Gewährleistung und Haftung für Softwarekomponenten. Dr. Alf-Tobias Dibbert, Syndikusanwalt bei der b+m Informatik AG
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- Chantal Kopp
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1 Gewährleistung und Haftung für Softwarekomponenten Dr. Alf-Tobias Dibbert, Syndikusanwalt bei der b+m Informatik AG
2 Agenda Gewährleistung, Haftung und Rechte Dritter Rechtsgrundlagen der Gewährleistung und Fehlerbegriff Gewährleistungsrechte im Einzelnen Rechtsgrundlagen der Haftung und Haftungsmaßstab Typische Haftungsklauseln in IT-Verträgen b+m Seite 2
3 Gewährleistung, Haftung und Rechte Dritter Gewährleistung Verantwortlichkeit des Lieferanten für Fehler der Software Haftung Verantwortlichkeit des Lieferanten für Schäden, die durch Fehler der Software oder andere Tatbestände verursacht werden Rechte Dritter Verantwortlichkeit einer Vertragspartei für die Verletzung von (Schutz-) Rechten, die von einem Dritten geltend gemacht werden b+m Seite 3
4 Rechtsgrundlagen der Gewährleistung und Fehlerbegriff Fehlerbegriff und Verantwortlichkeit für Fehler der geschuldeten Leistung sind abhängig vom Vertragstypus Kaufvertrag, 433 ff BGB Verantwortlichkeit für Sachmängel nach den 434 ff BGB Definition Sachmangel in 434 BGB Werkvertrag, 631 ff BGB Verantwortlichkeit für Sachmängel nach den 633 ff BGB Definition Sachmangel in 633 BGB Dienstvertrag, 611 ff BGB Keine Definition des Sachmangels Verantwortlichkeit nur nach allgemeinen Vorschriften -> Haftung für Schäden nach 280 BGB b+m Seite 4
5 Rechtsgrundlagen der Gewährleistung und Fehlerbegriff Fehlerbegriff des Werkvertragsrechts ( 622 Abs. 2 BGB) Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann. Fehlerbegriff des Kaufrechts ( 434 Abs. 1 und 2 (!) BGB) Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Zu der Beschaffenheit nach [ 434 BGB] gehören auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann. b+m Seite 5
6 Rechtsgrundlagen der Gewährleistung und Fehlerbegriff Gestaltungshinweise: Verwenden Sie bei der Vertragsgestaltung viel Sorgfalt auf die Leistungsbeschreibung und Dokumentation etwaiger Changes! Je konkreter die Leitungsbeschreibung ist, desto weniger entscheidet die Erwartungshaltung des Kunden über Fehler der Lieferungen oder Leistungen. Vermeiden Sie Widersprüche zwischen verschiedenen Teilen der Leistungsbeschreibung Wählen Sie ggf. agile Projektmanagement-Methoden! Gehen Sie vorsichtig um mit werbenden Angaben! Komparative oder Superlative in Produkt- oder Leistungsbeschreibungen haben unmittelbar Auswirkungen auf den Haftungsmaßstab! Angaben in einer Präambeln oder Management-Summary sind unmittelbar Vertragsbestandteil! Anpreisungen in öffentlicher Werbung wie Internet-Darstellungen oder Printmedien sind jedenfalls im Kaufrecht wegen 434 Abs. 3 relevant! b+m Seite 6
7 Gewährleistungsrechte im Einzelnen Gewährleistungsrechte beim Werkvertrag Nacherfüllung gem. 635 BGB Ersatzvornahme gem. 637 BGB nach Fristsetzung für die Nacherfüllung Vorschussanspruch Rücktritt und Schadenersatz gem. 636, 281, 323 nach Fristsetzung für die Nacherfüllung kein Rücktritt bei überwiegendem Verschulden des Bestellers ( 323 Abs. 6 BGB) Kein Schadenersatz ohne Verschulden des Herstellers ( 280 Abs. 1 S. 2 BGB) Minderung gem. 638 statt Rücktritt b+m Seite 7
8 Gewährleistungsrechte im Einzelnen Gewährleistung beim Kaufvertrag Nacherfüllung gem. 439 BGB Rücktritt und Schadenersatz gem. 440, 281, 323 nach Fristsetzung für die Nacherfüllung kein Rücktritt bei überwiegendem Verschulden des Käufers ( 323 Abs. 6 BGB) Kein Schadenersatz ohne Verschulden des Lieferanten ( 280 Abs. 1 S. 2 BGB) Minderung gem. 441 statt Rücktritt b+m Seite 8
