Delir-Prophylaxe und Behandlung
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- Luisa Schuler
- vor 7 Jahren
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1 Aktuelles Wissen für Anästhesisten Refresher Course Nr. 40 Delir-Prophylaxe und Behandlung R. Tomasi V. von Dossow-Hanfstingl Zusammenfassung: Das Delir ist eine akute hirnorganische Dysfunktion mit einer vorübergehenden Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörung. In den letzten Jahren konnten die pathophysiologischen Mechanismen, die eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung eines Delirs spielen, zumindest teilweise beschrieben werden. Ein Delir ist mit einem längeren intensivstationären Aufenthalt, mit höheren Krankenhauskosten, mit einer höheren Sterblichkeit sowie Langzeitstörungen der kognitiven Funktion assoziiert. Das Delir tritt bei 80% aller beatmeten und bei 50% aller nichtbeatmeten Patienten auf und führt zu einer Verschlechterung des Behandlungsergebnisses. Das bedeutet im Einzelnen eine längere Beatmungsdauer, eine längere Krankenhausaufenthaltsdauer und eine erhöhte Sterblichkeit. Das Erkennen von Risikofaktoren, die Prävention und der Beginn einer zeitnahen symptomorientierten Therapie haben somit einen hohen Stellenwert. Präoperative Risikoprofile können in den klinischen Alltag im Rahmen der präoperativen Visite inkludiert werden. Eine pharmakologische Prophylaxe wird aufgrund fehlender Langzeitergebnisse nicht generell empfohlen. Im Einzelfall kann sie aber bei geriatrischen Patienten angewendet werden. Dieses Manuskript soll einen Überblick über die aktuellsten Strategien zur Prävention und Therapie des Delirs geben. Einleitung Das Delir ist nach der Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV) Klassifikation eine akute und fluktuierende Bewusstseinsstörung, die sich innerhalb von Stunden und Tagen entwickelt und mit einer kognitiven Funktionsstörung (Desorientiertheit, Sprach- und Gedächtnisstörung) einhergeht (1). Die Prävalenz liegt zwischen 15 und 55% in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Patientenkollektiven (2). Im Rahmen einer intensivmedizinischen Behandlung entwickeln bis zu 80% der beatmeten Patienten und 50% der nicht-beatmeten Patienten ein Delir (3). Eine Vielzahl an älteren Patienten nach großen chirurgischen Eingriffen, vor allem in der Herzchirurgie (50%), oder Patienten mit traumatischer Hüftfraktur (65%), entwickeln in den ersten postoperativen Tagen ein Delir (3,4). Die klinische Relevanz liegt in einer signifikant längeren Beatmungsdauer, längerer intensivstationärer Aufenthaltsdauer und einer 3-fach erhöhten Mortalität (4,5). Es gibt verschiedene Formen des Delirs: Man unterscheidet zwischen dem hyperaktiven Delir (psychomotorische Hyperaktivität), dem hypoaktiven Delir (psychomotorische Retardiertheit) sowie dem Mischtyp. Gerade das hypoaktive Delir wird häufig nicht detektiert. In ca. 75% der Fälle bleibt das Delir unentdeckt, da valide Scores nicht eingesetzt werden (6). Ältere Patienten oder Patienten mit einer Demenz und erhöhtem Schweregrad einer Erkrankung oder einer traumatischen Hüftfraktur haben ein höheres Risiko, ein Delir zu entwickeln. Die Prävalenz für ein Delir bei nicht-chirurgischen Patienten liegt bei 20-30% und bei chirurgischen Patienten bei 10-50% (7,8). Diese Übersichtsarbeit beschreibt Strategien der Prävention, der Identifikation und Diagnose sowie der Therapie. Der Fokus liegt auf der Prävention im Sinne von Erkennen von Risikofaktoren