Experten Interview. e-interview mit Paul Kötter. Seite 1. Zukunft der Strategie und Organisation im Personalmanagement
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- Hansi Raske
- vor 8 Jahren
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1 e-interview mit Paul Kötter Titel des E-Interviews: Name: Funktion/Bereich: Organisationen: Zukunft der Strategie und Organisation im Personalmanagement Paul Kötter Director & Partner Kienbaum Management Consultants GmbH Mit dem allgemein anerkannten Trend, dass in westlichen Industrie- und Dienstleistungsstaaten in den kommenden Jahrzehnten mit einem Engpass an qualifiziertem Personal zu rechnen ist, ergeben sich strategische Herausforderungen und Chancen für den Personalbereich und das gesamte HR Management. Diese strategische Orientierung, (Neu-) Ausrichtung und die sich daraus ableitende Organisation der Personalarbeit ist ein wesentliches Element der schon zum fünften Mal durchgeführten HR Strategie- und Organisationsstudie von Kienbaum Management Consultants, an der 232 Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teilgenommen haben. Lesen Sie auch ein exklusives Summary dazu auf der Competence Site hier: In diesem e-interview mit Paul Kötter, Mitglied der Geschäftsleitung und Partner bei der Kienbaum Management Consultants GmbH, sprechen wir darüber, wo die Unternehmen heute bezüglich einer strategisch ausgerichteten HR-Organisation und Steuerung stehen und welche Ansätze zu einem mehr Business-orientierten Auftreten, transparentem Leistungsportfolio und akzeptierter Leistungsmessung und erbringung es gibt. Der Ausblick auf die wichtigen Weichenstellungen für das HR Management in den kommenden Jahren und eine Einschätzung der wichtigsten Trends, die sich am Horizont der HR abzeichnen, runden das Interview ab. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr NetSkill-Team Seite 1
2 Sehr geehrter Herr Paul Kötter, Frage 1: Die Themen SaaS und Cloud Computing sind momentan in aller Munde. Bringen Sie uns die Begrifflichkeiten bitte etwas näher. Worin unterscheiden sie sich in Bezug zum klassischen Outsourcing? Welche Bedeutung spielen SaaS und Cloud Computing für Unternehmen gerade vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Lage? Antwort: Eines der Kernergebnisse der diesjährigen HR Strategieund Organisationsstudie besagt, dass die strategische Orientierung der Personalarbeit sich in den letzten Jahren offensichtlich nicht signifikant verbessert hat. Es zeigt sich, dass nur jedes zweite Unternehmen, das sich an unserer Studie beteiligt hat, eine HR Strategie aus der Unternehmensstrategie abgeleitet hat und dass nur in 43% der Fälle eine schriftlich fixierte HR Strategie vorliegt, die auch durch den Vorstand oder die Geschäftsführung verabschiedet ist. In der Praxis stellen wir jedoch immer wieder fest, dass ein großer Zusammenhang besteht zwischen einem guten HR Strategieprozess und exzellenter HR Arbeit mit effektiven und effizienten Prozessen. Nur wenn sich HR und Business explizit verständigt haben, wohin die HR Reise gehen soll, können wirklich gute Ergebnisse erzielt werden. Gleichzeitig können wir aber feststellen, dass Unternehmen mit HR-Exzellenz in allen Branchen und allen Unternehmensgrößen zu finden sind. Das zeigt, dass es grundsätzlich geht. Frage 2: Sehen Sie hier wesentliche Fortschritte in den letzten Jahren, auch aus den Ergebnissen der Kienbaum Studien? Antwort: Leider eher nein. Im Gegenteil, was das Hinterlegen von Zielen des HR Managements mit konkreten Kennzahlen, die Transparenz der HR Leistungen oder das Messen eigener Leistungen an anderen Personalbereichen angeht, sind die Ergebnisse sogar eher rückläufig. Auch die Frage, ob die HR Strategie aus der Unternehmensstrategie abgeleitet ist, wird zunehmend weniger bejaht. Unser Fazit ist an dieser Stelle sehr klar: Die strategische Orientierung der Personalarbeit hat sich in den letzten Jahren nicht verbessert. Insofern verwundert es auch nicht, dass die Personaler selbst nur zu 46% mit ihrer Personalarbeit zufrieden sind. Seite 2