9 Gewährleistungsrechte im Einzelnen Problematisch ist der Verweis des 651 BGB Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden nach 651 S. 1 BGB die Vorschriften über den Kauf Anwendung. BGH bejaht Sacheigenschaft von Software, die auf einem Datenträger verkörpert ist; diese Verkörperung sei erforderlich, damit das Programm seine computersteuernde Wirkung entfalten könne (BGH, Urt. V ASP) Dann ist Kaufrecht also nicht nur auf die Überlassung, sondern auch auf die Erstellung von Software anwendbar, wenn diese Software dem Kunden geliefert wird. b+m Seite 9
10 Gewährleistungsrechte im Einzelnen Rechtsfolgen des 651 BGB: Gewährleistung beim Werklieferungsvertrag nach Kaufrecht Nachteile für den Kunden: keine Abnahme isv 640 BGB Gefahrübergang mit Übergabe Beginn der Verjährungsfrist mit Übergabe Verjährungsfrist von 2 Jahren, 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB bei Abstellen auf den immateriellem Charakter von Software hingegen 3 Jahre nach Werkvertragsrecht ( 634a, 195 BGB), beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Kunde vom Mangel Kenntnis erlangt ( 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) wohl zweifelhaft wegen Sacheigenschaft von Software, die auf einem Datenträger verkörpert ist (BGH, Urt. V ASP); dann 2 Jahre, beginnend mit Abnahme ( 643a Abs. 1 Nr. 1, Absatz 2 BGB) b+m Seite 10
11 Gewährleistungsrechte im Einzelnen Rechtsfolgen des 651 BGB: Gewährleistung beim Werklieferungsvertrag nach Kaufrecht Nachteile für den Kunden: Fälligkeit der Vergütung bei Vertragsschluss (allenfalls Zurückbehaltungsrecht aus 320 BGB) kein Ersatzvornahmerecht des Kunden (wie in 637 BGB) kein jederzeitiges Kündigungsrecht des Kunden (wie in 649 BGB) Handelsrechtliche Untersuchungs- und Rügeobliegenheit ( 377, 381 HGB) b+m Seite 11
12 Gewährleistungsrechte im Einzelnen Rechtsfolgen des 651 BGB: Gewährleistung beim Werklieferungsvertrag nach Kaufrecht Vorteile für den Kunden: Kein Anspruch auf kundenseitige Abschlagszahlungen (wie nach 632a BGB) Haftung auch für öffentliche Äußerungen (z.b. Werbeaussagen) des Herstellers ( 434 BGB) keine Mitwirkungsobliegenheit des Kunden bei der Lieferung erstellter vertretbarer Sachen (arg. E contr. aus 651 S. 3 BGB), wenngleich die Mitwirkung häufig gerade auch im Kundeninteresse liegt b+m Seite 12
13 Gewährleistungsrechte im Einzelnen Gestaltungshinweise Werkvertragsrecht für die Erstellung von Software; Lösungsmöglichkeit: vertragliche Vereinbarung der werkvertragsspezifischer Regelungen Spezifikation der Erstellungsleistung Spezifikation von Mitwirkungspflichten Changemanagement Funktionsprüfung ise Abnahmeregelung Zahlungsplan Möglichkeit der Selbstvornahme (soweit für den Kunden überhaupt technisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll) AGB-rechtliche Einschränkungen (bei allzu pauschalen Regelungen auch im B2B-Bereich) beachten b+m Seite 13
14 Gewährleistungsrechte im Einzelnen Gestaltungshinweise Werkvertragsrecht für die Erstellung von Software; andere Lösungsmöglichkeiten: Leistungsschwerpunkt Werkerstellung unproblematisch, wenn eine Sache nicht neu erstellt, sondern angepasst wird problem. bei Weiterentwicklung, neuen Programmmodulen problem. wann die Überlassungsleistung bei wertender Betrachtung hinter der Erstellungsleistung zurücktritt Qualifizierung der Software als Immaterialgut, nicht als Sache dagegen BGH, Urt. V ASP keine Lieferung beweglicher Sachen bei Online-Überlassung der Software? b+m Seite 14
15 Gewährleistungsrechte im Einzelnen Service-Level-Agreements ungleich Wartungsvertrag von der Leistungsbeschreibung zu unterscheiden Service-Level-Agreements definieren (nur) die Qualität der zu erbringenden Leistung, nicht die zu erbringende Leistung selbst Gestaltungstipp: festlegen, wer die Einordnung in Fehlerklassen vornimmt Zwischen Reaktionszeiten und Lösungszeiten unterscheiden b+m Seite 15