und der multifaktoriellen nicht-pharmakologischen Prävention. Risikofaktoren Das Erkennen von Risikofaktoren für die Entwicklung eines Delirs ist essentiell für die Prävention und Therapie. Alter und Schweregrad der Erkrankung gelten als die häufigsten Risikofaktoren für das Delir (5). Das National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) hat eine entsprechende Risikoabschätzung mithilfe klinischer Variablen festgelegt (7, 8): Alter > 65 Jahre Traumatische Hüftfraktur Kognitive Funktionsstörung (Demenz, Depression) Schweregrad der Erkrankungen Die klinischen Variablen der NICE-Guidelines sind nicht beeinflussbare Risikofaktoren. Von diesen sind beeinflussbare Risikofaktoren (iatrogene Faktoren und Umgebungsfaktoren) abzugrenzen: Psychoaktive Medikamente Polypharmazie Isolation, fehlender Besuch Schlafentzug, Mangel an Tageslicht Transfer zu einer anderen Station Fixierung Die Polypharmazie hat einen besonderen Stellenwert. Eine Vielzahl an Medikamenten erhöht das Risiko für die Entwicklung eines Delirs: 95
2 Refresher Course Nr. 40 Aktuelles Wissen für Anästhesisten Zentral anticholinerge Substanzen: Atropin, Benzodiazepine, Parkinsonmedikamente, Antiarrhythmika, Kardiovaskulär wirksame Pharmaka: ß-Blocker, Digitoxin, Diuretika Antiinflammatorisch wirksame Pharmaka: Kortikoide, nicht-steroidale Antirheumatika Gastrointestinale Pharmaka: Metoclopramid, H2-Blocker Antibiotika: Cephalosporine, Gyrasehemmer, Amino - glykoside Interventionen zur nichtpharmakologischen und pharmakologischen Prävention Nicht-pharmakologische Primärprävention Die nicht-pharmakologische Prävention inkludiert vor allem Reorientierung, kognitive Stimulation, Verbesserung der Kommunikation (Brille, Hörgerät), frühe Mobilisation, Vermeidung von Schlafentzug sowie die Minimierung psychoaktiver Medikamente (2). Hilfreich kann auch ein Flyer mit entsprechender Information und Aufklärung für die Patienten bzw. deren Angehörige sein. Der Flyer kann bei Risikopatienten bereits präoperativ eingesetzt werden. Durch dieses Hilfsmittel ist sichergestellt, dass keine relevanten Informationen vergessen werden (9). Patienten auf Intensivstationen sind häufig nicht vollständig aufnahmefähig, so dass die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt Informationen nachlesen zu können, sinnvoll ist. Zudem können auch die Angehörigen während der akuten Phase des Delirs von diesem Flyer profitieren. MERKE: Nach den NICE-Guidelines sollten folgende Punkte bei Aufnahme eines Patienten berücksichtigt werden (7,8): Es sollte darauf geachtet werden, dass Risikopatienten von einem erfahrenen und auf Delir spezialisierten Team behandelt werden. Der Transfer von Station zu Station sollte unbedingt vermieden werden. Bei Aufnahme eines Patienten sollte in den ersten 24 Stunden auf folgendes geachtet werden: Kognitive Stimulation (Kalender und Uhr in Sichtweite des Patienten, Besuch durch Familie) Vermeiden einer Dehydratation: Sicherstellen einer ausreichenden Flüssigkeitsaufnahme, ggf. i.v. Flüssigkeitssubstitution Ausschluss einer Infektion Frühzeitige Mobilisation Adäquate Schmerztherapie Polypharmazie vermeiden Tag/Nachtrhythmus aufrecht erhalten Für die nichtpharmakologische Delirprävention liegen allerdings bislang keine evidenz-basierten Studien im Hinblick auf das Langzeitbehandlungsergebnis vor. Mittlerweile gibt es an der Berliner Charité in Zusammenarbeit mit Architekten ein Konzept der Raumgestaltung auf der Intensivstation, um den Einfluss von störenden