A. Theoretisches. 1. Von der einfachen Geldform zum Geldkapital

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1 A. Theoretisches 1. Von der einfachen Geldform zum Geldkapital Am Anfang war und ist immer noch die Geldform des Warenwertes (K I, chapt.3). Diese und die ihr immanenten Widersprüche sind die Keimform aller weiteren Entwicklung, und zwar sowohl historisch als auch theoretisch. Der Wert nimmt abwechselnd die Warenform oder Geldform an: W-G-W. Geld fungiert hier zunächst als Zirkulationsmittel, es vermittelt den Warenaustausch. Indem dieser Kreislauf aus zwei Zirkulationsakten besteht, dem Verkauf W-G und dem Kauf G-W, besteht bereits die Möglichkeit, dass die beiden Akte auseinander fallen 1. Rasch fallen auch der eigentliche Kaufakt und die Zahlung auseinander: ein Zahlungsziel wird eingeräumt, d.h. gekauft wird heute, bezahlt z.b. in drei Monaten. Das Geld wird dadurch zum Zahlungsmittel. Hier finden wir schon die erste Verdoppelung vor, einen Begriff bzw. eine dialektische Herangehensweise, die von elementarer Bedeutung für die Analyse des Geldkapitals ist. In den drei Monaten bis zur Zahlung existiert der Wert sozusagen doppelt, als Ware und als Geld. Der Käufer der Ware kann sie schon verwenden, z.b. als Produktionsmittel, oder sie sofort durch Weiterverkauf wieder versilbern, er besitzt aber auch noch das Geld, das er ebenfalls noch verwenden kann. Für einen gewissen Zeitraum hat sich der Wert, den er in Händen hat, verdoppelt. Sobald sich Geld in Kapital verwandelt (K I, chapt.4), d.h. sich verwertet, Mehrwert heckt, stellt sich der Kapitalkreislauf so dar: G-W-G. In diesem Kreislauf nimmt das Kapital, so wie zuvor der Wert, immer wieder die Geldform an, d.h. die Form von Geldkapital. Geldkapital ist hier aber noch ein Moment, ein Durchgangspunkt des Kapitalkreislaufs (wie zuvor Geld ein Durchgangspunkt des Kreislaufs des Warenwertes war). Das Geldkapital nimmt in seinem Kreislauf abwechselnd die Waren- und die Geldform an. Es kann zeitweilig in der Geldform verharren, aus der Zirkulation heraustreten, sich gegen diese verselbständigen, aber es bleibt wesentlich Moment dieser Zirkulation. Sobald sich schließlich das Geldkapital der Produktion bemächtigt (K I, chapt.5), und das ist das Kennzeichen des Kapitalismus 2, wird es zu produktivem Kapital, d.h. Mehrwert erzeugendem Kapital 3. In den Kreislauf der Kapitalverwertung tritt der Produktionsprozess: G-W Pr W -G (wobei das W aus Arbeitskraft und sachlichen Produktionsmitteln besteht, welche im Produktionsprozess verwertet werden). Mit der Ausbildung der kapitalistischen Produktion nimmt die Masse des vorhandenen sowie des notwendigen Geldkapitals zu, steigt seine Bedeutung und die Notwendigkeit seiner Vermittlung für den Produktionsprozess. Über die Zwischenstufe des Geldhandlungskapitals (das ist - im Unterschied zum entwickelten Geld- bzw. zinstragendem Kapital Kapital, das einfache Geldfunktionen bewerkstelligt wie Devisenund Goldhandel, Zahlungsverkehr und Inkasso, Aufbewahrung usw., siehe K III, chapt.19, aber noch kein ausgeprägtes Kreditsystem kennt) bildet sich das eigentliche verselbständigte Geldkapital heraus: G-G. Alles irgendwo im Kapitalkreislauf vorhandene und (zunächst zeitweilig, später, wie wir sehen werden, auch dauerhaft) unbeschäftigte Geld, aber auch alles außerhalb des Kapitalkreislaufs vorhandene Geld wird eingesammelt, zentralisiert und wieder verliehen. Das Geldkapital tritt in einen besonderen, seinen eigenen Kapitalkreislauf ein, der unterschieden ist von dem des produktiven Kapitals. Kapital wird selbst zur Ware. Es wird gehandelt wie andere Waren auch, aber mit einem großen Unterschied: Es ist selbst nur Geld, nicht etwa etwas Anderes, was seinen Wert in Geld 1 Marx sagt, dass in dieser elementarsten Tatsache schon die Möglichkeit der kapitalistischen Krise angelegt ist, die Möglichkeit der Unterbrechung des Kreislaufs. Die Möglichkeit wohlgemerkt, noch nicht die Wirklichkeit, denn dazu bedarf es entwickelter kapitalistischer Verhältnisse. 2 Historisch tritt die Verwandlung von Geld in Kapital und damit der Kapitalkreislauf zuerst auf in Form des Handelskapitals (G-W-G ), des Geldhandlungskapitals und dann des eigentlichen Geldkapitals (beides G-G ). Diese Formen gehen zwar historisch dem produktiven Kapital voran, werden aber von diesem gebrochen (Marx) und unterworfen und sind im entwickelten Kapitalismus nur von ihm abgeleitete Formen (siehe dazu chapt. 20 und 36 sowie TM III, Beilagen/Revenue, chapt.2). 3 Der Mehrwert wird natürlich nicht vom Kapital erzeugt, sondern von der lebendigen Arbeit der Arbeitskraft, aber Marx verwendet den Begriff des produktiven Kapitals in Abgrenzung zum Handels- oder Geldkapital. 3

2 A. Theoretisches ausdrücken würde. Das Kapital als Ware repräsentiert, als Geld, zwar abstrakt Wert, hat aber selbst keinen Wert 4. Von Interesse ist alleine sein Gebrauchswert, nämlich als produktives Kapital zur Ausbeutung und Mehrwertaneignung eingesetzt werden zu können 5. Es wird daher im Unterschied zu sonstigen Waren nicht im eigentlichen Sinn ge- und verkauft, sondern nur ge- und verliehen und fließt, vergrößert um den Zins, wieder zum ursprünglichen Kapitaleigentümer zurück. Da es die Möglichkeit seiner produktiven Anwendung in sich trägt und der Verleiher diese Möglichkeit einem Dritten verfügbar macht, hat er Anspruch auf einen Teil des Mehrwerts, den dieser Dritte sich mit Hilfe des geliehenen Kapitals aneignet oder sich jedenfalls potentiell aneignen kann. Dieser Anteil ist der Zins. Wir sind damit beim Geldkapital als einem in seinem Kreislauf gegenüber dem Kreislauf des produktiven Kapitals unterschiedenen, verselbständigten Kapital angelangt. Marx bezeichnet dieses Geldkapital als zinstragendes Kapital (K III, chapt.21-36) oder (potentielles) leihbares Geldkapital oder Leihkapital. Es ist also, um nochmals zu rekapitulieren, zu unterscheiden zwischen dem Geld, dem Geldkapital als Moment der Formverwandlung des Wertes, dem Geldhandlungskapital (als bereits verselbständigter Kapitalkreislauf, aber nur mit den einfachen Geldfunktionen und noch ohne Kreditsystem) und schließlich dem Leih- oder zinstragenden Kapital. Letzteres ist Geldkapital im vollen und entwickelten Sinn. Wo wir in weiterer Folge den Begriff Geldkapital verwenden, ist damit eben diese Qualität des Geldkapitals als Leihkapital, zinstragendes Kapital, Bankkapital, gemeint. 2. Ausbildung des Kreditsystems und der Spekulation Wir haben schon beim Geld als Zahlungsmittel gesehen, wie Kauf- bzw. Verkaufsakt und Zahlungsakt auseinander fallen. Marx zeigt, wie aus dieser Möglichkeit zwingend Realität wird, um zuerst den Warenaustausch und dann den Kapitalkreislauf zu beschleunigen und zu entwickeln. So entsteht auf dieser Basis ein entwickeltes System des kommerziellen Kredits 6 (K III, chapt.30, p.494ff.). Der kommerzielle Kredit bildet die Basis des eigentlichen Geldkredits (der keine direkte Basis mehr in der Warenzirkulation hat wie der kommerzielle Kredit) und damit des eigentlichen Kreditsystems. Eine Zeitlang besteht noch das bloße Geldhandlungskapital (im K III die bill brokers ), das bald auch in das Kreditgeschäft einsteigt, und die ursprünglichen Depositenbanken nebeneinan- 4 Als Geld verkörperte es bei seiner Bildung, bei seinem Heraustreten aus dem Kreislauf des produktiven Kapitals, noch Wert, Wert aber, der weder der weiteren produktiven Verwertung, also einem Eintritt in einen neuen produktiven Kapitalkreislauf, noch dem Austausch mit Revenue (zwecks Konsumtion), also einem Tausch gegen Ware und damit Eintritt in die Warenzirkulation, zugeführt wurde. Dieser Wert repräsentiert daher seine Vergangenheit, nicht seine zukünftige Bestimmung als zinstragendes Kapital. 5 Was in der Tat verkauft wird, ist sein Gebrauchswert, der hier der ist, Tauschwert zu setzen, Profit zu produzieren Als Geld ändert es sich nicht durch den Gebrauch. Aber als Geld wird es ausgegeben, und als Geld strömt es zurück. (TM III, p.450) Verkauft müsste genau genommen unter Anführungszeichen stehen, denn eigentlich ist diese Transaktion kein Verkauf i.e.s., keine wirkliche Eigentumsübertragung, sondern eine eigentümliche Form der Veräußerung, die zu einer Verdoppelung führt. Der Eigentumstitel bleibt in der Hand des Verleihers, aber der Besitz geht in die Hand des industriellen Kapitalisten über Der Kapitalist existiert doppelt. Juristisch und ökonomisch Die Rückkehr (des Kapitals zum Verleiher) drückt sich daher auch nicht aus als Konsequenz und Resultat einer Reihe ökonomischer Prozesse, sondern infolge einer besonderen juristischen Transaktion (alles TM III, p.450) 4 6 Der kommerzielle Kredit besteht darin, dass sich die Kapitalisten untereinander Kredit einräumen. Er wird von Marx im Kern gefasst in der damals historisch vorherrschenden Form, als Wechselkredit. Der Käufer der Ware zahlt mit einem Zahlungsziel und besichert seine Zahlungsverpflichtung durch das Akzeptieren eines vom Verkäufer auf ihn gezogenen Wechsels. Der Wechsel wird in weiterer Folge vom Verkäufer = Wechselbegünstigten für weitere Zahlungsvorgänge benutzt, also an Zahlung statt weitergegeben ( indossiert ), um am Fälligkeitstag vom ursprünglichen Bezogenen an den letzten Inhaber der Kette beglichen zu werden. Wechsel sind aus dem heutigen Geschäftsleben fast völlig verschwunden. Zur verbrieften oder dokumentären (d.h. in die Form von Wertpapieren oder bankfähigen Dokumenten gebrachte) Darstellung von Zahlungszielen und zur vorzeitigen Realisierung einer in der Zukunft liegenden Zahlungsverpflichtung werden heute andere Instrumente eingesetzt (Akkreditive, dokumentäre Zahlungsaufträge, Factoring und Forfaitierung durch Banken oder spezialisierte Häuser mit bankähnlichen Funktionen, Waren- bzw. Forderungskreditversicherung plus Vorfinanzierung durch Banken auf Basis der Abtretung der Forderung plus Versicherung ).

3 Proletarische Revolution 42 der, schließlich wird daraus das Bankkapital 7. Das Bankkapital ist die Form, die das zinstragende oder Leihkapital im Kapitalismus annimmt. Aus einem Nebenaspekt der Waren- und Kapitalzirkulation ist ein entscheidendes Element der kapitalistischen Produktionsweise geworden. Das Kreditsystem wird zu einem bedeutenden Hebel zu seiner Ausdehnung und Entwicklung. Es beschleunigt und verbilligt die Kapitalzirkulation, es vermittelt den Ausgleich der Profitraten usw. Im Zuge dieser Entwicklung wird das Gewicht dieses Sektors und seine relative Verselbständigung ( innere Abhängigkeit, äußere Selbständigkeit 8 ) gegenüber dem produktiven Kapital immer größer, er eignet sich einen immer größeren Teil des produzierten Mehrwerts als Zins an, immer mehr scheint die reine Verwertung des Geldkapitals als eigentlicher Inhalt und Zweck des kapitalistischen Treibens. Auf einer gewissen Stufenleiter, die in England etwa Mitte des 19. Jahrhunderts erreicht war, ist die kapitalistische Verwertung ohne Kreditsystem nicht mehr vorstellbar. Der Fortgang der kapitalistischen Produktion und Zirkulation bildet immer weitere Elemente des Kreditsystems aus, Aktiengesellschaften, Börsen, Kapitalfonds verschiedenster Sorte (schon 1894 werden Investmentfonds auf p.526 in einer Note von Engels erwähnt) und darauf aufsetzende Finanzprodukte, bis hin zu den Derivaten (abgeleiteten Finanzprodukten), wie wir sie heute kennen. 3. Verdoppelung bzw. Vervielfachung des Geldkapitals und fiktives Kapital 9 Ein richtiges Verständnis des fiktiven Kapitals ist nur mittels einer dialektischen Herangehensweise zu gewinnen. Wir haben beim Geld als Zahlungsmittel schon die erste Form von Verdoppelung des Werts gesehen, aber noch in sehr embryonaler Form. Der Käufer hat schon die Ware, die er jederzeit versilbern könnte, und noch das Geld, also den doppelten Wert, wenn auch nur vorübergehend. Der Verkäufer hat zwar weder Ware noch Geld, aber er hat einen Zahlungsanspruch, eine Forderung, die er seinerseits jederzeit verkaufen und zu Geld machen kann. Er kann - im früheren System des Wechselkredits - den Wechsel entweder an Zahlung statt verwenden ( indossieren ) oder bei der Bank (gegen Zinsabschlag) bevorschussen lassen ( diskontieren ). Im heutigen System des kommerziellen Kredits kann er die Forderung an eine Bank oder eine Factoring-Gesellschaft (gegen Zinsabschlag) verkaufen oder sie der Bank verpfänden und von ihr bevorschussen lassen. Wenn der Wechsel oder die Forderung oder im Falle der Verbriefung, d.h. ihrer Darstellung als besonderes Wertpapier oder Dokument, - dieses Wertpapier oder Dokument nun der Reihe nach durch mehrere Hände zirkuliert, wird aus der Verdoppelung eine Vervielfachung des Kapitals. Marx schildert, wie mit einer bestimmten Summe 7 Depositen (Bankeinlagen) und Kredite sind nur zwei Seiten derselben Medaille. Die Bankbilanz besteht immer aus den zwei Seiten, aus den Krediten oder (weiter gefasst) den Aktiva und den Einlagen oder Passiva. Jede Einlage ist dazu bestimmt, Kredit zu werden, und jedem Kredit entspricht eine Einlage. Treibendes Moment sind aber die Kredite, sie dehnen das ganze Banksystem immer weiter aus und überspannen es über seine Basis in der wirklichen Akkumulation hinaus. Die Expansion der Kredite pumpt Geld in den Verwertungskreislauf, Geld, das auf seinem Weg ständig wieder zu Bankeinlagen führt. Die Kredite schaffen sich die Einlagen selbst. Wäre es nicht so, sondern würden die vorhandenen Bankeinlagen die Ausdehnung der Kredite beschränken, käme es gar nicht zu dieser Überexpansion des Kreditsystems. 8 Marx analysiert beim Handels- oder Kaufmanns- oder kommerziellen Kapital: Trotz ihrer Verselbständigung ist die Bewegung des Kaufmannskapitals nie etwas anderes als die Bewegung des industriellen Kapitals innerhalb der Zirkulationssphäre. Aber kraft seiner Verselbständigung bewegt es sich innerhalb gewisser Grenzen unabhängig von den Schranken des Reproduktionsprozesses und treibt ihn daher selbst über seine Schranken hinaus. Die innere Abhängigkeit, die äußere Selbständigkeit treiben es bis zu einem Punkt, wo der innere Zusammenhang gewaltsam, durch eine Krise, wieder hergestellt wird. (p.316) Genauso zum einfachen Geldhandlungskapital: Die Bewegungen dieses Geldkapitals sind also wiederum nur Bewegungen eines verselbständigten Teils des in seinem Reproduktionsprozess begriffenen industriellen Kapitals (p.327) Beim Geldkapital im Sinne von zinstragendem bzw. Bankkapital ist die Verselbständigung seines Kreislaufs und seiner Akkumulation gegenüber der wirklichen Akkumulation noch wesentlich größer, dennoch bleiben die Schranken, die die wirkliche Reproduktion setzt, bestehen. 9 In diesem Punkt sind die wichtigsten Stellen aus K III zu unserem Thema zusammengestellt. Die diesbezüglichen Passagen sind dort nämlich etwas verstreut. Der ganze Band wurde von Engels aus einem Berg an unfertigen Manuskripten zusammengestellt. Leichter täte man sich beim Studium, wenn der Band III so kristallklar wie der Band I aufgebaut wäre, aber es ist andererseits auch spannend, den Prozess mitzuverfolgen, wie Marx die Fragen immer wieder von einer anderen Seite her anschneidet und das Thema in dialektischer Weise anpackt. 5

4 A. Theoretisches Geldkapitals ein Vielfaches an Kauf- und Verkaufstransaktionen in Bewegung gesetzt wird (siehe z.b. die von Marx angeführten Zitate zu Anleihen und Depositen auf p.489f.). Die Bank oder der Factor kann seinerseits die Forderung weiterverkaufen, sodass eine neuerliche Verdoppelung eintritt, nämlich in Form des Verkaufserlöses in Händen der ersten Bank, die die Forderung ursprünglich gekauft hatte, und der (weiter bestehenden) Forderung selbst in Händen der zweiten. Die Bank kann auch viele solcher Forderungen zu einem Paket zusammenfassen und dieses Paket in die Form eines Wertpapiers bringen 10 ( Titrierung, ABS-Programm ( asset backed securities ) ). Diese Papiere werden wieder Gegenstand eines schwunghaften Handels. Usw. usf. Man sieht an diesen einfachen Beispielen, dass und wie weitgehend diese Verdoppelung bereits auf Basis des bloßen kommerziellen Kredits stattfindet. Umso mehr gilt es für das ausgewachsene kapitalistische Kreditsystem. Mit der Entwicklung des zinstragenden Kapitals und des Kreditsystems scheint sich alles Kapital zu verdoppeln und stellenweis zu verdreifachen... (p.488) Ist es so oder scheint es nur so? Einerseits ist es so, insofern dasselbe Kapital oder auch nur dieselbe Schuldforderung in verschiedenen Händen unter verschiedenen Formen erscheint. (ibid.) Diese verschiedenen Erscheinungsformen bedeuten verschiedene Äußerungsweisen ein- und desselben Kapitals und als solche sind sie real. Andererseits scheint es nur so, weil es sich doch immer nur um ein und dasselbe Kapital handelt. Dasselbe Kapital erscheint in doppelter Bestimmung, als leihbares Kapital des Verleihers, als industrielles oder kommerzielles Kapital in der Hand des fungierenden Kapitalisten. Aber es fungiert nur einmal und erzeugt selbst den Profit nur einmal. (p.376) Marx nennt das reelle Mystifikation, also eine Mystifikation, eine falsche Vorspiegelung, aber mit durchaus realer Erscheinungsform und realen Folgen. Dass es sich bei aller scheinbaren Realität (der Geldanhäufung in Form von Wertpapieren, der Bankbilanz ) doch nur um eine Mystifikation handelt, um papierene Duplikate des wirklichen Kapitals (p.494) wird sichtbar, wenn die Zirkulation des Geldkapitals stockt, die Kette irgendwo unterbrochen wird und dadurch wie ein Kartenhaus zusammenbricht. Innere Abhängigkeit, äußere Selbständigkeit. Es wird dies auch sichtbar, wenn man überlegt, wie ein derart verdoppeltes etc. Kapital auf die Durchschnittsprofitrate wirkt bzw. wie es Profit an sich zieht. Marx weist darauf hin, dass ein solches verdoppeltes Kapital nicht zweimal in den Ausgleich der Profitraten und die Bildung der Durchschnittsprofitrate eingeht. Vielmehr dreht es sich nur um die Verteilung des selbstverständlich nur einmal produzierten Mehrwerts bzw. des sich daraus ergebenden Profits. Der Profit wird nicht verdoppelt durch das doppelte Dasein derselben Geldsumme als Kapital für zwei Personen. Es kann für beide als Kapital nur fungieren durch Teilung des Profits. (p.366) Angesichts des Finanzüberbaus, der sich auf diese Art entwickelt, verwundert nicht: Der größte Teil dieses Geldkapitals ist rein fiktiv. (ibid.) Dieses fiktive Kapital hat aber insofern eine reale Existenz, als es wirklich als verdoppeltes oder vervielfachtes Geldkapital vorhanden ist, z.b. in verdoppelter oder vervielfachter Weise als Kaufmittel verwendet werden kann usw. Andererseits wird dadurch aber der wirkliche Reichtum der Gesellschaft, die wirkliche Warenmasse, die wirkliche Masse an Produktionsmitteln etc. und ebenso der wirklich produzierte Mehrwert nicht vergrößert und insofern ist es fiktiv. Hier wird auch schon sichtbar die Verselbständigung des Geldkapitalkreislaufs gegenüber dem des wirklichen Kapitals, die Tatsache, dass dasselbe Kapital wirklich eine doppelte und gänzlich verschiedene Bewegung durchmacht (p.385). So geht das Kreditsystem unweigerlich mit Spekulation 11 einher. Nicht nur erlaubt das Kreditsystem eine ungeheure Ausdehnung der Spekulation, sondern sie stachelt diese richtiggehend an. Zum richtigen Verständnis des fiktiven Kapitals darf man zunächst einmal nicht zu kurz greifen. Was wird nicht heute über Spekulation geredet und geschimpft, aber was wird da- 10 Das kennt man aus der Finanzkrise 2007/08, wobei solche Papiere natürlich nicht nur auf kommerziellen, sondern auch auf Bankkreditforderungen (z.b. Hypothekenkrediten) aufgesetzt werden können Hier handelt es sich um Spekulation im eigentlichen Sinn, wo also die Spekulation, wenn schon nicht der einzige Zweck, so doch der Hauptzweck oder ein sehr wesentlichen Zweck ist. Natürlich beinhaltet jede Kapitalverwertung, ja sogar jede Warenproduktion ein spekulatives Element insofern, als sich erst im Nachhinein auf dem Markt herausstellt, ob sich das Kapital wirklich verwertet hat bzw. ob sich die Ware zum erwarteten Preis und überhaupt hat losschlagen lassen. Aber hier ist das spekulative Element nur ein Nebenaspekt. Wenn man daher sagt, dass alles, was die Kapitalisten tun, spekulativ und daher Spekulation sei, trägt man nicht viel bei zur konkreten Analyse der konkreten Situation.

