Einführung in die Wirtschaftswissenschaften für Nicht-ÖkonomInnen Teil 1: Einführung
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- Barbara Tiedeman
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1 Einführung in die Wirtschaftswissenschaften für Nicht-ÖkonomInnen Teil 1: Einführung Dieses Werk ist unter einem Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenzvertrag lizenziert. Um die Lizenz anzusehen, gehen Sie bitte zu 1
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3 Was ist Ökonomie? Gesamtheit aller Einrichtungen und Handlungen, die der planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs dienen. Hierzu zählen insbesondere Herstellung, Verbrauch, Umlauf und Verteilung von Gütern Ökonomie ist damit auch Raum sozialen Handelns, jede soziale Realität hat eine ökonomische Dimension (je nach dem, wie weit man den Begriff Bedarf fasst) 3
4 Was ist ein Gut? Als Gut im wirtschaftlichen Sinne bezeichnet man alle Mittel und Leistungen, die direkt oder indirekt der Bedürfnisbefriedigung dienen. Dies können Sachgüter, aber auch Dienstleistungen oder Nutzungsrechte sein. 4
5 Was ist Ökonomik? Wissenschaft von der Ökonomie. Beschäftigt sich demnach mit der Koordination des Handelns individueller Akteure in ihrem Umgang mit Ressourcen. Oder anders: Allokation knapper Ressourcen bei alternativen Verwendungsmöglichkeiten. 5
6 Was ist Ökonomik? Der Gegenstandsbereich der ökonomischen Theorie reicht ebenso weit in die anderen gesellschaftlichen Handlungsbereiche hinein, wie der ökonomische Handlungsraum selbst (muss dem aber nicht kritiklos folgen). 6
7 BWL und VWL BWL: Wirtschaftliche Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten einzelner Unternehmen VWL (früher Nationalökonomie): Wirtschaftliche Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten einer Gesellschaft Mikroökonomik Makroökonomik 7
8 Mikro- und Makroökonomik Mikroökonomik Ausgangspunkt ist das einzelne Wirtschaftssubjekt Dieses hat vielfältige (ökonomische) Entscheidungen zu treffen Versucht, diese Einzelentscheidungen und von da aus das wirtschaftliche Geschehen insgesamt zu erklären 8
9 Mikro- und Makroökonomik Makroökonomik Geht vom Aggregat aller Wirtschaftssubjekte aus, nicht von jedem einzelnen Zweifache Aggregation: Wirtschaftssubjekte zu Aggregaten Güter zu Güterbündeln Nicht verschiedene Theorien, sondern verschiedene Methoden mit unterschiedlichem Erkenntnisinteresse 9
10 Mikro- vs. Makroökonomik Mikro: Allokation (Verwendung knapper Ressourcen auf alternative Verwendungszwecke: Welche Güter werden produziert und in welcher Kombination) Distribution (Einkommensverteilung auf Personen, Gruppen oder Produktionsfaktoren) Makro: Konjunktur, Wachstum, Beschäftigung Auseinandersetzung mit Globalgrößen (Sozialprodukt, Arbeitslosenquote etc.) 10
11 Neoklassik Weiterentwicklung der klassischen Nationalökonomie des 19. Jahrhunderts Weltweit und vor allem in Deutschland am weitesten verbreitete Denkrichtung innerhalb der Ökonomik auch an der Kölner WiSo-Fakultät Erscheint auf Grund der weiten Verbreitung oftmals alternativlos es gibt aber auch andere Ansätze 11
12 Der Beginn: Die Klassik Textauszug: Adam Smith: Wohlstand der Nationen, 1. & 2. Kapitel Historischer Beginn der klassischen Wirtschaftswissenschaft / Nationalökonomie Gleichzeitig Grundwerk des Wirtschaftsliberalismus Text erschien im Jahr 1776 Originaltitel: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations 12
13 Der Beginn: Die Klassik Erstes Buch Kapitel 1: Vorteile von Arbeitsteilung und Spezialisierung Erstes Buch Kapitel 2: Tausch und Handel => Märkte / die Idee der Marktwirtschaft Begründung: Eigenliebe, Fähigkeit zur Kommunikation => Neigung zum Tausch. Vom Tausch profitieren jeweils beide Seiten. Durch diesen eigennützigen Tausch kommt es zum Wohlstand einer ganzen Nation. 13
14 Grundannahmen der Ökonomik 14
15 Grundannahmen der Ökonomik Daß diese Vereinfachungen, wenn sie sich auf Menschen erstrecken, wie Karikaturen wirken können, ist nicht die Schuld derer, die mit ihnen wirtschaftliche Entwicklungen vorhersagen [...], sondern liegt an denjenigen, die das wissenschafliche Vorgehen der Ökonomik nicht nachvollziehen können. 15
