4.10 Dokumentenmanagement 1
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- Axel Simen
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 / Um In den meisten Projekten wird das Thema stiefmütterlich behandelt. Wieso? Die Antwort, die am häufigsten genannt wird, ist: Wir haben keine Zeit dafür, das machen wir am Ende des Projekts. Aber was ist in den meisten Fällen am Ende des Projekts? Einerseits wird fieberhaft an der Optimierung des Produkts, anderseits schon wieder an neuen Projekten gearbeitet. Dokumentation steht wieder hinten an. Vier Wochen später kommt z.b. der Kunde zu einem Audit. Häufig sehe ich dann aufgeregte Projektleiter, die versuchen innerhalb von ein oder auch zwei Wochen, das nachzuholen, was sie zwei Jahre verpasst haben. Ist das überhaupt möglich? Nein. Ein Großteil der Informationen, die nicht schriftlich fixiert werden, ist innerhalb kürzester Zeit (1 bis 5 Tage) aus dem Gedächtnis gestrichen. Mit aller Macht versucht sich der Projektleiter gut aus der Affäre zu ziehen, indem er die verfügbaren Kapazitäten aktiviert und versucht, die Dokumentation des Projekts/Produkts wieder auf Vordermann zu bringen, um dem Kundenaudit gerecht zu werden. Genauso hätte z. B. eine Zertifizierungsstelle oder eine Forderung des Kunden oder eine Rechtsverletzung (Gesetzesverstoß) dazu führen können, diesen Mehraufwand betreiben zu müssen. Hat sich dann dieser Aufwand wirklich gelohnt. Nein! Die Qualität der Dokumentation nach solchen Hauruck-Aktionen lässt meistens zu wünschen übrig. Die Dokumentation ist weder vollständig noch für unbeteiligte Dritte nachvollziehbar. eine vernünftige Dokumentation aufzubauen, gilt es, folgende Fragen zu beantworten: Wie und wovon ist abzugrenzen? Wieso muss ein Projekt dokumentiert werden? Welche Arten der Dokumentation kann man unterscheiden? Wer dokumentiert? Welche Regeln für die Dokumentation gibt es? Wie kann die Einhaltung der Dokumentation überprüft werden? Wie kann eine Dokumentationsstruktur aussehen?.10 Projektdurchführung und -steuerung 1 Autor: Carsten Eckardt
2 / Wie und wovon ist abzugrenzen? [1] Dokumentationsmanagement ist als Teil des Projektinformationsmanagements anzusehen. Es muss von den Themen Änderungsmanagement und Konfigurationsmanagement abgegrenzt werden. Dokumentationsmanagement strebt die Verwaltung von Unterlagen an. Welche Unterlagen erstellt wer, bis wann? Wie werden sie abgelegt? etc. Konfigurationsmanagement beschäftigt sich mit der Abstimmung der Daten und Fakten. Passen zwei getrennt entstandene Teile zusammen? Änderungsmanagement benötigt für die Aktualisierung sowohl die richtige Konfiguration als auch das richtige Dokument. [1] Abb. 1: Dokumentation als Bestandteil des Projektinformationsmanagements Wieso muss ein Projekt dokumentiert werden? Eine systematische Projektdokumentation stellt einen schnellen und übersichtlichen Zugriff auf den aktuellen Stand aller Projektdokumente sicher. Eine vernünftige Dokumentation erleichtert die Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Jedes neue Mitglied kann sich über die Ziele des Projekts, Arbeitspakete, Termine, Kosten etc. informieren. Dadurch kann der Einarbeitungsaufwand reduziert werden. Somit ist Dokumentation nicht ein Zeitfresser, sondern bietet auch die Möglichkeit, Aufwände zu reduzieren.