5 Proletarische Revolution 42 mit gemeint? Als Spekulation werden bestimmte, mit dem zunehmenden Überschuss an Geldkapital zwangsläufig hervorgebrachte Finanzprodukte gemeint. Die Derivate sind böse, während Aktien, Anleihen, Staatsanleihen z.b., Börsen, das Depositen- und Kreditgeschäft, kurzum das eigentliche ( anständige ) Bank- und sonstige Geldkapital an und für sich gut sind. Erstere gelten als Schwindel, letztere dagegen als grundsolide Werte. Wir haben aber gesehen, dass die Verdoppelung von Wert und Kapital schon beim Geld als Zahlungsmittel beginnt und daher auch die Spekulation. Nur ist es dort noch eher Möglichkeit als Regelfall, ein im Zirkulationsprozess nebensächliches und verschwindendes Moment, eng verbunden noch mit der Zirkulation des wirklichen Kapitals. Im entwickelten Kreditsystem gewinnen fiktives Kapital und Spekulation ein viel größeres Gewicht und eine viel verselbständigtere Bewegung und werden so zum eigentlichen Markenzeichen des Kapitalismus. Und sie bestehen keineswegs nur in den Derivaten. Man darf an die Frage des fiktiven Kapitals auch nicht schematisch herangehen. Die Kreisläufe bzw. die Akkumulationsprozesse des wirklichen und des fiktiven Kapitals verschlingen sich untereinander. Dem Begriff nach ist die Unterscheidung klar, in concreto ist sie oft schwierig. Sie gehen ständig ineinander über und verselbständigen sich zugleich ständig gegeneinander. Eines wird Anstoß oder Folge des anderen, Moment des anderen. Entscheidend ist, wie der Zusammenhang des fiktiven Kapitals mit dem wirklichen Kapital, auf dem es beruht, im konkreten Fall beschaffen ist. Legt z.b. ein produktiver (oder kommerzieller) Kapitalist 12 Geldkapital, das nur vorübergehend nicht für produktive Akkumulation benötigt wird, als Bankeinlage an, wird es zwar von der Bank in Kredit gedreht, aber das ist für die gegenständliche Geldsumme - nur zeitweilig und nur ein Nebenaspekt. Der Grad der Verselbständigung dieses nur kurz außerhalb des wirklichen Akkumulationsprozesses verharrenden Geldkapitals ist gering, denn gleich darauf geht es wieder in die produktive Kapitalverwertung ein. Demgegenüber haben die Milliardenmassen an vagabundierendem Kapital der diversen Kapitalfonds keinerlei irgendwie gearteten direkten Zusammenhang mehr mit der wirklichen Akkumulation aber natürlich den indirekten, vermittelten, dass letztere die Grundlage auch für ihre Profite bleibt. Würde unser Kapitalist es vorziehen, sein Geld auf Dauer in einen solchen Fonds zu stecken, würde Geldkapital der wirklichen Akkumulation entzogen und in rein fiktives Kapital verwandelt. (Dabei macht es nochmals einen Unterschied, ob ein solcher Fonds in Aktien produktiver Unternehmen investiert, die zwar ebenfalls fiktives Kapital repräsentieren, aber immerhin noch papierene Duplikate der wirklichen Akkumulation sind, im Unterschied z.b. zu irgendwelchen völlig abgesonderten Währungsspekulationen oder zu Aktien von Hedgefonds.) Wir haben es also mit fließenden Übergangen und unterschiedlichen Graden an Fiktivität zu tun. Zurück zur Verdoppelung, jetzt aber nicht mehr bloß des Wertes, sondern des Kapitals auf Basis des voll ausgebildeten Geldkreditsystems. Depositen oder Bankeinlagen bleiben in der Hand des Einlegers Forderungen an die Bank, die er verpfänden und dadurch zu Geld machen kann. Zugleich verfügt aber Verdoppelung! die Bank über das eingelegte Geld. Gesetzt den Fall, sie legt nun einen Kredit hinaus (lassen wir den Fall, dass sie in das reine Spekulationsgeschäft geht, zunächst beiseite). In diesem Fall finden wir einerseits die Kreditvaluta in Geldform in Händen und zur Verfügung des Ausleihers, zugleich aber auch noch die Kreditforderung in der Bankbilanz, und diese Forderung kann ihrerseits verkauft oder aber weitere Verdoppelung! zur Besicherung eines von der Bank aufzunehmenden Kredites oder einer von ihr zu begebenden Bankanleihe verwendet werden. Gesetzt sie begibt eine Anleihe, dann fließt ihr Geld zu durch deren Platzierung, während der Käufer oder Investor die Anleihepapiere in Händen hat, die er seinerseits zur Besicherung eines weiteren Kredites oder einer Anleihe, die er selbst begibt, nutzen kann. Marx schildert schon damals regelrechte Depositenketten. Man sieht die Vervielfachung ein und derselben Geld(kapital)summe zu einem immer fiktiver werdenden Finanzgebäude. Mit der Entwicklung des Kreditsystems entwickelt sich auch das fiktive Kapital, dehnt es 12 Produktives und kommerzielles (oder Handels-) Kapital stehen in unserem Zusammenhang gemeinsam dem Geldkapital gegenüber. Beide zusammen bilden erst den gesamten Reproduktionsprozess des Kapitals. Das produktive Kapital könnte seine Verwertung nicht durchlaufen ohne das kommerzielle Kapital. Zwar ist das kommerzielle Kapital ebenfalls unproduktiv, wie das Geldkapital, aber es ist nicht fiktiv und es geht im Unterschied zum Geldkapital in den Ausgleich der Profitraten mit ein. Das Geldkapital dagegen tut das nicht, sondern knöpft sowohl dem produktiven, als auch dem kommerziellen Kapital einen Teil des Profits, den Zins, ab. 7

6 A. Theoretisches sich immer mehr aus, gewinnt es an Formenreichtum. Es befestigt sich der Zinsfetisch. Im zinstragenden Kapital erreicht das Kapitalverhältnis seine äußerlichste und fetischartigste Form Das Kapital erscheint als mysteriöse und selbstschöpferische Quelle des Zinses... Es wird so ganz Eigenschaft des Geldes, Wert zu schaffen, Zins abzuwerfen, wie die eines Birnbaums, Birnen zu tragen (p.404f.) Die Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, dass jede bestimmte und regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint, sie mag aus einem Kapital entspringen oder nicht. Erst wird das Geldeinkommen in Zins verwandelt, und mit dem Zins findet sich dann auch das Kapital, woraus es entspringt. (p.482) Fiktives Kapital ist also Kapital, das gar nicht wirklich existiert, sondern nur fiktiv entsteht durch die Kapitalisierung irgendwelcher Zahlungstitel. Solche Zahlungstitel sind Ansprüche auf Anteile an zukünftigem Mehrwert, sei es in Form des Zinses oder der Grundrente 13. Marx nimmt als Beispiel die Staatsschulden, die in Wahrheit nur die Verbriefung von Zahlungsansprüchen an den Staat, somit von Ansprüchen gegenüber zukünftigen Steuereinnahmen darstellen: Der Gläubiger (Anm.: der Käufer von Staatsanleihen) kann hier nicht seinem Schuldner (Anm.: dem Staat) aufkündigen, sondern nur die Forderung, seinen Besitztitel darüber, verkaufen. Das Kapital selbst ist aufgegessen, verausgabt vom Staat. Es existiert nicht mehr (Es) bleibt das Kapital, als dessen Abkömmling (Zins) die Staatszahlung betrachtet wird, illusorisch, fiktives Kapital. Nicht nur, dass die Summe, die dem Staat geliehen wurde, überhaupt nicht mehr existiert. Sie war überhaupt nie bestimmt, als Kapital verausgabt, angelegt zu werden Das Kapital der Staatsschuld bleibt ein rein fiktives, und von dem Moment an, wo die Schuldscheine unverkaufbar würden, fiele der Schein dieses Kapitals weg. (p.482f.) (Marx setzt hier fort: Nichtsdestoweniger hat dies fiktive Kapital seine eigne Bewegung. Siehe dazu weiter unten zur Akkumulation von Geld- und fiktivem Kapital.) Weiter: (Darin), dass sogar eine Akkumulation von Schulden als Akkumulation von Kapital erscheinen kann, zeigt sich die Vollendung der Verdrehung, die im Kreditsystem stattfindet. (p.493f.) Weiteres Beispiel ist das Aktienkapital. Aktien sind nur papierene Duplikate des wirklichen Kapitals wie wenn der Ladungsschein (Anm.: bei der Verschiffung einer Ware) einen Wert erhielte neben der Ladung und gleichzeitig mit ihr (Es handelt sich) um nominelle Repräsentanten nicht existierender Kapitale. Denn das wirkliche Kapital existiert daneben und ändert durchaus nicht die Hand dadurch, dass diese Duplikate die Hände wechseln Soweit die Akkumulation dieser Papiere die Akkumulation von Eisenbahnen, Bergwerken, Dampfschiffen etc. ausdrückt, drückt sie Erweiterung des wirklichen Reproduktionsprozesses aus Aber als Duplikate, die selbst als Waren (ver)handelbar sind und daher selbst als Kapitalwerte zirkulieren, sind sie illusorisch, und ihr Wertbetrag kann fallen und steigen ganz unabhängig von der Wertbewegung des wirklichen Kapitals, auf das sie Titel sind. (p.494) Zur Veranschaulichung: Die Aktiengesellschaft selbst, als Firma, kann z.b. einen Kredit aufnehmen, den sie mit ihrem Aktivvermögen besichert; aber die Aktionäre, denen die AG gehört, können ebenfalls einen Kredit aufnehmen, den sie mit ihren Aktien besichern; zwei Kredite besichert mit ein und demselben Kapital. Auch da wo der Schuldschein das Wertpapier nicht wie bei den Staatsschulden rein illusorisches Kapital vorstellt, ist der Kapitalwert dieses Papiers rein illusorisch. Es gibt einerseits das in diesen Firmen angelegte Kapital, wirkliches Kapital, nämlich das in diesen Unternehmungen angelegte und fungierende Kapital oder die Geldsumme, welche von den Teilhabern (Anm.: Aktionären) vorgeschossen ist, um als Kapital verausgabt zu werden Aber dieses Kapital existiert nicht doppelt, einmal als Kapitalwert der Eigentumstitel, der Aktien, und ein anderes Mal als das in jenen Unternehmungen wirklich angelegte Kapital. Es existiert nur in jener letzteren Form, und die Aktie ist nichts als ein Eigentumstitel auf den durch jenes zu realisierenden Mehrwert. (p.484f.) Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel, nicht nur der Staatseffekten, sondern auch der Aktien, bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital oder dem Anspruch, worauf sie möglicherweise Titel sind. Sie werden nämlich zu Waren, deren Preis eine eigentümliche Bewegung und Festsetzung hat Ihr Wert ist stets nur der kapitalisierte Ertrag, d.h. der 8 13 Die Grundrente ist hier nicht unser Thema. Nur so viel: Auch sie ist ein solcher Anspruchstitel. Sie wächst aus dem Boden, wie der Zins scheinbar aus dem Kapital wächst. Auch hier hat ein Ding einen Preis, das keinen Wert hat. (TM III, p.509) Analog ist der Preis eines Grundstücks, das ja als solches (insoweit nicht menschliche Arbeitskraft zu seiner Aufschließung, Bearbeitung etc. verwendet wurde) keinen Wert und daher auch keinen Preisausdruck dieses Werts hat, nichts als die kapitalisierte Grundrente.

7 Proletarische Revolution 42 Ertrag, berechnet auf ein illusorisches Kapital nach dem bestehenden Zinsfuß (Anm.: der Renditeerwartung). (ibid.) Alle diese Papiere stellen nichts vor als akkumulierte Ansprüche, Rechtstitel, auf künftige Produktion, deren Geldoder Kapitalwert entweder gar kein Kapital repräsentiert, wie bei den Staatsschulden, oder von dem Wert des wirklichen Kapitals, das sie vorstellen, unabhängig reguliert wird Und unter Akkumulation ist zum großen Teil nichts zu verstehen als Akkumulation dieser Ansprüche auf die Produktion, Akkumulation des (Anm.: ihres) Marktpreises, des illusorischen Kapitalwerts dieser Ansprüche. (p.486) Und: Soweit die Entwertung oder Wertsteigerung dieser Papiere unabhängig ist von der Wertbewegung des wirklichen Kapitals, das sie repräsentieren, ist der Reichtum einer Nation gerade so groß vor wie nach der Entwertung oder Wertsteigerung. (p.486) Auf den Aktiengesellschaften bauen wieder auf andere Gesellschaften, Kapitalfonds, deren Geschäft nur mehr darin besteht, wieder in andere Aktien zu investieren. Aktien und Fondszertifikate werden an Börsen gehandelt, sie werden von Banken in Bankzertifikate umgewandelt oder zu Indexzertifikaten etc. zusammengefasst. Darüber erhebt sich das Gebäude der sogenannten derivativen Produkte auf diese Aktien und Zertifikate: Sie werden auf Termin, also per einem späteren Zeitpunkt, jedoch zu einem heute festgelegten Preis ver- und gekauft oder es werden Wetten auf ihre Kursentwicklung abgeschlossen, z.b. in Form von Optionsgeschäften. Was für die Aktien gilt, gilt auch für Zinsen (Spekulation auf die zukünftige Entwicklung von Zinssätzen oder Zinsdifferenzen ) und Währungen (z.b. Spekulationen auf den Euro-Dollar-Kurs), aber auch Rohstoffe. Die allermeisten dieser Geschäfte sind rein spekulativ, sie haben keinerlei Zusammenhang mit dem Kreislauf des wirklichen Kapitals, die Investoren haben keinerlei Interesse an dem underlying wirklichen Geschäft. Daher gilt: Der größte Teil des Bankierkapitals ist rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen (Wechseln), Staatspapieren (die vergangnes Kapital repräsentieren) und Aktien (Anweisungen auf künftigen Ertrag). (p.487) Es finden sich in der Bankbilanz auf der Aktivseite hauptsächlich Kredite und Wertpapiere, die allesamt fiktives Kapital darstellen, mehr oder weniger gedeckt auf der Passivseite der Bilanz durch Einlagen, eigene begebene Anleihen etc. Aktivund Passivseite blähen sich gegenseitig auf, der Kredit führt zu Depositen, und die Banken blähen untereinander ihre Bilanzen durch wechselseitige Geschäfte auf. Marx zitiert einen englischen Banker: Es ist daher möglich, dass neun Zehntel aller Depositen in England gar keine Existenz haben außer in den Buchungsposten in den Büchern des Bankiers. (p.420) Wirklich sind in der Bankbilanz bzw. ihrer Aufwands- und Ertragsrechnung nur das Sachanlagevermögen (Gebäude und Einrichtungen), Gold und andere Edelmetalle, dann die laufende Verausgabung (Kapitalvorschuss) von zirkulierendem konstanten Kapital für Arbeitsmittel etc. und von variablem Kapital für Löhne und Gehälter. Eine Sonderstellung nimmt das (tatsächlich eingezahlte) Eigenkapital ein, denn dieses wird unmittelbar einer möglichen Funktion als produktives (oder kommerzielles) Kapital entzogen. Wenn Eigenkapital der Bank vernichtet wird, wiegt das schwerer, wie wenn nur gut veranlagte Kundeneinlagen im Räderwerk des Überbaus an fiktivem Kapital vernichtet werden. Das tatsächlich eingezahlte Eigenkapital der Banken hat daher eine Zwitterstellung und ist wesentlich wirklicher als der Rest 14. Wirklich ist daher heute in der Regel nur ein sehr kleiner Teil des Bankkapitals (vielleicht um die 5 % der Bilanzsumme). Analoges gilt natürlich für die Börse und sämtliche anderen Finanzinstitute. Es erhebt sich jetzt die Frage: Ist alles Geldkapital fiktives Kapital? Die überwiegende Masse des Geldkapitals ist in der Tat nur fiktive Verdoppelung oder Vervielfachung von Werten und Kapitalien, ist nur fiktives Kapital. Das gilt heute in einem besonders krassen Ausmaß angesichts der ungeheuren Aufblähung des Kredit- und Spekulationssystems, bis hin zu solchen derivativen Finanzprodukten, die wirklich nur mehr von jeglicher realen 14 Das reflektiert sich übrigens darin, dass die Bankprofitrate, wiewohl wesentlich aus Zinsen (plus Spesen und Gebühren sowie reine Spekulationsgewinne aus Handel und Eigenhandel mit Finanzprodukten) herrührend, sich nicht ausdrückt in der durchschnittlichen Zinsmarge (zwischen Ertrags- und Aufwandszinsen), die ja auf die Gesamtheit der verzinslichen Positionen (Einlagen, Wertpapiere, Kredite etc.) bezogen ist, sondern in einer Profitrate, die nur auf das Eigenkapital der Bank bezogen ist. Der Bankkapitalist erwartet sich entsprechenden Profit nur auf sein Eigenkapital, nicht etwa auf die fiktiven Aggregate in seiner Bilanz. Anders könnte der Bankprofit nicht mit dem industriellen und kommerziellen Durchschnittsprofit konkurrieren. Hier leuchtet noch ein bisschen, wenn auch sehr vermittelt und vernebelt, der Unterschied zwischen dem Eigenkapital und rein fiktivem Kapital hervor, also zwischen der Vernichtung eines noch irgendwie wirklichen Kerns des Bankkapitals und dem reinen Verpuffen spekulativer (und zudem fremder!) Luft. 9

8 A. Theoretisches ökonomischen Basis abgelöste Wetten darstellen. Dennoch ist das fiktive Kapital in vielfältiger Weise mit dem wirklichen Kapital verschlungen. Insbesondere gilt das für seinen Sockel, während das Gebäude nach oben hin immer luftiger und fiktiver wird: Staatseffekten wie Aktien und andere Wertpapiere aller Art sind Anlagesphären für verleihbares Kapital, für Kapital, das bestimmt ist, zinstragend werden. Sie sind Formen, es auszuleihen. Aber sie sind nicht selbst dieses Leihkapital, das in ihnen angelegt wird. (p.495) Es ist also zu unterscheiden zwischen dem Geldkapital als solchem, wie es aus dem Kreislauf des produktiven Kapitals heraus- und in den verselbständigten Geldkapitalkreislauf eintritt, und dem Überbau an Anlagesphären und formen, der sich darauf erhebt. Alles Geldkapital, sobald es aus dem wirklichen Reproduktionsprozess des Kapitals heraustritt 15 und sich ihm gegenüber verselbständigt, tritt auf nur mehr als Geldvermögen und damit potentielle Quelle zukünftiger Verwertung. Es hat seine Herkunft vergessen. Es hat sich schon verwandelt aus Resultat und Kristallisation früherer Arbeit (so tritt es nämlich aus dem Reproduktionsprozess des produktiven Kapitals heraus) in einen Titel auf zukünftigen Mehrwert und damit zukünftige Arbeit (so tritt es als Geldkapital bzw. fiktives Kapital in dessen Kreislauf bzw. in seinen neuen Kreislauf als solches ein). Es fungiert schon nicht mehr als wirkliches Wertäquivalent und ist daher fiktiv. Das gilt auch für den Sockel, aber hier ist der Zusammenhang mit dem wirklichen Kapital noch sichtbar. Hier sind die Übergänge noch erkennbar und noch wenig vermittelt. Darauf aber erhebt sich ein ganzes fiktives Gebäude, das sich immer weiter vom eigentlichen Ursprung des Geldkapitals entfernt, von den Vorfahren, dessen Sprössling es, wie Marx sagt, ist. Nach oben hin steigt von Stockwerk zu Stockwerk der Grad der Fiktivität mit der Anzahl der Vermittlungen 16, die das fiktive Kapital durchläuft. Steigen wir aber nochmals zum Sockel hinunter. Andererseits, soweit der Kredit direkte Rolle im Reproduktionsprozess spielt: Was der Industrielle oder Kaufmann braucht, wenn er Wechsel diskontiert haben oder eine Anleihe aufnehmen will, sind weder Aktien noch Staatspapiere. Was er braucht, ist Geld Es ist die Akkumulation dieses Leihkapitals, von der wir hier zu handeln haben, und zwar speziell von der des leihbaren Geldkapitals. (p.495) In diesem Beispiel wird fiktives Kapital geschaffen z.b. durch Aufnahme eines Kredits, Begebung neuer Aktien oder Emission einer Anleihe. Zunächst beschafft sich also der produktive Kapitalist nur Geld(kapital), um dieses in Elemente des produktiven Kapitals zu verwandeln, für eine Investition. Der Zusammenhang der Vorgänge auf den Finanzmärkten mit der wirklichen Akkumulation ist hier noch einfach und klar 17. Dennoch wird bereits Geldkapital verdoppelt und fiktives Kapital geschaffen, nämlich in Gestalt des Kredits, der Aktien oder der Anleihen. Diese bekommen nämlich sofort ein Eigenleben. Sie bilden den sogenannten Sekundärmarkt, sie notieren an Börsen, sie werden für sich genommen ver- und gekauft, das alles ganz unabhängig von der produktiven Anwendung des aufgenommenen Geldkapitals durch den produktiven Kapitalisten, sie zirkulieren als papierene Duplikate des wirklichen Kapitals. 15 Nicht alle Bankeinlagen kommen aus dieser Quelle, sie kommen - zum Teil - auch aus Revenuen, also Einkünfte, die nicht zur Verwertung als Kapital, sondern für die Konsumtion bestimmt sind. Dazu gehört die Grundrente als Revenue des Grundeigentums oder Ersparnisse der Arbeiterklasse (incl. z.b. der privaten und betrieblichen Pensionsvorsorge), die aus dem Arbeitslohn stammen, oder der Konsumtionsfonds der Kapitalistenklasse und natürlich jede Art von sonstigen nicht der kapitalistischen Verwertung dienenden Geldmitteln anderer Klassen und Schichten. Aber auch diese Revenuen, jedenfalls die meisten, haben natürlich einen vermittelten Zusammenhang mit dem Reproduktionsprozess des Kapitals. 16 Vermittlung benennt bei Marx die Schritte, die etwas durchläuft beim Übergang von einer Form in die andere, insbesondere beim Aufstieg vom Abstrakten zum Konkreten bzw. vom Wesen zur Erscheinungsform desselben Manchmal bleibt er auch so einfach und klar. Dann gilt: Ein Teil des akkumulierten verleihbaren Geldkapitals ist in der Tat bloßer Ausdruck von industriellem Kapital. (p.495, Fußnote 7) Marx führt zur Veranschaulichung das Beispiel an, wie Investitionen des englischen Kapitals in amerikanische Eisenbahnaktien durch die englischen Exporterlöse finanziert wurden Wenn z.b. England um 1857 in amerikanischen Eisenbahnen 80 Mio. Pfund Sterling angelegt hatte, so wurde diese Anlage fast durchweg vermittelt durch Ausfuhr englischer Waren, wofür die Amerikaner keine Rückzahlung zu machen hatte. Der Exporterlös des englischen Kapitals wurde auf dem Umweg über die Diskontierung der auf die amerikanischen Warenimporteure gezogene Wechsel bei amerikanischen Banken - direkt in amerikanische Aktien investiert.

9 Proletarische Revolution 42 Sie bilden weiters die Basis für einen noch viel größeren derivativen Überbau: Indexzertifikate, Fonds, Terminhandel, Optionenhandel, CDS und was es alles an derivativen Finanzprodukten gibt. Immer größer wird der Überbau, der aber, wiewohl fiktiv, reale Finanzmärkte bildet, mit Umsätzen, Gewinnen und Verlusten, etc. Alle diese, immer mehr von der ursprünglichen Transaktion losgelösten Finanzanlagen beschreiben ihre eigenen Kreisläufe als fiktives Kapital und werden in der Statistik des Finanzvermögens aufsummiert. Aus der einfachen Verdoppelung wird eine Vervielfachung der umlaufenden Wertpapiere und daher des fiktiven Kapitals. Die Märkte drehen sich scheinbar aus sich selbst heraus und immer schneller, verselbständigen sich, bringen ihre eigenen Mechanismen der Zinsbildung hervor. Die Sekundärmärkte gewinnen ein Übergewicht über die Primärmärkte, also in unserem Beispiel der Kredit- oder Anleihe- oder Aktienmarkt insgesamt über die Bedingungen der Kreditaufnahme oder Emission des produktiven Kapitalisten. Die Finanzmärkte scheinen das Wesentliche, das Bestimmende, das Treibende zu sein und die Reproduktion des produktiven Kapitals nur ein Nebenaspekt. Aber alle ihre Ansprüche auf Zinsen und Dividenden (und davon abgeleitete Kursgewinne) sind und bleiben nur Ansprüche auf zukünftigen Mehrwert. Und in unserem Beispiel heißt das, isoliert betrachtet, dass sie diese Ansprüche erheben auf den Mehrwert, den der produktive Kapitalist aus den von ihm ausgebeuteten Arbeitern herauspresst. Die Spekulationsblase und ihr Platzen sind bei unvoreingenommener Betrachtung deutlich erkennbar. Also: Der überwiegende Teil dessen, was uns als Geldkapital, Leihkapital, Bankkapital etc. gegenübertritt, stellt fiktives Kapital dar. Aber es verwandelt sich ständig wirkliches Kapital in Geldkapital und umgekehrt Geldkapital in wirkliches Kapital. (In ersterem Fall handelt es sich um aus dem produktiven Verwertungskreislauf heraustretendes Geldkapital, das seine Karriere zunächst noch als wirkliches Kapital in Geldform beginnt und sich, sobald es beginnt, seinen eigenen Kreislauf als Geldkapital zu beschreiben, in fiktives Kapital verwandelt.) 4. Der Akkumulationsprozess von wirklichem Kapital und der von Geldkapital Akkumulation von wirklichem Kapital ist die Erweiterung des Reproduktionsprozesses des Kapitals, seine Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter. Die Akkumulation des wirklichen Kapitals vollzieht sich im Zuge des Kreislaufs der Kapitalverwertung und nimmt in diesem abwechselnd die Form von Ware, Geld oder produktivem Kapital in Funktion an. Die Geldform des Kapitals ist hier nur Durchgangspunkt. Im wirklichen kapitalistischen Reproduktionsprozess, also Produktion und Zirkulation zusammen genommen, durchdringen sich aber die Akkumulation von wirklichem Kapital und die von Geldkapital, von Geldkapital, welches seinen eigenen Kreislauf durchläuft. Akkumulation von Geldkapital als solches, d.h. bloße Anhäufung von sich selbst verwertendem Geldkapital, also im Grunde nur von zur Kapitalverwertung bestimmtem Geld, ist natürlich ein von der wirklichen Akkumulation unterschiedener Prozess. Marx wendet sich dieser Frage in K III ab chapt.30 zu. Wieweit und wieweit nicht ist (die Akkumulation des eigentlichen Geldkapitals) Anzeichen von wirklicher Akkumulation des Kapitals? Ist (Geldkapitalüberschuss) nur eine besondre Manier, die industrielle Überproduktion auszudrücken, oder bildet sie ein besonderes Phänomen neben ihr? Und zweitens: Wieweit drückt Geldklemme, d.h. Mangel an Leihkapital, einen Mangel an wirklichem Kapital (Warenkapital und produktivem Kapital) aus? (p.493) Marx untersucht Expansion und Kontraktion des Geldkapitals im Vergleich zu Expansion (Wachstum, Aufschwung) und Kontraktion (Rezession, Krise) des wirklichen Kapitals. Ohne die Ergebnisse dieser Untersuchung an dieser Stelle referieren zu wollen (wir kommen in C.1 nochmals darauf zurück), hier nur soviel, dass Expansion des Geldkapitals keineswegs Expansion des wirklichen Kapitals bedeutet, sondern man im Laufe des Konjunktur- und Krisenzyklus auch auf gegenläufige Bewegungen stößt (siehe p.502ff.). Die wirkliche Akkumulation und die des Geldkapitals bewegen sich unterschiedlich und werden durch unterschiedliche Gesetze reguliert. Soweit sich Geldkapital in Leihkapital verwandelt. existiert es nur in der Form von Anspruch auf Kapital. Die Akkumulation solcher Ansprüche, nach der Voraussetzung, entspringt aus der wirklichen Akkumulation ; aber dennoch ist die Akkumulation dieser Ansprüche oder Titel als solche verschieden, sowohl von der wirklichen Akkumulation, der sie entspringt, wie von der zukünftigen Akkumulation (dem neuen Produktionsprozess), welche durch das Ausleihen des Geldes vermittelt wird. (p.525) Die Akkumulation des Leihkapitals besteht einfach darin, dass Geld sich als verleihbares Geld niederschlägt. Dieser Prozess ist sehr verschieden von der wirklichen Verwandlung in Kapital; es ist nur die Akkumulation von Geld in einer Form, 11

