Die Reform hat nach der Gesetzesbegründung folgende Zielsetzung:
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- Eike Schreiber
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1 Telefסּn: Telefax: Sozialreferat Seite 1 von 7 Amt für Soziale Sicherung S-I- WH 1 Auswirkungen des neuen Unterhaltsrechts Antrag Nr / A der Stadtratsfraktion der FDP vom Sitzungsvorlage Nr / V Anlage Beschluss des Sozialausschusses vom (SB) Öffentliche Sitzung I. Vortrag des Referenten Auf Antrag der Stadtratsfraktion der FDP soll dargestellt werden, ob Erkenntnisse darüber vorliegen, dass es seit den erheblichen Neuerungen im Unterhaltsrecht im vergangenen Jahr zu Veränderungen in den Lebenssituationen von Münchnerinnen und Münchnern gekommen ist und wie sich diese zeigen. Die Gesellschaft in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Die Scheidungsrate hat sich erhöht, die Rollenverteilung innerhalb der Ehe hat sich gewandelt und neue Familienformen sind entstanden. Mit der Reform des Unterhaltsrechts, die zum in Kraft trat, wurde den gesellschaftlichen Veränderungen und dem eingetretenen Wertewandel Rechnung getragen. Die Reform hat nach der Gesetzesbegründung folgende Zielsetzung: 1. Förderung des Kindeswohls durch Einräumung des ersten Ranges für die Unterhaltsansprüche der minderjährigen Kinder und der privilegierten volljährigen Kinder (Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt eines Elternteils leben und in allgemeiner Schulausbildung sind, also in der Regel Gymnasiastinnen und Gymnasiasten) sowie des zweiten Ranges für alle ein Kind betreuenden Eltern, Wiedereinführung des Mindestunterhalts und vereinfachte Kindergeldverrechnung 2. Stärkung der Eigenverantwortung geschiedener Ehegatten 3. Vereinfachung des Unterhaltsrechts Die Unterhaltsreform hat vor allen Dingen in den Regelungen zu den Punkten 1
2 Seite 2 von 7 und 2 Auswirkungen auf die Einkommenssituation der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Auswirkungen zu Punkt 1 In Mangelfällen, also in Fällen, in denen der Unterhaltspflichtige (die männliche Form ist hier berechtigt, da es überwiegend Männer sind, die unterhaltspflichtig sind) nicht über Einkünfte verfügt, die es ihm ermöglichen, die Unterhaltsansprüche aller berechtigten Angehörigen zu befriedigen, ändert sich die Aufteilung der Unterhaltsleistung auf die einzelnen Berechtigten. Dem Unterhaltspflichtigen steht eine so genannte Verteilungsmasse zur Verfügung, die oberhalb seines zivilrechtlichen Selbstbehalts liegt und für Unterhaltszwecke zu verwenden ist. An der Höhe dieses Betrages ändert sich auch nach dem Inkrafttreten der Unterhaltsreform nichts. Wurden aber bisher die Unterhaltsansprüche der minderjährigen Kinder und des betreuenden Elternteils jeweils anteilig aus der Verteilungsmasse erfüllt, so erfolgt die Aufteilung jetzt nach der geänderten Rangfolge in der Weise, dass zunächst die Ansprüche der Kinder erfüllt werden und lediglich noch vorhandene Restbeträge dem betreuenden Elternteil zufließen. Zur Verdeutlichung das folgende Beispiel: Gegenüber dem Unterhaltspflichtigen bestehen Ansprüche seiner beiden minderjährigen Kinder in Höhe von jeweils 200,00 Euro sowie der geschiedenen Ehefrau von 300,00 Euro, insgesamt also 700,00 Euro. Das für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehende Einkommen beträgt 500,00 Euro, also 71,4 % des eigentlich für die Unterhaltszahlungen notwendigen Betrages. Bisher wurden in diesem Fall die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten anteilig erfüllt, so dass jeweils 71,4 % des Unterhalts zu leisten waren, d.h. für die beiden Kinder jeweils 143,00 Euro und für die geschiedene Ehefrau 214,00 Euro. Seit dem werden zunächst die Unterhaltsansprüche der Kinder in voller Höhe, also mit jeweils 200,00 Euro, befriedigt, mit der Folge, dass die geschiedene Ehefrau nur 100,00 Euro erhält. Es ist davon auszugehen, dass die Kinder in den meisten Fällen mit dem betreuenden Elternteil in einer Familiengemeinschaft leben, so dass den Unterhaltsberechtigten insgesamt der gleiche Gesamtbetrag zur Verfügung steht wie bisher. Anders verhält es sich in Fällen, bei denen Unterhaltsberechtigte vorhanden sind, die in verschiedenen Familien leben. Hier kann die geänderte Rangfolge dazu führen, dass einer Familie künftig mehr, der anderen Familie weniger Einkommen zur Verfügung steht. Dabei spielt insbesondere eine Rolle, dass seit dem