3 .10 3 Jederzeit besteht die Möglichkeit, einen Status zum Projekt festzuhalten und dem Auftraggeber zu berichten. Die Sicherung des Know-hows, das über die Projekte erworben wird, muss für weitere Projekte sichergestellt werden. Dies gilt nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch in anderen Bereichen, wie z.b. der Aufwandsschätzung, Kostenschätzung, Terminplanung etc. Über die Dokumentation kann eine Nachvollziehbarkeit sichergestellt werden. Es kann z.b. festgestellt werden, wieso vor einem Jahr die Vorgehensweise so und nicht anders gewählt worden ist. Die Dokumentation dient zur Absicherung des Projektleiters. Gerade bei Entwicklungsprojekten kann es passieren, dass nach Freigabe der Produkte Schäden z.b. am Produkt oder auch an Personen entstehen. Zur Absicherung, dass alles Menschenmögliche getan worden ist, dient die Dokumentation. Das Nachforderungsmanagement in Projekten nimmt einen immer größeren Anteil im Projekt. Um Forderungen abzuwehren bzw. durchzusetzen, ist es zwingend erforderlich, eine ordentliche Dokumentation des Projekts, insbesondere Gesprächsnotizen, Protokolle etc., zu pflegen. Über die Dokumentation wird auch Erfahrungssicherung betrieben. Gesicherte Erfahrungen können neuen Mitarbeitern im Unternehmen helfen, neue Technologien, Prozesse oder Kunden zu verstehen und beste Praktiken daraus abzuleiten. Natürlich dient die Erfahrungssicherung auch zur Fehlervermeidung. Aufgrund von gesetzlichen Vorschriften muss dokumentiert werden. Um z.b. die Zertifizierung nach ISO 9000 zu erhalten, muss nach gewissen Richtlinien dokumentiert werden. Zur Sicherstellung von Qualität ist eine lückenlose Dokumentation erforderlich. Welche Arten der Dokumentation gibt es? Hierzu gibt es unterschiedliche Einteilungsmöglichkeiten. Projektdokumentation Produktdokumentation Alle anfallenden Dokumente werden in zwei Hauptgruppen eingeteilt. Projektdokumentation /0. In der Projektdokumentation wird der Verlauf eines Projekts archiviert. Typische Dokumente sind:
4 .10 Projektauftrag Projektorganisation Projektstruktur und -ablaufpläne Änderungsanträge Statusberichte etc. Produktdokumentation /0. In der Produktdokumentation werden die Ergebnisse des Projekts festgehalten. Typische Dokumente sind: Analysen Lösungsbeschreibungen Konstruktionspläne Studien Testprotokolle Eine weitere Einteilung ist dem Wissensspeicher der GPM zu entnehmen [1]. Objektdokumentation Funktionsdokumentation Projektmanagementdokumentation Objektdokumentation /0. Die Objektdokumentation bezieht sich auf den Inhalt des Objekts mit den Fragen: Was wird mit welchen Leistungsdaten erreicht? Was wurde erreicht? Typische Dokumente sind: Leistungsbeschreibung Lastenheft Lagepläne Leistungsdaten Funktionalitäten Funktionsdokumentation /0. Die Funktionsdokumentation beinhaltet die Ergebnisse des Fachmanagements mit der Kernfrage: Wie sind die Leistungsdaten zu erreichen? Typische Dokumente sind: Konstruktionszeichnungen Pflichtenheft Materialspezifikationen
5 .10 5 Fertigungspläne Netzaufbau Montageanleitungen Projektmanagementdokumentation /0. Die Projektmanagementdokumentation beschreibt die Projektmanagementfunktionen: Durch wen, wann, wie teuer sind die Leistungsdaten und Qualitätsmerkmale zu erreichen? Typische Dokumente sind: Dokumentation im Projekt ist Teamaufgabe! /0. Projektstrukturpläne Ablauf-, Terminpläne Bestellungen, Verträge Kosten-, Finanzpläne etc. Wer dokumentiert? Nicht nur der Projektleiter ist für die Projektdokumentation zuständig, sondern das gesamte Team steht in der Pflicht, zu dokumentieren. Gerade darin liegt aber auch das Problem. Wem ist es noch nicht so ergangen, dass er in seinen eigenen Verzeichnisstrukturen ein bestimmtes Dokument gesucht hat? Im Projekt wird es dann noch schwieriger, Dokumente zu finden, da wesentlich mehr Personen auf dieselben Dateien und Strukturen zugreifen. Aus diesem Grund ist es von Vorteil, einen Verantwortlichen, der sich um die Strukturen und die Belange innerhalb des Projekts kümmert, zu definieren. Welche Regeln für die Dokumentation gibt es? Schaffung einheitlicher Dokumentationsstrukturen Für gleichartige Projekte sollten einheitliche Verzeichnisstrukturen bis z.b. in die dritte Ebene geschaffen werden. Der Vorteil dabei ist, dass sich die Personen, die zum Projektteam dazustoßen, sich innerhalb der bekannten Dokumentationsstrukturen sofort zurechtfinden. Eindeutige Ablagesystematik Im Vorfeld eines Projekts sollten einheitliche Strukturen geschaffen werden, die es dem Projektteam ermöglichen, Dokumente klar und eindeutig abzulegen. Es darf nicht passieren, dass z.b. Mitarbeiter 1 die Kalkulation unter Budget und Mitarbeiter 2 seine Kalkulation unter Sonstiges ablegt.