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4 Frage 3: Warum tun sich die Unternehmen oft damit so schwer? Welche Ansätze sehen Sie als erfolgversprechend an, um dies zu ändern? Antwort: Die Gründe sind vielfältig. In aller erster Linie nämlich zu 76% - sehen die Personaler eine Dominanz operativer Themen als Problem bei der Umsetzung der HR Strategie wie viel davon fremdgesteuert, wie viel selbstverschuldet ist, sei dahin gestellt. An zweiter Stelle folgen zu geringe Kapazitäten in HR bei 47% der Unternehmen; dabei spielen knappe Ressourcen im Mittelstand eine größere Rolle als bei großen Unternehmen. An einer mangelnden Unterstützung durch den Vorstand bzw. die Geschäftsleitung liegt es offensichtlich nicht: Nur rund ein Viertel nennt dies als Grund. Das Strategiedefizit hat zur Folge, dass sich viele HR Bereiche weiterhin nur in der Position eines internen Lieferanten administrativer Services sehen, auch wenn diese Rolle durchaus erfolgreich wahrgenommen wird. Aber nur ein Drittel der Personalbereiche sehen sich in der Lage, das Unternehmen bei der Anpassungsfähigkeit der Organisation wirksam zu unterstützen; noch weniger schaffen es, die Mitarbeiter auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten. Wenn man den Blick erweitert um die Frage, wie sich Personalbereiche auch organisatorisch auf neue Anforderungen vorbereiten, ist unsere Schlussfolgerung eine recht harte: Die Veränderung des Personalmanagements scheitert häufig an HR selbst. Die folgende Graphik zeigt, welche Umsetzungsschwierigkeiten im Einzelnen gesehen werden; die Top 3 Nennungen (unklare Schnittstellen, fehlende Verhaltensänderung sowie fehlende Kompetenzen der HR-Mitarbeiter) sind alles HRinterne Gründe. Seite 4
5 Hinsichtlich der Frage, was getan werden müsste, um dies zu ändern, sind wir davon überzeugt, dass ein wesentlicher Fokus der nächsten Jahre auf die Entwicklung eines professionellen People Managements für die HR Funktion selbst liegen muss (HR 4 HR). Zunächst geht es um den weiteren Aufbau der erfolgskritischen Kompetenzen. Am besten ausgeprägt sind bisher typische Dienstleistungskompetenzen wie Integrität / Commitment, Kundenorientierung sowie Kooperation / Einfühlungsvermögen. Die größten Entwicklungsbedarfe gibt es aber bei den business-orientierten Kompetenzen, die sehr eng mit der strategischen Positionierung der HR Bereiche verknüpft sind: Lern- / Veränderungsbereitschaft, Überzeugungskraft / Durchsetzungsvermögen, Handlungs- / Resultatorientierung. Insbesondere in der für die Positionierung von HR wichtigsten Rolle der HR Business Partner fehlt es noch an Geschäftsbezug, Standing und Change-Management-Kompetenz. Eine der Schlüsselziele eines verändertes Management der HR Funktion muss auf eine größere Durchlässigkeit der beruflichen Entwicklungswege zwischen HR und Business abzielen. Bisher dominieren die klassischen langfristigen Kaminkarrieren in HR. Bezeichnend auch, wie die Entwicklungsperspektiven der Personaler gesehen Seite 5
6 werden: Nur 9% sehen Entwicklungsmöglichkeiten außerhalb von HR, in manchen Branchen liegt dieser Wert bei 0. In diesem Aspekt unterscheiden sich die von uns identifizierten HRExcellence Unternehmen auffallend: Die Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb von HR werden etwa dreimal besser bewertet als bei den übrigen Unternehmen. Seite 6