Umgebungsfaktoren (Beatmungsmaschinen, Dialysegeräte, fehlendes Tageslicht und Lärmbelästigung) möglichst gering zu halten (10). Allerdings sind prospektive Studien erforderlich, um das neue Raum- und Lichtkonzept und dessen Einfluss auf den Gesundheitszustand des Patienten zu überprüfen. Pharmakologische Delirprävention Auf der Basis der verschiedenen Pathomechanismen bei der Entwicklung eines Delirs steht vor allem die Dysregulation der Neurotransmitter Acetylcholin und Dopamin im Vordergrund. Die perioperative Gabe antipsychotischer Substanzen kann theoretisch die dopaminerge und serotonerge Dysregulation verhindern und somit die Delirrate sowie die Ausprägung eines Delirs verringern (11). Einige randomisierte klinische Studien konnten zeigen, dass die orale Gabe von Haloperidol, Risperidone oder Olanzepine den Schweregrad des Delirs vermindern können (12). Die prophylaktische Gabe von 0,5 mg Haloperidol intravenös mit anschließender kontinuierlicher Applikation von 0,1 mg/h für 12 Stunden führte bei älteren Patienten mit einem nicht-herzchirurgischen Eingriff zu einer signifikant geringeren Delirrate (13). Im Gegensatz dazu konnten Vochteloo et al. (14) nach Implementierung eines medikamentösen Schemas (2 x 0,5 mg Haloperidol/Tag) keine Verringerung der Delirrate feststellen. Die Applikation von Cholinesteraseinhibitoren (Physostigmin) unter Annahme eines zentral cholinergen Defizits führte ebenfalls zu keiner Reduktion der Delirrate (12). Delirpatienten haben einen gestörten Tag/Nachtrhythmus. Das pineale Hormon Melatonin spielt eine zentrale Rolle bei der Regulation und Aufrechterhaltung eines regelmäßigen Tag/ Nachtrhythmus (11, 15). Veränderungen des Melatonin Metabolismus können das Risiko für die Entwicklung eines Delirs erhöhen. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass die Gabe von 0,5 mg Melatonin für insgesamt 14 Tage zu einer verringerten Delirrate führte (16, 17). Merke: Eine medikamentöse perioperative Delirprophylaxe kann bei geriatrischen Patienten mit niedrig-dosiert Haloperidol (3 x 0,5 mg p.o.) nach der aktuellen deutschen S3-Leitlinie für Analgesie, Sedierung und Delirmanagement durchgeführt werden (18). Diagnose Das Delir ist ein unabhängiger Prädiktor für eine verlängerte Krankenhausverweildauer, die Entwicklung einer kognitiven Dysfunktion und eine erhöhte Sterblichkeit kritisch kranker 96
3 Aktuelles Wissen für Anästhesisten Refresher Course Nr. 40 Patienten auf der Intensivstation (6). Validierte Scores zur frühzeitigen Erkennung eines Delirs haben einen direkten Effekt auf das Ergebnis der Patientenbehandlung und sind international in Leitlinien integriert (18, 19). Die regelmäßige Überprüfung des Analgesie- und Sedierungsgrades sowie des Delirs führt zu einer signifikant kürzeren Beatmungsdauer, kürzeren Intensivaufenthaltsdauer sowie zu einer Reduktion der Sterblichkeit (20, 21). Der wichtigste Schritt zur Delirerkennung ist der Einsatz valider Messinstrumente (12). Reliable und valide Delirscores sollen als Screeninginstrumente gezielt eingesetzt werden. Das Ergebnis soll alle 8 Stunden dokumentiert werden. Der Confusion Assessment Method (CAM)-ICU ist ein valider und reliabler Score für die Detektion eines Delirs, der sich im Vergleich zu anderen Scores am meisten durchgesetzt hat (22, 23, 24). Er hat die höchste Sensitivität und Spezifität, um ein Delir auf der Intensivstation zu detektieren (23). Der CAM-ICU setzt sich aus 4 Merkmalen zusammen: akuter Beginn oder schwankender