Europäisches und deutsches Kartellrecht

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1 Prof. Dr. Florian Bien, Maître en Droit (Aix-Marseille III) Lehrstuhl für globales Wirtschaftsrecht, internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Bürgerliches Recht Europäisches und deutsches Kartellrecht Das Skriptum begleitet die Ringvorlesung im WS 2014/15 (Stand: ) Wintersemester 2014/2015 Mittwoch, Uhr HS II (Alte Universität) 1

2 Inhalt A. Einführung... 6 I. Die drei Säulen des Kartellrechts Kartellverbot: Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen (Art. 101 AEUV bzw. 1 GWB) Missbrauchsverbot: Verbot missbräuchlicher einseitiger Verhaltensweisen durch ein marktbeherrschendes Unternehmen (Art. 102 AEUV bzw. 18, 19, 20 GWB) Präventive Strukturkontrolle: Fusionskontrolle, VO Nr. 139/2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen ( FKVO - Fusionskontrollverordnung bzw. 35ff. GWB)... 6 II. Bedeutung des Kartellrechts in der anwaltlichen Praxis Verwaltungsverfahren Zivilverfahren Bußgeldverfahren Strafverfahren (nationales Recht)... 7 III. Historische Entwicklung Deutsches Kartellrecht Europäisches Kartellrecht... 8 B. Anwendungsbereich des Europäischen Kartellrechts... 9 I. Räumlicher Anwendungsbereich Problem Kartellverbot, Missbrauch marktbeherrschender Stellung (Art. 101, 102 AEUV) Völkerrechtliche Grenzen des Auswirkungsprinzips Fusionskontrolle II. Verhältnis des europäischen zum nationalen Wettbewerbsrecht C. Das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen (Kartellverbot), Art. 101 AEUV I. Zwei Arten von Wettbewerbsbeschränkungen durch Vereinbarung

3 1. Horizontale Beschränkungen (Kartelle i. e. S.) Vertikale Beschränkungen II. Tatbestandsvoraussetzungen des Kartellverbots Adressaten des Kartellverbots: Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Vereinbarungen, abgestimmte Verhaltensweisen, Beschlüsse Wettbewerbsbeschränkung Zwischenstaatlichkeitsklausel Eingriffsschwelle: de minimis-regel (Spürbarkeitsgrenze) III. Freistellung vom Kartellverbot (Art. 101 Abs. 3 AEUV) Überblick Die Voraussetzungen von Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. 2 Abs. 1 GWB im Einzelnen Verfahren der Freistellung im Einzelfall Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) Dynamischer Verweis auf europäische GVO in 2 II GWB Wichtige Materialien IV. Rechtsfolgen, insbesondere Durchsetzung von Art. 101 und 102 AEUV durch private Schadensersatzklagen Überblick Strafrechtliche Sanktionen Kartellverwaltungsrecht Bußgeldrecht Die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Privater Rechtsschutz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Im Besonderen: Private Schadensersatzklagen wegen Verstößen gegen das europäische Kartellrecht Praktische Erfahrungen

4 D. Das Verbot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen, Art. 102 AEUV und GWB I. Überblick Schutzzweck Drei Tatbestandsvoraussetzungen Marktbeherrschung als Zentralbegriff des Kartellrechts Generalklauselartiger Charakter des Missbrauchsverbots Normadressaten Verhältnis zwischen Unions- und mitgliedsstaatlichem Missbrauchsverbot Prüfungsschema zu Art. 102 AEUV und 18, 19 GWB(Missbrauchsverbot) im Überblick II. Abgrenzung des relevanten Marktes Sachlich relevanter Markt Räumlich relevanter Markt Sekundärmärkte im Besonderen III. Marktbeherrschende Stellung Bedeutung der Marktanteile Sonstige Faktoren Kollektive Marktbeherrschung im Oligopol IV. Missbräuchliche Verhaltensweise Ausbeutungsmissbrauch Nichtpreisbezogener Behinderungsmissbrauch Preisbezogene Behinderungsmissbräuche Strukturmissbrauch E. Die Zusammenschlusskontrolle I. Überblick II. Zusammenschluss (Art. 3 FKVO)

5 1. Fusion (Verschmelzung), Art. 3 I lit. a FKVO Kontrollerwerb, Art. 3 I lit. b FKVO III. Gemeinschaftsweite Bedeutung (Art. 1 Abs. 2, Abs. 3 FKVO) Art. 1 Abs. 2 FKVO Art. 1 Abs. 3 FKVO IV. Verbotsvoraussetzungen (Art. 2 Abs. 3 FKVO) - Marktbeherrschungstest versus SLC-Test Überblick: Theoretische Konzeption Marktbeherrschungstest ( 36 Abs. 1 GWB 2005) SLC - Substantial Lessening of Competition (USA, Sec. 7 Clayton Act): SIEC - Significant Impediment to Effective Competition (Art. 2 Abs. 3 FKVO 139/2004) Der Babyfood-Fall als Beispiel V. Die 8. GWB Novelle ausgewählte Änderungen im deutschen Recht der Fusionskontrolle Die Einführung des SIEC-Tests Sonstige wichtige Neuerungen Änderungen in der Pressefusionskontrolle

6 A. Einführung I. Die drei Säulen des Kartellrechts 1. Kartellverbot: Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen (Art. 101 AEUV bzw. 1 GWB) 2. Missbrauchsverbot: Verbot missbräuchlicher einseitiger Verhaltensweisen durch ein marktbeherrschendes Unternehmen (Art. 102 AEUV bzw. 18, 19, 20 GWB) 3. Präventive Strukturkontrolle: Fusionskontrolle, VO Nr. 139/2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen ( FKVO - Fusionskontrollverordnung bzw. 35ff. GWB) II. Bedeutung des Kartellrechts in der anwaltlichen Praxis (von Dietze/Janssen, Kartellrecht in der anwaltlichen Praxis, Rz. 1ff.) 1. Verwaltungsverfahren a) Kartellverbot und Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung - Beratung bei der kartellrechtskonformen Ausgestaltung von Unternehmenskooperationen oder Vertriebssystemen (Compliance). - Verteidigung gegen Abstellungsverfügungen der Kartellbehörden. - Begleitung bei Ermittlungsmaßnahmen wie z. B. Hausdurchsuchungen. b) Fusionskontrolle - Beratung bei der wettbewerbskonformen Strukturierung geplanter Unternehmenszusammenschlüsse. - Anmeldung von Zusammenschlussverfahren bei der zuständigen Kartellbehörde, z. B. Bundeskartellamt, Europäische Kommission. Evtl. Koordination der Fusionsanmeldung bei einer Vielzahl ausländischer Kartellbehörden in internationalen Zusammenschlussvorhaben (sog. Multi-jurisdictional Filing). - ggf. Verteidigung gegen behördliche Untersagungsverfügungen (Verstoß gegen das Kartell- oder Missbrauchsverbot) vor Gericht. - Vertretung der Interessen drittbetroffener Unternehmen gegenüber der Kartellbehörde, ggf. Anfechtung einer Fusionsfreigabe vor Gericht. 2. Zivilverfahren a) Kartellverbot - Private Schadensersatzklagen insbesondere von Abnehmern der Kartellanten wegen überhöhter Kartellpreise. 6

7 - Due Diligence: Prüfung der Kartellrechtskonformität von Verträgen zwischen dem Zielunternehmen und Dritten im Hinblick auf einen geplanten Unternehmenskauf. - Geltendmachung (bzw. Verteidigung gegen den Vorwurf) der Nichtigkeit einer Vereinbarung wegen (angeblichen) Verstoßes gegen das Kartellverbot. b) Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung - Verteidigung gegenüber missbräuchlichen Verhaltensweisen von marktbeherrschenden Unternehmen, z. B. unberechtigte Lieferverweigerungen oder Verweigerung des Zugangs zu einer essential facility (Gewährung einer Lizenz zu einem Schlüsselpatent o. ä.). c) Fusionskontrolle - Geltendmachung (bzw. Verteidigung gegen den Vorwurf) der Nichtigkeit einer unter Verstoß gegen das Vollzugsverbot erfolgten Fusion. 3. Bußgeldverfahren a) Kartellverbot, Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, Fusionskontrolle - Verteidigung gegen Geldbußen wegen Verstoßes gegen das Kartellverbot, das Missbrauchsverbot oder das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot. 4. Strafverfahren (nationales Recht) - Verteidigung, z. B. gegen den Vorwurf des Betrugs ( 263, 298 StGB). III. Historische Entwicklung 1. Deutsches Kartellrecht (Möschel, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, 1984, Rz. 20ff. = S. 16ff.; K. W. Nörr, Die Leiden des Privatrechts, S. 163 ff.) - RG, Urt. v , RGZ 38, 155 "sächsisches Holzstoffkartell": Einwand der Nichtigkeit des Kartellvertrages zurückgewiesen (dazu u. a. Möschel, 70 Jahre deutsche Kartellpolitik, 1972) - KartellVO 1923: Grundsätzliche Zulässigkeit von Kartellen, allerdings mit einigen Erschwernissen wie Schriftformerfordernis etc., 1 ff. - NS-Zwangskartellgesetz: neue Kartellverträge (1600) und Zwangskartelle (120) zwischen 1933 und Nachkriegszeit: Alliierte Dekartellierungsgesetzgebung - GWB (Inkrafttreten am ) - 2. GWB-Novelle 1973: Abschaffung der vertikalen Preisbindung bei Markenwaren, 16, 17 a. F.; Einführung einer teils vorbeugenden, teils nachträglichen Fusionskontrolle, 23 ff. a. F. 7

8 - 6. GWB-Novelle 1998: Fusionskontrolle generell als eine präventive unter Anhebung der Umsatzschwelle auf 1 Mrd. DM (jetzt: EUR 500 Mio.); Einfügung des Vergaberechts in 97ff GWB-Novelle 2005: Anpassung des Kartellverfahrensrechts an das EU-Recht; Erleichterung des privaten Schadensersatzes bei Kartellverstößen, 33ff GWB-Novelle (Inkrafttreten: ): Einführung des SIEC-Tests als materielles Untersagungskriterium in der Fusionskontrolle 2. Europäisches Kartellrecht (Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2004, 2 Rz. 11ff.) - Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, Montanunion ), , mit Wettbewerbsregeln in Art (Kartellverbot ), Art (Missbrauchsverbot), Art (Zusammenschlusskontrolle), Art. 63 (Diskriminierungsverbot), geringe praktische Bedeutung. - Messina-Konferenz der Außenminister der Mitgliedstaaten des EGKS (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande), Resolution: Gründung von EURATOM und des europäischen Binnenmarktes. - Spaak 1- Bericht, der die Verabschiedung der Römischen Verträge (EWGV) vorbereitete : Inkrafttreten des Vertrags über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-Vertrag), darin Wettbewerbsregeln, insbesondere Art. 85, 86 (Kartellverbot, Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung), zeitgleich mit Inkrafttreten des deutschen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Zum damaligen Zeitpunkt hatte kaum jemand in Europa eine genaue Vorstellung von der Reichweite der vereinbarten Vorschriften. Kein Gründungsstaat der EWG verfügte zur damaligen Zeit über ein Kartellrecht mit vergleichbar weitreichenden Vorschriften. - EuGH, Urt. v , Rs. 13/61, Slg. 1962, 97 = WuW/E EWG/MUV 48 - De Geus/Bosch, entscheidet, dass Art. 85 EWG unmittelbar bindendes Recht ist. - Inkrafttreten der ersten Kartellverfahrensverordnung VO 17/ : Verabschiedung der ersten EG-Fusionskontrollverordnung. Zuvor Fusionskontrolle nur sehr eingeschränkt auf der Grundlage des Missbrauchsverbots (EuGH, Urt. v , Rs. 6/72, Slg. 1973, Continental Can). Außerdem Anwendung des Kartellverbots (Art. 85 EWGV = Art. 101 AEUV) auf Erwerb einer Kapitalbeteiligung an Wettbewerber (EuGH, Urt. v , Rs. 142/84 und 156/84, Slg. 1987, 4487 = NJW 1988, 3083 Philipp Morris) : Inkrafttreten der neuen EG-Fusionskontrollverordnung (FKVO) Nr. 139/ : Inkrafttreten der neuen Kartellverfahrensverordnung 1/2003 (Übergang zum System der Legalausnahme, Entfallen des Freistellungsmonopols der Kommission) 1 Paul Henri Charles Spaak ( ), belgischer Politiker und Staatsmann, einer der Gründungsväter der Europäischen Gemeinschaft. 8

9 - seit etwa 2004: More economic approach: Stärkere Berücksichtigung ökonomischer Methoden bei der Beurteilung wettbewerbsrelevanter Verhaltensweisen. Ausrichtung der Wettbewerbspolitik am Effizienzziel ( Konsumentenwohlfahrt ). B. Anwendungsbereich des Europäischen Kartellrechts I. Räumlicher Anwendungsbereich (Rehbinder, in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: EG, 2012, Internationaler Anwendungsbereich, Rz. 6ff.; Glöckner, Kartellrecht, 2012, 1 III 3; 3) 1. Problem Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und einseitige Verhaltensweisen können sich in Drittstaaten negativ auf den Wettbewerb auswirken. Die extraterritoriale Anwendung inländischen Kartellrechts des Drittstaats kann zu Konflikten führen, insbesondere wenn das Recht des Veranlassungsstaats Ausdruck bewusster Wirtschaftspolitik ist (Bsp. Erlaubnis von Exportkartellen). Völkerrechtlich ist überwiegend anerkannt, dass eine sinnvolle Anknüpfung die extraterritoriale Anwendung von Kartellrecht erlaubt. 2. Kartellverbot, Missbrauch marktbeherrschender Stellung (Art. 101, 102 AEUV) - Beschränkungen innerhalb des Binnenmarktes - Marktbeherrschende Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben. - Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedsstaaten a) Doppelte Bedeutung der beiden Tatbestandsmerkmale: - einerseits negativ: Abgrenzung des Europäischen Kartellrechts vom nationalen Recht, das andernfalls ggf. noch in Betracht kommt - andererseits positiv: Bestimmung des Anwendungsbereichs trotz Veranlassung der Beschränkung außerhalb der Europäischen Union. b) Auswirkungsprinzip Das Auswirkungsprinzip ( effects doctrine ) findet Anwendung u. a. in den USA, 9

10 z. B. Art. 1 Shearman Act: Every contract, combination in the form of trust or otherwise, or conspiracy, in restraint of trade or commerce among the several States, or with foreign nations, is declared to be illegal. [ ], außerdem Foreign Trade Antitrust Improvements Act (FTAIA) in Deutschland der Schweiz 130 Abs. 2 GWB: Dieses Gesetz findet Anwendung auf alle Wettbewerbsbeschränkungen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden., Art. 2 Abs. 2 Schweizer KartellG: Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden. Auch die Kommission folgt diesem Prinzip (Entscheidung v , ABl. EG Nr. L 195, S. 11 = WuW/E EV Farbstoffe). Der EuGH vermeidet bislang eine eindeutige Festlegung. Formal hält er am Territorialitätsprinzip fest. Im praktischen Ergebnis besteht kein Unterschied, da er nicht auf den Ort der Absprache, sondern der Ausführung abstellt (sog. implementation doctrine ). EuGH, Urt. v Rs 89/85, Slg. 1988, 5193 = NJW 1988, Zellstoffhersteller: 1. Art. 85 EWGV [jetzt Art. 101 AEUV] ist auf Unternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Gemeinschaft anwendbar, wenn diese sich über die Preise für ihre in der Gemeinschaft ansässigen Kunden abstimmen und tatsächlich zu den koordinierten Preisen verkaufen, weil diese Abstimmung eine Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt (Wirkungsprinzip). 2. Die Anwendung des Art. 85 EWGV [jetzt Art. 101 AEUV] auf ein derartiges Preiskartell ist durch das Territorialitätsprinzip gedeckt und verstößt deshalb nicht gegen Völkerrecht, weil das Preiskartell innerhalb des gemeinsamen Marktes durchgeführt wird. Dabei ist es unerheblich, ob die Unternehmen in der Gemeinschaft ansässige Tochterunternehmen, Agenten, Unteragenten oder Zweigniederlassungen eingeschaltet haben, um Kontakte zwischen sich und den dort ansässigen Abnehmern zu knüpfen. (Hervorhebungen vom Verf.) EuGH, Urt. v Gencor: Da das Vorgehen der Gemeinschaft eine vorhersehbare, unmittelbare und erhebliche Wirkung entfaltet, ist die Anwendung der Verordnung völkerrechtskonform. Vgl. auch Art. 6 Abs. 3 a) Rom II-VO 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht: 10

11 Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einem den Wettbewerb einschränkenden Verhalten ist das Recht des Staates anzuwenden, dessen Markt beeinträchtigt ist oder wahrscheinlich beeinträchtigt wird. Gerichte der Mitgliedsstaaten der EU 2 müssen danach in einem auf Schadensersatz oder Unterlassung gerichteten Zivilprozess ggf. Kartellrecht eines Drittstaats anwenden. 3. Völkerrechtliche Grenzen des Auswirkungsprinzips Verbot des Rechtsmissbrauchs; Einmischungsverbot; Grundsatz der Interessenabwägung. Beispiel: U.S. Supreme Court, (Aufhebungs- und Zurückverweisungs-)Urteil vom , 124 S.Ct F. Hoffmann-LaRoche Ltd. v. Empagran S. A.: Klage ukrainischer Abnehmer gegen Schweizer Kartellanten, deren wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung (Vitaminkartell) sich auch in den USA ausgewirkt hatte. 1. Gesetze sind so auszulegen, dass sie keine unvernünftige Einmischung in die souveränen Hoheitsrechte anderer Staaten zur Folge haben. 2. US-amerikanisches Kartellrecht ist auf Schadensersatzansprüche nicht anwendbar, wenn diese aufgrund eines sich innerhalb und außerhalb der USA auswirkenden Preiskartells wegen außerhalb der USA entstandener Schäden, die nicht mit innerhalb der USA entstandenen Schäden verbunden sind, erhoben werden. 4. Fusionskontrolle (Immenga/Körber, in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: EG, 2012, FKVO 139/2004, Art. 1 Rz. 1ff.) Art. 1 I, II FKVO: Zusammenschlusskontrolle des europäischen Rechts greift bei gemeinschaftsweiter Bedeutung, bestimmt nach Umsatzschwellen (250 Mio. von 5 Mrd. in EU), sog. Aufgreifkriterium. Wiederum doppelte Bedeutung der beiden Tatbestandsmerkmale: - einerseits Abgrenzung des Europäischen Kartellrechts vom nationalen Recht Art. 21 Abs. 2 FKVO: ausschließliche Zuständigkeit der Kommission (one-stopshop-prinzip), 2 Ausnahme: Dänemark, siehe Art. 1 Abs. 4 Rom II-VO. 11

