Wie kann bezahlbares Wohnen gefördert werden? Referat von Urs Hauser, Direktor Wohnbaugenossenschaften Schweiz
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- Kasimir Küchler
- vor 8 Jahren
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1 Wie kann bezahlbares Wohnen gefördert werden? Referat von Urs Hauser, Direktor Wohnbaugenossenschaften Schweiz 1
2 Wohnen ist kein Luxusgut. Eine Wohnung gehört wie Arbeit und Bildung zu den Grundbedürfnissen aller Menschen. 2
3 Der Zugang zu einer qualitativ angemessenen und an die Bedürfnise des Einzelnen angepassten Wohnung zu einem bezahlbaren Preis stellt für jeden Einzelnen und jede Familie ein grundlegendes Recht dar. Charta der gemeinnützigen Wohnbauträger in der Schweiz 3
4 Jede Familie hat ein Recht auf eine angemessene Wohnung zu tragbaren Bedingungen. Wohnung und Wohnumfeld spielen für die Entfaltung und Entwicklung der Familiengemeinschaft eine tragende Rolle. Familiencharta Pro Familia 4
5 Bund und Kantone setzen sich in Ergänzung zu persönlicher Verantwortung und privater Initiative dafür ein, dass Wohnungssuchende für sich und ihre Familie eine angemessene Wohnung zu tragbaren Bedingungen finden können. Art. 41 der Bundesverfassung (Kapitel Sozialziele) 5
6 Was heisst preisgünstig, wie viel ist tragbar? Preisgünstig ist relativ: Günstig im Vergleich zu ähnlichen Wohnungen in der Gemeinde/im Quartier Hängt stark von Einkommen und persönlichen Lebensumständen ab Haushaltsbudgeterhebung 2012: Ausgaben für Wohnen (inkl. Strom und Heizung) ist wichtigster Posten im Haushaltsbudget Durchschnittliche Ausgaben: 1500 Franken bzw. 15% des Bruttoeinkommens 6
7 Was heisst preisgünstig, wie viel ist tragbar? (2) Faustregel Tragbarkeit: Die Ausgaben für die Miete sollten höchstens ein Drittel des Bruttoeinkommens ausmachen. Daraus leitet sich auch ab, was preisgünstig bedeutet. Mit abnehmendem Einkommen steigt die relative Belastung durch die Wohnkosten. Beispielsweise im Kanton Zürich verfügen 20% der Haushalte über ein Einkommen unter 5000 Franken. 7
8 Der Wohnungsmarkt in der Schweiz Starke Nachfrage nach Wohnraum, insbesondere in Städten und Ballungsräumen. Steigender Wohnflächenkonsum Abnahme der Haushaltsgrössen Bevölkerungswachstum (u.a. Zuwanderung) Tiefe Leerwohnungsziffer (Gesamtschweizerisch 1,1 %) Tiefe Hypothekarzinsen Hohe Wohnungsproduktion (> Einheiten/Jahr), allerdings vor allem im hochpreisigen Segment 8
9 Der Wohnungsmarkt der Schweiz (2) Angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt Steigende Mietzinse, insbesondere in grossen Städten und gewissen Regionen (Zürich, Genfersee, Basel, Zentralschweiz, Tourismusgebiete) Gefahr einer Immobilienblase Mangel an preisgünstigem Wohnraum Schwierigkeiten für wirtschaftlich schwächere Haushalte, bezahlbaren Wohnraum zu finden 9
10 Der Wohnungsmarkt der Schweiz (3) Der Schweizer Wohnungsmarkt ist ein Mietermarkt. tiefste Wohneigentumsrate Europas (allerdings auch hierzulande starker Anstieg des Wohneigentums seit 1990) sinkender Marktanteil der gemeinnützigen Bauträger 10
11 Der dritte Weg im Wohnungsbau Wohnbaugenossenschaften = gemeinschaftliche Form des Eigentums Verbindet Vorteile von Miete und Privatbesitz: bietet Mitbestimmungsrechte bietet Wohnsicherheit ist preisgünstig erfordert weniger Eigenkapital als Eigentum 11
12 Wohnbaugenossenschaften Schweiz 12
13 Der gemeinnützige Wohnungsbau in der Schweiz Definition Genossenschaft: Zusammenschlüsse von (natürlichen und/oder juristischen) Personen, die in gemeinsamer Selbsthilfe gleiche oder ähnliche wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Interessen verfolgen. Kriterien der Gemeinnützigkeit: Deckung des Bedarfs an preisgünstigem Wohnraum Nicht nach Gewinn strebend Kostenmiete Zinshöhe begrenzt Keine ergebnisabhängige Vergütungen 13
14 Charta Erhalt und Erwerb von preisgünstigem Wohnraum Wohnraum für alle Bevölkerungskreise anbieten 14
15 Charta (2) Mieterinnen und Mieter sind in der Regel Mitglieder Leitung und Verwaltung werden vielfach durch nebenamtlich tätige Mitglieder ausgeübt 15
16 Charta (3) Nachbarschaftliches Zusammenleben Untereinander solidarisch und zur Zusammenarbeit bereit sein 16
17 Charta (4) Beim Bauen und Erneuern gute planerische und architektonische Lösungen anstreben Nachhaltige und kostenbewusste Pflege der Liegenschaften 17
18 Qualitäten der gemeinnützigen Wohnbauträger Keine Spekulation mit dem Boden Urform schweizerischer Demokratie (1 Mitglied, 1 Stimme, unabhängig vom Kapital) Gute soziale Durchmischung Soziale Verantwortung: Gemeinschaftsfördernde Aktivitäten, Nachbarschaftshilfe, Gemeinschaftsräume, Kindergarten, Hort, etc. 18
