Steuer- und Rechnungswesen in der Ukraine
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- Philipp Walter
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1 6. September 2018 Das ukrainische und das deutsche Steuer- und Rechnungswesen wiesen im Vergleich bis Ende 2015 signifikante Unterschiede auf. Mit den zu Beginn des Jahres 2015 in Kraft getretenen Änderungen zum Steuerkodex basiert das ukrainische Steuerrecht abgesehen von einigen limitierten Korrekturen nunmehr vollständig auf dem Handelsrecht. Das handelsrechtliche Rechnungswesen wurde erst 1999 eingeführt und basiert weitestgehend auf internationalen Rechnungslegungsvorschriften. Auch wenn mit den letzten wesentlichen Änderungen zum Steuerkodex eine Angleichung zwischen ukrainischem Handels- und Steuerrecht festgelegt wurde, so werden diese nach wie vor durch formelle Einschränkungen (Form over Substance) konterkariert. Zudem unterliegt das Steuerwesen einem ständigen Wandel, wodurch sich eine erhöhte Vorsicht in der Praxis empfiehlt. A. Steuersätze Steuerart Steuersatz Gewinnsteuer (Körperschaftsteuer)* 18% Mehrwertsteuer 20% Gewerbesteuer Einkommensteuer 18 %** Militärsonderabgabe auf Einkommen physischer Personen 1,5 % Quellensteuer auf Dividenden grundsätzlich 15 % lt. DBA bei Zahlung nach Deutschland*** 5 % auf Zinsen und Lizenzen 15 % lt. DBA bei Zahlung nach Deutschland**** 5 % Vermögensteuer auf Immobilieneigentum Kommunalsteuer je Mitarbeiter je qm 2% des Minimalgehaltes ***** abgeschafft * landwirtschaftliche Betriebe gewinnsteuerbefreit ** nur 5 % Einkommensteuer auf Dividenden (9% bei Dividenden von gewinnsteuerbefreiten Agrarbetrieben) *** bei Beteiligung durch jur. Person >= 20 %, sonst 10 % Quellensteuer **** Reduktion auf 2 % bei Bankkrediten ***** ab 60/120qm Wohnfläche bei Wohnungen/Häusern 1
2 B. Unterschiede zwischen Handels- und Steuerrecht Mit Beginn 2015 hat sich die Steuerrechnungslegung grundlegend geändert. Steuerbasis ist der handelsrechtliche Abschluss, wobei Gewinnsteuerzahler (Gewinnsteuer entspricht der deutschen Körperschaftsteuer) mit einem Vorjahresumsatzvolumen > 20 Mio. UAH u.a. folgende Korrekturen zum handelsrechtlichen Ergebnis durchzuführen haben: Abschreibungen gemäß ukrainischer AfA-Liste Rückstellungswahlrechte Verschiedene Finanzoperationen (z.b.: Wertberichtigungen, Zinsbeschränkung bei thin capitalization) Warenlieferungen aus Niedrigsteuerländern - 30% (Ausnahme bei erfolgter Verrechnungspreisberichterstattung) Das Finanzamt prüft nunmehr den Handelsabschluss und die entsprechend vorzunehmenden Korrekturen. Gewinnsteuererklärung sind jährlich abzugeben, wobei Betriebe mit Vorjahresumsatzerlösen > 20 Mio. UAH zusätzlich (wieder) quartalsweise zu berichten und entsprechende unterjährige Vorauszahlungen zu leisten haben. C. Pauschalbesteuerung von Einzelunternehmern und kleineren juristischen Personen Die seit Beginn 2012 gültigen Regelungen zur optionalen pauschalen Besteuerung von Einzelunternehmern, kleineren juristischen Personen sowie Agrarbetrieben wurde in den letzten Jahren mehrfach reformiert und sieht nunmehr wie folgt aus: Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4 Privatpersonen B2C; Umsatz bis 300 TUAH monatlicher Steuersatz (10% des Existenzminimums = ca. 5,5 ) Privatpersonen B2C+BCB (Waren); Umsatz bis 1,5 Mio UAH monatlicher Steuersatz (20% des Minimalgehaltes = ca. ) Private und juristische Personen B2C+B2B Umsatz bis 5 Mio. UAH Steuersatz 3% des Umsatzes (+ MwSt); 5% ohne MwSt Umsatzerlöse aus landwirtschaftlicher Produktion mind. 75% Steuersatz ca. 240 UAH (ca. 8 ) pro Hektar 2
