. Juli 2008 anlässlich des Besuches von Landwirtschaftsminister Dr. Volker Sklenar im Forstamt Leinefelde und der dazugehörigen Baumschule Breitenworbis dem Vorstand der Waldgenossenschaft überreicht. Die am Tauschverfahren beteiligten privaten Waldbesitzer genießen mit der Waldgenossenschaft mehrere Vorteile: 1. Die Waldgenossenschaft verfügt über eine zusammenhängende Fläche, die viel sinnvoller bewirtschaftet werden kann als einzelne verstreut liegende kleinere Waldgrundstücke. Damit wird eine nachhaltige Bewirtschaftung überhaupt erst möglich und sichert nicht zuletzt auch kontinuierliche Einnahmen aus Holzverkäufen.
5 2. Nur mit der Gründung einer Waldgenossenschaft wird ein Beförsterungsvertrag sinnvoll (Planung, Forstschutz, Holzverkauf). 3. Die Waldgenossenschaft wird bei der Berufsgenossenschaft nur einmal veranlagt. 4. Eine Waldgenossenschaft haftet nur mit dem Vermögen des Waldes (Waldwert), wogegen Privatwaldbesitzer mit ihrem gesamten Privatvermögen haften. 8. Zeitlicher Ablauf des Verfahrens Februar 2006: Erste Information der Privatwaldbesitzer März 2006 Tauschvereinbarung Mai 2006 : Waldwertermittlung Juli 2006: Anordnung des freiwilligen Landtauschverfahrens nach 103 a Flurbereinigungsgesetz durch Beschluss November 2006: Gründungsversammlung zur Waldgenossenschaft 2007 Legitimation und Behandlung der Rechte; Aufstellung des Tauschplans 25. Januar 2008 Unterzeichnung des Tauschplans 15. Februar 2008 Eintritt des neuen Rechtszustands April 2008 Berichtigung der Grundbücher 28. Juli 2008 Übergabe der Genehmigung der Satzung der Waldgenossenschaft Waldvereinigung Gerterode 18. September 2008 Abschluss des Freiwilligen Landtausches mit Berichtigung des Liegenschaftskatasters 9. Resümee Das durchgeführte Verfahren zeigt auf, dass durch die Kombination des Bodenordnungsverfahrens nach dem Flurbereinigungsgesetz mit dem Waldgenossenschaftsgesetz forstwirtschaftliche Probleme erfolgreich gelöst werden können. Es ist mit dem Freiwilligen Landtausch Gerterode gelungen, den Privatwald vom Landeswald zu trennen, sodass sowohl der Privatwald als auch der Landeswald nun jeweils in zusammenhängenden Waldgrundstücken bewirtschaftet werden kann. Aufgrund der komplexen Eigentumsstrukturen und der unterschiedlichen Belastungen der Grundstücke konnten nur durch eine umfassende Bodenordnung
6 die Voraussetzungen für die Gründung einer Waldgenossenschaft geschaffen werden. Erst mit der Gründungsversammlung wurde der Vorstand der Waldgenossenschaft gewählt, der die privaten Waldeigentümer vertritt und für diese handelt. Da durch den Verzicht auf Vermessungen auch keine Ausführungskosten entstanden sind, ist die Kombination der Bodenordnung mit der Genossenschaftsgründung nicht nur die einzig richtige, sondern auch die kostengünstigste Lösung. Diese ist hier in Zusammenarbeit der Forst- mit der Landentwicklungsbehörde unter Mitwirkung der Beteiligten vor Ort gut gelungen.
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