Plattformverbote im Internethandel Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht 10. Oktober 2013
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- Kai Vogt
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1 Plattformverbote im Internethandel Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht 10. Oktober 2013 JURISTISCHE FAKULTÄT Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht (einschl. Berg- und Energierecht)
2 A. Beobachtung: Flucht in den Selektiven Vertrieb Ausgangslage Markenhersteller beobachten lebhaften Preiswettbewerb im Internet, insbesondere Preiskämpfe auf Internetplattformen wie amazon und ebay ( Verramschung der Produkte zu Billigpreisen auf ebay als Resterampe ) Lösungsversuch Verschärfung der Vertriebsvorgaben gerade auch für den Internetvertrieb Insbesondere: Ausschluss von Internethändlern und Internetplattformen Begründungsversuche Sicherung der Qualität im Verkauf (Anforderungen an die Präsentation) Schutz der Marke (Vergleich der Plattformen mit Discountern) 2
3 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. iur. Andrea Lohse B. Befund: Händler 3
4 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. iur. Andrea Lohse B. Befund: Ebay 4
5 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. iur. Andrea Lohse B. Befund: Ebay 5
6 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. iur. Andrea Lohse B. Befund: Ebay 6
7 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. iur. Andrea Lohse B. Befund: Gegenüberstellung Scout - Händlershop Scout - Ebayshop 7
8 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. iur. Andrea Lohse B. Befund: Amazon 8
9 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. iur. Andrea Lohse B. Befund: Amazon 9
10 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. iur. Andrea Lohse B. Befund: Amazon 10
11 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. iur. Andrea Lohse B. Befund: Händler 11
12 C. Plattformverbote: Wettbewerbsbeeinträchtigungen Beeinträchtigung des intra und interbrand Wettbewerbs Plattformen erleichtern Suche/Vergleich und Vertragsabwicklung Plattformen erhöhen Angebotsreichweite der Händler Plattformen verbessern Informationslage/Markttransparenz Behinderung der/ Errichtung von Marktzutrittsschranken für Plattformen Erfolg von amazon: Bei uns finden Sie alles. Gefahr auch für Preisvergleichsportale und Formate wie google shopping Behinderung der Fachhändler im Internetvertrieb Nutzung der Internetplattformen infolge veränderter Nachfragegewohn- heiten nahezu unabdingbar: Verbraucher surfen nicht mehr von website zu website, sondern nutzen cybermediaries, die das für sie übernehmen 12
13 Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. iur. Andrea Lohse D. Befund: Bedeutung der cybermediaries 13
14 E. Plattformverbote: Wettbewerbsbeschränkungen? Plattformverbot wäre nach der Rspr. dem EuGH in einem selektiven Vertriebssystem keine Wettbewerbsbeschränkung isv. Art. 101 Abs. 1 AEUV, wenn (die übrigen Erfordernisse vorausgesetzt) die Eigenschaften des fraglichen Erzeugnisses zur Wahrung seiner Qualität und seines richtigen Gebrauchs ein selektives Vertriebssystem erfordern (Fabre, L Oréal, Leclerc) und die Verpflichtungen nicht über die Notwendigkeiten eines auf Qualitätsanforderungen aufgebauten selektiven Vertriebssystems hinausgehen (L Oréal) bzw. die aufgestellten Kriterien in Anbetracht der Eigenschaften der in Rede stehenden Produkte objektiv gerechtfertigt sind (Fabre), jedoch nur unter der Voraussetzung, dass das System/die Beschränkungen zur Stärkung des Wettbewerbs beitragen und damit einen Ausgleich für die Wettbewerbsbeschränkungen schaffen (Leclerc, Metro I, AEG) 14
15 E. Plattformverbote: Wettbewerbsbeschränkungen? 1. Test: Produktcharakter muss ein auf Qualitätsanforderungen aufgebautes selektives Vertriebssystem erfordern, das den Wettbewerb stärkt Erhebliche Werbeanstrengungen sind für sich allein kein objektiver Rechtfertigungsgrund (Leclerc) Langlebige, hochwertige und technisch hoch entwickelte Erzeugnisse (Metro I, AEG): Wettbewerbsfördernder Erhalt von vertriebsbezogenen Serviceleistungen des Fachhandels Luxuskosmetika (Leclerc, Copard): Wettbewerbsfördernder Erhalt der an unterschiedlichen Kundenbedürfnissen ausgerichteten Marktsegmentierung Bestimmte Markenprodukte (Signalisierung hoher Produktqualität bei Erfahrungs-/Vertrauensgütern über das Markenimage): Wettbewerbsfördernder Erhalt der Vermarktungsmöglichkeit hochwertiger Produkte 15
16 E. Plattformverbote: Wettbewerbsbeschränkungen? 2. Test: Qualitative Anforderungen an den Vertrieb dürfen nicht über das hinausgehen, was in Anbetracht des Produktcharakters erforderlich ist, und müssen auf eine Verbesserung des Wettbewerbs abzielen Langlebige, hochwertige und technisch hoch entwickelte Erzeugnisse (Metro I): Keine Voraussetzungen, die über die Notwendigkeiten eines der Art des Erzeugnisses entsprechenden Vertriebs hinausgehen Luxuskosmetika (Leclerc; vgl. auch Copard): Qualitative Kriterien, die nicht über das hinausgehen, was für den Verkauf dieser Produkte unter angemessenen Bedingungen für ihre Präsentation erforderlich ist. Markenprodukte (Signalisierung hoher Produktqualität bei Erfahrungs- /Vertrauensgütern über das Markenimage): Qualitative Anforderungen, die das Potenzial sichern, über die Marke hohe Qualität zu signalisieren, insbesondere an die Präsentation 16