3 Exkurs: Das Steueroptimierungsmodell über Einzelunternehmer Auch wenn dies für ausländische Investoren auf den ersten Blick nicht von Interesse zu sein scheint, so bleibt festzuhalten, dass die Pauschalbesteuerung von Einzelunternehmern weit verbreitet ist: a) Über dieses System werden Subunternehmer entlohnt, wobei es sich häufig de facto um weisungsgebundene Arbeitskräfte handelt. Der Tatbestand der Scheinselbständigkeit fand in der Ukraine bis dato keine Anwendung, wobei hier ein neuer Gesetzesentwurf basierend auf dem deutschen Muster in Vorbereitung ist. Nach Schätzungen des ukrainischen Wirtschaftsministeriums soll der Anteil der Scheinselbständigen an der Gesamtzahl der pauschalbesteuerten Betriebe ca. 18 % betragen. b) Zudem kommt es vor, dass Pauschalunternehmer fiktive Leistungen in Rechnung stellen und dass nach Einbehalten einer Gebühr etwa 90 % des Rechnungsbetrages in Form von Bargeld inoffiziell an den Rechnungsempfänger zurückfließt. Nach Schätzungen des ukrainischen Wirtschaftsministeriums soll der Anteil dieser Firmen an der Gesamtzahl der pauschalbesteuerten Betriebe ebenfalls ca. 18 % betragen. D. Mehrwertsteuer Die Mehrwertsteuererhebung funktioniert vom Prinzip her grundsätzlich wie in der EU. D.h. nur der geschaffene Mehrwert wird besteuert, so dass auch hier letztendlich der Endverbraucher der Steuerträger ist. Der Steuersatz beträgt einheitlich 20 %. Umfangreiche Ausnahmen wie z.b. in Deutschland für Lebensmittel oder Druckerzeugnisse existieren in der Ukraine nicht. Lediglich bestimme Waren und Dienstleistungen wie z.b. Kindernahrungsmittel (Druckerzeugnisse nur sehr eingeschränkt) sind von der Mehrwertsteuer befreit. Beim Export von Waren sowie deren begleitenden Leistungen beträgt der Umsatzsteuersatz 0 %. Beim Export von Dienstleistungen gilt bis auf bei ausgewählten Ausnahmen das Leistungsortprinzip, d.h. in der Ukraine erbrachte Dienstleistungen sind mit 20 % MwSt zu berechnen auch wenn der Sitz des Leistungsempfänger im Ausland ist (Ausnahmen hierzu z.b. Werbe-, Beratungs-, IT-Dienstleistungen: Leistungsort = Sitz des Leistungsempfängers). Allgemein folgt das Umsatzsteuerrecht in der Ukraine zwar wie oben erwähnt dem gleichen Prinzip wie in der EU. Es gibt jedoch einige wesentliche Unterschiede: Zentrale Online-Registrierung aller mehrwertsteuerpflichtigen Vorgänge innerhalb von 15 Kalendertagen. 3
4 Bei Rechnungsstellung und zeitgleich zu erfolgender Onlineregistrierung ist eine Vorauszahlung auf ein Sonderkonto ohne weiteres Zugriffsrecht erforderlich wenn kein Vorsteuerguthaben vorhanden ist oder wenn ein so genannter virtueller Overdraft - welcher den durchschnittlichen MwSt-Zahlungen der letzten 12 Monate entspricht -aufgebraucht ist. Die Vorsteuererstattung und dies ist neu und sehr positiv zu bewerten funktioniert mittlerweile, wenn auch teilweise mit Verzögerungen. Dies war in den