Verlauf (1) Aufmerksamkeitsstörung (2) ANANASBAUM Bewusstseinsstörung (3) unorganisiertes Denken (4) Auch die Nursing Delirium Screening Scale (Nu-DESC) ist als Fremdbeurteilungsskala sowohl für den Aufwachraum als auch die Intensivstation validiert und zeigt ebenfalls eine gute Reliabilität (25). Sie muss nicht geschult werden und ist einfach anwendbar. Sie setzt sich aus 5 Symptomqualitäten zusammen, die entsprechend bewertet (0-2 Punkte) werden können: Desorientierung, unangemessenes Verhalten, unangemessene Kommunikation, Illusion/Halluzination und psychomotorische Retardierung. MERKE: Es spielt keine entscheidende Rolle, welches Scoringsystem als Screening für ein Delir benutzt wird, sondern dass es konsequent regelmäßig und gezielt eingesetzt wird. Ein verzögerter Beginn einer pharmakologischen Therapie des Delirs ist mit einer Verschlechterung des Behandlungsergebnisses und erhöhter Sterblichkeit assoziiert sein (26, 27). Daher sollte bei Diagnosestellung eine sofortige symptomorientierte Therapie begonnen werden. Die Gabe antipsychotischer Substanzen (Haloperidol, Risperidon) kann die Inzidenz des Delirs nicht reduzieren, aber den Schweregrad und die Dauer (27). Verschiedene internationale Leitlinien empfehlen die Gabe von Neuroleptika als first-line Therapie (18, 19, 28, 29). Haloperidol wird als Erstgenerations- Neuroleptikum empfohlen, entweder als orale oder intravenöse Gabe. Alternativ können aber auch Zweitgenerations-Neuroleptika eingesetzt werden: Olanzepine, Risperidon, Quetiapine und Ziprasidone. Es muss jedoch betont werden, dass eine Metaanalyse von Flaherty et al. (30) aus den Jahren von eine ausreichende Evidenz für eine signifikante Verkürzung der Delirdauer oder eine Reduktion des Schweregrades durch die Gabe von antipsychiotischen Substanzen nicht belegen konnte. Die medikamentöse Therapie mit Quetiapine ( mg alle 12 Stunden) war erstmalig mit einer signifikant kürzeren Delirdauer assoziiert (31). Die Patienten der Quetiapingruppe konnten häufiger nach Hause oder in eine Rehabilitationseinrichtung entlassen werden, allerdings konnte kein Unterschied in der Intensivstationsaufenthaltsdauer oder der Sterblichkeit nachgewiesen werden. Im Gegensatz dazu konnte in einer weiteren klinischen Studie kein Vorteil von Quetiapin nachgewiesen werden (32). Auch der frühzeitige Einsatz von Risperidon (0,5 mg p.o. 2 x tgl.) bei älteren herzchirurgischen Patienten war mit einer signifikant geringeren Delirinzidenz bei gleicher Letalität im Vergleich zur Placebogruppe assoziiert (33). Eine multizentrisch angelegte, randomisierte, klinische Studie mit dem Cholinesteraseinhibitor Rivastigmin (2 x 6 mg tgl.) musste nach 104 Patienten aufgrund einer erhöhten Letalität in der Verumgruppe vorzeitig beendet werden (34). Zusammenfassend gibt es bislang unzureichende Evidenz für die Effizienz und Sicherheit einer pharmakologischen Therapie des Delirs in der postoperativen Phase und auf der Intensivstation. Die meisten Studien haben ein unterschiedliches Studiendesign und sind somit schwer vergleich bar. Generell kann empfohlen werden, eine pharmakologische Therapie zu beginnen, wenn nicht-pharmakologische Maßnahmen nicht mehr greifen. Eine pharmakologische Therapie sollte vor allem dann angewendet werden, wenn Patienten sich selbst oder andere gefährden oder wenn diagnostische Interventionen notwendig sind, um eine Differentialdiagnose des Delirs auszuschließen (z.b. Infektion, ZNS-Erkrankungen etc.). Antipsychotische Substanzen