16 Rechtsgrundlagen der Haftung und Haftungsmaßstab Rechtsgrundlagen Vertragliche Haftung Schadensersatzpflicht nach 280 BGB bei schuldhafter Verletzung einer Vertragspflicht. Der Schuldner hat grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, 276 BGB. Der Schuldner ist in gleicher Weise für das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen verantwortlich, 278 BGB. Gesetzliche Haftungstatbestände z.b. deliktische Haftung nach 823 BGB. Steht eine Ersatzpflicht dem Grunde nach fest, so ist unabhängig vom Grad des Verschuldens jeder durch die Pflichtverletzung verursachte Schaden theoretisch in unbegrenzter Höhe zu ersetzen, 249 BGB. b+m Seite 16
17 Rechtsgrundlagen der Haftung und Haftungsmaßstab Im B2C-Bereich ist das Haftungsregime aus Verbraucherschutzgründen nahezu unabdingbar. Modifikation des Haftungsregimes auch im B2B-Bereich nur begrenzt möglich. Die meisten und mit Abstand strengsten Anforderungen an Haftungsklauseln folgen aus dem AGB-Recht Ausgangsfrage: Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Haftungsklausel im einzelnen verhandelt? Strategien zur Vermeidung AGB-rechtlicher Inhaltskontrolle Standardklausel mit Leerraum: (-) kann trotzdem als AGB gewertet werden Provokation durch Überschreitung: (-) Risiko der Unwirksamkeit Stichpunkthafte Skizze: (-) schwer zu administrieren Trotz vieler Urteile herrscht große Unsicherheit über die Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln. Vieles ist im Gesetz nur generalklauselartig geregelt. Nach 310 BGB ist im Einzelfall zu prüfen, welche Grundgedanke der 308, 309 BGB für den B2B-Bereich als Leitlinien heranzuziehen sind und welche nicht. b+m Seite 17
18 Typische Haftungsklauseln Differenzierung nach dem Grad des Verschuldens Unterscheidung von Vorsatz, grober und leichter Fahrlässigkeit Nach 276 Abs. 3 BGB kann Haftung für vorsätzliches Verhalten des Schuldners vorab weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden. Individualvertraglich kann Haftung für vorsätzliches Verhalten von Erfüllungsgehilfen ausgeschlossen werden, 278 S. 2 BGB. In AGB kann Haftung für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten von Erfüllungsgehilfen oder für eigenes grob fahrlässiges Verhalten wegen 309 Nr. 7b BGB nicht ausgeschlossen werden. Über 307 ist der Rechtsgedanke des 309 Nr. 7b auch im B2B- Bereich anwendbar. b+m Seite 18
19 Typische Haftungsklauseln Kardinalpflichten und sonstige Pflichten BGH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der vorformulierte Haftungsausschluss für die leicht fahrlässige Verletzung von Kardinalpflichten unwirksam ist, 307 BGB. Im Umkehrschluss soll die Haftung für die leicht fahrlässige Verletzung sonstiger Pflichten auch durch AGB möglich sein. Achtung: Kardinalpflichten sind nicht nur die Hauptleistungspflichten, sondern auch Vorbereitungs-, Neben- und Schutzpflichten, ohne die die eigentliche Leistung scheitern muss. b+m Seite 19
20 Typische Haftungsklauseln Differenzierung nach Schadensart Personenschäden und sonstige Schäden Die Haftung für sonstige Schäden bei leichter Fahrlässigkeit kann ausgeschlossen oder beschränkt sein (in Anlehnung an den auch für den B2B-Bereich maßgebenden 309 Nr. 7b BGB). Problem 1: Geltung der Haftungsbeschränkung auch für konkurrierende deliktische Ansprüche. Problem 2: keine Geltung vertraglicher Haftungsansprüche, wenn der Verletzte nicht selbst Vertragspartei ist. Haftung für Datenverlust Konkretisierung des Mitverschuldens ( 254 BGB) Wichtig: Art und Häufigkeit regeln b+m Seite 20
21 Typische Haftungsklauseln Differenzierung nach Schadensart Typische und vorhersehbare Schäden Die Haftung für atypische und bei Vertragsschluss nicht vorhersehbare Schäden soll bei leichter Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden können. Problem: allenfalls ganz fern liegende, auf ungewöhnlichen Kausalketten beruhende Schäden können hinreichend verlässlich als atypisch qualifiziert werden Haftungshöchstsummen Ist unwirksam, wenn Haftung schon dem Grunde nach nicht ausgeschlossen werden kann. Kann unwirksam sein, wenn der Höchstbetrag unangemessen niedrig ist. b+m Seite 21
22 Herzlichen Dank! b+m Seite 22
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