10 A. Theoretisches worin es in Kapital verwandelt werden kann. Diese Akkumulation kann aber Momente ausdrücken, die von der wirklichen Akkumulation sehr verschieden sind. Bei beständiger Erweiterung der wirklichen Akkumulation kann diese erweiterte Akkumulation von Geldkapital teils ihr Resultat sein, teils das Resultat von Momenten, die sie begleiten, teils endlich auch das Resultat sogar von Stockungen der wirklichen Akkumulation. (Es) muss in bestimmten Phasen des Zyklus beständig Plethora (Anm.: Überfülle, Überfluss) von Geldkapital stattfinden und diese Plethora mit der Ausbildung des Kredits sich entwickeln. Mit ihr muss sich also zugleich die Notwendigkeit entwickeln, den Produktionsprozess über seine kapitalistischen Schranken hinauszutreiben: Überhandel, Überproduktion, Überkredit. Gleichzeitig muss dies stets in Formen erfolgen, die einen Rückschlag hervorrufen. (p.523f.) Bewegung, Umfang, Verzinsung des Geldkapitals werden, im Unterschied zur wirklichen Produktion und Akkumulation, nicht durch das Wertgesetz bestimmt, sondern durch Angebot und Nachfrage auf dem Geldkapitalmarkt 18. Der Wert des Geldkapitals (der Zins), der ja, wie wir gesehen haben, nur ein Preis ist, ohne selbst einen Wert zu haben, kann bei Geldkapitalüberschuss dramatisch fallen oder sich überhaupt in nichts auflösen. Und natürlich umgekehrt. Je nachdem werden kleinere oder größere Teile des gesellschaftlichen Mehrwerts bzw. Profits in Zins verwandelt und an das Geldkapital gezahlt und verringern so den verbleibenden Profit des produktiven (und kommerziellen) Kapitals 19. Dies gilt umso mehr, je größer das Geldkapital im Verhältnis zum wirklichen Kapital ist. Dem kapitalistischen Realvermögen oder der realen Wertschöpfung (z.b., wenn auch in der verstümmelten Form der bürgerlichen Statistik, in Gestalt des Bruttoinlandsprodukts (BIP)) steht heute Geldkapital in Höhe eines Vielfachen gegenüber. Letzteres kann sich eine Zeitlang um sich selbst drehen, eine scheinbare Wertsteigerung aus sich selbst heraus erzielen, financial profits an sich ziehen, scheinbar unabhängig von der wirklichen Reproduktion des Kapitals. Aber dennoch bleibt das Geldkapital, wie Marx sagt, ein Sprössling des wirklichen Kapitals, und dessen Akkumulation bleibt die Grundlage der Akkumulation jenes. Das beginnt ganz banal damit, dass der Zinsanspruch des Geldkapitals und des fiktiven Kapitals, mag er auch noch so als aus sich selbst generiert erscheinen, nur ein Zu- oder Vorgriff auf Mehrwert ist und bleibt, der irgendwo und irgendwann erzeugt wurde oder werden muss. Daher auch das fallweise (v.a. im Krisenfall!) plötzliche Interesse der Finanzmärkte für die Realwirtschaft 20, worin sich noch der Rest dieser Einsicht zeigt. Wenn Geld wirklich aus sich selbst heraus, quasi als eine mystische Eigenschaft, produktiv wäre und Mehrwert generierte, müssten sie sich ja nicht für die Realwirtschaft interessieren. Darüber hinaus ergeben sich einige Besonderheiten im Gang der Akkumulation von Geldkapital aus dem Gang der wirklichen Akkumulation. Insbesondere gilt das für Faktoren, die das Geldkapital in seiner Akkumulation relativ aufblähen im Vergleich zur wirklichen Akkumulation (wir kommen dazu gleich). Auch wird der Rhythmus der Akkumulation des Geldkapitals im Verlauf des Zyklus durch die wirkliche Reproduktion und Akkumulation beeinflusst. Das Geldkapital kann sich, als Sprössling, in gewissem Umfang von der wirklichen Akkumulation emanzipieren, kann sich aber nicht vollständig und dauerhaft abkoppeln. Die beiden Bereiche durchdringen sich, die wirkliche Akkumulation ist die Basis, die Akkumulation des Geldkapitals entfaltet sich auf dieser Basis, kann sich relativ verselbständigen, wird aber immer wieder von der wirklichen Kapitalverwertung und Akkumulation eingefangen, namentlich durch die 18 Die Konkurrenz bestimmt hier nicht die Abweichungen vom Gesetz, sondern es existiert kein Gesetz der Teilung außer dem von der Konkurrenz diktierten. (p.369) 19 Marx ging übrigens in der damaligen Phase der kapitalistischen Entwicklung - von einem tendenziell sinkenden Zinssatz aus, erstens weil die Profitrate, aus der der Zins sich ja speist, ebenfalls sinkt und zweitens weil die Plethora von Geldkapital auf den Zins drückt Im Moment des Eklatierens der Krise 2008 erfand die Bourgeoisie den Begriff Realwirtschaft. Vorher gab es diesen Begriff gar nicht (bzw. wenn, dann nur im Sinn von reeller Wirtschaft in Abgrenzung zu Schattenwirtschaft ). Gerade sie, die noch ein paar Wochen zuvor das Finanzsystem als das Realste überhaupt und die wahre Quelle des Reichtums betrachtete, unterscheidet jetzt dieses ihr verlorenes Paradies als anscheinend irreal von der Realwirtschaft. So ist es aber gerade nicht, obwohl einige Marxisten diese Sichtweise (wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen) reproduzieren. Auch dem fiktiven Kapital kommt eine Realität zu, wie man tagtäglich merkt. Aber Dialektik war noch nie die Stärke der imperialistischen Bourgeoisie

11 Proletarische Revolution 42 Krisen. Die Finanzkrise ist meistens Vorbote und Auslöser einer sich schon anbahnenden Krise der wirklichen Akkumulation, entsteht sie aber ausnahmsweise tatsächlich hauptsächlich aus Entwicklungen im Bereich des Geldkapitals selbst, dann bleibt sie eine partielle Geld- oder Börsen- oder Bankenkrise, wenn sonst alles in Ordnung ist. Nur wenn auch in der wirklichen Akkumulation die Widersprüche sich bereits ausreichend verschärft haben und die Krisenfaktoren entsprechend herangereift sind, schlägt sie in eine veritable Wirtschaftskrise um. Fast immer werden also wirkliche Krisen durch Geldkrisen angekündigt und/oder eingeleitet, immer werden sie von ihnen (selbst wenn durch andere äußere Umstände ausgelöst) begleitet, nur selten durchleben Geldkrisen ein eingezäuntes und partielles Eigenleben, obwohl auch das prinzipiell möglich ist, denn: Es ist Grundlage der kapitalistischen Produktion, dass das Geld als selbständige Form des Werts der Ware gegenübertritt In frühern Produktionsweisen kommt dies nicht vor, weil bei der engen Basis, auf der sie sich bewegen, weder der Kredit noch das Kreditgeld zur Entwicklung kommt Solange der gesellschaftliche Charakter der Arbeit als das Gelddasein der Ware und daher als ein Ding außer der wirklichen Produktion erscheint, sind Geldkrisen, unabhängig oder als Verschärfung wirklicher Krisen, unvermeidlich. (p.532f.) 5. Hypertrophie des Geld- bzw. fiktiven Kapitals (Es muss) die Akkumulation des Geldkapitals immer eine größere Akkumulation von Kapital widerspiegeln, als wirklich vorhanden ist. (p.521) Die Hypertrophie, die übermäßige relative Zunahme des Geldkapitals ist also dem Grundsatz nach - nicht neu. Marx analysiert eine Reihe von Faktoren, die dies bewirken. Zunächst weil vermittels des Kredit- und Banksystems auch die zur Konsumtion bestimmten Revenuen (Geldmittel, die ursprünglich in keiner Weise Kapital sind, sondern eben unproduktiv verausgabt werden) als Geldkapital zentralisiert werden, weil also die Ausdehnung der individuellen Konsumtion, weil vermittelt durch Geld, als Akkumulation von Geldkapital erscheint, weil sie die Geldform liefert für wirkliche Akkumulation, für Geld, das neue Kapitalanlagen eröffnet. (p.521f.) Dazu kommt, dass dies nicht nur für den Konsumtionsfonds der Kapitalistenklasse gilt, sondern auch für die Revenuen anderer Klassen und Schichten (siehe p.520 und unsere Fußnote 15), die durch das Kredit- und Bankensystem aufgesogen, zentralisiert und in leihbares Geldkapital verwandelt werden. Ein wichtiger Hebel ist die gesellschaftliche Verallgemeinerung des Kreditund Bankensystems, die diesen Prozess auf eine immer höhere Stufenleiter hebt. Sogar der Arbeitslohn wird auf ein Bankkonto überwiese und stellt bis zum Verbrauch in den Händen der Bank potentielles Geldkapital dar, wie umgekehrt dieses Konto überzogen werden kann und dadurch zur Anlagesphäre von fremdem Geldkapital wird 21. Marx führt weiters an bloß technische Mittel, wie Ausdehnung und Konzentration des Bankwesens, Ersparung der Zirkulationsreserve (Anm.: da ja Kredit leicht verfügbar ist) oder auch der Reservefonds von Zahlungsmitteln der Privaten, die dadurch immer für kurze Zeit in Leihkapital verwandelt werden. (p.512) Er verweist auf die Ökonomisierung des Zahlungsverkehrs und die steigende Verkettung und Aktionsgeschwindigkeit der Kredite (p.524). Er behandelt besondere Formen der Akkumulation von Geldkapital wie Kapitalfreisetzung durch Ökonomisierung (Verbilligung) der Elemente des konstanten Kapitals, Kapitalfreisetzung beim Handelskapital durch Stockungen u.a. (alles p.522) Er verweist auf die anwachsende Schicht der bloßen Kuponschneider und Rentiers: Endlich wird Akkumulation von Geldkapital bewirkt durch die Anzahl von Leuten, die ihre Schäfchen ins Trockene gebracht und die sich von der Reproduktion zurückziehen. Je mehr Profite im Laufe des industriellen Zyklus gemacht worden, desto größer ihre Anzahl. Hier drückt die Akkumulation des leihbaren Geldkapitals einerseits wirkliche Akkumulation aus (ihrem relativen Umfang nach); andererseits bloß den Umfang der Verwandlung industrieller Kapitalisten in bloße Geldkapitalisten. (p.522f.) Es wird dadurch der wirklichen Akkumulation Geld(kapital) 21 Man denke auch an das Kreditkartenwesen, das seinerseits wieder die Basis für eines der wichtigsten Geschäftssegmente im Bereich der titrierten Produkte bildet: Die durchschnittlichen für die Zukunft geschätzten Kreditkartenforderungen werden von der kartenbegebenden oder garantierenden Bank zu einer Gesamtschuld gebündelt und als Anleihe auf dem Markt platziert. Überflüssig zu sagen, dass sich darauf wieder ein Überbau derivativer Kreditprodukte erhebt, der seinerseits längst zu einem verselbständigten Spekulationsmarkt geworden ist. 13

12 A. Theoretisches entzogen und in Leihkapital verwandelt. Auch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals führt zur Aufblähung des Geldkapitals, weil die Produktion auf immer größerer Stufenleiter auch immer größere Akkumulationsschritte, z.b. immer größere Investitionen in das fixe Kapital (z.b. ein neues Werk oder auch nur eine neue Fertigungsstrasse eines Automobilkonzerns, ein neues Stahl- und Walzwerk ), benötigt, was zu größerem Geldkapital in den Zwischenzeiten führt, in denen dieses nicht unmittelbar in produktives Kapital verwandelt werden kann (p.523). So wie das Geldkapital zwangsläufig aus der Reproduktion des Kapitals entsteht, so auch seine immer stärkere Aufblähung, seine Hypertrophie (Übermaß, Übersteigerung) im Verhältnis zum wirklichen Kapital 22. Wir haben die Marx schen Passagen deshalb ausführlich referiert, weil sie veranschaulichen, wie der gesamte Reproduktionsprozess des Kapitals und der kapitalistischen Gesellschaft überhaupt aus sich selbst heraus zwingend auf die relative Vergrößerung des Geldkapitals im Verhältnis zum produktiven (und kommerziellen) Kapital hinausläuft und dies nicht etwa eine Fehlentwicklung oder Entgleisung ist. 6. Wirkungen des tendenziellen Falls der Profitrate auf fiktives Kapital, Spekulation, Krise Alle o.a. Faktoren entfalten sich auf der Grundlage des Gesetzes des tendenziellen Falls der Profitrate. Von allen ökonomischen Gesetzen der kapitalistischen Produktionsweise, die Marx entdeckt, enthüllt und analysiert hat, ist für das Verständnis der heutigen Finanzkrise, der Anhäufung fiktiven Kapitals in Gestalt der Finanzmärkte und der Spekulation, für das Verständnis, wie alle diese schönen Dinge aus dem wirklichen Akkumulationsprozess nicht nur hervorgegangen sind, sondern immer wieder neu hervorgehen, wie sie auf ihm beruhen, aber auch wie sie auf die wirkliche Akkumulation zurückwirken für das alles ist das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate der Schlüssel. Der tendenzielle Fall der Profitrate, seine Ursachen, die entgegenwirkenden Faktoren, seine widersprüchliche Bewegungsform ( Entfaltung der inneren Widersprüche des Gesetzes ) sind theoretisch im K III, chapt analysiert. Wir haben dieses Thema und auch seine heutige Ausprägung in Österreich in der PR No.39 (p.15ff.) behandelt und können uns hier daher kurz halten. Lange Zeit von allerhand bürgerlichen Marxisten bestritten und theoretisch widerlegt, wird dieses Gesetz seit einiger Zeit wieder modern 23. Kein Wunder, sieht doch jeder, der einen Blick auch nur auf die bürgerliche Statistik wirft, die seit Jahren sinkenden Wachstumsraten, die sinkenden Investitionsraten, die Überkapazitäten (ein bewusstloser technischer Ausdruck für die Überakkumulation), die wachsende und ausgeprägte Krisenanfälligkeit der kapitalistischen Reproduktion und das Staccato von Krisen, die Tendenz zu Depression und Stagnation. Zugleich sieht auch jeder die immer häufigeren und immer heftigeren Krachs in der Finanzsphäre. Es herrscht ein eklatanter Widerspruch zwischen dem traurigen Zustand der Realwirtschaft 24 und der 22 Daher die Sinnlosigkeit einer Kritik nur am raffenden Kapital bei Verteidigung des schaffenden Kapitals. Es ist klar, warum die oberflächliche Kritik, ganz wie sie die Ware will und das Geld bekämpft, so sich jetzt mit ihrer reformierenden Weisheit gegen das zinstragende Kapital wendet, ohne die wirkliche kapitalistische Produktion anzutasten, nur eines ihrer Resultate angreift (Das ist eine) Polemik gegen das zinstragende Kapital vom Standpunkt der kapitalistischen Produktion aus, die heutzutag als Sozialismus sich aufbläht (TM III, p.448) 23 Das hatte und hat natürlich, abgesehen vom Nichtverstehen dieses Gesetzes und vom Nichtbegreifen der entgegenwirkenden Faktoren, vom Nichtverstehen der konkreten Ausprägung der kapitalistischen Akkumulation der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und der Segnungen des Imperialismus für die Profitrate, auch direkt politische Gründe: Wenn es einem nur um die Schweinerei unmäßiger Superprofite durch eine Handvoll Superreiche und um Verteilungsgerechtigkeit geht, tut man sich mit einer steigenden Profitrate leichter als mit einer tendenziell sinkenden, die die moralische Basis eines solchen reformistischen Ansatzes unterminiert (und zugleich die wissenschaftliche Basis unseres revolutionären Ansatzes begründet) Das heißt aber nicht, dass die Bourgeoisie diesen traurigen Zustand hinnimmt. Gerade weil im Ganzen depressive Stagnation vorherrscht und die Bourgeoisie schon Freudensprünge macht, wenn sie wenigstens 1% p.a. Wachstum (1.Quartal 2010: 0,1% für Deutschland, Frankreich etc., also Null) und endlich wieder einmal keine negative Investitionsneigung schafft, wird ihr Kampf um die Steigerung der Ausbeutung und die Umverteilung des gesellschaftlichen

13 Proletarische Revolution 42 wilden Jagd der Finanzmärkte. Was die Bourgeois, die gewöhnlichen sowieso, aber auch die meisten marxistelnden, nicht sehen wollen oder können, ist dass hier ein Zusammenhang besteht, dass Einheit der Gegensätze besteht. Dieser Zusammenhang besteht darin, dass das Kapital in seinem Reproduktionsprozess - aufgrund des tendenziellen Falls der Durchschnittsprofitrate immer weniger profitable Anlagemöglichkeiten vorfindet. Immer mehr in der produktiven Kapitalverwertung erzeugtes Geldkapital, das eigentlich reinvestiert und nur ein Moment im Kreislauf des produktiven (oder kommerziellen) Kapitals sein sollte, wird gezwungen, in der Geldform zu verharren, wird aus diesem Kreislauf, dem Reproduktionsprozess des wirklichen Kapitals, hinausgedrängt, und hat daher, wenn es nicht nur faul herumliegen und sich überhaupt nicht verwerten soll, nur die Möglichkeit, zu versuchen, sich als reines Geldkapital zu verwerten. Daraus resultiert ein Überfluss an vagabundierendem Geldkapital, das nach Anlagesphären sucht (und auch mit allen Mitteln versucht, sich solche zu schaffen). Man sieht das gut am Beispiel großer Industriekonzerne wie z.b. Siemens. Seit vielen Jahren hat der Konzern eine Liquiditätsreserve von um die 10 Mrd. Euro und findet keine lohnende Anlagemöglichkeit dafür. Sogar ein ausgesprochener Industriekonzern wie Siemens verwandelt sich teilweise in einen reinen Geldkapitalisten, der sein Geld als Geld verwerten muss und sonst nichts. Ein anderes Beispiel wäre General Electric, das zeitweise 70% seines Konzernprofits mit Bankgeschäft gemacht hat. Nicht zu Unrecht werden diese Konzerne oft als Banken mit angeschlossenem Elektroladen bezeichnet. Natürlich betätigt sich das Kapital nicht nur im Finanzgeschäft, sondern versucht es auch und in erster Linie, auf der Ebene der operativen Profitrate gegenzusteuern: Steigerung der Ausbeutung und der Mehrwertrate 25, Schaffung zusätzlicher Verwertungssphären durch die Durchkapitalisierung der Gesellschaft (Durchdringung neuer bis dahin nicht der Kapitalverwertung unterworfenen Bereiche, Entstehen neuer (teilweise personalintensiver ) Branchen, Privatisierung staatlicher Infrastruktur ), Beschleunigung des Umschlags des Kapitals durch Verkürzung sowohl der Produktions- als auch der Zirkulationszeit, Extraprofite aus dem Warenexport und -import und vor allem durch den Kapitalexport. Alle diese dem Fall der Profitrate entgegenwirkenden Tendenzen werden von Marx bereits angeführt, nur der Kapitalexport war damals noch seltene Ausnahme und nicht die Regel, er wurde erst im Zeitalter des Imperialismus zur vorherrschenden Methode der Aneignung fremden Mehrwerts. Durch alle diese Maßnahmen wird die produzierte Mehrwertmasse erhöht und fremder Mehrwert umverteilt oder direkt angeeignet. Dennoch kann die Bourgeoisie dadurch den Fall der Profitrate langfristig nicht aufhalten. Sie muss unaufhörlich weiter an der Steigerung der Produktivität arbeiten, um relative Vorteile gegenüber der Konkurrenz herauszuholen, und dies untergräbt langfristig die Profitrate immer weiter. Der tendenzielle Fall der Profitrate beschleunigt aber, wie wir gesehen haben, die Aufblähung des Geldkapitals im Verhältnis zum produktiven (und kommerziellen) Kapital immer weiter. Mehrwerts aufs Äußerste angeheizt. Innerhalb des verfaulenden und verschlammenden Wirtschaftsganzen finden daher wilde und immer wildere Bewegungen statt. Man denke nur an die Ausgliederungen, Verlagerungen, Rationalisierungen. Man denke z.b. daran, was in der Automobilindustrie abläuft bzw. ihr bevorsteht. Man denke auch an immer neue und immer wildere Vorstöße des Neokolonialismus gegen die abhängigen Länder. Auch verschärfen sich die Widersprüche zwischen den Kapitalisten im Weltmaßstab und treibt die Entwicklung auf neue und größere Kriege zu. Man darf sich also die depressive Stagnation nicht als Faulheit, Trägheit, Aussichtslosigkeit der Bourgeoisie vorstellen. 25 Heute wieder mit Formen, die manchmal an den frühen Kapitalismus erinnern. Lange Zeit stand die Produktion von relativem Mehrwert durch Erhöhung der Produktivität der Arbeit im Vordergrund und nicht in erster Linie die von absolutem Mehrwert durch Verlängerung des Arbeitstags. Lange Zeit stand die Steigerung der Intensität der Arbeit im Vordergrund und nicht die direkte Senkung der Löhne. Heute wird wieder massiv Verlängerung des Arbeitstags und direkte brutale Lohnsenkung betrieben. Und immer mehr Flexibilisierung (Kurz-, Leih- und Taglöhner- und Stundenlöhnerarbeit). Interessant übrigens, wie überholt dadurch heute viele Fragestellungen sind. Wie mühten sich in den 1960 bis 1980er Jahren sämtliche Reformisten und Revisionisten, von den Erfindern des Stamokap bis zu den Trotzkisten (z.b. Marxistische Wirtschaftstheorie von E.Mandel aus 1968), ab, zu erklären, dass es keine absolute Verelendung gäbe, dass die Steigerung der Produktion von absolutem Mehrwert überholt sei, natürlich auch, dass es keine Krisen im alten Sinn mehr gäbe etc., dass aber natürlich der Marxismus dennoch wahr sei, bloß halt ein etwas revisionsbedürftiger Marxismus. Heute braucht man, glaube ich, über diese Dinge nicht mehr streiten. 15

14 A. Theoretisches 7. Herausbildung von Monopolen, Finanzkapital 26 und Finanzoligarchie, Unterordnung des Staatsapparats unter die Monopole 27 - mächtige Hebel der Hypertrophie des Geldkapitals Im Imperialismus gewinnen die in Punkt 5 und 6 behandelten Tendenzen eine quantitativ (im Ausmaß) und qualitativ (in ihrem dem Kapitalismus ihren Stempel aufprägenden Charakter) wesentlich stärkere Ausprägung. Selbst bei oberflächlicher Betrachtung springt sofort ins Auge, wie die von Marx angeführten Faktoren für die Aufblähung und Hypertrophie des Geldkapitals (Pkt.5) im Imperialismus noch viel stärker ausgeprägt sind. Die großen internationalen Monopole betreiben den Produktions- und Zirkulationsprozess auf einem wesentlich höheren Stand der Produktivkräfte, unter Bedingungen einer viel höheren Konzentration und Zentralisation des Kapitals und in globalem Maßstab. Wo aber solche riesigen Massen an Kapital bewegt werden, wo die erweiterte Reproduktion, die Akkumulation des Kapitals so zyklopische Ausmaße (wie Marx sagen würde) annimmt, muss auch das an verschiedenen Punkten dieses Prozesses vorhandene und nicht unmittelbar wieder als produktives Kapital einsetzbare Geldkapital sich in großer Masse aufhäufen und (zumindest zeitweise) gegen die produktive Reproduktion des Kapitals verselbständigen 28. Das Kredit- und Bankensystem ist ebenfalls in viel höherem Grad auf die gesamte Gesellschaft verallgemeinert, alle überschüssigen Mittel aller Klassen werden über den Banken- und Finanzsektor zu potentiell zinstragendem Kapital, jeder Schritt, den man macht, besteht irgendwie in Bankeinlagen und krediten, alles disponible Geld wird aufgesaugt, zentralisiert und in leihbares Geldkapital verwandelt. Durch die monopolistische Struktur ist das Bankensystem hoch konzentriert und zentralisiert, international organisiert und durchrationalisiert, ein paar Dutzend international tätige Bankmonopole kontrollieren den Sektor. Die Zirkulation von Waren, Geld und Kapital hat eine wesentliche Beschleunigung erfahren, vom Warenumschlag bis zum internationalen Zahlungsverkehr. Das sind alles Faktoren, die es auch schon im vorimperialistischen Stadium des Kapitalismus gibt, die aber im Gesamtzusammenhang des Imperialismus, auf Basis der Herausbildung von Industrie-, Handels- und Bankmonopolen, eine neue Qualität annehmen. 26 Wir verwenden hier den Begriff Finanzkapital im Lenin schen Sinne: Das Finanzkapital erwächst aus der Verschmelzung der Industrie- und Bankmonopole. Meistens, auch in der (mehr oder weniger) marxistischen Literatur wird dagegen der Begriff Finanzkapital einfach zur Bezeichnung des Geld-, Leih-, Bankkapitals benutzt, also dessen, was wir hier als Geldkapital im entwickelten Sinn bezeichnen. An und für sich ist das kein gravierendes Problem, könnte man sagen, man muss sich nur verständigen, was mit was gemeint ist. Nun ist es allerdings so, dass viele dieser Halb- oder Viertel- oder Achtel- Marxisten den Imperialismus nicht als besonderes Stadium des Kapitalismus sehen, sondern eher als ein Produkt von Machtverhältnissen oder einer Politik, er jedenfalls bei ihnen keine Rolle spielt (bzw. nur eine moralische Rolle wie bei den bürgerlichen Globalisierungsgegnern und Antikapitalisten ). Sie kennen ihren Marx, sie kennen aber keinen Lenin und sie stehen verblüfft vor dem Monstrum des modernen Finanzmarkt-Kapitalismus. Daraus ergibt sich meistens eine sehr bürgerliche (z.b. keynesianische) Deutung der Phänomene des modernen Akkumulationsprozesses und der Krisen. Wo man ein Verständnis des Imperialismus bräuchte, wird stattdessen an beiden Seiten, an der Marx-Zitiererei und an der Erklärung der Phänomene des heutigen Kapitalismus, herumgepfuscht. Auch die jeweiligen Vorstellungen vom Imperialismus sind dementsprechend kurios (z.b. Harvey s new imperialism oder Wood s surplus imperialisme ). Übrigens gibt es auch hier die zwei bekannten Strömungen, die einen, die alles schon von Marx beantwortet sehen und sich auf Marx-Exegese beschränken, die anderen, für die alles neu ist. Es empfiehlt sich uns daher, für das, was oft als Finanzkapital oder Finanzmarkt-Kapital bezeichnet wird, die Verwendung des Begriffs Geldkapital, der im Marx schen Sinne ident ist mit Leih- oder zinstragendem Kapital, während der Begriff Finanzkapital im Lenin schen Sinne als typisches Charakteristikum des Imperialismus verwendet wird. 27 Auch hier ist es interessant, sich zu erinnern, dass schon in den frühen 1950er Jahren über die Frage diskutiert wurde, ob sich die Monopole den Staatsapparat unterordnen (so vertrat es Stalin und auch das Lehrbuch aus 1954) oder ob es um ein Verschmelzen von Monopolen und Staatsapparat gehe. Etwas später war für den Stamokap klar, dass es um Verschmelzung und nicht um Unterordnung gehe. Natürlich sind Monopole und Staat auf allen Ebenen miteinander verfilzt und verschmolzen, aber das ist nur die Form, was ist aber der Inhalt dieser Verschmelzung? Das ist eben die Unterordnung des Staates unter die Monopole. Die Reformisten und Revisionisten glaubten und glauben aber, damals wie heute, an Macht und Möglichkeiten des Staates, an seine relative Unabhängigkeit, an die Wunder des Keynesianismus usw. Wenn man heute mit offenen Augen durch die Welt geht, braucht man als Marxist - über diese Frage, glaube ich, nicht mehr diskutieren Wenn z.b. die Vöest-Alpine plant, ein zweites großes Stahlwerk (neben Linz) in Rumänien zu bauen, ist das eine große Investition, die sich natürlich nicht so nebenher aus der laufenden Reproduktion des Kapitals ergibt. Es muss in kurzer Zeit eine große Masse Geldkapital bereitgestellt werden, entweder aus angesparten Mitteln oder aus Kredit. Beides dehnt die Masse des zirkulierenden Geldkapitals aus.