sollten daher nur kurzfristig und symptomorientiert (Halluzinationen, Unruhe, Agitation, vegetative Symptomatik) zum Einsatz kommen (11). Pharmakologische Therapie: Besonderheiten der medikamentösen symptomorientierte Therapie: Halluzinationen: Bei allen Neuroleptika ist Vorsicht geboten, vor allem in Zusammenhang mit Herzerkrankungen oder Herzrhythmusstörungen (Torsade-de-Pointes-Tachykardien, QT- Verlängerungen). Bei der i.v. Applikation von Haloperidol sollte ein EKG Monitoring erfolgen. Die Applikation von weniger als 2 mg i.v. Haloperidol gilt als sicher (35). Agitation/Unruhe: Hier sollten die Benzodiazepine nur beim Entzugsdelir zum Einsatz kommen. Für das Nicht-Entzugsdelir gibt es keine Evidenz (36). Allerdings haben auch Benzodiazepine eine prodelirogene Wirkung, so dass bei der Primärtherapie eines Delirs die Indikation streng gestellt werden sollte (37, 38). 97
4 Refresher Course Nr. 40 Aktuelles Wissen für Anästhesisten Vegetative Symptomatik: Die alpha 2 -Agonisten Clonidin und Dexmedetomidin können eingesetzt werden. Bradykardien und Hypotensionen können bei beiden Substanzen auftreten. Die Gabe von Dexmedetomidin im Rahmen einer kontinuierlichen Sedierung auf der Intensivstation ist im Vergleich zu einer Sedierung mit Benzodiazepinen mit einem geringeren Risiko für die Entwicklung eines Delirs und einer verkürzten Delirdauer assoziiert (39, 40). Bislang gibt es aufgrund der zu geringen Anzahl kontrollierter Studien für beide Substanzen keine Evidenz für ein verbessertes Behandlungsergebnis. Delirmanagement in der Intensivmedizin: Integration in ABCDE-Bündel Für einzelne Behandlungsstrategien konnten in den vergangenen Jahren bei kritisch kranken Patienten eine Verringerung der Sterblichkeit nachgewiesen werden (41, 42). Das Überleben kritisch kranker Patienten nimmt trotz gleichzeitiger Zunahme der Komorbiditäten in den letzten Jahren kontinuierlich zu (42). Der Einsatz von Scores zur Detektion eines Delirs ist in das von Morandi und Ely (43) propagierte ABCDE -Bündel aufgenommen worden mit dem Ziel, das Behandlungsergebnis zu verbessern und die Sterblichkeit zu senken. A ( Awakening ) B ( Breathing ) C ( choice of sedatives and analgetics ) Sedierungspausen/Aufwachversuche Beatmungsprotokolle: Spontanatmungsversuche/ Extubationsversuche Wahl des Sedativums / Analgetikums D ( daily delirium monitoring ) Tägliches Delirmonitoring E ( early exercise ) Frühzeitige Mobilisation Das Monitoring von Analgesie, Sedierung und Delir ist aktuell einer der zehn empfohlenen Qualitätsindikatoren für die Intensivmedizin (44). Das Vorhandensein von validierten und reliablen Scores für das Monitoring des Delirs in deutscher Sprache gibt dem Team (Ärzteschaft und Pflegekräfte) nun die Möglichkeit, die gleiche Sprache zu sprechen und gemeinsam Ziele zu definieren (45). Dies führt zu mehr Patientenkomfort, dient aber auch der Patientensicherheit und dem Behandlungserfolg. Kernpunkte Das Delir ist eine akute hirnorganische Dysfunktion, die nicht detektiert und unbehandelt mit potentiell schweren Langzeitfolgen assoziiert sein kann. Klinische Faktoren können bereits präoperativ Hochrisikopatienten für die Entwicklung eines Delirs identifizieren. Multimodale Präventionsstrategien können das Behandlungsergebnis signifikant verbessern. Reliable und validierte Delirscores sollen als Screeninginstrumente gezielt eingesetzt werden. Das Ergebnis soll alle 8 Stunden dokumentiert werden. Bei Auftreten eines Delirs sollte zeitnah eine