Ökologisch-ökonomischer Umgang mit Wasser in der Landwirtschaft und im Gartenbau Mitteldeutschlands

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1 Ökologisch-ökonomischer Umgang mit Wasser in der Landwirtschaft und im Gartenbau Mitteldeutschlands Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft 13. März 23 Beitrag zur Tagung von Dr. Eberhard Czekalla, Leiter der LVG Erfurt Wassereinsatz zur Gemüseproduktion in Thüringen unter den Bedingungen des offenen europäischen Marktes 1. Gemüseproduktion in Thüringen gestern und heute 2. Standortbedingungen für Gemüseproduktion in Thüringen 3. Wasserbedarf und Wassereinsatz für die Gemüseproduktion in Thüringen - hat Gemüsebau in Thüringen unter den Bedingungen des offenen europäischen Marktes eine Zukunft?

2 1. Gemüseproduktion in Thüringen gestern und heute Thüringen war schon im 18. Jahrhundert auf Grund der günstigen Bodenver- hältnisse,, des Klimas und des Marktes in Stadtnähe Standort von Gemüsebau. Als ein wichtiger Wegbereiter kann der von 1685 bis 1775 in Erfurt wirkende Christian Reichart angesehen werden. Er nutzte eine 12- und eine 18-gliedrige Fruchtfolge von Feld- und Gartenfrüchten, führte neue Arten wie den Blumenkohl ins Sortiment ein, entwickelte neue Gerätschaften und Anbauverfahren und die viele Jahre verwendete Gießschüssel im Zusammenhang mit einem Graben- bewässerungssystem (Klingen) im Erfurter Dreienbrunnengebiet.. Er hatte die Bedeutung des Wassers für einen sicheren Anbau von Gemüse insbesondere in den Monaten April bis September schon erkannt. Neben Sortimenten von Küchenkräutern, Salat, Spinat, Radies,, Sellerie und Mangold waren in der Thüringer Ackerebene Möhren, Lauch, Zwiebeln, Erbsen, Bohnen, Rettich, Kopfkohl, Gurken und Spargel im Anbau. Es bildeten sich Anbaustandorte für Zwiebeln (Artern( Artern, Schwerstedt,, Heringen), Blumenkohl, Spinat, Salat, Sellerie, Lauch und Frühgemüse e (Erfurt), Spargel (Herbsleben), Gurken und Kopfkohl (Großengottern( und Ostthüringen), Rettich und Kopfkohl (Gotha), Bohnen und Erbsen (Greußen, Buttstädt, Ostthüringen) thüringen) heraus.

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4 Tabelle: Entwicklung der gartenbaulich genutzten Flächen (ha) in Thüringen Flächennutzung Freilandgemüsebau Anbau unter Glas Gemüse Zierpflanzen Obst Baumschule Gesamt Quelle : LVG Erfurt/Thüringer Landesamt für Statistik 23

5 Standorte der Gemüseproduktion in Thüringen Frischmarkt Blumenkohl Weißkohl, Rotkohl, Wirsing Spargel Zwiebeln Gewächshaustomate Gewächshausgurke Verarbeitung Kopfkohl Buschbohne Einlegegurke Spinat Erfurt, Alperstedt, Esperstedt Erfurt, Golmsdorf, Großengottern Herbsleben, Kutzleben, Gierstädt, Altenkirchen Herbsleben, Witterda Alperstedt Alperstedt, Laasdorf Großengottern, Niederdorla, Mockzig Meilitz, Altenburger Land Niederdorla Altenburger Land

6 Tabelle: Entwicklung der Freilandgemüsefläche in Thüringen (Erntefläche in ha) Art Kopfkohl Blumenkohl Bohnen Zwiebeln Gurken Spargel übrige Arten Gesamt