15 Proletarische Revolution 42 Eine Reihe von Faktoren ist erst im Imperialismus voll entfaltet. Schon Marx beschreibt die Herausbildung einer Schicht von reinen Geldkapitalisten oder Rentiers. (Es) wächst die Klasse der Geldkapitalisten; es vermehrt sich einerseits die Zahl und der Reichtum der sich zurückziehenden Kapitalisten, der Rentiers; und zweitens wird die Entwicklung des Kreditsystem gefördert und damit die Zahl der Bankiers, Geldverleiher, Finanziers etc. Mit der Entwicklung des Kreditwesens werden große konzentrierte Geldmärkte geschaffen, wie London, die zugleich Hauptsitze des Handels mit diesen Papieren sind. Die Bankiers stellen dem Gelichter dieser Händler das Geldkapital des Publikums massenhaft zur Verfügung, und so wächst diese Brut von Spielern. (p.527f.) Offenbar gab es damals auch schon Heuschrecken, aber sie und die Banken stellten weder das Gros, noch den Kern der Bourgeoisie dar. Im Imperialismus führt die hypertrophe Entwicklung des Geldkapitals zur hypertrophen Entwicklung der entsprechenden Fraktion der Bourgeoisie. Eine schmale Finanzoligarchie, gebildet aus den Spitzen der Industrie-, Handels- und Bankmonopole bildet sich heraus, die alle Fäden in der Hand hat und sich auch die anderen Teile der Bourgeoisie unterordnet. Der hohe Grad an Konzentration und Zentralisation der Wirtschaft zu einigen wenigen Monopolen pro Branche erlaubt die vollständige Unterordnung des Staates unter die Macht der Monopole und, in diesem Zusammenhang, unter das Diktat des Finanzsystems. Würde man noch Belege dafür brauchen, müsste man nur die Ereignisse der letzten Zeit nochmals Revue passieren lassen, vom Bankenrettungspaket 2008 bis zum Griechenland- Hilfspaket aus April/Mai 2010, das ja ebenfalls nur ein Bankenhilfspaket ist, denn seine Kredite und Haftungen dienen ausschließlich zur Bedienung einer Handvoll imperialistischer Banken. Von der Rettung bis zur Regulierung besteht wohl kein Zweifel, wer hier eigentlich regiert. Das Geldkapital gewinnt zunehmend an Gewicht gegenüber dem Industrie- (und Handels-) kapital. Das gilt einmal rein quantitativ. Aber es hat vor allem eine qualitative Seite, nämlich dass die Geldkapitalverwertung auch den produktiven (und kommerziellen) Verwertungsprozessen ihren Stempel aufdrückt, dafür Vorgaben und Maßstäbe liefert. Formen und Methoden der Produktion (und Zirkulation) setzen sich durch, auch und gerade im Bereich des produktiven (und kommerziellen) Kapitals, die die Reproduktion des produktiven (und kommerziellen) Kapitals so organisieren, als wären sie nur ein Anhängsel des Verwertungsprozesses des reinen Geldkapitals. Marx: Die Aktienunternehmungen überhaupt entwickelt mit dem Kreditwesen haben die Tendenz, diese Verwaltungsarbeit (Anm.: d.h. das Management) als Funktion mehr und mehr zu trennen von dem Besitz des Kapitals (p.401) Das ist die Keimform der Aufspaltung der Funktion des produktiven (und kommerziellen) Kapitals in fungierendes Kapital (Management) einerseits und Eigentum andererseits und damit für die Entwicklung von Widersprüchen zwischen diesen beiden Funktionen. Es scheint, als ob heute mehr und mehr die Finanzmärkte, das Kapital als Eigentum, das produktive (und kommerzielle) Kapital beherrschten und die Unternehmenspolitik bestimmten. In der Tat handeln sie mit ganzen Unternehmen als Waren (Explosion der mergers and acquisitions, v.a. auch der globalen Megafusionen etc.), versuchen sie, Druck auf das produktive (und kommerzielle) Kapital zu machen und ziehen sie, wenn alles klappt, hohe bis extrem hohe Renditen aus ihren investments. Aber das ändert nichts daran, dass aller Wert und Mehrwert nur im produktiven Prozess erzeugt wird und dies daher die Basis aller Einmischung und Profitabsaugung durch das Geldkapital bleibt. Wenn das produktive Kapital keinen Mehrwert erzeugt, gibt es auch nichts abzusaugen oder sinnvoll zu beherrschen. In diesem Prozess entstehen daher keine ernsthaften Interessensgegensätze und Widersprüche in der Bourgeoisie, jedenfalls nicht innerhalb der Monopolbourgeoisie und Finanzoligarchie 29. Das schaffende Kapital fühlt sich nicht vom raffenden geknechtet, sondern geht vielmehr davon aus, dass unter den gegebenen Umständen die Kriterien und Vorgaben der Finanzmärkte sich mit den eigenen Zielen decken 30. Redensweisen von der Beherrschung des produktiven Kapitals durch das Geldkapital (oder Finanzkapital im üblichen Wortgebrauch) führen demgegenüber in die Irre. Was passiert, ist nicht, dass das Finanzkapital, im Imperialis- 29 Etwas anders sehen das sicher kleine und mittlere Bourgeois, die von den Banken sekkiert werden, und natürlich die im Namen des produktiven Kapitals gegen die Finanzhyänen kämpfenden Hirngespinstler. 30 Aber nicht etwa wegen der Salärsysteme des Managements (z.b. der stock options). Umgekehrt widerspiegeln diese perfekt die tatsächlichen Zielsetzungen der Kapitalverwertung und sind aus eben diesem Grund erfunden worden. 17

16 A. Theoretisches mus durch die Verschmelzung von Bank- und Industriekapital entstanden, sich tendenziell etwa wieder in seine Bestandteile auflöst, sondern dass der zunehmende Mangel an produktiven Verwertungsmöglichkeiten, was sich eben auch im zunehmenden Gewicht des Geldkapitals im Rahmen des Kapitals insgesamt ausdrückt, in den letzten Jahrzehnten auch zu Veränderungen des Produktionsprozesses, des Zirkulationsprozesses und der Distributionssphäre geführt hat, Veränderungen, die von der gesamten Bourgeoisie, auch von der produktiven (und kommerziellen), getragen und vorangetrieben werden. Share holder value oder wert(steigerungs)orientiertes Management heißt die Zauberformel, die sich generell und global durchgesetzt hat. Im Grunde bedeutet das, dass Entwicklung und Steigerung der Produktion, der Technik, der Produktivität, der Produktivkräfte etc., alles was in der frühen Zeit des Kapitalismus noch sein Markenzeichen war, worin seine revolutionierende Rolle bestand, von der im Manifest der Kommunistischen Partei viel die Rede ist, mehr und mehr in den Hintergrund treten 31, während an die erste Stelle tritt das reine money hunting, Geldmacherei, Geldjägerei, kurzfristigster Maximalprofit, darunter viel nur bücherlicher Profit oder überhaupt rein betrügerischer Profit, Bilanzgestaltung und Bilanzschwindel, alles ohne Rücksicht auf die Auswirkungen auf die wirkliche Akkumulation, Aushungern des produktiven Kapitals bis zu schweren Störungen seines Verwertungsprozesses, Fehlallokation der Finanzmittel auf hochrentable Bilanzkosmetik zwecks Hochtreibens des Profits von heute bei gleichzeitiger Untergrabung des Profits von morgen 32, ein kolossales Umverteilungs- und Schwindelsystem (Marx). Diese Entwicklung, die in den letzten drei Jahrzehnten, also in einem sehr kurzen Zeitraum, extreme Ausmaße angenommen hat, ist ein in noch nie da gewesenem Ausmaß markanter Ausdruck für die Fäulnis und den Parasitismus des imperialistischen Kapitalismus 33. Betrachten wir die Sache näher im Detail. Worin besteht die neue Unternehmensphilosophie und politik? Führen wir zur Veranschaulichung die wichtigsten Entwicklungen an. Im Produktionsbereich finden wir z.b. die Konzentration auf das Kerngeschäft, die Fokussierung der Wertschöpfungskette (d.h. in der Regel deren Verkürzung, also das Abstoßen vor- und nachgelagerter oder bloß angelagerter Tätigkeiten einer Produktionskette, außer dort, wo umgekehrt durch eine Verlängerung oder Anreicherung der Wertschöpfungskette monopolistische Positionen aufgebaut werden können), das Outsourcing, die Filetierung der Unternehmen in möglichst klar strukturierte, d.h. leicht verscherbelbare Einheiten, usw. usf. Im Zirkulationsbereich finden wir die just in time -Methode, die Minimierung der Lagerbestände bzw. Auslagerung der Lagerhaltung. Einerseits geht es um die tatsächliche Reduzierung des vorgeschossenen Kapitals: Senkung des Fixkapitalstocks, Minimierung des zirkulierenden Kapitals und selbstverständlich brutales Hinunterdrücken des variablen Kapitals. Andererseits geht es aber auch um die Gestaltung der Bilanz, um die kurzfristige Schönung der financial strength und um das Jonglieren mit Bilanz- und Finanzkennzahlen. Der shareholder value des Augenblicks ist alles, Entwicklung und Perspektive des Unternehmens, freilich sowieso nicht absehund berechenbar, ist nichts. Früher oder später führt dies zu einer großen Fragilität und Verletzlichkeit der Produktions- und Zirkulationsprozesse, zu Überalterung und Degradation von Anlagen und Maschi- 31 Was natürlich nicht heißt, dass es überhaupt keinen Fortschritt der Produktivkräfte mehr gibt. Es heißt aber, dass der Kapitalismus zu einem immer größeren Hemmnis für die Entwicklung der Produktivkräfte und überhaupt die Entwicklungsmöglichkeiten der menschlichen Gesellschaft wird und dass die Schere des Widerspruchs zwischen den Entwicklungspotentialen und den Istzuständen immer mehr aufgeht. Je mehr dies der Fall ist, desto mehr versucht übrigens die Bourgeoispropaganda das durch Phrasen wie Unser Wissen verdoppelt sich alle x Jahre oder durch die Mystifizierung der Informationstechnologie etc. zu verdecken. 32 Es gibt hier tatsächlich Widerspruch und oft Kollision, aber nicht zwischen verschiedenen Fraktionen der Monopolbourgeoisie, sondern zwischen den Erfordernissen einer produktiven Kapitalverwertung und den an der reinen Geldkapitalverwertung orientierten Erwartungen und Vorgaben, sowohl der Finanzmärkte, als auch des eigenen Managements Bürgerliche Marxisten wie Bischoff sehen das alles genau verkehrt herum. Mit der Machtverschiebung zu Gunsten des Geld- und Leihkapitals verliert die kapitalistische Produktionsweise ihren Charakter der beständigen Umwälzung der Produktionsmethoden. (J.Bischoff: Globale Finanzkrise, 2008, p.58) Hat nicht umgekehrt die historische Überholtheit dieser Produktionsweise zur Hypertrophie des Geldkapitals geführt? Und zwar nicht erst heute!

17 Proletarische Revolution 42 nen, zu Störungen der Arbeitsprozesse 34 etc. Dementsprechend wurden auch die Bilanzierungsregeln auf die Interessen und Bedürfnisse des Investors, des share holder, also des Geldkapitals hingetrimmt. Aber unter der Maske des share holders verbirgt sich nur die Jagd nach kurzfristigstem Maximalprofit. Auch Firmen wie Siemens oder General Electric, die sozusagen in Geld schwimmen, operieren so, und sicher nicht, weil ihnen das Geldkapital im Nacken sitzt, sondern weil sie selbst ihren Kapitalverwertungsprozess nur mehr auf diese Weise betreiben können und wollen. Nicht die produktive Akkumulation zählt, sondern die kurzfristige Wertsteigerung, d.h. im Klartext: der Anstieg des Aktienkurses. Daran hängt alles, das Rating und damit der Kreis der in Frage kommenden Investoren, auch die Managementgehälter und Bonifikationen (Stichwort stock options ). Dementsprechend wurden die alten handelsrechtlichen Bewertungsregeln ( kaufmännische Vorsicht ) aufgegeben. Ziel der Bilanzierung ist nicht, das Unternehmen im Hinblick auf seine langfristige Weiterführung abzubilden, sondern im Hinblick auf die schnelle Steigerung des Börsenwerts (und auf die Möglichkeit, es ggf. sofort zu einem hohen Preis zu verscherbeln). Auch die Unternehmensfinanzierung folgt neuen Regeln: maximale Ausschüttung von Dividenden 35, nur kein zu hohes Eigenkapital, soviel als möglich Kreditfinanzierung, d.h. hohes leveraging 36. In einem Atemzug wird zugleich oft über ein zu niedriges Eigenkapital und eine zu hohe Verschuldung gejammert. Dieses Dilemma widerspiegelt die inneren Widersprüche der Kapitalverwertung: Eine hohe (highly leveraged) Profitrate verlangt eine niedrige Eigenkapitalquote, eine hohe Wertsteigerung ( Nettowert des Unternehmens) verlangt eine hohe Eigenkapitalquote. Eine hohe Eigenkapitalquote hält mehr von der Masse des Profits im Unternehmen, statt es an Banken oder Finanzmärkte wegzuzahlen, aber senkt die Rate des Profits, gemessen am Eigenkapital. Widersprüche ohne Ausweg. Grund des Dilemmas ist die sinkende Profitrate im produktiven (und kommerziellen) Bereich. So oder so stellt sich die Frage, was man mit dem Profit täte, wenn man ihn im Unternehmen beließe, wo man ihn nicht lukrativ investieren kann. Andererseits steigern hohe Dividendenauszahlungen und hohe Verschuldung (die ja das Kredit- und Anleihevolumen erhöht) wieder die Masse des umlaufenden Geldkapitals, das nach Verwertungsmöglichkeiten sucht. Die Widersprüche können nicht gelöst, sondern nur immer weiter verschärft werden. Zur Aufbesserung der oft zu mageren Profitrate rückt auch in den produktiven (und kommerziellen) Unternehmen das Finanzmanagement immer mehr in den Vordergrund, also die Verwertung von Geldkapital als Geldkapital und nicht im produktiven Prozess, inklusive natürlich von Ausflügen in das Reich der puren Spekulation (oder Daueraufenthalten ebendort). Immer mehr werden die produktiven Kapitale selbst auch als reine Geldkapitale tätig. Die Veränderung in Managementkonzept und Unternehmenspolitik hat großen Einfluss darauf, wie, durch welche Maßnahmen, heute konkret die Steigerung der Ausbeu- 34 Sowohl der Taylorismus (maximale Zerstückelung der Arbeitsprozesse) als auch der Toyotismus ( Regruppierung der Arbeitsprozesse, z.b. auf den Plattformen der Automobilindustrie) wurden so weit perfektioniert und vorangetrieben, dass ihre ausbeutungs- und produktivitätssteigernde Wirkung - mit tatkräftiger Mithilfe der jeweils betroffenen Arbeiter! früher oder später immer ins Gegenteil umschlägt. 35 Am Beispiel der Dividenden kann man die Entwicklung gut studieren. Marx führte in K III die Dividenden der Aktiengesellschaften noch als dem Fall der Profitrate entgegenwirkenden Faktor an, da sie eher eine Art Zinsen darstellen und nicht in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate eingehen, da sie eine geringere als die Durchschnittsprofitrate abwerfen. (p.250) Engels wies bei der Herausgabe des K III 1894 in einer Fußnote bereits auf die Splittung in Stammaktien ( Risikokapital mit echter Dividende) und Vorzugsaktien (stimmrechtslose Aktien mit der Höhe nach garantierter (außer es gibt überhaupt keinen Gewinn), allerdings geringer und einem Zinssatz gleichender Vorzugsdividende) hin (p.488). Heute sind die Aktien das Mittel par excellence, Profit aus dem produktiven Kapitalkreislauf herauszuziehen und dem Geldkapital einzuverleiben, während die Vorzugsaktien in den Hintergrund getreten sind und durch andere eher anleiheartige Instrumente ersetzt wurden (Optionsanleihen, Convertibles bzw. Wandelschuldverschreibungen, Mezzaninfinanzierungen etc.; bei Banken auch Partizipations- und Ergänzungskapital). 36 Lever (engl.) heißt Hebel. Wenn der Profit, der mit dem gesamten eingesetzten Kapital, eigenem und fremdem, erzielt wird, steigt, steigt die nur auf das Eigenkapital berechnete Profitrate ( return on equity ) umso stärker (mit einem umso stärkeren Hebel), je niedriger der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital ist (während der an das Fremdkapital abzuführende Zins konstant bleibt). 19

18 A. Theoretisches tung verfolgt wird. Sie hat auch dazu geführt, dass ein immer größerer Teil des Mehrwerts beim Geldkapital und ein immer kleinerer Teil beim produktiven Kapital landet (wobei darin ebenfalls oft Profite aus reiner Geldkapitalverwertung eingeschlossen sind, z.b. Siemens Financial Services, GE Capital ). Alle diese Entwicklungen erscheinen an der Oberfläche als Forderungen und Zwänge, die vom Geldkapital ausgehen. Es erscheint so, dass Banken, Kapitalfonds, venture capital funds, private equity funds dies betreiben und treiben, dass sie durch ihren Druck und ihre Vorgaben in Richtung Maximalprofit diese Entwicklung vorantreiben - dies aber nicht so sehr durch produktive Tätigkeit, sondern durch fiktive Wertsteigerung (bis zur Bilanzgestaltung und offenen Bilanzfälschung sowie zur räuberischen und betrügerischen Mehrwertumverteilung). Und in der Tat vermittelt sich die ganze Entwicklung durch den Druck der Finanzmärkte. Aber was ist und woher kommt dieser Druck? Das liegt daran, dass sich immer mehr nicht produktiv verwertbares Geldkapital vom produktiven Prozess absondert und das fiktive Kapital immer mehr anschwillt. Dies ist ein Problem der kapitalistischen Reproduktion als Ganzes, nicht nur des Geldkapitals. In Wirklichkeit zwingen der Kampf des Kapitals insgesamt gegen den tendenziellen Fall der Profitrate, die immer schwierigere profitable Verwertungsmöglichkeit des produktiven Kapitals, die immer stärkere Tendenz zu Stagnation und Depression und das sich daher immer mehr aufblähende, vagabundierende, nach Verwertung suchende Geldkapital etc., die daraus unvermeidlich resultierende explodierende Spekulation, die immer stärkere Labilität und Krisenanfälligkeit des Systems usw. dazu, die Profitmaximierung immer aggressiver zu betreiben und immer kurzfristiger anzulegen. Natürlich kommen solche Vorgaben häufig von den Finanzmärkten, aber sie kommen deshalb, weil unter den gegebenen objektiven Bedingungen an eine halbwegs ruhige und stabile Kapitalakkumulation sowieso nicht mehr zu denken ist, also muss man seine Schäfchen in anderer Weise ins Trockene bringen. Das Management der großen industriellen (und kommerziellen) Konzerne denkt und handelt nicht etwa anders als die reinen Geldkapitalinvestoren. Nicht beherrscht das Geldkapital das Industriekapital, sondern die Zuspitzung der inneren Widersprüche des Kapitalismus beherrscht beide Fraktionen der Bourgeoisie. Widersprüche und Auseinandersetzungen zwischen den Repräsentanten der verschiedenen Funktionen des Kapitals sind allenfalls eine Ausnahmeerscheinung. Durch tausend Fäden ist die industrielle (und kommerzielle) Monopolbourgeoisie mit den finanziellen verflochten. (Die größten Monopole sind häufig beides im selben Haus. Siemens oder General Electric z.b. sind selbst riesige Geldkapitalagglomerationen, Bank- und Industriekapital in einem. Solange solche Monopole nicht in finanzielle Schwierigkeiten (z.b. durch Überschuldung) geraten (wie z.b. geschehen bei Ford, Fiat ), können sie sich dem Griff des Bankkapitals und der Finanzmärkte mehr oder weniger entziehen.) Die Paradigmen des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus haben sich durchgesetzt, weil das der einzige Weg ist, unter den gegebenen Bedingungen die Profitmaximierung voranzutreiben. Je stärker, trotz aller entgegenwirkenden Faktoren und allen Gegensteuerns der Bourgeoisie, der Druck auf die Profitrate ist, desto heftiger und wilder wird die zwischenimperialistische und zwischenkapitalistische Konkurrenz. Es werden eben z.b. von den acht oder neun internationalen Autokonzernen, die es heute noch gibt, nur drei oder vier übrig bleiben. Riesenmonopole liefern sich einen erbitterten Kampf, in dem es ums Überleben geht. Die Dimensionen und das Tempo dieses Kampfes steigen ständig. Die Krise verschärft die Lage gewaltig. Es ist kein Raum mehr für eine stetige, langfristig orientierte, nachhaltige 37 Akkumulation. Das Risiko, eine Entwicklung oder die Schachzüge des Konkurrenten zu verschlafen, ist zu groß. Wer nicht vorwärts stürmt in der kapitalistischen Konkurrenzschlacht, geht unter. Das ist der Grund, warum die gesamte Bourgeoisie den Weg des Finanzkapitalismus, der Finanzialisation etc. eingeschlagen hat. Zwar nicht ohne Friktionen und Kollisionen, aber doch ist dies der einzig mögliche Weg des Kapitals. Alle kleinbürgerlichen Vorschläge des Rückbaus der Finanzialisation, der Rückkehr zu gemütlicheren Ausbeutungsverhältnissen, der Zähmung der Finanzmärkte sind anachronistischer (und reaktionärer!) Unsinn. Zum Neoliberalismus gehören die Privatisierung öf Nachhaltigkeit ist ein neues Bourgeoismodewort geworden, seit es mit jeder Nachhaltigkeit der Entwicklung vollständig vorbei ist. Seit einigen Jahren muss jeder internationale Konzern, der etwas auf sich hält, zusammen mit dem Jahresabschluss einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen, unglaubliche Fabrikate voll mit unsäglichem Geschwätz.