16 Methodologischer Individualismus Grundsätzliches Werturteil der (neoklassischen) Ökonomik: Ziel ökonomischer Bemühungen ist die Steigerung des Nutzens von Individuen Methodologischer Individualismus beinhaltet zwei Aspekte: Anthropozentrismus Liberaler Ansatz 16
17 Methodologischer Individualismus Anthropozentrismus: Der Wert eines Gegenstandes (einer Dienstleistung, einer Regelung) bemisst sich allein nach Maßgabe des Nutzens, den er für ein Individuum entfaltet. Es existiert kein Wert an sich, der losgelöst vom einzelnen Menschen begriffen werden könnte Liberaler Ansatz: Nur Individuen sind Entscheidungsträger und Akteure. Kollektive Entscheidungen hängen ausschließlich von den individuellen Entscheidungen (und dem Modus der Entscheidungsfindung) ab. 17
18 Konsumentensouveränität Folgt unmittelbar aus der individualistischen Grundposition: Die Entscheidung, was welchen Nutzen stiftet, kann ausschließlich das einzelne Individuum treffen Diese normative Grundposition richtet sich ausdrücklich gegen die Auffassung von Eliten, sie wüssten besser, was gut für die Menschen ist 18
19 Präferenzen Unmittelbare Folge für die ökonomische Theorie: Die Präferenzen der Individuen werden als gegeben (exogen) angenommen und als konstant unterstellt Ihre Untersuchung wird anderen Wissenschaften überlassen, vor allem der Sozialpsychologie Es werden allerdings bestimmte Annahmen über die Struktur von Präferenzen getroffen 19
20 Axiome der Präferenztheorie Vollständigkeit: Eine Aussage über die Präferenzen ist in jeder Situation möglich. Reflexivität: Jedes Bündel innerhalb der Präferenzordnung eines Individuums ist so gut wie es selber. Transitivität: Aus A > B und B > C folgt A > C Problem: Alle drei Axiome halten empirischen Überprüfungen sehr häufig nicht stand (vgl. Tietzel 1988) 20
21 Der homo oeconomicus Verkörperung des ökonomischen Verhaltensmodells Geht zurück auf den Utilitarismus des 19. Jahrhunderts (v.a. Bentham, Mill, Smith) Menschliches Verhalten ist die rationale Auswahl aus den zur Verfügung stehenden Alternativen, einziges Ziel ist die Maximierung des eigenen Nutzens 21
22 Der homo oeconomicus (2) In modernen Ansätzen (vgl. Kirchgässner 2000) werden sowohl der Rationalitätsbegriff als auch der Begriff des Nutzens sehr weit gefasst In der (Modell-)Realität der Wirtschaftswissenschaften aber: Vollständige Information Ausrichtung allein an monetären Überlegungen 22
23 Ziele und Methoden der VWL 23
24 Ziele und Aufgaben der Wirtschaftswissenschaft Beschreibung als wichtigstes Ziel -> Empirische Fundierung, Überprüfung Erklärung -> kausale Beziehungen Prognose wirtschaftlicher Entwicklung, Veränderungen einzelner Größen (insbesondere in Folge einer Veränderung der (politischen) Rahmenbedingen) Beratung der Politik Prognosen implizieren Handlungsanweisungen. 24
25 Methoden der VWL: Modelle Ein Modell, das die ganze Buntheit der Wirklichkeit berücksichtigte, würde nicht nützlicher sein als eine Landkarte im Maßstab Eins zu Eins. (Joan Robinson, britische Ökonomin ( )) 25
26 Methoden der VWL: Modelle Vereinfachungen / Abstraktion in drei Schritten: 1. Berücksichtigung nur von als wesentliche erachteten Kausalbeziehungen 2. Abbruch der Erklärungskette: weil man sich sonst in andere Wissensgebiete vorwagen müsste oder weil man eben nicht alles auf einmal erklären kann. 3. Möglichst einfache Quantifizierung der Kausalbeziehungen zwischen den berücksichtigten Größen 26
27 Methoden der VWL: Modelle Ökonomische Modelle enthalten Annahmen über menschliches Verhalten. Insbesondere wird nutzenmaximierendes, rationales Verhalten unterstellt. Dieses wird in mathematischer Form formuliert. So stellt das Modell insgesamt ein komplexes Gleichungssystem dar. Die kausalen Zusammenhänge der Größen stellen Restriktionen für die Akteure dar. 27
28 Restriktionen Wichtigste Restriktion: Knappheit: Die Produktionsfaktoren (menschliche Arbeitskraft, Ressourcen und Kapital) sind nicht unbegrenzt vorhanden => Die Produktionsmöglichkeiten besitzen eine absolute Grenze Darstellung: Produktionsmöglichkeitskurve 28