letzten Jahren in voller Höhe kaum bzw. wenn nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung möglich. Mit Einführung des seit Mitte 2015 eingeführten neuen Mehrwertsteuerverwaltungssystems wurden die Probleme bzgl. der Mehrwertsteuererstattung weitgehend beseitigt. Um Vorsteuer mit der abzuführenden Mehrwertsteuer verrechnen zu können, ist der so genannte Umsatzsteuerschein des Lieferanten erforderlich, welcher ein je Lieferung/Leistung elektronisch gesondert auszustellendes Buchhaltungsdokument darstellt und in einer zentralen Datenbank des Staates durch das ausstellende Unternehmen einzutragen ist. Beim Import von Waren aus dem Ausland muss Einfuhrumsatzsteuer entrichtet werden. Diese ist sofort zu zahlen, andernfalls gibt der Zoll die Ware nicht frei. Diese Einfuhrumsatzsteuer kann als Vorsteuer geltend gemacht werden, aber erst nach Erhalt der Ware und der gesamten Zollabwicklung. D.h. eine sofortige Verrechnung der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer ist nur bei Vorlage aller Dokumente möglich. E. Einkommensteuer/Lohnsteuer Der Einkommensteuersatz beträgt 18 %. Eine zwischenzeitlich eingeführte Steuerprogression (15/20%) wurde zu Beginn des Jahres 2016 abgeschafft. Dividenden an in der Ukraine steuerlich ansässige Privatpersonen sind mit nur 5 % Einkommensteuer zu versteuern (Ausnahme: Bei gewinnsteuerbefreiten landwirtschaftlichen Betrieben sind 9 % Einkommensteuer auf Dividenden abzuführen). Zusätzlich zur Einkommensteuer wurde Mitte 2014 eine Militärsonderabgabe i.h.v. 1,5 % auf Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit eingeführt. Mit Beginn des Jahres 2015 wurde diese Sonderabgabe auch auf sonstige Einkünfte von Privatpersonen ausgeweitet. Bei der Lohnsteuer ist der Steuerschuldner das Unternehmen, d.h. das Unternehmen muss die Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen. Die Steuer ist an dem Tag zu entrichten, an dem das Gehalt über- 4
5 wiesen bzw. von der Bank für eine mögliche bare Lohnzahlung abgehoben wird. Falls das Gehalt nicht ausgezahlt wird, ist das Unternehmen dennoch verpflichtet, die Einkommensteuer nicht später als bis zum 20. des Folgemonats abzuführen. Ausländische Staatsbürger sind per Gesetz dann Steuerresidenten, wenn diese entweder ihren ständigen Wohnsitz, oder ihren persönlichen und ökonomischen Lebensmittelpunkt, oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt (> 182 Tage) in der Ukraine haben, wobei in der Praxis nahezu ausschließlich die 183 Tageregelung Anwendung findet. Auf Grund des deutsch-ukrainischen Doppelbesteuerungsabkommens (klassisches OECD-Musterabkommen) ist bei Wohnsitzen in Deutschland und der Ukraine bei einem Aufenthalt von bis zu 182 Tagen in der Ukraine keine ukrainische Einkommensteuer abzuführen, wenn ein Anstellungsverhältnis in Deutschland besteht. Selbst bei einem längeren Aufenthalt von über 182 Tagen in der Ukraine ist auch dann keine Einkommensteuer in der Ukraine abzuführen, wenn der Lebensmittelpunkt - z.b. durch Verbleib der Familie in Deutschland in Deutschland verbleibt. Hinweis: Dieses Merkblatt soll als Service Ihrer Kammer nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Stand: September
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