19 Proletarische Revolution 42 fentlichen Eigentums und die Deregulierung. Es ist natürlich nicht so, wie die reformistischen Antikapitalisten glauben, dass die Damen und Herren Reagan, Thatcher, Mitterand, Brandt, Schröder 38 etc. den Neoliberalismus erfunden und dann durchgesetzt hätten. Vielmehr griff die Jagd nach neuen Anlagesphären auch nach Bereichen, wie der staatlichen Infrastruktur, die dem Kapital bisher als Feld der Kapitalverwertung entzogen waren, und sie musste danach greifen. (Dass die Aneignung des privatisierten öffentlichen Eigentums fast immer nicht nur in Russland oder China! - in mehr oder weniger räuberischer und betrügerischer Weise erfolgt, die manchmal an Formen der ursprünglichen Akkumulation erinnert, ist ein für die Profitrate günstiger Nebeneffekt.) Da auch das Pensionssystem, das Gesundheitswesen, das Schulund Ausbildungswesen, die Arbeitslosenversicherung und Arbeitsmarktverwaltung privatisiert werden, entstehen neue Geschäftszweige des Kapitals und dort, wo die Sozialversicherung demoliert wird, vor allem in der Pensions- und Krankenversicherung, neue Betätigungsfelder des Geldkapitals, neue Formen, neue Finanzmarktakteure (z.b. Pensionskassen, neue Geschäftszweige von Versicherungen), neue und weitere Aufblähung des Geldkapitals. Das Banken- und Kreditsystem ist inzwischen in einer Art und Weise verallgemeinert, dass praktisch jeder Euro zum Gegenstand zumindest einer zeitweiligen Geldkapitalverwertung wird, während umgekehrt der Bargeldumlauf nur mehr 5-10% des gesamten Geldumlaufs 39 ausmacht. Das Kreditsystem hat sich in die Breite und in die Tiefe ausgedehnt, neue Formen der Konsum- und Investitionsfinanzierung, teils neben den traditionellen Banken, von ABS-Programmen und der Verallgemeinerung des sale and lease back (auch zur Bilanzverkürzung und Profitkennzahlen-Schönung) bis zum Kreditkartenwesen, wobei der darauf aufsetzende Finanzüberbau die Dynamik dieses Prozesses weiter potenziert. Seitens der Staatsapparate und Regierungen wird alles zur Förderung dieser Entwicklung getan. Neben den schon genannten Punkten, Privatisierung, Deregulierung, Rahmenbedingungen für die Verallgemeinerung des Kreditsystems usw. ist noch auf die Steuerpolitik und wichtigste Entwicklung der letzten Jahrzehnte - auf die stark ansteigende Staatsverschuldung zu verweisen. Nicht nur, dass die Kapitalistenklasse als Ganzes durch die Steuerpolitik 40 subventioniert und gefördert wird, es wird auch speziell das Geldkapital gefördert. Aber, wie schon gesagt: Nicht die Wahl einer neoliberalen Politik hat zu dieser Entwicklung geführt, sondern diese Entwicklung hat auf einer bestimmten Entwicklungsstufe der Entwicklung der kapitalistischen Akkumulation die neoliberale Politik verlangt, um ihre Anlagesphären zu erweitern und so dem tendenziellen Fall der Profitrate entgegenzuwirken. Die letzten Jahrzehnte weisen ein enormes Ausmaß an Staatsintervention im Interesse und im Auftrag des Finanzkapitals auf. Staatsintervention setzt, um zielgerichtet und effizient zu sein, eine monopolistische Struktur der Wirtschaft voraus. Ganz im Gegensatz zum behaupteten Rückzug des Staates aus der Wirtschaft, wird die Staatsintervention in die Wirt- 38 In Frankreich, Italien und Deutschland waren die Protagonisten der Deregulierung sozialdemokratische Regierungen. 39 Der Geldumlauf wird in der Statistik abgebildet durch die Geldmenge M3, die den Bargeldumlauf sowie täglich fällige und sehr kurzfristige Bankeinlagen, Geldmarktfonds etc. umfasst. Ende 2009 machte der Bargeldumlauf in der EU 16 (Eurozone) 8,3% des Gesamtgeldumlaufs aus. Das heißt, dass die Masse der Geldschöpfung nicht durch die EZB mittels Notenpresse oder Münze erfolgt, sondern durch die Kreditgewährung durch die Banken, denn die Bankeinlagen etc. und die Kredite sind, wie wir gesehen haben, kommunizierende Gefäße. Das heißt weiters, dass die EZB die Geldschöpfung zwar über ihre Refinanzierungspolitik gegenüber den Banken beeinflussen (z.b. über den Diskontsatz, über Wertpapierkäufe etc.), diese aber nicht direkt steuern kann. Die Entwicklung der Geldmenge, Expansion oder Kontraktion, unterliegt in erster Linie der Geschäftspolitik der Bankmonopole und damit der Anarchie des Marktes. Wir sehen in der Tat seit 2008, dass trotz aller Liquiditätsspritzen der EZB und trotz Refinanzierungszinsen von knapp über Null der credit squeeze bleibt. 40 In Österreich z.b. Senkung der Körperschaftssteuer, Aufhebung der 7jährigen Befristung für das Geltendmachen von Verlustvorträgen, globale Gruppenbesteuerung von Konzernen (d.h. Verluste z.b. der Bank Austria in Kasachstan schmälern den steuerbaren Gewinn in Österreich ), usw. Speziell auf Förderung des Geldkapitals gerichtet z.b. die Wahlmöglichkeit der Firmen zwischen Körperschafts- und Kapitalertragssteuer, die Steuerbefreiungen für Transaktionen im Inneren von Investmentfonds, die Abschaffung der Börsenumsatzsteuer 21

20 A. Theoretisches schaft immer massiver. Selbst die sogenannte Deregulierung ist in Wirklichkeit Regulierung, nämlich die Schaffung rechtlicher und faktischer Verhältnisse, unter denen das Finanzkapital Verwertungssphären und Verwertungsstrategien erschlossen werden, über die sie vorher nicht verfügte. Die Privatisierungen von allem und jedem, v.a. der staatlichen Infrastruktur detto. Der Staat trägt auf vielerlei Art auch direkt dazu bei, den Fall der Profitrate aufzuhalten oder jedenfalls zu bremsen. Einerseits geschieht das durch das Steuersystem. Zweitens durch direkte Subventionen und Rettungspakete. Drittens übernimmt der Staat für die Kapitalisten immer größere Anteile der Kosten der Reproduktion der Arbeitskraft. Einerseits zahlt er, in den letzten Jahren angesichts der Dauerstagnation und krise massiv ansteigend, direkt einen Teil der Löhne (z.b. Kurzarbeitergeld, Altersteilzeit, Zuschüsse des AMS für die Einstellung von jungen und von alten Arbeitern ). Andererseits betreibt er die ständige Senkung der Lohnnebenkosten (Sozialversicherungsbeiträge, einiger lohnbezogenen Steuern ), eine lärmende Dauerkampagne der Bourgeoisie, die wohl erst endet, wenn der Staat sämtliche Arbeitgeberanteile übernommen hat. Auch die staatliche Abdeckung von Defiziten der Sozialversicherung gehört zu den indirekten Lohnkosten und schließlich auch die Bereitstellung staatlicher Infrastruktur, die gesellschaftlich unerlässlich ist für die Reproduktion der Arbeitskraft und die der Arbeiterklasse als Klasse. Seit jeher zahlt sich die Arbeiterklasse das Gros dieser Kosten über das Steuersystem selbst, aber heute wird das Kapital in immer rasanterem Ausmaß entlastet und die Arbeiterklasse und das Volk belastet. Eine Berechnung für Frankreich 41 hat ergeben, dass inzwischen 50% dessen, was den Wert oder Preis der Arbeitskraft ausmacht, vom Staat gezahlt wird 42. Die massiv wachsende Rolle des Staates ist mit massiv steigender Staatsverschuldung verbunden. Der tendenzielle Fall der Profitrate und die Krisen, die der Kapitalismus mit sich bringt, werden dadurch zwar zeitweilig konterkariert, führen aber zu immer höherer Staatsverschuldung und blähen dadurch das Geldkapital noch mehr auf. Die Staatsverschuldung ist heute zu einem der wichtigsten Faktoren der Hypertrophie des Geldkapitals geworden - und zugleich zu einem der wichtigsten Mittel zur Absorption von profitable Anlage suchendem Geldkapital 43. Der Staat mit seinen Schulden, mit dem ganzen fiktiven Überbau, der sich darauf erhebt, mit der Multiplikation oder besser Potenzierung dieses fiktiven Kapitals durch den Finanzsektor, ist direkt und indirekt - der wichtigste Produzent fiktiven Kapitals. Und sozusagen als Nebenwirkung macht sie den Staat immer weiter und immer direkter von Banken und Finanzinstituten, seinen Gläubigern, abhängig. Äußerst anschaulich erleben wir das gerade, zuerst mit der Griechenlandkrise und dann mit der Eurokrise oder Staatsschuldenkrise. (Die Verschuldung auch der imperialistischen Länder im Umfeld der Globalisierung erfordert und erzeugt übrigens einen ständigen Finanzstrom von den abhängigen zu den imperialistischen Ländern. Auch die ärmsten neokolonialen Länder abgesehen davon, dass sie Zinsen für ihre eigene Verschuldung an die imperialistischen Länder zahlen - unterhalten auch Devisenreserven in Dollar, Euro, Yen und inzwischen auch schon Yuan (heute schon vor allem in Ländern Südostasiens, deren Außenhandel von China abhängig ist) und finanzieren damit die Staatsdefizite und überhaupt die Verschuldung der imperialistischen Länder. Diesen ständigen Finanzstrom in Gang zu halten, ist eine der vornehmsten Aufgaben des IWF.) 41 T.Thomas: «La crise. Laquelle? Et après?» ( Die Krise. Welche Krise? Und weiter? ), Der Wert der Arbeitskraft und auch ihr Preis sofern er nicht unter den Wert gedrückt wird decken die gesamten Reproduktionskosten der Arbeiterklasse als Klasse. Wir haben es bei den staatlichen Maßnahmen im Steuer- und Sozialversicherungsbereich (und anderen Lohnnebenkosten ) daher einerseits mit Lohnkürzungen zu tun, die den Lohn unter den Wert der Arbeitskraft drücken, und andererseits mit der Übernahme von Lohnbestandteilen, die bisher die Kapitalisten zahlten, durch den Staat Marx zitiert aus einem Buch von 1845, in dem die Staatsschuld solange sie immer weiter steigt als das große Aufsaugemittel des überschüssigen Reichtums bezeichnet wird (p.429). In der Tat braucht man sich nur ausmalen, was ein Wegfall der Staatsschulden für die Bilanzen und Profite der großen Bankmonopole bedeuten würde. Andererseits ist die Staatsschuld niedriger verzinst als risikoreichere Kredite etc., weshalb sich die Banken dieses Geschäft mit spekulativen Transaktionen auffetten, incl. der Spekulation gegen ihre staatlichen Kreditnehmer, sei es im Bereich der Zinsen (Spekulation aufs steigende Zinsen), sei es im Bereich der Währung (Spekulation auf Abwertung, siehe ungarischer Forint 2008/09), sei es die Spekulation auf sinkende Bonität eines Landes.

21 Proletarische Revolution 42 Die ganze Weisheit kapitalistischer Wirtschaftspolitik besteht darin, das Kreditsystem durch die weitere Expansion des Kreditsystems zu finanzieren, Schulden durch noch mehr Schulden zu decken, jedem Nachlassen der Dynamik der spekulativen Akkumulation durch ihr neuerliches Anheizen zu begegnen. Das alles führt zwangsläufig zu den bekannten Spekulationsblasen, in denen sich die Geldkapitalakkumulation scheinbar vollständig von der wirklichen Akkumulation loslöst, um im darauf folgenden Platzen wieder, zumindest ein Stück weit, auf den Boden der Realität zurückgeholt zu werden. Dieses Platzen wird wieder durch Ankurbeln der Geldkapitalakkumulation und damit Anheizen der Spekulation begegnet usw. usf. bis zur nächsten Blase. Zwar schielen alle, im ersten Katzenjammer nach dem Platzen, auf die Realwirtschaft, als ob es ihnen plötzlich ein bisschen dämmerte, dass alle ihre Dividenden, Zinsen und Spekulationsgewinne letztlich nur Ansprüche auf zukünftige Wert- und Mehrwertproduktion sind, Ansprüche, die man eine Zeitlang, aber nicht ad infinitum durch Kredite, Schulden und weitere Spekulation zwischenfinanzieren kann, aber dann können sie doch wieder nur Maßnahmen zur Rettung und Sanierung der Banken, zur Beseitigung der Liquiditäts- und Kreditklemme, zur Beflügelung der Börse, sprich zum neuerlichen Aufschwung der Spekulation ergreifen, während die Realwirtschaft in Depression und Stagnation verharrt. Kein Wunder, denn die trübe Aussicht, hier entsprechende Profitraten zu erzielen, bessert sich ja nicht 44. Zusammenfassend ist zu sagen, dass in der Tat in den letzten Jahrzehnten außerordentliche Veränderungen in der Ausprägung des Geldkapitals und seiner Akkumulation, auch seiner Beziehung zur Realwirtschaft, in den konkreten Krisenverläufen usw. stattgefunden haben. Und doch setzen diese Veränderungen nur folgerichtig die bisherige Entwicklung fort. Die inneren Widersprüche des Kapitalismus selbst führen zu einer immer größeren Aufblähung des Geldkapitals gegenüber dem wirklichen Kapital, zur Verselbständigung seiner Bewegungen, seiner Akkumulation, gegenüber der des wirklichen Kapitals, zu immer größerer Hypertrophie und Plethora des Geldkapitals. Diese Entwicklung wird beschleunigt durch den tendenziellen Fall der Profitrate. Im Imperialismus nimmt das kapitalistische System eine neue Qualität an durch die Herausbildung der Monopole, heute global agierender Monopole, die Herausbildung des Finanzkapitals und der Finanzoligarchie und die Unterordnung des Staates unter diese. In den letzten Jahrzehnten haben die Schwierigkeiten der Kapitalverwertung einerseits und die Hypertrophie des Geldkapitals andererseits ein derartiges Ausmaß erreicht, dass sich neue Bewegungsformen des Geldkapitals, neue Beziehungen zum produktiven (und kommerziellen) Kapital und neue Bewegungsformen auch des letzteren herausgebildet haben. Die heutigen Zocker, Spekulanten, Heuschrecken, Investmentbanken, Fonds jeder Art, das Erscheinen des Finanzsystems als Moloch, der auf der Gesellschaft lastet, sind aber dennoch nichts qualitativ Neues, kein neues Entwicklungsstadium des Kapitalismus oder Imperialismus (sieh dazu Abschnitt C). 8. Fiktives Kapital: Fiktiv, aber mit realen Auswirkungen Wir haben gesehen, dass und wie sich der Überbau an Geldbzw. fiktivem Kapital herausbildet und entwickelt. Zwar verselbständigt und in einer Eigenbewegung begriffen, ruht er doch auf der Basis der wirklichen Akkumulation. Diese ist und bleibt die Quelle, aus der das fiktive Kapital und sein Profit gespeist werden, und auch deren Schranke, eine Schranke freilich, die es beständig zu überwinden sucht. Es gibt mannigfache Beziehungen zwischen der wirklichen Akkumulation und der des fiktiven Kapitals. Es gibt ständig Übergang vom einen zum anderen und daher auch Übergangsformen. Es gibt auch verschiedene Grade der Verselbständigung und Fiktivität der verschiedenen Stockwerke dieses ganzen Gebäudes. Es dreht sich trotz aller relativen Verselbständigung nicht um voneinander absolut getrennte Kapitalkreisläufe. 44 Wir haben dies seit 2008 erlebt Milliarden Euro (mehr als 20% des jährlichen BIP!) wurden allein in der EU in die Bankenrettung gesteckt und die Europäische Zentralbank hat die Springquellen der fast schon kostenlosen (Zinssatz unter 1%) Liquiditätsversorgung des Bankenapparats weit geöffnet, die Bankprofite springen wieder an, die Börse erlebt einen neuen Aufschwung. Bloß die sogenannte Realwirtschaft der EU schrumpfte 2009 nochmals um -5,6 % und wächst bisher, trotz allem Optimismus und aller Konjunkturprogramme, Prämien an die Kapitalisten für alles und jedes, Übernahme immer weiterer Lohnbestandteile usw., praktisch überhaupt nicht (+0,1% im 1.Quartal 2010 in den wichtigsten europäischen Ländern). In den USA war es übrigens Bankenrettung in Höhe von Milliarden USD. 23

22 A. Theoretisches Äußere Selbständigkeit, innere Abhängigkeit. Daher wirkt auch das fiktive Kapital in vieler Hinsicht auf das wirkliche und seine Akkumulation zurück. Obwohl fiktiv, hat es dennoch eine gewisse Realität, darin besteht eben die reelle Mystifikation. Obwohl fiktiv und in diesem Sinn Luft, ist es nicht einfach nur Luft. Auch die Luft der Fiktivität wirkt auf die wirkliche Akkumulation zurück. Außerdem ist der reine Luft anteil nicht auf allen Stockwerken gleich groß. Ohne hier ins Detail gehen zu wollen, nur diese Hinweise: Hypertrophie und Akkumulation des fiktiven Kapitals sind mächtige Triebkräfte zur Verschärfung der inneren Widersprüche des Kapitalismus, des tendenziellen Falls der Profitrate, der Krisen zur Verschärfung der Ausbeutung und der imperialistischen Expansion zwecks Steigerung der Profitrate, um die Ansprüche des fiktiven Kapitals befriedigen zu können zur Überschuldung der Staatshaushalte und damit der Erzeugung weiterer Krisenfaktoren zum Kampf um die Erschließung neuer Absorptionssphären für das überschüssige Geldkapital, darunter alles, was unter dem Stichwort Neoliberalismus firmiert (Privatisierung, Liberalisierung, Deregulierung ) und zugleich sein Gegenteil, die Staatsintervention und Staatsverschuldung und schließlich zur Verschärfung der Kriegsgefahr, denn Rüstung und Krieg sind letztlich die wirksamsten Absorptionssphären überschüssigen wirklichen und fiktiven - Kapitals. 24

23 Proletarische Revolution 42 B. Zur konkreten Analyse des Geld- bzw. fiktiven Kapitals 1. Woraus besteht und welche Dimension hat das Geld- bzw. fiktive Kapital? Wir haben gesehen, dass Geldkapital als Geld oder als Geldform des produktiven (oder kommerziellen) Kapitals zwar den Kapitalkreislauf vermittelt, dabei allerdings nur einen Moment, einen Durchgangspunkt in diesem Kreislauf darstellt. Aber das ist nicht das Geldkapital, wie es uns hier interessiert, nämlich Geldkapital im entwickelten Sinne, als zinstragendes Kapital, als Leihkapital, als Bankkapital. Geldkapital in diesem letzteren Sinn stellt im Wesentlichen fiktives Kapital dar. Woraus besteht dieses Geldoder fiktive Kapital, das sich auf der Realwirtschaft erhebt und auf ihr lastet? Da es nur um die Größenordnung geht, nicht um Details und um brandaktuelle Zahlen, übernehme bzw. kompiliere ich (ungeprüft) zwei Statistiken von Bischoff 45 betreffend den globalen Kapitalbestand (gemeint ist wie üblich nur der Bestand an Geldkapital) bzw. den Finanzüberbau per Ende 2006 (siehe Tabelle) Die ersten 6 Positionen sind sozusagen Geld- oder fiktives Kapital ersten Grades. Für viele Bourgeoisökonomen beginnt die böse Spekulation (im Unterschied zur guten unternehmerischen Courage) erst ab Position 7, sozusagen Finanzprodukte zweiten Grades, während ihnen Aktien, Anleihen, Fonds geradezu als Krone der Schöpfung erscheinen. Lassen wir zunächst die Derivate beiseite. Aus Zeilen 10 und 11 ist ersichtlich, dass der Bankenanteil 38% aller Finanzaktiva ausmacht, während 62% auf diverse Fonds und andere Finanzvehikel sowie Versicherungen entfällt. Die eigentlichen Bankkredite sind bei weitem nicht mehr die größte Position; Titrierung oder Verbriefung, was sich in Wertpapieren, Zertifikaten oder Anleihen niederschlägt, sind im Vormarsch. Bei den Derivaten werden Nominalwerte ( face values ) ausgewiesen, was diese Werte mit den ersteren Positionen völlig unvergleichbar macht. Aus dieser Kraut und Rüben -Methode in der bürgerlichen Statistik entsteht viel Unsinn. Zuerst einmal muss man sich vergegenwärtigen, dass alles, was in dieser Tabelle steht, fiktives Kapital ist 46, denn keines dieser Finanzaktiva repräsentiert fungierendes produktives Kapital. Einiges repräsentiert verdoppeltes produktives Kapital (z.b. die Aktien), das meiste aber ist noch abgeleiteter, noch weiter entfernt von der wirklichen produktiven Kapitalverwertung. Wir finden hier sozusagen verschiedene Grade der Fiktivität und übrigens parallel dazu verschiedene Grade des spekulativen Charakters der verschiedenen Aktiva. Die Spitze des Eisbergs, aber nicht mehr, bilden natürlich diejenigen Derivate, die nur mehr heiße Luft sind, reine Wetten, ohne jeglichen Zusammenhang mit irgendetwas Realem. Aber es geht auch ohne Derivate. Wenn zwei Leute sich ganz hausbacken ständig gegenseitig ein Haus z.b. zu einem immer höheren Preis verkaufen, steigt der bücherliche Reichtum beider ständig, aber natürlich nicht der Wert des Hauses, sodass der Zusammenbruch dieses Reichtums früher oder später unvermeidlich ist, auch ohne Derivate. Aber, wie gesagt, alle diese Finanzaktiva sind fiktives Kapital, im Unterschied zum wirklichen produktiven (und kommerziellen) Kapital, unabhängig davon, wie nahe sie noch der wirklichen Akkumulation sind. Alle diese Aktiva geben vor, Wert zu repräsentieren, den sie selbst weder haben, noch produzieren. Alle stehen sie außerhalb des Verwertungskreislaufs des produktiven (und kommerziellen) Kapitals. 1 Bankkredite Anleihen (Staat, Industrie,...) Aktien (Börsenkapitalisierung) Investment-, Pensions-, Hedgefonds Staatsfonds Immobilien (soweit Kapital) davon börsengehandelt Finanzderivate (börsengehandelt) Finanzderivate (außerbörslich/ OTC ) Credit Default Swaps (CDS) (Wert 2007) Bankaktiva (Pos.1 und Teile der Pos. 2-6) Finanzaktiva insgesamt (Pos. 1-6) in Mrd. USD 45 J.Bischoff: Globale Finanzkrise, 2008, p.42 und Was, wie wir oben gesehen haben, in der Bankbilanz nicht fiktiv ist, kommt in dieser Tabelle nicht vor. 25

24 B. Zur konkreten Analyse des Geld- bzw. fiktiven Kapitals 2. Woher kommen die Profite des Geld- bzw. fiktiven Kapitals? Dennoch ziehen alle diese Aktiva Profite in Form von Dividenden, Zinsen, Kursgewinnen bzw. Wertsteigerungen und Spekulationsgewinnen an sich. Woher kommen diese Profite? Sie kommen wesentlich aus dem produzierten Mehrwert oder sie sind ein Vorgriff auf zukünftigen Mehrwert, was das Hauptcharakteristikum des Kreditsystems, des Aktienkapitals etc. ist. Oder sie sind wie die Staatsschulden Rechtstitel auf zukünftige Steuereinnahmen, was ebenfalls den Mehrwert bzw. Profit betreffen kann, aber in immer größerem Maß die Löhne betrifft. Profite können aber auch gezogen werden aus der gegenseitigen Übervorteilung der Kapitalisten, sodass in den Finanzpirouetten der eine gewinnt, was der andere verliert. Oder aus der Übervorteilung des kleinen Mannes, der seine Sparguthaben, Lohnbestandteile, in Wertpapieren oder was weiß ich angelegt hat und regelmäßig zum falschesten Zeitpunkt zum Investieren überredet wird, um sich dann in kurzer Zeit um seine Ersparnisse erleichtert wiederzufinden. Oder dessen private Pensionsvorsorge oder betriebliche Pensionskassa zum Opfer der Finanzmärkte wird. Aber in keinem Fall generieren diese Finanzaktiva aus sich selbst heraus, durch eine Art magischer Eigenschaft der Selbstverwertung Profite. Das Band mit der Verwertung des produktiven Kapitals, wie lose und vermittelt und versteckt auch immer, bleibt erhalten. Natürlich können größere oder kleinere Teile des Mehrwerts in Profit des Geldkapitals verwandelt werden, natürlich können die Finanzprofite sogar steigen, selbst wenn die des produktiv (oder kommerziell) fungierenden Kapitals sinken, aber sie bleiben immer Teil des Mehrwerts bzw. Profits. 3. Exkurs zur Entgeheimnissung der Derivate Die Derivate sind der Gottseibeiuns aller antikapitalistischen Weltverbesserer. Würde man die Derivate verbieten, würde alles gut. Das fiktive Kapital beginnt jedoch nicht, sondern endet nur bei den Derivaten. Auch die Spekulation beginnt nicht, sondern endet nur bei den Derivaten. Die Spekulation beginnt genau genommen schon beim normalen Kreislauf des produktiven Kapitals, denn der Kapitalist weiß nicht, ob und zu welchem Preis er die Ware absetzen kann. Aber hier ist das nicht die Haupt-, sondern eine Nebenseite. Sobald es aber das Kreditsystem und den verselbständigten Kreislauf des Geldkapitals gibt, blüht die Spekulation auf. Selbst wenn es keine Derivate gäbe, gäbe es fiktives Kapital und Spekulation. [Gerade in den letzten Wochen haben wir gesehen, wie sich die Wucht der Spekulation gegen Staatsanleihen mehrerer Länder über Leerverkäufe dieser Anleihen, ganz ohne Zuhilfenahme von Derivaten auf diese (wie z.b. CDS 47 ), entwickelte.] Es treibt die Entwicklung des Kapitals selbst, die Entfaltung seiner inneren Widersprüche, zur immer größeren Aufblähung und Hypertrophie des reinen Geldkapitals, des fiktiven Kapitals und auch der Spekulation. Daher bringt es auch immer neue und noch dynamischere Märkte und Instrumente der Spekulation hervor. Nicht weil es Derivate gibt, gibt es Spekulation, sondern weil es Spekulation gibt, weil es sie geben muss, und immer mehr und immer wilder, deshalb gibt es diese Märkte und Instrumente und eben auch die Derivate. Und warum gibt es immer mehr Spekulation und muss es immer mehr geben? Das hängt, wie wir gesehen haben, mit dem tendenziellen Fall der Profitrate und der Hypertrophie an Geldkapital zusammen. Würde man die Derivate (oder irgendwelche anderen Finanz(teil)märkte oder Finanzinstrumente ) verbieten, würde sich die Spekulation neue Wege und Absorptionssphären suchen, suchen müssen und auch finden. Finanzderivate sind nicht das Böse, während das, wovon sie sich ableiten (das underlying ), das Gute wäre. Sie CDS sind ursprünglich ein Versicherungsprodukt, das 1999 für die Finanzmärkte standardisiert wurde. Der Risikonehmer übernimmt vom Risikogeber ein Risiko (z.b. Zahlungsrisiko griechischer Staatsanleihen im Nominalwert von x) gegen eine Versicherungsprämie. Nun bilden diese CDS sofort einen besonderen spekulativen Markt, wo Verkäufer (die gar keine griechischen Staatsanleihen haben, sondern nur à la baisse spekulieren) und Käufer sich gegenübertreten. Wenn es viel Nachfrage nach CDS gibt, steigt deren Preis, gibt es negative Auswirkungen auf die Risikoeinschätzung, es fällt der Kurs der griechischen Staatsanleihen und steigt damit deren (impliziter) Zinssatz. Messier, Ex-Chef von Vivendi, vormals einer der mächtigsten Finanzoligarchen Frankreichs und aggressiver Vertreter des Finanzkapitalismus, dann wegen Bilanzfälschung und Krida verurteilt, inzwischen (teil)geläutert: Ein CDS ist ein bisschen so wie der Kauf einer Feuerversicherung auf das Haus eines anderen, bei der man eine Prämie kassiert, wenn das Haus abbrennt.