12 Art. 21 Abs. 3 FKVO: Keine Anwendung des nationalen Wettbewerbsrechts auf Zusammenschlüsse mit gemeinschaftsweiter Bedeutung, - andererseits Bestimmung des internationalen Anwendungsbereichs. Anwendbarkeit der FKVO auch auf Zusammenschlussvorhaben, die sich vollständig in Drittstaaten abspielen, sich aber auf den Gemeinsamen Markt auswirken. Bsp. für transatlantische Konfliktfälle: - Kommission, Entscheidung vom , ABlEG 1997 Nr. L 336 S. 16 "Boeing/McDonnell-Douglas" (Genehmigung unter Auflagen. Bereits am hatte die US-amerikanische Federal Trade Commission das Zusammenschlussvorhaben ohne Auflagen genehmigt. Der Zusammenschluss wurde am durch Aktientausch vollzogen.) - Kommission, Entscheidung v , COMP/M.2220 = WuW/E EU-V 631 "General Electric/Honeywell" (Untersagung des US-amerikanischen Zusammenschlussvorhabens). II. Verhältnis des europäischen zum nationalen Wettbewerbsrecht - Art. 5 und 6 VO 1/2003: nationale Behörden und Gerichte sind (neben der Kommission) zuständig für Anwendung des Unionskartellrechts. - Art. 3 VO 1/2003: oberhalb des Zwischenstaatlichkeitskriteriums sind die nationalen Behörden und Gerichte zur parallelen Anwendung von Art. 101 und 102 AEUV verpflichtet: - Kartellverbot (Art. 101 AEUV): Nationales und Unionskartellrecht müssen oberhalb des Zwischenstaatlichkeitskriterium exakt so angewendet werden wie das Unionskartellrecht. - Missbrauchsverbot (Art. 102 AEUV): strengeres nationales Kartellrecht ist auch in Bezug auf Verhaltensweisen, die oberhalb des Zwischenstaatlichkeitskriteriums liegen, zulässig (siehe 18, 19, 20 GWB). Das nationale Kartellrecht darf hingegen Verhaltensweisen nicht als erlaubt behandeln, die nach Art. 102 AEUV verboten sind. 12

13 - Art. 11 VI VO 1/2003: Einleitung eines Verfahrens durch Kommission lässt Zuständigkeit der nationalen Behörden entfallen. - Fusionskontrolle: Gemäß FKVO bzw. 35ff. GWB (Schwellenwerte) gilt eine ausschließliche Zuständigkeit entweder der nationalen Kartellbehörden oder der Europäischen Kommission (sog. one stop shop-prinzip), allerdings ist eine Verweisung von den nationalen Behörden zur Kommission und umgekehrt möglich, Art. 4 IV und V, 9, 22 I FKVO. C. Das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen (Kartellverbot), Art. 101 AEUV I. Zwei Arten von Wettbewerbsbeschränkungen durch Vereinbarung 1. Horizontale Beschränkungen (Kartelle i. e. S.) (Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, 1983, 5 Rz. 150f., S. 97f.) a) Definition und Klassifizierungen - Definition: Verhaltenskonzertierung wirtschaftlich selbständig bleibender Unternehmen, die tatsächlich oder potentiell auf demselben Markt tätig sind (aktuelle bzw. potentielle Wettbewerber). - Unterscheide: Anbieterkartell, Nachfragerkartell - Aktionsparameter, auf die sich die Verhaltenskonzertierung beziehen kann: Preis, Menge, Absatzgebiete (Marktaufteilung), Konditionen, Investitionen, Forschung, Einkauf, Absatzform etc. - Unterscheide: - innerer Organisationszwang: Durchsetzung des Kartells gegenüber den Mitgliedern, z. B. durch Konventionalstrafen, ökonomische oder gesellschaftliche Sanktionen), Bsp.: Sächsisches Holzstoffkartell (RGZ 138, 55): Vertragsstrafe in Höhe von 30 M. je Tonne Holzstoff, der außerhalb des Syndikats verkauft wird. 13

14 - äußerer Organisationszwang (Durchsetzung des Kartells im Verhältnis zu Außenseitern durch deren Verdrängung, Disziplinierung etc. Methoden: kollektiver Boykott, Verweigerung des Geschäftsverkehrs, Preisunterbietung, Diskriminierung). Bsp.: Benrather Tankstelle (RGZ 134, 342): Systematisches Unterbieten des Kartellaußenseiters durch die Kartellanten im Bezirk Benrath b) Kartelle zur Überwindung einzelwirtschaftlicher Härten ( Kartelle als Kinder der Not, Reaktion auf ruinöse Konkurrenz)? Problem: Verzögerung der erforderlichen Anpassungsprozesse, Erhaltung des status quo mit der Folge, dass nicht leistungsfähige, sondern die vorgefunden Unternehmen am Markt gehalten werden. Die temporär und artifiziell auf hohem Niveau stabilisierten Renditen locken unter Umständen sogar neue und noch schwächere Unternehmen an bzw. lassen die Aufrechterhaltung bzw. Ausweitung der Kapazitäten lohnend erscheinen. Folge: Die durch die Wettbewerbsbeschränkung verursachte fehlgeleitete Allokation von Ressourcen intensiviert sich eher noch. c) Natürliche Grenze der Kartellbildung und -wirksamkeit: Möglichkeit des Markteintritts neuer Wettbewerber Marktzutrittsschranken erleichtern die Kartellbildung: - natürliche Hindernisse, z. B. Erforderlichkeit hoher Investitionen (Flugzeugbau), hohe Transportkosten (Papier), beschränkte Kapazitäten (Häfen), - staatliche Regulierung, z. B. Zölle, Kontingentierungen, Genehmigungsvorbehalte, - privatautonome Maßnahmen, z. B. kollektive Treuerabatte als Form äußeren Kartellzwangs. Homogenität der kartellierten Produkte (z. B. Zement, Transportbeton, Benzin) und der Kostenstrukturen der beteiligten Unternehmen erleichtern die Kartellbildung. 14

15 d) Tendenz hin zu Ausweitung der vom Kartell betroffenen Aktionsparameter Überhöhte Preise regen an zu Produktionsausdehnungen mit der Folge von Überkapazitäten. Folge: geheime Rabatte. Konsequenz: Vereinheitlichung weiterer Aktionsparameter ( ölfleckartige Ausdehnung von Kartellvereinbarungen, Möschel). Neben Preisen werden die Mengen, außerdem Vertriebsbedingungen bis hin zu den Investitionsvorhaben kartelliert. 2. Vertikale Beschränkungen - Definition: Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen, die auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette tätig sind (insbesondere Lieferanten-Abnehmer-Beziehung). - Wichtige Formen vertikaler Beschränkungen: - Preisempfehlungen und Preisobergrenzen für den Weiterverkauf, z. B. an den Endverbraucher. - Markenzwang: Verpflichtung oder Anreiz für Abnehmer, praktisch seinen gesamten Bedarf an einem bestimmten Produkt (z. B. Laufschuhe) aus einer bestimmten Marke zu decken (häufig kombiniert mit einer Alleinbezugsverpflichtung, um zu verhindern, dass die Markenwaren von dritten Händlern bezogen werden). - Alleinvertriebsvereinbarung: Verpflichtung des Lieferanten, seine Produkte zum Zwecke des Weiterverkaufs in einem bestimmten Gebiet nur an einen Vertriebshändler zu verkaufen. - Selektive Vertriebsvereinbarungen: Verpflichtung des Anbieters, die Vertragswaren oder -dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar nur an Händler zu verkaufen, die anhand festgelegter (Qualitäts-)Merkmale wie z. B. Verkaufsfläche, Präsentation der Ware etc. ausgewählt werden, und gleichzeitig Verpflichtung der Händler, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen nicht an dritte Händler zu verkaufen, die innerhalb des vom Anbieter für den Betrieb dieses Systems festgelegten Gebiets nicht zum Vertrieb zugelassen sind (Definition in Art. 1 Abs. 1 lit. e Vertikal-GVO (EU) Nr. 330/2010). 15

16 - Franchisevereinbarungen: Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutzrechten (insbesondere Markenrechte) und Gewährung verkaufsstrategischer und technischer Unterstützung gegen Entgelt. - Alleinbezugsvereinbarung: Verpflichtung des Händlers, ein bestimmtes Produkt, z. B. Laufschuh der Marke Fasttrack ausschließlich von einem bestimmten Lieferanten zu beziehen (häufig kombiniert mit einem Markenzwang). - Alleinlieferungsvereinbarung: Verpflichtung des Lieferanten, ein bestimmtes Produkt ausschließlich an einen bestimmten Abnehmer zu liefern. - Kopplungsvereinbarungen: Abhängigkeit der Lieferung eines bestimmten Produkts ( Koppelungsprodukt ) von der Abnahme eines weiteren Produkts ( gekoppeltes Produkt ). - Wettbewerbspolitisch ambivalent, da sie die Absatzstrategie lediglich eines einzigen Unternehmens betreffen (intra brand competition). Das Unternehmen mag dennoch in starkem Wettbewerb stehen (inter brand competition). - Mögliche Rechtfertigungen: - Hersteller möchte durch Alleinvertriebsvereinbarung oder Mindestpreisbindung bei komplizierten Produkten eine qualifizierte Beratung und leistungsfähigen Service sicherstellen, - das Markenimage pflegen, - sich überhaupt erst einen Zugang zum Markt schaffen. - Beispiele für mögliche Gefahren: - Alleinvertriebsvereinbarungen können Absatzkanälen zulasten aktueller oder potentieller Konkurrenten verstopfen. - Kopplungsverträge können zur Folge haben, dass bestehende Marktmacht im Hinblick auf das Produkt A auf das (gekoppelte) Produkt B übertragen wird ( Hebelwirkung ). 16

17 II. Tatbestandsvoraussetzungen des Kartellverbots 1. Adressaten des Kartellverbots: Unternehmen und Unternehmensvereinigungen (Kling/Thomas, Kartellrecht, 2007, 4 Rz. 3ff., S. 52ff.) a) Unternehmen - Unternehmen i. S. d. Art. 101 und 102 AEUV sind alle Einheiten, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig von ihrer Rechtsform, dem Vorliegen oder Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht, dem Umfang der Tätigkeit oder der Art ihrer Finanzierung. Voraussetzung für die Unternehmenseigenschaft ist eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit im weitesten Sinne. (Kling/Thomas, a. a. O.). - Auf die Rechtsfähigkeit der Einheit kommt es nicht an. 3 - Positivbeispiele: - natürliche Personen wie Kaufleute, Handelsvertreter, Sportler, - juristische Personen des Privatrechts wie GmbH, AG, - juristische Personen des Öffentlichen Rechts wie Sparkassen, Versicherungsanstalten, auch: - Freiberufler wie Rechtsanwälte oder Patentanwälte, - Konzerne (Definition in 18 Abs. 1 S. 1 AktG: "Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst, so bilden sie einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen") 4, 3 Das ist anders auf der Rechtsfolgenseite. Adressat einer Verfügung einschließlich eines Bußgeldbescheids oder einer Klage kann nur ein rechtsfähiger Unternehmensträger sein. 4 Beachte: An einer Wettbewerbsbeschränkung fehlt es, wenn das Tochterunternehmen ohnehin über keine wirtschaftliche Entscheidungsautonomie verfügt, EuGH, Urt. v , Rs. C-73/95 P, Slg I-5457 Viho Europe BV gegen Kommission: Bilden eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaften eine wirtschaftliche Einheit, in deren Rahmen die Tochtergesellschaften ihr Vorgehen auf dem Markt nicht wirklich autonom bestimmen können, sondern die Anweisungen der sie zu 100 % kontrollierenden Muttergesellschaft befolgen, so führt der Umstand, dass die Politik dieser letzteren, die hauptsächlich in einer Aufteilung verschiedener nationaler Märkte auf ihre Tochtergesellschaften besteht, Auswirkungen außerhalb des Bereichs des Konzerns haben kann, die die Wettbewerbsposition Dritter zu 17

18 - der Staat, soweit er am Markt als Nachfrager und Anbieter von Waren oder Dienstleistungen auftritt (insbesondere staatliche Auftragsvergabe). EuGH, Urt. v , Rs. C-205/03 P, EuZW 2006, 600, Tz. 26 FENIN: [Das Gericht hat] im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes [ ] darauf hingewiesen, dass es das Anbieten von Gütern oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt ist, was den Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit kennzeichnet [ ]. Unternehmerische Tätigkeit liegt nach Auffassung des EuGH nur im Anbieten von Waren und Dienstleistungen, nicht in der Nachfragetätigkeit. Deshalb ist der Staat nach europäischem Recht Unternehmen i. S. d. Art. 101 und 102 AUEV nur, wenn er selbst Waren anbietet, nicht wenn er sie lediglich nachfragt, um sie zu sozialen Zwecken zu verwenden. Bsp.: Krankenkassen. Nachfragekartelle sind daher nur verboten, wenn der Nachfrager auf einer Zwischenstufe innerhalb der Absatzkette steht, das heißt Leistungen sowohl am Markt nachfragt als auch auf dem Markt anbietet. Bislang hat der BGH diese Differenzierung im deutschen Recht nicht vorgenommen, eine Änderung seiner Rechtsprechung als Reaktion auf das Urteil des EuGH ist möglich. Offen gelassen in seinem Beschl. v , KVR 23/98, WuW/E DE-R 2161, 2163 Tariftreueerklärung III. - Negativbeispiele (keine selbständige Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit): - Ausübung hoheitlicher Gewalt durch den Staat, - privater Verbrauch, - Arbeitnehmer in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer (nicht als potentielle Wettbewerber), einschließlich des Arbeitsmarktes (daher unterfallen Tarifverträge zwischen den Sozialpartnern nicht dem Kartellverbot). b) Unternehmensvereinigung Beispiele: Wirtschaftsverbände, Berufsorganisationen, Arbeitgeberverbände. beeinträchtigen geeignet sind, nicht zur Anwendbarkeit des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages [= Art. 101 AEUV], selbst wenn man ihn in Verbindung mit den Artikeln 2 und 3 Buchstaben c und g des Vertrages [jetzt Protokollerklärung zum AEUV] liest. Ein solches einseitiges Verhalten könnte jedoch unter Artikel 86 des Vertrages [= Art. 102 AEUV] fallen, wenn dessen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. 18

19 2. Vereinbarungen, abgestimmte Verhaltensweisen, Beschlüsse a) Vereinbarung: Vertrag im juristischen Sinne und gentleman s agreement. b) Abgestimmte Verhaltensweisen Willentliche Koordinierung des Verhaltens, die, ohne bereits Vertrag i. e. S. zu sein, durch vorherige Information oder sonstige Konktaktaufnahme eine Abstimmung ermöglicht. Beispielsfall Teerfarben (EuGH, Urt. v , Rs. 48/69, Slg. 1972, 619 Teerfarben; BGH, Beschl. v KRB 1/70 (KG) Teerfarben) Die bedeutenden europäischen Farbstoffhersteller treffen sich seit Jahren in unregelmäßigen zeitlichen Abständen und mit wechselnder Beteiligung zu einem allgemeinen Austausch von Erfahrungen und Informationen. Eine solche Besprechung fand am 18. August 1967 bei der S. AG in Basel statt. Dabei waren die Betroffenen zu 4 bis 7 vertreten. Sie sind am deutschen Markt für Teerfarbstoffe insgesamt zu etwa 80 % beteiligt. Da sie nicht sämtliche Farbstoffprodukte selbst herstellen, ihren Abnehmern jedoch ein möglichst vollständiges Sortiment anbieten wollen, beliefern sie sich auch gegenseitig. Teilgenommen haben an der Tagung in Basel außerdem Vertreter von französischen, englischen und schweizerischen Firmen. Nachdem zunächst verschiedene Punkte allgemeinen Interesses erörtert worden waren, erklärte der Vertreter der schweizerischen Firma G., seine Gesellschaft werde die Preise für Teerfarben zum 16. Oktober 1967 um 8 % erhöhen. Anschließend äußerte der Vertreter der Betroffenen zu 5, daß dieser die Erlös- und Kostenentwicklung im Farbstoffgeschäft schon seit langem Sorge bereite und daß ständig Überlegungen wegen einer Erhöhung der Verkaufspreise angestellt würden. Eine ähnliche Stellungnahme gab der Vertreter der französischen Firma F. ab. In den folgenden Wochen erhöhten die betroffenen Unternehmen durch zeitlich nacheinander liegende Beschlüsse und Ankündigungen ihre Preise für Teerfarbstoffe gleichförmig zum 16. Oktober 1967 um 8 %. Nicht erfasst wird autonomes Parallelverhalten auf oligopolistischen Märkten bei transparenten Preisen und homogenen Gütern wie Benzin. Die Abgrenzung zwischen Vereinbarung und abgestimmter Verhaltensweise kann offen bleiben, wenn feststeht, dass beide Varianten erfüllt sind. So verfährt die Praxis häufig. 3. Wettbewerbsbeschränkung Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung werden zusammengefasst unter dem einheitlichen Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsbeschränkung (= Einschränkung 19

20 der wettbewerblichen Handlungsfreiheit mindestens einer Partei, Kling/Thomas, a.a.o. 4 Rz. 67). Einer weitergehenden Differenzierung bedarf es nicht. Definition Wettbewerbsbeschränkung durch den EuGH: Entstehung von Wettbewerbsbedingungen, die im Hinblick auf die Art der Waren oder erbrachten Dienstleistungen, die Bedeutung und Zahl der beteiligten Unternehmen sowie den Umfang des in Betracht kommenden Marktes nicht den normalen Bedingungen dieses Marktes entsprechen (EuGH, Urt. v , Rs. C-7/95 P, Slg. 1998, I-3111, Tz Deere). 4. Zwischenstaatlichkeitsklausel - Doppelfunktion des Tatbestandsmerkmals (siehe schon oben): - Abgrenzung des Anwendungsbereich des EU-Kartellrechts von demjenigen des mitgliedstaatlichen Kartellrechts - Tatbestandliche Begrenzung des Anwendungsbereichs der Art. 101, 102 AEUV auf Fälle, die der Verwirklichung des Binnenmarktziels entgegenstehen. - weite Auslegung, siehe insbesondere EuGH v Rs. 56/64 und 58/64, Slg. 1966, 321, 389 Consten und Grundig: Denn ein sich auf das gesamte Gebiet eines Mitgliedstaats erstreckendes Kartell hat schon seinem Wesen nach die Wirkung, die Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene zu verfestigen. Die Kommission hat (für die Gerichte und nationalen Behörden unverbindliche 5 ) Leitlinien 6 aufgestellt, aus denen sich ergibt, wann sie davon ausgeht, dass das Merkmal der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels erfüllt ist. Sie berücksichtigt insbesondere drei Elemente zu berücksichtigen: Der Begriff Handel zwischen EU-Mitgliedstaaten : Der Begriff Handel ist nicht auf den traditionellen grenzüberschreitenden Austausch von Waren und Dienstleistungen beschränkt. Es geht hier um einen weiter gefassten Begriff, der alle grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Tätigkeiten einschließlich der Niederlassung umfasst. Diese Auslegung steht im Einklang mit dem grundlegenden Ziel des Vertrags, den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital zu fördern. Das Erfordernis der Beeinträchtigung des Handels zwischen EU- Mitgliedstaaten setzt voraus, dass Auswirkungen auf grenzüberschreitende wirtschaftliche Tätigkeiten zwischen mindestens zwei EU-Mitgliedstaaten vorliegen. 5 Siehe EuGH, Expedia (Fall unten). 6 Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags (2004/C 101/07), ABl. 20