7 Die Flächenerträge der wichtigsten Gemüsearten (außer Speisezwiebeln) waren 22 in Thüringen auf gutem Niveau, so z. B.: Weißkohl 91 dt/ha (+16 dt) Rotkohl Blumenkohl Bohnen 596 dt/ha (+ 8 dt) 194 dt/ha (- 54 dt) 112 dt/ha (+ 2 dt) Zwiebeln 295 dt/ha (- 52 dt) Spargel 52 dt/ha

8 2. Standortbedingungen der Gemüseproduktion in Thüringen 2.1. Markt und politische Rahmenbedingungen - Markt: Markt: Gemüse ist in Deutschland und Europa beschränkter Wachstums- markt,, allerdings ist der Anteil deutscher Ware am Gesamtverbrauch relativ stabil. Thüringen ist nach Rink (TOGAZ) auch in der Vegetationsperiode Juni bis Oktober/November Einfuhrland für in- und ausländisches Gemüse. Für bestimmte Zeiten und Produkte ist also noch für Thüringer Gemüseanbau auf dem Frischmarkt Potential vorhanden, welches es zu erschließen eßen gilt. In Thüringen wird Gemüse zu ca. 92 % in der kontrollierten Integrierten Produktion erzeugt und über die EO Thüringen/Sachsen in Laasdorf,, das Mitteldeutsche Zwiebel- kontor und den Kindelbrücker Obst- und Gemüsemarkt abgesetzt. Nur mit dauerhaften TOP-Qualitäten und minimiertem Aufwand ist Absatz auch wirt- schaftlich zu erreichen. Die Preise für 22 waren sehr differenziert und kaum auskömmlich. - Politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen: Probleme der Wettbewerbsverzerrungen für Gemüseproduktion im europäischen e Raum (Energiepreise, Pflanzenschutz-,, Düngemittel-,, Umwelt- und Steuerrecht) Thüringer Agrarinvestitionsprogramm (insbesondere Förderung der Bewässerung), KULAP, Marktförderung und Betriebsfonds der EO fördern die Gemüseproduktion Arbeitskräftesituation Aus- und Weiterbildung - Bedingungen für Versuchswesen und Gruppenberatung

9 2.2. Boden und Klima als Standortfaktoren des Thüringer Gemüsebaus Gemüsefähige Böden sind außer für Wurzelgemüse in den klimabegünstigten Ackerebenen Mittel-,, Ost- und Nordthüringens ausreichend vorhanden. Begünstigt sind vor allem die Aue- und Lößlehmböden in den Urstromtälern von Unstrut,, Gramme, Gera, Saale, Weiße Elster, Pleiße, Helbe,, Helme und Wipper. Es gibt allerdings in Thüringen nur wenige Standorte mit lehmigem Sand, die unter heutigen Produktanforderungen, die nachhaltigen Anbau von Möhren, Radies,, Schwarzwurzel, Chicoree, Blatt- und Kopfsalaten, Knollensellerie, Bundmöhren, frühen Waschmöhren und Spargel möglich machen. Hinsichtlich klimatischer Bedingungen sind allerdings die typischen Frühge- müsegebiete am Rheingraben, an Main, Donau und Neckar Vorzugsstandorte für Pflanz- und Frühgemüse, Einlegegurken sowie Spargel, dagegen sind Börde- standorte mit Bewässerungsmöglichkeiten für den Anbau von Bohnen, Erbsen und Spinat für die Verarbeitung bzw. Küstenstandorte mit ausreichend Niederschlag und Luftfeuchte für Kopfkohl sowie Möhren für die FrischmarktverF rischmarktver- sorgung aus der Lagerung geeignet. Gemüseanbau in Thüringen ist jedoch auf Grund der im folgenden aufgezeigten Verdunstungswerte und Niederschlagsverteilung auch auf wasserhaltefähigen Böden nachhaltig nicht ohne Zusatzbewäs- serung zu betreiben.