25 Proletarische Revolution 42 sind, wie das Wort sagt, abgeleitete Produkte, abgeleitet von Aktien, Anleihen, anderen Zinsen, Währungen, Rohstoffen. Es gibt auch Derivate des Versicherungsmarktes (wie die zuletzt berühmt gewordenen CDS). Derivate können auch zur Absicherung von Finanzpositionen verwendet werden, also zum Gegenteil von Spekulation 48. Allerdings ist das die große Ausnahme, die Masse des Derivatehandels zielt auf Spekulation. Derivate sind nichts Geheimnisvolles und Anrüchiges. Es wird in der Regel einfach ein Handel getrieben zwischen Marktteilnehmern, die entweder unterschiedliche Finanzpositionen haben (was für den einen reine Spekulation ist, kann für den anderen ein Absicherungsgeschäft sein) oder unterschiedliche Annahmen über die zukünftige Entwicklung. Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben ( alle verkaufen CDS auf griechische Staatsschuld oder alle verkaufen Euro gegen Dollar ) muss es jedenfalls immer Käufer und Verkäufer geben, sonst kommt die Transaktion überhaupt nicht zustande. Wenn es in den letzten Wochen massive Verkäufe, auch Leerverkäufe, der Staatsanleihen einiger Länder gab, müssen sich dafür auch Käufer gefunden haben. Die Spekulanten haben sich dann auch untereinander Geld abgenommen 49. Derivate haben allerdings eine Eigenschaft, die sie gegenüber ihren underlyings auszeichnet. Sie erlauben, Volumina ( Nominalwerte ) zu bewegen, die ein Vielfaches des dafür notwendigen (oder zunächst notwendigen) Kapitaleinsatzes ausmachen. Man kann also mit einer gleich hohen Summe ein Vielfaches an Volumen und damit auch an Potential für Gewinne und Verluste bewegen. Das ist der sogenannte Hebel. Wenn ein Future einer Staatsanleihe zum Nominalwert von 100 einen Kapitaleinschuss von 5 erfordert, kann man mit derselben Summe Geld das Zwanzigfache an Volumen bewegen, hat allerdings bei Fälligkeit auch zwanzigmal so hohen Gewinn oder Verlust zu gewärtigen, als wie wenn man nur 5 in das underlying investiert hätte. Daher haben Derivate, wenn zu Spekulationszwecken eingesetzt, die Tendenz, die Wucht der Spekulation zu potenzieren. Es ist daher kein Zufall, dass die Bourgeoisie im Zuge der Entfaltung des Kredit- und Spekulationssystems und mit der Akkumulation von immer größeren Massen vagabundierenden und (im produktiven Sinne) beschäftigungslosen Geldkapitals schließlich auf die Derivate gekommen ist. Auch das waren nicht irgendwelche US-Geistesblitze, sondern es lässt sich materialistisch erklären. 4. Fiktives Kapital: Der Popanz der Billionen Wir haben anhand der obigen Tabelle die Dimension des Geld- oder fiktiven Kapitals im Jahr 2006 gesehen. Demgegenüber betrug das reale Kapitalvermögen, also in der Diktion von Marx das in Geld ausgedrückte wirkliche Kapital, im Jahr 2006 nach der Schätzung von T.Thomas (siehe Fußnote 41) Mrd. USD. Der Geldkapitalbestand ist also ein Vielfaches des Bestandes an wirklichem Kapital. Noch interessanter aber ist ein Vergleich der jährlichen Profitansprüche dieses Geldkapitals mit der jährlichen Wertschöpfung 50, 48 Siemens Österreich z.b. produziert in Weiz Trafos, für deren Produktion große Mengen Kupfer benötigt werden. Da die Produktionszeit (samt Konstruktion der Trafos) sich über einige Monate ab Bestelleingang erstreckt, muss also ein Preis abgegeben werden, lange bevor der Zukauf des Kupfers erfolgt, dessen Zukaufspreis noch unbekannt ist. Man könnte natürlich das Kupfer sofort kaufen, dann wäre aber Kapital gebunden und entstünden Lagerkosten. Also wird der Kupferbedarf regelmäßig ermittelt und werden entsprechende Kupfertermingeschäfte getätigt. Es wird Kupfer auf Termin (per in 3 oder 6 Monaten) gekauft und die Kontrakte am Fälligkeitstag glattgestellt (wie wenn man sie gleich wieder zum dann geltenden Preis verkaufen würde). Dadurch wird der der Kalkulation zugrundeliegende Kupferpreis gesichert. 49 Allerdings zugleich erhebliche Wirkungen auf die Realwirtschaft und die Staatshaushalte ausgeübt. Der Verkaufsdruck führt zu sinkenden Kursen und damit steigenden (impliziten) Zinssätzen. Verkauf von Staatsanleihen und Kauf von CDS auf diese läuft auf dasselbe hinaus. In beiden Fällen wird à la baisse der Papiere spekuliert. 50 Der bürgerliche Begriff Wertschöpfung ist nicht identisch mit Wertproduktion in einem marxistischen Sinn, sondern nur das Aufsummieren aller Preise produzierter Waren und erbrachter Dienstleistungen, egal ob letztere produktiv oder unproduktiv sind. Besondere Pikanterie: Auch Finanzaktivitäten werden, da gut bezahlt, als Beitrag zum BIP genommen. Um die Relation zwischen Finanzüberbau und Realwirtschaft deutlich zu machen, müsste man den ganzen Bank-, Versicherungs- und Finanzdienstleister-Sektor herausrechnen. Es versteht sich weiters von selbst, dass in einer bürgerlichen Statistik nur der kapitalistischen Verwertung unterworfene Tätigkeiten erfasst sind, alles was ge- bzw. 27

26 B. Zur konkreten Analyse des Geld- bzw. fiktiven Kapitals d.i. dem aufsummierten Welt- BIP, denn daraus müssen ja diese Profite bedient werden (sofern sie nicht Vorgriffe auf zukünftige Wert- und Mehrwertproduktion sind, was aber an der Sache nichts ändert außer einer zeitlichen Verschiebung). Das Welt-BIP betrug im Jahr Milliarden USD. Wenn sich die Finanzaktiva (ohne Derivate!) von Mrd. USD mit nur 5% p.a. verzinsen würden, über welch miese Rendite sicher jeder echte Finanzmanager nur die Nase rümpft, ergäbe das Zinsen und Dividenden von etwa Mrd. USD pro Jahr. Das wären schon einmal mehr als 20% des Welt-BIP. Und das wären wohlgemerkt nur Zinsen, ohne alle die Kursgewinne, Spekulationsgewinne usw., die einen ordentlichen Batzen Wertsteigerungen ausmachen (Aktien z.b. kauft man ja nicht wegen der Dividende, sondern wegen der erwarteten Kursgewinne). Das wären aber alles noch bloß die banalen Finanzaktiva ersten Grades. Nimmt man nun z.b. an, dass auch ein Drittel des Nominalwerts aller Derivate (in Summe Mrd. USD) mit 5% p.a. rentieren, bräuchte man weitere Mrd. USD oder weitere 25% des Welt-BIP für diesen Zweck. Damit hätten wir schon einmal 45% des Welt-BIP für Zinsen und Dividenden ausgegeben und es blieben nur mehr 55% für alles andere, nämlich Abschreibungen und produktive Neuinvestitionen des Kapitals, den staatlichen Konsum (samt Rüstung und Kriegsführung) sowie den Konsum der Weltbevölkerung. Hier spätestens wird der Widerspruch zwischen Illusion und Wirklichkeit deutlich und es wird klar, dass es sich bei diesen Finanzaktiva nur um einen Überbau an fiktivem Kapital handelt. Seine Verselbständigung gegenüber dem wirklichen Kapital kann eine Zeitlang klappen, die Spekulationsspirale kann sich nach oben drehen, alle mögen an die Wertsteigerung aus sich selbst heraus glauben, aber irgendwann tauchen Zweifel auf (z.b. 2006/07 im US-Immobilienbereich) und wird die Unmöglichkeit der Bedienung der erwarteten Profite dermaßen offensichtlich, dass die Blase platzen muss (meist nachdem die Hauptakteure noch rechtzeitig abgesprungen sind). In der geldkapitalorientierten Wertsteigerung steckt auch die Hyperinflation, die sich zwangsläufig aus der übermäßigen Expansion des Geldkapitals ergibt. Diese Expansion drückt sich, wenn auch nur zu einem sehr bescheidenen Teil im Geldmengenwachstum aus. Im Zeitraum stieg die Geldmenge 51 jährlich um 7,5%, das BIP um 1,7% und der BIP-Deflator um 1,7%. Diese Zahlen zeigen sogar auf dieser sehr beschränkten Ebene (Bargeldumlauf und kurzfristige Bankeinlagen, also die einfachsten Elemente von Geld und Geldkapital) bereits eine erhebliche Inflation. Die wirkliche der Geldkapitalmasse immanente und deren Expansion entsprechende Inflation ist ein weitaus Vielfaches davon, aber sie bleibt in den Kreislauf des Geldkapitals eingesperrt und wirkt nicht oder nur wenig und vermittelt auf den wirklichen gesellschaftlichen Reproduktionsprozess und dessen Preisausdrücke 52. Sie wird auch als solche gar nicht sichtbar, sondern geht in der Aufblähung des Geldkapitals auf. Dass wir seit Jahren eine äußerst starke Zuspitzung des Widerspruchs zwischen der rasanten Expansion des fiktiven Kapitals und der Realakkumulation haben, zeigt auch ein Blick auf die Wachstumsraverkauft wird und einen Preis hat, aber nicht z.b. die Subsistenzwirtschaft riesiger indischer Bauernmassen (weshalb übrigens auch die BIP pro Kopf-Vergleiche zwischen stark unterschiedlich kapitalistisch entwickelten Ländern sinnlos sind).. 51 Diese Geldmenge M3 stieg also um mehr als das Doppelte als das inflationierte BIP. Der BIP-Deflator ist die Preisanstiegsrate oder Inflationsrate des gesamten BIP, während der Verbraucherpreisindex (den man gewöhnlich als Inflation bezeichnet) nur die Verbraucherpreise, also den privaten Konsum abbildet Im Gegenteil geht manchmal Deflation im realen Bereich mit der Hyperinflation (monetäre Aufblähung) im fiktiven Bereich einher, derzeit z.b. in Japan (negative Inflation zuletzt (April 2010) -1,5%). Das hat mit sinkenden Löhnen und daher sinkender Konsumnachfrage bei gleichzeitiger Überproduktion in diesem Sektor zu tun und verstärkt die Rezession. Auch für Europa zeichnet sich so eine Perspektive als ziemlich wahrscheinlich ab. (Dass den Massen ständig das Gegenteil, nämlich eine Inflationsgefahr eingeredet wird, hat ideologische Gründe. Durch das Aktivieren alter Ängste über den Verlust von Ersparnissen sollen sie eingeschüchtert und wieder auf die neoliberalen Werte der Geldwertstabilität und Budgetsanierung, sprich: Lohnsenkung, Sozialabbau, Steuerraubzüge etc., eingeschworen werden. Die Anknüpfungspunkte dieser Ängste beziehen sich aber auf Zeiten nach verlorenen Kriegen, in denen das Problem nicht in Über-, sondern in Unterproduktion bestand, so dass die die wirkliche Produktion bzw. den wirklichen Warenumlauf weit überschießende Geldmenge zu galoppierender Inflation führte.)

27 Proletarische Revolution 42 ten zwischen 1990 und Das Welt-BIP wuchs um 124% (oder 5% p.a.), der Finanzkapitalbestand um 293% (oder 9% p.a.). Das ist natürlich auf Dauer unmöglich, denn das sich selbst verwertende Geldkapital, das gar keiner Wertund Mehrwertproduktion bedarf, gibt es nicht und das Diskontieren der Zukunft ist auch nicht unbegrenzt möglich. Ähnliches ergibt sich aus den Zahlen über die unfassbar hohen angeblichen Krisenverluste. Auf Milliarden USD schätzt die Weltbank die Verluste der Finanzmärkte Das wäre fast ein Viertel aller Finanzaktiva (!) und mehr als ein ganzes Jahres-Welt-BIP. Wir wären unzweifelhaft alle zusammen schon verhungert! Diese Propaganda zielt nur darauf, den normalen Erdenbewohner einzuschüchtern. Zuerst, solange die Spekulation gut geht, kriegt er Billionen von ihm ohnehin undurchschaubaren (und absichtlich undurchschaubar gehaltenen) Finanzaktiva vor den Latz geknallt, um vor der Macht und Herrlichkeit und auch voller Furcht vor unabsehbaren Folgen zu erschauern und zu erstarren. So ähnlich dürfte sich der Neandertaler gegenüber Blitz und Donner gefühlt haben. Und dann, wenn die Blase geplatzt und die Krise da ist, wird mit der Keule der Billionenverluste auf ihn eingedroschen. Jetzt dient das dazu, ihm einzubläuen, dass ihm jetzt die Haut abgezogen werden muss, weil sonst überhaupt alles zusammenbricht. Das und nur das ist der Zweck dieser monströsen Zahlen. Sie kommen zustande, indem tatsächliche Verluste an fiktivem Kapital (z.b. die Kursverluste auf den Aktienmärkten oder verspekulierte (aber wirklich gezahlte) Optionsprämien ), Opportunitätsverluste (d.s. entgangene Gewinne, die in Rentabilitätsberechnungen des wertorientierten Managements mit angesetzt werden!), Nominalwerte von Derivaten, entgangene Umsätze an Finanzprodukten und was weiß ich was noch zusammengezählt werden. Diese Zahlen sind ohne jede Relevanz. Dass zeigt sich auch daran, dass sich ja diese unfassbaren Summen an Verlusten in irgendwelchen Bilanzen niederschlagen müssten, z.b. in den Bankbilanzen. Tun sie aber nicht. 38% der Finanzaktiva entfallen auf Banken, das entspräche bei proportionaler Verteilung der Verluste auf die Aktiva - etwa Mrd. USD Verluste der Banken. Einen solchen Betrag wird man vergeblich in deren Bilanzen suchen. 2007/08 machten sie einige Milliarden Verlust (einige Milliarden, nicht aber viele Tausende Milliarden!) und 2009 schon wieder wunderbare Gewinne. Wie ist das möglich? Wohin sind die Tausenden Milliarden Verluste verschwunden 53? Soweit die astronomischen Verlustzahlen nicht ohnehin einfach aufsummierter bull shit sind, hat das Geheimnis ihres Verschwindens einerseits damit zu tun, dass die Banken z.b. Derivate natürlich nicht mit den Nominal werten buchen, das wären ja reine Luftbuchungen (wie wenn ich einen möglichen Lottogewinn in meinen Haushaltsplan schon vorweg als Ertrag einbuchen würde, statt nur den Wetteinsatz als Aufwand). In den Büchern der Banken wird man nur die tatsächlichen Kapitalvorschüsse (also z.b. die initial margin beim Future, die Optionsprämie bei der Option, den Preis des CDS) und ggf. anteilige abdiskontierte Zinsdifferentiale bei Terminkontrakten etc. finden, evt. zwischenzeitige Bewertungsergebnisse der zukünftigen Zahlungsströme und dann bei Fälligkeit die tatsächlichen settlements 54. Die Mrd. USD wird man dort nicht finden, und zu Recht, weil es nie zu so hohen Kosten oder Verlusten kom- 53 Falls jemand auf die staatlichen Kapitalspritzen verweist: Kapitalzuführung wirkt nur auf die Bilanz, nicht auf die Gewinn- und Verlustrechnung, also das Ergebnis. Die zugeführten Mittel, wahrscheinlich bei der Zentralbank oder im Zwischenbankverkehr gebunkert (was übrigens schon wieder die Geldmenge erhöht!), findet man auf der Aktivseite als Guthaben und ihr Gegenstück, das erhöhte Eigenkapital oder Ähnliches, auf der Passivseite. Abgesehen davon waren die Kapitalspritzen zwar groß, aber so groß auch wieder nicht. 54 Hier sitzt die Quelle vieler Missverständnisse: Ein Future auf deutsche Bundesanleihen im Nominalwert von 100 verlangt keinesfalls, dass der Käufer jemals 100 zahlt. Der Nominalwert fließt niemals (es gibt nur vereinzelte Ausnahmen bei Rohstoff-Futures). An tatsächlicher Zahlung fällt nur an die Kursdifferenz am Fälligkeits- oder Verfallstag: Ist der Kurs auf 102 gestiegen, kriegt der Käufer vom Verkäufer 2 an Ausgleichszahlung (wie wenn er um 100 kaufen und gleich wieder um 102 verkaufen würde), ist er auf 98 gefallen, hat er 2 an den Verkäufer zu zahlen. Und dann gibt s noch zu Beginn der Transaktion eine kleine Sicherheitseinlage von ein paar Prozent des Nominalwerts ( initial margin und ggf. bei starken Kursbewegungen Nachschüsse darauf). Das ist alles, mehr fließt an Zahlungen nicht. Zu sagen, das Handelsvolumen sei 100 gewesen, und dieses Luftvolumen, das nur eine fiktive Bezugsgröße darstellt, als etwas Reales anzusehen und es mit wirklichen Kapitalwerten (z.b. der Industrieproduktion oder in gewissem Umfang - auch des BIP) zu vergleichen, ist reine Hirnweberei. 29

28 B. Zur konkreten Analyse des Geld- bzw. fiktiven Kapitals 30 men kann. Zweitens gibt es bei jedem Geschäft zwei Seiten, einer kauft und einer verkauft oder einer gibt und der andere nimmt Risiko. Ein und dieselbe Bank steht heute auf dieser, morgen auf der anderen Seite, sodass sich dadurch Gewinne und Verluste saldieren. Überhaupt besteht viel der Geschäftemacherei mit Finanzprodukten nur darin, sich gegenseitig (und noch lieber den kleinen Mann, seine Sparguthaben und Pensionskassenansprüche etc.) zu übervorteilen Jedenfalls: Wenn es die Milliarden USD Verluste wirklich gegeben hätte, müssten sie sich irgendwo in den Bilanzen des Geldkapitals wieder finden oder in Luft aufgelöst haben. Und diese Milliarden waren nicht die ersten Verluste dieser Art. Die Summe aller Finanzverluste seit den 1980er Jahren (siehe Pkt.5) steht in totalem Missverhältnis zur realen Wertschöpfung. Das zeigt, dass es sich (zwar nicht nur, aber sehr wesentlich) bloß um die Vernichtung von fiktivem Kapital, darunter auch von sehr viel sehr fiktivem Kapital dreht. In Wirklichkeit ist es so, dass die aus fiktivem Kapital gezogenen Profite eben auch nur fiktive Profite sind. Sie sind real, solange sie als Werte zirkulieren und in den Bankbilanzen abgebildet werden, sie daher auch in realer Weise für weitere Transaktionen eingesetzt werden können, aber sie verschwinden, sobald diese Werte verpuffen. Interessant auch die Zunahme der globalen Kapitalflüsse zwischen 1990 und 2006 um 732% (oder 14% p.a.). In der Tat hört man auch hier astronomische Zahlen, die hauptsächlich aus Finanzumsätzen bestehen. Die Umsätze im Devisenhandel z.b. beliefen sich 2007 auf Mrd. USD (1 Million Milliarden, d.s. bei 250 Handelstagen 4 Mrd. USD täglich!), während das gesamte Welthandelsvolumen Mrd. USD betrug. Das heißt, es wurde 60 Mal mehr Devisenhandel betrieben als Warenund Dienstleistungshandel. Bedenkt man, dass große Teile des Welthandels sich innerhalb eines Währungsraums abspielen (z.b. im Euro- oder im Dollar-Raum) und keinerlei Devisentransaktion erfordern, bedeutet das, dass ein Realbezug von weit unter 1% (!) des gesamten Devisenhandels besteht. Irgendwelche Leute handeln hundert Mal am Tag Euro gegen Dollar oder Yen hin und her oder schließen Spekulationsgeschäfte auf die Kursparitäten ab, in der Hoffnung, daraus Profit zu ziehen. Weder haben sie, noch brauchen sie, weder Dollar, noch Euro, es geht nur um das Karussell der Spekulation, das sich hauptsächlich um sich selbst dreht. Oder das sog. Arbitrage -Geschäft im Handel mit Zinsprodukten. Obwohl sich der Basismarkt z.b. von Staatsanleihen und der zugeordnete derivative Markt, also vornehmlich Zinsfutures, sehr parallel entwickeln, gibt es durch die Marktbewegungen geringfügige und schnell wechselnde Abweichungen in winziger Größenordnung; es beschäftigen sich ganze Abteilungen der Banken damit, hundert Mal an einem Vormittag von einem Markt in den anderen zu drehen; wenn es jeweils um 1 Mrd. Dollar geht, macht das immerhin einen Umsatz von 100 Mrd. USD und, mit ein bisschen Glück, trotz winziger Margen von z.b. 0,1% einen ansehnlichen Profit von 1 Mio. USD, den man dem Kollegen abgeluchst hat. Ähnlich bei jeder Art von Swaps (Zinsaustauschgeschäften). Oder der Markt der Leerverkäufe von Anleihen. Sein Umsatz beläuft sich auf Mrd. USD pro Tag, d.s Mrd. USD im Jahr. Auch hier reine Spekulation, in keinem Verhältnis zum eigentlichen Handel der zugrunde liegenden Anleihen und schon gar nicht zum diesbezüglichen Primärmarkt, den Anleiheemissionen. Auch hier sind die allermeisten dieser Umsätze reine Luft. Oder der Umlauf an CDS. Der Markt von Milliarden USD (Umlauf an CDS) wird von 14 Banken beherrscht, Hauptakteure sind J.P.Morgan, Goldmann Sachs, Morgan Stanley, Barclays, Deutsche Bank. Auch hier geht es den Käufern und Verkäufern von CDS überhaupt nicht um das underlying, z.b. griechische Staatsanleihen, sondern ausschließlich um das Ausnutzen kleinerer oder auch größerer Preisschwankungen der CDS, einschließlich deren spekulative Beeinflussung. Zu diesem Zweck wird die Spekulation angeheizt, nicht weil man wirklich die CDS in den Büchern haben möchte, sondern um sie sofort wieder teurer zu verkaufen. An allen diesen Beispielen sieht man Sinn und Unsinn der im Raum herumschwirrenden Billionen und Trillionen. Für alle diese Transaktionen gilt: Was wirklich an Zahlung und Kapital fließt, ist niemals der Nominalwert (bei Zins- oder Devisenderivaten) oder der nominelle Referenzwert (bei CDS), sondern nur der Preis des Derivates selbst (z.b. Optionsprämie, initial margin beim Future, Preis des CDS, ) und dann bei Fälligkeit eine saldierte Ausgleichszahlung für Preis-, Kurs-, Zinsdifferenzen (außer bei Optionen, die einseitig ein Recht einräumen, und daher, bei für den Käufer unerwarteter Marktentwicklung, verfallen). Die tatsächliche Zahlung oder der tatsächliche Kapitaleinsatz ist also im Verhältnis zum nominellen Transaktionswert - äußerst gering. Solange die Spekulation gut geht, muss man natürlich hinzufügen, denn wenn man den Absprung verpasst und der Markt dreht und plötzlich gegen einen läuft und wenn man

29 Proletarische Revolution 42 zum Verfallstag nicht mehr settlen kann, weil man keine counterparty mehr findet oder nur zu schlechten Konditionen, dann kann das zu gewaltigen Verlusten führen. Alle diese Transaktionen schaffen weder Wert noch Mehrwert. Sie schaffen nur papierenen oder bücherlichen Wert in der Bankbilanz, Wertsteigerung der Bank, papierenen Profit und vielleicht wie bei der Deutschen Bank selbst in Krisenzeiten eine Eigenkapitalrendite von über 25%. Auch das zeigt, dass dieser Profit, ebenso wie das ihm zugrundeliegende Kapital, nur fiktiv sein kann 55. Selbstverständlich spielt auch die Mehrwert- bzw. Profitumverteilung zwischen den Geldkapitalen untereinander, aber auch zwischen ihnen und den produktiven (und kommerziellen) Kapitalen eine Rolle und ebenso die Aneignung von Lohnbestandteilen durch das Geldkapital, sei es über den Staatshaushalt, sei es über das Finanzsystem (Banken, Fonds, Pensionskassen ). Man sieht ja, wie zugleich mit den Rekordprofiten der einen die anderen Banken und wie viele Industrien in den Verlusten hängen und nur mit Mühe und staatlicher Subvention am Leben erhalten werden. Aber die Umverteilung erklärt nur einen, und zwar den kleineren Teil des Problems. Soviel könnte gar nicht umverteilt werden, um den Popanz der fiktiven Kapitalakkumulation zu erklären, weil gar nicht so viel da ist, das man umverteilen könnte. Es dreht sich also in der Tat um einen Berg von fiktiven Ansprüchen, Titeln auf zukünftigen (eventuellen!) Mehrwert, um einen Luftballon, der abwechselnd aufgeblasen wird und dann wieder platzt (oder einschrumpelt), aber mit der systematischen Tendenz zu immer höherem Überdruck 56. Der Zusammenhang mit dem, was tatsächlich zur Verteilung vom produktiven (und kommerziellen) zum Geldkapital verfügbar ist, wird alle paar Jahre durch die Kapitalvernichtung in diesem windigen Bereich wieder hergestellt. Dies geht stets einher mit Umverteilung auch im Finanzsektor und auch mit Umverteilung von den Volksmassen zu diesem Sektor. 5. Die Geschichte der Spekulationsblasen zeigt ihre relative äußere Selbständigkeit, aber auch ihre innere Abhängigkeit von der wirklichen Akkumulation Wir erleben seit ein paar Jahrzehnten nicht nur den Krisenzyklus der Realwirtschaft, sondern ihn begleitend und beeinflussend die Bildung 57, Aufblähung und das Platzen (oder manchmal das allmähliche oder schrittweise Ablassen von Spekulationsblasen): Mexiko und davon ausgehend einige weitere südamerikanische Staaten Anfang der 1980er Jahre, Kreditkrise in den USA (u.a. Bankrott des Sparkassensektors, der 55 Wenn ich und mein Nachbar uns zehn Mal am Tag Goldbarren gegenseitig verkaufen, die wir entweder gar nicht ( ungedeckte Leerverkäufe ) oder nur ausgeborgt haben ( gedeckte Leerverkäufe ), und zwar zu sich immer höher drehenden Preisen, dann machen wir beide einen gewaltigen Umsatz, erzielen satte Profite aus der zwischenzeitlichen schönen Wertsteigerung und werden beide reich. Auch die Banken haben wir angesichts prächtiger Geschäftszahlen auf unserer Seite, was eine eventuelle kreditfinanzierte Ausdehnung des Geschäfts erlaubt. Ob wir die verkauften Barren besitzen oder rechtzeitig in ihren Besitz kommen können (sofern nicht ohnehin nur Spitzenausgleich statt wirklicher Lieferung vereinbart ist), spielt keine Rolle, solange die Wertschöpfungskette nicht stockt und unterbrochen wird. Ein Problem entsteht erst, wenn aus äußeren Gründen, z.b. einer ZIB 2 über den überkauften Goldmarkt, plötzlich einer von uns an der Wertsteigerung zu zweifeln beginnt, die Kette unterbricht, Barzahlung verlangt oder wenn die Bank, die Teile des Geschäftes vorfinanziert hat, aussteigen will oder wenn einer von uns beiden einen Teil des angehäuften Finanzgewinns für etwas anderes verwenden will, z.b. für den privaten Konsum oder ein anderes investment. Dann entsteht eine Krise unseres Geschäfts, die mit Wertverlust und Krach enden kann. Es sei denn, wir finden einen blöden Dritten, der voll Begeisterung über die Wertsteigerung der Vergangenheit einsteigt und uns den rechtzeitigen Ausstieg ermöglicht. 56 In der Tat wäre zur zeitweiligen Lösung des Widerspruchs zwischen der Hypertrophie des fiktiven und der beschränkten Mehrwertbildungskraft des wirklichen Kapitals die Vernichtung großer Massen des Bank-, Fonds- etc. Kapitals notwendig, was nur über Konkurse von großen Banken vorstellbar ist. Also genau das Gegenteil von dem, was man mit der Bankenrettung bezweckt. 57 Ist jede Form von überdurchschnittlichem Preisanstieg von vornherein der Beginn einer Blase oder kann das auch bloß bestimmte Marktverhältnisse reflektieren? Die Spekulation begleitet den gesamten Verwertungsprozess des Geldkapitals und ist von ihm nicht zu trennen. Wo es Kreditsystem und fiktives Kapital gibt, gibt es auch Spekulation. Theoretisch kann natürlich ein realer Vorgang im Bereich von Produktion (und Exploration), Angebot und Nachfrage, 31