21 Die Formulierung zu beeinträchtigen geeignet : Die Formulierung zu beeinträchtigen geeignet dient dazu, die Art und Weise der erforderlichen Beeinträchtigung des Handels zwischen EU-Mitgliedstaaten zu beschreiben. Nach dem vom Gerichtshof entwickelten Beurteilungsmaßstab bedeutet die Formulierung zu beeinträchtigen geeignet, dass sich anhand objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass die fragliche Vereinbarung den Warenverkehr zwischen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell beeinflussen kann. In Fällen, in denen die Vereinbarung geeignet ist, die Wettbewerbsstruktur in der EU zu beeinträchtigen, ist das EU-Recht anwendbar. Begriff der Spürbarkeit - Geeignetheit und Spürbarkeit der Handelsbeeinträchtigung. - siehe außerdem Bündeltheorie (EuGH, Delimitis). Dazu Beispielsfall Delimitis (EuGH: Entscheidung vom C-234/89 Die Bierbrauerei HB (nachstehend: Brauerei) verlangt von Stergios Delimitis, ehemaliger Pächter einer Gastwirtschaft in Frankfurt am Main (nachstehend: Gastwirt), einen Geldbetrag, den der Gastwirt nach der Kündigung des am zwischen den Parteien geschlossenen Pachtvertrags der Brauerei angeblich schuldet. Nach Ziffer 1 dieses Vertrags verpachtet die Brauerei an den Gastwirt eine Gaststätte. Gemäß Ziffer 6 des Vertrags ist der Gastwirt verpflichtet, seinen Bedarf an Bieren in Faß, Flasche und Dose mit den Produkten und Handelswaren der Brauerei und seinen Bedarf an alkoholfreien Getränken bei den Tochtergesellschaften der Brauerei zu decken. Der Gastwirt darf jedoch Biere und alkoholfreie Getränke von Unternehmen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten beziehen. Der Gastwirt hat nach Ziffer 6 außerdem jährlich mindestens 132 hl Bier zu beziehen. Im Falle des Minderbezugs hat er Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten. Der Vertrag wurde von dem Gastwirt am gekündigt. Die Brauerei war daraufhin der Ansicht, dass der Gastwirt ihr noch 6 032,15 DM (Miete, Pauschalbetrag wegen Nichterfüllung der Mindestbezugsverpflichtung und verschiedene Nebenkosten) schulde. Diesen Betrag verrechnete sie mit der Pachtkaution, die der Gastwirt ihr gestellt hatte. 21

22 Es ist von Folgendem auszugehen 7 : (1) Der Gastwirt hatte einen durchschnittlichen jährlichen Bierumsatz in Höhe von 135 hl. (2) Die Öffnungsklausel ist so zu verstehen, dass es dem Gastwirt lediglich gestattet ist, selbst Bier in anderen Mitgliedsstaaten zu kaufen, nicht aber Bier, das aus anderen Mitgliedsstaaten stammt, von dritten Unternehmen zu beziehen. (3) 60 Prozent aller deutschen Gaststätten haben vergleichbare Bierlieferungsverträge abgeschlossen. Sie verkaufen auch in etwa 60 Prozent des in Gaststätten konsumierten Biers. (4) Die Brauererei hat in Deutschland einen Marktanteil von ca. 20 Prozent. Das gilt sowohl für den Einzelhandel als auch für den Bereich der Gaststätten. (5) Die Brauerei schließt üblicherweise Bierlieferverträge über einen Zeitraum von sieben Jahren. Üblich sind fünfjährige Laufzeiten. Die Kommission geht davon aus, dass Vereinbarungen grundsätzlich nicht geeignet sind, den Handel zwischen EU-Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen ( no appreciable affectation of trade", sog. NAAT-Regel), wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: 1. der gemeinsame Marktanteil der Parteien überschreitet auf keinem von der Vereinbarung betroffenen relevanten Markt innerhalb der EU 5 %, und 2. im Falle horizontaler Vereinbarungen überschreitet der durchschnittliche Jahresumsatz der beteiligten Unternehmen mit den von der Vereinbarung erfassten Waren in der EU nicht den Betrag von 40 Mio. EUR. 5. Eingriffsschwelle: de minimis-regel (Spürbarkeitsgrenze) - Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal von Art. 101 AEUV (nicht zu verwechseln mit dem Erfordernis der spürbaren Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels). - Konkretisierung durch Kommission (für Gerichte unverbindlich) in der de minimis- Bekanntmachung vom (ABl. v , C 368/13): - Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern (Horizontalvereinbarungen): Spürbarkeitsschwelle: Marktanteil aller an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen auf allen von der Vereinbarung betroffenen relevanten Märkten unter 10 Prozent, - Vereinbarungen zwischen Nichtwettbewerbern (insbesondere Vertikalvereinbarungen): 7 In der originalen Vorlagefrage des OLG Frankfurt finden sich hierzu keine Angaben. 22

23 Die Spürbarkeitsschwelle wird nicht überschritten, wenn der Marktanteil aller an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen auf allen von der Vereinbarung betroffenen relevanten Märkten unter 15 Prozent. Beispielsfall Expedia (EuGH, Urt. v , Rs. C-226/11 Expedia Inc., NZKart 2013, 111) Um den Vertrieb von Bahnfahrkarten und Reisen im Internet auszubauen, schloss die SNCF [Société nationale des chemins de fer français = staatliche französische Eisenbahngesellschaft] im September 2001 mehrere Vereinbarungen mit Expedia, einer auf den Vertrieb von Reisen im Internet spezialisierten amerikanischen Gesellschaft, und gründete mit dieser eine gemeinsame Tochtergesellschaft mit der Bezeichnung GL Expedia. Die Website voyages-sncf.com, die bis dahin nur der Information, der Reservierung und dem Verkauf von Bahnfahrkarten im Internet gedient hatte, war fortan das Tätigkeitsfeld der gemeinsamen Gesellschaft und wurde umgestaltet, um neben den ursprünglichen Dienstleistungen auch die eines Online-Reisebüros anzubieten. Im Jahr 2004 wurde diese gemeinsame Tochtergesellschaft in Agence de voyages SNCF.com (im Folgenden: Agence VSC) umbenannt. Mit Entscheidung vom 5. Februar 2009 stellte die Autorité de la concurrence [= französische Wettbewerbsbehörde] fest, dass die Partnerschaft von SNCF und Expedia bei der Gründung der Agence VSC ein gegen Art. 81 EG [nunmehr Art. 101 AEUV] und Art. L des Code de Commerce [= Handelsgesetzbuch] verstoßendes Kartell darstelle, mit dem bezweckt und bewirkt werde, diese gemeinsame Tochtergesellschaft auf dem Markt für Reisebürodienstleistungen für Urlaubsreisen zum Nachteil der Wettbewerber zu fördern. Sie verhängte sowohl gegen Expedia als auch gegen SNCF Geldbußen. Expedia legte gegen die Entscheidung Rechtmittel ein. Da die beteiligten Unternehmen weniger als 10 % Marktanteil hielten und damit unterhalb der Marktanteilsschwelle von Ziff. 7 lit. a der de-minimis-bekanntmachung blieben, stelle die Vereinbarung zwischen SNCF und Expedia keine spürbare Wettbewerbsbeschränkung i. S. v. Art. 101 Abs. 1 AEUV dar. Sie sei wegen Geringfügigkeit daher nicht kartellrechtswidrig. Vor diesem Hintergrund legte schließlich die Cour de cassation dem EuGH die Frage vor, ob es nationalen Wettbewerbsbehörden und Gerichten gestattet sei, auch unterhalb der besagten Marktanteilsschwelle von 10 % eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung anzunehmen. Sie hob dabei hervor, dass die streitige Vereinbarung nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht nur 23

24 wettbewerbswidrige Wirkung, sondern auch einen wettbewerbswidrigen Zweck hatte. III. Freistellung vom Kartellverbot (Art. 101 Abs. 3 AEUV) 1. Überblick Artikel 101 Abs. 3 AEUV enthält eine Ausnahmeregel, die es Unternehmen bei einem festgestellten Verstoß gegen Artikel 101 Abs. 3 AEUV erlaubt sich zu rechtfertigen. a) Regelungszweck Mit den Wettbewerbsregeln der EU soll durch den Schutz des Wettbewerbs der Wohlstand der Verbraucher gefördert und eine effiziente Ressourcenallokation gewährleistet werden. Im Einzelfall können wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen durch Effizienzgewinne gleichwohl wettbewerbsfördernde Wirkungen haben und somit die negativen Wirkungen der Wettbewerbsbeschränkung aufwiegen, etwa durch Senkung von Entwicklungs-, Produktions- oder Vertriebskosten, Verbesserung der Produktqualität, Entwicklung neuer Produkte. b) Materielle Voraussetzungen Die Vorschrift Art. 101 Abs. 3 AEUV (beinahe wortgleich 2 GWB) nennt hierfür vier Voraussetzungen: (3) Die Bestimmungen des Absatzes 1 können für nicht anwendbar erklärt werden auf [Vereinbarungen etc.], die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmen a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten. Die vier Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, damit das in Abs. 1 normierte Kartellverbot nicht greift: 8 (1) Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder Förderung des technischen Fortschritts (vgl. Geeignetheit ) 8 In dieser Reihenfolge prüft die Kommission, vgl. die Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG. 24

25 (2) Unerlässlichkeit der den beteiligten Unternehmen auferlegten Beschränkungen für die Zielverwirklichung (vgl. Erforderlichkeit ) (3) Angemessene Beteiligung der Verbraucher am Gewinn (vgl. Verhältnismäßigkeit i. e. S.) (4) Keine Ermöglichung der Ausschaltung des Wettbewerbs für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren. c) Verfahren (formelle Voraussetzungen) Zwei Formen der Freistellung kommen in Betracht: Einzelfreistellung und Gruppenfreistellung aufgrund abstrakt-genereller Verordnung (GVO) : Übergang von einem Anmeldesystem mit Erlaubnisvorbehalt (VO 17/62) zu einem System der Legalausnahme (VO 1/2003: KartellverfahrensVO ). Beachte: In der Klausur prüft man zunächst das Eingreifen einer GVO und erst anschließend die Möglichkeit einer Einzelfreistellung. d) Konkurrenzen Unabhängig von der Art der Freistellung bleibt Art. 102 AEUV weiterhin anwendbar. EuG, Urt. v , Rs. T-51/89, Slg II, Tetra Pak I, 2. LS : Sowohl aus dem Wortlaut des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag [= Art. 101 Abs. 3 AEUV] als auch aus der Systematik der Artikel 85 und 86 [= Art. 101 und 102 AEUV] folgt, dass die Gewährung einer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 - gleichgültig, ob es sich um eine Einzel- oder um eine Gruppenfreistellung handelt - keinesfalls zugleich eine Befreiung von dem Verbot des Artikels 86 [= Art. 102 AEUV] bedeuten kann. Die Anwendung von Artikel 85 [= Art. 101 AEUV] vollzieht sich in zwei Stufen, nämlich in der Feststellung eines Verstoßes gegen Artikel 85 Absatz 1 [= Art. 101 Abs. 3 AEUV] und sodann gegebenenfalls der Befreiung von diesem Verbot, wenn das Kartell die Voraussetzung des Artikels 85 Absatz 3 erfüllt. Artikel 86 [= Art. 102 AEUV] schließt dagegen bereits aufgrund seines Gegenstands (Missbrauch) jede Möglichkeit einer Ausnahme von dem in ihm angeordneten Verbot aus. 25

26 2. Die Voraussetzungen von Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. 2 Abs. 1 GWB im Einzelnen a) Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder Förderung des technischen Fortschritts (Effizienzgewinne, = 2. Voraussetzung von Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. 2 Abs. 1 GWB) Erfasst sind Produkte und Dienstleistungen (obwohl vom Wortlaut Waren nicht erfasst). (1) Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung Beispiele 9 : - Synergieeffekte aufgrund Zusammenlegung der Geschäftsaktivitäten zweier Unternehmen, die jeweils einen anderen Teil der Wertschöpfungskette optimiert haben. - Skalenvorteile, etwa durch gemeinsame Beladung eines einzigen Lkw durch zwei Unternehmen, die ihn jeweils nur halb beladen könnten. - Vereinbarung von just in time"-lieferung kann beim Abnehmer der Lieferungen Lagerhaltungskosten senken und gleichzeitig helfen, Produktionskapazitäten besser auszunutzen. - Vertriebsvereinbarung führt zu niedrigeren Vertriebskosten oder zur Erbringung einer wertvollen Dienstleistung. - Befristete Preisbindung der zweiten Hand erlaubt die Einführung eines neuen Produkts, das besonderen Beratungsbedarf aufweist. (2) Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts Es geht insbesondere um Forschungs- und Entwicklungsvereinbarungen. Beispiele: - Vereinbarung über den Technologietransfer versetzt den Lizenznehmer in die Lage, neue oder verbesserte Produkte herzustellen. 9 Die nachfolgenden Beispiele stammen überwiegend aus den Leitlinien der Kommission zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG. 26

27 - Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens mit dem Ziel der Entwicklung und, falls erfolgreich, gemeinsamen Herstellung eines besonders sicheren Reifens mit verschiedenen Luftkammern. - Bankenkooperation, die die innereuropäische Zahlung erleichtert und beschleunigt. b) Unerlässlichkeit der den beteiligten Unternehmen auferlegten Beschränkungen für die Zielverwirklichung (= 3. Voraussetzung von Art. 101 Abs. 3 AEUV = 2 Abs. 1 GWB) Es geht um die Frage, ob die Effizienzgewinne nicht auch mit einer weniger wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung oder Beschränkung erzielt werden können. Beispiel: - Unternehmen können sich nur dann erfolgreich auf Skalenvorteile (s. o.) aufgrund der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung berufen, wenn diese nicht auch durch internes Wachstum und Preiswettbewerb zu erzielen sind. - Verhinderung einer hold-up-situation durch entsprechende Vertikalvereinbarung: wenn eine Partei eine größere nicht rückgängig machbare Investition (sunk investment) getätigt hat. Beispiel: Ein Lieferant tätigt eine erhebliche kundenspezifische Investition, um einen Kunden mit einem Betriebsmittel zu beliefern, ist der Lieferant an den Kunden gebunden. Um zu verhindern, dass der Kunde daraufhin diese Abhängigkeit ausnützt, um günstigere Bedingungen zu erlangen, kann es erforderlich werden, die Bedingung aufzuerlegen, die vertragsgegenständlichen Teile nicht von Dritten zu beziehen oder Mindestmengen der Teile beim Lieferanten zu kaufen. c) Angemessene Beteiligung der Verbraucher am Gewinn (= 1. Voraussetzung von Art. 101 Abs. 3 AEUV = 2 Abs. 1 GWB) Verbraucher i. S. d. Art. 101 Abs. 3 AEUV sind nicht nur Verbraucher i. S. d. 13 BGB, sondern alle unmittelbaren und mittelbaren Nutzer der Produkte, auf die sich die Vereinbarung bezieht. Das können neben Endkunden sein: Produzenten, die die Ware als Vorprodukt benötigen; Großhändler und Einzelhändler. Gewinn sind alle denkbaren Vorteile der Vereinbarung, nicht nur Preissenkungen i. e. S., sondern auch eine größere Auswahl, größere Markttransparenz, höhere Produktqualität. 27

28 Die Angemessenheit der Vorteile ist zu bejahen, wenn sie die mit der Wettbewerbsbeschränkung verbundenen Nachteile mindestens zu kompensieren vermögen (neutrale Nettowirkung der Vereinbarung): - Führt die Vereinbarung zu höheren Preisen, muss der Ausgleich zum Beispiel in Form höherer Qualität der Produkte erzielt werden. Die Bewertung (und damit Abwägung) dieser Form von Effizienz (dynamische Effizienz) ist allerdings sehr schwierig. - Je länger die zeitliche Verzögerung ist, mit der die Verbraucher Vorteile aus der Vereinbarung haben, desto größer müssen die entstehenden Effizienzgewinne sein. - Je umfangreicher die Auswirkungen der Vereinbarungen auf den Wettbewerb sind, umso unwahrscheinlicher ist die Weitergabe von Effizienzvorteilen, insbesondere durch marktstarke Unternehmen, und umso wahrscheinlicher werden die Verbraucher langfristig Nachteile davontragen. d) Keine Ermöglichung der Ausschaltung des Wettbewerbs für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren (= 4. Voraussetzung des Art. 101 Abs. 3 AEUV = 2 Abs. 1 GWB). Diese Voraussetzung ist Ausdruck des Grundsatzes, wonach dem Schutz des Wettbewerbs bzw. dem Wettbewerbsprozess Vorrang eingeräumt wird vor potenziellen Effizienzgewinnen, die sich aus wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen ergeben könnten. Die Rivalität zwischen Unternehmen ist eine wesentliche Antriebskraft für die wirtschaftliche Effizienz, einschließlich langfristiger dynamischer Effizienzsteigerungen in Form von Innovationen und technologischem Fortschritt. Je geringer der Wettbewerb vor Abschluss der Vereinbarung, desto geringer braucht ihre wettbewerbsbeschränkende Wirkung sein, um das Tatbestandsmerkmal Ausschaltung des Wettbewerbs im Sinne des Art. 101 Abs. 3 AEUV zu erfüllen. Berücksichtigt werden nicht nur die Marktanteile (wenige Wettbewerber mit hohen Marktanteilen = geringer Wettbewerbsdruck), sondern auch weitere Faktoren: Beispiele: 28

29 - Wettbewerber können vor Kapazitätsengpassen stehen oder aufgrund relativ höherer Produktionskosten Schwierigkeiten haben, durch Erhöhung der Produktion Wettbewerbsdruck auszuüben. - Potentielle Wettbewerber könnten unter Umständen bereit sein, in den Markt einzusteigen. Voraussetzung hierfür ist aber u. a., dass der potentielle Wettbewerber auch die rechtlichen Voraussetzungen eines Markteinstiegs erfüllt (z. B. die erforderliche staatliche Lizenz erhält). 3. Verfahren der Freistellung im Einzelfall a) Grundsatz Art. 1 Abs. 2 VO 1/2003 und 2 Abs. 1 GWB: Legalausnahme. Es besteht kein Freistellungserfordernis mehr, vielmehr gilt Prinzip der Selbstveranlagung (Bechtold). Die von Art. 101 Abs. 3 AEUV = 2 Abs. 1 GWB erfassten Vereinbarungen sind automatisch (ipso iure) freigestellt, Art. 1 Abs. 2 VO 1/2003: sind nicht verboten, ohne dass dies einer vorherigen Entscheidung bedarf. b) Europäische Kommission (VO 1/2003) Art. 10 VO 1/2003: Positiventscheidung. Möglich ist die (deklaratorisch wirkende) verbindliche (vgl. Art. 16 VO 1/2003) Feststellung der Nichtanwendbarkeit durch förmliche Entscheidung im öffentlichen Interesse der Gemeinschaft (u. a.: Voraussetzungen von Art. 101 Abs. 3 AEUV liegen vor). Problem: Voraussetzungen liegen wohl nur bei neuartiger Fragestellung vor, nicht bei bloßem Interesse des Unternehmens an Rechtssicherheit oder Bußgeldimmunität. Unverbindliche Beratungsschreiben (guidance letters), sollen Unternehmen ggf. Orientierung geben, wenn eine (Rechts-)Frage durch Rechtsprechung oder Entscheidungspraxis der Kommission noch nicht geklärt ist. Rechtsgrundlage: Bekanntmachung Beratungsschreiben. c) Bundeskartellamt und Landeskartellbehörden 32c GWB: Kleine Positiventscheidung. Die deutschen Kartellbehörden können (Ermessen!) förmlich entscheiden, dass aus ihrer Sicht kein Anlass zum Tätigwerden besteht. Diese Entscheidung bindet allerdings nur die entscheidende Behörde selbst, 29