3 Seite 3 von alle betreuenden Elternteile gleichrangig sind, während vorher die Erstfamilie des Unterhaltspflichtigen grundsätzlich vorrangig war. Die Folge der vorrangigen Befriedigung der Unterhaltsansprüche der Kinder ist, dass deren Lebensunterhalt vermehrt durch das vorhandene Einkommen, also Unterhalt und Kindergeld, bestritten werden kann, während Elternteile in höherem Umfang als bisher auf Sozialleistungen nach dem SGB II oder SGB XII angewiesen sind, sofern das Erwerbseinkommen nicht ausreichend ist. Bei Bezieherinnen und Beziehern von laufenden Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII werden aber die geänderten Unterhaltsbeträge durch eine Anpassung der Sozialleistungen ausgeglichen, so dass insgesamt wieder die gleichen Einkünfte zur Verfügung stehen. Auswirkungen zu Punkt 2 Der in der Reform verankerte Grundsatz der Stärkung der Eigenverantwortung des geschiedenen Ehegatten wird in der Regel zu einer Beschränkung in der Höhe bzw. einer zeitlichen Befristung der Unterhaltszahlung führen. Die Folgen dieser Neuregelung sind aber bisher allenfalls in geringem Umfang spürbar, da in vielen Fällen Vertrauenstatbestände vorliegen, die einen plötzlichen Wegfall von Unterhaltsleistungen, die auf einem Unterhaltstitel nach altem Recht beruhen, verhindern. Künftig werden allerdings durch die Befristung und Beschränkung des Unterhalts Ehegatten vermehrt auf sich selbst gestellt sein und wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen. Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht (mehr) oder nicht ausreichend aus Unterhaltsleistungen bestreiten können, können den üblichen Leistungskatalog der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung München GmbH (ARGE München) in Anspruch nehmen und Arbeitslosengeld II beziehen sowie an Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilnehmen. Sofern gerade auch ältere Betroffene den Wiedereinstieg in das Berufsleben nicht selbst bewerkstelligen können, bietet die ARGE München eine Vielzahl von Maßnahmen, insbesondere auch über das Projekt KompAQT. KompAQT ist ein Teil des Bundesprogrammes Perspektive 50plus und betreut speziell arbeitsuchende Menschen, die über 50 Jahre alt sind. Soweit bei geschiedenen Personen im Rentenalter die Leistungen aus dem Versorgungsausgleich und auch sonstige Einkommen nicht ausreichend sind, um den Lebensunterhalt abzudecken, können Leistungen nach dem SGB XII, insbesondere Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, in Anspruch
4 Seite 4 von 7 genommen werden. Fazit Abschließend ist festzustellen, dass die unter Punkt 2 geschilderten Einschränkungen bei der Zahlung von Unterhalt die Unterhaltspflichtigen entlasten und im Gegenzug die öffentliche Hand belasten. Dies gilt insbesondere in Zeiten, in denen die Situation auf dem Arbeitsmarkt schwierig ist, die Suche nach einer Arbeitsstelle über längere Zeit erfolglos bleibt und deshalb der wegfallende Unterhalt nicht unmittelbar durch einen Arbeitsverdienst ausgeglichen werden kann. Leider liegen weder der ARGE München noch dem Amt für Soziale Sicherung Zahlen darüber vor, in wie vielen Fällen Personen hilfebedürftig wurden, weil Unterhalts- zahlungen gemindert wurden oder ganz weggefallen sind. In den DV- Systemen ist die Eingabe des Grundes der Hilfebedürftigkeit nicht vorgesehen und deshalb auch nicht abrufbar. Wir gehen aber wegen der oben