symptomorientierte Therapie eingeleitet werden, da diese wesentlich zu einer Verbesserung des Behandlungsergebnis beitragen kann. Diese sollte täglich überprüft werden und entsprechend bei Abklingen der Symptome ausgeschlichen und abgesetzt werden. Ein Monitoring der Nebenwirkungen einer pharmakologischen Therapie ist unabdingbare Voraussetzung. Zusammenfassung Das Delir ist eine häufige Komplikation bei Intensivpatienten und nach großen chirurgischen Eingriffen, das nicht detektiert und unbehandelt mit potentiell schweren Kurzzeit- und Langzeitkomplikationen assoziiert sein kann. In den letzten Jahren konnten einige prädisponierende Faktoren identifiziert werden, die mit einem erhöhten Risiko für ein Delir einhergehen. Präventionsprogramme sind effektiv und auch als Teil der deutschen S3-Leitlinie für Analgesie, Sedierungs- und Delirmanagement beschrieben und sollten in die klinische Routine inkludiert werden. Einfache und validierte Messinstrumente sind auch in deutscher Sprache vorhanden und können bettseitig routinemäßig angewendet werden. Das regelmäßiges Screening der Patienten in den ersten postoperativen Tagen mittels geeigneter Scores ist unabdingbar und eine der wichtigsten Strategien, ein Delir rechtzeitig zu erkennen und symptomorientierte Therapie zu beginnen. Sie helfen vor allem, das Behandlungsergebnis der Patienten zu verbessern. Dennoch müssen die entsprechenden Risikoprofile und auch die pharmakologische Delirprävention im Hinblick auf Evidenz noch genauer evaluiert werden. Literatur 1. Sass H, Wittchen HU, Zaudig M, Houben I. Diagnostische Kriterien DSM-IV-TR. Hogrefe, Göttingen 2. Bliesener B et al. Postoperative kognitive Dysfunktion. Trauma Berufskrankh 2010; 12: Rudolph JL, Marcantonio ER. Review articles: postoperative delirium: acute change with long-term implications. Anesth Analg 2011; 112: Lütz A et al. Postoperatives Delir und kognitives Defizit. 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5 Aktuelles Wissen für Anästhesisten Refresher Course Nr Ihrig A, Hartmann M, Hain B, Herzog W. POD führt zur PTSB Langzeitfolgen eines postoperativen Delirs. Anaesthesist 2011; 60: Genesung auf der Intensivstation. Deutsches Ärzteblatt 10/ Popp J, Arlt S. Prevention and treatment options for postoperative delirium in elderly. Curr Opin Psychiatry 2012; 25: 12. Hempenius L, van Leeuwen BL, van Asselt DZ, et al. Structured analyses of interventions to prevent delirium. Int J Geriatr Psychiatry 201; 26: Wang W, Li HL, Wang DX et al. Haloperidol prophylaxis decreases delirium incidence in elderly patients after non-cardiac surgery: a randomized controlled trial. Crit Care Med 2012; 40: Vochteloo AJ, Moerman S, van der Burg BL et al. Delirium risk screening and haloperidol prophylaxis programm in hip fracture patients is a helpful tool in identifying high-risk patients, but does not reduce the incidence of delirium. BMC Geriatr 2011; 11: Sultan SS. 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6 Refresher Course Nr. 40 Aktuelles Wissen für Anästhesisten 44. Braun JP, Mende H, Bause H et al. Quality indicators in intensive care medicine: why? Use or burden for the intensivist. 2010; 8: V von Dossow-Hanfstingl. Update S3-Leitlinie Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin. In: DIVI Jahrbuch 2013/2014; Hrsg: S. Kluge, A. Markewitz; E. Muhl; C. Putensen; M. Quintel; GW Sybrecht; Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin, 2014; Kap. S1:
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