30 nicht hingegen die Gerichte und die Wettbewerbsbehörden der anderen Mitgliedsstaaten oder gar die Kommission. Faktisch geht die Wirkung allerdings über eine Selbstbindung der Behörde hinaus. Daneben besteht ebenfalls die Möglichkeit der informellen Beratung. 4. Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) a) Überblick Zweck: Erleichterung der Selbstveranlagung dadurch, dass die Kommission in den sog. Gruppenfreistellungsverordnungen bestimmte typische Kategorien ( Gruppen ) von Sachverhalten und Vereinbarungen einer detaillierten Regelung unterzieht. Rechtsnatur: Verordnungen i.s.v. Art. 288 Abs. 1 AEUV (= Art. 249 Abs. 1 EG a. F.), denen in den Mitgliedsstaaten unmittelbare und vorrangige Wirkung zukommt (keine Umsetzung erforderlich wie bei Richtlinien). Rechtsgrundlage: Art. 103 Abs. 1 AEUV (= Art. 83 Abs. 1 EG a. F.) 10 : Ermächtigung des Rates zum Erlass von GVOen, der diese Befugnis an die Kommission übertragen hat. Wirkung: Konstitutiv (str.), das heißt die GVOen entfalten ihre freistellende Wirkung auch, wenn die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 im Einzelfall nicht erfüllt sind. In diesem Fall kommt aber ein Entzug des Vorteils der GVO in Betracht, Art. 29 Abs. 1 VO 1/2003. Praktische wichtigste GVO: Vertikal-GVO (VO Nr. 330/2010, ABl. Nr. L 102/1 v ). Sie stellt Vereinbarungen vom Kartellverbot frei, die zwischen Unternehmen auf verschiedenen Wirtschaftsstufen (z.b. Hersteller Großhändler) abgeschlossen wurden. Weitere GVOen: - Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung (VO (EU) Nr. 1217/2010, ABl Nr. L 335, S. 36) 10 Die zweckdienlichen Verordnungen oder Richtlinien zur Verwirklichung der in den Artikeln 101 und 102 niedergelegten Grundsätze werden vom Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments beschlossen. 30

31 - Versicherungen (VO (EG) Nr. 358/2003, ABlEG 2003 Nr. L 53, S. 8) - Spezialisierungsvereinbarungen (VO (EU) Nr. 1218/2010, ABl Nr. L 335, S. 43) - Technologie-Transfer (VO (EG) Nr. 772/2004, ABlEG 2004 Nr. L 123, S. 11) b) Vertikal-GVO im Besonderen Anwendungsbereich: Grundsätzlich sämtliche Vereinbarungen im Vertikalverhältnis. Beispiele: Einkaufs-, Liefer- und Vertriebsverträge, einschließlich Handelsvertreter-, Vertragshändler und Franchiseverträge ( Umbrella - oder Schirm -GVO). Speziellere GVOen (insbesondere Technologietransfer-GVO) gehen aber vor. Definition der vertikalen Vereinbarung in Art. 1 Abs. 1 lit. a Vertikal-GVO: Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise, die zwischen zwei oder mehr Unternehmen, von denen jedes für die Zwecke der Vereinbarung oder der abgestimmten Verhaltensweise auf einer anderen Ebene der Produktions- oder Vertriebskette tätig ist, geschlossen wird und die die Bedingungen betrifft, zu denen die beteiligten Unternehmen Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen dürfen. Definition der vertikalen Beschränkung in Art. 1 Abs. 1 lit. b Vertikal-GVO: Wettbewerbsbeschränkung in einer vertikalen Vereinbarung, die unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fällt., siehe die Beispiele oben. Freistellungsvoraussetzungen (1) Doppelte Marktanteilsschwelle (Art. 3 Vertikal-GVO): Weder der Anbieter noch der Abnehmer dürfen einen Marktanteil von über 30 Prozent haben. (2) Keine Kernbeschränkungen ( schwarze Klauseln, Art. 4 Vertikal-GVO), insbesondere: - Festlegung des Verkaufspreises (Preisbindung der 2. Hand) - Gebiets- und Kundenbeschränkungen Rechtsfolge bei Verstoß: Entfallen der Freistellung im Ganzen ( Alles-oder-Nichts- Prinzip ), keine geltungserhaltende Reduktion. 31

32 (3) Keine Wettbewerbsverbote und weitere Beschränkungen mittlerer Schwere (Baron) ( graue Klauseln, Art. 5 Vertikal-GVO). Rechtsfolge im Fall eines Verstoßes: nur die betreffende Klausel, nicht die Vereinbarung als Ganzes ist nichtig. 5. Dynamischer Verweis auf europäische GVO in 2 II GWB führt zu analoger Anwendung der europäischen GVOen und damit zu jederzeitigem und möglichst vollständigem Gleichklang 11 des deutschen mit dem europäischen Kartellrecht betreffend wettbewerbsbeschränkende Verhaltenskoordination. Erfasst sind auch künftige GVOen, die zum Zeitpunkt des Normerlasses ( 2 GWB) noch nicht existieren. 6. Wichtige Materialien - Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag (2004/C 101/08), Amtsblatt Nr. C 101/97 vom Kommission, Leitlinien zur für vertikale Beschränkungen (2010/C 130/01), Amtsblatt Nr. C 130/1 v I/M-Fuchs, GWB, 2 Rz

33 IV. Rechtsfolgen, insbesondere Durchsetzung von Art. 101 und 102 AEUV durch private Schadensersatzklagen 1. Überblick Sanktionen für Verstöße gegen das Kartellverbot können - verwaltungsrechtlicher (insbes. Abstellungsverfügungen) - bußgeldrechtlicher - zivilrechtlicher (insbes. Nichtigkeit, Unterlassungsanspruch, Schadensersatz) - strafrechtlicher Natur sein. 2. Strafrechtliche Sanktionen (Rechtsvergleichend Wagner-von Papp, WuW 2009, 1236) 298 StGB: Submissionsbetrug (öffentliche und private Ausschreibungen) 263 StGB: Betrug (setzt Vermögensschaden und damit Bestimmung des hypothetischen Wettbewerbspreises voraus). 299, 300 StGB: Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (begünstigter Dritter kann nach h. M. auch das Unternehmen sein) soweit ersichtlich bislang keine Beispiele aus der Praxis. Beispiel LG München II v , BeckRS 2008, 00736: Verurteilung des Königs der Rohre im Fernwärmerohr-Kartell zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und 10 Monaten. Argument für eine weitergehende Kriminalisierung von Kartellverstößen: Hohe Unternehmensbußgelder schrecken die handelnden Privatpersonen nur bedingt ab, etwa, wenn Regressansprüche drohen. Individualbußgelder kennt nur das deutsche, nicht das Unionskartellrecht. Argumente gegen eine weitergehende Kriminalisierung: Fraglich, ob sie einem gesellschaftlichen Konsens entspricht. Praktische Bedenken betreffen die mit der Führung von Strafprozessen verbunden Mühen (hoher Standard der Verfahrensgarantien). Weiterhin bestünde das Bedürfnis der Abstimmung mit dem 33

34 Bonusprogramm des Bundeskartellamts. Rechtssystematisches Problem: Kurzfreiheitsstrafen sind im deutschen Recht bislang nicht vorgesehen. Zum Vergleich: Rechtslage in den USA: - Durchschnittliche Dauer der Gefängnisstrafe in den Jahren betrug 25 Monate ( die längste bislang für einen Kartellverstoß verhängte Haftstrafe 5 Jahre (U.S. v. Frank Peake, Case No. 3:11-cr-00512, U.S. Dist. Ct., DPR). - Seit 1999 werden Haftstrafen auch gegen Ausländer verhängt (seither über 50mal), mit einer durchschnittlichen Dauer von 16 Monaten im Jahr Die ausländischen Manager treten die Haftstrafe u. a. deshalb an, um als cooperating alien auch weiterhin in die USA einreisen zu können und nicht auf der Fahndungsliste von INTERPOL zu stehen. 3. Kartellverwaltungsrecht Art. 7 VO 1/2003 und 32 GWB: Abstellungsverfügungen (evtl. Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art, ggf. auch Entflechtung) Art. 8 VO 1/2003 und 32a GWB: einstweilige Maßnahmen in dringenden Fällen Art. 9 VO 1/2003 und 32b GWB: Verpflichtungszusagen: Verbindlicherklärung von Zusagen, die Unternehmen machen, um eine Abstellungsverfügung zu vermeiden. Art. 10 VO 1/2003: Feststellung der Nichtanwendbarkeit (kein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 bzw. Art. 102 oder Vorliegen der Freistellungsvoraussetzungen gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV) 32c GWB: Entscheidung, gegen eine Verhaltensweise vorerst nicht tätig zu werden Beispielsfall Tele2 Polska (EuGH, Urt. v , Rs. C-375/09 - Tele2 Polska, WuW/E EU-R 2105; siehe außerdem: Generalanwalt Mazák, Schlussanträge vom , Rechtssache C-375/09 - Prezes Urzędu Ochrony Konkurencji i Konsumentów gegen Tele2 Polska sp. zoo, nunmehr Netia SA w Warszawie Der [polnische] Prezes UOKiK leitete als nationale Wettbewerbsbehörde im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der VO [1/2003] gegen die Telekommunikacja Polska SA ein Verfahren wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen Art. 8 des Wettbewerbs- und 34

35 Verbraucherschutzgesetzes und Art. 82 EG [heute Art. 102 AEUV] ein. Nach Durchführung dieses Verfahrens stellt er fest, dass das Verhalten des betreffenden Unternehmens, das eine beherrschende Marktstellung hatte, keinen Missbrauch dieser Stellung und damit keinen Verstoß gegen das nationale Recht und Art. 102 AEUV darstelle. Er erließ daher eine Entscheidung nach nationalem Recht, mit der er eine wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise des Unternehmens verneint, und stellte bezüglich der Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV das Verfahren ein, weil es gegenstandslos sei. Auf die Anfechtungsklage eines Wettbewerbers, Tele2 Polska, hin, hatte sich in dritter Instanz das der Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht) mit der Frage zu befassen, in welcher Form eine nationale Wettbewerbsbehörde in einer solchen Situation über den von ihr verneinten Verstoß gegen das unionsrechtliche Missbrauchsverbot entscheiden kann Das polnische Wettbewerbs- und Verbraucherschutzgesetz sieht in seinem Artikel 11 vor: Der Prezes [UOKiK] erlässt eine Entscheidung, mit der eine wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise verneint wird, wenn er keinen Verstoß gegen die in den Art. 5 und 8 [Missbrauchsverbot, entspricht Art. 102 AEUV] aufgestellten Verbote feststellt. - Entzug des Vorteils einer Gruppenfreistellung (Art. 29 VO 1/2003, 32d GWB) 4. Bußgeldrecht a) Unionskartellrecht Rechtsgrundlage: Art. 23 VO 1/ Bußgelder nur gegen Unternehmen, nicht gegen natürliche Personen (anders: GWB) - Höhe hängt von Schwere u. Dauer der Zuwiderhandlung ab (Art. 23 Abs. 3 VO 1/2003) - Kappungsgrenze: 10 % des Weltjahresumsatzes des Unternehmens (Konzern wird häufig als wirtschaftliche Einheit betrachtet), Kappungsgrenze, Art. 23 Abs. 2 VO 1/ Details geregelt in Geldbußenleitlinien der Kommission 1998 (abgedruckt als Anhang B 11 in Bechtold/Bosch/Brinker/Hirsbrunner, EG-Kartellrecht, 2009). - Formel: bis zu 30 Prozent des kartellbefangenen Umsatzes x Anzahl Jahre, außerdem noch gewisse Zu- und Abschläge 35

36 b) Deutsches Kartellrecht Deutsches Bußgeldverfahren ist geregelt in 81ff. GWB. Möglich sind neben Bußgeldern gegen Unternehmen auch solche gegen natürliche Personen (vgl. 81 Abs. 4 S. 1 und 2 GWB). - Bußgeldhöhe gemäß 81 Abs. 4 GWB: entweder fester Geldbußrahmen (bis 1 Mio. EUR) oder bei schweren Verstößen von Unternehmen darüber hinaus bis zu 10 Prozent des Konzernumsatzes (BGH, Urt. Grauzementkartell: Obergrenze, nicht Kappungsgrenze). Bis 2005 war Obergrenze der dreifache Mehrerlös. In der Praxis kommt den (novellierten) Bußgeldleitlinien des Bundeskartellamts vom große Bedeutung zu: Berücksichtigung des Gewinn- und Schadenspotentials (10 Prozent des tatbezogenen Umsatzes) einerseits, Gesamtumsatz des Unternehmens andererseits (Multiplikation mit größenabhängigem Faktor zwischen 2 und >6). - Bonusprogramm des Bundeskartellamts: Möglichkeit für Kartellanten, als sog. Kronzeuge durch Kooperation mit Kartellbehörde vollständigen oder teilweisen Erlass des Bußgelds zu erlangen. Problem: kein Schutz gegenüber privaten Schadensersatzklägern. - Verfahren: Kartellbehörde erlässt Bußgeldbescheid (Zuständigkeit gemäß 82 GWB); dagegen ist Einspruch möglich; danach gerichtliches Verfahren vor dem zuständigen OLG (bei Bundeskartellamt: OLG Düsseldorf); Bußgeldbescheid hat jetzt praktisch nur noch Funktion einer Anklageschrift 12 ; idr Hauptverhandlung nach den Vorschriften der StPO mit Staatsanwaltschaft als Anklagebehörde; gegen Urteil des OLG ist Rechtsbeschwerde zum BGH zulässig. 5. Die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten a) Instanzenzug LG (Kammer für Handelssachen) OLG BGH (jeweils Kartellsenat) b) Zusammenarbeit zwischen Kommission und mitgliedstaatlichen Gerichten Kommission: Art. 15 VO 1/2003: Stellungnahmen auf Anfrage des mitgliedstaatlichen Gerichts; Pflicht der mitgliedstaatlichen Gerichte, der Kommission eine Kopie jedes 12 Bechtold, GWB, 2013, vor 81 Rn

37 Urteils mit Bezug zu Art. 101, 102 AEUV zuzusenden; mündliche Stellungnahme mit Erlaubnis des Gerichts. Vgl. auch 90 GWB (BKartA als amicus curiae), praktisch wichtig insbesondere in der Revisionsinstanz (BGH). 6. Privater Rechtsschutz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Unterscheide: a) Defensiver Einsatz des Privatrechts: Nichtigkeit kartellrechtswidriger Vereinbarungen Geltendmachung des Nichtigkeitseinwands in Zivilprozess (verstärkt Fliehkräfte innerhalb des Kartells, Möschel). Angeordnet in Art. 101 Abs. 2 AEUV (siehe auch 1 GWB ivm 134 BGB). Nichtigkeitsfolge betrifft nur kartellrechtswidrigen Vertrag bzw. Vertragsteil, nicht aber sog. Folgeverträge, z. B. zwischen Kartellanten und unbeteiligten Dritten (ganz h. M.). b) Offensiver Einsatz des Privatrechts (1) Unterlassungsklagen, besonders in Form der Klage auf Belieferung, genauer: Unterlassung der Liefersperre (Fälle des 19 ABs. 2 Nr. 1 und 20 Abs. 1 GWB) oder Zulassung zu einer wesentlichen Einrichtung sind auf zukünftiges Verhalten hin ausgerichtet. (2) An vergangenes Verhalten knüpfen hingegen Schadensersatzklagen an: Überhöhung des Preises im Vergleich zum hypothetischen Wettbewerbspreis. (3) Ein ähnliches Ergebnis vermag u. U. auch der Beseitigungsanspruch herbeiführen, wenn man der Ansicht folgt, dass auch die Zurückhaltung von Entgelten oder gar die Rückerstattung von überhöhten Entgelten Anspruchsinhalt sein kann. (4) Noch wenig geklärt ist die Frage, ob Kartellgeschädigte einen Anspruch aus 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB geltend machen können. Das würde die Anfechtbarkeit des kartellbefangenen Folgevertrags gemäß 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB voraussetzen. Praktische Unterschiede zum Schadensersatzverlangen: - Ansprüche nur im Verhältnis zum eigenen Vertragspartner, nicht gegenüber sonstigen Mitkartellanten oder in Fällen der bloß mittelbaren Schädigung 37

38 - keine gesamtschuldnerische Haftung - Arglist, nicht Verschulden erforderlich - Soweit Kaufsache weiterveräußert oder verarbeitet, hat anfechtender Abnehmer Wertersatz i.h.d. hypothetischen Marktpreises zu leisten ( 818 Abs. 2 BGB). - Beweislast für hypothetischen Marktpreis trägt Kartellant - Es greift Zweikondiktionentheorie, Saldotheorie ist wegen Bösgläubigkeit des Kartellanten nicht anwendbar 7. Im Besonderen: Private Schadensersatzklagen wegen Verstößen gegen das europäische Kartellrecht a) Anspruchsgrundlage Bei Verstoß gegen europäisches (oder deutsches) Kartellrecht ist 33 III GWB Anspruchsgrundlage (lex specialis zu 823 II BGB). Eine im Unionsrecht wurzelnde Anspruchsgrundlage existiert nicht. b) Erleichterungen des Privatrechtsschutzes durch 7. GWB-Novelle 2005 (1) Anspruchsberechtigt ist gemäß 33 I 3 jeder, der als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist. Darunter fällt insbesondere auch die Marktgegenseite (etwa Abnehmer und Lieferanten als Opfer eines Anbieter- bzw. Nachfragerkartells). Siehe zur früheren Rechtslage unten. Rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen können ebenfalls auf Unterlassung und Beseitigung (nicht auf Schadensersatz!) klagen, 33 II GWB. Ohne praktische Bedeutung geblieben ist auch ihr subsidiärer Anspruch auf Abschöpfung des Kartellgewinns zugunsten des Bundeshaushalts (!), 34a GWB. (2) Bindungswirkung bestandskräftiger Entscheidungen gemäß 33 IV GWB. Wichtig für sog. follow on-klagen Privater im Anschluss an ein behördliches Verfahren. 38

39 (3) Schadenshöhe: Grundsätzlich ist die aus allgemeinem Schadensrecht bekannte Differenzhypothese anwendbar: Vergleich der tatsächlichen Vermögenspositionen des Geschädigten mit der hypothetischen Situation ohne wettbewerbswidriges Verhalten. Problem: Erforderlich ist Ermittlung des hypothetischen Wettbewerbspreises. Mögliche Methoden: Vergleichsmarktkonzept (räumlicher, zeitlicher oder sachlicher Vergleichsmarkt); Kostenanalyse; 33 III 3 GWB (unten). (a) Passing on defence: Umstritten ist die Behandlung einer möglichen Schadensabwälzung innerhalb der Absatzkette (dazu zuletzt Fuchs, ZWeR 2011, 192; Bulst, in Möschel/Bien, Kartellrechtsdurchsetzung durch private Schadenersatzklagen?, 2011, S. 225). Die Neuregelung in 33 III 2 GWB schließt ihrem Wortlaut nach lediglich aus, dass sich der Schädiger pauschal auf die schadensbeseitigende Weiterveräußerung beruft. Richtigerweise ist die neue Vorschrift so zu verstehen, dass sie die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast regelt. Demnach obliegt es nicht dem Anspruchsteller, im Rahmen der Differenzhypothese konkrete Anhaltspunkte für die Schadensberechnung vorzutragen und ggf. zu beweisen, dass er den Schaden nicht weiterwälzen konnte (Problem der Schadensentstehung). Vielmehr hat der Anspruchsgegner darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der dem Abnehmer zunächst durch den Erwerb zu überhöhten Kartellpreisen entstandene Schaden aufgrund günstiger Weiterveräußerung später wieder weggefallen ist. Es handelt sich damit um ein Problem der Vorteilsausgleichung. So sieht es mittlerweile auch der BGH (Urt. v KZR 75/10 - ORWI). (b) (c) Möglichkeit der Berücksichtigung des anteiligen Gewinns bei der Bestimmung der Schadenshöhe nach 287 ZPO ( 33 Abs. 3 S. 3 GWB) entbindet in bestimmten Fällen von der schwierigen Ermittlung des hypothetischen Marktpreises (siehe schon oben). Pflicht zur Verzinsung ab Eintritt des Schadens ( 33 Abs. 3 S. 4 und 5 GWB) trägt dem Umstand Rechnung, dass SE-Klage häufig erst nach Abschluss des behördlichen Verfahrens erhoben werden. 39