30 B. Zur konkreten Analyse des Geld- bzw. fiktiven Kapitals mit massiver Staatshilfe aufgefangen wurde), Dauerkrise und -depression in Japan , Mexiko 1994, Südostasien , Russland 1998, Brasilien 1998/99, Argentinien 2001, die new economy -Krise und ab 2002 der Aufbau der Immobilienblase, deren Platzen ab 2007 die heutige globale Wirtschafts- und Finanzkrise ausgelöst hat. Es ist immer die gleiche Geschichte. Das Geldkapital produziert zwangsläufig Spekulation und Blasen, die sich aus sich selbst heraus drehen, bis sie so sehr in Widerspruch zu Realwirtschaft geraten, dass die Blase sich zuerst überdehnt (mit allen Alarmzeichen für ein bevorstehendes Platzen) und schließlich platzt 58. Aber inwiefern gerät die Spekulation in Widerspruch zur Realwirtschaft? Weil sich die Spekulation von irgendeiner konkreten (nämlich produktbezogenen) realwirtschaftlichen Grundlage abhebt? Also z.b. die Ölpreisspekulation von Exploration, Förderung, Angebot und Nachfrage nach Öl? Aber wieso ist ein Preis von 145 USD/Barrel Rohöl zu abgehoben und 100 nicht? Wie kann man die Preisbewegung von 52 USD im Jänner 2007 auf 86 USD im Jänner 2008 und dann, in wenigen Monaten, auf 145 USD im Juli 2008 sowie den anschließenden Verfall bis Dezember 2008 auf 40 USD mit Fundamentalfaktoren erklären? Weder Angebot und Nachfrage, noch Ölproduktion, noch Exploration, noch Ölreserven können solche Preisschwankungen erklären und auch mit der peak oil - Frage 59 kann das nichts zu tun haben. Natürlich kann eine Verknappung eines Rohstoffs ebenfalls die Spekulation befördern oder dazu beitragen, aber Knappheit an bestimmten Gebrauchswerten führt weder zwingend zu Spekulation, noch kann sie sie erklären. Und dies mit dem Fortgang des Kapitalismus und daher der hypertrophen Anhäufung von Geld- und daher potentiellem Spekulationskapital immer weniger. Produziert wird im Kapitalismus nicht wegen des Gebrauchswertes, sondern nur wegen des Mehrwerts und ebenso wird nur dafür spekuliert. Man darf sich daher den zyklischen Zusammenhang von Spekulation und der Realwirtschaft nicht zu eng vorstellen. Man darf nicht zu sehr an die Gebrauchswertseite denken. Der Ölspekulant hat nicht und braucht kein Öl und es ist ihm egal, ob er in Öl, Kupfer oder Weizen spekuliert. Es ist daher nicht in erster Linie ein solcher realer = gebrauchswertbezogener Zusammenhang, der zählt, nicht in diesem Sinne wird die Spekulation von der Realität eingeholt. Vielmehr geht es darum, dass das Spekulationskapital als Gesamtheit Ansprüche an heutigen und zukünftigen Mehrwert bzw. Profit vertritt und irgendwann der Widerspruch zwischen der Akkumulation dieser Ansprüche und der tatsächlich verfügbaren (incl. der in die Zukunft projizierten) Mehrwertmasse aufbricht, weil es immer unwahrscheinlicher wird, dass diese Ansprüche honoriert werden können. Das ist ziemlich unabhängig von der realen = gebrauchswertbezogenen Basis der jeweiligen Blase im Einzelnen. Eine Blase vergleicht sich weniger mit ihrer eigenen speziellen realen Basis, sondern mehr mit den vorangegangenen Blasen und mit den Gesamtbewegungen des spekulativen Kapitals und mit der realen Basis der Spekulation insgesamt. Es geht mehr um die Frage, wieviel an Mehrwert bzw. Profit insgesamt durch das spekulative Kapital an sich gerissen werden kann und wieviel nicht. Wir haben das in den letzten zehn Jahren sehr deutlich gesehen. Nach dem Platzen der new economy -Blase Aufbau der sub prime bubble ab 2002; z.b. eine Missernte von Kakao zu Verknappung und Preisanstieg führen, aber jedes Mal, wenn das passiert, sehen wir sofort, wie sich die Spekulation dieses Marktes bemächtigt. Ein Blick auf die Blasen des letzten Jahrzehnts zeigt, dass stets das Geld- und Spekulationskapital der Treiber war und nicht irgendwelche realen Entwicklungen. Daher enthält jede starke Preisbewegung immer auch von vornherein das Potential einer Spekulationswelle. Ob aus dem Potential Realität wird, hängt von der Gesamtbewegung des Geldkapitals ab, also in unserem Beispiel nicht so sehr vom Kakaomarkt, als davon, welche sonstigen attraktiven Anlagesphären das spekulative Kapital gerade vorfindet. 58 Manchmal löst sie sich auch ohne großen Krach wieder auf, z.b. die Rohstoffblase, eigentlich eine Blase bei Rohstoffen und Agrarprodukten, die sich 2008 bildete, die sich bis Juli gefährlich aufgebläht hatte, sich aber im 2.Halbjahr 2008 ziemlich unspektakulär wieder zurückbildete. ( Unspektakulär für die imperialistischen Finanzmärkte ; Hungerrevolten in zwei Dutzend Ländern wegen des explosionsartigen Anstiegs der Reis- und Maispreise gab es schon, aber die waren schnell und fast ganz unter Ausschluss der imperialistischen Öffentlichkeit niedergeschlagen.) Peak oil bedeutet den Zeitpunkt (global oder in einem bestimmten Land, Region etc.),an dem der Höhepunkt der Ölförderung in dem Sinne überschritten wird, dass der Zuwachs neu entdeckter Reserven geringer geworden ist als die Ölförderung.

31 Proletarische Revolution 42 nach deren Platzen 2007 (mit Folgeschäden ab 2008) wendet sich das spekulative Kapital vom Immobilienmarkt und seinem derivativen Überbau ab und den Rohstoffen und Agrarprodukten zu; neue Blase Mitte 2008; Rückbildung dieser Blase bis Anfang 2009; Aufbau einer neuer Blasen im Laufe von 2009 im Bereich der Kreditderivate, die Anfang 2010 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht; neuerliches Gegensteuern (wie schon 2008/09) durch Expansion der Staatsschulden usw. bis heute. Mit einem spezifischen realen Hintergrund (vom angeblichen Anstieg des chinesischen Milch- und Dieselkonsums bis zur wirklichen Überdehnung der Immobilienblase in Spanien) hat das Platzen der Blase teils gar nichts, teils wenig zu tun, teils ist es nur der Auslöser, obwohl solche Sonderfaktoren von den Apologeten des Spekulationssystems immer als Ursache der Krisen vorgeschoben werden. Es hat hauptsächlich mit der Eigenbewegung des spekulativen Kapitals (in ihrem Zusammenhang mit der wirklichen Akkumulation und dem industriellen Zyklus insgesamt) zu tun 60. Sobald die eine Spekulationsblase geplatzt (oder in selteneren Fällen auch ohne lauten Knall zurückgebildet) ist, bildet sich die nächste heraus. Sobald die eine Spekulationsattacke ihr Ziel erreicht hat, wandert die Karawane weiter und wendet sich dem nächsten target zu. Es liegt auf der Hand, und wir haben das gerade in den letzten Monaten (Griechenland, Spanien, der Euro ) sehr deutlich sehen können, dass sich das spekulierende Geldkapital seine Betätigungsfelder selbst schafft und dies mit realen Faktoren wenig bis nichts zu tun hat. Der wirklich entscheidende Faktor hinter der 2008er Finanzkrise war die Rezession der Industrieproduktion, die seit dem 1.Quartal 2008 eingesetzt hatte. Im US-Immobilienbereich war der Bogen ja schon längst überspannt (zweifellos seit 2005/06), es war ja schon längst klar, dass viele dieser Hypotheken nicht zurückgezahlt werden könnten, es gab schon längst (seit Herbst 2006) deutliche Zeichen der Überdehnung der Blase, z.b. rückläufige Immobilienpreise, rückläufiges Hypothekengeschäft, aber es hätte dennoch noch eine Zeitlang so weitergehen können, wenn nicht dunkle Wolken der Rezession am Himmel der Realwirtschaft insgesamt aufgezogen wären. Dies zog das Spekulationsklima in den Keller und brachte die Blase zum Platzen. Keineswegs hat die Immobilien- bzw. Finanzkrise auf die Realwirtschaft übergegriffen, sondern war umgekehrt die sich seit Anfang 2008 abzeichnende Rezession der Industrieproduktion und generell der Realwirtschaft der Schwelbrand, der zum Auslöser der Finanzkrise wurde 61. Wenn die Mehrwert- 60 Das heißt nicht, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Feld der Spekulation und den Markt gibt, auf die sich die Spekulation bezieht. Nur ist der Zusammenhang nicht so wie von Seiten der Spekulanten wie auch der monopolistischen Preistreiber auf diesen Märkten behauptet. Es ist in aller Regel nicht so sehr der Basismarkt, der die Spekulation treibt, sondern die Spekulation, die auf den Basismarkt zurückschlägt. Wenn Rohstoffderivate im Preis oder Kurs steigen, entsteht auch eine Preisdrift im Basismarkt. Wie weit diese wirken kann, hängt von den Marktverhältnissen (Angebot und Nachfrage auf dem Basismarkt ) ab, aber zu den Markt verhältnissen gehört maßgeblich der Monopolisierungsgrad des produzierenden und Zirkulationskapitals. Wo einige wenige marktbeherrschende Monopole bestehen, diese eng mit dem Geldkapital verflochten sind (und sich übrigens selbst, neben ihrem eigentlichen Basisgeschäft, ebenfalls fest als Spekulanten betätigen), wirkt die Spekulation in Finanzprodukten und Derivaten auf den Basismarkt mehr oder weniger zurück. So gehabt z.b. bei der Rohstoffblase Mitte Dies ist übrigens umso stärker, je mehr der Basismarkt selbst schon fiktives Kapital darstellt (Aktien, Anleihen, Zins- und Währungsprodukte ), denn dort entwickeln sich derivativer und Basismarkt ziemlich im Gleichklang. Vereinfacht gesagt werden z.b. die Zinssätze weit mehr auf den Futures-Märkten gemacht als durch die primäre Emissionstätigkeit. 61 Ein solcher Zusammenhang bestand jedenfalls 2008 und ist auch die Regel. Eine Kredit- oder Banken- oder Börsenkrise ohne darunter liegende Krise der wirklichen Akkumulation kann nur von begrenzter Wirkung sein und die Realwirtschaft nur begrenzt affizieren. Im Einzelfall allerdings ist es schon möglich, dass Bewegungen des Geldkapitals regelrechte Wirtschaftskrisen auslösen und diese ohne erstere nicht oder jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt ausgebrochen wären. Z.B. wurde die Südostasienkrise durch massiven Kapitalabzug seitens einiger US-Fonds, zweifellos ebenfalls weniger eine erratische und bewusstlose Bewegung der Märkte, als eine gezielte Aktion, ausgelöst. Malaysia, das sofort scharfe Devisenkontrollen einführte und die grenzüberschreitenden Kapitaltransfers stoppte (und dadurch damals zum Schurkenstaat Nr.1 wurde, schlimmer als der Irak), konnte die südasiatische Wirtschaftskrise ziemlich glimpflich überstehen, während Indonesien und Thailand tief in die Krise gerissen wurden. Der Sache nach hatte man es damals banal mit einer Spekulationswelle von US-Fonds gegen Bonität, Währungen und übrigens auch die eine oder andere der Regierungen dieser Länder zu tun. Und auch mit dem Bestreben, einen Teil des exportierten US-Kapitals wieder zu repatriieren, um damit die explodierende inländische Verschuldung in den USA zu decken (China hatte damals noch nicht die Absorptionskraft für US-Schulden, die es heute hat). 33

32 B. Zur konkreten Analyse des Geld- bzw. fiktiven Kapitals produktion insgesamt in die Krise kommt und sich kontrahiert, wenn also insgesamt weniger Mehrwert verfügbar ist, daher auch für Zins und Spekulationsprofit, dann verdunkeln sich auch die Perspektiven des spekulativen Kapitals und es kommt in dieser oder jener Form zur Geldkrise. Die Krise des Geld- bzw. fiktiven Kapitals, der Finanzkrach, das Zerplatzen der Spekulationsblase ist Folge und Beweis der krisenhaften Auflösung der zeitweiligen äußeren Selbständigkeit der Bewegung des fiktiven Kapitals und der Spekulation. So war es zu Marxens Zeiten und so ist es heute. Dennoch hat sich die Erscheinungsform des Zusammenhangs des Zyklus des wirklichen Kapitals mit dem des Geldkapitals verändert. Marx beschreibt den vorimperialistischen Zyklus detailliert, v. a. in K III, chapt.30. Er findet sehr komplexe Zusammenhänge zwischen den beiden Akkumulationsprozessen, aber einen durchgängiger Zug: Im ganzen also verläuft die Bewegung des Leihkapitals, wie sich im Zinsfuß ausdrückt, in umgekehrter Richtung zu der des industriellen Kapitals. Die Phase, wo der niedrige Zinsfuß mit der Besserung und dem wachsenden Vertrauen nach der Krise zusammenfällt, und besonders die Phase, wo er seine Durchschnittshöhe erreicht, nur diese beiden Momente drücken das Zusammenfallen von reichlichem Leihkapital mit großer Expansion des industriellen Kapitals aus. Aber am Anfang des industriellen Zyklus ist der niedrige Zinsfuß zusammenfallend mit Kontraktion und am Ende des Zyklus der hohe Zinsfuß mit Überreichlichkeit von industriellem Kapital. (p.506) Die Akkumulation des Geldkapitals folgt ihrem eigenen Zyklus, der den des wirklichen Kapitals überlagert. Zwar gibt es schon eine durch den ganzen Zyklus hindurch wirkende Tendenz zu Hypertrophie des Geldkapitals, aber der industrielle Zyklus und die aus ihm resultierende steigende oder fallende Nachfrage nach Geldkapital erhöht in manchen Phasen des Zyklus die Folgen dieser Hypertrophie, schwächt sie aber in anderen Phasen ab. Heute dagegen hat die Hypertrophie des Geldkapitals ein solches Ausmaß erreicht, dass sie durch den gesamten Zyklus hindurch wie ein Alb auf dem wirklichen Reproduktionsprozess lastet und sich die Überakkumulation von Geldkapital kaum mehr nennenswert entspannt. Daher die beständige Tendenz des Imperialismus zu Stagnation, Depression, Fäulnis, die stets durch außerordentliche, in der Regel staatliche Maßnahmen konterkariert werden muss, aber gerade dadurch natürlich die inneren Widersprüche des Systems immer mehr verschärft. Es müssen, zur Vermeidung von Krise und Depression, ständig, praktisch in jeder Phase des Zyklus, neue Absorptionsmöglichkeiten des überschießenden Geldkapitals aufgetan werden und solche Möglichkeiten sind eben - neben der Staatsschuld (und wichtiges und immer wichtigeres Potential! - Rüstung und Krieg) - in erster Linie die sukzessiven Spekulationsblasen. Auch früher waren das Kreditsystem und die Spekulation, war der Überkredit Treiber von Überproduktion und Überakkumulation, aber doch war sein Zyklus noch näher an der Realwirtschaft als heute. Weil heute ein zyklisches weitgehend zu einem chronischen Problem geworden ist, erscheint die letztendlich weiterhin bestehende Verzahnung der Akkumulation des Geldkapitals und der des wirklichen Kapitals nicht mehr so deutlich wie in früherer Zeit. 34

33 Proletarische Revolution 42 C. Wie ordnen sich die neuen Erscheinungen im Bereich des Geldkapitals ein in die Gesamtanalyse des Kapitalismus und Imperialismus? 1. Was hat sich gegenüber der Marx schen Analyse geändert? Zweifellos sehr vieles, und gravierend. In erster Linie aber besteht das Neue, nämlich gegenüber der Marx schen Analyse, nach wie vor im Übergang des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium, die Herausbildung der Monopole, der Finanzoligarchie, die Unterordnung des Staates unter diese etc. Das ist der Kernpunkt. Jede Analyse, die die heutige Ausprägung des Geldkapitals auf Basis des Marx schen Kapital analysieren wollte, ohne die qualitative Veränderung des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium zu berücksichtigen, landet auf einem Holzweg. Man kann viele von Marx schon erkannten, damals teilweise erst im Ansatz tatsächlich vorhandenen Tendenzen und Entwicklungen sozusagen fortschreiben, aber erst die monopolistische Kapitalstruktur und alles, was mit ihr verbunden ist, erklärt die konkrete Ausprägung dieser Tendenzen im Zeitalter des Imperialismus. Auf Schritt und Tritt und bis in die Details ist man mit dieser Frage konfrontiert. Die heutige Ausprägung der Staatsintervention z.b. gäbe es nicht in dieser Form, wenn der Staat nicht gegenüber wenigen Monopolen, sondern einer unorganisierten Masse von Tausenden von Einzelkapitalen im Industrie- und Bankensektor tätig werden müsste. Die Macht des Geldkapitals und der monopolistische Zins als sein Profit (in allen seinen Formen und einschließlich des Spekulationsprofits) treten anders auf als der vormonopolistische Zins. Die CDS-Spekulation z.b. könnte in dieser Wucht und Organisiertheit gar nicht in Bewegung gesetzt werden, wenn wir es nicht mit 14 Akteuren, sondern mit ein paar tausend zu tun hätten. Usw. usf. Wenn wir unsere obigen Untersuchungen nochmals rekapitulieren, springen im Vergleich zur Marx schen Analyse folgende Entwicklungen und Widersprüche bezüglich des Geldkapitals ins Auge: - die gigantische Entwicklung und Entfaltung des Kreditsystems, seine gesellschaftliche Verallgemeinerung, die Durchdringung aller Poren der Gesellschaft und dadurch die Möglichkeit maximaler Konzentration und Zentralisation allen potentiellen Geldkapitals aus allen Quellen, dadurch eine gewaltige Vergrößerung der Masse des disponiblen Geldkapitals - die immer ausgeprägtere Hypertrophie des Geldkapitals, der immer drückendere Geldkapitalüberschuss - der immer schärfere Widerspruch zwischen dieser Hypertrophie auf der einen Seite und dem Fehlen profitabler Anlagemöglichkeiten auf der anderen Seite, und dies alles auf Grundlage des tendenziellen Falls der Profitrate, der die Basis für den Kampf um die Verteilung des Mehrwerts zwischen den verschiedenen Fraktionen der Monopolbourgeoisie immer mehr verengt - die scheinbare Priorität der Verwertung des Geldkapitals gegenüber der des produktiven Kapitals; die Finanzialisation von allem und jedem, auch der Produktion und Zirkulation des produktiven und kommerziellen Kapitals - die massiv gewachsene Bedeutung der reinen Finanzspekulation im Kreislauf des Geldkapitals, die immer stärkere Abhebung der Spekulation von der wirklichen Reproduktion des Kapitals, ohne deshalb allerdings eine andere Basis zu haben oder etwa nicht Schranken 62 zu finden in dieser wirklichen Reproduktion 62 Wir stoßen bei Marx oft, auch in etlichen der o.a. Zitate aus dem K III (z.b. in Fußnote 8), auf den Begriff der Schranke. Der Begriff der Schranke selbst kommt aus der Hegel schen Wissenschaft der Logik. Bei Hegel bzw. in verhegelter Sprache (Marx) ausgedrückt bedeutet Schranke, wenn etwas seine Grenze als negierte setzt. Was auf den ersten Blick als bloße Fingerübung in Sachen Dialektik erscheinen mag, ist ein wichtiger Ansatz bei der Analyse der Entwicklung der gesellschaftlichen Widersprüche. Ein Kernpunkt bei der wissenschaftlich-materialistischen (und nicht moralisch-idealistischen) Fundierung der Theorie der proletarischen Revolution ist z.b. der Hinweis darauf, dass es - wegen der durch sie vorangetriebenen zunehmenden Vergesellschaftung der Produktion (und Zirkulation) - die Tendenz der kapitalistischen Entwicklung ist, über die Schranken der kapitalistischen Eigentums- und Produktionsverhältnisse hinauszutreiben und dadurch die inneren Widersprüche des Kapitalismus immer mehr zu verschärfen. Im Kapitel über die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion (K III, chapt.27) heißt es: Es ist dies die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst und daher ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der prima facie als bloßer Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich darstellt. (p.454) Die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise treibt über die kapitalistischen Produktions- bzw. Eigentumsverhältnisse hinaus, überschreitet oder überwindet in gewisser Weise und in gewissem Maße die Schranken 35

34 C. Neue Erscheinungen und die Gesamtanalyse des Kapitalismus - die Erweiterung der Betätigungsfelder und Strukturen der reinen Finanzspekulation (neue Märkte, neue Produkte), vor allem auch die Deregulierung (die meisten dieser Produkte waren vor einigen Jahren noch schlicht verboten) - die Veränderung nicht nur der Dimension, sondern auch der Struktur des Geld- bzw. fiktiven Kapitals, die Ausbildung eines nicht nur immer größeren, sondern auch immer fiktiveren Überbaus an Finanzprodukten, Finanzmärkten etc. - die Strukturveränderung des Banken- und Finanzsektors, die diesen Entwicklungen Rechnung trägt, v.a. die Konzentration und Zentralisation des Sektors - die Erweiterung der Absorptionssphären des Geldkapitals, v.a. die Expansion der Staatsschuld als wichtigste solche Absorptionssphäre, in Zukunft sicher auch immer mehr Rüstung und Krieg - die Veränderung des Akkumulationszyklus des Geldkapitals im Verhältnis zu dem des produktiven Kapitals, der Übergang zu chronischer Dauerhypertrophie durch den gesamten Zyklus hindurch - die geänderte Bedeutung und Rolle von Geld-, Kredit-, Bankenkrisen usw. für den Krisenverlauf - die Verstärkung der Tendenz zu Stagnation, Depression, Überproduktion, Überakkumulation, Überkredit als Dauererscheinungen durch die Hypertrophie des Geldkapitals, überhaupt die Auswirkungen dieser Hypertrophie auf Ausprägung und Zyklus der Krisen - die Verschiebungen in der Verteilung des Mehrwerts zwischen Geldkapitalprofit und industriellem Profit unter Bedingungen des Monopolkapitals und der Hypertrophie des Geldkapitals, dadurch potentielle Konterkarierung des von der tendenziell fallenden Profitrate ausgehenden Drucks auf den Zins, Verhältnis zwischen Bankzins, Dividenden (= Profit für den Eigentumsaspekt des industriellen Kapitals) und Unternehmergewinn (= Profit für das industrielle Kapital als fungierendes Kapital) Das sind erhebliche Veränderungen, nicht nur des im Marx schen Kapital analysierten Kapitalismus, sondern auch des von Lenin analysierten Imperialismus. Zweifellos würden sich beide angesichts des heutigen Kapitalismus staunend die Augen reiben (wahrscheinlich hauptsächlich darüber, dass es ihn immer noch gibt!). Dennoch darf man nicht übersehen, dass sich zwar die konkrete Erscheinungsweise der Grundgesetze des Kapitalismus und Imperialismus verändert hat, aber nicht diese Gesetze selbst 63. Keine dieser Veränderungen legt nahe, dass wir es mit einer qualitativen Veränderung des imperialistischen Kapitalismus zu tun hätten. 2. Hat der Kapitalismus eine neue Qualität angenommen? Worin bestünde sie? Was heißt überhaupt neue Qualität? Qualitativ neu wäre ein Stadium des Kapitalismus oder Imperialismus, das durch neue, qualitativ veränderte ökonomische Gesetzmäßigkeiten charakterisiert wäre. Das imperialistische Stadium des Kapitalismus war und ist im Vergleich zum vorimperialistischen Kapitalismus etwas qualitativ Neues. Man braucht nur die Analyse des Kapitalismus im des Privateigentums (z.b. durch das Kreditsystem zur Mobilisierung gesellschaftlichen Kapitals oder durch die Schaffung formell gesellschaftlicher Kapitale wie Aktiengesellschaften oder Staatseigentum), aber sie überwindet diese Schranken natürlich nicht wirklich, sondern reproduziert nur die immanenten Widersprüche des Systems auf noch höherer Stufenleiter. Die Schranken der Produktionsweise bestehen fort, solange sie nicht durch die Revolutionierung der Eigentums- und Produktionsverhältnisse tatsächlich umgewälzt und überwunden werden. In der Erörterung der Entfaltung der inneren Widersprüche des Gesetzes des tendenziellen Falls der Profitrate (K III, chapt.15) heißt es: Die kapitalistische Produktion strebt beständig, diese ihr immanenten Schranken zu überwinden, aber sie überwindet sie nur durch Mittel, die ihr diese Schranken aufs neue und auf gewaltigerm Maßstab entgegenstellen. Die wahre Schranke der kapitalistischen Produktion ist das Kapital selbst (p.260). Die kapitalistische Entwicklung treibt tendenziell über ihre Schranken hinaus, kann aber diese Schranken, die sich aus den kapitalistischen Produktionsverhältnisse, darunter dem Privateigentum an den Produktionsmitteln, ergeben, doch nicht überwinden. Dies verweist auf die Notwendigkeit der Revolution und auf deren Triebkräfte Man sieht das übrigens auch daran, dass einem das Kapital und der Imperialismus nach wie vor ein ausgezeichnetes Werkzeug in die Hand gibt, den zeitgenössischen Kapitalismus und Imperialismus zu analysieren. (Während umgekehrt die vielen bürgerlich- marxistischen Elaborate glänzen durch unvermitteltes Nebeneinander von Marxzitaten, bürgerlicher Statistik, Rezeption und Diskussion bürgerlich-reformistischer Ideen und Theorien und allerhand Heils- und Reformideen. Es ist schon frappant: Wenn man die Hunderten Seiten Bischoff oder Huffschmid gelesen hat, hat man schon einiges interessante (wenn auch oft nicht sehr klare) Datenmaterial gewonnen, sicher auch einige Denkanstöße bekommen, sich viel geärgert und gewundert (was ebenfalls durchaus produktiv ist), aber ein besseres Verständnis des Finanzkapitals, worum es eigentlich gegangen wäre, hat man nicht gewonnen.)