7 Frage 4: Wie definieren Sie High Perfomance HR und welche Unternehmen und HR Bereiche sollten dies besonders intensiv anstreben? Antwort: High Performance HR verstehen wir als eine Personalarbeit, die sowohl effektiv als auch effizient ist. In der Praxis geht es meistens darum, den Wertbeitrag zu steigern und gleichzeitig die Effizienz zu verbessern, Letzteres vor allem in den administrativen / transaktionalen HR Prozessen. Oftmals eröffnen erst die Einsparungen in der Administration die Spielräume, um Ressourcen in Richtung Wertschöpfung und strategische Personalaufgaben umzuschichten. Effektivität und Effizienz muss sich nach unserem Verständnis darüber hinaus in allen das Personalmanagement tangierenden Bereichen wiederfinden. Als besonders wichtige Ebenen der Transformation zu einer High Performance HR haben wir die HR Kompetenzen & Mitarbeiter, die HR Produkte/Prozesse & IT, die HR Organisation & Steuerung sowie der HR Strategie & Positionierung identifiziert. Seite 7
8 Frage 5: Ihrer langjährigen und internationalen Erfahrung nach: welche Effekte im Sinne eines strategischen und operativen Erfolgsbeitrags kann solch ein Personalbereich erzielen?.. und wie sollte das an die Unternehmensleitung am besten verkauft werden? Antwort: Generell ist es richtig, dass eine gute Personalarbeit im Unternehmen auch verkauft werden muss dabei sind übrigens die Personaler bisher nicht die besten. Wenn aber, wovon wir ausgehen, qualifizierte Arbeitskräfte in Zukunft zum Wettbewerbsvorteil (positiver Fall) oder zum wesentlichen Hemmnis für Wachstum (negativer Fall) werden, wird sich dies ändern und Personal bekommt eine ganz andere Business-Relevanz. Den wesentlichen Erfolgsbeitrag kann man für die Zukunft mit Organisation des Wachstums umschreiben. Dabei wird es natürlich auch weiterhin um Rekrutierung, Employer Branding etc. gehen, aber damit wird die Herausforderung allein nicht gelöst. Mitarbeiterbindung und Engagement, Leistungsfähigkeit älterer Mitarbeiter, deutlich stärkere Integration von Frauen sind z. B. Aufgaben, die einen deutlich wachsenden Stellenwert einnehmen werden. Frage 6: Lassen Sie uns in die Zukunft schauen: welche Trends sichten Sie am Horizont der HR, die Sie als wesentliche Treiber der HR Entwicklung sehen? Wo sind dabei HR Strategie und Organisation zu verorten? Antwort: Wesentliche Treiber für die HR Entwicklung werden im kommenden Jahrzehnt die demographische Entwicklung und die fortschreitende Globalisierung sein. Es wird weitgehend noch unterschätzt, welche Folgen auf uns zukommen: Es geht nicht nur um den zu erwartenden Mangel an Fachkräften, sondern vor allem auch um eine tiefgreifende Veränderung der Erwartungen an und Einstellungen zur Arbeit seitens immer selbstbewussterer Arbeitnehmer; beispielhaft sei auf die Diskussionen um die Generation Y bzw. die Millenials oder die sog. Digital Natives verwiesen. Zusammen mit der notwendigerweise vielfältigeren Zusammensetzung der zukünftigen Workforce (Diversity hinsichtlich Frauen, Ältere, Migranten etc.) führt es zu einem Paradigmenwechsel hin zu veränderten Beschäftigungsformen, flexibleren Werdegängen und einem anderen Verständnis von umfassender und tatsächlich gelebter Arbeitgeberattraktivität. Neben neuen Konzepten und Instrumenten für die Seite 8
9 Personalarbeit wird es vor allem darauf ankommen, die Führungskräfte für diese Herausforderungen zu entwickeln und zu befähigen. Wer könnte das in den Unternehmen bewältigen außer einer hochprofessionellen Personalfunktion? Die HR Strategie wird dabei an Gewicht zunehmen. Zum einen, weil sie viel stärker zum integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie werden wird (s. o. Personal als strategischer Wettbewerbsvorteil). Zum anderen, weil die anstehenden Herausforderungen nur durch eine klar definierte und mit der Geschäftsleitung dezidiert vereinbarte Ausrichtung von Personalarbeit (People Strategy) und Personalfunktion (HR Funktionalstrategie) zu bewältigen sind. Vielen Dank für das Interview! Seite 9
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