40 (4) Verjährung: 33 Abs. 5 GWB: Hemmung während der Dauer des behördlichen Kartellverfahrens erlaubt das Abwarten der behördlichen Entscheidung und damit die Erhebung von Follow-on-Klagen. c) Weitere Erleichterungen des Privatrechtsschutzes durch 8. GWB-Novelle 2013 (5) Ausweitung der Aktivlegitimation auf Verbraucherverbände und Verbände der Marktgegenseite für Geltendmachung des Anspruchs auf Unterlassung und Beseitigung sowie auf Vorteilsabschöpfung ( 34a GWB), jedoch weiterhin keine Berechtigung zur Geltendmachung von Schadensersatz. (6) Zuständigkeit für Kartellschadensersatzprozesse der allgemeinen Zivilkammern, nicht der Kammern für Handelssachen (mit nur einem Berufsrichter) (6) Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz im Rahmen einer behördlichen Abstellungsverfügung, 32 Abs. 2 a GWB. So der BGH erstmals in seinem Beschl. v KVR 2/08 Stadtwerke Uelzen (obiter dictum): Kartellbehörde darf bei Feststellung eines Missbrauchs im Rahmen einer Abstellungsverfügung auch Maßnahmen [anordnen], die der Beseitigung einer geschehenen, aber noch gegenwärtigen Beeinträchtigung dienen. Dazu gehört die Anordnung, durch das missbräuchliche Verhalten erwirtschaftete Vorteile zurückzuerstatten. 8. Praktische Erfahrungen a) Schadensersatzprozesse bis Inkrafttreten der 7. GWB-Novelle Nicht sonderlich häufig, 13 teilweise aber auch außergerichtliche Streitbeilegung. 14 Zwei Probleme: (1) Schutzgesetzerfordernis in 823 Abs. 2 BGB (jetzt: 33 GWB): Als Voraussetzung für Klagebefugnis wurde von den Instanzgerichten überwiegend die gezielte oder jedenfalls individualisierte Schädigung durch den Kartellrechtsverstoß angesehen. Kartellabsprachen wurden regelmäßig nicht darunter subsumiert. 15 In 13 Deutschland, im Jahr 2004: 38 Gerichtsentscheidungen, die kartellrechtliche Schadensersatzansprüche (ggf. neben anderen) zum Gegenstand hatten, davon 19 erfolgreich (nach Müko-Lübbig, 33 Rz. 6). Überblick über die Situation in sämtlichen EG-Mitgliedsstaaten: sog. Ashurst-Bericht (Stand: 2004). 14 Z. B. Vergleich Voestalpine Deutsche Bahn, Juve-Meldung vom ( 15 Z. B. OLG Karlsruhe, NJW 2004, 2243, 2244 Vitaminpreise; LG Mannheim, GRUR 2004, 182, Vitaminpreise. 40

41 seinem jüngsten Urteil in Sachen ORWI ( KZR 75/10) hat der BGH dieser engen Auslegung eine Absage erteilt: Der Kreis der durch das Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV geschützten Personen ist [ ] nicht auf solche Abnehmer beschränkt, gegen die sich die Kartellabsprache gezielt richtet. (Tz. 16, Hervorhebung vom Verf.). (2) Berücksichtigung der Möglichkeit der Schadensabwälzung zu Lasten des Klägers 16 b) Schadensersatzprozesse seit Inkrafttreten der 7. GWB-Novelle Zementkartell: Anhängige Klage der belgischen Cartel Damage Claims NV vor dem LG Düsseldorf 17 - CDC macht die ihr abgetretenen Forderungen von bislang 29 angeblich geschädigten Abnehmern geltend. - Schadensersatzverlangen beläuft sich bislang auf gut 150 Millionen Euro. - Follow-on-Klage: Im April 2003 hatte das Bundeskartellamt gegen die sechs größten deutschen Zementhersteller ein Rekordbußgeld in Höhe von ca. 660 Mio. Euro verhängt. Weitere aktuelle Verfahren betrafen bzw. betreffen u. a. die Bereiche Transportbeton (KG, Beschl. v U 10/03 Kart), Dekorpapier (dazu aktuell EuGH, Urt. v , Rs. C-360/09 Pfleiderer, noch nicht in der amtlichen Slg. veröffentlicht), das Karbon- und Graphit-Kartell (anhängige Klage der Deutschen Bahn vor einem Londoner Gericht), Selbstdurchschreibepapier (BGH, Urt. v KZR 75/10 ORWI, abrufbar unter und Wasserstoffperoxid (Verfahren, angestrengt durch CDC, vor dem LG Dortmund anhängig). c) Erfahrungen mit privater Durchsetzung des UWG Hier ist der Unterschied hinsichtlich der wesentlich leichteren Zugänglichkeit des Sachverhalts (Bsp. Schockwerbung des Unternehmens Benetton) zu berücksichtigen. 16 Wie vorhergehende FN. 17 Az. 34 O (Kart) 147/05. 41

42 d) Reformprojekt der Europäischen Kommission 2003/2005: Übergang vom Verbotssystem mit Erlaubnisvorbehalt zu einem System der Legalausnahme zunächst im europäischen und später im nationalen Kartellverfahrensrecht Wunsch nach einer weiteren, zivilrechtlichen Säule der Kartellrechtsdurchsetzung. 2004: Ashurst-Study on the conditions of claims for damages in case of infringement of EC competition rules: "total underdevelopment" of actions for damages for breach of EC competition and "astonishing diversity" in the approaches taken by the Member States. 2005: Grünbuch Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts vom , anschließend zahllose Stellungnahmen. 2008: Weißbuch der EG-Kommission Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts vom , anschließend zahllose Stellungnahmen. 2009: Arbeit an einer EG-Richtlinie zur Harmonisierung der nationalen Gesetzgebung in Bezug auf Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts (noch unveröffentlicht, ein zweiter Entwurf ist jedoch im Umlauf), außerdem 2011: Konsultationspapier vom : Kollektiver Rechtsschutz: Hin zu einem kohärenten europäischen Ansatz, zahllose Stellungnahmen. Entwurf eines Leitfadens zur Ermittlung des Schadensumfangs bei Schadensersatzklagen wegen Verletzung des Artikels 101 oder 102 AEUV e) Rechtspolitische Diskussion (1) Überlegenheit der behördlichen Durchsetzung: (a) Hoheitsgewalt der Behörde erleichtert Ermittlung und Sanktionierung von Verstößen (insbesondere Sektoruntersuchung, Art. 17 VO 1/2003 bzw. 32e GWB und allgemeine Ermittlungsbefugnisse einschließlich Beschlagnahmen und Hausdurchsuchungen gemäß Art. 18ff. VO 1/2003 bzw. 57ff. GWB). 42

43 (b) (c) Spezialisierung der Beamten ist kostengünstiger als private Durchsetzung. Besondere Marktkenntnis privater Dritter kann durch ihre Einbindung in das Verwaltungsverfahren (Anhörung gemäß Art. 27 Abs. 3 VO 1/2003 bzw. Beiladung gemäß 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB) nutzbar gemacht werden. Unabhängige Behörde verfolgt keine Privatinteressen. Umgekehrt besteht bei privater Rechtsdurchsetzung die Gefahr eines missbräuchlichen Einsatzes der Rechtsschutzinstrumente. (2) Vorbild USA? Verschiedene Besonderheiten des US-amerikanischen Zivil(prozess)rechts erleichtern den privaten Rechtsschutz im Kartellrecht erheblich: (a) (b) (c) (d) (e) Die pretrial discovery procedure erleichtert es den Klägern, an Beweise zu gelangen. Der Beklagte ist verpflichtet, bestimmte Geschäftsgeheimnissen vor Beginn des eigentlichen Gerichtsverfahrens offenzulegen. Kartellverstöße werden mit treble damages (dreifacher Schadensersatz) sanktioniert. Erfolgshonorare für Anwälte (vgl. jetzt 4a RVG) vermindern das Kostenrisiko für den Kläger. Class Actions (opt out-modell) erlauben die effektive Geltendmachung von Streuschäden. Die Anwendung der American Rule hat zur Folge, dass der zu Unrecht Beklagte seine (häufig sehr erheblichen) Rechtsverteidigungskosten selbst zu tragen hat. 18 Darin liegt ein großer Anreiz für den Beklagten, sich frühzeitig im Vergleichswege zu einigen. Man müsste diese Besonderheiten mit all ihren Problemen (Ausforschungsbeweis; Risiko einer Überkompensation von Schäden; Zwang zur Selbstbezichtigung; Gefährdung der Stellung des RA als unabhängiges Organ der Rechtspflege durch weitreichende 18 Die sog. American Rule wird zwar in Section 4 (a) Clayton Act durch eine spezielle kartellzivilprozessuale Regelung verdrängt. Danach erhält die obsiegende Partei ihre Kosten von der anderen Partei erstattet. Die Kostenerstattungsregelung wirkt jedoch einseitig. Für den beklagten vermeintlichen Kartellanten verbleibt es auch im Fall seines Obsiegens dabei: Er trägt seine Kosten selbst. 43

44 Zulassung von Erfolgshonoraren; Erpressungspotential von class actions) wohl ebenfalls ins deutsche Recht übernehmen, wollte man dem privaten Rechtsschutz in Deutschland zu vergleichbarem Erfolg verhelfen. (3) Follow on-klagen Sie verstärken die Rechtsdurchsetzung nicht (bloße zusätzliche Sanktion), führen lediglich zu einer Kompensation erlittener Schäden. Sog. Stand alone-klagen stellen den Kläger angesichts der Beweisschwierigkeiten vor fast unüberwindbare Hindernisse (Lösung in den USA: pretrial discovery-verfahren). (4) Ersatz von Streuschäden müsste durch in Deutschland bislang noch wenig entwickelte (Kapitalanleger-Musterverfahren nach dem KapMuG; Verbandsklagen nach dem Unterlassungsklagengesetz oder 33 Abs. 2 GWB, der rechtsfähigen Verbänden ebenfalls nur einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch nach Abs. 1, nicht aber einen Schadenersatzanspruch nach Abs. 3 der Vorschrift gewährt; 34a Abs. 1 GWB, der denselben Verbänden einen Anspruch auf Vorteilsabschöpfung einräumt, allerdings zugunsten des Bundeshaushalt) Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes durchgesetzt werden. (USA: class actions sowie parens patriae-klagen. In letzterem Fall verlangt ein Einzelstaat von den Kartellanten Schadensersatz für die geschädigten Bürger. Dabei ist er nicht an die normalen Voraussetzungen der class certification gebunden.) (4) Gefährdung der Attraktivität von Kronzeugenprogramm Wenn der Kartellant sicher damit rechnen muss, in anschließendem privaten SE-Prozess verklagt zu werden und die dort zugesprochene Summe derjenigen des (eingesparten) Bußgeldverfahrens entspricht oder sie sogar noch übersteigt, so büßt die Selbstanzeige stark an Attraktivität ein. (USA: Reduktion des dreifachen auf einfachen SE.) 44

45 Hinzu kommt nach dem aktuellen Pfleiderer-Urteil des EuGH vom das Risiko, dass der Geschädigte gemäß 406e StPO 19 Einsicht nicht nur in die Verfahrensakten, sondern sogar den Kronzeugenantrag nehmen kann. Das EuG hat am in der Rs. T-437/08 - CDC Hydrogene Peroxide Cartel Damage Claims (CDC Hydrogene Peroxide) die vorangegangene Entscheidung der Kommission aufgehoben, die den auf die sog. TransparenzVO gestützten Antrag von CDC auf Einsicht in das Inhaltsverzeichnis der Kommissionakte im Bleichmittel-Kartellverfahren abgelehnt hatte. Anders als noch in 81 b I Ref.-Entw 8. GWB-Novelle vorgesehen, enthält das GWB auch in der Fassung der 8. GWB-Novelle keine Regelung, die das Recht auf Einsicht in den Kronzeugenantrag ausschließt. Das wäre wohl auch unionsrechtswidrig gewesen. Der EuGH hat mit Urt. v C-536/11 Donau Chemie zu 39 Abs. 2 österr. KartG entschieden, dass das öffentliche Interesse am Schutz der Kronzeugenprogramme nicht pauschal das Interesse der Antragssteller überwiegt, vielmehr eine Einzelabwägung erforderlich ist: Nur wenn Gefahr besteht, dass ein bestimmtes Schriftstück konkret das öffentliche Interesse an der Wirksamkeit des nationalen Kronzeugenprogramms beeinträchtigen könnte, kann die Nichtweitergabe dieses Schriftstück gerechtfertigt sein. (RdNr. 48 des Urteils). Anders dagegen das AG Bonn in Pfleiderer und OLG Düsseldorf im Fall des Kaffeerösterkartells. Ähnlich wie der EuGH hingegen schon der High Court of Justice im Fall National Grid. (5) Passing on-defence: Sowohl die Anerkennung als auch ihr Ausschluss können zu unbefriedigenden Ergebnissen führen: Einerseits droht die Gefahr, dass der Schadensersatzanspruch wirkungslos bleibt, das wettbewerbswidrige Verhalten des Schädigers jedenfalls zivilrechtlich nicht sanktioniert wird. Andererseits ist nicht nur eine ungerechtfertigte Bereicherung der Marktgegenseite, sondern auch eine mehrfache Inanspruchnahme des Schädigers zu befürchten. Denkbar ist nämlich, dass letzterer nicht nur von der unmittelbaren Marktgegenseite, sondern auch von Unternehmen der nach- bzw. vorgelagerten Wirtschaftsstufen in Anspruch genommen wird (etwa Abnehmer des Abnehmers). In der Diskussion finden sich als Lösungsmodelle die Gesamtgläubigerschaft ( 426ff. BGB) und die Drittschadensliquidation. Der BGH weist in seinem jüngsten ORWI-Urteil ( KZR 75/10, Tz. 73)) im Wege eines obiter dictums auf die Möglichkeit der Streitverkündung gemäß 72 I ZPO hin e StPO: (1) Für den Verletzten kann ein Rechtsanwalt die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Fall der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, einsehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke besichtigen, soweit er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. [ ] (2) Die Einsicht ist zu versagen, soweit überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen entgegenstehen. [ ]. 45

46 (6) More economic approach Gesteigerte Unsicherheit bezüglich rechtlicher Beurteilung bestimmter Vereinbarungen und Verhaltensweisen; Überforderung der Parteien und des Zivilrichters. Das Problem relativiert sich im Zusammenhang mit Follow on-klagen, in denen die Kommission die erforderlichen Erhebungen bereits vorgenommen hat. Beispielsfall ORWI (BGH, Urt. v , Az. KZR 75/10 ORWI ( Selbstdurchschreibpapier ) Die Beklagte ist Herstellerin von Selbstdurchschreibepapier (SD-Papier), das sie über ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft R. GmbH (R.) auch als Großhändlerin vertreibt. Die Kommission hat im Dezember 2001 gegen zehn Unternehmen, darunter die Beklagte, wegen eines von Januar 1992 bis September 1995 europaweit durchgeführten Preiskartells für SD-Papier Geldbußen von insgesamt 313,7 Mio. verhängt, wovon 33,07 Mio. auf die Beklagte entfielen (Entscheidung vom 20. Dezember 2001, COMP/E1/36.212). Die dagegen auch von der Beklagten gerichtete Klage blieb vor dem Gericht (Urteil vom 26. April 2007, Rs. T 109/02 u.a., Slg. 2007, II947) und dem Gerichtshof der Europäischen Union (Urteil vom 3. September 2009, Rs. C 322/07, Slg. 2009, I7191) erfolglosdie Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht der ORWI Formulardruck GmbH & Co. KG (ORWI) auf Ersatz kartellbedingten Schadens in Anspruch. ORWI befasste sich bis zu ihrer Insolvenz im Frühjahr 2003 mit dem Druck selbstdurchschreibender Formulare. Das dafür benötigte SD-Papier bezog sie von R. und drei weiteren Großhändlern, die ihrerseits sämtlich von am Kartell beteiligten Herstellern beliefert wurden. Die Klägerin macht geltend, ORWI habe aufgrund des Kartells im Zeitraum vom 1. Februar 1994 bis Februar 1996 überhöhte Preise an R. und die anderen Großhändler zahlen müssen. Denn diese hätten die kartellrechtswidrig vereinbarten Preiserhöhungen zumindest teilweise auf die nächste Handelsstufe und damit auch auf ORWI abgewälzt. Als Beteiligte des Kartells sei die Beklagte nach 830, 840 BGB auch insoweit verantwortlich, als ORWI über den Großhandel Ware anderer kartellbeteiligter Hersteller bezogen habe. Die Klägerin behauptet, ORWI habe dadurch insgesamt Mehrkosten in Höhe von ,26 gehabt, die sie nicht an ihre Kunden habe weitergeben können. D. Das Verbot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen, Art. 102 AEUV und GWB (Pries, in Lange/Pries, Einführung in das europäische und deutsche Kartellrecht, 2011, S. 98ff.; Fuchs/Möschel, in Immenga/Mestmäcker, Art. 102 AEUV; Eilmannsberger, in MünchKomm, EuWettbR, Art. 82 EG; Möschel, in Immenga/Mestmäcker, 19 GWB sowie Art. 82 EG; Bulst, in Langen/Bunte, Art. 102 AEUV; Wagner-von Papp, in Bien, Das deutsche Kartellrecht nach der 8. GWB-Novelle, S. 95ff.) 46

47 I. Überblick 1. Schutzzweck Referenzsystem ist der freie Wettbewerb: a) Angehörige der vor- und nachgelagerten Wirtschaftsstufen Schutz ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit vor der Machtausübung der marktbeherrschenden Unternehmen (Ausbeutungsmissbrauch). b) Tatsächliche Angehörige der gleichen Wirtschaftsstufe Schutz ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit vor Behinderungen im Wettbewerb (Behinderungsmissbrauch). c) Potentielle Angehörige der gleichen Wirtschaftsstufe Schutz vor Zugangsbeschränkungen zum Markt (Behinderungsmissbrauch). d) Marktbeteiligte auf Drittmärkten Schutz vor dem missbräuchlichen Einsatz wirtschaftlicher Macht seitens marktbeherrschender Unternehmen auf Drittmärkten (Behinderungsmissbrauch). 2. Drei Tatbestandsvoraussetzungen - Marktbeherrschende Stellung ( beherrschende Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil desselben ), - Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung und - Eignung dieses Missbrauchs, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen. 3. Marktbeherrschung als Zentralbegriff des Kartellrechts Hat Bedeutung sowohl für Missbrauchsverbot (Art. 102 AEUV bzw. 18 bis 20 GWB) als auch für Fusionskontrolle (Art. 2 Abs. 2 und 3 FKVO Nr. 139/2004 bzw. 36 Abs. 1 GWB). Feststellung in zwei Schritten: a) Abgrenzung des relevanten Marktes. Hat Bedeutung auch im Rahmen von Art. 101 AEUV, z. B. - für Unterscheidung zwischen vertikalen und horizontalen Vereinbarungen 47

48 Anwendung der Vertikal-GVO Prüfung der Marktanteilsschwellen in Art. 3 der Vertikal-GVO Marktanteilsschwellen der de minimis-bekanntmachung der Kommission Marktanteilsschwellen gemäß den Leitlinien der Kommission zum Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels 20 (sog. NAAT-Regel) b) Feststellung der beherrschenden Stellung, insbesondere durch Messung des Monopolgrades (in erster Linie Marktanteil sowie weitere Faktoren, siehe Katalog in 18 Abs. 3 GWB). 4. Generalklauselartiger Charakter des Missbrauchsverbots Art. 102 AEUV sowie 19 GWB sind Generalklauseln mit nicht abschließendem Katalog denkbarer missbräuchlicher Verhaltensweisen. 5. Normadressaten Unternehmen, die alleine oder zusammen mit anderen marktbeherrschend sind (Einzelmarktbeherrschung bzw. kollektive Marktbeherrschung). 6. Verhältnis zwischen Unions- und mitgliedsstaatlichem Missbrauchsverbot Mitgliedstaaten sind befugt, in ihrem Hoheitsgebiet strengere Missbrauchsverbote zu erlassen (Art. 3 Abs. 2 S. 2 VO 1/2003, vgl. auch 22 Abs. 2 S. 2 GWB). Das deutsche GWB enthält in 19, 20 (insbesondere Abs. 1 und 3) GWB strengere Vorschriften betreffend einseitige missbräuchliche Verhaltensweisen. Daher sind in der Praxis und der Klausur Art. 102 AEUV und 19, 20 GWB stets parallel zu prüfen, soweit sich die zu beurteilende Verhaltensweise in Deutschland auswirkt. 7. Prüfungsschema zu Art. 102 AEUV und 18, 19 GWB(Missbrauchsverbot) im Überblick a) Tatbestand (1) Unternehmen (funktionaler Unternehmensbegriff) (2) Marktbeherrschung (näher erläutert in 18 Abs. 1 bis 3, 5GWB) 20 Amtsblatt C 101 vom