10 Langjährige Monatsmitteltemperaturen am Standort Erfurt 25 langjähriges Mittel [ C] Januar März Mai Juli September November

11 Temperaturverlauf und Niederschlagssummen 1999 Wetterstation der LVG Erfurt, Monatswerte (Durchschnittstemperatur: 1,4 C / Gesamtniederschlag: 476,3mm) 25 1 Temperatur [ C] Niederschlag [mm] Kalenderwochen Niederschlag [mm] Lufttemperatur [ C]

12 Temperaturverlauf und Niederschlagssummen 2 Wetterstation der LVG Erfurt, Monatswerte (Durchschnittstemperatur: 11,1 C / Gesamtniederschlag: 451,5mm) 25 1 Temperatur [ C] Niederschlag [mm] Kalenderwochen Niederschlag [mm] Lufttemperatur [ C]

13 Temperaturverlauf und Niederschlagssummen Wetterstation der LVG Erfurt, Monatswerte 21 (Durchschnittstemperatur: 1,2 C / Niederschlag: 475,2 mm) 25 1 Temperatur [ C] Niederschlag [mm] Kalenderwochen Niederschlag [mm] Lufttemperatur [ C]

14 Temperaturverlauf und Niederschlagssummen Wetterstation der LVG Erfurt, Monatswerte 22 (Durchschnittstemperatur: 1,5 C / Niederschlag: 64,3 mm) 25 1 Temperatur [ C] Niederschlag [mm] Kalenderwochen Niederschlag [mm] Lufttemperatur [ C]

15 Niederschlag und Potenzielle Verdunstung (nach Haude) LVG Erfurt, 23 (Monatsw erte 2-22) [mm] Verdunstung [mm] Niederschlag [mm] 2 I V VII IX XI V VII IX XI V VII IX XI I III III I III

16 Niederschlagsverteilung in den Jahren (Pacalaj,, LVG Erfurt, 23) [mm] langj.mittel Oktober - Dezember Juli - September April - Juni Januar - März

17 3. Wasserbedarf und Wassereinsatz für die Gemüseproduktion in Thüringen Chancen des Thüringer Gemüsebaus unter den Bedingungen des offenen europäischen Marktes Gemüsebau in Thüringen kann sich im Frischmarkt nur in der Lücke Juli bis Oktober behaupten. In dieser Zeit können Spanien, Italien und Griechenland kaum liefern. Der Zusatzwasserbedarf beträgt je nach Gemüseart, Anbausatz, Standort und Witterungsbedingungen zwischen und 2 mm/jahr. Während in Ostthüringen thüringen bei gut verteilten Sommerniederschlägen ein Anbau von Bohnen und Kopfkohl ohne Beregnung möglich ist, kann Blumenkohl in und um Erfurt bei ungünstiger Niederschlagsverteilung nur mit bis zu 2 mm Beregnung in guter Qualität erzeugt werden. Die Wasserqualität muss sowohl den hygienischen Anforde- rungen entsprechen, als auch chemisch (ph( 5 bis 7,5, EC < 2,7, dh > 15) und physikalisch in Ordnung sein. Letzteres gilt insbesondere für Tropfbewässerung. Bei Wasserbereitstellungskosten bis Hydrant von über,5 je m 3 ist die Produkt- ökonomie vielfach schon in Frage gestellt. Deshalb kommt in Thüringen einer preiswerten Wasserbereitstellung und -verteilung, den Beregnungsverfahren, die eine gute Verteilgenauigkeit, geringe Verluste und nicht mehr als s den unbedingten Energie- und Arbeitsaufwand verursachen eine besondere Bedeutung zu. Frischgemüse- und Verarbeitungsgemüseanbau haben in Thüringen dann eine Chance,, wenn die Wettbewerbsbedingungen in Europa harmonisiert werden und wir in Thüringen die Produzenten auch weiterhin mit Fördermaßnahmen men und Ergebnissen aus der angewandten Forschung unterstützen können.