19 Qualitäten der gemeinnützigen Wohnbauträger (2) Überdurchschnittliche Architektur und Siedlungsqualitäten Überdurchschnittlich hohe ökologische Investitionen Überdurchschnittlich hohe Investitionen in Unterhalt und Renovationen Kooperative Zusammenarbeit mit der öffentlicher Hand 19
20 Unterschiede zu anderen Anbietern Kosten- statt Marktmiete: Durchschnittsmiete pro m 2 der Genossenschaftswohnungen ist rund 20-30% billiger als auf dem freien Markt. Geringerer Wohnflächenverbrauch dank Belegungsvorschriften Zwei Drittel aller Genossenschaftswohnungen unterliegen solchen Vorschriften. Mitspracherechte und Wohnsicherheit 20
21 Zusatzangebote Neun von zehn Genossenschaftswohnungen bieten Zusatzangebote. Palette reicht von Siedlungslokalen und gemeinschaftlichen Anlässen über Nachbarschaftshilfe und Gästezimmer bis zum eigenen Sozialdienst. Member Value: Schaffung von Mehrwerten für die Bewohnenden 21
22 Förderung des gemeinnützigen Wohnraums Erste Genossenschaften vor über 100 Jahren gegründet Ein Grossteil der Genossenschaften hatte eine Starthilfe von Bund, Kantonen oder Gemeinde. Beispiele dafür sind: Abgabe von Bauland zinsgünstige Darlehen Bürgschaften Beteiligung am Genossenschaftskapital. Motto: Hilfe zur Selbsthilfe 22
23 Weshalb soll die öffentliche Hand bezahlbares Wohnen fördern? Langfristige Attraktivität einer Gemeinde: Funktionierendes Gemeindeleben (z.b. ehrenamtliches Engagement) Gute soziale Durchmischung Guter Generationenmix Funktionierende Wirtschaft: Kurze Arbeitswege für die Angestellten von ansässigen Betrieben Mehr Mittel bleiben für den Konsum übrig 23
24 Weshalb soll die öffentliche Hand bezahlbares Wohnen fördern? (2) Weniger Flächenverbrauch und höherer Steuerertrag: Dicht besiedelte Quartiere führen zu einem höheren Steuerertrag und ersparen den teuren Ausbau von Infrastrukturen (Erschliessung). Entlastung der Sozialhilfebudgets: Kosten-Nutzen-Bilanz der Wohnbauförderung sehr positiv. Wohnbauförderung = Förderung einer Investition. Diese Förderung wirkt über die gesamte Betriebsdauer der Immobilie hinweg. Denn eine einmal preisgünstig erstellte Wohnung bleibt dank der Kostenmiete dauerhaft preisgünstig. 24
25 Genossenschaftswohnungen sind keine Sozialwohnungen Bundeshilfe = Starthilfe, Ziel ist nicht die Verbilligung der Mietzinse Ein Grossteil aller Genossenschaftswohnungen wurde in irgendeiner Art von der öffentlichen Hand gefördert. Die rückzahlbaren Hilfen sind jedoch meist längst zurückbezahlt. Heute wirtschaften viele Genossenschaften ganz ohne Unterstützung. Weniger als 10% aller Genossenschaftswohnungen werden gezielt verbilligt. Sie werden nur an Haushalte mit geringem Einkommen vermietet. 25
26 Öffentliche Unterstützung Für die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus gibt der Bund jährlich weniger als einen Franken pro Bewohnerin und Bewohner der Schweiz aus. Die kumulierten Ausgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden für den gemeinnützigen Wohnungsbau bewegen sich im Promillebereich. 26
27 Wohnungspolitik Bund Bund reagiert auf angespannten Wohnungsmarkt Wohnungspolitischer Dialog zwischen Bund, Kantonen und Städten aufgenommen Darlehen für gemeinnützige Bauträger auch für den Erwerb von Bauland Verbesserter Zugang zu Bauland: leider bisher kein Kurswechsel bei nicht mehr benötigten Arealen der SBB, kein Vorkaufsrecht für Gemeinden zugunsten des preisgünstigen Wohnungsbaus Raumplanerische Massnahmen: Vorgaben Revidiertes RPG bis jetzt eher enttäuschende Resultate, Empfehlungen aus wohnungspolitischem Dialog zum Grossteil nicht umgesetzt 27
28 Wohnungspolitik Kantone / Gemeinden Grosse Dynamik vor allem auf diesen Ebenen: In vielen Städten und Kantonen wurden politische Initiativen für mehr gemeinnützigen Wohnungsbau angenommen oder eingereicht. Beispiele: Kantone Basel-Land, Genf und Zürich Städte Bern, Biel, Chur, Dübendorf, Luzern, Schaffhausen 28
29 Verbandsziele Oberstes Ziel: Steigerung des Marktanteils der gemeinnützigen Wohnbauträger Mittel dazu: Stärkung der Verantwortlichen in den Genossenschaften Schaffung von Motorengefässen (Genossenschaft der Genossenschaften) Erhöhung des Bekanntheitsgrades der gemeinnützigen Wohnbauträger Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen Zusammenarbeit mit Gemeinden und weiteren Partnern 29
30 Es braucht mehr gemeinnützigen Wohnraum Wie erreichen wir das? Nötig sind: Politischer Wille auf allen Staatsebenen Grosses Engagement der gemeinnützigen Bauträger (bestehende Bauträger oder Neugründungen) Verstärkte Kooperation zwischen Gemeinden, Baugenossenschaften und weiteren Partnern/Institutionen 30
31 Wohnraum für alle zwischen Miete und Eigentum 31
32 Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit 32
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