49 (a) Marktabgrenzung (b) Beherrschende Stellung (Vermutungstatbestände in 18 Abs. 4, 6 bis 7 GWB) (3) Missbrauch, v. a. Regelbeispiele des Art. 102 S. 2 AEUV: (a) Ausbeutungsmissbrauch (Art. 102 S. 2 lit. a AEUV bzw. 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB): Ausplünderung der Marktgegenseite, insbesondere durch überhöhte Preise (b) Einschränkung der Erzeugung und des Absatzes (Art. 102 S. 2 lit. b AEUV, vgl. 19 Abs. 2 Nr. 1: Behinderungsmissbrauch, außerdem 20 GWB): - Ausschließlichkeitsbindungen, - Lieferverweigerung - essential-facilities-doktrin (ausdrücklich in 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB normiert) (c) Diskriminierung von Handelspartnern (Art. 102 S. 2 lit. c AEUV bzw. 19 Abs. 2 Nr. 3: Preis- und Konditionenspaltung; außerdem 20 GWB) (d) AEUV) Koppelungsgeschäfte (Art. 102 S. 2 lit. d (e) Generalklausel des Art. 102 S. 1 AEUV, z. B. - Kampfpreismissbrauch - Strukturmissbrauch (4) Zwischenstaatlichkeitsklausel (Binnenmarktrelevanz) relevant nur i.r.v. Art. 102 AEUV 49

50 b) Rechtsfolgen (1) Feststellung eines Missbrauchs und Abstellungsanordnung gem. Art. 7 VO 1/2003, durchsetzbar ggf. mit Zwangsgeld gem. Art. 24 VO 1/2003. Deutsches Recht: 32 GWB und 86a GWB. Beachte außerdem Art. 8 (einstweilige Maßnahmen) und Art. 9 (Verpflichtungszusagen) VO 1/2003. Deutsches Recht: 32a und 32b GWB (2) Bußgelder gem. Art. 23 Abs. 2 VO 1/2003. Deutsches Recht: 81 GWB. (3) Zivilrechtlicher Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzanspruch nach nationalem Recht ( 33 GWB). (4) Nichtigkeit des missbräuchlichen Rechtsgeschäfts gem. 134 BGB 21 i. V. m. Art. 102 AEUV bzw. 19, 20 GWB möglich. Es ist im Einzelnen zu prüfen, welche Reichweite die Unwirksamkeit hat. Beispiele: - Zu missbräuchlich niedrigen (Kampf-)Preisen abgeschlossene Rechtsgeschäfte mit Unternehmen der Marktgegenseite sind nicht unwirksam. - Bei den Handelspartnern vertraglich aufgezwungenen Ausschließlichkeitsbindungen und in ähnlich gelagerten Fällen greift häufig bereits 101 Abs. 2 AEUV ein. - In Fällen der Preisüberhöhung ist die Vertragsanpassung die gebotene Rechtsfolge. II. Abgrenzung des relevanten Marktes (Kommission, Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft, ABl. C 372 vom , S. 5; Kling/Thomas, Kartellrecht, 2007, 5 Rn. 11ff.) Ziel der Marktabgrenzung: Ermittlung derjenigen Wettbewerbskräfte, denen die beteiligten Unternehmen ausgesetzt sind. 21 Nach a. A. leitet sich die Nichtigkeitsfolge aus 138 BGB ab. 50

51 1. Sachlich relevanter Markt a) Bedarfsmarktkonzept In der Praxis durchgesetzt hat sich das sog. Bedarfsmarktkonzept bzw. das Konzept der funktionellen Austauschbarkeit aus der Sicht der Abnehmer. Kommission, aao: Der sachlich relevante Markt umfasst sämtliche Erzeugnisse und/oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen werden. Ähnlich KG, Beschl. v , WuW/E 995, 996 Handpreisauszeichner, st. Rspr.): Sämtliche Erzeugnisse, die sich nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahe stehen, dass der verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet in berechtigter Weise abwägend miteinander vergleicht und als gegeneinander austauschbar ansieht, sind marktgleichwertig." Entscheidend ist der Bedarf der jeweiligen Marktgegenseite. Dieser kann je nach der Wirtschaftsstufe, der die Nachfrageseite angehört, verschieden sein [ ]. So ist die Nachfrage der Verbraucher nicht etwa gleichzusetzen mit derjenigen der Zwischenhändler oder der Unternehmen, die Wartungs- und Reparaturleistungen an der Hauptware gewerbsmäßig ausführen, mag auch diese von jener abhängig sein. (BGH, Urt. v , KZR 54/71, GRUR 1973, 277, 278 Registrierkassen) b) Preiselastizität Die Preiselastizität bezeichnet die Veränderungen der Nachfrage nach einem bestimmten Produkt im Fall der Preisänderung. Eine hohe Elastizität der Nachfrage bedeutet, dass die Nachfrage nach dem Produkt bei Preisanstieg deutlich zurückgeht, eine geringe Elastizität der Nachfrage ist gegeben, wenn die Nachfrage trotz Preisanstiegs mehr oder weniger konstant bleibt. Die Kreuzpreiselastizität gibt Auskunft darüber, wie die Nachfrage nach einem Produkt auf Änderungen des Preises anderer Produkte reagiert. Je stärker die Marktgegenseite bei Erhöhung des Preises des einen Produkts auf das andere ausweichen (hohe oder niedriger Elastizitätsgrad), desto wahrscheinlicher ist es, dass beide Produkte demselben Markt angehören. 51

52 c) SSNIP-Test Hypothetischer Monopolistentest als gedankliche Hilfe zur Bestimmung substituierbarer Produkte und Dienstleistungen (sog. SSNIP-Test - small but significant nontransitory increase in price): Kommission, aao, Tz. 15: Die Beurteilung der Substituierbarkeit der Nachfrage erfordert eine Bestimmung derjenigen Produkte, die von den Abnehmern als austauschbar angesehen werden. Eine Möglichkeit, diese Bestimmung vorzunehmen, lässt sich als gedankliches Experiment betrachten, bei dem von einer geringen, nicht vorübergehenden Änderung der relativen Preise (small but significant nontransitory increase in price) ausgegangen und eine Bewertung der wahrscheinlichen Reaktion der Kunden vorgenommen wird. Aus verfahrensmäßigen und praktischen Erwägungen steht bei einer Marktabgrenzung der Preis im Mittelpunkt, genauer gesagt die Nachfragesubstitution aufgrund kleiner dauerhafter Änderungen bei den relativen Preisen. Ausgehend von einer engen Marktabgrenzung wird gefragt, ob die Abnehmer bei einer kleinen (5 10%), nicht vorübergehenden Erhöhung der Preise durch einen hypothetischen Monopolisten auf Substitute bzw. andere räumliche Märkte in solchem Maße ausweichen würde, dass die Preiserhöhung nicht rentabel wäre. Ist dies nicht der Fall, werden so lange weitere Produkte mit in den relevanten Markt einbezogen, bis eine weitere Preiserhöhung unrentabel würde. Aus der Entscheidungspraxis sind keine Fusionsfälle finden, in denen die Europäische Kommission den SSNIP-Test vollständig angewandt hat. In der Entscheidung COMP/M CVC/Lenzing vom hat die Kommission in der Sache nur die Kreuzpreiselastizität gemessen und wegen des geringen Elastizitätsgrades schon an dieser Stelle das als SSNIP-Test bezeichnete Testverfahren abgebrochen. d) Cellophan fallacy 22 Der SSNIP-Test ist gerade auf Märkten, auf denen Marktbeherrscher tätig sind, mit Vorsicht zu genießen: Liegt der Preis bereits deutlich über dem hypothetischen Wettbewerbspreis, neigen die Abnehmer bei einer weiteren Preissteigerung dazu zu wechseln. Das könnte fälschlicherweise als Hinweis auf einen großen Markt hindeuten. In der Praxis eignet sich der Test daher weniger zur (retrospektiven) Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung im Rahmen von Missbrauchsverfahren gemäß Art Nach dem Urteil des Supreme Court im Fall U.S. v. E. I. Du Pont ( 351 U.S. 377, 76 S.Ct. 994, 100 L.Ed.1264), in dem Du Pont, einziger Anbieter von Zellophan, die Ansicht vertrat, es kämen andere flexible Verpackungsmaterialien wie Aluminiumfolie und Wachspapier als enge Substitute in Betracht. Zellophan stelle daher keinen eigenen relevanten Markt dar. Ausführlich dazu Schwalbe/Zimmer, Kartellrecht und Ökonomie, 2. Aufl., 2011, S. 97ff. 52

53 AEUV 23 als vielmehr für Fusionsverfahren, bei denen prospektiv geklärt werden soll, ob durch den Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung entsteht. Bei Kampfpreismissbrauch stellt sich das Problem unter umgekehrten Vorzeichen. e) Angebotssubstituierbarkeit Kommission, aao, Tz. 20: Der Substituierbarkeit auf der Angebotsseite kann bei der Definition der Märkte ebenfalls Rechnung getragen werden, wenn sie sich genauso wirksam und unmittelbar auswirkt wie die Nachfragesubstituierbarkeit. Dies setzt jedoch voraus, dass die Anbieter in Reaktion auf kleine, dauerhafte Änderungen bei den relativen Preisen in der Lage sind, ihre Produktion auf die relevanten Erzeugnisse umzustellen und sie kurzfristig auf den Markt zu bringen, ohne spürbare Zusatzkosten oder Risiken zu gewärtigen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so üben die zusätzlich auf den Markt gelangenden Produkte auf das Wettbewerbsgebaren der beteiligten Unternehmen eine disziplinierende Wirkung aus. Dieses Ergebnis ist hinsichtlich Wirksamkeit und Unmittelbarkeit dem Nachfrage-Substitutionseffekt gleichwertig. Ähnlich BGH, Beschl. v , KVR 12/06, WuW/E DE-R 1925 National Geographic II, mit Anm. Bien, WuB (Wirtschafts- und Bankrecht) 8/2007, ): Bei der Abgrenzung des relevanten Marktes sind auch Produkte einzubeziehen, die zwar mit anderen auf dem ins Auge gefassten Markt angebotenen Produkten nicht funktionell austauschbar sind, die aber die Grundlage dafür bieten, dass ihr Hersteller bei Vorliegen günstiger Wettbewerbsbedingungen jederzeit sein Sortiment umstellen und ein Konkurrenzprodukt anbieten könnte. Eine solche Angebotsumstellungsflexibilität kann jedoch nur angenommen werden, wenn die Umstellung kurzfristig und mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand erfolgen kann. Bsp.: Sachlich relevanter Produktmarkt: Lesermarkt der populären Wissensmagazine wie Geo, PM, National Geographic. Frage: Sind die großen Tages- und Wochenzeitungen in die Marktabgrenzung einzubeziehen, weil sie theoretisch in der Lage wären, ebenfalls ein populäres Wissensmagazin zu produzieren? Lautet die Antwort nein (so der BGH in seinem Beschluss National Geographic II), kommt immer noch eine Berücksichtigung der potentiellen Wettbewerber (hier: Tageszeitungen) im Rahmen der Feststellung der Marktbeherrschung in Betracht. Auf diese Weise kommt es letztlich ebenfalls zu einer günstigeren Beurteilung der Wettbewerbsverhältnisse für die interessierten Unternehmen. 23 Siehe auch BGH, Beschluss vom , KVR 21/07 - Soda-Club II, WuW/E DE-R 2268: Der [SSNIP- ]Test ist wenig aussagekräftig, wenn - wie häufig bei der Prüfung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung - nicht gewährleistet ist, dass der Ausgangspreis unter Wettbewerbsbedingungen zustande gekommen ist. (aus dem zweiten Leitsatz). 53

54 2. Räumlich relevanter Markt Kommission, aao.: Der räumlich relevante Markt umfasst das Gebiet, in dem die beteiligten Unternehmen die relevanten Produkte oder Dienstleistungen anbieten, in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von benachbarten Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet. In Betracht kommen u. a. regionale Märkte; Märkte, die das Territorium eines Mitgliedsstaats umfassen; Märkte, die eine Gruppe von Mitgliedsstaaten umfassen (z. B. Benelux, Deutschland/Österreich); die Europäische Union; der Weltmarkt. Zwei Arten von Kennzeichen für die Abgrenzung des geographischen Referenzmarktes: a) Indikatoren für das Bestehen getrennter Märkte: Erhebliche Unterschiede bei den Marktanteilen, Verkaufs- und Produktionspreisen, dem Markenangebot zwischen verschiedenen Gebieten sowie die Existenz unterschiedlicher Vertriebsnetze und Produktionsstätten in einer Vielzahl von Mitgliedsstaaten oder Regionen. b) Mögliche Ursachen für die räumliche Fragmentierung von Märkten (Bien, EWS 2005, 9 15) Verbrauchergewohnheiten (unterschiedliche Qualitäten von Toilettenpapier auf den britischen Inseln einerseits und dem Kontinent andererseits), topographisch-klimatische Bedingungen (Volvo/Scania: unterschiedliche Lkw-Präferenzen in skandinavischen Ländern einerseits, in Mitteleuropa andererseits; K+S/Solvay/JV: geringe wirtschaftliche Bedeutung von Auftausalzen in Griechenland); sprachliche Barrieren (Bücher) unterschiedlich hohe Transportkosten (K+S/Solvay/JV: Salzlieferungen per Schiff anstatt per Lkw nach Skandinavien) und Marktzutrittsschranken genannt. Unter letztere fallen u. a. - regulatorische Schranken beim öffentlichen Auftragswesen, - Preisvorschriften, - den Handel oder die Produktion einschränkende Kontingente und Zölle, - technische Normen, - staatliche Monopole, - Regelungen über die Niederlassungsfreiheit, - Erfordernisse hinsichtlich behördlicher Genehmigungen, - Verpackungsvorschriften, - Zugangsbedingungen zu den Vertriebswegen und Kosten der Errichtung eines Vertriebsnetzes. 54

55 3. Sekundärmärkte im Besonderen Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (97/C 372/03) (56) In einigen Bereichen hat die Anwendung der erläuterten Grundsätze besonders sorgsam zu erfolgen, zum Beispiel bei primären und sekundären Märkten, insbesondere wenn das Verhalten von Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt gemäß Artikel 86 untersucht werden muß. Die Methode zur Abgrenzung der Märkte in diesen Fällen ist im wesentlichen dieselbe, d. h., es geht darum, zu beurteilen, wie sich Änderungen bei den relativen Preisen auf die Kaufentscheidungen der Kunden auswirken, allerdings auch unter Berücksichtigung von Substitutionsbeschränkungen, die von Gegebenheiten auf den verbundenen Märkten bewirkt werden. So kann es zu einer engen Abgrenzung des Marktes für sekundäre Produkte wie Ersatzteile kommen, wenn die Kompatibilität mit dem Primärprodukt wichtig ist. Ist es schwierig, kompatible Sekundärprodukte zu finden, und sind die Primärprodukte teuer und lange haltbar, so kann es gewinnträchtig sein, die relativen Preise der Sekundärprodukte zu erhöhen. Sind die Sekundärprodukte dagegen leicht substituierbar oder sind die Primärprodukte so geartet, daß die Verbraucher rasch und direkt auf steigende relative Preise bei den Sekundärprodukten reagieren können, so ist der Markt unter Umständen anders abzugrenzen. Bsp.: Drucker/Toner; Rasierapparat/Rasierklinge; Pkw/Ersatzteile Kontrolle des Sekundärmarktes (abgeleiteten Marktes) häufig durch Immaterialgüterrechte (Patente, Designschutz) Mögliche Perspektiven auf das Phänomen: - Monopolthese - Systemmarktthese - Vermittelnde Ansicht: Berücksichtigung des Wettbewerbs auf dem Primärmarkt bei der Beurteilung der Marktbeherrschung auf dem gesondert abgegrenzten Sekundärmarkt. BGH, Urt. v , KZR 54/71, GRUR 1973, 277, Registrierkassen BGH, Beschl. v , KVR 21/07, WuW/E DE-R 2268 Soda Club II EuG, Urt. v Rs. T-427/08, Slg. 2010, II CEAHR/Kommission III. Marktbeherrschende Stellung Grundlegend EuGH, Urt. v , Rs. 85/76, Slg. 1949, 461 Hoffmann-La Roche 4. Mit der beherrschenden Stellung im Sinne des Artikels 86 EWG-Vertrag [jetzt Art. 102 AEUV] ist die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens gemeint, die dieses in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und letztlich den Verbrauchern gegenüber unabhängig zu verhalten. Eine solche Stellung schließt im Gegensatz zu einem Monopol oder einem Quasi-Monopol einen gewissen Wettbewerb nicht aus, versetzt aber 55

56 die begünstigte Firma in die Lage, die Bedingungen, unter denen sich dieser Wettbewerb entwickeln kann, zu bestimmen oder merklich zu beeinflussen, jedenfalls aber weitgehend in ihrem Verhalten hierauf keine Rücksicht nehmen zu müssen, ohne dass es ihr zum Schaden gereichte. 1. Bedeutung der Marktanteile Während der deutsche Gesetzgeber in der alten Fassung des GWB Vermutungsregeln aufgestellt hat ( 19 Abs. 3 GWB 2005), arbeitet das europäische Kartellrecht mit Richtwerten, die der Entscheidungspraxis der Gemeinschaftsgerichte und der Kommission entstammen. Sie werden flexible gehandhabt: - Vermutung der beherrschenden Stellung bei Marktanteil von deutlich über 40 % Beachte: Dieser Wert wurde im Rahmen der 8. GWB-Novelle vom deutschen Gesetzgeber in 18 Abs. 4 GWB an Stelle der bisherigen Vorschriften übernommen. - Zwischen 25 % und 40 % bedarf es für die Annahme einer marktbeherrschenden Stellung im Grundsatz zusätzlich eines entsprechenden Abstandes zum nächstliegenden Wettbewerber, wobei an dieses Erfordernis umso höhere Anforderungen zu stellen sind, je niedriger der Marktanteil ist. - Unterhalb von 25 % Marktanteil ist die Annahme einer marktbeherrschenden Stellung regelmäßig sehr fernliegend; bei Marktanteilen unter 10 % ist diese Annahme praktisch ausgeschlossen. 2. Sonstige Faktoren Auch diesbezüglich findet sich in 18 Abs. 3 GWB eine Aufzählung von Faktoren, die neben dem bloßen Marktanteil für die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung relevant sein können, insbesondere: - Abstand zum nächsten Wettbewerber: je größer der Abstand, je eher ist auch bei vergleichsweise geringem Marktanteil von einer beherrschenden Stellung auszugehen (siehe schon oben), - große Finanzkraft (mag Quersubventionierungen erlauben und potentielle Wettbewerber daher einschüchtern), 56