6 6.10 Zentrale Speicherung Die Daten sollten zentral zugänglich sein. Es müssen Privatverzeichnisse oder Speicherung auf der Festplatte vermieden werden. Unter Umständen ist es bei Ausfall des Mitarbeiters schwierig, auf die Daten zuzugreifen. Die Wahrscheinlichkeit des Datenverlusts steigt. Zugriffsberechtigung Im Vorfeld des Projekts müssen die Zugriffsberechtigungen, sowohl Schreiben als auch Lesen, auf die einzelnen Daten sichergestellt sein. Standardvorlagen Soweit vorhanden müssen Standardvorlagen verwendet werden. Die Personen, die sich mit diesen Formularen auseinander setzen, haben den Vorteil, zu wissen, in welchem Feld welche Information steht. Werden eigene Vorlagen verwendet, ist die Einheitlichkeit im Projekt nicht gewährleistet. Versionierung Bei vielen Dokumenten ist eine Versionierung zwingend erforderlich. Zum Beispiel für Lastenhefte, Pflichtenhefte, Zeichnungen, Stücklisten etc. Elektronische oder physische Aufbewahrung Es muss geklärt werden, in welcher Form dokumentiert wird. In der Regel sind beide Formen in Projekten anzutreffen. Wichtig dabei ist aber immer der Abgleich zwischen physischer und elektronischer Form. Kennung von Dokumenten Jedes Dokument im Projektmanagement hat eine eigene Kennung. Das heißt auf jeder Vorlage ist z.b. zu erkennen, um welches Projekt es sich handelt (Projektnummer, Projektbezeichnung, Projektleiter), um welches Dokument es sich handelt (Arbeitspaketbeschreibung, Projektauftrag etc.), wer der Ersteller des Dokuments usw. ist. Bringschuld Holschuld Der Projektleiter klärt mit seinem Team, welche Dokumente Hol- und welche Dokumente Bringschulden sind. Bringschuld heißt, der Informationsgeber übermittelt die Information unaufgefordert an die informationsbedürftige Stelle. Holschuld heißt, dass der Informationsnehmer aktiv werden muss, sobald er die Information benötigt. Aufstellen einer Dokumentationsmatrix Wer hat was, an wen, bis wann zu berichten?
7 / Formblatt Informationsfluss Informationsfluss Projektleiter: Projekt: An wen? Wer? Auftraggeber Entscheidungsgremium Projektleiter Kernteam Gesamtteam AG EG Was? Wann? Wie? PL KT GT Abb. 2: Formblatt Informationsflussmatrix Zeitnahe Erstellung der Dokumentation Die Erstellung der Dokumente hat zeitnah zu erfolgen. Das heißt unmittelbar nachdem die Notwendigkeit zur Dokumentation entstanden ist, müssen die Inhalte schriftlich fixiert werden. Ansonsten droht Datenverlust! Nutzung von elektronischen Hilfsmitteln (Digitalkamera, Beamer etc.) Es besteht die Möglichkeit, Fotoprotokolle zu erstellen oder direkt per Beamer und Laptop vor Ort zu protokollieren. Festlegen der Arbeitsmittel, insbesondere Software Das Projektteam muss festlegen, mit welcher Software welche Dokumente erstellt werden. Zum Beispiel Terminplanung mit MS-Project 2002, Kalkulationen mit Excel 2002, CAD-Zeichnungen mit PRO Engineer usw. Festlegen der Sprache Bei internationalen Projekten muss die Dokumentationssprache festgelegt werden.
8 8.10 Wie kann die Einhaltung der Dokumentation überprüft werden? Jeder im Projektteam muss sich selbst kontrollieren und immer wieder konsequent die Dokumentation im Projekt verfolgen. Wichtig ist, dass das Projektteam selbstkritisch zu Werke geht. Eine weitere Möglichkeit bieten z.b. Reviews, an denen die Dokumentation immer wieder vorgelegt und überprüft werden muss. Positiv kann sich auch auswirken, dass zu Beginn des Projekts z.b. ein Verantwortlicher für die Dokumentation definiert worden ist, der die Einhaltung während des Projekts und speziell an Meilensteinterminen immer wieder überprüft. Oft wird die Rolle auch durch den Qualitätsbeauftragten im Unternehmen automatisch übernommen. Wie kann eine Dokumentationsstruktur aussehen? Nachfolgend finden Sie ein Beispiel wie eine Struktur für die Projektdokumentation aussehen könnte: 1. Projektauftrag, Projektbegründung, Wirtschaftlichkeitsrechnung 2. Projektorganisation 3. Projektspezifische Vereinbarungen (Dokumentationsplan, Spielregeln, Tools). Erste freigegebene Projektplanung (PSP, Meilensteine, Terminplan, Kostenplan etc.) 5. Aktuelle Projektplanung 6. Ist-Daten 7. Meilensteinberichte, Statusberichte 8. Sitzungsprotokolle 9. Abschlussbericht
9 .10 9 Fazit Dieses grauenvolle Erlebnis, fuhr der König fort, werde ich nie und nimmer vergessen. Da irrst du, sagte die Königin, falls du es nicht sogleich aufnotierst. (Alice im Wunderland) Die Projektdokumentation ist ein wichtiger Bestandteil im Projektmanagement. Der Projektleiter und das Team müssen jederzeit die Möglichkeit haben, schnell und zielsicher auf die aktuellen Dokumente des Projekts zugreifen zu können. Zusätzlich werden bei der Archivierung der Dokumente die Erfahrungen, die im Projekt gesammelt wurden, gesichert. Dadurch kann vermieden werden, dieseleben Fehler im Unternehmen zweimal zu machen. [2] [1] Deutsche Gesellschaft für PM; RKW: Wissensspeicher (Lehrgang PM); 11/2002 [2] Eschlbeck, D.: Basiskompetenz Projektmanagement. MoveYourMind Media, München 2002
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