35 Proletarische Revolution 42 Manifest aus 1848 und im Imperialismus Lenins vergleichen. Heute wird rund um uns herum überall und ständig und laut, auch im Zusammenhang mit dem finanzmarktgetriebenen Kapitalismus, getrommelt, was daran nicht alles qualitativ neu sei. Was heißt überhaupt (bzw. was kann es vernünftigerweise heißen) qualitativ neu? Es kann nur heißen: Der Kapitalismus tritt in ein neues Stadium seiner Entwicklung, ein Stadium, das sich qualitativ vom vorherigen Stadium unterscheidet. Dies ist der Fall, wenn die ihm innewohnenden Gesetzmäßigkeiten in einer qualitativ veränderten Weise funktionieren. Natürlich bleibt er Kapitalismus und wirken die dem Kapitalismus immanenten Gesetzmäßigkeiten nach wie vor, aber sie wirken anders, und zwar so sehr anders, dass qualitative Unterschiede auftreten. Der Übergang von der Konkurrenz zum Monopol, die Herausbildung des Finanzkapitals und der Finanzoligarchie, die völlige Unterordnung des Staates unter dieselbe erreichte im Imperialismus einen Punkt, an dem die Wirkungsweise einer Reihe ökonomischer Gesetzmäßigkeiten und damit die Bewegungsweise dieses Systems sich veränderte. Es macht einen Unterschied, ob sich auf dem Markt eine Vielzahl von Kapitalisten oder ob sich wenige Monopole mit ungeheurer Marktmacht gegenüberstehen. Es macht einen Unterschied, wenn Industrie- und Bankkapital miteinander engstens verflochten bzw. sogar verschmolzen sind. Es macht einen Unterschied, wie die Kräfteverhältnisse zwischen produktivem und Geldkapital sind und welche Portion des Mehrwerts letzteres an sich ziehen kann. Es macht einen Unterschied für die Kolonisierung bzw. Neokolonisierung der Welt, ob Kapitalexport oder bloßer Warenexport dominiert. Es macht einen Unterschied, ob das Finanzkapital dem tendenziellen Fall der Profitrate durch radikale Umverteilung in der Zirkulationssphäre, entgegenwirken kann oder nicht. Es macht einen Unterschied, ob wir es mit dem Nachtwächterstaat des 19. Jahrhunderts zu tun haben oder einem vom Finanzkapital vollständig instrumentalisierten Staat. Dies alles, das zu Änderungen in der ökonomischen Bewegungsweise des Kapitalismus gegenüber dem 19.Jahrhundert führte, die Fäulnis und der Parasitismus, die Fesselung, Fehlleitung und Zerstörung der gesellschaftlichen Produktivkräfte in noch nicht da gewesenem Maß - dies führte Lenin dazu, von einem neuen Stadium, einer neuen Entwicklungsetappe des Kapitalismus zu sprechen. Diese Erkenntnis war von entscheidender politischer Bedeutung. Durch den Übergang zum Imperialismus wurde vieles grundlegend anders, qualitativ neu. Die nationale und koloniale Frage stellte sich qualitativ anders als im 19.Jahrhundert. Die Frage der Demokratie, auch der bürgerlichen Demokratie, und des revolutionär-demokratischen Kampfes stellte sich anders unter Bedingungen, die Reaktion auf der ganzen Linie bedeutete und bald zum Faschismus führte. Die Frage des Krieges, der Einschätzung von Kriegen, der Haltung und Taktik des Proletariats gegenüber imperialistischen Kriegen stellte sich neu und anders. Der Kampf gegen den Reformismus stellte sich anders, sobald sich gestützt auf imperialistische Extraprofite eine bestochene Arbeiteraristokratie herausgebildet hatte, die nicht mehr eine bürgerliche oder kleinbürgerliche Abweichung darstellte, sondern direkte Agenten der Bourgeoisie. Ebenso die Organisation der Arbeiterklasse, die Gewerkschaftsfrage und die Frage der proletarischen Partei. In einem seltsamen Widerspruch zur Realität existiert für die Theoretiker des Finanzmarkt-Kapitalismus 64, obwohl immer auf der Suche nach qualitativ Neuem, der Imperialismus nicht, sondern sie versuchen, eine direkte Brücke zu schlagen vom 19. in das 21. Jahrhundert 65. Ohne Monopole, ohne Finanzkapital 64 Wir befassen uns hier speziell mit diesen Strömungen von Kapitalismus-Kritikern, weil sie beanspruchen, eine konkrete wissenschaftliche Analyse des heutigen Finanzkapitals zu unternehmen. (Es gibt natürlich auch viele andere Sorten von angeblich marxistischen Kritikern der Finanzialisation, der Globalisation, auch des Kapitalismus, von den Stamokap isten bis zu diversen trotzkistischen Strömungen. Überall stößt man dort auf viel diffuse bürgerliche Statistik, um damit die Verteilungsungerechtigkeit anzuprangern und demgegenüber entweder den Kampf um die antimonopolistische Demokratie oder den Generalstreik um die Übergangsforderungen zu begründen.) 65 Bzw. glauben sie, eine solche zu schlagen, oder geben sie es vor, denn ihre Marx-Interpretation, ihr Verständnis früherer Ausprägungen des Kapitalismus und seiner historischen Entwicklung lassen natürlich ebenfalls sehr zu wünschen übrig. Oft wird der prä-finanzmärktlerische Kapitalismus im Vergleich mit dem finanzmärktlerischen ziemlich verdreht und geschönt. Manchmal hat man bei ihnen den Eindruck, dass der Kapitalismus bis vor dreißig Jahren die Produktivkräfte bestens entwickelt hätte und erst seit einigen Jahrzehnten alles ins Böse gedreht hätte. Sind sie allesamt womöglich gar keine Marxisten, sondern frustrierte marxistelnde Keynesianer? 37

36 C. Neue Erscheinungen und die Gesamtanalyse des Kapitalismus und Finanzoligarchie, ohne die entscheidende Rolle des Kapitalexports, kurzum ohne Imperialismus gerät aber jede Analyse des heutigen Kapitalismus nicht nur völlig falsch, sondern auch sehr platt und sehr abstrakt (wiewohl eventuell voll gepfropft mit bürgerlicher Empirie und Statistik). Ohne den Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus und als parasitären, faulenden, sterbenden Kapitalismus zu begreifen, wird man auch das Geldkapital und die Finanzkrise, wie sie sich heute präsentieren, nicht begreifen. Keiner dieser finanzmarktgetriebenen Antikapitalisten begreift, wie sich die konkrete Bewegung der dem Kapitalismus innewohnenden Widersprüche auf Basis der monopolkapitalistischen und imperialistischen Struktur der kapitalistischen Produktionsweise entfaltet. Keiner sieht auch nur im Entferntesten, dass sich die Widersprüche des Kapitalismus nicht nur in immer wiederkehrenden Krisenstrudeln, sondern auch in Kriegen entladen können und werden, wie sie überhaupt die Zusammenhänge zwischen politischen und ökonomischen Widersprüchen nicht begreifen. Alle unter- und überschätzen entweder Ausweglosigkeit ( Kapitalismus am Ende ) oder mögliche Auswege des Kapitalismus, manchmal auch beides zugleich. Und keiner (selbst die wenigen, die abstrakt von Klassenkampf sprechen) erkennt ein historisches Subjekt, und zwar in Anlehnung an eine Formulierung in den Marx schen Thesen über Feuerbach - ein praktisch-sinnliches Subjekt, das den Kampf gegen den Kapitalismus führen kann und muss. Zurück zur Frage, ob die Veränderungen des Kapitalismus in den letzten dreißig Jahren, also - im bürgerlichen Sprachgebrauch - in der Zeit des Neoliberalismus 66, eine ähnlichen qualitativen Sprung in der Entwicklung des Kapitalismus bedeuten, wie es der Übergang in sein imperialistisches Stadium war? Wenn die oben in Punkt C.1 angeführten Entwicklungen diese Änderungen richtig abbilden, kann man keinen solchen qualitativen Sprung erkennen, der die Annahme rechtfertigte, wir befänden uns in einem neuen, sozusagen post-imperialistischen oder neo-imperialistischen Stadium des Kapitalismus, weder bezüglich der ökonomischen Gesetzmäßigkeiten, noch bezüglich der Schlussfolgerungen für die sozialistische Revolution. Dennoch ist sowohl bei den Apologeten des Geldkapitals als auch bei den Finanzmärktlern oft die Rede von einer neuen Qualität, die der Finanzüberbau, also das fiktive Kapital angenommen hätte. Die Apologeten des Geldkapitals rechtfertigen ihre parasitäre Existenz, indem sie sich und anderen einreden, das Geldkapital erzeuge in dieser Form erst heute und qualitativ neu!? - aus sich selbst heraus, aus seinen eigenen verselbständigten Pirouetten Wert, sprich: Profit. Allein schon die schiere Masse und Wucht des modernen Geldkapitals mag diesen Eindruck erzeugen. Die Zinskapitalisten lebten also erst heute und qualitativ neu? tatsächlich von sich selbst, von ihrer eigenen Wertschöpfung 67. Die Bewegungen des Finanzkapitals vollführten erst heute und qualitativ neu? - Eigenbewegungen, emanzipiert von der wirklichen Akkumulation. Erstens ist es natürlich nicht so. Zweitens aber fragt man sich, wieso diese Mystifikation etwas Neues sein soll. Marx schrieb schon vor 150 Jahren: Wie das Wachsen dem Baum, so scheint das Geldzeugen dem Kapital in dieser seiner reinen Form (Anm.: als zinstragendes Kapital) eigen. (TM III, p.458) (Und es glauben auch viele bürgerliche Antikapitalisten an das Kapital als neben der Arbeit und dem Boden zumindest gleich wichtigen Produktionsfaktor und lassen sich blenden durch die unglaubliche Hypertrophie, die das Geldkapital inzwischen gewonnen hat.) Das ist aber alles nur Mystifikation des Geldkapitals und alles nichts Neues. 66 Der Vormarsch des Neoliberalismus setzt massiv etwa 1980 ein. Seit 1980 explodieren in den USA Staatsschulden und Gesamtschulden; ein bisschen seit 1980, vor allem aber seit 1990 explodieren die Aktien- und Anleiheemissionen und die Finanzmärkte, seit 1985 explodieren die financial profits, etwa 2000 erreicht die seit den 1970er Jahren schrittweise begonnene Deregulierung des Arbeits- und Sozialrechts einen ersten Höhepunkt, seit etwa 2000 ist die sog. Lohnquote im Sturzflug und reißt es die Einkommensschere auf Der Elchtest für diese Weltsicht ist leicht zu erbringen. Man nehme ein paar Dutzend dieser Leute, Rentiers, Finanzexperten etc. und setze sie auf einer unbewohnten Insel aus. Jeder würde mit einer erheblichen Geldsumme, also mit Kapital, ausgestattet. Auch eine Bank würde gegründet, wo sie ihr Kapital anlegen und arbeiten lassen könnten. Woche für Woche bekämen sie Zinsgutschriften. Ihr Reichtum stiege ständig. Experten, wie sie nun einmal sind, würden sie rasch innovativ tätig werden, Produkte und einen Markt für fiktives Kapital entwickeln, sich gegenseitig ihr Geld abnehmen etc. Allerdings, nach Aufbrauchen der Lebensmittel, die man ihnen als Startproviant mitgegeben hatte, würde sich sehr rasch zeigen, wie wirklich ihre Einkünfte und ihr Vermögen sind.

37 Proletarische Revolution 42 Wenn wir uns näher ansehen, was die finanzmarktgetriebenen Marxisten 68 für ihre Behauptung anführen, die Entwicklung hätte eine neue Qualität angenommen und wir befänden uns in einem neuen Stadium des Kapitalismus, sei dies der neue finanzmarktgetriebene Kapitalismus eines Huffschmid, sei es der Finanzmarkt-Kapitalismus eines Bischoff, sei es das Monopoly Finance Capital eines Foster, dann finden wir nichts, was diese Behauptung bestätigen würde. Fühlt man ihnen auf den Zahn, dann findet man außer ein paar neuen Begriffen nicht viel Griffiges. Trotzdem meint Huffschmid, dass das viele Neue nahe legt, von der Herausbildung eines finanzmarktgetriebenen Kapitalismus zu sprechen. Damit ist keine Veränderung in der Natur (Anm.: Wozu die Anführungszeichen?) des Kapitalismus gemeint Was sich geändert hat, sind aber zum einen die Proportionen zwischen produktivem Kapital und Finanzvermögen und zum andern das Verhältnis zwischen produzierenden Unternehmen und Finanzanlegern. In der Tat hat sich in der konkreten Ausprägung des Kapitalismus einiges geändert, aber, wie man sieht, nichts, was die Behauptung eines qualitativ neuen Stadiums rechtfertigen würde, was alle diese Marxisten natürlich im Auge haben, auch wenn sie es teilweise noch schamhaft als Hypothesen relativieren, und weshalb sie auch schon einmal griffige Namen dafür erfinden. Manche von ihnen spüren offenbar, dass das alles zu seicht ist und sie einen Schritt weiter gehen müssen. Bischoff schreibt, dass wir mit dem Übergang zu einem veränderten Typus der Kapitalakkumulation konfrontiert seien. Richtig ist, dass die Geldkapitalverwertung heute vorrangig erscheint gegenüber der produktiven Kapitalverwertung 69 und erstere der letzteren in gewisser Weise ihren Stempel aufzudrücken scheint. Aber es (er)scheint eben nur so, es ist nicht so, denn die Verwertung und Akkumulation des wirklichen, also des produktiven (und kommerziellen) Kapitals, die Mehrwertproduktion ist und bleibt die Grundlage der Wirtschaft. Dass sich auf dieser Grundlage Berge an fiktivem Kapital aufbauen und wieder erodieren, dass sich gewaltige Wertsteigerungen fiktiven Kapitals beim Aufbau der Blase mit ebenso gewaltigen Wertverlusten bei ihrem Zerplatzen abwechseln, das alles ändert daran nichts. Wie gewonnen, so zerronnen aber immer nur der vom produktiven Kapital bzw. der Arbeiterklasse erzeugte Mehrwert, den das Finanzkapital sich teilweise aneignet und den es in Form fiktiven Kapitals vervielfacht. Keine Rede von einem veränderten Typus (!) der Kapitalakkumulation oder einem veränderten Akkumulationsregime (?!). Man müsste, um der Sache auf den Grund zu gehen, die kapitalistische Akkumulation konkret analysieren. Genau das aber tun die Finanzmärktler nicht. Es ist wirklich auffällig, dass bei den meisten keinerlei ernsthaftes Interesse für die Analyse der wirklichen Produktion und der wirklichen Akkumulation besteht 70. Sie alle lassen sich durch die hypertrophe 68 Ich beziehe mich hier einerseits auf drei typische deutsche Vertreter dieses bürgerlichen Marxismus : J.Huffschmid: Politische Ökonomie der Finanzmärkte, 2002, J.Bischoff: Zukunft des Finanzmarktkapitalismus, 2006, Globale Finanzkrise, 2008, und Krisen-Deutungen, 2009, E.Altvater: Das Ende des Kapitalismus wie wir ihn kennen. Eine radikale Kapitalismuskritik, 2005, sowie andererseits auf die Monthly Review, an independent socialist magazine aus den USA, v.a. Magdoff und Foster, z.b. im Sammelband The Great Financial Crisis. Causes and Consequences., Das hat es übrigens, natürlich nicht in der heutigen Ausprägung, auch schon zu Marxens Zeiten gegeben: desto größer ist die Versuchung, Waren zu fabrizieren oder schon fabrizierte auf entfernte Märkte zu schleudern, nur, um zunächst Geldvorschüsse darauf zu erhalten. Wie die gesamte Geschäftswelt eines Landes von solchem Schwindel ergriffen werden kann und wie das endet, davon gibt uns die englische Handelsgeschichte von ein schlagendes Beispiel. Hier sehen wir, was der Kredit leisten kann. (p.420f.) Über den Schwindel im ostindischen Geschäft, wo man nicht mehr Wechsel zog, weil Ware gekauft worden war, sondern Waren kaufte, um diskontierbare, in Geld umsetzbare Wechsel ziehen zu können. (p.423) 70 Mit Ausnahme der sehr beliebten Ausflüge in die Welt der Arbeitsorganisation (Taylorismus, Toyotismus ). Die Analyse der Entwicklung der Arbeitsprozesse und der Arbeitsorganisation im heutigen Kapitalismus ist zweifellos sehr wichtig (wenn auch sehr schwierig, da nur auf Basis profunder, auch praktischer Kenntnisse der wirklichen Produktionsprozesse möglich). Man braucht sie auch für die konkrete Klassenanalyse. Dennoch ist die Arbeitsorganisation nur ein Teilelement des Produktionsprozesses. Auch muss man immer die Gesamtheit der Arbeiterklasse im Auge behalten, nicht nur Teile der Arbeiterklasse; es arbeiten z.b. keineswegs alle Arbeiter auf toyotischen oder neo-toyotischen Plattformen wie in der Automobilindustrie. Leider ist die Masse dessen, was auch von linker oder marxistischer Seite über die Arbeitsorganisation geschrieben wird, ziemliche professorale Seichbeutelei. 39

38 C. Neue Erscheinungen und die Gesamtanalyse des Kapitalismus und hybride Erscheinung des heutigen Geldkapitals und sein forsches Auftreten blenden und die meisten von ihnen treiben sich nur in den Distributions-, ein bisschen auch in den Zirkulationsverhältnissen und hauptsächlich in den luftigen Sphären des fiktiven Kapitals herum. Einige von ihnen, denen diese Suppe dann doch zu dünn ist, kommen schließlich um die wirkliche Produktion und Akkumulation nicht ganz herum. Wenn man nämlich die Behauptung einer neuen Qualität des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus wirklich fundieren möchte, dann reicht es vielleicht doch nicht, sich nur im Finanzüberbau herumzutreiben und sich auf die übliche oberflächliche tour d horizon durch die geheimnisvolle Welt der Finanzmärkte zu beschränken. Und so landet man früher oder später bei der Frage: Liegt es, wenn der Kapitalismus angeblich - in ein neues Stadium seiner Entwicklung eingetreten ist, nicht vielleicht doch irgendwie an der Produktionsweise? Vielleicht hat doch diese sich irgendwie verändert und ist das der wahre Grund der Finanzialisation? Und siehe da, dort eben, wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein (Goethe). Und so erfährt man zwar nicht viel an Fakten, aber man liest begriffslose Begriffe wie z.b. neues Akkumulationsregime oder neue Betriebsweise, was immer das sein mag. Strittig ist in der neueren marxistischen Debatte, schreibt Bischoff, ob der finanzmarktgetriebene Kapitalismus, inklusive der Globalisierung, sich nicht doch auf eine Verallgemeinerung und Durchsetzung einer neuen gesellschaftlichen Betriebsweise des Kapitals stützt. Und zwar welche bzw. was? Mit Blick auf die durch die Informations- und Kommunikationstechnologien geprägte wissensbasierte Ökonomie wird die Auffassung vertreten, dass wir es mit einem neuen Typ, dem High Tech Kapitalismus zu tun haben. Als gelernter Marxist kann man natürlich nicht ernsthaft behaupten, die Produktionsweise hätte sich verändert, also spricht man von Betriebsweise, Produktionsmodell oder Akkumulationsregime. Das sind zwar nur Worthülsen, aber immerhin sind wir damit bei der Kernfrage: Hat sich etwas an der wirklichen Basis, in der Produktion geändert? Welche Antworten werden auf diese Frage gegeben? Die Antworten sind sehr dünn. Da gibt es einmal die IT-Revolution, die generell und maßlos überschätzt wird 71. Dann gibt es die Debatte über Taylorismus (Hand in Hand mit dem keynesianischsozialdemokratischen Gesellschaftsmodell des Fordismus), Post-Taylorismus, Toyotismus, Neo-Toyotismus usw., aber das alles sind im Wesentlichen nur Formen der Organisation der Arbeitsprozesse, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Toyotismus, lean production, outsourcing usw. usf. konstituieren keine qualitativ neue Betriebsweise, nicht einmal ein neues Produktionsmodell. Es bleibt also dabei: Kein Grund, eine neue Qualität, ein neues Stadium, das des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus anzunehmen. Wie erfrischend nimmt sich gegenüber diesem ganzen hohlen Wortgeklingel und dem Herumgetue in der Welt des fiktiven Kapitals z.b. die bodenständige Diagnose des US- Marxisten R. Brenner (2009) aus: Die wesentliche Quelle der heutigen Krise ist die nachlassende Dynamik der fortgeschrittenen Ökonomien seit 1973, und insbesondere seit Die Wirtschaftsleistung in den USA, Westeuropa und Japan ist, Konjunkturzyklus um Konjunkturzyklus, was sämtliche ökonomische Standardindikatoren angeht BIP, Investitionen, Realeinkommen, etc. stetig gesunken. Am aufschlussreichsten ist, dass der gerade zu Ende gegangene Konjunkturzyklus von 2001 bis 2007 der bei weitem schwächste der Nachkriegszeit war, und zwar trotz des am stärksten staatlich finanzierten wirtschaftlichen Impulses der US-amerikanischen Geschichte in Friedenszeiten Druck, der auf der Profitabilität des privaten Sektors lastete und damit jeden dauerhaften Wirtschaftsaufschwung verhinderte Die Hauptursache, wenn auch nicht die einzige Ursache, Weil man nicht auf den Inhalt der Produktionsprozesse schaut, also auf die Prozesse selbst, sondern nur auf ihre Form und ihre Ablauforganisation. Man kann nicht sagen, dass die IT z.b. zwei Beispiele, die ich ein bisschen kenne - die Generatortechnologie oder die Stahlproduktions- und Walzwerkstechnologie wirklich umgewälzt hätte (wie z.b. die Erfindung der Rohrturbinen- oder Matrixgeneratoren bzw. des Continuous Casting/der Stranggusstechnik das haben). (Die Frage der technischen Entwicklung der Produktionsprozesse ist übrigens nicht nur für Klassenanalyse, sondern auch deshalb sehr wichtig, weil wirkliche große technologische Durchbrüche, die zu grundlegenden Umgestaltungen des Produktionsapparats führen, Investitions- und Produktivitätsschübe bei den fortgeschrittensten Teilen des Kapitals auslösen und so die Wirtschaft ankurbeln, aber nicht, weil, wie in keynesianischer Manier immer behauptet, die dadurch ausgelöste Investitionstätigkeit zur Produktion von mehr Mehrwert führen würde, ganz im Gegenteil, sondern weil durch die Produktivitätssteigerung die Mehrwertumverteilung zu Gunsten der produktiveren Kapitale vorangetrieben wird.)

39 Proletarische Revolution 42 ist der Rückgang der Profitrate und damit eine anhaltende Tendenz zu weltweiten Überkapazitäten in der verarbeitenden Industrie. Wenn Brenner auch kein Marxist, sondern nur ein bürgerlicher Marxist ist und die Überakkumulation nicht als innere Logik des Kapitalismus begreift, sondern sie auf die verschärfte Konkurrenz, vor allem auch durch die asiatischen Schwellenländer, und auf Unterkonsumtion zurückführt, also den Gesamtprozess nicht richtig versteht, lenkt er das Augenmerk zumindest wieder auf die wirkliche Welt des wirklichen Kapitals. 41

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