57 - hohe Marktzutrittsschranken (siehe schon oben) verringern für das Unternehmen die Gefahr potentiellen Wettbewerbs. Marktzutrittsschranken können die beherrschende Stellung daher verstärken. - Substitutionswettbewerb (Produkte oder Dienstleistungen, die verschiedenen, jedoch verwandten Märkten zuzuordnen sind). Bei extremem Preisanstieg kann es zu Ausweichstrategien der Marktgegenseite kommen (Wechsel). - Marktgegenmacht (z. B. großer Einzelhandelsketten als Nachfrager) verringert die Verhandlungsposition des Marktbeherrschers. 3. Kollektive Marktbeherrschung im Oligopol Im GWB ausdrücklich geregelt in 18 Abs. 6 GWB. Art. 102 S. 1 AEUV: ein oder mehrere Unternehmen. Dazu EuG, Urt. v , Rs. T- 193/02, Slg. 2005, II-209 Tz. 110 f. Piau/Kommission: Der Begriff «mehrere Unternehmen» in Artikel 82 EG [jetzt Art. 102 AEUV] bedeutet, dass eine beherrschende Stellung von zwei oder mehreren rechtlich voneinander unabhängigen wirtschaftlichen Einheiten eingenommen werden kann, sofern sie in wirtschaftlicher Hinsicht auf einem bestimmten Markt gemeinsam als kollektive Einheit auftreten oder handeln ( ). Für eine kollektive beherrschende Stellung müssen drei Voraussetzungen zusammen erfüllt sein: Erstens muss jedes Mitglied des beherrschenden Oligopols das Verhalten der anderen Mitglieder in Erfahrung bringen können, um festzustellen, ob sie einheitlich vorgehen oder nicht; zweitens muss der Zustand der stillschweigenden Koordinierung auf Dauer aufrechterhalten werden können, d. h., es muss einen Anreiz geben, nicht vom gemeinsamen Vorgehen auf dem Markt abzuweichen; drittens darf die voraussichtliche Reaktion der tatsächlichen und potenziellen Konkurrenten sowie der Verbraucher nicht die erwarteten Ergebnisse des gemeinsamen Vorgehens in Frage stellen. IV. Missbräuchliche Verhaltensweise 1. Ausbeutungsmissbrauch a) Grundlagen Ausbeutungsmissbrauch Art. 102 Abs. 2 lit. a AEUV: erstes Regelbeispiel für Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung: unmittelbare oder mittelbare Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen - Ziel des Verbraucherschutzes, Verhinderung der Fehlallokation von Ressourcen, Deadweight loss. 57

58 - Maßstab und Instrument: Gewährleistung von Wettbewerb. - Unangemessene Preise als Symptome für Missbrauch US Antitrustrecht: Section II Sherman Act erfasst exzessive Preise nicht, an Stelle des Kartellrechts tritt teilweise Regulierung. - Marktkräfte sind grundsätzlich besser als Kartellbehörden in der Lage, Fehlentwicklungen zu korrigieren. - Preisüberhöhungskontrolle daher nur subsidiär, dh. als Notbehelf gegenüber Maßnahmen, die auf eine Beseitigung struktureller Wettbewerbsprobleme abzielen. Praxis ist entsprechend zurückhaltend (auch in Europa und D), auch wegen praktischer Schwierigkeiten. Maßnahmen zum Schutz des Restwettbewerbs (Verhinderung von Behinderungsmissbräuchen) stehen daher im Vordergrund Sonderfall: United Brands 26, - Weitere Fälle: o British Leyland und General Motors (gesetzliche Monopolstellung, zusätzliche Errichtung von Binnenmarkthindernissen). o Liberalisierte Sektoren (Post und Telekommunikation), z. B. Deutsche Post AG (Aufhaltung grenzüberschreitender Postsendungen) und ITT Promedia. b) Maßstäbe für die Preisangemessenheit EuGH, United Brands: Preishöhenmissbrauch ist ein Verhalten, mit dem der Inhaber einer marktbeherrschenden Stellung die sich daraus ergebenden Möglichkeiten benutzt hat, um geschäftliche Vorteile zu erhalten, die er bei einem normalen und hinreichend wirksamen Wettbewerb nicht erhalten hätte Vgl. Möschel, JZ 1975, 393, 397ff. 25 ZB V. EG-Kom.-Wettbewerbsbericht 1975, RdNr. 76; XXIV. EG-Kom.-Wettbewerbsbericht 1994, RdNr. 207; XXVII. EG-Kom.-Wettbewerbsbericht 1997, RdNr. 77 Verfahren Deutsche Telekom; Martinez Lage/Allendesalazar, 2003 European Competition Law Annual, 325, 327; Haag/Klotz, Competition Policy Newsletter 1998/2, 35, EuGH, Urt. v , 27/76, Slg. 1978, 207, RdNr. 249 United Brands. 27 EuGH, Urt. v , 27/76, Slg. 1978, 207, RdNr. 249 United Brands. 58

59 Konkreter Maßstab: Preis, der in keinem angemessenen Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Wert der erbrachten Leistung steht Methode: Vergleich des Verkaufspreises mit den Gestehungskosten (in Praxis aber unbedeutend). - Methoden in Anwendungspraxis: Vergleich mit auf anderen (sachlichen, räumlich oder zeitlichen) Märkten oder zu einem anderen Zeitpunkt von dem betreffenden Unternehmen oder anderen Unternehmen praktizierten Preisen. c) Feststellung der Unangemessenheit anhand der Gestehungskosten (Kosten-Preis- Analyse) (1) Gewinnspannenbegrenzung bei Sonderrechtsinhabern - EuGH, Centre d insémination de la Crespelle 29 - EuGH, Deutsche Post/GZS und Citicorp 30 - BGH, Wasserpreise Calw. 31 Erzielung von Gewinnen ist auch Sonderrechtsinhabern nicht verboten. (EuGH, UPS) (2) Verrechnung nicht aufgelaufener Kosten Kommission, General Motors (Berechnung der Gebühr für Typenzulassung) Kommission, Hachette (refundierte Umsatzsteuer) Kommission, Duales System Deutschland (Gebühr für Zeichennutzung, ohne tatsächliche Inanspruchnahme) (3) Berücksichtigungsfähige Kosten für Vergleich mit Preis - Vergleichsmaßstab: Kosten eines (hypothetischen) effizienten Wettbewerbers oder tatsächlichen Kosten des möglicherweise wenig effizienten Marktbeherrschers? - Amortisationszeitraum bei fixkostenintensiven Produkten und Leistungen? - Mehrproduktunternehmen: Berücksichtigung von Gemeinkosten? 28 EuGH, Urt. v , 27/76, Slg. 1978, 207, RdNr. 250 United Brands; davor schon EuGH, Urt. v , 26/75, Slg. 1975, 1367, RdNr. 11 f. General Motors. 29 EuGH, Urt. v C-323/93, Slg. 1994, I Centre d insémination de la Crespelle 30 EuGH, Urt. v C-147/97, C-148/97, Slg. 2000, I Deutsche Post/GZS und Citicorp 31 BGH, Urt. v KVR 51/11, NZKart 2013, 34 Wasserpreise Calw 59

60 d) Angemessenheitsprüfung anhand von Preisvergleichen (1) Vergleich mit den vom selben Unternehmen auf anderen Märkten, gegenüber anderen Kunden, oder zu einem früheren Zeitpunkt praktizierten Preisen (Vergleichsmarktkonzept) Durchschnittspreis oder niedrigster irgendwo praktizierter Preis maßgeblich? Kommission, British Leyland (Konformitätsbescheinigungen für importierte Fahrzeuge mit Linkslenkung) (2) Vergleich mit von anderen Unternehmen praktizierten Preisen (Konkurrenzpreiskonzept) e) Verschärfte Missbrauchsaufsicht über Strom- und Gasversorgungsunternehmen sowie Wasserversorgungsunternehmen gemäß 29 und 31 Abs. 3 und 4 GWB 32 - Missbrauchsaufsicht auf Grundlage von 19 GWB wurde als unzureichend empfunden (hohe Nachweisanforderungen durch OLG Düsseldorf). - Netzentgeltregulierung (seit 2005) hat keine spürbaren Preissenkungen gebracht. - Sondervorschriften, anwendbar bis ( 131 Abs. 1 GWB). - Missbrauch steht (im Kartellverwaltungsverfahren) bereits fest, wenn Unternehmen höhere Entgelte oder ungünstigere Geschäftsbedingungen verlangt als andere Versorgungsunternehmen (erg.: auf der selben Markt- oder Wirtschaftsstufe). - Unternehmen muss sich ggf. entlasten und nachweisen, dass Abweichung sachliche gerechtfertigt ist. - Bsp.: BGH, , WuW/E DE-R 2841 Wasserpreise Wetzlar (Landeskartellbehörde Hessen) und Bundeskartellamt, Berliner Wasserbetriebe, B 8-40/10. f) Diskriminierung von Handelspartnern mit der Folge deren Benachteiligung im Wettbewerb (lit. c) Bsp.: BKartA, Beschluss vom 19. Mai 2011 B 3 139/10 - Merck) Die Merck KGaA stellt pharmazeutische und chemische Produkte her. Sie ist der führende Hersteller von Laborchemikalien in Deutschland mit einem Marktanteil von deutlich über 50 Prozent. Der weltweite Konzernumsatz des Unternehmens liegt bei mehreren Milliarden Euro und ein durchschnittlicher Händler von Laborchemikalien muss Merck-Produkte in seinem Sortiment führen um wettbewerbsfähig zu sein. Der mit Abstand größte Abnehmer von Merck-Produkten ist die europäische VWR International Europe bvba, Zaventem/Belgien, ( VWR ), ein Teil der US-amerikanischen VWR-Gruppe, dem weltweit führenden Händler von Laborchemikalien. Die anderen 32 In der Vorlesung nicht behandelt. 60

61 Abnehmer Mercks sind kleinere Laborchemikalienhändler mit Umsätzen unter 100 Mio. Euro. Im Jahr 2004 hatte Merck mit VWR einen Alleinbelieferungsvertrag für Laborchemikalien abgeschlossen. Mit Beschluss vom 14. Juli 2009 (B3-64/05) stellte das Bundeskartellamt fest, dass die Alleinbelieferung für bestimmte Gruppen der Laborchemikalien gegen Artikel 81 EGV [jetzt: Art. 101 AEUV] und die parallele deutsche Vorschrift 1 GWB sowie gegen das Diskriminierungsverbot gemäß 20 Abs. 1 und 2 GWB verstößt. Merck und VWR wurde untersagt, den Vertrag in der bisherigen Form weiter zu praktizieren. Das Bundeskartellamt hat Merck verpflichtet, nicht nur VWR, sondern den gesamten Laborchemikalienhandel direkt und diskriminierungsfrei mit den betroffenen Laborchemikalien zu beliefern. Merck führte daraufhin ein neues Rabattsystem für die nicht mehr der Exklusivität unterliegenden Produktgruppen ein. Dieses Rabattsystem sieht einen gestaffelten Rabatt für die Abnehmer Mercks vor, der sich am Gesamtjahresumsatz eines Händlers mit Merck orientiert. Angesichts der stark divergierenden Umsätze, die die verschiedenen Händler mit Merck-Produkten erzielen, führt das Rabattsystem zu einer starken Spreizung der tatsächlich gewährten Rabatte. Der von VWR verlangte Preis liegt deutlich unter demjenigen, den die kleineren Konkurrenten von VWR zu entrichten haben. Ist eine derartige Rabattstaffelung mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar? g) Weitere Regelbeispiele in Art. 102 Abs. 2 AEUV im Überblick 33 - Erzwingung unangemessener Geschäftsbedingungen (lit. a) - Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher (lit. b) - Kopplung und Bündelung zum Zwecke der Ausbeutung (lit. d) 2. Nichtpreisbezogener Behinderungsmissbrauch a) Geschäftsverweigerung und Essential facility Doktrin insbesondere - Einsatz der marktbeherrschenden Stellung, um auch auf einem benachbarten Markt eine dominante Stellung zu erlangen (leveraging). Begehungsweise: Geschäftsverweigerung. - Dadurch enthält sie Mitbewerbern einen Input vor, der für den Auftritt auf dem verbundenen Markt erforderlich ist. - Praktisch ist hierfür eine Flaschenhalssituation erforderlich: - bewegliche Güter, insbesondere Rohstoffe, Vor- und Zwischenprodukte, Komponenten) - unbewegliche Güter, insbesondere Infrastruktureinrichtungen wie Flug- und Seehäfen einschließlich einzelner Flughafeneinrichtungen wie Rampen für 33 In der Vorlesung nicht behandelt. 61

62 Bodenabfertigungsdienste 34, Betankungsanlagen oder Reservierungssysteme, außerdem Netzwerke, Produktionseinrichtungen und Übertragungsleitungen - immaterielle Güter, insbesondere geschütztes und nicht geschütztes Know-how sowie Informationen, zum Beispiel Schnittstelleninformationen betreffend die Verbindung von Software-Elementen in einem IT-Netzwerk Magill-Kriterien: Missbräuchlichkeit ist zu bejahen, wenn - Rechteinhaber ein selbst nicht angebotenes Erzeugnis, nach dem eine potentielle Verbrauchernachfrage besteht, verhindert; - diese Weigerung durch die Tätigkeit der Rechteinhaber auf dem betroffenen Markt nicht gerechtfertigt ist und - der Rechteinhaber durch die Weigerung zur Erteilung von Lizenzen sich einen abgeleiteten Markt vorbehält, in dem er jeden Wettbewerb auf diesem Markt ausschließt. Bsp.: EuGH, 6/73, 7/73, Slg. 1974, 223 Commercial Solvents : Ein Unternehmen, das den Markt für einen bestimmten Rohstoff beherrschte, begann auch mit der Erzeugung von Derivaten und beendete die Versorgung eines langjährigen Kunden und Weiterverarbeiters, der auf diesem Markt seit längerem tätig war. Bsp.: EG-Kommission, ABlEG 1994, L 15 S. 8 "Sea Containers v. Sealink (Sealink II)": Die Reederei Stena betrieb durch ihre Tochterunternehmen sowohl den Hafen von Holyhead in Wales als auch den Fährverkehr von diesem Hafen aus nach Irland. Die Unternehmung Sea Container wollte Fährdienstleistungen aus diesem Hafen nach Irland im Wettbewerb zu Stena aufnehmen. Unter Hinweis auf angebliche technische Schwierigkeiten und fehlende Kapazität verweigerte Stena den Zugang zum Hafen. Bsp.: EuGH, Urt. v , Verb. Rs. C 241/91 P und C 242/91 P, Slg I, 743 Magill TV Guide: Der Verlag Magill TV Guide Ltd. wurde zu dem Zweck gegründet, in Irland und Nordirland eine Wochenzeitschrift, den Magill TV Guide, zu veröffentlichen, die umfassend Informationen über alle von den Zuschauern in diesem Gebiet zu empfangenden wöchentlichen Fernsehprogramme enthalten sollte. Bis dahin gab es einen solchen umfassenden wöchentlichen Programmführer nicht; jeder Fernsehveranstalter veröffentlichte eine eigene Zeitschrift, die ausschließlich die eigenen Programme enthielt. 34 Kom., ABl L 72/30, Rn Flughafen Frankfurt. 35 Kom., COMP/C-3/37.792, Rn Microsoft. 62

63 Unter Berufung auf den urheberrechtlichen Schutz der wöchentlichen Programmvorschauen nach den britischen und irischen Urheberrechtsgesetzen, verweigerten die Fernsehveranstalter die ausführliche Wiedergabe und Veröffentlichung ihrer Programme durch Dritte. Ausübung eines nationalen Urheberrechts als Missbrauch im Sinne des Art. 102 AEUV (damals noch Art. 82 EG)? Bsp.: EuGH, Urt. v , C-418/01, Slg. 2004, I 5039 = WRP 2004, 717 IMS Health/Kommission: Das Unternehmen IMS Health ist Marktbeherrscher in der Sammlung von Daten über Verkäufe pharmazeutischer Produkte. Es unterteilt Deutschland in 1860 Verkaufszonen (sog. "Baukastensystem", urheberrechtlich geschützt). Sie bilden in der Pharmaindustrie den Standard für die Erfassung von Vertriebsstrukturen in Computerdatenbanken. Eine Umstellung auf ein alternatives Erfassungsmodell würde hohe Kosten verursachen. Haben Wettbewerber von IMS Health einen Anspruch auf Lizenzerteilung für das Baukastensystem? Bsp.: BGH, Beschl. v , KVR 7/12, NJW 2013, 1095 = NZKart 2013, 160 Fährhafen Puttgarden II Scandlines ist Eigentümerin des Fährhafens Puttgarden auf der deutschen Insel Fehmarn und betreibt als einzige Anbieterin eine Fährverbindung auf der sog. Vogelfluglinie nach Rødby (Dänemark). Die norwegischen Unternehmen Eidsiva und Fosen beabsichtigen, im Rahmen eines Gemeinschaftsunternehmens einen stündlichen Fährdienst auf derselben Strecke zu betreiben. Zur Durchführung ihres Vorhabens sind sie auf die Mitbenutzung der bestehenden land- und seeseitigen Einrichtungen der Hafenanlage angewiesen, die Scandlines jedoch verweigert. Scandlines hält die Weigerung für gerechtfertigt, weil die Mitbenutzung des Fährhafens Puttgarden zumindest aus rechtlichen Gründen i. S. v. 19 Abs. 2 Nr. 4 HS. 2 GWB [2013] unmöglich sei. Die im Rahmen der Hafenmitbenutzung geplanten Park- und Vorstauflächen seien derzeit dem Eisenbahnverkehr gewidmet und es sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorauszusehen, dass dieses Hindernis durch eine eisenbahnrechtliche Entwidmung oder Planfeststellung beseitigt werden könne. 63

64 b) Abnehmerbindung - Erfasst wird die Bindung sowohl von (industriellen) Endabnehmern) als auch von Zwischenhändlern. - In Betracht kommt stets auch ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV (wettbewerbsbeschränkende Vertikalvereinbarung). - Missbräuchlichkeit kommt unter zwei Gesichtspunkten in Betracht: Einschränkung der Wahlfreiheit des Abnehmers und im Fall von Zwischenhändlern der Endverbraucher führen (Ausbeutungsmissbrauch) und Behinderung von Mitbewerbern durch Errichten von Marktzutrittshindernissen. - Im Hinblick auf Behinderungsaspekt spielt es keine Rolle, ob diese Bindung dem Kunden aufgezwungen oder ob sie von diesem freiwillig eingegangen wurde Spielarten der Bezugsbindung mit Abschottungspotential: vertragliche Exklusivbindung und bloß quantitative, aber am tatsächlichen Bedarf ausgelegte Mindestabnahmeverpflichtung angenommen. 37 Außerdem: rechtlicher (vertraglicher) oder faktischer Zwang. Bsp.: Kom., ABl L 246/1, Rn. 270 Van den Bergh Foods; bestätigt durch EuG, T- 65/98, Slg. 2003, II-4653, Rn. 160 Van den Bergh Foods: Den Händlern wurde die Verpflichtung auferlegt, die ihm zur Verfügung gestellten Kühltruhen nur zur Aufbewahrung der von dem beherrschenden Lieferanten gelieferten Waren zu verwenden: Faktische Verpflichtung zum Exklusivbezug, da die Abnehmer im Regelfall nicht in der Lage oder nicht daran interessiert waren, noch eine weitere Kühltruhe im Verkaufslokal aufzustellen. 36 EuGH, 85/76, Slg. 1979, 461, Rn. 89 Hoffmann-La Roche; EuG, T-128/98, Slg. 2000, II-3929, Rn. 170 Aéroports de Paris. 37 Kom., ABl L 152/21, Rn. 8, 29 Soda-Solvay. 64