erwähnten Vertrauensschutzregelung derzeit noch von Einzelfällen aus. Allerdings werden in den kommenden Jahren die Fälle, in denen Unterhaltszahlungen nach Ablauf des Vertrauensschutzes wegfallen und deshalb Leistungen zum Lebensunterhalt beantragt werden müssen, ansteigen, insbesondere, wenn sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht erholt. An dieser Stelle zeigt sich besonders deutlich, dass die Reform die tatsächliche Lebensrealität vieler Frauen nur unzureichend berücksichtigt. Vor allem diejenigen Frauen, die im Rahmen der partnerschaftlichen Lebensplanung zur Betreuung der Kinder ganz oder teilweise zu Hause bleiben und ihre Erwerbstätigkeit zurückstellen, sind aller Voraussicht nach die Verliererinnen der Reform. Auch in den Schuldnerberatungsstellen der Stadt München und der Wohlfahrtsverbände (AWO, BRK, Caritas, Katholischer Männerfürsorgeverein e. V., Evangelisches Hilfswerk München) liegen bisher keine Erkenntnisse darüber vor, dass die Einführung des neuen Unterhaltsrechts bei Betroffenen womöglich zu einer Verstärkung der Ver- bzw. Überschuldungsproblematik geführt hat. Die Thematik wird allerdings im Auge behalten, da die Beratungsstellen in den statistischen Erfassungen auch die Hintergründe der Ver- und Überschuldung festhalten.
5 Seite 5 von 7 Männer und Frauen können sowohl unterhaltspflichtig als auch unterhaltsberechtigt sein. Die Regelungen sind in der jeweiligen Rolle für Männer und Frauen in gleicher Weise anzuwenden. Da jedoch sowohl bei verheirateten als auch bei nicht verheirateten Paaren immer noch mehr Frauen als Männer die Kinderbetreuung übernehmen und deshalb unterhaltsbedürftig werden, sind Frauen von den Neuregelungen weit mehr betroffen als Männer. Unter soziodemographischen Gesichtspunkten ist festzuhalten, dass die Neuregelung Chancen und Risiken zugleich enthält. Geschiedene Ehegatten, die den Wiedereinstieg in das Berufsleben erfolgreich umsetzen können, werden dadurch für die Zukunft auch bessere Rentenansprüche erzielen können. Damit steigt die Aussicht, im Alter den Lebensunterhalt weitgehend oder sogar vollständig aus der Rente bestreiten zu können. Gelingt der Wiedereinstieg in das Berufsleben nicht, so werden diese Betroffenen im Alter stärker Leistungen nach dem SGB XII in Anspruch nehmen müssen, da ihr Unterhalts- anspruch im Vergleich zur früheren Regelung geringer ist. Die Beschlussvorlage ist mit der Gleichstellungsstelle für Frauen abgestimmt. Anhörung des Bezirksausschusses In dieser Beratungsangelegenheit ist die Anhörung eines Bezirksausschusses nicht vorgesehen (vgl. Anlage 1 der BA- Satzung). Dem Korreferenten, Herrn Stadtrat Benker, dem Verwaltungsbeirat, Herrn Stadtrat Dr. Babor, der Stadtkämmerei, der Frauengleichstellungsstelle und dem Sozialreferat/Stelle für interkulturelle Arbeit ist ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet worden. II. Antrag des Referenten 1. Der Vortrag des Referenten über die Auswirkungen des neuen Unterhaltsrechts auf Ansprüche von Kindern und (geschiedenen) Partnern wird zur Kenntnis genommen. 2. Der Antrag Nr / A der Stadtratsfraktion der FDP vom ist geschäftsordnungsgemäß behandelt. 3. Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle.
6 Seite 6 von 7 III. Beschluss nach Antrag. Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Die Vorsitzende Der Referent Christine Strobl Bürgermeisterin Friedrich Graffe Berufsm. Stadtrat IV. Abdruck von I. mit III. über den Stenographischen Sitzungsdienst an das Direktorium Dokumentationsstelle an die Stadtkämmerei an das Revisionsamt z.k. V. Wv. Sozialreferat 1. Die Übereinstimmung vorstehenden Abdrucks mit der beglaubigten Zweitschrift wird bestätigt. 2. An das Sozialreferat, S- III- M An die Frauengleichstellungsstelle z.k. Am
7 I.A. Seite 7 von 7
Sozialreferat. Telefסּn: Telefax: Amt für Soziale Sicherung S-I-WH 1
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