29 Effizienz Die vorhandenen Kapazitäten / Produktionsmöglichkeiten werden voll ausgeschöpft -> Nutzenmaximum (P1) Ansonsten (P2) würden Ressourcen ungenutzt bleiben = verschwendet (Ineffizienz!!!) 29
30 Opportunitätskosten Opportunität=Möglichkeit; Sind alle Ressourcen voll ausgenutzt, so geht eine Mehrproduktion von x 1 auf Kosten der Produktion x 2 Jede Entscheidung hat damit Kosten zur Folge: 1. Die direkten Kosten 2. Der entgangene Nutzen alternativer Verwendung 30
31 Methoden der VWL: Modelle Der modellierte Akteur besitzt Präferenzen und trifft auf die Restriktionen. Unter Berücksichtigung dieser optimiert er durch rationale Kalkulation seinen Nutzen. Optimierungsbedingungen werden dabei mathematisch durch die sogenannte Marginalanalyse bestimmt 31
32 Methoden der VWL: Marginalanalyse Beispiel für Nutzenoptimierung: Die Kalkulation eines Unternehmens Gewinn = Verkaufserlös Kosten = E(x) - K(x) Verkaufserlös = Preis * Stückzahl E(x) = p * x Kosten = K (x) [Funktion von x] -> Die Kosten sind abhängig von der Stückzahl 32
33 Die Erlösgerade Die Erlösgerade: Der Preis p (pro Stück) bildet sich auf dem Markt und ist für das Unternehmen gegeben. Die Steigung der Erlösgerade entspricht p. 33
34 Die Standardkostenkurve Meist wird ein Verlauf der Kostenkurve angenommen, der: Zuerst ansteigt Dann abflacht Und dann wieder ansteigt 34
35 Die Standardkostenkurve Die Ableitung der Kostenkurve GK (Grenzkostenkurve) hat dem entsprechend ein Minimum Sie beschreibt die Kosten für die marginale x-te Einheit 35
36 Kosten und Erlös Ein rational nutzenoptimierendes Unternehmen wird versuchen genau die Stückzahl x zu produzieren, bei deren Verkauf der maximale Gewinn anfällt. 36
37 Methoden der VWL: Marginalanalyse Der Gewinn ist maximal, wenn die Differenz zwischen Erlös und Gewinn maximal ist. Bestimmung des Gewinnmaximum durch Differentialrechnung: G(x) = E(x) K(x) Ableitung: G'(x) = E'(x) K'(x) Grenzgewinn = Grenzerlös Grenzkosten Grenzgewinn = Gewinn einer zusätzlichen (marginalen) Einheit x. 37
38 Das Unternehmen sucht die Produktionsmenge (x), bei der die Erhöhung der Produktion um eine marginale Einheit das letzte mal einen zusätzlichen Gewinn bringt. => G'(x)!= 0 => E'(x) K'(x)!= 0 Methoden der VWL: Marginalanalyse => E'(x)!= K'(x) [Grenzerlös = Grenzkosten] => Die Produktionsmenge mit dem maximalen Gewinn. 38
39 Das Gewinnmaximum Gewinnmaximum: Maximaler Abstand zwischen E und C Eine marginale Einheit bringt keinen zusätzlichen Gewinn mehr Preis = Grenzkosten => Optimale Produktionsmenge x* 39
40 Fazit: Methoden der VWL Modelle: Vereinfachung der komplexen Realität auf relevante Wirkungszusammenhänge ( Funktionen als Hypothesen ) Modellierung von rationalem Verhalten durch Grenznutzenkalkül / Marginalanalyse Modelle erlauben Berechnungen und Prognosen. Kritik: Die Entscheidung welche Faktoren als relevant angesehen werden, determiniert das Ergebnis. => konkurrierende Modelle in der VWL 40
41 Einordnung der Ökonomik 41
42 Einordnung der Ökonomik Stellung im System der Wissenschaften: Keine Naturphänomene -> Geisteswissenschaft Genauer: Sozialwissenschaft Empirische und stark formalisierte (mechanische) Arbeitsweise Denkmethode statt Gegenstandsbereich: Ökonomischer Imperialismus 42
43 Ökonomischer Imperialismus Ökonomie ist also kurz gesprochen ein Denkprozeß oder, anders ausgedrückt, die Art und Weise, wie Ökonomen an ein Problem herangehen, nicht aber eine Menge von Problemen, die man ohne weiteres von anderen abtrennen kann und durch die so der Ökonom von anderen Wissenschaftlern unterschieden werden kann. (Richard B. McKenzie/Gordon Tullock) 43
44 Ökonomischer Imperialismus In der Tat bin ich zu der Auffassung gekommen, daß der ökonomische Ansatz so umfassend ist, daß er auf alles menschliche Verhalten anwendbar ist, sei es nun Verhalten, das monetär meßbar ist oder unterstellte Schatten -Preise hat, seien es wiederkehrende oder seltene Entscheidungen, handele es sich um emotionale oder nüchterne Ziele, reiche oder arme Menschen, Männer oder Frauen, Erwachsene oder Kinder, kluge oder dumme Menschen, Patienten oder Therapeuten, Geschäftsleute oder Politiker, Lehrer oder Schüler. (Gary S. Becker) 44
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