65 c) Kopplung und Bündelung Bsp.: EuG, Urt. v , Rs. T 201/04, Slg. 2007, II Microsoft/Kommission: Microsoft entwickelt und vermarktet Software-Produkte. Mit den verschiedenen Versionen seines Betriebssystems Windows hat das Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für Client-PC-Betriebssysteme und auf dem Markt für Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme. Der von Microsoft ebenfalls entwickelte Windows Media Player ist technisch in Windows integriert und wird vorinstalliert mit jeder Version des Betriebssystems ausgeliefert. Vgl. auch die sog. Microsoft II-Entscheidung betreffend den Internet Explorer. 3. Preisbezogene Behinderungsmissbräuche a) Grundlagen - Niedrigpreisstrategien können dazu dienen, Wettbewerber zu disziplinieren und vom Markt zu verdrängen. Die Missbräuchlichkeit hängt wesentlich davon ab, ob die praktizierten Preise kostendeckend sind oder nicht. Sind die Preise des Marktbeherrschers nicht kostendeckend, können Konkurrenzunternehmen nicht zuletzt aufgrund ihrer geringeren Finanzkraft in diesem Preiskampf nur begrenzte Zeit mithalten. Bleibt das marktbeherrschende Unternehmen im Zeitverlauf allein am Markt zurück, kann es die Preise so gestalten, dass nicht nur die während des Verdrängungskampfes entstandenen Verluste kompensiert, sondern auch Gewinne generiert (Überkompensation, Recoupment ). 65

66 (1) Ökonomische Rationalität von Kampfpreisen/Bedürfnis für kartellbehördliches Einschreiten? - Gewinnmaximierung: Preistheoretische Analyse unter der Prämisse unvollkommener Information - Verdrängung: Signalisierung von Leistungswettbewerb zum Ausschluss tatsächlicher Konkurrenten aus demselben Markt - Abschreckung: Suggerieren von schwacher Marktnachfrage und fehlenden Erfolgsaussichten, um potentielle Wettbewerber von einem Markteintritt abzuhalten - Disziplinierung: Aggressive Preispolitik in einem Markt als Strategie zur Verhinderung kämpferischen Verhaltens von Konkurrenten auf anderen Märkten (Bsp.: AKZO) - Umsatzmaximierung: Ziel ist allein der Zugewinn bzw. die Sicherung von Marktanteilen ( buying market share pricing -Theorie), der Ausgleich der anfänglichen Verdrängungsverluste spielt dagegen keine Rolle. - Private Unternehmen: Kurzfristige Steigerung des Marktwertes von Unternehmen (Erhöhung von Umsatzzahlen bzw. Kapitalstock), Erhöhung von Ansehen und Einkommen (leistungsbezogene Boni) der Geschäftsführung - Staatlichen Unternehmen: Überwiegend politische Ziele (Sicherung des öffentlichen Versorgungsauftrags, Erhalt von Arbeitsplätzen) 66

67 (2) Kosten-Preis-Vergleiche - Equally efficient competitor-test: Könnte ein hypothetischer Wettbewerber, der die Kostenstruktur des marktbeherrschenden Unternehmens aufweist, aber nicht über dessen Marktmacht verfügt, kostendeckend am Markt agieren, wenn er die Preise des marktbeherrschenden Unternehmens verlangen würde? (3) Equally efficient competitor- versus Reasonable efficient competitor-test Kommission, Prioritätenmitteilung: Die Kommission wird nur dann tätig, um wettbewerbswidrige Marktverschließungen zu verhindern, wenn das fragliche Verhalten andere, genauso effiziente Wettbewerber wie das marktbeherrschende Unternehmen ( as efficient competitors ) daran hindert bzw. bereits gehindert hat, am Wettbewerb teilzunehmen. 38 Siehe schon EuGH, C-62/86, Slg I-3439, Rn. 72, 74 - AKZO; EuGH, C-202/07 P, Slg I-02369, Rn France Télécom; EuGH, C-52/09, Slg I-00527, Rn. 41 Telia Sonera. Begründung: 38 Kom., Prioritätenmitteilung Rn

68 - Von Marktbeherrscher kann Kenntnis der Kostendaten der Wettbewerber nicht verlangt werden Es geht um Schutz des Wettbewerbs, nicht um den Schutz weniger effizienter Wettbewerber. Anwendung des für das marktbeherrschende Unternehmen strengeren Reasonably efficient competitor-maßstabs nur in Ausnahmefällen angezeigt: - Wettbewerber braucht Zeit, um von möglichen Netz- und Lerneffekten zu profitieren, um so mittelfristig ein dem Marktbeherrscher ebenbürtiger Wettbewerber zu werden. 40 Dazu EuGH, Telia Sonera: Insofern ist nicht auszuschließen, dass die Kosten und Preise der Wettbewerber für die Prüfung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Preispolitik relevant sind. Das könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die Kostenstruktur des beherrschenden Unternehmens aus objektiven Gründen nicht klar erkennbar ist oder wenn die den Wettbewerbern erbrachte Leistung lediglich darin besteht, eine Infrastruktur zu nutzen, deren Herstellungskosten sich bereits amortisiert haben, so dass der Zugang zu dieser Infrastruktur für das beherrschende Unternehmen nicht mehr mit Kosten verbunden ist, die mit den Kosten ihrer Wettbewerber für diesen Zugang wirtschaftlich vergleichbar sind, oder wenn die besonderen Wettbewerbsbedingungen des Marktes es erfordern, weil z. B. die Höhe der Kosten des beherrschenden Unternehmens speziell auf den Wettbewerbsvorteil zurückzuführen ist, den die beherrschende Stellung diesem Unternehmen beschert. 41 (4) Kostenarten Fixkosten - Kosten, die nicht mit der produzierten Menge variieren. 42 Beispiele sind Miete für Produktions- oder Lagerräume 43 sowie Kosten für die Nutzung eines Netzes Vgl. EuGH, C-62/86, Slg I-3439, Rn AKZO. 40 Kom., Prioritätenmitteilung Rn EuGH, C-52/09, Slg. 2011, I-527, Rn. 45 Telia Sonera. 42 EuGH, C-62/86, Slg. 1991, I-3359, Rn. 71 AKZO. 43 O Donoghue/Padilla Schlussanträge, C-209/10, Rn. 34 Post Danmark. 68

69 Grenzkosten ( marginal costs MC) werden die Kosten für die Produktion einer zusätzlichen Einheit an Output verstanden. Praktisch sehr schwer bestimmbar. Variable Kosten ( variable costs ) - Kosten, die mit der produzierten Menge variieren. 45 Bsp.: Rohmaterialien und Kundenakquisitionskosten 46. Durchschnittlichen variable Kosten ( average variable costs AVC) - Summe der variablen Kosten geteilt durch die Ausbringungsmenge. Durchschnittliche vermeidbare Kosten ( average avoidable costs AAC) Mittel aus den Kosten, die ein Unternehmen hätte vermeiden können, wenn es darauf verzichtet hätte, eine abgesonderte Menge an (zusätzlichem) Output zu produzieren. 47 AAC sind (theoretisch) höher als AVC, in der Praxis aber nicht selten identisch mit ihnen, da zumindest kurzfristig nur die variablen Kosten vermieden werden können. 48 Bsp.: Mietvertrag über eine Produktionshalle kann erst nach Ablauf bestimmter Fristen gekündigt werden. Langfristige durchschnittliche Grenzkosten bzw. Zusatzkosten ( long-run average incremental costs LRAIC) - Mittel aller (variablen und fixen) Kosten, die einem Unternehmen bei der Herstellung eines bestimmten Produkts entstehen 49. MaW: alle produktspezifischen Kosten, einschließlich der versunkenen Kosten (anders: AAC). Durchschnittliche Gesamtkosten ( average total costs ATC) - Summe aller variablen und fixen Kosten, geteilt durch die Gesamtausbringungsmenge. 50 Im Falle von Einproduktunternehmen sind LRAIC und ATC identisch. Bei Mehrproduktunternehmen sind jedoch die ATC größer als die LRAIC, da Gemeinkosten in den LRAIC nicht enthalten sind. 51 Gemeinkosten ( common costs ) - Kosten, die bei Mehrproduktunternehmen für mehrere oder alle Produkte anfallen und unverändert bleiben, wenn ein Produkt 45 EuGH, C-62/86, Slg. 1991, I-3359, Rn. 71 AKZO. 46 EuGH, C-202/07 P, Slg. 2009, I-2369, Rn. 78 France Telekom. 47 Kom., Prioritätenmitteilung Rn. 26 Fn Kom., Prioritätenmitteilung, Rn. 26 Fn Kom., Prioritätenmitteilung, Rn. 26 Fn EuGH, C-62/86, Slg. 1991, I-3359, Rn. 72 AKZO. 51 Kom., Prioritätenmitteilung, Rn. 26 Fn

70 eingestellt wird und deshalb nicht unmittelbar einem bestimmten Produkt zugerechnet werden können. (5) Kostenmaßstäbe, insbesondere AKZO-Formel: Entwickelt in Anlehnung an den von Areeda/Turner zu Section II Sherman Act entwickelten Test zur Feststellung von Kampfpreisen 52 : Preise, die unter den durchschnittlichen variablen Kosten (d. h. den Kosten, die je nach den produzierten Mengen variieren) liegen und mit deren Hilfe ein beherrschendes Unternehmen versucht, einen Konkurrenten auszuschalten, sind als missbräuchlich anzusehen. Ein beherrschendes Unternehmen hat nämlich nur dann ein Interesse, derartige Preise zu praktizieren, wenn es seine Konkurrenten ausschalten will, um danach unter Ausnutzung seiner Monopolstellung seine Preise wieder anzuheben, denn jeder Verkauf bringt für das Unternehmen einen Verlust in Höhe seiner gesamten Fixkosten (d. h. der Kosten, die ungeachtet der produzierten Mengen konstant bleiben) und zumindest eines Teils der variablen Kosten je produzierte Einheit mit sich. Auch Preise, die unter den durchschnittlichen Gesamtkosten - das heißt Fixkosten plus variable Kosten -, jedoch über den durchschnittlichen variablen Kosten liegen, sind als missbräuchlich anzusehen, wenn sie im Rahmen eines Plans festgesetzt wurden, der die Ausschaltung eines Konkurrenten zum Ziel hat. Diese Preise können 52 Areeda/Turner 88 Harvard L. Rev. 1974/75,

71 nämlich Unternehmen vom Markt verdrängen, die vielleicht ebenso leistungsfähig sind wie das beherrschende Unternehmen, wegen ihrer geringeren Finanzkraft jedoch nicht dem auf sie ausgeübten Konkurrenzdruck standhalten können. 53 (6) Nachweisanforderungen Der Nachweis, dass Niedrigpreispolitik eines marktbeherrschenden Unternehmens den Marktaustritt, die Disziplinierung oder die Abschreckung aktueller oder potentieller Wettbewerber bewirken kann, obliegt (ebenso wie der Nachweis einer entsprechenden Absicht und Ausrichtung) der Kartellbehörde oder dem privaten Kläger in einem nationalen Gerichtsverfahren. Nicht erforderlich ist, dass der tatsächliche oder unmittelbar bevorstehende Eintritt dieser Wirkungen nachgewiesen wird. 54 Es reicht vielmehr Nachweis der (nicht bloß abstrakten) Eignung, diese Wirkung unter den gegebenen Marktbedingungen zu erzielen EuGH, C-62/86, Slg. 1991, I-3359, Rn. 72 AKZO; zuletzt EuG, T-340/03, Slg. 2007, II-107, Rn. 197 France Télécom. 54 EuG, T-24 26/93, T-28/93, Slg. 1996, II-1201, Rn. 149 Compagnie maritime belge; EuG, T- 219/99, Slg. 2003, II-5917, Rn. 297 British Airways; bestätigt durch EuGH, C-95/04 P, Slg. 2007, I-2331 British Airways. 55 Vgl. Kom., ABl L 374/1, Rn AKZO. 71

72 (7) Gemeinkosten Unterdeckung der Produktionskosten durch den Verkaufspreis kann sich auch daraus ergeben, dass der Preis die Kosten der (Mit-)Nutzung gemeinsamer Produktionseinrichtungen nicht ausreichend reflektiert. Schwierigkeit liegt darin, Gemeinkosten den einzelnen Produkten zuzuordnen. (8) Verdrängungsabsicht - Nachweis einer Verdrängungsabsicht kann ausschlaggebend sein bei Abgrenzung zwischen erlaubtem Leistungswettbewerb und unzulässigem Verdrängungswettbewerb (siehe oben AKZO-Formel ). 72

73 - Nachweis eines strategischen Plans zur Verdrängung, Disziplinierung oder Abschreckung aktueller oder potenzieller Wettbewerber kann direkt oder indirekt (d. h. durch Bezugnahme auf Begleitumstände etwa der Preissenkung erbracht werden: - Direkte Beweise: unternehmensinterne Dokumente (zb s, Protokolle, Vermerke) oder entsprechende Drohungen gegenüber den Wettbewerbern. - Indirekte Nachweise: Begleitumstände wie Selektivität einer Maßnahme, beschränkt auf wichtige Kunden des Mitbewerbers, dadurch Verhindern des Erreichens einer kritischen Masse oder Erbringen eines finanziellen Opfers ( sacrifice ) durch Marktbeherrscher. (9) Rechtfertigung/Effizienzeinrede - Rechtfertigung ist möglich, Beweislast aber beim Marktbeherrscher. - (Ungeschriebene) Voraussetzungen ähneln denjenigen von Art. 101 Abs. 3 AEUV. EuGH, Post Danmark: Unternehmen in beherrschender Stellung [hat] nachzuweisen, [1] dass die durch das betreffende Verhalten möglicherweise eintretenden Effizienzvorteile [2] wahrscheinlich negative Auswirkungen auf den Wettbewerb und die Interessen der Verbraucher auf den betroffenen Märkten ausgleichen, [3] dass diese Effizienzvorteile durch das genannte Verhalten erzielt worden sind oder erzielt werden können und dass dieses Verhalten für das Erreichen der Effizienzvorteile notwendig ist und [4] einen 73

74 wirksamen Wettbewerb nicht ausschaltet, indem es alle oder die meisten bestehenden Quellen tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbs zum Versiegen bringt. 56 Beispiele: - Generierung zusätzlicher Folgeeinnahmen (häufig auf einem anderen Markt) durch den für sich unter Umständen verlustbringenden Absatz von Waren oder Dienstleistungen (Bsp.: Zeitung: Lesermarkt und Anzeigenmarkt; Kreditkarteninhaber und die Nutzung von Kreditkarten gestattende Kaufleute; Nutzung einer kostenlosen Suchmaschine einerseits und Werbekunden des Suchmaschinenbetreibers andererseits). Weiteres Beispiel: Testverkäufe. - Meeting competition defense, d.h. die Reaktion auf die Preispolitik von Konkurrenzunternehmen. - Notwendigkeit einer Lagerräumung, insbesondere des raschen Verkaufs verderblicher Ware oder bestimmter Saisonartikel. Ausdrücklich geregelt in 20 Abs. 3 S. 3 GWB betreffend Lebensmittel. b) Kampfpreismissbrauch (Predatory Pricing) Bsp.: Kommission WuW/E EU-V 1005 Wanadoo Interactive : Wanadoo Interactive, eine Tochtergesellschaft von France Télécom, hatte auf dem Markt für den Endkundenzugang zu Breitbandleitungen (ADSL-Leitungen) eine marktbeherrschende Stellung. France Télécom war lange Zeit der einzige Dienstanbieter im ADSL-Vorleistungsbereich gewesen. Wanadoo Interactive setzte während einer entscheidenden Entwicklungsphase des Breitbandmarktes in Frankreich bis Oktober 2002 die Endkundenpreise für die eigenen ADSL-Produkte unterhalb der durchschnittlichen Gesamtkosten fest. Aufgrund dieser Preispolitik verzeichnete Wanadoo bis Ende 2002 beträchtliche Verluste. 56 EuGH, C-209/10, Urteil v , Rn. 42 Post Danmark. Arabische Ziffern vom Verf. 74

75 c) Kosten-Preis-Schere (Margin Squeeze) bzw. Geschäftsverweigerung Bsp.: Kommission WuW/E EU-V 908 "Deutsche Telekom": Die Deutsche Telekom, marktbeherrschend in Deutschland auf dem Markt für den Zugang zu örtlichen Festnetzen, bietet Endkunden Zugang zum Ortsnetz über Breitband zu einem monatlichen Grundpreis, der unter demjenigen liegt, den die Deutsche Telekom von ihren Wettbewerbern wie Mannesmann Arcor auf der Großhandelsebene verlangt. Die Wettbewerber sind dadurch gezwungen, Breitbandzugang zum Ortsnetz an Endkunden zu einem Preis zu liefern, der unter ihren eigenen Kosten liegt. Andernfalls sind sie nicht wettbewerbsfähig im Verhältnis zur Deutschen Telekom. Welche Bedeutung hat der Umstand, dass die deutsche Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (heute: Bundesnetzagentur) beide von der Deutschen Telekom verlangten Preise genehmigt hat? (vgl. auch BGH, KZR 7/02, WuW/E DE-R "Verbindung von Telefonnetzen"). Kann die Deutsche Telekom erfolgreich einwenden, dass ihre Wettbewerber etwaige Verluste bei der Grundgebühr leicht durch Verbindungsentgelte ausgleichen können, die über den Breitbandzugang erzielt werden? d) Unzulässige Rabatt- bzw. Prämiensysteme Im Zusammenhang mit Rabattsystemen zu prüfende Missbrauchstatbestände (MünchKommEUWettbR-Eilmansberger, 2007, Art. 82 Rdn. 467ff.): - Unangemessene bzw. unbillige Geschäftsbedingungen (Art. 102 Abs. 2 lit. a AEUV), insbesondere wegen deren Intransparenz (vgl. Michelin II), 75

76 - den Wettbewerb zwischen den Unternehmen der Marktgegenseite verfälschende Diskriminierung (Art. 102 Abs. 2 lit. c AEUV, siehe sogleich unten British Airways), - Verstoß gegen das Koppelungsverbot, insbesondere, wenn die Gewährung des Rabatts davon abhängig gemacht wird, dass die Marktgegenseite Produkte bezieht, die auf anderen Märkten angeboten werden (Art. 102 Abs. 2 lit. d AEUV, vgl. Hoffmann-LaRoche). - Behinderung durch Marktabschottung (siehe sogleich unten British Airways) hier im Fokus der Betrachtung, Theoretisch ist es möglich, die etwaige marktverschließende Wirkung eines Rabattsystems mithilfe eines Kosten-Preis-Vergleichs nachzuweisen. Die besondere Schwierigkeit solcher Kosten-Preis-Vergleiche in Rabattfällen liegt in der Notwendigkeit, die Kosten des Marktbeherrschers mit dem von ihm verlangten effektiven Preis zu vergleichen. Es geht darum, den Preis zu bestimmen, den ein Wettbewerber unterbieten müsste, um einen Kunden des Marktbeherrschers für den Rabattverlust zu entschädigen, den er erleidet, wenn er einen Teil seiner Nachfrage, die sog. relevante Menge, nicht beim Marktbeherrscher, sondern bei ihm, dem Wettbewerber, deckt. 57 Ist dieser effektive Preis nicht kostendeckend, kann eine Sogwirkung entstehen, mit der eine Verdrängung von kleineren Wettbewerbern einhergeht. Durchgeführt hat die Kommission solchen Vergleich zwischen dem effektiven Preis, den der Marktbeherrscher für den bestreitbaren Teil der Nachfrage verlangt, und seinen Kosten, im Fall INTEL. 58 In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle behilft die Praxis sich damit, Rabattsysteme anhand qualitativer Kriterien zu bewerten. Folgende Kriterien spielen in der 57 Kom., Prioritätenmitteilung Rn Kommission, Entscheidung v Comp./C-3/ Intel. 76

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