17 E. Plattformverbote: Wettbewerbsbeschränkungen? Sind Plattformverbote erforderliche qualitative Anforderungen an den Vertrieb, die auf eine Verbesserung des Wettbewerbs abzielen? Sichern Plattformverbote das Markenprestige bzw. das Potenzial, über die Marke hohe Qualität zu signalisieren, weil sie beschädigt würden? Das Ziel, den Prestigecharakter vermittels einer Qualitätsanforderung für den stationären Vertrieb zu schützen, die de facto sämtliche Formen des Verkaufs über das Internet untersagt, kann kein legitimes Ziel zur Beschränkung des Wettbewerb sein (Fabre) Keine Rechtfertigung für Beschränkungen im selektiven Vertrieb, deren einzige Wirkung darin besteht, den Preiswettbewerb einzuschränken (AEG) Sind Plattformverbote vielleicht keine Qualitätsanforderungen, sondern internetspezifische Vertriebsbindungen für den Verkauf an Verbraucher? 17
18 F. Plattformverbote: Kernbeschränkungen? Kundenbeschränkungen? Art. 4 lit. b, lit. c GVO: restriction of customers, to whom the buyer may sell bzw. restriction of active or passive sales to end users Internetkunden sind Kundenkreis bzw. Kunden Plattformverbote sind Kundenkreisbeschränkungen bzw. Weiterverkaufsbeschränkungen, da der Zugang zu den Internetkunden zwar nicht versperrt, aber eingeschränkt wird. Kommission (vln 52, 56): Kernbeschränkung des passiven Verkaufs, wenn Händler gehindert werden, über das Internet mehr oder andere Kunden zu erreichen... Innerhalb eines selektiven Vertriebssystems ist jede Verpflichtung eine Kernbeschränkung, die die Vertragshändler davon abhält, das Internet zu benutzen, um mehr oder andere Kunden zu erreichen. 18
19 F. Plattformverbote: Kernbeschränkungen? Bloße Qualitätsanforderungen? Kommission (vln 52, 54, 56 ): Beschränkungen über die Nutzung des Internets sind Weiterverkaufsbeschränkungen oder Qualitätsanforderungen an die Verwendung des Internets zum Weiterverkauf Differenzierung zwischen unzulässigen Beschränkungen des ob und zulässigen Beschränkungen des wie des Weiterverkaufs über das Internet Qualitätsanforderungen nach Ansicht der Kommission: - Gestaltung des Onlineshops des Händlers (vln 52, 54, 56) - Unterhaltung eines stationären Ladens (vln 54, 56) - Mindestumsatz im stationären Laden (vln 52, 56) - Plattformverbote (vln 54, 56) 19
20 F. Plattformverbote: Kernbeschränkungen? Sind Plattformverbote wirklich Qualitätsanforderungen? Qualitätswahrende Anforderung: Sichern Plattformverbote das Markenprestige bzw. das Potenzial, über die Marke hohe Qualität zu signalisieren, weil sie beschädigt würden? - Angemessene Präsentation vs. Formatvorgaben - Sortimentsbreite/-tiefe vs. einzelproduktbezogene Darstellung - Marken-/Mitbewerberumfeld vs. Listen von Neu- und Gebrauchtwaren - Markenimage vs. Plattformimage - Bedeutungsverlust der Marke durch Preiskämpfe der Händler? Äquivalenztest: Haben Plattformverbote eine Entsprechung in den Qualitätsanforderungen an den stationären Vertrieb? 20
21 F. Plattformverbote: Kernbeschränkungen? Plattformverbote sind Kundenbeschränkungen und (möglicherweise) Qualitätsanforderungen an den Internetvertrieb Kommission (vln 54, 176): Änderung der Qualitätsanforderungen darf nicht bezwecken, den Onlineverkauf der Händler direkt oder indirekt zu beschränken; Selektivvertrieb ist unabhängig von der Art der Auswahlkriterien freigestellt, sofern die Möglichkeiten der Händler, an Endverbraucher nicht zu verkaufen, nicht eingeschränkt werden. Kommission (vln 52): Hervorhebung der Bedeutung des Internetvertriebs im Vergleich zu den bisherigen Verkaufsmethoden Grundsatz des freien Internetvertriebs: Qualitätsanforderungen dürfen Händler nicht hindern, über Internet mehr oder andere Kunden zu erreichen. Konsequenz: Plattformverbote sind Kernbeschränkungen 21
22 G. Plattformverbote: Freistellungsentzug? Entzug, wenn Auswahlkriterium allein oder ivm. mit parallelen Auswahlkriterien dem Art. 101 Abs. 3 AEUV nicht genügt (E 13 ff., vln 74 ff., 176 ff.) Sind die Kriterien des EuGH nicht erfüllt, etwa die gewählten Auswahlkriterien nicht erforderlich, fehlt eine effizienzsteigernde Wirkung, die einen erheblichen Verlust an markeninternem Wettbewerb ausgleichen könnte, und kann es zu spürbaren wettbewerbswidrigen Auswirkungen kommen. Plattformverbote - Begrenzte Effizienzen / Mehr Nachteile als Vorteile für Verbraucher - Beschränkung auf unangemessene Plattformen als milderes Mittel? - Unerlässlich, wenn Nutzung von Preisvergleichsportalen erlaubt? - Wettbewerbsbeschränkender Ausschluss moderner Vertriebskanäle! - Und: Markenwettbewerb findet gerade auf Plattformen statt! 22
23 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 23
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